1895 / 98 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

A E M U r A E 2 M a

ir L A L L aa Etc:

E n lde Cu in S E R IEF

Theater und Mufik. Residenz- Theater.

Dem Fevdeau "schen Schwank „Fernand's Gbefontraft“ wurde bei der gestrigen hundertsten Aufführung eine von Benno Jacobson, dem Ueberseger und Bearbeiter des Schwanks verfaßte Prolog-Soloscene vorangeschickt, die den Titel führt „Sin Pariser Kind“. Mit dem Jubiläumsshwank fteht dieser Prolog nur in losem Zusammenhang. Das „Pariser Kind“, das Fräulein Brock in einem leihten Phantasiekostüm anmuthbig darstellte, soU die Pariser Lustigkeit in ihrem pikanten Ueber- muth, in threr Gutherzigfeit und Leichtlebigkeit verkörpern und bietet, indem es si felbt schildert, eine treffende Charafter- diagnose der großen Zahl der französishen Shwänke in ihrer Ge- sammtheit und des Feydeau’shen Schwanks im besonderen dar. In einem Korbe führte das Pariser Kind die großen Erfolge des Hauses, unter denen der legte auh der andauerndste und bedeutendste ift, bei fich. Alles das wurde dem Publifum dur launige, mit französischen Brocken untermishte Redewendungen unterbaltend klargemacht und erläutert, sotaß die Soloscene eine sehr beifällige Aufnahme fand. Die dann folgende hundertste Aufführung von „Fernand's Ghe- fontrakt* ging mit Frische und Lustigkeit von ftatten; die Darfteller fanden die gewohnte lebhafte Anerkennung, die dieëmal auch in Form zablreiher fostbarer Blumenspenden Ausdruck gewann.

Konzerte.

Der Philharmonishe Chor gab am Montag unter der Leitung des Herrn Siegfried Ochs in der Garniscu-Kirche sein drittes Vereins-Konzert in dieser Saison. Nachdem er in den beiden erften (in der Philharmonie) vorzüglihe Auf¡ührungen des Berlioz’shen imposanten „Requiem“ dargeboten, batte er für das dritte eine nicht minder gewaltige Aufgabe gewählt, nämli die bobe Messe in H-moll von Johann Sebastian Bach. Im Gegensatz zu der Sing-Akademie, die Bah's Oratorien im strengen, alterthümlihen Stil aufführt, war Herr Os. bestrebt, das Werk dem modernen Empfinden näber zu bringen, indem er pathetishe und sentimentale Nuancen im Vortrag anwandte und große Mannigfaltig- keit im Tempo und der Dynamik walten ließ. Dadurch wurde freî- lich, weil der fugierte Chorgefang nun einmal vor allem Festigkeit ver- langt, glei der erste Cborsag, das Kyrie eleison, zum theil unflar. Sebr wirkungêvoll ersien dagegen in dieser, den Stimmungsgehbalt durch kontrastierende dvnamishe Behandlung dem Hörer verständlicher machenden Auffassung das jubelnde Gloria, das der Dirigent bei dem folgenden in terra pax zum fanfteften pianissimo abswellen ließ. Ebenso erflang im zweiten Theil das Et incarnatus est in dieser zarten Scattierung in ganz eigenartiger, eindrucks- voller Weise. Besonders effektvoll war der Gegensaß der die tiefste Betrübniß über die Leiden und den Tod des Heilands athmenden Worte passus et sepultus in dem Crucifixus-Saßge, die, in düsterem decrescendo gesungen, vlôßlih dur das laut froblodende, in rasherem Tempo einsezende Et resurrexit abgelôft wurden, um fo den festen Glauben an die Auferstehung auch dur Festigkeit in der Rbythmik zu fennzeihnen. Zwar gelang fkeineswegs alles gleich gut, vielmehr mußte der Dirigent bei dem Sanctus im Anfang des dritten Theils wegen einer zu bedenklißen Schwankung, in die der ganze Musikkörper gerieth, abklopfen und von vorn beginnen lassen, aber im Ganzen gebührt dem jungen Verein wie feinem Dirigenten dennoch, zumal in Anbetracht der Riesenaufgabe, die er sich gestellt hatte, volles Lob. Leider standen den Leistungen des Chors die der Solisten nit in allen Theilen glei: die Sopranistin Fräulein Emma Plüddemann war der s{chwierigen Aufgabe nit gewachsen; die Altistin Fräulein Anna Stephan hatte bei der Ausführung der Duette wohl mit unter der Unzulänglichkeit ihrer Partnerin zu leiden, dennin ihren Arien bewährte sie ih beffer, obgleih ihr auch ta in einem Fall das Gedächtniß ausging. Die Herren Dierich (Tenor) und Sistermans (Baß) waren dagegen recht lobenêwerth. Den instrumentalen Theil führte das Pbil- barmonishe Ortester aus, und die Instrumentalfoli waren den Herren Konzertmeister Witek (Violine), Quenfel (Flöte), Grimmig (Dboe d'amore) und Meffert (Horn) anvertraut ; Orchester wie Soliften waren präzis bei der Sache, auch die fast das ganze Werk begleitende Orgelmusik war in den Händen des Herrn Dr. Reimann vortrefflich aufgehoben. Die Aufführung war zahlrei besuht und hat boffentlih dem Baufonds der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirhe, zu dessen Bestem sie bestimmt war, einen ansehnlichen Beitrag geliefert.

