1914 / 33 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

D E M I farves S S E N I ua E A

Mannuigfaltiges. Berlin, 7. Februar 19183.

Ludwig Ganghofer trug am Donnerstagabend im Konzert- saal der Königlichen Hohshule für Musik mit herz- erquidender Frishe und Gemütlichkeit aus eigenen Werken vor. Die shlichte Güte, der naive Humor, die seinen volkstümlihen Dichtungen eigen ist, verlieh der Veranstaltung einen sonnigen Reiz. Mit freundlich Mecgenden Worten wechselte ec während des Abends ver- shiedentlih den Plaß auf dem Podium, um den der Schallwirkung des weiten Naumes günstigsten Standpunkt zu finden. Nach dem Verlesen einer ecnsten Episode aus einem Noman ging der Dichter in einen behaglihen Plauderton über; er erzählte von dem vrächtigen Hausgeist seines Jagdhäuschens hoh oben am Berge, von dem guten Burgerl, und ließ dann einige Tiergesbichten folgen. Er gedachte in rührenden Worten seines Hanserl, des Lebens und Sterbens dieses außergewöhnlichen kleinen goldgefiederten Sängers; er s{childerte die wunderbaren Eigenschaften und die noch wundet- sameren Lebensshickf{ale des Dackels „Herzmanski", und wie sein Herr, der dide Förster aus Bishoss8wies, es niht übêrs Herz bringen konnte, dem treuen Jagdkameraden das Lebensliht auszublasen. ODrollige Episoden aus des Dichters „grüner Jugend" tauhten auf und lustige Scherze seines Jägers Damian Zak. Die Stunden \{wanden unter dem heitern Geplauder und der Schluß des Vortrags war da, ehe man es #sich versah. Aufrichtige Freude und herzliher Dank sprachen aus ‘tine Beifall, der dem Dichter in überreihem Maße gespendet wurde.

Der Kaufmännische Hilfsverein in Berlin veranstaltet zugunsten seiner Unterstüßungskasse, wie alljährlih, ein Alpen fest; und zwar am Sonnabend, den 14. d. M., im Neuen Opern- theater (Kroll). Der Oberbayiishe Gebirgstrahten-Erhaltungs- verein führt im Verlaufe des Festes verschiedene Schuhplattlertänze und den Münchener Schäfflertanz auf. Eintrittskarten sind im Vor- verkauf zu 2 F (Kassenpreis 3 4) in der Geschäftsstelle des Ver- eins, Seydelsir. 30, bei sämtlihen Theaterkassen dec Firma A. Wert- heim, bi Bote u. Bod (Leipzigerstr. 37) sowie beim „Invaliden- dank“, Unter den Linden 24, zu haben.

Im Wissenschaftlihen Theater der „Urantia" wird der neue, mit Winterbildern und kinematographts{hen Vorführungen von Sport und Spiel ausgestattete Vortrag „Winter in der Schweiz“ mit Ausnahme von Dienétag und Mittwoch in nächster Woche allabendlih wtederholt. Am Dienstag soricht in der Reihe der Gelehrtenvorträge der Professor Dr. Schmidt über „Die Forschungs- institute auf dem Telegraphenberg bei Potsdam und thre Tätigkeit"; am Mittwech findet der 39. Vortragsabend des „Wissenschaftlichen Vereins“ statt, an dem der Professor Dr. Brückner aus Wien über „Klimashwankungen und Völkerwanderung“ sprechen wtrd. Am Mittwoch und Sonnabend findet Nachmittags eine Wiederholuna des Vortrags „Mit dem Imperator nach New York* zu kleinen Preisen statt. Im Hör- faal werden folgende Vorträge gehalten: Montag, Dr. Elias: „Luftlöher und Böen“; Dienstag, Professor Dr. Lindner: „Methoden der mikrobiolcgischen Forshung“ ; Mittwoch, Dr. W. Berndt: „Die

Kiel, 7. Februar. (W. T. B.) Die österreihisch-unga- rischen Offiziersabordnungen trafen heute vormittag 105 Ühr, von Schleswig kommend, hier ein. Auf dem Bahnhof hatten sich der Chef der Marinestation der Ostsee, Admiral von Coerper, der Stadtkommandant, General von Wichmann, ter Oberbürgermeister Dr. Lindemann, der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Ahlmann u. a. zur Begrüßung eingefunden. Die Gäste begaben fich mit der Salon- vinasse des Stationshefs zur Besichtigung an Bord des Linien- \chiffes „Preußen“. Für heute mittag sind die Offiziere Gäste der Marine im Etablissement Bellevue, von wo aus sich ein herr- liher Blick über die Kieler Föhrde und die Krtegöflotte darbietet. Im Laufe des Nachmittags begeben \sich die österreichishen Offiziere nah Oeversee bei Flensburg.

Memel, 6. Februar. (W. T. B.) Nach etner Meldung des „Memeler Dampfbootes*“ aus dem Uebershwemmungsgebiete des Memelflusses und der Minge steigt das Wasser bei Nuß infolge etner Ets\topfung weiter; viele Wohnungen stehen unter Wasser. In Pokallna is infolge Dammbruchs alles über- flutet. Im Medcokelmoor rechts vom Flusse oberhalb von Ruß itehen die Häuser im Wasser; Pioniere sind in Heidekrug ange- langt, um die Moorbewohner von den Dächern threr Häuser zu bergen. Im Bismarckmoor ist es nicht viel besser. Kowno meldet Hoch- wasser, sodaß eine weitere Vershlimmerung der Lage befürchtet wird. Der Umfang des Schadens is noch nicht zu übersehen. Der Ober- präfident von Windheim wird heute erwartet. Im Mingefluß ist das Wasser vorübergehend gefallen, heute aber erheblich gesttegen. Das JIszluszemoor, das Augstumälmoor, Wabeln, Blassen und Minge sind besonders {wer betroffen. Die Eisbrecher werden heute das Eis vor der Mingemün dung auf dem Haff von außen angreifen. Bei Tilsit steht das Eis; Uebershwemmungen werden von dort sowie vom Pregel, von der Alle und der A ngerapp gemeldet.

