dem großen Publikum nicht zugänglichen Betätigung dieser mittek- alterlihen Kunftübung hat die Nahwelt manches vermutlih recht Wertvollen beraubt. Was wir heute in Konzerten als wahrscheinliche musikalische Erinnerungen aus dem deutshen Mittelalter zuweilen hören, ift technisch geschickt und vortrefäih herausgearbeitet, entbehrt aber wohl der zuverlässigen Originalität jener Tage des entwidelten Minnegesanges.
Erst die moderne Zeit gestattet uns den Nachweis etner goranelen Folge der Entwicklung von musikalisher Technik und Musik. Da ist zunächst das Klavier, die Clavis-Taste des 16. Jahrhunderts, zuerst in fehr kleiner Ausführung und deshalb leise tônend; gewissermaßen ein Klavier in der Westentas{ez — von uns, an die Autohupezen Gewöhnten, die wir die Ohren voll haben wollen und deren Trommelfell' verhärtet ist, als ein kindlihes Stadium empfunden. Diesè alten Instrumente gaben nicht mehr, als man von thnen forderte, und man forderte nicht mehr, weil man feiner fühlte. (Der Vortragende unterbrach bier setnen Vortrag, um ein Klavier vom ehrwürdigen Alter von 370 bis 380 Jahren vorzuspielen). — Hundert Jahre später genügte das Klavier unseren modernen Ansprüchen {hon besser. Es war größer, die Klavtatur erheblih breiter, der Ton war zithermäßig. (Zwet von dieser Gattung, die man Klavichord nannte, wurden vorgeführt; der jüngere Typus von den beiden wurde zuleßt noch 1812 gebaut). Ob der im Laufe des 19. Jahrhunderts gemachte , Fortschritt" zu den gegenwä: tigen Typen in Wahrheit ein gedethliher zu nennen, ob nit die Nückkehr auf leiser tönende Klaviere zu empfehlen ist, darüber sind die Meinungen geteilt. Für Privafräume find unsere Klaviere, die auf Räume für 4—500 Personen berechnet sind, sicher viel zu stark. Diese Instrumente in kleineren Räumen von 30—35 qm gespielt, sind zu laut; sie verhärten das Ohr. Die Nückkehr zum leiseren Klavier wäre auch gut für die Hände, die auf leisen Anschlag mehr als jeßt tunlih geübt werden müßten. Bessere Ausbildung der Finger scheint au nötig. Wie hterzu das alte Klavier ein treffliches Mittel bot, beweist dessen Eigenart, daß bei stärkerem Anschlag der Ton nicht stärker, wohl aber höher wird. Das Ohr erfährt also wie bet Geige und Gesang eine Schulung. Die Summe aus diesen Betrachtungen gezogen, empfiehlt also nicht nur die Vorliebe für das Alte die Nùck- kehr von der gegenwärtigen Entwoicklungsrihtung zu den maßvolleren Formen der Vergangenheit, sondern auch die -größere Feinheit der musikalishen Ausbildung. Vielleiht wird das in den horangehenden Säßen von der Tonerhöhung infolge färkeren Anschlags bei den alten Klavieren Gesagte manche Hörer überraschen. Es e1kflärt sich aber etn- fach auf folgende Weise: Die Mechanik des alten Klaviers bitdet ein Messingstift, der von unten gegen die Saite s{lägt und sie in zwei Teile gliedert, von denen der eine gedämpft wird, der andere erflingt. Bei stärkerem Anschlage wird die Saite etwas höher emporgehobven, somit \traffer gespannt, klingt also etwas böher und nôtigt den Spieler, will er rein spielen, zu gleichmäßigem Anschlage, was größere Uebung bedingt. Ießt gänz;lih vernachlässigt und ungebührlih ges{olten, ja sehr zu Unredt für alte Klapperkasten gehalten, die überwunden zu haben, man si beglückwünschzn könne, dürfen unter den alten Instrumenten der Sammlung „Sptnett“ und „Klavicimbel“, die unsere Ur- und Urur-Großeltern entzückt haben, hohes Jateresss beanspruchen. Beide beruhen auf den gleichen Grundsäßen der Tongebung, auf der gleichen Mechanik und find nur i der Form verschieden. Während das Spinett rechteckig und tafelförmîg gestaltet ist, hat das Klavicimbel dreiedige Form. Beim Anschlag reißt die Spiye einer kleinen Feder- pose die Saite klarer und \{chärfer an als bei den oben beschriebenen und vorgeführten Klavihorden. Der Ton entwickelt sih erst nach dem Anschlag zu großer Stärke (bet unseren heutigen Grammophonen i es gerade umgekehrt, da der Ton mit dem Anschlag herau8gestoßen wird und \ofort nachläßt). Fragt man nun nah der Bedeutung dieser beiden Instrumente in der Entwicklung der Musik und nach der Nolle, die sie im Leben der Vergangenheit ge\sptelt haben, so tit ihnen zunächst derjelbe hohe musikalishße Wert beizumessen, der vorher tm Vergleich zu den gegenwärtigen Klavteren den Klavichorden zugesprohen werden konnte. In den Wohnungen unserer Vorfahren aber verdienten fie als Gegenstände der Einrichtung und unerläßliche Bestandteile eines gesellsha\tliße Geltung beanspruhenden Haushalts den unbedingten Vorzug vor den Ungetümen, die wir heute zu beherbergen haben. Man fertige Spinett und Klavi- cimbel als Prunkstüde mit Eigenart in der Form, und in jedem Falle verstand man es, sie geschmackvoll in eine Woh- nungseinrichtung einzuordnen. Unsere gegenwärtigen Klavierformen
