1895 / 99 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

E E E S IRANBEN

-

Berechnung, einzelne Waaren, die niht Gegenftand der Zollerhöhung

in der Tarifnovelle sind. Es sind das bei der Position Aether das Kollodium, sowie Celloidin und Schwefeläther. Andererseits konnten die Mengen „flüssigen Kakaoöls* bei der Betehnung nicht berücksihtigt werden , weil die genannte Waare in der Statistik mit nit besonders genannten „fetten Oelen“ nagewiesen wird, während Kakaosl hier in der Tarifnovelle Gegenstand einer Tariferhöhung ift. Es kommt noch hinzu, d2ß, wenn Sie die Regierungsvorlage wieder herstellen, do ein großer Theil des Baumwollensamenöls denaturiert gegen einen Zoll vox 3,50 Æ eingehen und infolge dessen ein wesentlicher Zollausfall gegenüber dem normalen Zoll von 10 Æ eintreten wird. Soweit es sih jeßt shäßgen läßt inwieweit eine solche Tarifnovelle auf einzelne Artikel prohibitiv wirkt, läßt sih ja nicht voraussehen —, würde der Ertrag der Zolltarifnovelle höchstens 13 Mllionen ergeben. . Graf von Kaniß (dkons.): Die Amerikaner verwenden aller hrsheinlichkeit nah zur Fabrifation des Speiseöls viel minderwertbiges Fett, Fett von gefallenen Thieren, so daß fie sehr gut einen Zoll von 10 M zablen fönnen. Wenn nun der dringende Verdaht vorliegt, daß das amerikanische Speise- fett ungesunde Bestandtheile enthält, 1o ist es unsere fliht, die Einfuhr zu ershweren. Entweder erhöhen wir den oll oder wir verbieten die Einfubr. Wir haben Oefter- reih und Rußland einen ermäßigten Zoll zugestanden, der Arnerika infolge der Meistbegünftigung zu gute kommt. Die Vertragsstaaten würden deshalb mit einer Erböbung des Zolls einverstanden jein. Nerbieten wir die Einfubr, so wird Amerika die einzelnen Beftand- theile, Talg und Cottonsl, gesondert einführen, und wir würden dann eine bessere Kontrole über die Qualität der Waaren haben. Eine Vertbeuerung der billigen Nahrungsmittel wollen wir nit.

Abp. Gam p (Rp.) tritt den Ausführungen des Abg. Harm entgegen und betont zur Begründung der Zollerhöhung, daß zur Zeit der Normierung des gegenwärtigen Zollsatzes das Baumwollfamenöl noch niht zur Speisefettfabrikation Verwendung gefunden habe.

Hierauf wird um 5 Uhr die weitere Berathung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 57. Sißzung vom Mittwoch, 24. April.

Ucber den Beginn der Sißzung if gestern berichtet woorden. : N :

Auf der Tagesordnung ftand zunächst die erste Be- rathung des Gesegentwurfs, betreffend die Ab- änderung und Ergänzung einiger Bestimmungen des Kommunalabgabengeseßzes vom 14. Zuli 1893, welher bei Heranziehung der Steuerpflichti- gen zur Kommunalsteuer in Mea Wohnsißgemeinden dasjenige Einkommen, welhes den Steuerpflichtigen aus Grundvermögen, Handels- oder gewerblihen Anlagen, })owie aus der Betheiligung an dem Unternehmen einer esellschaft mit beschränkter Haftung außerhalb Preußens zufließt, von dex Besteuerung freilassen will. -

Nachdem der Geheime Ober-Regierungs-Rath Noell sich egen einzelne der vorgebrahten Bedenken gewendet und die Nothwendigkeit der mit dieser Vorlage bezweckten Wieder- herstellung des Kommunalabgabengeseßes in der ursprünglich vorgelegten (durch die Beschlüsse des Landtags aber gerade in diesem Punkt seiner Zeit abgeänderten) Faffung eingehend erörtert hatte, nahm das Wort

Abg. Herold (Zentr.). Er hielt es für bedenili, daß die Freilassung der Einnahmeauellen von den Abgaben nit auf die außerpreußischen Deutichen beschränkt, sondern au auf die außerdeutsden ausgedehnt werden soll. Ferner wünshte Redner eine Aufklärung seitens der Regierung über die Handhabung der Ausführungsbestimmungen zum Kommunalabgabengesez betreffs der Gntseidung in den Fâllen, in denen die Gemeinden mebr als 100 %/6 Zuschläge zur Einkommensteuer erheben. Nach diesen Ausëführungébestimmungen sei die Regierung nit zur Angabe von Gründen für die Verweigerung der Genehmigung foldher Zuschläge verpflichtet.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath N oell: Die Ansicht des Herrn Vorrednérs ist unzutreffend. In dem Kommunalabgabengesetz ift die Erhebung von Zuschlägen über 100 %/ von der Genehmigung der Regierung abbängig germaht, und diese Senebmigung oder die Ver- sagung der Génehmigung seßt eine vorhergehende Prüfung der Ver- bâltnifse voraus, und hon daraus ergiebt jih die Nothwreendigkeit der Angabe von Gründen für die getroffene Entscheidung.

Abg. Windckler (kons.) tadelte die versciedenartige Stellung- nabme der Kreis-Ausf{üsse zur Hundefteuer und zu den in Betreff derselben seitens der Gemeinden feftgeseßten Strafbestimmungen. Einzelne Kreis-Auss{üffe hätten diese Strafbestimmungen genehmigt, andere hätten sie abgelehnt. Diefe Unsicherheit müfse durch eine Élare Bestimmung im Geseg ein Ende gemacht werden.

