1914 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Die Einfuhr aller zur Gattung der Rebe nicht gehörigen Pflänzlinge, Sträucher und sonstigen Pflanzenstoffe, welche aus Pflanzschulen, Gärten oder Gewächshäusern stammen, über die Grenzen des Reichs darf fortan auch über die Königlich bayerische Zollabfertigungsstelle Passau-Racklauhafen erfolgen.

Berlin, den 30. Januar 1914. Der Reichskanzler. Jm Auftrage: von Jonquières.

Belanmtmachun g:

Die Selbständige Ziegler-Vereins- Hilfskranken- kasse zu Elbrinxen ist nah § 514 Abs. 1 der Neichs- versiherungsordnung als Ersaßkasse zugelassen.

Berlin, den 3. Februar 1914.

Das Reichsversicherungsamt, Abteilung für Kranken-, Jnvaliden- und Hinterbliebenenversficherung.

Dr. Kaufmann.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 4 des Neichsgeseßblatts enthält unter

Nr. 4332 eine Bekanntmachung, betreffend die Kündigung der am 12. Juni 1902 im Haag abgeschlossenen Abkommen über das internationale Privatreht durch Frankreich, vom 25. Januar 1914, und unter

îr. 4333 eine Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues, vom 30. Januar 1914.

Berlin W. 9, den 4. Februar 1914.

Kaiserliches Postzeitungsamt. Krüer.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Nentmeistern Glombißga . in Strehlen, Krause in Miliish, Wolff in Grünberg, Pieczynski in Filehne und Sus in Nienburg den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen. Des Königs Majestät haben durch Allerhöchste Order vom 19. Januar d. J. zu genehmigen geruht, daß die Stadt Schneidemühl aus dem Verbande des Kreises Kolmar i. P. ausscheidet und einen besonderen Stadtkreis bildet. Der Termin hiersür wird auf den 1. April 1914 fest- geseßt. Berlin, den 30. Januar 1914. Der Minister des Jnnern. V A: F LEUND.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts-

i tén Sna el egenheiten.

bisherige außerordentliche Professor in der theologischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg D. Dr. Heinrich Voigt ist mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät Des Königs zum ordentlichen Honorarprofessor in derselben Fakultät ernannt worden.

Jm Anschluß an meinen Nunderlaß vom 13. Februar 1912 —= VIE Nr. 16147. U T —.

Zwischen der Königlih preußischen Regierung und dem Senat der Freien und. Hansestadt Bremen, ist in Er- weiterung der nach meinen Erlassen vom 26. August 1912 U II Nr. 17740 und vom 28. Januar 1913 U II Nr. 16040 U III. 1 ‘getroffenen Abkommen ferner vereinbart worden, daß auch die an dem staatlihen Volks\chullehrerinnen- seminar in Bremen von Ostern 1914 ab erworbenen Zeugnisse über die bestandene Volks\chullehrerinnenprüfung als gleichberechtigt mit den entsprechenden preußischen Lehramts- zeugnissen anerkannt werden.

Berlin, den 2. Februar 1914.

Der Minister der geistlihen und Unterrichtsangelegenheiten. J. BV.: von Chappuis.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 4. Februar 1914.

Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Ver- kehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie die vereinigten Aus- \hüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sißungen. 0

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 2. Februar S. Mi. S. „Kaiser“ mit dem Chef der detachierten Division 1D S. M. S. „Kontg Albert inm Sl. Helena, S. M. S. „Geier“ in Daressalam, S. M. S. „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision in Rapallo und S. M. Flußkbt. „DTsingtau in Hongkong und am 3. Februar S. M. S. „LUx“ in Amoy eingetroffen.

Vaden.

In der gestrigen Vormittagssißung der Zweiten Kammer kam der Minister des Jnnern Freiherr von und zu Bodman nohmals auf seine Stellung zu den einzelnen p zu sprechen, wobei er laut Bericht des „W. T. B.“

etonte, daß die nationalliberale Partei eine gewisse Abhängig- keit von der Sozialdemokratie zeige, und daß es ihm fern- gelegen habe, die staatsbürgerlichen Rechte des Zentrums be- schneiden zu wollen. Konfessionelle Absonderungen bedauere er überall, wo solche stattfänden; er glaube aber, daß sich hierin das Zentrum sehr von den anderen Parteien unterscheide. Der Minister versicherte, ein entschiedener Gegner der politischen Ziele der Sozialdemokratie zu sein, deren Gefährlichkeit haupt- \ächlih darin bestehe, daß sie das Volk zu radikalisieren ver- suche, wenn er {hon anerkenne, daß die Sozialdemokratie schon jeßt positive Arbeit geleistet habe.

Elsaß-Lothringen.

Die Zweite Kammer vertagte sih gestern, ohne in die Tagesordnung einzutreten, nach kaum dreiviertelstündiger Sizung auf den Vorschlag des Präsidenten Ricklin und entsprechend dem Beschluß des Seniorenkonvents bis nächsten Dienstag, um den neuen Ressorichefs die Möglichkeit zu geben, sih in ihre Abteilungen einzuarbeiten und dann den Etat zu vertreten.

Großbritannien und JFrland.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Sir Edward Gre y hielt gestern abend nah einem Festmahl der Handels- kammer in Manchester eine Rede, ‘in der er zunächst die Wichtigkeit der Erhaltung der offenen Tür betonte und dann auf den Balkankrieg und die Rüstungsfrage zu sprechen kam.