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stellen dagegen das GesWmadloseste dar, was es gibt, „glatte, s{chwarze Ungeheuer von 8—10 Ztr. Sdwere mit elfenbeinernen Zähnen“, ohne individuelle Züge, selbst niht einmal, was bei Spinett und Klavi- cimbel öfters der Fall war, mit dem Bildnis etnes Metsters der Töne geschmüdt, mit dem man auf diesem Wege gern Fühlung gewann und von dem man sih in seinen musikalishen Empfindungen beetn- flussen ließ. Doch unser heutiges „Hammerklavier“, mit dem man stark und {wach (forte und piano, daher Pianoforte) spielen kann, hat sie alle „übermoht“, diese freundlichen und trau- lihen Instrumente der Vergangenheit — und auch in diesem Falle, wie in vielen anderen, scheint damit der Beweis geliefert, daß die Wege der Kulturentwicklung keineswegs immer aufwärts führen, am allerwentgsten da, wo auch die Allbezwingerin „Mode“ thre Zwangsherrschaft übt. Auch früher {on hatte man Unterschiede in der Tonslärke zu erzielen versucht: Man seßte ein kleines Spinett auf das große und spielte fie abwechselnd, das kleine tönte leifec; oder man seßte ein Spinett neben das andere und ließ zwei Spteler spielen, oder man baute endlich doppelmanualige Instrumente. Johann Sebastian Bach sah 1747 (3 Jahre vor feinem Tode) bet Friedri II. in Potsdam ein Hammerklavier. Es gefiel ihm gut, was er auch dem Könige auf dessen Frage bestätigte. Wahr- \cheinlih aber hätte er si eines solchen Instrumentes niemals bedient; denn die sinnfälligen Mängel im Vergleich zu dem von Bach selbst konstruierten würden von ihm wahrgenommen worden sein. (Da die Sammlung das von Bach persönlich benußte Klavier besißt, erfreute Professor Fleischer mit der Vorführung des mit Negister- zügen zum Abstellen von Oktaven versehenen, leider hon von der Zeit stark mitgenommenen Instruments. An etnem zweiten der gleichen Art angehörigen Klavier wurde von Professor Fleischer ein Musik- stück aus dem 18. Jahrhundert vorgetragen, das Bewunderung und Zustimmung zu dem über die Vorgänger der gegenwärtigen Instrumente Gesagten hervorrief.) Die Entwicklung des Hammerklaviers gehört fast ausschließlich den leßten 200 Jahren an. Es ist, wie naheliegend, in der Sammlung durch eine bedeutende Anzahl von Exemplaren vertreten, von denen Professor Fleischer folgende 6 selbst vorspielte: 1) das Neiseklavier Friedrihs des Großen, das der König mit in den Krieg nahm; es ist kofferartig gestaltet; 2) Carl Maria von Webers Flügel (1807 bis 1809 entstanden), zur Komposition des „Freishüg“ viel benußt; weil der „Freishüß“ seine Haupterfolge in Berlin gefetert, \{enkte der Sohn des Komponisten das Klavier dem Könige, der es der Samm- lung überwies; 3) der Flügel Marie Antoinettes von 1787, auf dem die Könkgin viel gesptelt haben soll; er trägt inwendig einen Zettel, wonah er vom Bürger „Blanche“ einem niederländishen Bauern verkauft worden war, bei dem er entdeckt wurde; 4) der Flügel Mendels\sohns von 1832; 5) Meyerbeers Salonflügel ; 6) Klara Schumanns {hon in allen Teilen sehr vollèndeter #lügel. Der Redner bedauerte am Schluß, daß die große Vielseitigkeit der Sammlung nicht gestatte, ähnlich wie über das Klavier, über die Entwicklung der Streih- und Blasinstrumente u. \. f. zu reden, die des Hochinteressanten die Menge biete. Er wolle es sich aber nicht ver- sagen, noch ein besonders interessantes Stück der Sammlung vorzuführen. Es haudelte sih um einen Vortrag auf der von Benjamin Franklin (der dem Himmel den Bliß entriß) erfundenen Blasharmonika, der großem Beifall begegnete.
Berlin-Johannisthal, 3. Februar. (W. T. B.) Der Flteger Bruno Langer, der heute früh 8 Uhr §8 Minuten auf einem Noland-Doppeldecker der Luftfahrzeug-Gesellshaft zu einem Dauerflu ge aufgestiegen war, hat die bisherige Welthöchstleistung, die der Franzose Fourny mit 13 Stunden 22 Sekunden aufgesteüt hatte, beträhtlich überboten. Langer ist um 10 Uhr 15 Minuten Äbends glatt gelandet. Bet seiner Landung wurde ihm von dem Direktor der Lustfahrzeug-Gefellschaft ein großer Lorbeerkranz überreiht; von den zahlrei versammelten Fliegern wurden thm herzlihe Glückwünsche dargebracht.
Nendsburg, 3. Februar. (W. T. B.) Heute nachmittag er- folgte auf dem hiesigen Militär-Friedhof die feierlihe E in- weihung des Denkmals zum Andenken der am 3. Februar 1864 bei Nendsburg i Kampfe gegen die Dänen gefallenen ôsterreihischen Offiziere und Mannschaften. An der Feier beteiligten #{ch Abordnungen des ösösterreihishen
Infanterieregiments Nr. 36 aus Pilsen unter der Führung
E C E E S E S P Tele A D L E L - R
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des Obersten Mossig, des 4. österreihishen Regiments g Tiroler Kaiserjäger in Trient unter der Führung des Oberstleutnant; Edler von Ler sowte des österreihishen Infanterieregiments Nr. 3 in Lemberg untex der Führung des Obersten von Nabel. Die Feie, begann mit einem von einer Vilitärkapelle gespielten Choral. Daraui erfolgte ein Gesang der vereinigten Männergesangvereine von Rendz, burg. Die Weiherede hielt der Landgerichtsdirektor Hahn aus Kies. Nachdem die österreihishe Nationalhymne gespielt worden war, nahm der Generalmajor Freiherr von Troschke mit einer Ansprahe das Denkmal unter seinen Schuß. Das Lied: „Schleswig-Holstein meeruws{lungen“ beschloß die eindrucksvolle Feier. Nunmehr legten zahlreihe Abordnungen Kränze am Denkmal nieder, — In der Stadthalle vereiniaten fich die Sestteilnehmer von Nends. burg zu einem Festmahl. Die österreichischen Abordnungen waren vom Bürgermeister von Rendsburg zu einem Makbl geladen. Die Stadt war mit Flaggen in österreihishen, deutschen und \{chleswig. holsteinishen Farben prächtig geschmüdckt. Die Teilnahmè an der Feier war außerordentli groß.
München, 4. Februar. (W. T. B.) Heute vormittag ist ein Unteroffizier vom Fliegerbataillon in Ober Shleiß, hetm aus der Höhe von 200 m auf den Kasernenhof des Eisenbahn. bataillons gestürzt. Er war sofort tot; sein Flugzeug wurke zertrümmert.