Schleswig, 6. Februar. (W. T. B.) Nach dem Fe stgotte s- dienst aus Anlaß der Fünfzigjahrfeier der Befreiung der Stadt von pre. Deresalt (val. Nr. 32 d. Bl.) ordnete sh am Dom der Festzug. Das Musikkorps des Infanterieregiments Nr. 84 eröffnete den Zug. Dann folgten Gesangveretine und die Wagen mit den Ebrengästen und Veteranen, die Vertreter von Be- hörden zahlreicher {chleswtg-holsteinisher Städte, Offiziere, Vereine, Innungen, Abordnungen der Kieler Studentenshaft, Kieler und S{hleswiger Turner usw. Insgesamt wies der Zug über 100 Fahren auf. Als man auf dem Platze angelangt war, wo sich das Befreiungsdenkmal erhebt, leitete Gesang der vereinigten Schleswiger Gesangvereine die Enthüllungs- feier ein. Der Pastor Lorenzen hielt die Weiherede. Dann wurde das Denkmal enthüllt. Der Gesang „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" {loß die eindruck»volle Feier. Das Denkmal besteht aus einem eiwa 3,50 m hohen Findling, der sich auf einer Terrasse aus s{wedischem Granit erhebt. Der Stein trägt in Nunen- {rift die Inschrift: „Diesen Stein seßten Schleswiger Bürger tin dankbarer Erinnerung an den 6. Februar 1864 am 50. Jahrestage der Befreiung threr Stadt.“ Der Gedenkstein wird von vier Löwen flankiert. Nach der Feter begaben si die Festteilnehmer nach der ö ster - reihischen Kavelle auf dem alten Militärfriedhof, wo unter Mitroirkung des Milttärkirhenchors eine Gedenkfeier stattfand, bei der Geistliche beider Konfessionen tiefergreifende Gedächtnisreden hielten.

das Gefühl

der Zusammengebörigketit in den verbündeten österreid und deutschen Armeen. sterreichisen

Zahlreiche Begrüßungstelegramme aus Teilen der beiden Monarchien wurden sodann verlesen. alen Abends begann eine festlihe Beleuchtung der Stadt, die baß

Um 7 Uhr

wie in ein Lichtmeer getauGt war. Gleichzeitig wurden auf dem Möwen, berg weithin leuhtende Freudenfeuer entzündet. Um 73 Uhr Abends dur: zog ein von den Turnveretnen und der Feuerwehr in Schleswig ver, anstalteter Fackelzug die Straßen, der am Reventlow-Beseler-Denkmas

mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes „Schleswig-Holstein ums{chlungen“ seinen Abs{luß fand. a

Abends 9 Uhr begann unter

Mitwirkung der Schleswiger Gesangvereine und der Kapelle des Infanterieregiments Nr. 84 der Festkommers imStadttheater Der Oberpräsident von Bülow brachte hier als erster Redner ein

Hech auf die verbündeten Monarchen aus.

Gesang, Musikvorträge

und Ansprachen folgten im bunten Wechsel. Damit fand die erhebende

Feier, die von der er ihren Abschluß.

sten Stunde vom s{hönsten Wetter begünstigt war,

Graz, 6. Februar. (W. T. B.) Zur Erinnerung an dis

Teilnahme der stetrischen Soldaten an den K

ämpfen bei

Deversee (vgl. Nr. 32 d. Bl.) fand heute vor dem Denfmal deg Herzogs Wilhelm von Württemberg eine militärische Feldmesse stait, an der das hier garnisonierende Bataillon des Infanterieregiments Nr. 27, die Veteranenvereine sowie 130 ehemalige Kämpfer von Oeverses teilnahmen. Ferner wohnten der Feter die Spißen der Zivil, und Miilitärbehörden bei. Der Oberst Weber gedachte in einer Ansprade der heldenmütigen Haltung des Regiments und sagte u. a.: Unsere Blicke sind nach dem meerumshlungenen Schleèwig-Holstein ge- rihtet, wo die Erinnerung an Heldentaten gefeiert wird. Ver

Nedner feierte sodann tnsbesondere das Andenken des

tapferen

Regimentsführers Herzogs Wilhelm von Würtienberg und [egte

am Denkmal des Herzogs einem Vorbetmarsh der ihren Abschluß. NawMhmittags fand im

einen Lorbeerk1 anz

nieder. Mit Truppen

fand die militärisGe Feier „Orpheum" ein zy

Ehren der VDeverseekämpfer vom Belgierregiment veranstaltetes Fest. mahl statt, an dem die Spigzen der Zivil- und Militärbehörden teil.

nahmen.

Der Korpskommandant, Feldmarscchballeutnant C olerug

brahte einen Trinkspruch auf den Kaiser Franz Joseph aus. Der NRegimentskommandant Oberst Weber hieß namens des Regtments die Festgäste willkommen.

berger trank auf das Der Hauptmann Statthalters und

regiments.

Glückwünsche des die Zusammengehörigkeit des Heeres und des Volkes.

Der Generalmajor Ritter von Guggen- Wohl des altsteiris(en WBelgier- Underrain überbrahßte dle erhob sein Glas guf Der Bürger-

meister Dr. Fleischhacker beglückwünsh'e das Regiment namens der Stadt Graz. Die _nait

Franz Ioseph und des Erzherzog-Thronfolgers

Verlesung der Antworten des Kaisers ranz

Ferdinand auf Huldigungstelegramme“des Regiments twurde

mit Begeisterung und Jubel aufgenommen.

Das anläßlich der

Deverseefeter in der Industriehalle veranstaltete Mannschaft sfest verlief bet überfülltem Saale in gehobener vaterländischer Stimmung,

Paris

, 6 Februar.

(WiT B) Der Flieger Gar

stellte heute nahmittag eine neue Hôchstleistung auf, indem er auf dem Flugfelde von Chartres mit vier Fluggästen an Bord seines Zweideckers eine Hôhe von 2750 m errcite.

Lebensfunktionen des menschliche:n Organismus im Veraleich zu den- jenigen anderer Lebewesen“; Donnerstag, Professor Dr. Shwahn- „Die Sonnenenergie“ ; Sonnabend, Professor Dc. B. Donath: „Versuche am eigenen Auge“. Außerdem spriht am Dienstag auf der Sternwarte in der Júuvalidenstraße Dr. H. H. Kritinger über

den „Ausbau des Sonnensystems“.

Potsdam, 7. Februar.