FinanzMinister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Staatêregierung hat sih nur iwer ent- s{lofsen, in der jeßigen Geshäftëlage, und nahdem eben erst das Kommunalsteuergeses in Kraft getreten ift, diese Vorlage zu malen ; sie bat von dem Grundsaß, zur Zeit an eine Abänderung an irgendwie erbebliden Tunften im Kommunalfteuergeseß {on beranzutreten, ge: glaubt in diesem Falle eine Ausnahme machen zu können: einmal, weil es i bier um eine Bestimmung handelt, die, wie der Herr Kommissar des Ministers des Innern son ausführlih dargelegt bat, den Grundsäßen der Kommunalbestzuerung, wie sie in Preußen im allgemeinen stets festgehalten wurde, widersuriht; zweitens, weil die ganze Bestimmung ins Geseß gekommen ift durch ein vielleiht nicht sebr gründlih überlegtes Amendement, welhes, wenn ih mi recht erinnere, zuerst im Herrenhause gestellt war, und welches die Re- gierung zwar bekämpfte, aber acceptieren mußte mit Rücksicht auf die Gesammtlage und die Nothwendigkeit des Abschlusses der Steuer- reform, und drittens, weil allerdings nach der Meinung der Re- gierung durch dieses in das Gesey bineingefommene Amendement sehr erbeblidhe Beschwerden und Unzuträglichkeiten faftis schon jest ih geltend maten; endlich, weil das Haus selbst gewünscht hat, in dieser Beziehung eine Vorlage zu haben. Sonst allerdings

wäre es sehr bedenklih gewesen, bei cinem eben ins Leben getretenen Geseße schon wieder Aenderungen ohne ausgiebige Er- fahrungen zu beantragen. Ih möchte daher dringend davor warnen, daß man noh weiter gebt, und alle Bestimmungen, die dem einen oder anderen niht gefallen, in der Kommission wieder verhandelt. I kann von vornherzin erklären, daß die Staatéregierung fi im allgemeinen darauf nit einlafsen wird, sondern daß das Geseg, welches noch nit cinmal praftisch in Wirksamkeit ift, erst noch längere Zeit funktionieren muß, um zu sehen, ob an diesem oder jenem Punkte, was bei einem so umfangreichen und s{hwierigen- Geseg nicht unmögli wäre, eine dringende Aenderung erforderlich ist.

Was die vorliegende Frage betrifft, so möchte ih au rathen, zu sehen, ob mag nicht andere Ausfunftsmitiel hat. Man könnte ja, wenn man die Kreis-Hundesteuer einführt, und das Geseg selbft keine

Vorrédner annehme, es sind zwar bei dên Gemeinden solche Strafen vorgesehen, aber niht bei den Kreisen, und ein- Strafrecht fänrn nit analog ausgedehnt werden ih sage: wenn auch das Gese keine Strafen giebt, fo ließe sich wohl erwägen, ob man nit dur Polizeiverordnungen nahbelfen kann. Gerade die Hundesteuer hat wesentli polizeilichen Charafter und kommt keineswegs bloß als Steuer in Betracht, fondern sie ift auch eine Maßnahme in fanitärer Beziehung. Da ließe \sih sehr wohl diese Frage erwägen; aber ih möôte von vornherein erklären, daß die Staatsregierung auf weitere Abänderungen des Kommunalabgabengeseßes, als hier vorgeschlagen ift, nit eingeben fann, und bitte die Herren von der Kommission, die nächstens zusammentreten wird, dringend, diese Gesichtspunkte fest- zuhalten. :

Meine Herren, der Herr Abg. Herold hat sich niht über das Geseg beschwert, sondern über eine ihm beschwerlih ersheinende Bes stimmung der Ausführungsverordnungen ; darüber läßt sih ja reden. Fch halte seine ganzen Einwände für durchaus * unzutreffend, aber jedenfalls handelt es sich dabei nicht um Geseßesänderungen. Es kann übrigens in dieser Beziehung der Herr Abg. Herold fich be- ruhigen. Während der Hauptzweck des Gefeßes der war, die Zuschläge zu den Personalfteuern zu vermindern, während zu diesem Behuf die gesammten Realsteuern den Gemeinden überwiesen wurden, hat keineS- wegs die Ausführung zu einer Ueberlaftung der R ealsteuerpflichtigen geführt, sondern eher könnte man -das Gegentheil behaupten und könnte vielleiht der Ansicht sein, daß die Grundsäße des Kommunal- abgabengeseßes in dieser Beziehung in dem erften Anlauf noch nicht voll zur DurSführung gekommen find.

Abg. O s8walt (ul.): Der Zweck der Resolution der Herren Bôöts- tinger und Vopelius war nit, einzelne Steuerzabler zu begünstigen, fondern die Bestimmungen zu ändern, die in dem neuen Kommunal- abgaberngefeß zu Ungunsten der Gemeinden ausgeschlagen find.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fa, meine Herren, ih glaube, der Herr Vorredner irrt ih: mir scheint seine Interpretation des Beschlusses des Hauses doch etwas willkürlich zu sein, wenn er sagt, das Haus hat diese Aufforderung an die Staatsregierung nicht im Interesse der Steuerpflichtigen, fondern bloß im Interesse der Gemeinden gerihtet. Nein, meine Herren, man empfand, nachdem die Sache praktis wurde, daß doch eine sehr bedenklihde Doppelbesteuerung in der fraglichen Bestim- mung läge, und man hielt dies für unbillig auch gegenüber der Gemeindesteuer. Sonst hätte man sich ja einfa dadur belfen können, daß man gesagt hätte: es bleibt der Gemeinde überlaffen, ob sie diese Einkommen aus auswärtigen, außerpreußisGhen oder außerdeutshen Gemeinden freilafsen will oder niht. Jch glaube also, diese Bemerkung ift niht ganz zutreffend.

Es fönnen ja allerdings Fälle vorkommen, das gebe ih zu, wo es nit als eine Unbilligkfeit oder Ueberlastung empfunden würde, wenn jemand zahlen soll in der Wohnsißgemeinde von dem Einkommen, welches er aus dem Auslande bezieht, namentli in den Fällen, wo er in dem Auslande zu einer Gemeindesteuer nicht herangezogen wird. Aber ebenso gut können andere Fälle dieser Art vorkommen, wo das Einkommen, welches aus einer außerdeutshen oder außerpreußif{en Gemeinde bezogen wird, dort hon ganz bedeutend belaftet ift und nun allerdings eine sehr lästige Doppelbesteuerung eintritt.

Meine Herren, ich will garnicht bestreiten, daß man andere Gründe dafür anführen fann, daß Einkommen aus Gemeinden, die außerhalb Deutschlands liegen, anders zu behandeln find als Ein- fommen aus deutshen Gemeinden, die nit in Preußen licgen. Die Frage mag die Kommission ja erwägen, konsequent und grundfäglih rihtig wäre aber solhe Unterscheidung nicht.