Braunschweig, 4. Februar. (W. T. B.) Nah der „Braun- \{chwetgishen Landeszeitung“ ist vergangene Nacht auf dem Oft, bahnhofe eine ausfahrende Lokomotive dem um 12 Uhr von Magdeburg kommenden Güterzug in die Sette ge. fahren und hat etwa 15 Wagen zur Entgleisung gebrat, Der Heizer des Guülerzuges, - Lehmann, Ut hon einem Packwagen fast erdrückt worden, ein Schaffner trug eine Fleishwunde davon. Die ausfahrende Lokomotive ist sehr schwer beschädigt, aber Führer und Heizer find unverlegt geblicben, Die Aufräumungsarbeiten dauern noch an. Die von Helmstedt kommenden Züge wurden über Jerxrheim-Wolfenbüttel naß Braun- schweig geleitet. n
Paris, 3. Februar. (W T. B.) Der gestern bei Pont oise mit cinem Zweideder abgestürzte Flieger Brodin ist heute nachmittag seinen Verleßungen erlegen (vgl. Nr. 29 d. Bl.)
Nancy, 3. Februar. (W. T. B.) Nach elner Meldung der „Agence Havas“ landete ein deutsches Flugzeug mit zwei Offizieren heute nahmittag 123 Uhr zwischen Chanteheurx und Croismare. Die Offiziere, die vonS traßburg nachMeßt fliegen wollten, hatten die Richtung verloren, nachdem sie Saarburg vasßiert hatten, und mußten landen. Etner von thnen begab sich sofort nah der Landung nach dem Bürgermeisteramt von Croismare, um Bel. stand zu verlangen, da das Flugzeug, ein Zweidecker, bei der Landung stark beshädigt worden war. Der Bürgermeister verständigte sofort, telephonish die Zivil- und Militärbehörden von Luné«- ville. Um 2 Uhr begaben sih zwei Generäle der Garnison von Lunéville nah Croismare, um die beiden deutshen Militär flieger zu vernehmen. Croismare liegt etwa neun Kilometer von der deutschen Grenze und zwet Kilometer von dem Fort Manonvillers. — Abends um 6 Uhr wurden die beiden Offiziere vom Brigadekommandeur General Varin zum Bahnhof Avricourt geleitet. Das Flug- zeug wird abgerüstet und mit der Eisenbahn nach Meß gebradt werden. — Das verirrte Flugzeug war, wie aus Straßburg ge- meldet wtrd, mit dem Oberleutnant im Badischen Fußartillezrie- regiment Nr. 14 Prestien und dem Leutnant im Lothringischen Fußartillerieregiment Nr. 16 Gerner besegt. Ein zweites Flugzeug, das unter der Führung des Leutnants Thelen gleichfalls nah Meß aufgesliegen war, ist heute nachmittag auf dem Flugplay Freëcaty bei Mey gelandet. E
Tanger, 3. Februar. (W. T. B.) Ein Dampfbeiboot des spanishen Kreuzers „Estremadura“ scheiterte heute auf der hiesigen Neede infolge eines falshen Manövers; zwei Matrosen ertranken.
(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) ;
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E A f I T Ep
Theater. Königliche Vchauspiele. Donners-
tag: Opernhaus. 25. Abonnementsvor- ftellung. Dienst- und Freipläße sind auf- gehoben. Taunhäuser und der Sänger- krieg auf Wartburg. Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Negte: Herr Oberregisseur Droescher. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Professor NRüdel. Anfang 74 Uhr.
Schauspielhaus. 36. Abonnementsvor- stellung. Die Journalisten. Lustspiel in vier Aufzügen von Gustav Freytag. he Herr Regisseur Dr. Bruck. Anfang
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Freitag: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: Sympbphoniematiuee. Abends 73 Uhr: Vi. Symphoniekonuzert der Könuig- lichen Kapelle.
Schauspielhaus. 37. Abonnementsvor- stellung. Uriel Acosta. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Karl Gußkow. An- fang 74 Uhr.
Dentsches Theater. (Direktion: Max Reinhardt.) Donnerstag, Abends 73x Uhr: Shakespeare - Zyklus: König Lear.
reitag: Hamlet.
Sonnabend: Der Kaufmaun von Venedig.
Sonntag: Nomeo und Julia.
Kammerspiele.
Donnerstag, Abends 8 Uhr: Wetter- leuchten.
Freitag: Der Suob.
Sonnabend: Vürger Schippel.
Sonntag: Der Snob.
Deutsches Künsllertheater (So- gietge ¿ (Nürnbergexstr. 70/71, gegenüber em Zoologischen Garten.) Donnerstag, Abends § Uhr: Der Bogen des Odyfseus. Dramatische Dichtung in fünf Akten von Gerhart Hauptmann. eitag: Schirin und Gertraude. onnabend, Nachmittags 37 Uhr: Ve- terchens Mondfahrt. — Abends: Zum ersten Male: Das Phantom. Sonntag, Nachmitiags 3 Ubr: Das Prinzip. — Abends: Das Phautonm.
Berliner Theater. Donnerst., Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Pofse mit Gefang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer.
Freitag und folgende Tage: Wie eint im Mai.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bummel- studentenu.
Theater in der Königgrüäßer
Straße. Donnerstag, Abends 7} Uhr: König Nicharv An. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare. Freitag: Die fünf Fraukfurter. Sonnabend und Sonntag: König Nichard Lin.
Komödienhaus. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Kammermusfik. Lusispiel in drei Akten von Hetnrih Ilgenstein.
Freitag und folgende Tage: Kammer- musik.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Film- zauber.
Cessingtheater. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lustspiel in fünf Akten von Bernard Shaw.
Freitag: Peer Gynt.
Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr: Der Erbförster. — Abends: Simson.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Vro- fessor Beruhaxdi. — Abends: Pyg- malionu.
Theater an der Weidendammer Bríicke. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Wer zuleßt lachGt . . . ! Posse mit Gesang und Tanz von Arthur Uppshiß und A. Bernstein - Sawersky. Musik von Leon Jessel.
Freitag und folgente Tage: Wer zuletzt lacht .….! d
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr (halbe Preise): Wer zuletzt lacht .. . ! Schillertheater. O. (Wallner- theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Weh dem, der lügt! Lustspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer.
Freitag: Meyers. Sonnabend: Die Stützen der Gesell-
schaft,
Charlottenburg. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die beiden Leonoren. Lust- spiel in vier Aufzügen von Paul Lindau. Freitag: Serodes und Mariamune. Sonnabend, Nachmittags 35 Uhr: Zopf und Schwert. — Abends: Weh? vem, der lügt!