Frtiedrihshafen unter der Führung

i (W. T: B) Tuft\chiff 2 VIT.*, das heute früh 4 Uhr 20 Minuten in

Das neue Militär-

des Betriebsdirektors Dürr | den Kaiser

mit der Abnahmekommission an Bord zur Uebersiedlung nah Pots- | von Reve

dam aufstieg, ist kurz vor 123 Uhr hier gelandet und sofort ia die

Halle gebracht worden.

Dann legten die prächtige Kranzspenden in der

im Hotel ,

Majestät dem Kaiser Franz Joseph. Nitter von Mosstg vom österreihishen Infanterieregiment Nr. 36 unter dem jubelnden Beifall der zahlreichen Festversammlung über

Führer der

und König ausbrachte. ntlow - Damp widmete

österreihishen Militärabordnung Kapelle nieder und verweilten noch längere Zeit an den auf dem Kirchhof befindlihen Gräbern der im Fahre 1864 gefallenen Kameraden. nah dem Chemnißz-Bellmann-Denkmal bezeb: dem Dichter des Schleswig-Holstein-Liedes eine Huldigung dar- zubringen, ' die mit dem Vortrag dieses Liedes durch die vereinigten Gesangvereine ihren Abschluß fand. Um 3 Uhr fand ein Festmahl Stadt Hamburg" siatt, bei dem der kommandierende General des 1X. Armeekorps von Quast ein Hoch auf Seine Majestät Der Landtagsmarschall Graf

seinen Trinkspruch Setner U. a. sprach noch der Oberst

Inzwischen hatte sich der Festzug

on, um hier

New York, 7. Februar. meldet wird, ist der Cumbre-Tunnel bei Casas Graudes von dem Näuber Castillo in Brand gesteckt worden. Mittwoch früh Juarez verließ und in ten brennenden Tunnel einfuhr, ist vollkommen verbrannt. S umgekommen sein. Die Brandstiftung war vermutlih ein RNacheakt für die Hinrichtung von 22 Leuten seiner Bande. Der General Villa hat die Befehlshaber der Konstitutionalisten in dem Bezirk von Casas Grandes angewiesen, jeden zu erschießen, der für seine Anwesenheit dort keinen genügenden Grund angeben fann.

(W. T. B.) Wie aus FJuarez ge Ein Zug, der

Sieben Eisenbahnbeamte sollen

(Fortseßung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten, Zveiten und Dritten Beilage.)

P T P E T

T E Dr N S T r

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonntag: Opernhaus. 27. Abonnementsvorstellung. Dienst- und Freipläge find aufgehoben. Ein Maskenball. Oper in drei Akten. Musfik von Giuseppe Verdi. Mufikalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Negie: Me Regisseur Bachmann. Chöre: Herr Profesor NRüdel. (Nené: Herr Josef Schwarz vom K. K. Hofopern- theater in Wien als Gast.) Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaus. 39. Abonnementsvor- stellung. Dienst- und Freiplätze find auf- gehoben. Der Schlagbaum. Volks- lustspiel in drei Aufzügen von Heinrich Lee. Negie: Herr Eggeling. Ansáng 74 Uhr.

Montag: Opernhaus. 28. Abonne- mentsvyor|iellung. Violetta. (La Tra- víata.) Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text von Piave. Musi- kTalishe Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Begsl. Regie: Herr Oberregifseur Droescher. Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaus. 40. Abonnementsvor- stellung. 1812. Schausptel tn fünf Aufzügen von Otto von der Pfordten. MNegte: Herr Oberregisseur Patry. An- fang 7x Uhr.

Opernhaus. Dienstag: Die Meister- finger vou Nüruberg. Anfang 7 Ubr. Mittwoch: Elektra. Anfang 8 Uhr. Donnerstag: Aida. Freitag: Tristan und Jsolde. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Figaros Hochzeit. Sonntag: Der fliegende Holländer.

Schausptelhaus. Dienstag: Die Neus- vermählten. Die Fen Ver- wandten. Mittwoch: Haus Lange. Donnerstag: Die Quißows. Fret- tag: Colberg. Sonnabend: Wilhelm Tell. Sonntag: Die Neuvermählten. Die zärtlichen Verwandten.

Deutsches Theater. (Direktion: Max Reinhardt.) Sonntag, Abends 75 Uhr: Shakespeare-Zyklus: Romeo und Julia.

Montag und Donnerxétag: König Lear.

Dienstag: Der Kaufmaun von

Venedig. Mittwoch: Neu einstudiert: König Heinrich ÆAV.

HSeinrich IV. (1. Teil) Freitag: König (4. Teil.) Sonnabend: Ein Sommernachtê- traum. Kammerspiele.

Sonntag, Abends 8 Uhr: Der Snob. Montag: Mein Freund Teddy.

Dienstag und Donnerstag: Der Snob., Mittwoch: Erdgeist.

Freitag: Bürger Schipvel. Sonnabend: Wetterleuchten.

Berliner Theater. Sonntag, Nach- mittags 3 Uhr: Große Rofineu. Originalposse mit Gesang und Tanz in dret Akten (5 Bildern) von Rudolf Ber- nauer und Nudolph Schanzer. Abends 8 Uhr: Zum 125. Male: Wie eiust im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer.

Montag und folgende Tage: Wie einst im Mai.

Theater in der Königgräßer

Strafe. Sonntag, Abends 74 Uhr: NKönia Richard Un. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare. Montag: Hinter Mauexu. Dienstag: Brand. Mittwoch und Sonnabend: Die Krou- braut. Donuterstag: König Richard TxUx. Freitag: Die fünf Frankfurter.

Komödienhaus. Sonntag, Nat- mittags 3 Uhr: Filmzauber. Große Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten von Nudolf Bernauer und Nudolph Schanzer. Abends 8 Uhr: Kammer- musik. Luslspiel in drei Akten von Hetnrih Ilgenstein.

Montag und folgende Tage: Kammer- musif.

Deutsches Künstlertheater (So- zietät). (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber dem Zoologishen Garten.) Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Prinzip Lust}viel tn 3 Akten von Hermann Bahr. Abends 8 Uhr: Das Phantom. Komödie in 3 Aklen von Hermann Bahr.

Montag: Der Bogen des Odysseus.

Dienstag: Das Phautom.