Vie „W. T. B., meldet, erklärte Grey, eine Schwierigkeit, die auswärtigen Märkte offen zu halten, entsteke im Falle innerer Wirren und Revolutionen, wie jeßt in Mexiko. Dort habe die Revolution sollen Umfang angenommen, daß sie sich jeder Kontrolle entzöge. England könne nicht eingreifen, um die Märkte zu schüßen, weil der Markt vollständig rutniert sei. Jn Persien, wo die Handels- straße gesperrt sei, könnte England sie mit einer verhältnis8mäßig kleinen Macht ofen halten. Man müße aber weiter blicken und die Verpflichtungen des Reiches in Betracht ziehen, die durch die Ent- sendung einer bewaffneten Macht entständèn. Das wichtigste Ziel der äußeren Politik set, dem Lande den Frieden zu erhalten, niht aus Mangel an Mut, als ob England vor der Idee etnes Krieges so zurückschrecke, daß es ihn unter feinen Umständen ins Auge sassen könnte, sondern weil es sich der verwüstenden Folgen eines Krieges voll bewußt sei. Grey erklärte dann weiter, daß der Balkankrieg nur dur eine Einmishung dex Groß- mähte hätte verhindert werden können. Für die Großmächte wäre es aber ein gefähßrlihes Experiment gewesen, zur Erhaltung des Friedens selbst Gewalt anzuwenden. Doch häiten die Mächte, indem sie selbs während der Balkankrise Frieden bewahrten, das Beste getan, was möglich gewesen wäre. Er könne sagen, daß in diesen ganzen europli!chen Krisen keine Schwierigkeit durch die britische Politik vergrößert worden sei; die britishen Bemühungen seien, soweit ihr Einfluß geretht habe, auf eine Ausgleihung der Schwoterigkeiten gerichtet gewesen. Sir Edward Grey kam dann auf die üstungs8frage zu sprechen und sagte, er beabsichtige nicht, eine wichtige Erklärung abzu- geben. Die Ursachen der großen Ausgaben für Nüttungen seiea nicht allein eine britische, sondern eine europäische Frage. Man müsse die Rüstungen zu Lande und zu Wasser im ganzen betrachten. England habe seine Seerüflungen gewaltig vermehrt und angefichts der Ber- mehrung der gesamten Rüstungen Europas sei das unvermeidlich ge- wesen. Für England sei die Flotte das, was für die kontinentalen Nationen die Armee bedeute. Die große Steigerung in dem Bau- programm eines jeden europäischen Landes wirke anreizend auf die Ausgaben anderer Länder, während die Verminderung der Ausgaben ‘eines Landes andere nicht notwendig beeinflusse. Es herrsche die Idee in Europa, daß dies ein Wettrennen sei, bet dem man \{lteßlich den Preis erringen könne, doch sei das ganz irreführend. Wenn das vorderste Pferd das Tempo pverlangsame, würden dle anderen 'niht dasselbe tun. Der britische Flottenetat sei zwar ein bedeutender Faktor für die europäishen Flottenetats, aber die Kräfte, die auf eine Vermehrung“ hindrängten, entzögen ih tatsählih jeder Kontrolle. Durch den Bau des ersten Dreadnoughts habe England eine gewisse Verantrwoortung übere- nommen, aber die gegenwärtig weiter steigenden Ausgaben für Dreadnoughts seien niht durch England veranlaßt. Deutschland lege seine Schiffe auf Fel auf Grund des Flottengesetz:s, das England nidt ändern könne. Franfreid Desferreich-Üngarn, Rußland Italten bauten Dreadnoughts niht Englands wegen. Wenn England in diesem Jahr aarnichts baute, so würd? das keine Aenderung im euro- päischen Schiffbau verurfachen. Für England würde eine enorme Ne- duktion ein zu groß-s Hasardsptel sein, solange keine Bewißheit bestehe, daß daraus etne entsprechende Wirkung auf das übrige Curopa fich ergeben werde. Auf die zu erwartenden parlamentarischen Klagen über die Höhe des Flottengeseßes Bezug nehmend sagte Grey, daß England den finanziellen Druck niht mehr empfinde als andere, daß es aber als fkaufmännishe Nation von der Unpro- duktivität der Ausgaben durhdrungen „und von Besorgnis wegen der Wirkungen auf den Kredit nicht nur Englands, sondern Europas erfüllt fel. Gegenwärtig könne man - indes wenig tun, außer die Ausgaben Englands, soweit es dite Stcherheit und die Verpflihtungen gegen andere Neichéteile erlaubten, einzuschränken. Grey \sprach seire Sympathie mit einer Beschränkung der Rüstungen aus, betonte aber, daß es ketnen Zwet habe, an andere Nationen einen Appell zu richten, der thnen nicht willkommen sei und den fie niht zu akzeptieren beceit seien. Man müsse berüdsihtigen, daß sehr viele Under ihre Nüstungs- ausgaben als eine innerpolitise Angelegenheit betrachteten und das Verlangen eines fremden Landes, ihre Nüstungs- etats sollien Gegenstand von Erörterungen oder Abmachungen sein, als Anmaßung übelnähmen. Die Negierung habe das Empfinden, warten zu müssen, bis die großen europäischen Linder von dem gleihen Gefühl durchdrungen feien wte sie, daß etn Etinhalten in den Nüstungsausgaben wünschenswert fet. Zum Schluß sprach der Staatssekietär die Erwartung aus, daß die Finanzschwierig- keiten allmählih cine Atmosphäre tn Europya erzeugen würden, die ein Uebereinkommen der Nationen über die Nüstungsausgaben eher möglich machen würde, als gegenwärtig.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer hat gestern an Stelle des zurückgetretenen Abbé Lemire den sozialistishen Radikalen Nabier mit 211 Stimmen zum Vizepräsidenten gewählt.

Jn der Angelegenheit der Putilowwerke erklärte gestern der Ministerprösident Doumergue im Kammer- aus\chuß für auswärtige Fragen laut Meldung des „W. T. B.“, daß es sich im Anfang um einen privaten Jnteressenstreit gehandelt habe und daß die Angelegenheit nach dem Einschreiten der Regierung in einer den französischen Juteressen durchaus entsprehenden Weise geregelt worden sei.

Die Budgetkommission der Kammer hörte gestern in der Frage der Aufklärungs\chiffe den Vortrag des Marineministers Monis, der statt ihrer Führerschiffe für Flottillen gebaut wissen will. Die Kommission ermächtigte, obiger Quelle zufolge, den Minister, im Jahre 1914 drei Schiffe auf Kiel legen zu lassen.