Deutsches Opernhaus. (Char- lottenburg, Bismarck - Straße 34—37. Direktion: Georg Hartmann.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Mandragola.
Freitag: Parsifal.
Sonnabend: Undine.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die lustigen TBeiber von Windsor. — Abends: Parfifal.
Moniis Operettentheater.(Früher: Neues Theater.) Donnerstag, Abends
in drei Akten von Karl Ltndau und Bruno Granidstaedten.
Freitag und folgende Tage: Die verbotene Stadt.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die
Fledermaus.
Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Polenbluxt. Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. O und folgende Tage: Poleu-
ut.
Sonntag, Nachmittags 3} Uhr: Der liebe Augustin.
Theoter am Nollendorfplak. Donnerstaa, Abends 8 Uhr: Prinzes Gretl. Operette in drei Akten von A. M. Willner und Rob. Bodanzky. Musik von Heinrih Reinhardt.
Freitag und folgende Tage: Priuzeß s d, Nahmitt
onnabend, Nachmittags 4 Ubr: Die Schiffbrüchigen. s :
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die
\{chöne Helena.
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Lusispielhaus. (Friedrihstraße 236.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die \pouische liege. Sch{wank in drei Akten von
8 Uhr: Die verbotene Stadt. Operette | K
Freita
quusft.
Landsberger
Schönfeld.)
fang und
ren und
Freitag
Hochzeit.
Residenztheater. Donnerstag, Abends
s Uhr: Hoheit — der Franz! Musi- kalisße Groteske in dret Akten von Artur
von Robert Winterberg.
Freitag und folgende Tage: Hoheit — der Franz!
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Haben Sie nichts zu verzollen ?
Thaliatheater. (Direktion: Kren und
Die Tangoprinzessin. Posse mit Ge- anz in dret Akten von Jean (Curt von Alfred Schönfeld. und Tangoprinzesfin.
Trianontheater. (Georgenstr., nahe
Bahnhof Friedrichstr.) Donnerstag, Abends 8s Uhr: Anatoles Hochzeit. Freitag und folgende Tage: Auatoles
Sonntag, Nachmittags 3 Liebe wacht. N
n (auch bei der Vèaul- und Klauenseuche aute Erfolge gezetgt hat.
und folgende spanische Fliege. Sonntag, Nachmittags 3} Uhr: Hof-
Tage: Die] Meiste (Köthener Straße 38.) Dounerstag, Abends 8 Uhr: Liederabeub
von Claus Hülsen (Tenor).
I-I Ey
Zirkus Schumann. Donnerst., Abends 74 Uhr: Große Galavorstellung. — Vorzüglices Programm, — Zum Stluß: „Tipp““, der Derby-Favorit 1914,
und Willi Wolff. Musik
Zirkus Busch. Donnerstag, Abend: 77 Uhr: Große Galavorsic!luug. — Auftreten sämtlicher Spezialitäten. — Zum Sqluß: Die große Prunk- pantomime: Pombvyeji.
Donnerstag, Abends 8 Uhr:
Kraaß. Gesangstexte
Tage: Die
Familiennachrihteu.
Verlobt: Marie Luise Gräfin von Lambsdorf mit Hrn. Hauptmann Otto von Rodenberg (Königsberg i. Pr.). — Nora Gräfin Baudissin - Zinzendorf mit Hrn. Oberleutnant z. S. Curt Frhrn. von Seld (Rantau bei Plôn— Kiel). — Frl. Heïene Klingemaun mit Hrn. Gerichtsassessor Dr. jur. Karl Büchsel (Koblenz).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Fritz von Wiluckt (Jaentschdorf). — Cine Tochter: Hrn. Oberleutnant Fedor von Haugk (Hannover).
folgende
Uhr: Die
weiser.
Franz und Ernst Bach.
Singakademie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: 2. Klavierabend (Liszt-Abend) von Katharina von Rauuzszewicz.
Beethoven-Saal. Donnerst., Abends
8 Uhr: 2, Konzert von Mischa Violin (Violine). Am Klavier: Marie Golden-
Klindworth -Scharwenka- Saal. Donnerstag, Abends 77 Uhr: Konzert von Una Bourne (Klavier) und Mona Mc Caughey (Gesang).
Gestorben: Hr. Kammergerichtsrat Emmo Fischer (Berlin-Wilmersdorf). —— Hr. Steuerrat a. D, Louis Frhr. bon Hammerstein-Loxten (Hannover). — Dr. Baurat Franz Willert (Greifs- wald).
Konzerte,
Verantwortlicher Redakteur:
Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg,
Verlag -der Expedition (Heid ri ch) in Berlin
Druck der Norddeutschen Buchdruckeret und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32
Sieben Beilagen (einschließli Börsenbeilage).
¿ 30.
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5 Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 4, Februar
1914.
Deutscher Reichstag. 204. Sißung vom 83. Februar 1914, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Der Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sißung mit der Mitteilung, daß der Abg. Dr. Preuß (Zentr. 6 Königs- berg) heute nacht in seiner Wohnung in Berlin plößlih am Herzschlage verstorben ist. "Das Haus ehrt sein Andenken in der üblichen Weise. Darauf fährt der Präsident, nachdem er mitgeteilt hat, daß er den Hinterbliebenen der Opfer der lezten Bergwerkskatastrophe die Teilnahme des Reichstags ausgedrüdckt hat, fort:
Welche Opfer im Menschenleben die Naturgewalten erfordern, das haben wir erst gestern gesehen. Wiederum is ein \tolzes Segelshif der Handelsmarine Hamburgs in stürmisher Nacht an den Küsten Englands gescheitert, wobei 19 brave Seeleute und der Kapitän den Seemannstod gefunden haben. Trotz aller Opfer und troß aller widerstrebenden Mächte schreitet die Kultur unaufhaltsam fort. Die deutsche Technik hat in diesen Tagen einen weiteren großen Erfolg erreiht und den Beweis ihrer Tüchtigkeit erbracht, auf den stolz zu sein wir alle Ursache haben. Von Eilyese bei Hannover hat Se. Majestät der Kaiser an den Präsidenten der Veretnigten Staaten auf direktem drahtlosen Wege ein Begrüßungêtelegramm gesandt. Weite Entfernungen {sind damit in Bruchteilen .von Sekunden überbrückt, und Länder und Völker sind in früher nie geahnter Weise miteinander in Berührung gebracht worden. Ferner ist etn aroßes deutsches Werk am 1. Februar d. F. vollendet worden. Die Gleisspißze der ostafrikanischen Tanganjtkabahn hat an diesem Tage in Tabora den Endpunkt am Tanganjikasee erreiht. Die Strecke wird in wenigen Monaten eröffnet werden. Ich glaube in Ihrem Namen der Freude über die Vollendung des bedeutungsvollen Werkes Autdruck geben zu können, indem ih auch aleickchzettig dem Reichskolonialamt und allen denjenigen dte Glückwünsche des Hauses auésprehe, die an diesem Werke fo kraftvoll mitgewirkt und es fo überrasWend schnell beendet haben. Jch vertraue, daß die nunmehr vollendete Eisenbahn ein mächtiger Hebel sein wird zur Erfüllung der Aufgaben, die Deutschland tn Afrika noch zu vollenden hat.
Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen.
Der Abg. Gothein (fortshr. Volksp.) fragt:
„Zeitungsnachrichten zufolge haben Professor Dr. Brieger und
Dr. Krause ein wirksames Heilmittel gegen die Maul- und
Klauenseuhe entdeckt. Hat der Herr Neichskanzler dessen
Prüfung veranlaßt, und ist er — falls diese den behaupteten
Heilwert bestätigt — bereit, das Mittel für das Neich zu erwerben
und es den deutschen Viehbaltern gegen Erstattung der Selbstkosten
überall zur Verfügung zu stellen 2“
Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Jonquières: Dem Reichskanzler ist bekannt, daß der Geheime Medizinalrat Professor Dr. Brieger und Dr. Krause von der Königlichen Hydrotherapeuttschen Anstalt der Universität Berlin ein chemishes Präparat mit trypanocider Wirkung hergestellt haben, das nah ihrer Angabe in einigen Fen
us den bis jegt hierüber erfolgten Veröffentlihungen läßt sich ein ab- schließendes Urteil über die Brauchbarkeit dieses neuen Mittels zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche nicht gewinnen. Die MNetchsverwaltung wird die geeigneten Schuitte einleiten, damit weitere Versuche mit dem Mittet augestellt werden, und sich zu diesem Behufe mit dem Königlih preußtishen Minister für Landwirtschaft in Berbindurg seßen. Zz4 Erwägungen wegen des Erwerbs des Mittels für das Reich hat bisher, zumal es bereits fabrikmäßig hergestellt wird und von der Fabrik erhältlih ist, ein Anlaß nicht vorgelegen.
Der Abg. Kunert (Soz.) fragt:
„ÎIn der 117. Neichstagsfißung vom 30. Januar 1911 — also vor drei Jahren — erklärte wiederholt der damalige preußische Kriegsminister und zwar aus Anlaß der Beratung der dem Neich3kanzlec zur Erwägung überreichten Petition des Wirklichen Geheimen Kriegsrats ÜUhlenbrock, daß die Neformbedürftigkeit und Bereinfahung der Verwaltung des Heeres, insbesondere der Armee- intendantur, nicht bestritten werden könne. Er hob dabei hervor, daß etne Kommission bereits eingeseßt sei, die sih mit dieser ge- planten Reform zu befassen habe, und daß ihre eingehenden und eifrigen Erwägungen und Arbeiten mit Ablauf des Jahres 1911 jo weit vorgeschritten sein würden, daß man, davon ausgehend, zu weiteren Resultaten werde gelangen können. Gleichzeitig versprach er die Anfertigung einer Denkschrift über die beabsichtigte Reform und die Uektecmittlung dieser Denkschrift an den Neichétag. Jn welckches Stadium der Erwägungen und Vorbereitungen ist die er- wähnte, dringend nötige Reform zurzeit gelangt? Wann wird die s Neichstage ver|prchene Veröffentlichßung der Denkschrift er- olgen 2"
Oberst Schetich: Eine Beantwortung ist im Nahmen elner Anfrage jetzt noch niht möglih. Die Beantwortung wird bei der Be- ratung des Militäretats erfolgen.
Der Abg. Dr. v. Liszt (Fortschr. Volksp.) fragt:
„Jst zu *erwarten, daß dem Reichstag in dieser Session ein Gesetzentwurf zur Beseitigung der ¡Oere Schäden vorgelegt wird, welh2 der Grundkredit dur die übermäßige GErstreckung der Fristen für die Wirkung von Mietszessionen in den Fällen der §8 1124 BGB. und 57 Zwangsversteigerunasgesetzes erleidet 2?“ Direktor im Reichsjustizamt Dr. Delbrück: Nomens des
JLideéfanzlens babe ih dic gestellte Frage zu bejahen. Ein Gesey- ecnfwurf zur Einschränkung der Verfügung über Miet- und Pacht- ze]Ntonen ist bereits fertiggestellt und wird dem Bundesrat alsbald vorgelegt werden.
Hierauf seßt das Haus die zweite Beratung des Rei chs- haushaltsetats für 1914 im Spezialetat für das „Reichsamt des Junern“ fort.