Lessingtheater. Sonntag, Nah- mittags 3 Ubr: Professor Bernhardi. Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lust- splel in fünf Akten von Bernard Shaw. Montag und Donnerstag: Simsonu. Dienêtag und Freitag: Peer Gynt. Mittwoch, Nachmittags 3F Uhr: Der Erbförster. Abends: Pygmalion. Sonnobend: Zum ersten Male:

Brücke. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr

(zu halben Preisen) und Abends 8 Uhr: Wer zulest lacht .. . ! Posse mit Gesang und Tanz von Arthur Uppshiy und A. Bernstein - Sawersky. Musik von Leon Jessel.

Montag und folgende Tage: Wer zuleut lacht . ..!

Schillertheater. 0. (Wallner- theater.) Sonntag, Nalmittags 3 Uhr: Geschäft ist Geschäft. Schausptel in dret - Akten von Octave Mirbeau. Abends 8 Uhr: Rofenmoutag. Offizters- tragödie in fünf Akten von Otto Erich Hartleben.

Montag: Was ihr wollt.

Dienstag: König Lear.

Charlottenburg. Sonntag, Nach- mittags 3 Uhr: Audreas Hofer. Drama in fünf Akten von Walter Luß. Abends 8 Uhr: Die beiden Leonoren. Lust- spiel in vier Aufzügen von Paul Undau.

Montag: Herodes uud Mariamne.

Dienstag: Die beiden Leonoren.

Deutsches Opernhaus. lottenburg, Bismarck - Straße 34—37. Direktion: Georg Hartmann.) Sonntag, Nachmittags ZUhr : Die lustigen Weiber von Windsor. Abends 7 Uhr: Parsifal. Ein BüßHbnenweihfestspiel in drei Aufzügen von Nichard Wagner.

Montag, Dienstag, Freitag. und Sonn- abend: Parsifal.

Mittwoch: Manudragola.

Donnerstag: Manon Lescaut.

Montis Operettentheater.(Früher: Neues Theater.) Sonntag, Nahmittags 3 Uhr: Die Flevermaus. Abends 8 Uhr: Die verbotene Stadt. Operette in drei Akten von Karl Lindau und Bruno Granichstaedten.

Montag bis Freitag: Die verbotene Stadt.

Sonnabend: Zum ersten Male: Jung England.

Theater des Westens. (Station: G Garten. Kantstraße 12.)

onntag, Nachmittags 34 Uhr: Der liebe Augustiu. Overette in drei Akten von Leo Fall. Abends 8 Uhr: Polenblut. Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. Montag und folgende Tage: Polen-

Liliom. Eine L-gcnde von Franz Molnàr.

Theater an der Weidendammer

(Char- | b

Sonntag, Nachmtttags 3 Uhr: Die {chöne Selena. Operette in drei Akten von I. Offenbach. Abends 8 Uhr: Prinzeß Gretl. Operette in dret Akten von A. M. Willner und Rob. Bodanzky. Musik von Heinrich Reinhardt.

Montag und folgende Tage: Prinzeß Gretl.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Die Schiffbrüchigen.

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Sonntag, Nachmittags 3} Uhr: Hof- gunst. Abends 8 Uhr: Die spanische liege. Schwank in drei Akten von Franz und Ernst Bach.

Montag und folgende Tage: Die fpanische Fliege.

Residenztheater. Sonntag, Nah- mittags 3 Uhr: Haben Sie nichts zu verzollen ? Abends 8 Uhr: Hoheit der Frauz! MusikalisGe Groteske in dret Akten von Artur Landsberger und Willi Wolff. Musik von Nobert Winter- erg.

Montag und folgende Tage: Hoheit der Frauz!

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Sonntag, Abents 8 Uhr: Die Tangoprinzesfin. Posse mit Ge- sang und Tanz tin dret Akten von Jean Kren und Curt Kraaß. Gesangsterxte von Alfred Schönfeld.

Montag und folgende Tage: Die Taugoprinzesfin.

Trianontheater. (Georgenstr., nahe Bahnhof Friedrichstr.) Sonntag, Nach- mittags 3 Uhr: Die Liebe wacht. Abends 8 Uhr: Anatoles Hochzeit. Montag und folgende Tage: Anuatoles Hochzeit.

Konzerte.

Philharmonie. Sonntag, Mittags 12 Uhr: Oeffentl. Hauptprode zum 8. Philharm. Konzert. Dirigent: Arthur Nikisch. Solist: Joh. Mes-

blut.

Theater am Nollendorfplaß.

Montag, Abends 77 Uhr: 8. Phil- harm. Konzert. Dirigent: Arthur Nikisch. Solist: Joh. Messchaert.

mer m Zuana

Zirkus umann. Sonntag, Nad mittags 3 Uhr und Abends 74 Uhr: 2 große Vorstellungen. Nacmittags hat jeder Erwalhsene ein eigenes Kind unter 10 Jahren ‘frei auf alen Sißy- pläßen. Jn beiden Vorstellungen: das große Svezialitätenvrograutm sowie: Zum Schluß: „„Tipp“/, der Derby: Favorit 1914. :

Pirkus LBush. Sonntag, Nad mittags 3} Uhr und Abends 72 Uhr: 2 große Galavorstellungen. Na- mittags hat jeder Erwachsene ein Kind unter 10 Jahren frei auf allen Sißplägzen. In beiden Vorstellungen: das glänzende Spezialitäteunprogramm. Naw- mittags: Eine Auswahl der belieb- testen Kinderburlesten. Abends: Die Ausstattungspantomime: Pompeji.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Lotte Fromberg mit Hrn. Leutnant Kurt Harl finger (Schloß Scholt- wiß, Post Breslau X11—Kolberg).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major

und Militäratta&& Leopold von Kleist

(Nom). Eine Tochter: Hrn. Nilk-

meister Alexander Frhrn. von Fritsch

(Leipzig).

Gestorben: Hr. Oberst z. D. Dr. jur

Karl August HeUwtg (Cassel). Yr

Rittmeister Max Krell (Thorn). Fl

Geheimrat Emilie Landolt, geb. Schallen-

berg (Nom).

Verantwortlicher Redakteur:

Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg,

Verlag der Expedition (Heid ri ch) in Berlin.

Drudck der Norddeutshen Buchdruckerefi und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 3%

Acht Beilagen

schaecrt.

(eins{chließliÞh Börsenbeilage).

(Fortseßung aus der Zweiten Beilage.)