- Die mit der genauen Abfassung des französi}ch - spanischen Uebereiifommens: über die Eisenbahnlinie Tanger—Fes betraute Kommission hat ihre Arbeiten beendet. Der spanische Vertreter ist nach Madrid abgereist, um seiner Regierung den Wortlaut des Uebereinkommens, das nunmehr als endgültig angesehen wird, zu unterbreiten.

Ruf:land.

Der griechishe Ministerpräsident Venizelos ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vom Kaiser in Audienz empfangen worden und hatté mit dem Ministerpräsidenten Kokowßow und dem Ministerpräsidenten redungen,

Paschitsch längere E

Zum Präsidenten des finnishen Landtages ist der frühere Sénator Stolberg, ein gemäßigte Jungfinne, zu Vize präsidenten sind der Sozialdemokrat Tokoi und der Altfinne

Jngmann gewählt worden.

Belgien.

Jn der Deputiertenkammer beantwortete gestern der Eleven E pp Tre E Interpellation über die drifis im belgishen Gütertransporl.

Ras n O führte laut Bericht des „W. T. B.“ den Zustand auf höhere Gewalt zurüd, namentlich auf die ge Kälteperiode, dur die Wassertransporte unmöglich gewoëdèn feien, fodaß die Eisen- bahn überlastet worden sei. Der Minister wies auf die ähnliche Lage in Holland und Deutschland hin, glaubte aber, daßdie Bahnverwaltung der Lage gewachsen wäre und bald wieder normale Zustände eintreten würden. ä

Amerika. :

Der Präsident Wilson hat nah einer ‘Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, das Verbot der Waffenausfuhr aus den Vereinigten Staaten nah Meriïo aufzuheben.

Das amerikanishe Repräsentantenhaus hat gestern sämtliche Anträge zur Einwanderungsbill über den Aus\chluß von Asiaten“ abgelehnt.

Mie das „Reutersche Bureau“ erfährt, enthält der Vertrag, über den gegenwärtig zwishen den Vereinigten Staaten von Amerika und Columbien verhandelt wird, folgende drei Punkte: Das Vorrecht auf Anlegung von Kohlen- stationen an der columbischen Küste für die Vereinigten Staaten, Garantie des aus\cließlihen Rechtes zum Bau eines Kanals durch das Gebiet von Columbien, der den Atlantischen und den Stillen Ozean verbindet, und Zahlung einer Barentschädigung von ungefähr 25 Millionen Dollar an Columbien.

Asien.

Durch ein Edikt des Präsidenten Yuanschikai werden nach einer Meldung des „W. T. B.“ alle Selbstverwaltungs- organe in den Provinzen bis zur Reform der Landschasts- einrichtungen suspendiert mit der Begründung, daß nach der Erklärung einiger Gouverneure die Landschaften ihre Befugnisse überschritten, die Geseße verlezten und Mißbräuche duldeten.

Wie „W. T. B.“ aus Saigon meldet, drangen gzwei- hundert mit Gewehren bewaffnete Leute, die sh aus ent- lassenen chinesischen Soldaten und ausgewiesenen Annamiten zujammenseßten, in die Gegend von Dugdang ein und beseßten zwei verlassene Blockhäuser. Troß lebhasten Widerstandes wurden sie aus den Blockhäusern vertrieben. Die eingeborene Bevölkerung ist ruhig geblieben.

Afrika. Nach einer vom „W. T. B“. verbreiteten Depesche des Generals Sylvestre haben die Djebala die spanische Stellung bei Karkia angegriffen, sind jedoh mit be- trächtlichen Verlusten zurückgeschlagen worden. Der Oberkommissar der Polizei in Pretoria hat die Zen sur der Presse im Witwatersrand aufgehoben, zugleich aber die Zeitungen darauf aufmerksam gemacht, daß der Be-

lagerungszustand noch weiter bestehe. Sarlameutarische Nachrichten. \

Der Bericht über die gestrige Sizung des Reichstags sowie der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneteu befinden sih in der Ersten Beilage.

Die heutige (205.) Sißung des Neichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern Dr. Delbrü beiwohnte, er- öffnete der Präsident Dr. Kaempf mit folgender An}prache:

Auch zu Beginn der heutigen Sißzung muß ih Ihnen eine unerfreulihe Mitteilung machen. Die beiden Herren Kollegen Hebel und Púy find heute morgen in der Nähe threr Wohnung von einem Kraftwagen angefahren und bei- seite geshleudert worden. Beide Herren Kollegen wurden {wer verleßt in das Hedwigskrankenhaus gebracht. Zus Ine telephonishe Anfrage habe ih erfahren, daß das Befinden des Kollegen Püß verhältnismäßig gut, dagegen das des Kollegen Hebel weniger günstig set. Jch glaube in Ihrer Aller Namen zu sprechen, wenn ih beiden Herren Kollegen baldige Wiederherstellung und völlige Genesung wünsche.

Das Haus seßte die Spezialberatung des Etats für das Reichsamt des Jnnern fort und wandte sih den zum ersten ‘Titel der dauernden Ausgaben „Staatssekretärgehalt“ eingebrachten Resolutionen zur Frage des „Vereinsrehts“ zu, deren Diskussion von der allgemeinen Erörterung der Wirt- schafts- und Sozialpolitik abgetrennt worden war.

___ Es liegen vor Resolutiónen von den Polen, Zentrum und den Sozialdemokraten.

(Schluß des Blattes.)

A Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (18.) Sizung, welcher der Justizminister Dr. Beseler bei- wohnte, die zweite Lesung des Staatshaushaltsetats für 1914 beim Spezialetat für die Justizverwaltung fort.