Man fann nun allerdings bervorheben, das läßt si ja nit leugnen, daß man do eber dazu kommen fann, das Einkommen aus deutshèn außerpreußishen Gemeinden in dieser Beziehung anders zu behandeln als das Einkommen aus Gemeinden außerhalb Deutschlands. Schon deswegen, aber auch weil mit Necht bervor- gehoben worden ift, daß die Besteuerungsformen in Deutschland in den deuten Gemeinden viel ähnliher und gleihmäßiger find wie die Besteuerungsformen im Auslande die Kommission wird ja diese Frage natürlich in Erwägung ziehen können —, und ih glaube faum, daß die Staatsregierung hieraus eine entsheidende Frage machen würde, das läßt sih ja durhaus überlegen, dann würde sich die Sache gewissermaßen wie eine deutsche Frage gestalten, man würde sagen: die Bestimmung, daß in Preußen das Einkommen aus einer preußischen anderweitigen Gemeinde aus Grundbesiß und Gewerbe- betrieb nit besteuert werden darf, die Wohnsißzgemeinde hat nur das praecipuum von # diese Bestimmung, die eine Dopypel- besteuerung innerhalb der preußishen Gemeinden auss{ließt, wollen wir ausdehnen auf die deutsden Gemeinden. Das läßt sih ja hören, und ih gebe durhaus zu, daß, wenn dies au keine fonsequente Durchführung eines Besteuerungêgrundsazes ift, praktische Er- wägungen in dieser Beziehung wohl eine Meinungsverfchiedenheit zulaffen.

I fann nur nochmals wiederholen, meine Herren, daß wir bier nur mit sehr großen Bedenken uns haben veranlaßt sehen können, aus den von mir vorhin vorgetragenen Gründen eine Aenderung überbaupt vorzushlagen. Ich wiederhole meine dringende Bitte, daß man nit gewissermaßen zu einer Nachrevision des Kommunalabgaben- gesetzes übergeht, und daß nicht einzelne Bestimmungen, die damals per majora angenommen worden sind, die Einzelnen aber mißfällig sind, nun wieder in Angriff genommen werden; dann würde noth- wendig diese ganze Vorlage scheitern.

Abg. Freiberr von Heereman (Zentr.): Der Wuns, Doppel- besteuerungen zu vermeiden, ift ein allgemeiner. Im Kommunalsteuer- geseze find aber auch sonst noch verschietentlihe Unklarheiten, und es S vielleicht angebracht, au hier bald eine Verbesserung eintreten 7 Bein Ober-Regierungs-Rath Noell bat, von weiteren Ab- änderungen des Kommunalabgabengelches zur Zeit abzusehen, - jeden- falls erft nach dieser Richtung die Néchtsprehung abzuwarten, ehe man an Abänderungen gehe.

Das Haus beschloß, den Entwurf an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen.

Es folgte die erste Berathung des Geseßzeniwurfs, betreffend die Aufhebung des in dem vormaligen Fürstbisthum Fulda für die Einwilligung der Ehefrauen in Bürxg- \hafien und Expromissionen der Ehemänner bestehenden Erfordernisses der gerichtli Form.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren ! Durch die Vorlage des Gesezentwurfs, der heute

zu Ihrer Berathung steht, hat die Königlihe Staatsregierung die

Zusage eingelöst, die ih in der Sißung vom 13. Februar d. J. hicr gegeben habe.

Aus - der Verhandlung dieses Tages und zum theil auch woh[ aus früheren Verhändlungen is den Mitgliedern des Hauses der Gegenstand des keinen Gejeßentwurfs hinlänglich bekannt. Es handelt sich um die Aufbebung älterer, noch in dem kleines Rehtsgebiet des vormaligen Fürstenthum Fulda geltender Verordmmgen, die ihrer Zeit von woklthätiger Wirkung gewefen find, deren Wirkungen aber jeßt in das Gegentheil umgeschlagen sind. Es handelt fich um die Beseitigung dieser alten Gesehe ledigli in formeller Beziehung, nit auch um die Aufhebung ihres materiellen Inhalts. Jnsoweit hat die Königliche Staatsregierung sich nit auf denjenigen Standpunkt ge- tellt, der im Jahre 1889, wo zum erften Mal diese Frage Gegen- ftand einer längeren Verhandlung hier gewesen ift, von dem boben Hause eingenommen wurde. Die Königliche Staatsregierung befindet ih jedo, wenn sie den damals gestellten Anträgen nicht in vollem Umfange nachgegeben hat, in Uebereinstimmung mit dem Wunsche der betheiligten Bevölkerung: Seitens. des Herrn Abg. Kircher, der am 13. Februar hier die Frage wieder angereat hat, ist ausdrücklich ausgesprohen worden, daß man nur wünsche eine Beseitigung der beshwerenden Formvorshriften, die für die Genehmigung der Ehe- frauen zu der von ibren Ehemännern zu leistenden Bürgfchaft in dem fraglihen Rechtsgebiet gegeben find, nämlih der gerichtlihen Form, daß man aber an dem materiellen ehelihen Güterreht nit gerüttelt haben wolle. Die Königliche Staatsregierung hat geglaubt, auhch aus inneren Gründen, sich diesen Standpunkt aneignen zu follen, weil es immerbin als bedenklih angesehen werden muß, an dem ebelihen Güterreht für ein Fleines Rechtsgebiet zu rütteln, ins- besondere jeßt, wo die einheitlihe Regelung diese Materie durch das bürgerlihe Geseßbuch für Deutschland in naher Ausfiht steht. Die Staatsregierung hat geglaubt, auch deshalb von einer Regelung dieser Frage absehen zu müssen, weil ja, wie bei den vorigen Verhandlungen anerfannt worden ift, nicht in das materielle Güterreht der bestehenden Eben würde eingegriffen werden fönnen ohne Verleßung wohl- erworbener Rehte. Die Staatsregierung glaubt, daß die Vorlage deshalb auf den Beifall des Hauses rechnen darf, und ist bestärkt in dieser Hoffnung durch den Umstand, daß die Vorlage heute sofort zur ersten und zweiten Berathung gestellt worden ift; es ist daher wobl die Annahme gerechtfertigt, daß das hohe Haus dur die Verhandlung dieses Gesetzentwurfs nicht lange Zeit aufgehalten werden wird.