In dem Prozeß der Hedwig Müller haben der Vorsißende und Staats- anwalt völlig ihre Pflicht getan. Das Verhalten des Vorfiyenden war durchaus angebraht in Anbetraht der Tatsache, daß ‘er es hier mit einer hystecishen Perscn zu tun hatte. Man kann nicht be- haupten, daß, was die sachliche Verfolgung des vorliegenden Delifts anbetrifft, der Staatsanwalt nicht feine Pflicht getan habe. Bezüg- lih des Studienganges unserer jungen Juristen ist zuzugeben, daß auf unseren Universitäten es besser geworden ist. Aber die Vor- bildung der Juristen auf unseren Universitäten ist durchaus noch nit befriedigend. Es muß noch mehr als bisher dafür ge- sorgt werden. daß die Professoren nicht nur große Männer der Wissen- schaft sind, sondern daß sie auch Lebrtalent befigen. Das juristi)che Studium hat \fich in der letten Zeit außerordentlich verteuert, da die jungen Juristen gezwungen find, neben den Kollegs noch Ne- yetitorien zu befucchen. Man follte den Besuch der Nepetitorien da- dur überflüssig machen, daß man junge Affsessorèn * zur Ab- haltung von MNMepekitionskutseun “auf *" den Universitäten ver- pflichtet. Die Prädikatsassessoren werden noch zu sehr bevörzugt. Wir haben Männer, die nit Prädikatsassefsoren waren und doch eine große Bedeutung in der Nechtepflege erlangt haben. Wir müssen den Hauptwert auf die Bewährung in der Praxis legen. Daß bei der Entlassung der Assessoren mit Borsiht vorgegangen werden muß, ist selbstverstäntlih. Bezüglich der Anstellung der Meferendare ist eine neue Verfügung vom 17. Juni 1913 erschienen, wonach Neferendare zurückgewiesen werden müssen, wenn Ueberhäufung in einem einzelnen Bezirk vorliegt und wenn der MNeferendar als nicht würdig betrachtet wird. Wir wünschen, daß die Schärfe dieser Be- stimmungen gemildert wird. Der Wechsel zwishen Richtern und Staatsanwälten ift ja außerordentlich nüßiih. Aber man darf einen Nichter nicht zwingen, Staatsanwalt zu werden, bevor erx zum Ge- rihtsdireftor ernannt wird. Wir sind dafür, daß die Gebäude der Justizverwaltung ebenso würdig errichtet werden . wie . die Ver- waltungegebäude. MNienstwohnungen follte man unteren Beamten, ja “auch Anktsrichtern in kleinen Orten gewähren. Aber für hodstehende- Justizbeamte Dienstwohnungen zu \{affen, halten wir nicht für rihtig. Wenn dies aber geschieht, daun sollten die Dienstwohnungen nit mit übermäßigem Luxus und zu großer Zahl von Räumen ausgestattet werden. Wir halten es niht für richtig, daß die Vorsitenden der Kammern für Handels\sachen nicht zu Landgerichtsdirektoren ernannt werden können. Gewiß, die Sach- verständigen müssen eine Stüße des Richters |ein. Aber der Richter muß au in der Lage sein, das Urteil der Sachverständigen beiseite zu schieben. Das Laienelement unserer Nechtspflege hat sich durchaus gut bewährt. Die Teilnahme der Laien an der Nechtsprehung muß gefördert werden. Nur dann kann die Nechtspcehung im Volke das Ver- trauen genießen, das se haben. muß, nicht nur im Interesse der Net- sprehung selbst, sondern auch im Interesse unseres ganzen Volkes und im Interesse unseres Vaterlandes.

Justizminister Dr. Beseler: Meine Herren! Nur ein paar kurze tatsähliße Bemerkungen

im Anschluß an die Ausführungen der beiden leßten Herren Vor-

redner.

Herr Abg. Delbrück hat eine möglichst weite Verbreitung der Etnrichtung des Telephons bei den Gerichten gewünscht. Ich wollte ihm daraufßin nur mitteilen, daß eine Anordnung in diesem Sinne bereits vor einiger Zeit ergangen ist. Die Auf- sichtsbehörden sollen darauf achten, daß die namentli ch im Interesse des Publikums sehr wünschenswerte Einrihtung möglichste Ver- breitung findet.

Dann hat Herr Abg. Delbrük auch darauf hingewiesen, daß es gut sei, wenn Nichter und Staatsanwälte in ihren Anstellungen wehselten. Ich habe bereits erklärt, daß i derselben Meinung bin und daß auch entspreWend verfahren wird, soweit es fch einrichten läßt. Die Beförderung wlrd allerdings nicht davon abhängig gema(t, daß der zu Befördernde in jeder Tätigkeit gewesen ist; aber an sih ist die Information in den verschiedenen Zweigen der Justiz wünschenswert. J

Herr Abg. Cafsel hatte dann Bedenken wegen der Prüfungs- ordnung in ihrer jeßigen Fassung, er meinte, daß wohl Gesuche um Ernennung zum Referendar in unbilliger Weise zurückgewiesen werden könnten. Bei einer Auffassung dieser Bestimmung der Prüfungs- ordnung, wie sie meinen Absichten entspricht, ist das nicht zu besorgen. h vertraue, daß sie verständig gehandhabt werden wird, so daß irgend- welche Befürhtungen nicht gehegt zu werden brauchen.

Dann hat sich der Herr Abzeordnete über die Handels- fammervorstzenden geäußert. Es würde mich fehr freuen, wenn man die Kammer für Handelssahen mit Direktoren beseßen könnte. Das bedarf eingehender Erwägungen, die noch nitt ab- geschlossen find; die Frage wird aber im Auge behalten. Mir kann es nur erwünscht sein, wenn wir eine größere Zahl von: höheren Stellen in der Justizverwaltung bekommen ; denn es ist ja ganz richtig, daß wir wenig Beförderungsstellen haben. (Sehr richtig!)

Was der Herr Abgeordnete über Dienstwohnungen gesagt hat, entspriht ganz meiner Ansicht. Wir denken nicht daran, Lurus- bauten zu errihten, und alle Wohnungen der Oberlandesgerichts- präsidenten, die in den leßten Jahren erbaut worden find, find von \{lihter Einfahheit; besondere Aufwendungen werden die Ober- landesgerihtepräsidenten um ihrer willen sier niht zu machen haben.