4 Die Budgetkommission, Referent Abg. von dem Hagen (Zentr.), Hat die unveränderte Genehmigung der ihr über- wiesenen Teile dieses Spezialetats beantragt. Die Diskussion beginnt bei den Einnahmen. Die Kosten und Geldstrafen find für 1914" quf 125 Millionen, gegen das Vorjahr S 49 000 6 mehr, veranschlagt.

| Abg. Bar t \ her (Zentr.): Die Einnahmen der Justizverwaltung bieten diesmal ein wentg erfreuli{hes Bild; es hängt mit der {weren steuerlihen Belastung des Haus- und Grundbesitzes zusammen. Ins- befondere sind die Stempelabgaben bet Grundstückskäufen ungebührlih hoh. Bei einem Grundstückskauf in Höhe von 100 000 4 werden allein an Neihs-, Staats-, Kreis- und Gemeindestempeln 3667 4, ab- gesehen von Gerichts- und Notariategebühren, erhoben. Dadurch wird jede gesunde Bautätigkeit unterbunden und der Mittelstand {wer betroffen. Ich bitte die Regierung, Mittel und IBege ausfindig zu machen, wie der Grundbesiß eullastet werden kann. Es wäre gut- zuheißen, wenn Preußen ebenso wie das Neich auf die Wert- zuwachs\teuer verzichten wollte. Gerade diese Steuer hat am ungünstigsten auf die Einnahmen der Justizverwaltung gewirkt. Außerdem sollte die. preußische Regierung das Landesstempel- gese gründlich) revidieren, zumal nahdem schon dur die Aenderung des Netchsstempelgeseßzes von 1913 mante Be- stimmungen des Landesstempelgesetzes hinfällig geworden sind. Ins- besondere würde zu prüfen sein, ob nit die Stempelgebühren im Zwanasversteigerungsverfahren au hoh find. Ungebührlich hoch find die Stempel für Ausfertigungen, beglaubigte Abschriften, Zeug- nisse usw. Verschiedene Tarifstellen des Gesetzes bringen andererseits fast gar nichts ein, erschweren aber dessen Handhabung ungemein. Nicht zuleßt ist für die Notare die Handhabung der Stempelbestimmungen geradezu ein Kreuz geworden ; Vereinfachung und Erleichterung tut

dem

j lohn ist in seinem wichtigsten Teile bereits erfüllt. N sind damit einverstanden, daß mehr als bisher die Oeffentlichkeit über j die Art der Beschäftigung der Gefangenen in den Anstalten aufgekkärt : I In unseren Gefangenen- und Strafanstalten find 52 800 Personen | nlerniert. j rüdcksihtigt man alle in Betracht kommenden Umstände, fo bleiben Ï im ganzen nur etwa 12 000 fkfonfurrenzfähige Arbeiter übrig. ÿ man aber berücksichttgt, daß diese Arbeiter auch in der Konkurrenz

dringènd not. Ich bitté uamens meiner Freunde, auf eine andere Regelung des Vandesstempelgeseges Bedacht zu nehmen und dabei die Wünsche pes Mittelstandes und des Haus- und Grundbesißes zu berücksichtigen. “Geheimer Oberjustizrat. Dr. Köttgen erwidert, daß ein von dem Vorredner berührter spezieller Fall dem Ministerium zur Prüfung vorliege und ex deshalb selbstverständlih darüber noch keine Auskunft en Éónne. geben bg. Lieber (nl.) befürwortet eine Erleichterung für die p-st- lozierten Hypothekengläubiger bei Zwangsverkäufen dahin, daß der Betrag der Gerichtskosten und Stempel nicht, wie es jeßt geschieht, nach dem ‘vollen Werte des Grundstücks, sondern, we es das frübere preußishe Gerichtskostengeseß wvorsah, nah höchstens zwet Dritteln dieses Gemeinwertes berechnet werde. Im Jahre 1912 fei eine Eingabe des Nafsauischlen Gewerbevereins im gänzlihe Beseitigung des Landesumsaystempels für die Källe der Zwangsversteigerung der Regierung als Material überwiefen worden; man könnte dieser Eingabe dadurch Rechnurg tragen, daß man wieder auf den Saß von zwet Dritteln zurückginge. Man würde damit die Hypothekengläubiger entlasten, ohne die Gesamt- einnahme des Staats an Kosten und Stempeln“ wesentlih zu

schmälern. :

Die Einnahmen an Kosten und Geldstrafen werden ge- nehmigt.

i An Einnahmen für Prüfungen der Beamten sowie Rech- nungsgebühren sind 1033030 #6 ausgeworfen, 10 540 mehr als im Vorjahre.

Abg. Mathis -Fiankfurt (nl,) kommt auf die {on früher an- geregte Frage zurüd, ob nicht die Gebühren für die Prüfung der Ge- richtéschretber beseitigt oder auf die Staatskasse übernommen werden können. Der Gebührensaß sei allerdings nur 12 4; dazu kämen aber noch andere Ausgaben, so die Aufenthaltskosten für auswärts wohnende Prüflinge. Die Megierung habe früher zugesagt, einen Weg suchen zu wollen, der diefem Wunsche gerecht werde.

Geheimer Ober justizrat Werner erwidert, daß der Beseitigung dieser Gebühren noch immer Schwierigkeiten entgegenstehen; es könne nur auf die frühere Erklärung der Justizverwaltung hingewiesen werden; etne anderweite Regelung habe sich noch nit herbeiführen lassen.

Der Titel wird genehmigt.

An Einnahmen aus der Beschäftigung der Ge- fangenen wirft der Etat 7 474 000 /6 aus, 470 000 6 mehr als im Vorjahre. Jn der Diskussion werden hiermit die Ausgabetitel „Bewilligungen für die Gefangenen aus dem Arbeitsverdienste“ (928 700 6) und „Unfallentschädigungen an Gefangene“ (10 000 46) verbunden.

Es liegt hierzu der Antrag der Abgg. Aronsohn und Genossen (forts{hr. Volksp.) vor:

die Regierung zu ersuchen, dem Hause der Abgeordneten eine Denkschrift vorzulegen, welhe über den jeßigen Stand der Gefängnisarbeit, insbesondere über Umfang und Art der

Beschäftigung von Gefangenen, über die dafür gezahlten Löhne und

über die Tätigkeit der für die einzelnen Provinzen etngesezten Bei-

râte Aufschluß gibt.