Abg. Kir\ch (Zentr.) bemerkte, daß der Gesegentwurf in der Bevölkerung große Befriedigung erregt habe.

Darauf wurde der Geseßentwurf in erster und zweiter Lesung angenommen.

Das Haus trat sodann in die erste Berathung des Geseß- entwurfs , betreffend das Pfandrecht an Privateisen- bahnen und Kleinbahnen und die Zwangsvoll- streckung in dieselben, ein.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Der Gesezentwurf über die Verpfändung der Privateisenbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben ift befannt- lih bereits in der vorjährigen Tagung zur Berathung, aber nit zur Verabschiedung gekommen. Die Zwischenzeit hat die Königliche Staats- regierung dazu benußt, die Frage, ob für eine gesetzliche Regelung dieser Materie ein Bedürfniß vorliege, einer erneuten Prüfung zu unterwerfen, zugleich aber auch die Erfahrungen zu ftudieren, welche mit der verwandten Gesetzgebung in anderen Staaten gemacht worden sind, und endli diejenigen Bedenken, welche im vorigen Jahre gegen einzelne Punkte des Geseßentwurfs erhoben worden find, auf ibre Berechtigung zu prüfen und, soweit dieselben anertannt werden mußten, eine Aenderung der betreffenden Bestimmungen herbeizuführen.

Meine Herren, das Ergebniß dieser Prüfung hat die Staats- regierung in der Auffassung, daß die Regelung dieser Materie im Wege der Landesgesezgebung eine dringende Nothwendigkeit sei, nur bestärkt. Auch die Provinzialbehörden, der allgemeinen wie der Eisen- babnverwaltung, neuerdings über die Bedürfnißtrage gehört, haben ih in ihrer überwiegenden Mehrheit der Auffaffung der Staatê- regierung angeschlossen. Einzelne derselben sind in der Lage gewesen, durch ihre inzwishen gemahte Grfahrung das Bedürfniß thatsächlih belegen zu können. Meine Herren, es wäre gewiß verfehlt, wenn man von der durch dea Geseßentwurf gebotenen Möglichkeit, die Privatbahnen in ihrer Gesammtheit zu verpfänden, einen großen Aufshwung der privaten Eisenbahnthätigkeit, insbesondere der Kleinbabnen erwarten wollte. Aber andererseits ist dieser Geseß- entwurf unzweifelhaft ein recht geeignetes Mittel, die auf die Förde- rung dieser Verkehrôwege gerichteten Bestrebungen der Staatsregierung, der Provinzen und der kleineren Kommunalverbände wirksam zu unter stüßen. Es werden dadurch unzweifelhaft in vielen Fällen derartige Eisenbahnunternehmungen erst ermöglicht, es wird die Aufnahme von Anleiben erleichtert, und es wird ferner der Fortbestand des Unter- nehmens gesichert werden.

Meine Herren, bereits in früheren Perisden ift das Bedürfniß nah einer geseglihen Regelung dieser Materie empfunden worden. Schon in der Mitte der 70er Jahre hat sih die Staatsregierung mit einem dabin zielenden Gesegentwurf beschäftigt. Ein solcher ist dann befanntlih im Jahre 1880 im Reichstag vorgelegt worden, aber nit zur Verabschiedung gelangt ; dagegen konnte bei der Berathung dieses Gesezentwurss im Reichstag festgestellt werden , das die Grundlagen, auf denen der Geseßentwurf damals ausf- gebaut worden war und die auch heute die Grundlagen des vorliegenden Geseßentwurfs sind, fich der allgemeinen Zustimmung erfreuen. Einigermaßen auffallend kann es sein, daß das Bedürfniß nah eixer Regelung der Frage früher nit lebhafter urgiert worden ist, daß vielmehr die Sache geruht hat bis zum vorigen Jahre, und iwar um so auffallender fönnte diese Thatsache erscheinen und dafur sprechen, daß das Bedürfniß doch in Wirklichkeit niht ein so sehr dringendes gewesen ift, weil ja in der früheren Periode bis zum Jahre 1880 enorme Summen von Obligationen der Privak- Eisenbahnen vorhanden waren, Obligationen, die nur ents persönlichen, aber keinen realen Schuldtitel darstellen. Indefsen die Erflärung dafür, daß dies Bedürfniß uicht so lebhaft damals empfunden wurde, liegt wobl in dem Umstande, daß. die Obligationen fast aut schließlich ausgegeben waren von gut fundierten und gut geleiteten Privat-Eisenbahngesellschaften. Die Obligationen der Köln-Mindeu?r, der Rheinischen, der Bergish-Märkischen, der Stettiner, der Anhalter u. \. w. Eisenbahnen hatten nahezu denselben Werth in den Augez des Publikums wie die preußishen Staatsschulden. Die Kredit würdigkeit dieser großen Gesellshaften enthob die meisten

Gläubiger der Sorge, daß ihren Schulden keine reale Sicherung bei-

wohnte. Sehr viele der Obligationeninhaber werden fih auh, wie ih annehme, kaum defsen bewußt gewesen sein, daß sie nur einen persönlichen Schuldtitel und keinen realen in der Hand batten. Nach dem Jahre 1880 s{chwand das Bedürcfniß aus dem Grunde erheblih, weil ja die großen Privatbahnen fast sämmtlich verftaatlicht und die Obligationen derselben in preußische Konsols verwandelt

_ wurden. Brennend rourde die Frage erst, nahdem dur das Klein-

bahngeseß vom Juki 1892 eine große Menge kleiner und Ekleinster Privatbahnen in Form von Kleinbahnen und Nebenbahnen direkt und indireft ins Leben gerufen worden sind und hoffentlich und, wie ih wobl sagen darf, vorauësihilich in nächster Zukunft eine große Reibe von neuen Unternehmungen diefer Art ins Leben treten wird. Damit war das Bedürfniß dringend geworden, den Privat-Eisenbahnen die Péöglichkeit eines Realkredits zu gewähren, ibren Vestand dadur zu fichern, daß die Zwangsvollstreckung nur in die Gesammtheit des Unternehmens zugelaffen wird.