__ Unter den „allgemeinen Fonds“ sind 500 000 Mark für die Förderung der Seefischerei ausgeworfen.
_Abg. Noske (Soz ): Wir sind wiederholt für eine Einstellung größerer Mittel für die Förderung der Binnenfischerei und nament- lich für die Hochseefisherei eingetreten. Die Hochfeefischerei soll auh ür einen besonderen Schutzzoll für Heringe gefördert werden. Wir sind für ein solhes Mittel der Förderung niht; wir sind vielmehr für die Ermöglihung besserer tehntisher Hilfsmittel. Leider reiht die Produktion bei uns nit aus; wir sind immer noch auf die Ein- fuhr angewtesen. Deutschland besißt erheblich weniger Fischer-ifahr- ¿euge als Ergland. Hier kann für die deutshe Hocbseefischeret noch unendlich viel getan werden Den Fischern sollten mögli{hst günstige Bedingungen für die Beschaffung kleiner Vèotorboote gestellt werden. Gs fehlt an Fisereihäfen an der Oftseeküste. Diese Hafenbauten müßten \chckleunigst in Angriff genommen werden, um die Ftisäer aus ihrer Notlage zu befreien. Die Hochseefischerei gehört zu den denkbar gefährlihsten Berufen; kein anderer Beruf fordert fo viel pfer, namentlich an Toten. in Zeiten großer Sturmfluten. Die geplagten Mannschaften müssen gesundheitlih und vor Gefahren mehr geshüßt werden. Die Unternehmer sind dazu leider nicht .in dem erforderlichen Maße bereit. Der Bundesrat hat allen Anlaß,
rasch zu helfen. Dies is um so notwendiger, als die Arbeiter eine dauernde Arbeitszeit haben und zum großen Teil an Nheumatismus usw. leiten. Die Besaßung der Fishdampfer kommt oft drei bis vier Tage nicht aus thren Kleitern. Wie schwer die Leute zu arbeiten haben, er- gut sich daraus, daß ein Fischdampfer strandete, auf dem die gesamte
tannschaft bis zum Kapitän wegen Ermüdung eingeshlafen war. Unter der Üeberan|trengung leidet auch das Maschinenpersonal, tas in fehr geringer Zahl vorhanden ist. Die Schutßvorschriften für die Heringsfischer sind ungenügend. Kommen die Véannschaften überhaupt zur Nuhe, so in vollständig unzureihenden Räumen, in engen Wchern. Das Mannschaftslogis genügt auch nicht den geringsten Ansprüchen. Die Mannschaften sind in Näumen untergebracht, wo \chlechte Luft herrscht, die noch durch die Ausdünstung der Kleider verpestet wird. Eine Küche existiert auf den älteren Heringédampfern nit. Der Heringsfischer ist Satsonarbeiter. Was aus den Leuten im Winter wird, darum kümmert si der Reeder niht. Auch die Art der Be- zahluna ist eine eigentümlihe. Die Fischer stehen nicht in festem Lohn, fondern die Bezahlung seßt si zusammen aus cinem außer- ordentli geringen Lohn und einem Anteil am Fang. (83 werten Wochenlöhne bezahlt von 13 bis 4 6 herunter. Die aroßen Needer
garantieren ja ein Minimaleinkommen, aber auch dieses kann angesiht&.
der mörderischen Arbeit nit als genügend angesehen werden. Auch die Beköstigung der Fisher läßt viel zu wünshen übrig. Das ärgste aber ist, daß sie nur die rohen Nahrungsmittel erhalten und für die Zubereitung selber sorgen müssen; es müßte vorgeschrieben werden, daß auf jedem Fifchlogger ein Ko vorhanden fein muß. Die Anwerbungskontrakte, besonders die der Aktiengesellshaften, enthalten eine Menge widergeseßliher Bestimmungen und charakterisieren sich eigentli als Sklavenkontrakte. Arbeit an allen Sonntagen toird den Arbeitern zur Pflicht gemacht; die Dienstzeit soll nah Wahl der Gesellschaft zwischen Anfang Mai und Ende Juni beginnen, der Mann muß sich also lange Wochen zur Verfügung halten, ohne dafür mit einem Pfennig entschädigt zu werden, er muß aber hundert Mark Konvenl! ionalstrafe zahlen, wenn er fi bei der Einberufung nicht stellt. Der Schiffämann kat für allen durch ordnungswidriges Ver- balten der Gesellshaft verursahten Schaden zu haften; diese und ähnlihe Vorschriften bedeuten geradezu einen Freibtief der Gefell- schaften für Lohnprellereien. Auch nah angestrengtester Arbeit auf hoher See sollen die Mannschaften beim Löschen der Ladung „bei Strafe des Verlustes aller Ansprüche“ felbst tätig sein und nichx einen Ersaßmann stellen dürfen; also au în solchem Falle will man sie um thren gesamten Lohn bringen! Bessecer Shuy der Fischer ist also eine der dringendsten Notwendigkeiten.
Abgeordneter Sh wab a ch (n1.): Au meine Partei hat von jeher ein großes Interesse der Fischerei entaegengebracht. “Fn den leßten Wochen hat die Ostiseeküste und ihre Fischerbevölkerung [were Verluste und Schaden erlitten durch Sturmflut und Uebers{wemmun- gen. In ersier Reibe sind ja die Einzelstaaten zur Hilfeleistung verpflichtet; aber die Erfahrung lehrt, daß die von dteser Seite geleistete Hilfe bet weitem niht ausreiht, um auc nur notdürftig der betroffenen Bevölkerung die ges{chlagenen Wunden zu heilen. Das hat sich auch jetzt bereits wieder sowohl für Pommern als für Westpreußen herausgestellt. Mindestens in gleihem Umfange sind Schäden auch für Ostpreußen namentli für die Bewohner der Nehrung auf der Westseite des Kurischen Haffs erwahsen. Durch solhe Katastrophen wird die ohnehin durch ihr Gewerbe so angestrengte und mitgenommene nur kümmerlich ernährte Fischerbevölkerung geradezu ruiniert. Das Neich hat alles Interesse, diese Bevölkerung niht nur zu erhalten, sondern auch kräftig zu ehalten, weil die Marine gérade aus diesen Sichten ihren besten und leistungsfähigsten al gewinnt. Vor 2 Jahren haben wir in einem Antrag die Herabseßung der Eisenbahnfrachten für Seefische verlangt; im vorigen Jahre haben wir die Erhöhung des hier in Nede stehenden Etats- fonds um 110 000 6 gefordert. Die verbündeten Negierungen sind auf diesen Antrag nickcht eingegangen; es wird dazu unsererseits noch der Kollege von Nichthofen fih äußern. Wir beantragen jeßt, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, sich bis zur dritten Lesung darüber {lüssig zu machen, daß die in dem Etat für die Förderung der Fischerci stehenden Fonds aus Anlaß der dur die Sturmfluten entstehenden Schäden angemessen erhöht werden, und empfehlen diese Resolution dem Hause zur Annahme.