Abg. Viere ck (freikons.): Der Ansatz ist in diesem Einnahme- titel wiederum erbeblich erhöht worden; er hat überhaupt, namentli in den leßten 10 Jahren, eine stete Aufwärtsbewegung erfahren von 3 auf fast 7{ Millionen Mark, während die [Durchschnittszahl der Gefänguisinsassen mtt rund 30000 etwa die gleihe ge- blieben it. Es wird daraus ersichtlih, daß die Arbeitskraft der Gefangenen jeßt besser als früher ausgenußt wird. Wenn als Zweck der Arbeit in den Gefängnissen tn erster Reibe die Aufrechterhaltung der Disziplin, alsdann aber auch die Er- ziehung der Gefangenen zu ordnungs8mäßigem Leben, Hebung ihrer Kräfte zur Vorbereitung für den Erwerb tin der Freiheit anzusehen find, so ist es doch auch wünschenswert, daß durch die Arbeit in den Gefängnissen die Lasten, die der Staat für das Gefängniswesen zu tragen hat, einigermaßen erlethtert werden. Es ko:nmt hinzu, daß den Gefangenen von dem Arbeits- verdtenst ein gewisser Bruchteil überlassen wird, etn Mittel, das immerhin geeignet ist, die Gefangenen anzuregen. Auch dieser Aus- gabeposten hat im Laufe der Jahre eine erheblihe Steigerung erfahren. Diese Steigerung würde aber nicht bewilligt werden kônnen, wenñ fe in Konkurrenz gegen die freien Gewerbe erfolgte; der freie Gewerbebetrieb darf nicht durch Unter- bietungen geshädigt werder. Es werden ja immer noch Klagen über den jetzigen Betrieb in den Gefängnissen laut, Klagen, die eigent- lih in den jeßt bestehenden Gefängnisbeiräten zur Geltung kommen sollten. Ueber die Unternehmerlöhne müssen wir volle Klarheit haben. Der Antrag Aronsohn scheint mir im wesentlichen durch die Statistiken, welche die Justizverwaltung und die Verwaltung des Innern über die Gefängnisse herausgeben, schon erledigt zu sein. Bei einem Bli; den ih in eine analoge Denkschrift der bayerischen Justtzverwaltung zu

| tun Gelegenheit hatte, stieß ich auf den eigentümlichen Saß, daß das j bayerishe Gewerbe sich beruhigen könne, da die bayerishen Straf» Y anstalten ihren Absay hauptsächlich nah Preußen hätteu. f wenn uns eine solhe Denkschrift vorgelegt werden soll, einen ähnlichen" j Say nicht darin zu finden; denn wir baben doch Rücksicht nicht nur } auf das preußische, sondern auf das Gewerbe im ganzen Deutschen } Reiche zu nehmen. / ree nit durch die Konkurrenz der Gefängnisarbeit benachteiligt } werden.

Ich hoffe,

Jedenfalls, das wiederhole ich, darf das freie

Der Antrag Aron-

Abg. Dr. Schmitt-Düsseldorf (Zentr.) : d ¿eine Freunde

Diese sind jedo nur zum kleinsten Teile Tonkurrenzfähig. Be- Wenn

stehen, wenn fie entlassen sind, fo wird man zugeben, daß der Schaden,

} der durch diese Gefängnisarbeit entsteht, nicht groß ist. Beschästigt man die h Arbeiter nicht, so erziebt man nur Stumpffinn und Blödsinn. Wenn man j die Arbeiter aber beshäftigt, so muß man die Arbeit auch nußbar machen. Die Gefängnisverwaltung t j gekommen, daß die Gefangenen besonders mit der Aufarbeitung von | Altmaterial beschäftigt werdén. h ausgearbeitet wird, so wird die Konkurrenz für die freien Arbeiter vollständig vershwinden. j Staates aus\(lagen.

ist mit der Heereéverwaltung überein- Wenn dieses System noch weiter

Dann wird die Arbeit zum Wohle des

(Schluß des Blattes.)

Bei der gestrigen Neich stagsersaßwahl für den bis-

} herigen Abgeordneten Stadtrat Kölsh (Offenburg-Kehl), der

sein Mandat niedergelegt hatte, erhielten, wie „W. T. B.“ meldet, der badishe Landtagsabgeordnete Wirth (Zentr.) 12259 Stimmen, Köl\ch (lib. Block) 9616 Stimmen und der Redakteur Geiler-Mülhausen im Elsaß (Soz.) 3032 Stimmen. Es hat sonach zwishen Wirth und Kölsch Stichwahl statt-

È zufinden.

Kunst und Wissenschaft.

In der nächsten Sißung der Geellschaft für Erdkunde, am 7. d, M,, wird der Commander Edward Evans, 1. Offizier der Britischen Südpolarexpedition, über diese Expedition, auf er ihr Leiter, Kapitän N. F, Scott, mit vier Gefährten nah glüc«

licher Erreihung des Südpols ein so befklagenswertes Ende fand, Bericht erstatten. Zu dieser Sitzung haben nur Mitglieder der Geselischaft Zutritt.