Beklagt hat fich dec Herx Abgeordnete über das Verfahren eines Richters bei der Begründung eines Urteils, So, wie der Herr Ab- geordnete cs vorgetragen hat, muß ih ja annehmen, daß eine un- glüdlide, ungeshickte Wendung, die verlegend wirken mußte, gefallen ist, Vielleicht gibt mir der Herr Abgeordnete Gelegenheit, der Sache näherzutreten, indem er mir das Aktenzeichen angibt; {h werde dann dem Fall nahgehen, den Richter Hören und ihm eventuell die Eröffaung mahen, die sich durch sein Verhalten als geboten erweist.

Abg. Haarmann (nl.): Wenn gestern der Abg. Liebinecht mehr als zwet Stunden nôtig hatte, um feinem gepreßzten Herzen Luft zu verschaffen, so war das an si eine achtbare Leistung, ih würde sie aber noch höher bewerten, wenn er uns etwas Neues gesagt hätte. Wer die. Reden deóselben Abgeordneten in früheren Jahren gehört hat, ‘dem klangen nur die altgewohnten Töne entgegen von Klafsénjustiz Staatsraison, Unterbindung der richterlihen Unabhängig- keit, Vaßnabmen der Justizverwaltung, planmäßiger Schikanierung der Anwälte “usw. U das bildet den roten Faden, der sih durch seine Neden zieht und das-Lettmotiv abaibt, an das sich all das andere lieb- 1a) aántanft. Wenn der Abg. Lebknecht am S{hluß- anerkannte,

. Dritte Beilage : zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 7. Februar

daß der NicWterstand felbst intakt sei, so wirkte dieses Bekenntnis nicht versöhnend, fondern nach dem, was vorher gesagt war, doppelt abstoßend. * Ueberrascht hat mich sein Eingehen auf die sog. Krupp- prozesse, denn gerade er hat vou allen Beteiligten in dieser Sache am allershlechtesten abgeschnitten. Ich bin es nicht allein, ter so denkt, sondern ein unverdächtiger Zeuge dafür is der Abg. Schiffer- ‘Magdeburg, der vor einigen Wochen im Reichstag sagte, es sei beinahe rührcnd, wie diese ganze große Fraktion, die so einmütig für den Akg. Liebln-cht eingetreten ist, dabei hereingefallen is, das ganze Vorgehen des Abg. Lieb- kneht habe {were Schädigungen oder mindestens \chwere Gefahren für unsere gejamte Jundustri? gezeitigt; er halte es iht für ausgeschlossen, daß der Abz. Liebkneht nah den Erfahrungen, die er gemadt habe, das nächste Mal den Mund nicht wieder so voll nehmen werde. Troßdem hat aber der Abg. Liebkneht gestern den Mund wtederum recht voll genommen, ja er hat uns sogar in Ausficht gestellt, daß das Beste noch nachkommen werde, er sprach von Dokumenten, die der Justizminister oder der Staats- anwalt noch in ihren Schränken verborgen hielten, die er aber noch zutage fördern werde. Hinter diese neu?zn Dokumente muß ich doch ein dides Fragezeihen mahen. Der bg. Liebknecht kann nicht ver- langen, daß wir so ohne weiteres seine Worte hinnehmen. Er hat das wohl nur so als starke Kanonade benußen wollen, um seinen Rückzug, den er so beschleunigt und unregelmäßig angetreten hat, zu verdecken. Von dem Abg. Liebkn-cht kann man fagen: In den Ozean \cifffte rit tausend Masten der Jüngling, hoh am Maste flattert im Winde die Flagge mit dem Wort „Panama“; till avf gerettetem Boot kehrt er heim in den Hafen, die Ælagge auf halbmast hing s{lapp herunter, und darauf fand man die Worte: parturiunt montes, nascetur ridiculus mns. Das ift der Anfang und das Ende der von dem Abz. Liebkn:-cht so emsig entwickelten Tätigkeit. Gerade der Abg. Liebknecht hat dabei das allershlechteste Geschäft gemacht. Der Abg. Liebkneht hatte die Kühnheit, zu be- haupten, daß die außzrordentlih2 Selbstbeherrshung der Organi- sierten es bewirkt habe, daß cs bei dem Streik im NRuhr- revier vor zwei Jahren nicht zu einem Aufstand gekommen set. Das ist nur Renommisterei. Die Ruhe, die dort herr!{chte, war ganz anderen Faktoren zu verdanken. Wenn . die Organisierten aekonnt hätten, wie sie wollten, wäre es vielleiht anders gekommen. Ob das leßten Endes im Interesse der Herren Liebknecht u. Gen. gelegen hätte, dürfte zweifelhaft sein. Daß, wie der Abg. Liebkneht sagte, mein Freund Boisly das ganze Institut des Wiederaufnahme- verfahrens diskrediliert hätte, ist nicht. rihtig; wir halten das MWiederaufnahmeverfahren füx absolut unentbehrlih, aber unter Umständen auch für nicht ganz ungefährlich, wenn man nicht rechtzeitig aufpaßt und unterscheidet. Aus meiner Praxis fönnte ich einzelne Fälle anführen. Der Abg. Vebknecht bebauptete weiter, daß mein Freund Nöchling dem Grundsaß gehuldigt habe, daß der Richter sih nach der- Staatsraison und nicht nach dem Gesetz zu rihten habe. Vor zwei Jahren behauptete der Abg. Lieb- kneht dasfelbe von mir, ih habe thn damals aber gründlih widerlegt. Wir stehen scit einigen Jahren im Zeichen der Sensationsprozr se, dazu gehört arch der Prozeß in Dortmund, der jeßt 127 Stißungêtage in Anspruch genommen hat, das war eine Arbeit für das Gericht und alle Beteiligten! Man bedenke nur, was das für ein Schreibwerk gegeben hat! So viel Plenaxfißungen haben wir ja hier in feiner Session. Da wird sich doch dércLaie und G mancher U fragen, od es wiiflich nôtig wax, eine. folhen arat in ewegung zu seßen, zur Erreichung des Zwecks, Schuld und Strafe festzustellen. Hierüber ist ein beachtenswer!èr Aufsay von meinem Freunde von Campe in der „Nationalz-itung" erschienen, worin ausgeführt wird, daß die Prozesse immer mehr, dahin ausarten, daß sje zur Aufdeckung öffentlicher Mißände benußt werden, die an sih gar nicht in den Rahmen des Strafprozesses fallen. Die Dortmunder Richter haben in diesem Prozeß jedensalis bewiesen, daß sie nicht weltfremd waren ; es sind dort die intrikatesten Fragèn der Industrie, des Wirt- \Gzaftslebens, des Familienlebens usw. behandelt worden, und das Gericht hat sich vom * ersten * bis zum leßten Tage dieser Situation durchaus gewaWhsen " gezeigt, “dem vorsißenden Landgerichtsdirektor ist - das" nit immer leiht geworden, aber er hat“ vom ersten bis zum leßten Tage die Nuhe b-wahrt, feine Nerven haben das ausgehalten, und er hat nah 127 Tagen das Urt:il verkündet. Das ijt eine ganz außerordentliche Leistung. Die Weltfremdheit der Richter wird von manchen be- hauptet, von vielen nachge|prohen und von mir bestritten. Wie kann man den Richtern Welt{remdheit vorwerfen? Die Richter sind nicht weltfremd, sie leben weder im Monde noch hinter Klostermauern, sie walten in freier Oeffentlichkeit ihres Amtes, sie stehen gerade mitten im Leben drin, fie haben alle Tage mit allen möglichen Leuten aus allen Bevölkerungsschihten zu tun. Wenn wirklich einmal ein Nichter weltfremd sein sollte, so hat es keinen Sinn, das zu generalisieren. Gegenüber den weltfremden MNichtern follen die Laien im Schwurgeriht Männer des praktishen Lebens fcin, aber auf faule Einreden des Angeklagten fällt ein Dutzend Geschworene leichter hinein als ein Nichter. Damit will ih die Sarge an sich nicht diskreditiert haben. Bezüglich der Auswahl der -Assessoren sagt der Minister, daß das be- standene Examen kein. Aurecht auf Anstellung gebe, aber ih bitte ihn do, etwas mehr Nachsicht zu üben. Manche Assessoren haben sieben oder aht Jahre auf die Eröffnung gewartet, daß sie nit angestellt werden fönnen. Der Minister nennt das nur ein Uebergangs- stadium, aber das muß doch den Leuten, die darunter leiden, zugute gehalten werden, und während der Uebergangszeit fönnte man do möglichst Milde walten lassen. Der Abg. Kanzow ist in der Verurteilung des Vorsißenden im Knittelprozeß viel zu weit gegangen, wenn er meinte, daß der Voi sißzende mit seiner Publikation wohl zum Ausdruck bringen wollte, daß er mit dem Urteil nicht einverstanden sei. Beweise dafür hat der Abg. Kanzow nicht erbraht. Mit der Stellenvermehrung für Richter sind wir durchaus einverstanden, die Zustände an den Gerichten erfordern gebieterisch die Vermehrung. Wenn im nächsten Jahre die Zahl der Geschäfte wieder gewachsen ist, wird hoffentlich der Minister wiederum die nötigen Richterstellen in den Etat bringen, damit das rectsuchende Vublikum nicht geschädigt wird. Für die Dienst- wohnungen kann vnd muß noch_ mehr geschehen, besonders für die Amtsrichter, aber auch für die Oberlandesgerichtspräsidenten. Vor überflüssigem Luxus warne ih au, aber die Wohnungen müssen auch etwas zu Repräsentationézwecken geeignet sein. Ich würde jeßt äuf die Punkte kommen, über die ih nit \prehen will, und darum will ich hiermit \{ließen. :