Der Lieder-Abend des Baritonisten Ernst Otto Nodnagel, welcher gestern im Saal Bechstein zum Besten der Unterstüßungs- Fasse des Vereins der Musiklehrer und -Lehrerinnen stattfand, batte guten Zuspruch. Das Programm enthielt viel Neues, und zwar Kompositionen von R. Strauß, M. Schillings, M. Marschalk, E. Humperdinck, Arnold Mendelsfohn, Hugo Wolf, F. Weingartner, Nodnagel und anderen. Die im ganzen 25 Lieder trug der Sänger mit flangvoller, gut geshulter Stimme und mit s{wungvoll belebtem Ausdruck vor. Ihm sowohl, wie feiner treffliden Begleiterin, der Frau Henriette Bielenberg, wurde reicher Beifall zu theil.

Wetterb 8

pL 7 A

r Morgens.

Stationen.

iht vom 24. April nur s{wach auftritt, über West - Europa fort.

Im Königlichen Opernhause wird morgen d

„Zar und Zimmermann“ mit Herrn g als Peter der F

gel z DEA S E. ps i Mal die Marie. Di

übrigen en find wie fo seßt: er JIwanow : Herr Lieban,

van Bett: Krolop, eauneuf: Herr Philipp, Syndham:

Mödlinger, Lefort: Herr Krasa, Wittwe Brown: Frau mert. Musik-Direktor Wegener dirigiert.

Im KöniglihenSchaufspiel bause gelangt morgen Pailleron's Lustspiel „Die Welt, in der man si langweilt“ zur Aufführung.

räulein von Mayburg spielt zum ersten Mal die Suzanne,

urschian denRoger. In Gogol's Lustspiel ,DerRevisor*, welches am

onnabend zum erften Mal in einer neuen Uebersezung von Elsa von Schabeléky in Scene geht, find die Hauptrollen den Klein und Vollmer übertragen. Außerdem treten - darin die Damen Schramm, Abi, Stollberg, Plan und die Herren Blencke, Ober- länder, Keßler, Hartmann, Heine, Plaschke auf. „Der Revisor“ wurde zum ersten Mal im Jahre 1836 am St. Petersburger Hoftbeater ge- E. und bat si bis heute daselbst ununterbrochen im Repertoire erbalten.

Friedrih Haase eröffnet am morgigen Donnerêtag sein nur vier Abende umfassendes Gastspiel im Berliner Theater mit dem Grafen Thorane in Karl Gußkow's Lustspiel „Der Königslieutenant“ und dem Chevalier von Rocheferrier in der einaktigen Bluette „Eine Partie Piquet“. Die Rolle des Wolfgang Goethe im „Königs- lieutenant* wird auch auf dieser Bühne von Jenny Groß dargestellt

werden.

Im Adolph Ernst - Theater findet am Sonntag, den 5. Mai, Nachmittags 3 Uhr, zum Besten der Nothleidenden in Laibach eine Wohlthätigkeits-Vorstellung statt, bei welcher „Charley's Tante“ zur einmaligen Aufführung gelangt; Billetbestellungen dazu werden bereits von beute ab an der Kafse entgegengenommen.

Im Verlage von Georg Plothow hierselbft erschienen soeben drei Lieder für eine Singstimme von Woldemar Sacks, welche Musikfreunden willkommen sein dürften. Den Titeln „Waldnacht“, „Des klaren Himmels Sterngefunkel“ uxrd „Abendftändchen“ ent- sprechend, weht dur die melodiös gehaltenen, harmonish interessanten und leiht autführbaren Gesänge ein Hauch reiner Poesie, der von den vielen, dem Weltshmerz und Liebesleid geweihten Liedern er- freulich abweiht. Die glänzende Ausstattung wie der mäßige Preis der Lieder (1 M bis 1 H 20 4) werden ihrer Verbreitung förderlich sein.

és Mannigfaltiges.

In den leßten Tagen hat unsere Vegetation, begünstigt dur einen warmen Regen, ungemein große Fortichritte gemacht. Während vor wenigen Tagen die Parkanlage des Botanischen Gartens noch feine Spur des kommenden Früblings erkennen [ieß, prangt nun schon ein großer Theil der hier vertretenen Bäume in zartem Grün, und viele haben {on ihre Blüthen entfaltet oder rüsten sih wenig- stens zum Blühen. Früher als die Bäume sind aber {hon die Stauden und Kräuter aus dem Wintershlaf erwacht, und fo finden wir denn auch eine große Zabl jener liebliden Früblingeblüher in s{önster Entwidte- lung, welhe uns Jahr für Jahr in gleiher Weise durch ihre \{önen Formen und Farben und auch besonders deshalb erfreuen, weil fie Érstlinge der Flora sind und hon über den Boden treten, während sonst noch alles braun und dürr ersheint. Befonders eine Abtheilung des Botanischen Gartens, das „Monckotvlenftück“ in der Nähe der Ghamissolaube ist überreich an folhen Früblingsblühern. Wir finden bier Narcissen und Hyacinthen in allen möglihen Formen, die prächtigen „Schachbrettblumen“ (Fritillaria), unter diejen auch die „Kaiserkfrone* (Fritillaria imperialis), Tulpen in zablreihen Arten, von den größten bis zu den fleinsten Formen, gelb oder roth blühend; ganze Beete sind förmlich übersät mit den weißen, bläulichen oder tief dunkelblauen, reizenden Träubhen der Muskari-Arten oder anderer diesen nahestehender Formen, und von ganz besonderer Schönheit er- scheinen endlich die aus dem Mittelmeergebiet ftammenden Erythro- nium-Arten, welche sowohl ihrer schönen, gefleckten Blattrosetten wegen wie infolge ihrer großen, weißen oder zart rosa gefärbten, nickdenden Blätter auffallen. Aber au {on im Waldgebiet blüht es überall, denn bier treffen wir Arten, welche meist berdenweise wachsen und, da jie gleich- zeitig aufblüben, zu ihrer Zeit den sonst fahlen Boden prächtig schmüden. Besonders fallen uns auf der Lerhensporn (Coriäalis solida) mit seinen zart rosa gefärbten Blüthen, das Lungenkraut (Pulmonaria officinalis und angustifolia), welches durh seine erft roth, dann später blau gefärbten Blüthen merkwürdig ist, ferner der „Aronstab“ (Arum maculatum) mit feinen arafteristishen pfeilförmigen Blättern und den auffallenden Blütbenständer, und endlich das jeder- mann dur die Menge feines Auftretens und die s{chône zierlihe Form bekannte Windröshen (Anemone nemo- rosa). Auch die pflanzengeographisden Anlagen, welche uns ein Bild von den charakteristishften Pflanzen der Hochgebirge

Sonnabend: Ein Erfolg.