Die Verschleppung von Tieren durch Pflanzen- fammler. Die kleineren Tiere haben viele Möglibkeiten der Ver- breitung. Schon Darwin hat auf unfreiwillige Tierwanderungen hingewiesen. Namentlich die Vögel vershleppen an ihren Füßen Muscheln und dergleichen über ' wette Entfernungen. Nicht weniger aber trägt der Mensch dazu bei, Ti:re über Länder und Meere hinweg zu verpflanzen, und zwar nicht nur absihtlih, sondern häufig ganz unbewußt. Das geschieht namentlih bei der Versorgung der bota- nischen Gärten mit Pflanzen, die entweder aus ihrer Heimat oder durch Auttausch von anderen botanishen Gärten bezogen werden. Mehr als einmal {ist in einem Garten das plößlihe Auftauchen - eines Tieres beobachtet worden, das eine weite Reise dur solhe Gelegenheit gemacht hatte. So wurde vor 30 Jahrén in dem Haus der Victoria regia tin den Gärten der Londoner botanishen Gesellschaft eine Süßwasserqualle gefunden, die ins8geheim aus Amerika nach der englishen Hauptstadt übergesiedelt war. Gelegentlich sind sogar bisher unbekannte Tiere auf diesem Wege entdeckt worden, so ein merkwürdiger Borstenrourm, der erst später in Indien nachgewiesen wurde, wo er wahrscheirlih seinen ursprünglihen Wohnort hat. Dieser Wurm, der zuerst vor etwa 20 Jahren beschrieben wurde, hat die Zoologen nahhaltig beschäftigt und jet wieder eine Arbeit von Dr. Keyl in der „Zeitschrift für wissenshaftliße Zoologie“ veranlaßt. Er ist nämlich ohne Zweifel gleichfalls durch eine „Verpflanzung*" in eigentlichem Sinne auch an anderen Plätzen Europas aufgetreten, nämlich im Haus der Victoria regia in Göttingen, dann an gleicher Stelle in Hamburg, in Frankfurt am Main und in Dublin. Es hat si aber gezeigt, daß ein derart ein- ges{chlepptes Tier sogar zu einem Bestandteil der freien Natur eines Gebtetes werden fann, das von seiner Heimat weit entfernt liegt. In Südfrankreih nämlich ist derselbe Wurm aus der Gefangenschaft des Menschen in die Freiheit en!ronnen und hat sich in den Gewässern des Rhoneflusses angesiedelt. Der Fahmann zieht ‘daraus den Schluß, daß die kleinere Tierwelt der Erde ziemlih rasch erschöpfend erforsht werden müsse, ehe durch die Tätigkeit des Menschen die ursprüngliche geographische Verbreitung der einzelnen Wesen abgeändert worden ift.

Noch eine Südpolkarexpedition. Wer etwa geglaubt hat, daß die Erforshung des Südpola: gebiets, nachdem der Südpol er- reit ift, einen langsameren Verlauf nehmen würde, wird durch die Tatsachen widerlegt. Man kann sogar fagen, daß noch nie \o viele Pläne antarktisher Forschungsreisen gleichzeitig gefaßt und zum Teil bereits der Ausführung entgegengebraht worden find wie jeßt. Das ist auch durchaus exfreulih, da die Grreihung des Südpo!s mehr eine großartige \portliche Leistung, als die Lösung wichtigster Aufgaben bedeutet, sodaß vielmehr die wissenschaftlihe Erkundung erst jetzt gleihsam freie Bahn erhalten hat und in den Vordergrund des Interesses aerückt i. Zu den zahlreißen Expeditionen, die teils im Südpolargebiet tätig find, teils vorbereitet werden, ist jeßt noch eine neue getreten, die von Schweden ausgehen soll, und zwar wird fie einen besonders groß- artigen Maßstab erhalten, da sie mit einer Dauer von 5 Jahren rechnet. Das s\chwedische antarktishe Komitee, bestehend aus Admiral Palander, Professor Nordenskjöld, Professor Gunnar Andersson und Dr. Nathorst, hat von der Negie- rung bereits etne Unterstüßung von 150 000 4 erlangt, die etwa die Hälfte der Kosten deten wird. Vor allem soll eine wissenschaftliche Station in Grahamland errichtet werden. Dies Gebiet lteat gerade füdlih von der Südspiße Südamerikas, also westlich von Coatsland, wo die deutsche antarktis{e Expedition einseßte und auch die neue von Shackleton ihren Ausgang nehmen will. Jene Station in der West-Antarktis wird mit nicht weniger als 10 Gelehrten belegt werden. Ihre Verforgung soll du Vermittlung von Walfang- \chiffen erfolgen. Außerdem wird sie selbstverständlih mit drahtloser Telegraphie auggerüstet werden. Der besondere Ehrgeiz eines Vor- stoßes nach dem Pol wird mit dem Plan nicht verbunden, indem die wissenschaftlihe Forschung der hauptsählihe Zweck des Unternehméns

fein foll. Theater uud Musik,

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Donnerstag, „Tannhäuser“, mit Herrn Kraus in der Titelrolle, aufgeführt. Die Elisabeth fingt Frau Hafgren-Waag; die Venus: Frau Denera; den Hirtenknaben: Fräulein Manski; den Landgrafen : Herr Schwegler; den Wolfram: Herr Bischoff; den Walter: Herr Henke; den Biterolf: Herr Bachmann. Die musikalische Leitung hat der Kapell- meister von Strauß. Das 6. Symphoniekonzert der Königs- lihen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Nichard Strauß findet am Freitag, den 6. Februar, Abends 7x Uhr, im Königlichen Opernhause statt. Die Matinee beginnt an demselben Tage um 12 Uhr. Das Programm lautet: 1. Symphonlte von Herm. Bischof; Ouvertüre „Namensfeter“ und Symphonie „Pastorale“ von Beethoven. Eintrittskarten zur Matinee sind bei Bote u. Bo (Leipziger Straße 37 und Tauengienstr. 7) zu haben.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen das Lust- spiel „Die Journalisten* von Gustav Freytag in Szene. Den Bolz \plelt Herr Clewing, die Adelheid Fräulein Arnstädt. In anderen Hauptrollen wirken die Herren Manrstädt, Bötther, Werra, Ballentin, Patry, Stange, Eichholz und von der Heyden fowie die Damen Abih und Thimig mit.

Das erste volkstümlihe Konzert des Königlichen Opernchors unter der Leitung seines Direktors Professors Nüdel findet am 13. Februar, Abends 8 Uhr, im Krtegervereins- haus (Chausseestraße 94) ftatt. Fräulein Emmy Leisner (Alt), Fräulein Maria Ekeblad (Sopran) und Herr Cornelius Bronsgeest haben ihre Mitwirkung zugesagt. Der erste Teil des Programms ist ausschließlich Nichard Wagner gewidmnet und enthält u. a. ten Chor der Spinnerinnen aus der Oper „Der fliegende Holländer“, die Pilgerhöre, das Gebet der Elisabeth und Wolframs Lied an den Abendstern aus der Oper „Tannhäuser“, den Lateranchor aus „Nienzi“ und den Männerchor aus dem „Liebesmahl der Apostel“. Jm U. Teile werden gemischte Chöre von Schubert, Mendelssohn, Bruch, Stange und Silcher gesungen.