Abg. von Böhlendorff-Kölpin (dkons.): Zuerst muß ih mein Bedauern darüber aus\prehen, daß durch die {weren Sturm: \chäâden am Ende d:8 vorigen und Anfang dieses Jahres unsere Fischereibevölkerung fo außerordentlich \chwer gelitten hat. Es ist notwendig, d1ß die Feslstelung der Schäden sehr {nell erfolgt und aus den Fonds zur Förderung der Fischeret den notleidenden Fiscbern möglichst - reihlide Mittel zur Verfüaung gestellt werden. Auch bezügllch der Ernährung durch Fischfleisch müssen wis uns vom Auslande möglichst unabhängig machen. Der Fifchereibetrieb it gewissermaßen ein Bestandteil der Landwirtschaft. Ohne eine gesunde Wasserwirtschaft kann auch keine gesunLe Land- wirtshaft gedeihen. Unsere Fischerei ist nicht in der Lage, sih aus eigener Kraft zu helfen. Sie muß daher kräftig unterstützt werden. Das bisher Geschehene reiht au nicht annähernd aus, wenngleich anzuerkennen ist, daß. tn leßter Zeit {hon reihlichere Mittel zur Verfügung gestellt worden sind. Was hier noch zu letiten ist, erhellt aus dem Umstande, daß unsere Fischerei nur den geringsten Teil der für uns nötigen Fishnahrung liefert. Hamburg ist bier vor- bildlih vorgegangen, indem es sich bemühte, für seine Fischer gute Ab- faßverhältnisse zu shaffen. Das sollten fich auch die anderen Bundes- staaten, ganz besonders Preußen, zum Muster nehmen. Aber au das Neich kann hierfür mithelfen, indem es die zweite halbe Million zur Verfügung stellt, falls es die Finanzlage irgendwie erlaubt. Die Binnenfischerei hat erfreulihe Fortschritte gemacht, daoegen wird in der Hochscefisherei die Ostsee immer noch sehr vernahläsßgt. Ich halte die Meinung, daß die Fischerei in der Ostsee nicht lohnend jei, für volikommen irrig. Etne Hochseefischer-Versuchsstation in Swine- münde könnte hier viel Gutes schaffen. Es könnten au biologische Studien angestellt werden, und die Zusammenarbeit zwishen Theorie und Praxis wird der Fischerei sehr zum Vorteile gereihen. Notwendig ijt aber auch, die Fiscbereibevölkerung zur Selbsthilfe zu erziehen, wie es ja in der Landwirtschaft dur Ausbau des Genossenschafts- wesens geschehen ist. Ih denke hier an Ein- und Verkaufsvereine. Die Cisenbahn kommt ja den Wünschen des Fischereigewerbes sehr entgegen. Aber vielleiht läßt sih durch Errichten von Eis- und Aufbewahrungshäusern eine weitere Förderung des Fischgenusses er- zielen. Ueber die Schaffung von Fischereihäfen darf. niht immer nur geredet, es muß auch einmal gehandelt werden. Solche Häfen“ werden besonders in Hinterpommern vermißt. Auch wird über die mangel- bafte Seebeleuchtung geklagt, die auch dem Frachtverkehr schadet. Mitdem Studium der Abwässerfragen sollte {h das NReichsaesund- heitsamt mehr beschäftigen. Die Fischereibevölkerung ließe sich, da der Fischfang ja nur eine Art Saijonarbeit ist, siher auch für die innere Kolonijation nußbar machen. Für hohe Fischpreise sind au wir niht. Auf jeden Fall müssen aber Maßregeln getroffen werden, daß das Fischereigewerbe angemefsene Preise erhält. reibevölkerung muß die Fürsorge finden, auf die sie Anspruch er- heben kann.
Abg. Dr. Struve (forts{hr. Volksp.): Jh möchte noch meinem besonderen tiefen Bedauern darüber Ausdru chen daß uns der Kollege Dr, Preuß, der sih hier stets" als einén warmen Freund der See- fischerei- erwiesen hat, fo plöblich ‘durch den Tod entrissen ist. Ich
Und die Fische- |
hatte erwartet, daß zunächst ein Vertreter der Regierung zu diesem Titel das Wort ergreifen würde. Wir hätten gewünscht, daß der Ztel unserem früheren Verlangen entsprechend auf 610 000 M und angesihts der eingetretenen Schäden an der Ostsee noch weiter erhöht worden wäre. Die Einstellung einer großen Summe ift besser als lange Reden. Die kleinen Fischer an der Ostsee verdienen eine Hilfe um so mehr, als die Ostsee ja ohnehin gegenüber der Nordsee im Nachteil ist, weil die große Propaganda für die Seefische hay Bu der Nordsee zugute kommt. Die Ostsee hat die {were Konkurrenz aus Schweden, Norwegen und Dänemark auszuhalten. Es hat mich gefreut, daß die Nechte in diesem Jahre auf den Fischzoll verzichtet. Ooffentlih wird dieser Verzicht ein dauernder sein; der Fischzoll muß aus der Diskussion im Lande verschwinden, er liegt - auch nicht im Interesse unserer Fischer. An den Arbeitern in der Seefischerei darf die Reichsregierung nicht vorübergehen, sie muß für sie sorgen wie für die anderen Arbeiter. Notwendig ist ferner der Bau neuer OÖstseehäfen und die Aufteilung von Domänen, um den Fischern Grund und Boden zur Verfügung zu stellen. Es is die Schuld der preußischen Regierung, daß so wenig Fischereihäfen angelegt sind.
4 Auch die Seezeichen sind unzureichend; sie müssen vermehrt werden.
Ferner muß den Fischern der Cinkauf durch Einführung von Ein- kaufsgenossenschaften erleihtert werden. Ebenso find aber auch Ver- kaufsgenossenshaften notwendig; hier wäre die Einschränkung des Zwischenhandels am Plate. - Ferner sollte die Regierung den Fischern auch im Frachtverkehr entgegenkemmen dadurch, daß die Fisber auch Nachis verladen können, damit die Fische so \chnell wie mögli ins Binnenland kommen. Wie steht es mit den Verträgen mit den Nachbarstaaten wegen eines einheitlichen Fisdfreirechts? Diese Negelung ist namentli erforderlich bezüglich der Zesenfischerei. Diese ist viel gefährlicher, als es die Seehunde für die Seefischeret werden können. Ich würde mich freuen, wenn wir über diesen Punkt eine Auskunft von der Regierung erhalten könnten. Durch die Zesen- fischerei wird die Fischbrut zerstört. Auch über die Pflege der Fischerei in den Kolonien möchten wir Auskunft haben. erner wünschen wir, daß eine größere Summe eingestellt wird für die inter- nationale Tiefseeforshung. Die in Betracht kommenden wissenschaft- lichen Forscher sollten endlich fest angestellt werden. Die Sorge um die Binnenfischerei sowohl wie um die Hochseefischerei muß eine all- gemeine werden.