Meine Herren, der vorliegende Gesezentwurf beabsichtigt, diesen Zweck dadurch zu erreichen, daß er die Gesammtheit der einer Bahn angebörigen Rechte und Sachen sammt dem dem Unternehmen selbst fonzessionémäßig und thatsählih anhaftenden Werthe zu einer recht- lihen Einheit, der sogenannten Bahneinbeit, zusammenfaßt. Diese Babneinheit bildet dann die Grundlage für die Ver- vfändung sowohl wie für die Zwangsvolistreckung in dem Sinne, daß, solange die Bahneinkeit besteht, die der Babneinheit angehörigen Sachen und Rechte eine Einschränkung binsihtlih ibrer rechtlihen Selbst- ständigkeit zu erleiden haben und eine Veräußerung . und Belaftung einzelner Theile derselben nur insoweit zugelaffen wird, als dadurch der cigertlihe Zweck des Unternehmens, der Betrieb der Bahn, in feiner Weise gefährdet wird, und nur unter derselben Vorausseßung eine Zwangsvollstreckung in einzelne Theile der Bahn zugelassex wird.

Meine Herren, den ursprünglihen Gedanken wicder aufzunehmen, die Frage im Wege der Reichsgeseßgebung zu regeln, würde sih nah der Auffassung der Staatsregierung in keiner Weise empfehlen. Der dem Reichstag im Jahre 1880 vorgelegte Gesetzentwurf bezog sih und konnte ih nur beziehen auf diejenigen Eisenbahnen, auf die die Art. 43 bis 46 der Reichsverfassung und in Preußen die Vorschriften des Gesetzes vom 3. November 1838 Anwendung fîfden. Die recht- lie Grundlage für diese Bahnen war nahezu dieselbe in allen Theilen des Reis, in allen einzelnen Bundesstaaten, die Vorschriften über die Verpfändung und Zwangsvollstreckung, die das neue Geseß vorsah, fonnter fd an diese Grundlage anlehnen. Die Sawhlage wurde aber eine vollständig andere durch den Erlaß des Kleinbahngeseßes in Preußen. Eine einheitliche Rehtsgrundlage für derartige Bahnen ift im Reich nicht vorhanden; es würde auch durch cin Reichêgeseß den ganz eigenartigen Verbältnifsen der preußishen Kleinbahnen Rechnung zu tragen fast unmöglich sein. Außer diesen materiellen Gründen sprechen aber -noch eine Reibe von formellen Gründen gegen die Regelung dieser Materie im Wege der Reichsgeseßgebung. Es würde indessen nah meiner Auffaffung heute zu weit führen, auf diese Gründe sowie auf die Einzelheiten der Aus- gestaltung des Gesezentwurfs einzugehen; es wird dann nach meiner Auffassung erft von Erfolg sein, wenn die Arbeiten der besonderen Kom- mission, der, wie ih annehme, das hohe Haus die Berathung des Geseß- entwurfs überweisen wird, dem Hause vorgelegt werden. Der Kommisfion wird keine leichte. Aufgabe erwahsen; das Gesetz hat nah mancher Rich- tung bin ganz besondere Shwierigkeiten, die die Staatsregierung keines» wegs verkennt. Die Staatsregierung giebt fih indeß der Hoffnung bin, daß die gemeinsamen Arbeiten der Kommission mit den Ver- tretern der Staatsregicrung zu einem erwünshten Ergebniß führen werden, und daß das Geseß wesentlih dazu beitragen wird, die Ent- wickelung der Schienenwege in unserem Vaterland im Interesse aller wirthschaftlichen Kreise des Landes zu fördern. (Bravo!)

Abg. B ode (konf): Wir sind in unserer Fraktion bei Berathung dieses Gesetzentwurfs zu der Ansicht gekommen, daß es vielleicht rihtiger gewesen wäre, den Kreisen und Provinzen die zu Babnbauten nöthigen Mittel zu geben. Wir hahen die Befürchtung, daß das Großfavital sh der Gelegenheit bemähtigen und nickt gerade zum Nußen des Landes außerordentlihe Gewinne er- zielen wird. Die Kleinbahnen werden von großen Geld- instituten gebaut werden, und das dürfte doch seine wirthscaft- lien Bedenken haben. In verschiedener Richtung haben wir auch Bedenken gegen den Inhalt des Gesetzes; fo, glaube ih, würde es beffer sein, wenn die Bahngrundbücher zugleih auch die Grundbücher der Grundstücke wären, die zur Babneinheit gehören. Jedenfalls bietet das Gesetz verschiedene Schwierigkeiten, und ih beantrage namens

_—

meiner Fraktion Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kom- mission von 14 Mitgliedern. : : :

__ Abg. Im Walle (Zentr.) : Wir balten den Geseßentwurf gerade für geeignet, eine möglichst ungefährliche Betheiligung des Privat- kapitals an den Kleinbahnunternehmungen herbeizuführen, und glauben daher, das Gesetz ist mit Freuden zu begrüßen. Auch das Herrenbaus hat nah der wirthshaftlihen Seite hin keine Bedenken geäußert. Wenn solche bestehen fönnten, fo wären diese wobl eher dur eine Bôörsengeseßgebung zu regeln, die uns ja bevorsteht. Wir beantragen Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.

Abg. Oswalt (nl.): Daß das Großkapital sih den Kleinbabn- unternehmungen zuwenden wird, ist nit zu bejtreiten, bildet aber gerade den Zweck des Gesezes. Bei der jeßigen Gesellshaftsordnung ist es auch nicht anders mögli, als daß dem Kapitalbesißenden Gewinne zufließen. Wir halten die materielle Seite des Geseyes für wihtiger als die juristishe und würden eine Kommissionskerathung nit für nöthig erahten. Nachdem fie jedoch beantragt worden ift, shließen wir uns dem Antrage an, werden uns aber in der Kommisfion nah der juristishen Seite hin möglihste Beschränkung auferlegen.