Deutsche Seewarte.

In Deutschland iff das Wetter ruhig, warm, E Donnerstag: Zwei Wappen.

im Nordwesten und Nordoften vielfah heiter, im übrigen vorwiegend trübe; an den meisten Stationen fanden Regenfälle, stellenweise auch Gewitter, statt; Friedrihébafen meldet 24 mm Regen.

Freitag: Niobe. Vorher: Die Generalin.

geben sollen, zeigen hon sehr zablreihe blühende Arten. Mei dieselben durch den charakteriftischen Wuchs der Gebirgspflanzer, Be grycitinet, indem sie dichte Rasen - mit kleinen oder winzigen Blättern bilden. Die Blüthen ftehen auf nur fehr furzen Stielen, treten aber in folhen Mengen bervor und besißen meift eine so E Siye daß der Stock dann eine förmliche Tütbenbalbfugel bilde dieter e auf der Alpenanlage jeßt blüßende \{öne T Steinbrecharten (Saxifraga), gelbe oder „Hungerblümchen“ (Draba) u. a. m. Einen ons- deren Schmuck bilden jeßt gerade die zahlreihen dichten un großen Büsche der Haide (Erics carnea), welche vollständig durch ihre unzähligen, eten rofafarbenen Blüthchen bedeckt sind und fo den Felsen, an die fie g es Vorliebe R E eine von der Ferne gesehen shwachrothe Farbe verleikßen. Nähe des „Alpinums“ if eine kleine Terrasse aufgerihtet worden, auf welcher immer die s{önften der gerade blühenden flanzen Auf- fteliung finden und so dem Publikum bequem zugänglich sind. Aber niht nur das Freiland zeigt sih jeßt in dem vollen Glanz des Früb- lings, auch’ die er des Gartens baben ibren vollsten Flor entwidelt. Das Kamelienhaus, welhes jeden Montag und Donnerstag von 44 bis 7 Uhr geöffnet ist, zeigt eine wunderbare Blüthenpracht, die Orchideen haben zum großen Theil ibre auffallenden Blütben entfaltet und lassen ich am Orchideenhaus bequem überblicken, das Palmen- haus endlich wirft nicht durch Schönheit oder Farbenpracht von Blüthen, sondern dur die Größe und die majestätishen Formen der dunkelgrünen Blätter, ihre elegante Fiederung und Zusammenstellung

an den ungetbeilten, fäulenartigen Stämmen.

Auf das von vem „Verein deutsher Gartenkünstler“ bierselbst erlassene Preisausshreiben zur Erlangung von Ent- würfen für die gärtnerische Umgestaltung des Königs- vlaßes in Beziehung zu dem neuen Neichétag8gebäude find 14 Ärbeiten eingereiht worden. Der erfte Preis fonnte nit zur Vertheilung gelangen; den zweiten Preis bat der Entwurf Nr. 3 mit dem Motto „Deutshe Gartenkunst“, Verfasser Stadt-Obergärtner Weiß, Berlin, Bremerfstraße 66, erbalten. Die Pläne sollen dem- nächst in Berlin ausgestellt werden, während die Veröffentlichung derselben in dem Vereinéorgan, der „Zeitszrift für Gartenbau und Gartenkunst“, stattfindet.

In der Urania wird, wie bereits gemeldet, morgen Abend Herr Dr. R. Neubauß seine Photograpbien in natürlichen Farben und verschiedene andere wissenschaftliche Aufnabmen vorführen.

Kreisau. Seine Majestät der Kaiser und König ließ beute, als am Todeëtage des General-Feldmarshalls Grafen von Moltke, dur den Flügel-Adjutanten, Oberst-Lieutenant von Moltke in dem biesigen Maufoleum einea Kranz niederlegen.

Göttingen. Dem Dichter Gottfried August Bürger, welcher auf dem biesigen Kirhbofe begraben liegt, foll in diesem Jahre in der Nähe des Kirhbofes ein s{lichtes Denkmal gesest werden.

Wien, 23. April. Nah Meldungen hiesiger Blätter aus Laibach wurden beute fiüh dort zwei neue heftige Erd- ershütterungen verspürt.

Wien, 23. April. Die „Politische Korrespondenz“ erfäßrt vor berufener Seite, daß die Meldung der Zeitungen, nach welchen die Explosion in der ârarishen Pulverfabrik zu Blumau (vergl. Nr. 96 d. BI. unter Leoberédorf) bei der Fabrikation von Kriegépulver stattgefunden habe, vollkommen unzutreffend ist. Die Explosion wurde vielmehr dur ein versuch¿weise bergestelltes Prä- parat für Ererzier- und Manöverzwecke hervorgerufen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Tokio, 23. April. (W. T. B.) Heute haben die Ver- treter von Rußland, Deutschland und Frankreich in Tokio die Vorstellungen dieser Mächte gegen den Friedensartikel, welher die Einverleibung festländischen chinesischen Besißzes in das japanishe Reich |tipuliert, u Ausdruck gebraht. Die Erklärung ward durch den stellver tretenden japanishen Minister der auswärtigen Angelegen- heiten entgegengenommen.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schulz. Leßte Woche. Emil Thomas a. G. Donnerétag : Unsere Neutiers. Große Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten

Sonntag: Niobe. Vorher: Die Genueralinu. | ron Wilhelm Mannstädt und Julius Freund.