Abg. Freiherr von Nichthofen (nl.): Jh kann mich den Aus=- führungen des Abg. Struve, namentlich seinen leßten Worten nur an- schließen. Mit ihm können wir uns nit für die Einführung eines 1ischzolls erwärmen und bedauern auch, daß die Regierung nur 500 000 Mark in diesen Titel eingestellt hat. Für künftige Zeiten werden wir absolut nicht um eine Erhohung dieses Fonds herumkommen. Ueber die Verwendung dieser Neichsmittel speziell für die Heringsfischerei ist es diesmal nótig, eine Bemerkung zu machen. Bisher wurde angenommen, daß etwa die Hälfte des Fonds für die Heringéfischerei zur Disposition gestellt worden ist. Jm lebten Jahre hat sich die Reichsregierung leider auf diefen Standpunkt nicht gestellt; es find Bestimmungen getroffen worden, die an sich zu billigen sind, aber zur Folge haben, daß die Dotationen für die Heringsfischerei, die hon 200 000 A erhielt, als der Fonds nur 375 000 4 betrug, auf 183 000 4 gesunken ist. Viel- leicht fommt diese Summe scließlich noch auf 200 000 4, aber auch das würde noch eine Benachteiligung gegenüber dem früheren Zustande bedeuten. Wie denkt sih nun die Negterung die Verteilung des Fonds in Zukunft? Will sie der Heringsfischerei dauernd die höhere Do- tation entziehen? Jch würde das bedauern, denn der auten Lage der Heringsfischerei im leßten Jahre können auch wieder \{lechte Jahre folgen. Hoffentlih wird die Unterstüßung in den kommenden Zeiten für die Heringsfischerei wieder erhöht oder für sie aus dem Fonds eine MNeserve geschaffen. Der Fang an eigenen Seefischen ist auf deutschen Schiffen von 1908 bis 1913 nur um 40 % aestiegen, hat also nit ein- mal mit der Steigerung des Bedarfs Schritt gehalten, und das ist kein erfreuliches Resultat. Wir können also niht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen der Verbesserung dieser Verhältnisse unser Augenmerk aufs intenswvste zuwenden. Der Abg. von Böhlendorff hat durchaus zu Recht einen Appell-an die preußishe Regierung gerichtet; das hamburgische Beispiel muß von Preußen mit größter Energie nach- geahmt werden. Aber nicht die einzelnen Bundesf\taaten allein könnten der Seefischerei das Heil bringen: auch das Reich muß hier eingreifen.
Direktor im Meichsamt Innern von Jonquières: Auch die MNeichsverwaltung bedauert aufs tiefste die {weren Schäden, die die leßten Unwetter unserer Ostseeküste und ihrer Bevölkerung zugefügt haben, und was im Rahmen unserer Verwaltung zur Abhilfe und Milderung geschehen kann, wird geschehen; aber ich ß sofort betonen, daß das voraus-
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muß : sichtlih nur ia beschränktem Umfange der Fall sein wird. Die Mitiel zur Förderung der Seefischerei im Reichsetat dienen grundsäßlich der Forderung des Fischereibetriebes, der Erhaltung der Fahrzeuge Und *Fanggeräte usw., alles, was außerhalb dieses Rahmens liegt; die Schä- digungen, die unsere Fischer an ihrem Besiß und ihren Häusern ge- nommen haben, dafür einzutreten ift und bleibt Sache der Landes- regierung, darauf ist der Neichsfonds nicht eingerichtet und auch viel zu flein. Soweit die Hilfe des Reichs für Darlehen zur Neuanschaffung in Anspruch genommen wird, werden wir solche gern geben, aber eben nur nah Maßgabe der verfügbaren Mittel: ob es aber möglih sein wird, bis zur dritten Lesung zu einer Beschlußfassung über die Ein- stellung erhöhter Mittel zu gelangen, das ist eine reine Finanzfrage. Wir würden die Mittel gewiß gern zur Verfügung stellen, aber sie müssen vorhanden sein; diese Frage kann nur im Zusammenhange mit den sonstigen Finanzverhältnissen des Reiches erwogen werden. Es war \{on vor zwei Jahren nicht leicht, die Mittel für die damals beschlossene Grhöohung des Fonds flüssig zu machen, und aus demselben Grunde fonnte auch der vorjährigen Resolution des Reichstags eine Folge richt gegeben werden. Die heute gegebenen zahlreihen Anregungen kann man als durchaus zweckmäßig anerkennen, aber das Neich hat nit die Aufgabe, sie durchzuführen. Die Anlage von Schußhäfen und die Für- sorge für die Seezeichen is Aufgabe der Landesverwaltungen. Wir werden aber gern auch ena die betreffenden preußishen Ressort- ministerien auf diese Verhältnisse aufmerksam machen. Fürsorge für die Fischerei in den Kolonien kann nur dur den Kolonialetat geschaffen werden. Aber auch hier werden wir versuchen, eiwaige Wünsche zur Geltung zu bringen. Die Vorwürfe der preußischen Regierung gegen- über halte ih nicht für gerechtfertigt. Jch bin vielmehr überzeugt, mh sie tun wird, was in ihren Kräften liegt. Die Ostsee soll im Gegensa zur Nordsee benachteiligt werden. Aber gerade in den leßten Jahren sind ganz gewaltige Summen für die Ostsee aufgewandt worden. So ist ganz besonders viel für die Anschaffung von Motoren geschehen. Es wird gut sein, wenn man die Nord- und Ostsee ihre eigenen Wege gehen läßt. Im benachbarten Dänemark treten die Fishdampfer immer mehr in den Hintergrund, und das Motorboot wird immer mehr das hauptsächhlih bevorzugte Fahrzeug. Wir können also auf diesem Wege ruhig fortschreiten. Die Verhältnisse in der deutshen Fischerei haben sich wesentlich gebessert. Die Dampffischerei hat in den leßten Jahren keinen Nüdgang, sondern sogar eine Vermehrung um 15 Fisbdampfer erhalten. Die Leute haben eben wieder Mut bekommen. Besonders die Heringsfischerei hat ein Jahr hinter sih, wie man es ihr ja immer wieder gönnen kann. Statt 232 000 sind 340000 Faß Heringe ge- fangén worden. Dazu waren die Preise fo hoch wie [aft nie, Dio Heringsfischerei hat also keinen Grund unzufrieden zu fein. Wie wir künftig mit den Neßen versahren werden, diese Frage müssen wir Uns vorbehalten. Jn der Frage der Fischereipolizei ist ein Einverständnis erzielt worden, vorläufig. innerhalb Deutschlands, aber es ist zu hoffen,
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