Abg. von Tiedeman n-Bomst (fr. kon}.) erhob keine prinzipiellen Bedenken gegen den Entwurf und hofft, daß das Geseg in der Kom- mission noch manche Besserung erfahren wird. L

Abg. von Unru P ET 1: kons.) spra die Hoffnung aus, daß in der Kommission einige Bestimmungen des Entwurfs besser formuliert werden. Die gegenwärtige Form der Vorlage habe nicht unbedeutende Mängel; au die wirtbschaftlice Bedeutung der Bahnen sei nicht genügend berücksihtigt. Gs wäre nöthig, die Schulden- belastung zu begrenzen, vielleiht auch für die Konzessionierung dem Minister Normalien zu geben. Auch für das Subhastationéverfahren würden befondere Bestimmungen erforderli sein.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ih bin mit der Mehrheit der Redner des heutigen Tages. darin einverstanden, daß über Einzelheiten niht schon beute verhandelt werden fann, baß in dieser Beziehung der Kommifion®s- berathung nicht wohl vorzugreifen ist. Ih möchte mir nur gestatten, in Bezug auf eix paar Bedenken, die von jener Seite (rechts) des Hauses vorgetragen sind, einige Bemerkungen zu machen, die viellei@t geeignet find, Besorgnisse abzuschwächhen, die hier vorgebracht worden find.

Der Abg. Bode ist zunächst gegen die Zulassung von Theilshuld- vershreibungen auf ven Inhaber aus der Befürchtung heraus, daß das

Groffkapital fich dann der Spekulation in Kleinbahnen bemächtigen werde und daß niht gesunde Spekulationsobjetie gesdafen werden möchten. Jh mache demgegenüber darauf aufmerksam, daß in dem Eniwurf für die Zulassung von Tkeilshuldvershreibungen auf den Juahaber hingewiesen is auf das Geseg von 1833, woraus si ergiebt, daß die Ausgabe -derartiger Theilshuldvershreibungen nur mit Allethöchfter Genehmigung erfolgen darf. Es witd allen Herren békannt sein, daß bei der Ertheilung derartiger Privilegien eine sehr sorgfältige Prüfung in Bezug auf die Solidität des Unternehmens und die Sicherheit der auszugebenden VBapiere stattfindet. Ih meine deshalb, daß nach dieser Richtung ein Grund zur Bejorgniß nicht vorliegt. Es ergiebt sih auch daraus von selbst die von dem Herrn Abg. von Unruh vermißte Zuziehung des Finanz-Ministers bei Ausgabe folher Schuldverschreibungen; sie ift nach dem Geseg von 1833 und nach der beéftehenden Verwaltungs- praxis von selbst gegeben.

: Im übrigen meine ih, daß gerade die Zulassung folher Theil- shuldverschreibungen auf den Inbaber sehr wohl geeignet ist, die Entstehung von Kleinbahnen und Privatbahnen zu fördern und insoweit gerade dem Zweck zu dienen, den das vor- liegende Gefeß überhaupt im Auge hat. Bei ganz kleinen Unter- nehmungen wird ja selbstverständliß niht davon bie Rede sein ênnen, solche Privilegien zu ertheilen; es handelt fih aber in dem Entwurf nihti bloß um Kleinbahnen, sondern der Entwurf foll sämmtlichen Privatbahnen dienen, und unter diesen befinden sich be- fanntlich Unternehmungen von erbeblier Bedeutung, für die ein öffentlihes Interesse vorliegt, ihre Kreditfäbigkeit zu stärken; dazu würde nach meiner Meinung die Zulaffung solher Thbeilschuld- verschreibungen sih als ein geeignetes Mittel darstellen.

Jch komme nun zu einem zweiten Punkt, den der Herr Abg. Bode angeregt hat. Er findet die Bestimmungen über die Anlegung bon Bahngrundbüchern nicht geeignet und möchte, daß nah dem Vor- bild der öôfterreihishen Gesezgebung die sämmilihen, den Bahnen gehörenden Grundstücke ins Bahngrundbuch eingetragen würden. Ih glaube, {hon heute darauf aufmerfsam machen zu dürfen, daß eine derartige Bestimmung die Anlegung von Bahngrundbüchern im höchsten Maße erschweren würde, und daß gerade mit Rückficht auf die hieraus . sfich ergebenden Schwierigkeiten man in Oesterreih mit dem Gedanken umgebt, die dort bestehenden Vorschriften aufzuheben. (Hört! hört! rechts.) Sie haben dazu geführt, daß die Babngrundbücher nit fertig wurden, weil die Vor- auêsseßung, die Eintragung der einzelnen Grundstüde ins Bahngrund- bu, mit soviel Schwierigkeiten verknüpft ist, daß man zu einem Abschluß überhaupt garnicht gelangt. Es find Kommissarien der be- theiligten Ministerien in Oesterreich gewesen und haben sich mit den dortigen Verbältnifsen bekannt gemacht; man hat da festgestellt, daß solWe Bahn- grundbücher, mit deren Anlegung {hon vor 20 Jahren begonnen wurde noch immer nit zum Abschluß gelangt sind. Jh würde es deshalb für sehr bedenklih balten, wenn wir auf demselben Wege gehen möchten.

Wenn der Herr Abg. Bode bemerkt hat, es würden sich für den Grundbuchrihter große Schwierigkeiten ergeben, und er könne fich feine rechte Vorstellung machen, wie es mit der Eintragung des Sperr- vermerks auf die zur Babneinbeit gebörigen Grundstücke zu halten sei, so liegt da viellei@t ein niht vollkommenes Verständniß der Vorlage zu Grunde. Wenn ih ten Abg. Bode richtig verstanden habe, so ift er davon ausgegangen, daß diejenigen Grundstüde, die von und für die Eisenbahn eigenthümlich erworben würden, noch auf dem Grundbuch- blait des früheren Eigenthümers stehen bleiben sollen, und daß dort ein Vermerk eingetragen werden soll. Davon is aber nit die Rede. Es is selbstverständlih, daß diejenigen Grund- stüde, die von den Eifenbahnunternehmern erworben werden, für diese ins Grundbuch eingetragen werden, aber nicht ins Bahn- grundbuch. Und in dieses Grundbuch des Eisenbahnunternehmens soll für jedes einzelne Grundstück der Sperrvermerk zur Eintragung ge- braht werden, um jedem Dritten erfichtlib zu machen, daß es der freien Verfügung des Eigenthümers nicht unterliegt, daß vielmehr gewisse Beschränkungen fih aus der Verwendung des Grundstücks zu dem Babnunternehmen ergeben.