Mußk von Fulius EGinödshofer. Anfang 74 Uhr. Freitag: Benefiz für Kapellmeister Julius

E

Bar. auf 0Gr. u. d. Meeres\p red. in Millim.

|

Wind. | Wetter. | |

Ï

in 9% Celsius

50 C.= R.

Temperatur

Belmullet . Aberdeen Chriftianfund Kopenhagen . Stockholm . aranda . osfau .

A M Mo mm O1 N“ aa QUEaQA G Va

Q O O

2 wolkig 3 wolkig 3 beiter 2Negen fili bedeckt

W 22\wolkig

perd pak O0 O

O O N

Cork, Queents- TOUON «e + Cherbourg . Ie (a E mburg . . winemünde Neufabrwaffer Memel

Q

C S2

Q Q

A E z

S

1\wolkenlos |

3/halb bed. 3|Dunst 4balb bed. 1ibedeckt 2\wolfig!) 2\wolkig?) 1\wolkig 2¡Dunft®)

5

9 13 10

9 10 13 12 12

Mes E ünster. . . Karlsruhe . . Wiesbaden .

München ..

aAAaEaAA I

[T S Q

O

2|\bededt

1|Nebel _2|bedeckt14) \till|bedeckt *) 2\bededckt §)

W 1\wolkig

2\wolkig

still bededt

2\bedeckt

“Qa O

1) Nachts Regen.

Regen. 4) Gestern Gewitter.

s) Nachts Regen. Uebersicht der

Die Weitterlage hat sih seit gestern im allge- meinen wenig verändert; am höchsten ift der Luftdruck über Rußland, am niedrigsten auf dem Ozean, westlich on den 2 n In Dementsprechend dauert die südlihe Luftstrômung, welhe allenthalben

von den Britischen Inseln.

2) Nachts Neaen.

3|Nebel 1¡Nebel stil 'bedeckt

Witterung.

| Î | j | j | |

j j j j | j

S

12

9 14 13 11 14 14 10 12

12 15

e 3) Abends 5) Gestern Gewitter.

Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Donnerêtag: Opern- baus. 103. Vorstellung. Zar und Zimmermaun. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lorßing. Dirigent : Musikdirektor Wegener. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 109. Vorstellung. Die Welt, iu der man fich langweilt. Lustspiel in 3 Aufzügen von Edouard Pailleron, überseßt von Emerich von Bukovics. In Scene geseßt vom Ober-Regiffeur Max Grube. Anfang Uhr.

Freitag: Opernhaus. 104. Vorstellung. Oberon. Romantische Over in 3 Aufzügen. Musik von Carl Maria von Weber. Die Recitative von Franz Wüllner. Ballet von Emil Graeb. Anfang Uhr.

Schauspielhaus. 110. Vorstellung. Der neue Pere. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernft von

ildenbruch. Anfang 7} Uhr.

Deutsches Theater. Donnerstag: Die Weber.

Anfang 74 Ubr.

Freitag (31. Abonnements - Vorstellung): Das Lumpengefiudel.

Sonnabend: Weh dem, der lügt!

Berliner Theater. Donnerstag: Gastspiel von

Fr. Haase. Der Königsleutnant. Eine Partie Piquet. Anfang Uhr.

Freitag: Der Probepfeil.

Sonnabend: Gastspiel von Fr. Haase. Am Spieltisch des Lebens.

Sonntag, 24 Uhr: Der Serr Senator. 74 Ubr: Gastspiel von Fr. Haase. Die - beiden Klingsberg. Vorher: Jm Vorzimmer Sr. Excellenz.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Chaufscestraße 25/26.

Donnerstag: Der Obersteiger. Operette in 3 Akten von L. Held und M. Weft. Musik von Carl Zeller. Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr Kapellmeister Ferron. Ermäßigte Preise der Pläße. Anfang 74 Uhr.

Freitag: Der Obersteiger.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a. /5

Donnerêtag: Ferréol. Sittenbild in 4 Akten von Victorien Sardou. Vorher: Wiener iu Paris. Lebensbild in 1 Akt von Carl von Holtei. Anfang 74 Ubr.

Freitag: Demi-Monde. Sittenbild in 5 Akten von Alexandre Dumas.

Sonnabend: Zum ersten Male: Die Nervösen. Schwank in 3 Akten von Victorien Sardou. Vorher: Die Mafsagekur. Lustspiel in 1 Akt von Robert Misch.

Residenz - Theater. Blumenstraße Nr. 9.

Direktion : Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Fer- nand’s EGhckoutraft. (Fil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutsher Be- arbeitung von Benno Jacobson. Anfang 74 Uhr.

Freitag und folgende Tage: Fernaud’s EShekoutrakt.

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. 55/57. Direktion : Julius Fritzsche. Donnerstag: Mit voll- ständig neuer Ausftattung: Rund um Wien.

ntomimishes Ballet in 9 Bildern von Franz

ul und A. M. Willner. Musik von Josef s Der oreograpbishe Theil von Josef Haßreiter. Dirigent : Herr Kapellmeister ih. Vorher: Dorothea. Operette in 1 Akt von Jaques Offen- ba. fang 74 Ubr.

Freitag: Rund um Wien, Dorothea.

Einödshofer. Unsere Rentiers.

AdolphErnst-Theater. Donnerstag: Madame Suzette. Vaudeville-Pofse in 3 Akten von Ordonneau. Musik von Edmond Audran. In Scene gefegt von Adolph Ernft. Anfang 74 Ubr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Konzerte.