Abg. Dr. Bred - Marburg (freikons.): Im Krupp-Prozeß ift der Direktor Röttger nicht vereidigt worden, weil die Möglichkeit eines Verdachtes der Mittäterschaft segen ihn vorgelegen haben soll. Es ist ganz selbstverständlich, daß das. Gericht dabet auf Grund seiner Ueberzeugung gehandelt hat, aber Röttger ist troß seiner Bitte nicht zu Worte gekommen, er hat nit dazu sprechen können. Ein Zeuge, der auf diese Weise nicht vereidigt wird, steht s{lechter' da als der Angeklagte selbst, der die Möglichkeit hät, sich reinzuwaschen. Nun haben wir aber na. dem Brandtprozeß den zweiten Tilianprozeß gehabt, und dort ist festgestellt worden, daß Röttger als General- direktor nur für die Jahre 1906 und 1907 in Frage kam; in diesen Fahren konnte es sch aber nur um den Angeklagten Tilian handeln, e Personen kamen für Brändk nicht in Frage. Auch Tilian ist

nun freigesprochen worden, niht wegen Mangel an Beweisen, sondern weil die Beweisagufnahme zu seinen Gunsten ausgefallen ift, Danach E es fest, daß Röttger wohl hätte vereidigt werden können. Die

usbildung der Juristen fängt mit dem römischen Recht an. Dana kommt das deutsche altere Recht, und das Ganze fkulmtntert in dem bürgerlichen Recht. In den leßten O hat u aber eine ganz bedeutende Verschiebung in der Rechtsmaterie geltend gemaht. Es ist das óffentliche Recht immer mehr in den Vordergrund gerückt worden, und die Frage ist, wie dem bei der Ausbildung unserer Ju- risten Rechnung getragen wird. Jeder Richter und namentlich der Staatsanwalt muß im öffentlichen Recht Bescheid wissen, namentlich aber muß der Rechtsanwalt in der Lage sein, auch eine Klage bet dem Oberverwaltungsgeriht oder dem Bezirksausschuß zu vertreten, und jeder, der mit diesen Dingen zu tun gehabt hat, wird bemerkt haben, daß die is Boie Rechtsanwälte dabei versagt haben. Woran liegt dies? Eintnal daran, daß auf den Universitäten das Studi des óffentlichen Rechts nicht die Beachtung findet, die ihm zukommt, dann aber auch daran, daß im Cramen nur sehr selten Fragen aus dem öffentlichen Recht gestellt werden, und sih daher die jungen FZu- risten mit dem öffentlihen Recht nux sehr wenig beschäftigen. Bie staatswissenschaftliche E in keiner Weise ein Acqui- valent für den Mangel der Ausbildung an den Universitäten. Daß man die Gerichtsreferendare bei den Verwaltungsbehörden beschäftigt, läßt sih aus praktischen Gründen nicht durchführen. Vielleicht 11k es aber möglih, daß Regierungsassessoren zu der Ausbildung der Referendare 1m öffentlichen Recht herangezogen werden. Der Vez petitor geht auch nicht eingehend auf das öffentlihe Necht ein, weil er ganz genau weiß, daß 1m Neferenbareramen danah nicht gefragt wird. Nun darf man die Ausbildung“ im öffentlichen Recht nicht identifizieren mit einer gewissen politischen Ausbildung. Der Minister hat ja in dankenswerter Weise angeordnet, daß bei den juristischen Prüfungen mehr Wert als bisher auf dás öffentliche Recht gelegt werden soll. Aber mir \{cheint es do, daß die Justizprüfungs- kommission niht danah handelt. Die Bedeutung des öffentlichen Rechts wird bet den Verwaltungsbeamten wohl überschäßt, das gebe ih zu, dagegen bei den Gerichtsbeamten weit unters{chäßt. Ich bitie, den Minister, dafür zu sorgen, daß seine Anweisung bei der Prufungs kommission mehr Beachtung findet.