Dann bezüglih des § 23 des Entwurfs, den der Herr Abg. Bode gleichfalls zum Gegenstand seiner Besprehung gemacht hat, ih komme dabei noch einmal auf die Theilshuldvershreibung zu sprechen mate ih darauf aufmerksam, daß dieser Paragraph nichts Anderes bezweckt, als die Umwandlung der bestehenden gewöhnlichen Hypotheken in Theilschuldvershreibungen auf den Inhaber, und daß für eine folde Umwandlung wiederum wver- wiesen i auf die vorangehendcen §S 21 und 22, daß sie also überall an dieselben Vorausfeßungen geknüpft ist wie die ursprüngliche Ausgabe von Theilshuldvershreibungen auf den Inbaber, insbesondere an die Zustimmung der zuständigen Staatsbehörde und die Allerhöchste Genehmigung.

Ich glaube deshalb, meine Herren, daß von diesem Gesichtspunkt aus wesentlihe Bedenken dem Geseß \ich niht entgegenstellen würden. Im übrigen bin ih selbstverftändliÞß damit einver- standen, daß es niht wünshenswerth ist, in der zu bildenden Kommission den Juristen ein Uebergewicht zu geben. Jch glaube, daß bei einem solhen Gesetz, welhes vielfah mit bergebrahten juriftishen Auf- fafsungen bricht und hat brehen müssen, wenn es feinen Zweck erreichen will, es für die Berathung wünschenswerth ift, wenn Männer, die miiten im praktischen Leben stehen und die wirthschaftlichen Be- dürfnisse des praktischen Lebens vollständig übersehen, mit der Prüfung des Gesetzes betraut werden; sie werden es verhindern, daß man fih zu segr in juristishe Feinheiten vertieft und dadurch das Gefeß un- möglich macht. (Bravo!)

Der Gesezentwurf wurde hicrauf einer besonderen Kom - mission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Nächste Sizung Donnerstag 12 Uhr (Tagesordnung : dritte Lesung des Gerichtskostengesezes und der Notariats- gebühren-Ordnung).

Schluß gegen 2 Uhr.

Handel und Gewerbe.

Zwangs8-Verfsteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht T Berlin standen am 22. und 23. April die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung : Schtwedenstraße 18, dem Zimmermeister Robert Zeiß gehörig; Flähe 11,65 a; mit dem Gebot von 42000 Æ blieb der Kaufmann

Heinrich Krause, Prinzenstraße 97, Meistbietender. Schlie -

mannftraße 18, dem Kaufmann Ernft Raue gehörig; Fläche 9,89 a; eistbietender blieb der Rentier Ioh. Traugott Rohn, Luisenstraße 14, mit dem Gebot von 183200 4 Wilhelm- ftraße 28, der Wittwe Mathilde Roefener gehörig, Nußungs- wertk 25 400 4; mit dem Gebot von 355 500 Æ blieb die Geheime Medizinal-Rath Frau Anna Ebert, geb. Jacobi, Flottwell- straße 4, Meistbietende. Aufgehoben, wurde das Verfahren der Faugbversteigerung wegen des Grundstü de Liebigstrafße 45, dem ittergutsbesizer G. Gummert gehörig.

Beim Königlichen Amtsgericht IT Berlin standen die nabenannten Grundftüde zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Schöneberg Band 46 Blatt Nr. 1680 auf den Namen der Handelsgesellschaft in Firma Paul Hauffe u. Co. zu Berlin ein- etragene, zu Schöneberg, Ccke Gothen- und Leuthenftraße belegen ; lähe 9,64 a; Mindefstgebot 320 ; für das Meistgebot von 64500 wurde der Kaufmann Friß Wagner zu_Charlotten- burg Ersteher. Das im rundbbuch von Schöneberg Bänd 46 Blatt Nr. 1682 auf den Namen des Bild- hauers Rudolf Rothig zu Berlin, Willibald - Alexis- straße 21, eingetragene, zu S{öneberg, Gotbenstraße, belegene Grundstück; Fläche 8,23 a; Mindestgebot 320 4; für das Meiftgebot von 49410 E E E Y Wagner Ersteher. Das im Grundbuch von Schöneberg Band 46 Blatt Nr. 1681 auf den Namen des Reftaurateurs Fri Bormann zu Berlin, Charloiten- straße 73, eingetragene, zu Schöneberg, Gothenstraße, belegene Grundftück; Flähe 8,23 a; Mindestgebot 320 4; Ersteher wurde der Kaufmann Frit Wagner für das Meistgebot von 39 410

Magdeburg, 24. April. (W.T. B.) Zuckerberi t. Kornzucker erxfL, von 92 9/o —, neue 10,10—10,20. RKornzuder erkl. 88 9/6 Rende- ment 9,40—9,60, neue 9,50—9,75, Nachprodukte erkl. 75% Rendem. 6,40—7,20. Etwas beffer. Brotraffinade I 22,00. Brotraffinade Il 21,75. Gem. Raffinade mit Faß 21,50—22,00. Gem. Melis I mit Faß 21,25. Fest. Rohzuckter I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. April 9,274 Gd., 9,325 Br., pr. Wai 9,35 bez., 9377 Br., pr. Juni 9,45 Gd., 29,50 Br., pr. Juli 9,572 Gd., 9,60 Br. Stetig.

Leipzig, 24. April. (W. L. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata. Grundmufter B. pr. April û, pr. Mai 2,925 Æ, pr. Juni 2,95 #Æ, pr. Juli 2,975 , pr. Auguft 3,00 4, pr. September 3,00 4, pr. Oktober 3,025 , pr. November 3,05 , pr. Dezember 3,95 Æ#, pr. Januar 3,05 , pr. Februar 3,077 Æ, pr. März 3,10 A. Umsaß: 80 000 kg.

Mannheim, 24. April. (W. T. B.) Produktenmarkt. pr. Mai 14,80, pr. Juli 14,85, pr. November 15,20. Roggen pr. Mai 12,85, pr. Juli 12,85, pr. November 13,50. Hafer pr. Mai 12,70, pr. Juli 12,70, pr. November 13,00. Mais pr. Mai 12,00, pr. Juli 11,70, pr. November 11,40.

(Börsen - Sc(lußbericht.}

_Bremen, 24. April. (W. T. B.) Raffiniertes u Ee, (Offiziele Notierung der Bremer Petroleum - Börse.) Matt. Loko 9,5 Br. Baumwolle. Steigend. Upland middl. loko 342 A4. Schmalz. Rubig. Wilcor 377 S, Armour shield 365 4, Cudaby 374 4, Fairbanks 304 S. Speck. Rubig. Shork' clear middling loko 32.