Konzert-Haus. Donnerstag: Karl Meyder- Konzert. Lester Gesellschafts-Abend. Schlufß der 28. Konzert-Saison am 28. April.

(G R E R R I I E T T A M S Ma E R A ate Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Katharina Hoth mit Hrn. Prem.- Lieutenant Georg von Katte (Berlin). L Verebelicht: Hr. Major a. D. Arwed Frhr. E Es mit Frida Freiin Grote (Dalbers- OrtT).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Major pon Reuß (Schwedt a. O.) -— Hrn. H. von Ghrenberg

GCstorb, dn: Frau Rittergutsbesiger Schlarbaum estorben: Frau Rittergutsbefißer Sclar (Grofß-Lagiewnik O.-S.). Hr. Sber-Fustiz-Ratb Edmund Frhr. von Ow (Stuttgart). Frl. Marte von Larish (Frankfurt a. O.).

D

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag? Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einshlieslih Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 98,

Deutscher Reichstag. 74. Sißung vom Dienstag, 23. April.

Der Sigzung wohnen bei die Staatssekreiäre und Staats- Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall sowie der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky.

ur zweiten Berathung des Eniwurfs eines Geseßes,

bet d die Abänderung des Zolltarifs, hat die Kom- mission beantragt, die von den Abg. von Salisch (dkonfs.) und Dr. Hammacher (nl.) vorgeshlagene Resolution in nachstehender Fassung anzunehmen: i :

Die verbündeten Regierungen zu ersuhen, dem Reichëtage s{leunigft einen Geseßzentwurf vorzulegen, dur welchen in Gr- gänzung der Vorschriften des § 6 des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879 auch zollfreie Waaren unter der dort vorgesehenen Voraus- sezung mit Zöllen belegt und die Zölle für zollpflihtige Waaren bis auf das Doppelte erhöht werden können.

Die Abgg. Freiherr von Stumm-Halberg (Rp.) und Möller (nl.) beantragen, diese Resolution abzulehnen und zu beschließen : i

An die Stelle des erften und zweiten Absatzes des § 6 des dur die Bekanntmahung vom 24. Mai 1885 veröffentlichten Zolltarif- geseßes treten folgende Beftimmungen : | /

Foy tige Waaren, welhe aus Staaten berstammen, welche deutiche Schiffe oder deutshe Waaren ungünstiger behandeln als diejenigen anderer Staaten, können, soweit nicht Vertragsbestimmungen entgegenstehen, mit einem Zuschlage bis zu 108 9/6 des Betrags der tarifmäßigen Eingangsabgabe belegt werden. Tarifmäßig zollfreie Waaren fönnen unter der gleihen Voraussetzung der Gntrichtung eines Zolls unterworfen werden. Die Erhebung eines solchen Zu- schlags bezichungéweise Zolls . wird nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths durh Kaiferliche Verordnung angeordnet.

Das Wort erhält der

Abg. Dr. Barth (fr. Vg.); er beantragt, den Antrag der Abgg. Freiherr von Stumm und Möller von der TageZordnung abzuseßen und an die Geshäftéordnungskommission zu verweisen. es

Abg. Gamp (Rp.): Der Zolltarif stebt mit dem Zolltarifgeseßz in engem Zusammenhang; man kann diese beiden Materien nicht trennen. Der Reichstag hat wiederholt eine derartige Praxis be- obachtet. Ih erinnere nur an das Gesei über den Ünterstüßung®- wohnsit, wo verschiedene Materien mit Zustimmung der linken Seite zugleih verhandelt wurden. In allen Fällen, wo ein vollständiger Konnex der Materien vorliegt, ift eine derartige Verbindung zuläffig. Hier ift sie es unbedingt. E

Nachdem sich auch die Abgg. Dr. Hammacher und oon Salish gegen, Abg. Richter für den Vorschlag des

Abg. Dr. Barth ausgesprochen, wird dieser Vorschlag abgelehnt, und das Haus tritt in die Berathung der vorliegenden An- träge ein. L i:

Abg. Möller (nl.): Sofort nach der ersten Berathung des Antrags der Abgg. Dr. Hammacher und von Salisch wurde angeregt, anstatt der Resolution eine gefeßlihe Bestimmung zu beantragen.

Dieser Anregung folgend, haben der Abg. Freiherr von Stumm und

i unseren Antrag eingebraht. Nun haben fich aber erbheblihe Be- denken gegen diefen Antrag geltend gemacht. Man will vor allem der Regierung die Verantwortung für eine gesetlihe Regelung über- lassen. Wären mir diese Bedenken vorber zu Dhren gekommen, fo würde ih den Antrag nicht in dieser Form eingebracht haben. Jh ersuche darum das Haus, sih darauf zu beschränken, die von der Kom- mission beantragte Resolution anzunehmen. e

Abg. von Salish (dkons.): Wollte man sich nur auf die Resolution beschränken, fo würde das im Auslande gewiß den Anschein erwecken, als wollte man überhaupt von der Sache abstehen. Auch würde ein sehr großer Zeitverlust dadur hervorgerufen. _ .

Aba. Ga mp (Rp): Wer mit der Resolution einverstanden ift, fann auch für den Antrag Stumm - Möller stimmen, denn sie ent- balten materiell dasselbe. Daß der Antrag formell bedenklich sei, fann nit behauptet werden. Giebt man dem Bundesrath die Voll- mat, die Zôlle zu erhöhen, so kann man ihm auch die Vollmacht geben, Zölle auf zollfreie Waaren zu legen. Wir bringen - bem Bundesrath das Vertrauen entgegen, daß er diese Vollmacht niht mißbrauchen wird. S

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Der Bundesrath hat sich zum Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm neh nicht Feiaiere, Wenn er im Fall der Annahme dieses Antrags anderer Ansicht wäre als der Reichstag, was würde dann geschehen ?