Marx Halbes Schauspiel „Freiheit“, dessen Erstaufführung in den Kammersptielen des Deutschen Theaters wegen Er- krankung des Darsiellers der männlichen Hauptrolle nicht stattfinden konnte, toll nunmehr Mitte Februar in Szene gehen.

«Hinter Mauern“, das Schauspiel von Henri Nathansen, dessen Aufführungen im Komödienhause wegen des Erfolges des Ilgenstein- schen Lustsptels „Kammermusik“ nicht fortgeseßt werden konnten, ist nunmehr in den Spielplan des Theaters in der Königgräßer Straße aufgenommen worden. Die erste Vorstellung in der König- gräßer Straße findet in Abänderung tes Sptelplanes am Montag, den 9. Februar, tn der bekannten Beseßung statt.

Auf Allerhöchsten Befehl veranstaltet der Philharmontsche Chor unter der Leitung von Professor Stegfried Ochs auch in diesem Jahre ein Konzert zu wobltätigem Zweck. Es wird am 25. Februar Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ mit Hermine Bosetti, Walter Kirchhoff und Professor Messchaert als Solisten und dem Philharmenishen Orchester im Konzertsaal der König- lihen Hochschule für Musik aufgeführt.

In der Kaiser Wilhelm-Gedächtni skirhe veranstaltet der Organist Walter Fischer morgen, Donnerstag, Abends 6—7 Uhr, ein Orgelkonzert, bei dem Herr Richard Koennecke (Baß) und Fräulein Jeanne Grofsset (Violine) mitwirken. Das Programm enthält Orgelwerke von Bach und Céfar Frank, Arten von Mendelssohn und Violinmusik von Goldmark und Brahms, Die Eintrittspreise sind wie gewöhnlich.

Am Sonntag, den 8. Februar, Abends 8 Uhr, veranstaltet der Chormeister Max Wiedemann, in der Versöhnungskirche

(Bernauer Straße 4) ein Konzert unter Fe. yon A Frida Wiedemann (Violine), des Bokaiquarteits der Damen

oigt - Ganger, Gast, Genner und Schmidt - Annäberg und des Grell - Vereins (70 Sänger) unter feinem Dirigenten, Hof- und Domlsänger Hans Mießner fowte der Herren Otto Teichmann (Bariton), K. Grabsdorf (Violine) und Juliüs Schuppmann (Orgel). Eintrittskarten zu 3 4, 1 4 und 0,50 find bei Bote u. Bo, auf der Küsterei und Abends am Eingang der Kirche zu haben. Der Ertrag des Konzerts ist für die Armen- und Krankenxflege der Versöhnungsgemeinde bestimmt.

Mannigfaltiges. Berlin, 4. Februar 1913.

Bei dem Ständiagen Komitee zur Unterstüßung der durch das Hochwasser der Ostsee Geschädigten sind bis jeut über 150 000 4 eingegangen. Das Komitee muß immer wieder von neuem auf die {weren Schäden hinweisen, welche die armen Fish?r an der Ostseeküste, besonders am Kurishen Haff erlitten haben. Der Verlust an Booten und Neßzen nimmt ihnen die Möglichkeit, ihren Æbensunterhalt zu erwerben; dazu der ungeheure Schaden an verwüsteten Häusern und Saaten, ertrunkenem Vieh und verdorbenen Nahrungêmitteln. Wenn nicht baldige Hilfe gebracht wird, sind die fleißigen, tüchtigen Menschen der tiefsten Not gegenübergestelt. Das Komttee bittet deshalb diingend um weitere Gelbspenden an die Provinzialkomitees und die bekanntgegebenen Zahlstellen. Die Geschäftsstelle des Komitees befindet fih in Berlin NW., Alsenstr. 10.

Dr. Karl Hauptmann liest am Mittwoch, den 11. Februar, Abends 8 Uhr, im Bürgersaal des Berliner Nathauses zum Besten des Lessingmuseums, zum Teil avs seinen noŸ un- veröffentlihten Werken. Eintrittskarten kosten 3, 2, 1 M.