Justizminister Dr. Besele r:

Meine Herren! Die Justizverwaltung steht selbstversländlih auf dem Standpunkt, daß das Maß dér Kenntnisse und Erfahrungen threr Angehörigen ein möglichst gründlihes und ausgiebiges sein muß. Es ist jedo auch darauf aufmerksam gemacht, daß eine gewisse Vorsicht geboten sei; denn wenn gar zu viel gelehrt werde und zu viel gelernt werden müsse, so werde dadurh leiht eine gewisse Oberflächlichkeit hervorgerufen. SelbstverständliÞ erkennt die Justizverwaltung an, daß das öffentliße Recht ein wesentliher Teil der Vorbildung für alle ist, die in den Justizdienst eintreten, mögen fie nun darin bleiben oder zu einem anderen Beruf übergehen wollen. Demgemäß ist denn auch viel Wert darauf gelegt worden, daß auf den Universitäten diese Fächer nicht nur gelehrt, sondern au gehört werden. Hierauf wirkt die Justizverwaltung dadurch hin ,

das ausdrücklich vor. In jeder Prüfung sind regelmäßig zum Gegenstand der Prüfung zu machen: das Völkerrecht, die Grund- lagen der Volkswirtschaftélehre, Finanzwissenschaft und das Ver- waltungsrecht, also alles das, was der Herr Vorredner wohl nament- lih im Auge hatte. Es i auch Vorsorge getroffen, daß diese Gegenstände in der Tat immer in der Prüfung vorkommen; denn ‘es ist gesagt, daß das Protokoll enthalten muß, welches Ergebnis die Prüfung hierüber gehabt hat. Ein weiteres wird von der Justizs verwaltung nit gut ges{chehen können.

Es ist allezdings, wie der Herr Vorredner auch bemerkte, von Wesenheit, zu wissen, wie denn die Prüfungskommissionen arbeiten. Zu diesem Zwecke sind sie gerade jeßt besucht worden oder werden noch besucht werden. Auf Grund dieser Revisionen ist im ganzen ein günstiger Cindruck gewonnen.

Der Herr Vorredner Hat die Kenntnisse der Justizbeamien iur öffentlihen Recht nit sonderlih Hoh einges{äßt. Ich weiß nit, auf wie wette Kreise sh seine Erfahrungen erstrecken. Daß fie all- gemein zutreffen, wie er es dargestellt hat, möchte ih doch niht ohne weiteres zugeben. Ih muß andererseits auch auf die Erfahrung hinweisen, daß \sich Gerichisassessoren, die in andere Berufe übernommen werden, sei es in den Kommunala dienst, sei es in den allgemeinen Staatsdienst, vermöge ihrer guten und gründlichen wissenschaftlichen und praktischen Vorbildung sich au) verhältnismäßig leiht in andere Verhältnisse einzuleben ver- mögen. (Sehr richtig!) Das ist gerade auch von Verwaltungsbeamten mir gegenüber sehr oft anerkannt worden.

Also wir können sicherlich nicht mehr tun, als tas öffentliche Recht bei der Vorbildung so zur Geltung zu bringen, wie es ges@ehen ist, und unsere Ausbildung im ganzen fo zu gestalten, daß alle, die daraus hervorgehen, wohl in der Lage sind, sich auch in andere Kretse des Lebens angemessen einzuarbeiten und dort ebenso Ersprießliches zu leisten, als wenn sie von vornherein das Hauptstudium auf besondere Fächer des öffentlichen Dienstes gerihtet hätten.

Hierauf wird die Diskussion geschlossen.

Persönlich bemerkt |

Abg. Dr. Liebk ne ch t (Soz.): Wenn ih von Dokumenten ge prochen habe, die von dèr Staatsanwaltschaft sorgfältig verwahrt werden, \o bezog sich das ñicht auf dên Krupp-Prozeß, sondern auf deu Prozeß einer anderen großen Firma, deren Namen ih gestern abz sihtlih nicht genannt habe, deren Name allerdings in der Presse er- wähnt ist. Die Berichterstattung der bürgerlichen Presse über mi ist gestern ganz miseräabel gewesen.

Das Gehalt des Ministers wird bewilligt. i Bei dem Kapitel der Oberlandesgerichte bringt

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.) einen Fall zur Sprache, in dem bei einem Lokaltermin, der nalisien eines Schwurgerichtstermines bet

Gottbus stattfand, die Journalisten von dem Vorsißenden in schroffer Weise behandelt worden fein sollen. Die Journalisten hätten sich an 8. August vorigen Jahres darüber beim Kammergerihtspräsidenten bê« \chwert, seien aber bis heute noch feiner Antwort gewürdigt worden, Das bedeute eine ostentative Nichtachtung der Presse aller Richtungen.

Abg. Han i \ ch (Soz.): Bei den Streikprozessen im Ruhrgebiet ist man mit Anklagen immer R bei der Hand gewesen. Jn einem anderen Falle hat die S, ehörde aber versagt, wo eine. fans durch einen katholishèn Ea aufs s{werste verleßt worden ist. In den Zeitungen des Ruhrgebietes stand im November vorigen

_ hin, daß fie im Examen 8 öffentliche Ret prüfen läßt. Die Prüfungsordnung schreibt