Staatssekretär des Reichs-Schazamts Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Die Vertreter der nationalliberalen Partei baben ihre Stellung gegenüber dem Antrage Stumm-Möller wesent- lih geändert. Troßdem vermag ih die Erklärung namens der ver- bündeten Regierungen abzugeben, daß dieselben keine formellen Be- denken dagegen haben, wenn in die Tarifnovelle eine derartige materielle Bestimmung, wie sie der Antrag Stumm-Möller vorfiebt, aufgenommen wird. (Hört, hört! rechts.) Diefer Antrag if zwar in feiner Weise von den verbündeten Regierungen inspiriert; da der- selbe indeß nihts enthält, wie eine Vollmatt für dieselben, so glaube ih die Erklärung namens der verbündeten Regierungen abgeben zu können, daß im Falle der Annahme des Antrages derselbe au ihre Zustimmung erhalten würde. (Hört, hört! rets.)

Meine Herren, ih gebe aber diese Erklärung namens der ver- bündeten Regierungen unter zwei Einshränkungen ab: erstens mit der Einschränkung, daß diese meine Erklärung keinerlei Ursache in irgend einem bestehenden aftuellen Verhältniß findet, und zweitens, daß, wenn das hohe Haus den Antrag Stumm-Möller annehmen

* sollte, selbstverständlich die verbündeten Regierungen die Verpflichtung haben würden, abzuwägen, in welhem Umfange fie von dieser Voll- mat Gebrauch maden können. (Sehr gut! rets.)

Es if notorisch, daß diejenigen Gegenftände, die în unserem Zolltarif zollfrei gelassen find, überwiegend Rohprodukte find, die frei- gelafsen sind vom Zoll im Interesse unferer heimishen Industrie. Die verbündeten Regierungen würden, felbst wenn fie in Zukunft in einen weiteren Zollkrieg verwickelt werden sollten, die Frage sich vorlegen müssen: in wie weit können bisher zollfreie Gegenstände mit Zoll belegt werden ohne chwere Schädigung unserer heimischen Industrie? auf welcher Seite is der größere Schaden ? ist es werthvoller, von \charfen Kampfmitteln Gebrau zu machen, um Handelsverträge durhzusezen, oder liegt der größere Werth in der Erhaltung der heimishen Induftrie in ihrem bisherigen Pro- duktionsumfange, der auf der zollfreien Einfuhr gewisser Rohprodukte beruht ?

Berlin, Mittwoch, den 24. April

Ih meine also, mih dahin resümiren zu können: die ver- bündeten Regierungen haben feine Veranlaffung, eine Erweiterung ibrer Vollmacht, die ibnen das hohe Haus ertheilen will, abzulehnen, und sie werden im Falle der Annahme inen selbstverständlih vor- sichtigen Gebrau von dieser Vertrauenëvollmaht machen. (Bravo! rets.)

Aba. Dr. Barth (fr. Vg.): Wenn der Regierung viel daran gelegen ift, erweiterte Vollmacht zu erhalten, so hâtte sie im Laufe der Jahre genug Mittel und E gefunden, fie vom Reichstag zu erhalten. Zollfriegsmaßnahmen s{ädigen meifi das eigene Land, denn sie regen nur den Chauvinismus an. i

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): Die Argumentation des Vorredners wendet sich im Grunde gegen jede Retorsionsmaßregel, und das if auch sein wirkliher Standpunkt. Er ift gegen die Zu- {läge ebenso wie gegen die Einführung. eines Zolls für Artikel, die bislang mit Zöllen belegt worden find. Nun fteht die Sache so: die Regierungen, der Reichstag haben einen derartigen 509 prozentigen Zoll für ier uBes gehalten. Wenn andere Länder uns ungünstiger behandeln als andere Staaten, dann wünshen wir damit ein Mittel zu gewinnen, um auf die Entschließungen dieser Länder in unserem Sinne einwirken zu fönnen. Nun hat sich herausgestellt, daß gerade bei den Ländern, mit denen man unter Umständen in einen ders artigen Zollkrieg gelangt, die Erhöhung um 950 °% von den vorhandenen Zöllen nicht die Wirkung hat, fondern daß in den Fällen eine Grhöbung oder Einführung eines Zolles auf Artikel, die bislang niht zu verzollen find, eine entshiedenere Wirkung haben wird. Diese Lüde auszufüllen, ift man jezt bemüht gewesen. Nun muß ih mi, was die Behandlung der Sache anlangt, so wie die Dinge \sih bis zum Beginn der Sibung befanden, auch auf den Standpunkt des Abg. Dr. Hammacher stellen. Das war durchaus begründet na der früheren Grflärung des Staatssekretärs, wona er nur Dex die Zulässigkeit einer solchen geseßlichen Bestimmung anerkannt hat; beute ist aber seine Erklärung eine wesentli andere gewesen, und ih glaube, daß, wenn diese Erklärung vorgelegen bätte, als der Abg. Dr. Hammacher das Wort nahm, er seine Behandlung der Sache etwas anders gestaltet babe würde. Wenn die Sache jo liegt, so find wir heute schon in der Lage, uns in

orm eines Gesezes über die Sache aussprechen zu können. Aber ih

irworte, daß wir bis zur dritten Lesung eine ganz beftimmte, noch formellere Erklärung seitens der Regierungen haben müssen. Liegt dann die Erklärung des Bundesraths vor, daß er beshloften hat, fi mit dieser Bestimmung einverstanden zu erklären, so steht nihts im Wege, daß man bei der dritten Lesung diesen Beschluß wiederholt. Kommt dann zum Vorschein, daß der Bundesrath nicht ficher ift, ob er die Bestimmung annehmen will, dann werden wir gut thun, uns in der dritten Lesung auf die Resolution zurückzuziehen.