Hamburg, 24. April. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags beriht.) Good average Santos pr. Mai 76, pr. September 743, pr. Dezember 723, pr. März 714. Rubig. Zuckermarkt. (S@hlußbericht.) Nüben-Rohzuckter I. Produkt Bafis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. April 9,272, pr. Mai 9,322, pr. August 9,673, pr. Oktober 9,80. Rubig. L

Wien, 24. April. (W. T. B.) Ausweis der öfter reihi\ch- ungarishen Staatsbahn (sfterreihisches Neß) vom 11. bis 20. April 649717 Fl. , Mindereinnahme gegen den entsprehenden Zeitraum des vorigen Jahres 32 652 Fk.

Wien, 25. April. (W. T. B.) Die „Neue freie Presse" meldet, der Reichs-Finanz-Minister von Kallay beabsichtige eine An leihe von 12 Millionen Gulden aufzunehmen zum Zwecke der Rückzahlung der seiner Zeit an die Landesregierung von Bosnien für den Bau von Eisenbahnen gewährten Darlehen und zu Investitionen auf dem bosnischen Eifenbahnnetze. Der Minifter beabsichtigt, in Sarajevo eine Landesbank nah dem Muster der Landes - Hypothekenbanken zu schaffen, deren erste Emission die genannte Eisenbahn-Anlethe wäre. Es verlautet, die bosnische Landesbank werde von dem Wiener Bank- verein errichtet werden.

Pest, 24. April. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen verflaut, pr. Frühjahr 7,28 Gd., 7,30 Br., pr. Mai-Juni 7,22 Gd., 7,23 Br., pr. Herbft 7,21 Gd., 7,22 Br. Roggen pr. Frühjahr 5,97 Gd., 6,00 Br., pr. Herbst 6,20 Gd., 6,22 Br. Hafer pr. Früh- jahr Gd., Br., pr. Herbst 6,10 Gd., 6,12 Br. Mais pr. Mai- Juni 6,20 Gd., 6,22 Br., Juli-Aug. 5,70 Gd., 5,71 Br. Kohlraps pr. August-September 10,50 Gb., 10,55 Br.

London, 24. April. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizens ladung angeboten.

96 9/9 Javazucker loko 115 feft, Rüben-Rohzuker loko 97 rubig. Chile-Kupfer 405/16, pr. 3 Monat 40.

Amsterdam, 24. April. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 524. Bancazinn 38k. .

Brüssel, 24. April. (W. T. B.) Die Einnahmen der Pra Heinrih-Bahn betrugen in der zweiten April - Dekade:

us dem Bahnbetriebe 99 032 Fr., aus den Minen 8363 Fr., Gesammteinnahmen 107 395 Fr., Mindereinnahmen gegen die vorläufige Einnahme im entsprechenden Aeltraun des vorigen Jahres 20 556 Fr.

_ Konstantinopel, 24. April. (W. T. B.) Die Betriebs- Einnahmen der Anatolishen Eisenbahn im Februar 1895 be- trugen für die Strecke Haidar Pasha—Angora (578 km) 199 413 Fr. oder 345,01 Fr. auf den Kilometer; die Betriebs-Ausgaben stellten sich für denselben Monat auf 173 960 Fr. oder 265,18 Fr. auf den Kilometer. Für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1895 be- trugen die Betriebs-Ginnahmen 439 179 Fr. oder 759,83 Fr. auf den Kilometer, die Betriebs-Ausgaben 332 566 Fr. bezw. 506,96 Fr. Für die Streckde Eski—Chehir—Kutahia (78 km) betrugen die Betriebs-Cinnahmen 10 270 Fr. oder 131,68 Fr. auf den Kilometer, vom 1. Januar bis 28. Februar 1895 22 613 Fr. bezw. 289,91 Fr. __ New-York, 24. il. (W. T. B) Die Bötse eröfiete fest und lebbaft. Im weiteren Verlauf wurde die Stimmung lustlos, die Kurse gaben nach und der Schluß war träge. Der Umfaß der Aktien betrug 288 000 Stü.

Weizen eröffnete sehr fest und nahm infolge von strammen Kabelberihten und vorliegenden Kaufordres steigende Tendenz an. Die hierauf folgenden Verkäufe gaben Anlaß zur Reaktion, der aber bald wieder eine Steigerung folgte. Schluß fest. Mais anfangs feft, stieg im weiteren Verlauf infolge von Deckungen der Baisfiers, verlor aber die Besserung wieder, nahdem größere Verkäufe stattfanden uud Berichte über für die Aussaat gnstges Wetter eingelaufen E. Sc{ließlich trat aber wieder Erholung ein und der Schluß war fest.

Waarenbericht. Baumwolle-Preis in New-York 61/16, do. in New-Orleane 65/16. Petroleum Stand. white in NewzYork 10,00, do. in Philadelphia 9,95, do. rohes 9,590, do. Pipe line cert. p. Mai 205 nom., Schmalz West. steam 7,12, do. Rohe & Brothers 7,40, Mais pr. Mai 52#, do. pr. Juli 524, pr. September 525. Nother Winterweizen 67}, do. Weizen pr. April —, do. pr. Mai 64#, do. pr. Juli 654, do. pr. Dezember 68, Getreidefraht nah Liverpool 13, Kaffee fair Rio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 pr. Mai 13,85, do. do. pr. Juli 14,20. Mehl, Spring Wheat clears 2,70, Zucker 211/16, Kupfer 9,70. /

__ Chicago, 24. April. (W. T. B.) Weizen stieg nah Er- öffnung infolge strammer Kabelberichte, ging dann anläglich der Ver- käufe der Haussiers und der langsihtigen Termine im rthe zurück. Später wurde der Verluft infolge guter Plaßnachfrage wieder aus- geglihen. Schluß fest. Mais anfangs fest erfuhr nah vorüber- géhender Reaktion auf Verkäufe eine Aufbesserung. Der Markt wurde durch die Fluktuationen in Weizen beherrscht.

Weizen pr. Mai 593, pr. Juli 615. Mais pr. Mai 473, Speck short clear nomin. Pork pr. April 12,17.