A. F. Vor reihlich drei Jahren haite die „Brandenburgia“, Gescllschaft für Heimatkunde, den Vorzug, von dem Universitäts- professor Dr. Oskar Fleischer in der Königlichen Akademischen Hochschule für Musik mit der dort bewahrten Sammlung alter Musikinstrumente bekannt gemacht zu werden. Es ist über dtese bochinteressante Besichtigung, woran sich ein Vorspielen der betreffenden Instrumente reihte, damals auch an dieser Stelle berihtet worden (Nr. 280 vom 29. November 1910). Konnte derzeit rühmend hervorgehoben werden, wte es der unermüdlihen Tätigkeit von Pro- fessor FleisGer gelungen war, die 1888 mit 220 JFnstrumenten bezonnene Sammlung bis dahin nahezu zu verwwölffachen, so hat d'ese auêgezeilhnete Sammlertätigkeit seitdem weitere {bne Erfolge erzielt, an denen si zu erfreuen verlockend genug erschien, den Besuch in der Akademishen Hochschule zum Zwek neuer Besichtigung zu wiederholen. Wie damals, hatte auh am. leßten Donnerstag Professor Fleischer persönlih die Führung übernommen, und die überaus starke Beteiligung der Gesellschaft bezeugte die richtige Einshäßung des bei dem ersten Besuch erregten allgemeinen Interesses dur den Vorstand der Gefellschaft. Dem Vortrage Professor Fleischers, mit dem die Führung begleitet wurde, entnehmen wir folgendes: Die Sammlung leidet, alle Bemühungen, sie noch reicher und eindrucksvoller auszugestalten, er- \hwerend, zurzeit an zwei Mängeln, darin bestehend, daß einmal Berlin gewohnheitsmäßig das Eigene nit gehörig {äßt und fich lieber ähnliche Schätze, selbst wenn sie weniger sehenswert sind, in der Fremde ansieht, und daß zum andern die Räume, welche für dte mächtig angewachsene Sammlung zur Verfügung stehen, gar zu eng find, um ihre Shäße nach Verdienst zur Geltung zu bringen. Nicht „aufgestellt“ find diese z. Z., sondern „magazintert“. Manches liegt geradezu versteckt, und alles leidet unter diejen Verhältnissen derartig, daß man das Sammeln und Konservieren wird aufgeben müssen, wenn nit für Wandel, für bessere Näume gesorgt wird eine allerdings z. 3. auf \{chwahen Füßen stehende Hoffnung, da kein, Geld für diese Zwecke zurzeit vorhanden ist. Und doch ist die vor 25 Jahren von dem Vortragenden begründete Sammlung in ihrer Art die bedeutendste der Welt und so reihhaltig, daß ¿. B. vom 16. Fahrhundert ab das Klavier in jedem Jahrzehnt mindestens tin einem Exemplar vertreten ist, sodaß sich nicht nur die Entwicklung der Technik, fondern au die des Tons verfolgen läßt. Zum Ber- ständuis dieser Bemerkung sei gesagt: Beethoven konnte noch be- stimmt angeben, wie er feine Kompositionen gespielt haben wollte; heute hat die Entwicklung die Einheitlichkeit beseitigt: Nickisch, Weingartner und Strauß folgen jeder seiner besonderen Auffassung. Bach vermögen wir heute kaum noch ursprünglich wiederzugeben. Seine Klaviermusik war anders als die heutige, die Klangfarbe des Tones ist heute cine andere. Zu verstehen ist die alte Musik deshalb nur, wenn sie auf den Instrumenten vorgetragen wird, für die sie ge- schrieben worden ist: Grund, anzuerkennen, daß es die höchste Zeit war, diese zu sammeln. Mit Recht sind die Deutschen stolz auf ihre Ton- funst, gelten sie doch ziemlich unbestritten als das erste Volk der Welt, bei dem auf diesem Gebiet die anderen lernen müssen. Das war fo von Anbeginn, und welche Bedeutung von jeher die Musik für das Deutshtum besessen, das ergibt si aus folgendem: Aus der Zeit von 2000 bis 1500 vor Christus Ut uns ein Blasin|trument zweifellos german!s{Wer Erfindung und germani- her Anwendung bekannt, in Gestalt einem langgeitreckten „Z* ähn- li, von etwa 2m Länge, die Lure, von dem bis jeßt 34 Exemplare in den damals von Germanen bewohnten Ländern “an der Ostsee gefunden worden sind, davon 2 erst im vorigen Jahre in Brandenburg, außerdem in Schleswig, Mecklenburg, Pommern, Dänemark, Südschweden (dort, wo man auch die bekannten Gold- funde gemacht hat). Auf den gefundenen Instrumenten kann man noh heute blasen! Kein Volk hat ein fo altes Musikinstrument auf- zuweisen, niht die Griechen, niht die überhaupt unmusikalischen Nömer, nicht die Juden, die Aeaypter, die Babylonier, deren viel fleinere Blechinstrumente nicht über 1200 bis 1300 v. Chr. hinaus- gehen. Welches ist die Bedeutung dieser Funde? Sie beweisen klar, daß wir das musikalis{ste Volk der Erde sind, und sie zeigen zugleih eine fo vollendete Technik, daß noch heute eine genaue Nachabmung unmöglich ist, foviel wir uns auch auf unsere Technik einzubilden geneigt find; denn diese Luren find aus Bronze gegossen, und das will uns noch heute niht recht gelingen. Natürlich vermag man heute wobl Bronze zu gtießen; wir glauben aber mit einex Nahahmung tn Messingblech dasf\elbe zu erreichen, und die Zuhörer mögen dann aus dem Vergleich einer folhen Nach- ahmung, die vorgeblasen werden wird, und eines Originalinstruments felbst beurteilen, von wie rundem Ton, von welcher Klangs{önbeit, welchem Klangreihtum das alte Instrument ist. Angeblafen gibt leßteres den Dreiflang, beweisend, daß die Urgermanen den Dreiklang kannten und einen Kanon (a!s Beispiel der Gattung zu erwähnen das bekannte „O wie wohl if mir am Abend") zu blasen verstanden, also die Harmonie der s{ließlich ineinander wogenden Töône fein empfanden. ODhne ODreiklang aber hätten wir keinen. Mozart, Glu, Wagner. Die Luren belehren uns über die Tonformen der Urzeit. Menschen, die fo vollkommene Instrumente herstellen konnten, besaßen auch schon eine vollkommene Mußk. Auf Kanon-Musik deutet der Umstand, daß gewöhulih 2 oder 3 genau zueinander abgestimmte Luren beieinander gefunden worden find. Man darf somit ohne Uebertreibung sagen, daß hier aus einer so frühen Zeit Wunder der Technik vorliegen, dite zugleich in dem naße- liegenden Hinweis auf die Höhe der Kultur unserer Vorfahren hohe nationale Bedeutung beanspruchen. Alter Zeit gehört auch noch die Chrotta (oder Krotta), eine Gitarre in längliher Nechteckform, an (deren Nachbildung vorgezeigt wurde). Ein Original wurde einem MAlemannen - Grabe aus dem 5. oder 6. Jahrhundert unserer Zeitre(nung tm Schwarzwoalde entnommen. Dem gerüsteten Helden, der in dem Grabe beigeseßt war, hatte man die Chrotta auf die Brust gelegt: eine finnige Verbindung von Leier und S{hwert und in gewissem Betracht eine Vorbereitung auf die Minnesängerzeit, von der leider jedoch zu sagen ist, daß fie in Deutschland weder greif- bare Erinnerungen in Gestalt von Instrumenten, noch PVusikz aufzeichnungen hinterlassen hat, Die Exklusivität der musikalischen,