Siaatssekretär des Reichs - Shagamts Dr. Graf von Posadowsky:

Um die Situation vollkommen klar zu legen, namentlih den Ausführungen des Herrn von Bennigsen gegenüber, erkläre i bier- mit, daß, wenn der Antrag Stumm-Möller die Majorität des Hauses findet, der Bundesrath denselben annehmen wird.

Abg. Dr. Meyer -Halle (fr. Vg.): Es handelt \sih nit darum, ob der Bundesrath das Gese in dieser Form sih gefallen laffen kann, sondern ob er es gebrauchen ftann; darüber aber hat man feine Erklärung erhalten. Die Befugniß des Reichstags wird durch die Vollmawt, welhe dem Bundesrath hinfichtlich der Verzollung zollfreier Waaren ertheilt werden foll, in E Weise eingeschränkt.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Der Antrag is nit Produkt des praktischen Bedürfnisses, sondern einer zollkriegerishen Stimmung. Wir leiden {on jeßt darunter, daß ganz plößlich dur Regierungs- maßnahmen die Grundlagen der einzelnen Erwerbszweige in Frage ge- tellt werden. Wenn Sie der Regterung jeßt eine solhe Vollmacht übergeben, so wird in die Industrie s{ädigend eingegriffen werden.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Ih weiß mich frei von zoll- friegerisher Stimmung, ih muß aber sagen, daß die deutshen Inter- essen von anderen Ländern niht immer loyal behandelt werden. Der frühere Abg. Bamberger hat diesen grundsäßlih. negierenden Stand- punkt niht eingenommen. Einem Staat, defsen Regierung kräftige Mittel zu Gebote ftehen, die Einfubr anderer Länder einzuschränken, werden die anderen Staaten rüdcksihtsvoll entgegenkommen. Man verzichte entweder auf die Anwendung von Kampfmitteln oder man wende sie gründlich an. Allerdings bedarf die E zollfreie Waaren mit einem Retorfionszoll zu belegen, einer Ginshränkung dur Festlegung einer Maximalgrenze für diefen Zoll. Einen Antrag in diesem Sinne behalte ich mir für die dritte Lesung vor. Heute werde ih für den Antrag Stumm-Möller stimmen.

Staatssekretär des Reichs - Shazamts Dr. Graf von Posadowsky:

Fh halte mich verpflihtet, dem Herrn Abg. Dr. Hammacher gegenüber eine Aufklärung zu geben. Er hat ausgeführt, seine Er- flärung würde anders gelautet haben, wenn i die Erklärung, die ich namens der verbündeten Regierungen abgegeben habe, dem Hause früher mitgetheilt bätte. Ich gestatte mir, den Herrn Abg. Dr. Hammager darauf aufmerksam zu machen, daß er seine entsheidende Erflärung innerhalb der Geshäftsordnungsdebatte abgegeben hat, und ih bielt es als Mitglied der Regierung nicht für angemessen, in einer Geshäftsordnungsdebatte, die [ediglich zur Kompetenz des Hauses gehört, das Wort zu ergreifen,

Der Herr Abg. Dr. Hammacher hat weiter noch den Ge- danken ausgesprochen, die Bestimmung des Antrages Stumm, wonach au zollfreie Artikel mit Zoll belegt werden können, in der Rich- tung zu beschränken und damit gleichzeitig au den Interessenten eine gewisse Beruhigung zu gewähren, daß die Höhe des auf- zuerlegenden Zolls im Geseg l[imitiert werde. In dieser Beziehung bin ih nit in der Lage, eine bindende Erklärung namens der verbündeten Regierungen abzugeben; ich glaube aber, daß, wenn eine folhe Beschränkung seitens des hohen Hauses in Form eines Amendements zum Antrag Stumm beschlossen werden sollte, auch hierin kein Hinderniß für die verbündeten Regierungen liegen würde, diesen Antrag anzunehmen,

Abg. Dr. Barth bringt einen Abänderungsantrag ein, der aus dem Antrage Stumm-Möller den auf die Be- E zollfreier Waaren mit Zöllen bezüglichen Saß

reicht. ; : In der nunmehr folgenden Abstimmung wird dieser Antrag elehnt und der Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm-Halberg unverändert angenommen. :

In der Vorlage selbst, in deren Berathung Hus ein- getreten wird, hat ie Kommission den Peh für alkohol- oder ätherhaltige Parfumerien auf 200 4 erhöht.

1895.

i Me 2 Werner (d. Refp.) beantragt die Erhöhung dieses Saßzes au

Geheimer Ober-Regierungs-Rath im Reichs -Schaßamt Henle erflärt, daß die verbündeten Regierungen den Vorshlag der Kom- mission in woblwollende Erwägung nehmen werden.

Das Haus stimmt dem Zollsaz von 200 # zu.

Zur Position „Bau- und Nugzholz“ will die Regierungsvorlage die S nur für den häuslichen oder handwerksmäßigen Bedarf der Bewohner der Grenzbezirke

estatten. Die Kommisfion s{lägt dagegen vor, die bis- Rrtige Zollfreiheit auch für die Jndustrie des Grenzbezirks noch bis zum 1. Juli 1901 zuzulassen unter Einschränkung auf die im Jahre 1895 vorhandenen industriellen Betriebe und deren durhschnittlihen Holzbezug aus dem Auslande. Der Abg. Buddeberg (fr. Volksp.) beantragt, diese Zollfreiheit bis zum 31. Dezember 1903, d. h. für die Geltungsdauer der Handelsverträge, zuzulassen in den Grenzen des im Jahre 1894 für die vorhandenen industriellen Betriebe zugelaffenen Quantums.

Abg. Buddeberg (fr. Volksp.): In den Grenzbezirken herrschen erxceptionelle Verbältnijte. Die Schußzollpolitik, die die Aufgabe bat, den Verkehr zu erschweren, wird gerade in den Grenzbezirten {wer empfunden und trifft nicht bloß die Industriellen, sondern auch die Tagelöhner. Gerade die fleinen Betriebe leiden am s{wersten. Er- leihtert man diesen den Bezug ihrer Hilfsstoffe, so leidet der Fisfus kaum Schaden, während diesen Leuten großer Vortheil ge- währt wird. Einzelne Uebelstände, die fich bei dem jeßigen Zustand herausgestellt baben, find nit so schlimm, daß deswegen den Géwerbe- treibenden der Grenzbezirke eine Freiheit genommen werden dürfte, die sie für ihre Eristenz nothwendig haben. Ih bin in der Lage gewefen, aus eigener Erfahrung nachzuweisen, daß die Kontrole für die Ein- führung von Holz an der \äcsisch-böhmi/chen Grenze eine so sarfe ist, daß Hinterziehungen gar nit vorkommen können. Ih bitte daber, meinen Antrag anzunehmen.

Staatssekretär des Reihs-Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Ih kann nur dringend bitten, den Entwurf in der Faffung der Kommission anzunehmen. Rach der Negierungs- vorlage sollte für die Grenzindustrie der Vortheil, zollfreies Holz ein- zuführen, sofort aufgehoben werden und nur für den Hausgebrauch die Zollfreiheit weiter bestehen. Es ift in der That geradezu eine zoll- tehnische Anomalie, daß man für die industriellen Betriebe zollfreies Holz ins Land hereinläßt. Dadurch sparen die Grenzbewohner einen Zollbetrag von über 806 000 jährli (Hört! hört! rets), wäßrend fie ganz unzweifelhaft für ihre Schnittwaare denselben Einheitspreis fordern wie die Konkurrenten im Lande, die verzolltes Holz kaufen müssen. Man kann diesen Fall nit parallelifieren mit der Zollfreiheit im kleinen Grenzverkehr; denn es handelt i hier niht um eine handwerksmäßige Verwendung, fondern um wirkliche Industrien, die sich an der Grenze etabliert haben. Die verbündeten Regierungen haben \sich indeß den Erwägungen, die seitens des Herrn Vorredners und eines bayerischen Herrn Abgeordneten vorgetragen wurden, nicht vershlofsen, daß die plößlihe Aufhebung dieses Privi- legiums eine gewisse Härte für die Betheiligten mit sh bringen würde; dic fleinen Sägemühlen an der Grenze haben sih auf das zollfreie Holz eingerihtet, und man wird ihnen deshalb noch eine gewiffe Uebergangéfrifst gewähren fönnen, um ih mit den neuen Verhältnissen abzufinden, die ihnen die Zollpfliht für ihr Rundholz in Zukunft auferlegt. Aber das Motiv, welches Herr Abg. Buddeberg anführt, um die Uebergangsfrist um zwei Jahre zu verlängern, d. h. bis zum Ablauf der Handels- verträge, bestimmt gerade die verbündeten Regierungen, Sie zu bitten, an dem Kommissionsbeschluß festzuhalten. Die Konzession, welche die verbündeten Regierungen in der Kommission bereits gemacht haben, if ihnen niht leiht gefallen, namentli gegenüber den Be- s{werden derjenigen Sägemüller, die jeßt {hon zollpflihtiges Holz vershneiden müssen; aber gerade der Umstand, daß im Iahre 1903 die Handelsverträge erlöschen, s\priht dafür, dieses Privilegium der Grenzsägewerke früher aufhören zu laffen, um nit dur dieses Privilegium einen Anknüpfungspunkt für weitergehende Forderungen beim Abschluß neuer Handelsverträge zu bieten. Ich gebe mi der Hoffnung hin, daß, wenn wir neue Handelsverträge ab- ließen, sie so gestaltet sein werden, daß der deutsche Wald mindestens j denselben Zollshuß genießen wird wie bisher. (Bravo! rechts.)

Abg. Krö ber (südd. Volksp.): Nicht allein an der russischen Grenze, sondern au in allen anderen Grenzbezirken wird der Wunsch geäußert, Las die bestehenden Verbältnifse bezüglih der Holzeinfuhr aufrecht erhalten bleiben. Die in der Vorlage beantragte Aenderung

würde die gesammte Bevölkerung schädigen, nicht nur die großen In- dustriellen, sondern auch die ärmere Bevölkerung, die Waldbauern, welche jeßt ihren Unterhalt durch die Holzzufuhr erwerben.

Abg. Buddeberg (fr. Volksp.) bemerkt, daß der Ausfall für den Fisfus, der aus der Verlängerung der Frist um 2 Jahre ent- stehen würde, sih auf höchstens 150 000 4 belaufen werde.

Der Antrag der Kommission wird angenommen.

Die weitere Bais vertagt das Haus darauf um 53/4 Uhr auf WMittwoch 1 Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

56. Sißung vom Dienstag, 23. April. .

Es den Beginn der Sizung ist gestern berichtet worden.

Auf der Tagesordnung ftand die zweite Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Errichtung einer General- Kommission für die Provinz Ostpreußen.

Die General - Kommission A in Königsberg errichtet werden; dem Geschäftsbezirk derselben können indeß auch Theile der Provinz Westpreußen zugeregt werden.

ah tfatters de er Annahme des Entwurfs seitens

des Berichterstatters der Kommission, Abg. Conrad-Flatow (on) ergriff das Wort i

ba. Dr. Gerlich (fr. kons.): Die General-Kommissionen haben

äufig nicht lebensfähige Rentengüter geschaffen und sogar bäuerlihe

bungen zershlagen, während es ho darauf ankommt, möglichst