dot kleinliche Ranguntershiede. Wenn Hilfskräfte entlassen werden, müßten mindestens die unverheirateten den verheirateten vorangehen. Es muß darauf gesehen werden, daß die Leute, die im Marinedienst tehen, vor materiellen Sorgen geshüßt werden. Der Staatssekretär erief sih darauf, daß die Arbeiter zufrieden seien, und führte zum Beweis den Fadelzug in Kiel zu Chren des Kaisers an. Es hat dort ein Kaisergeburtstagsessen auf Abschlagszahluag \tattaefunden. Es ift den Herren gestattet worden, den Betrag in drei Naten zu ahlen. Keine Marine der Welt hat 1m leßten Jahre fo viele Menschen burch Unfälle verloren wie Deutsland. Zwei Unfälle sind Torpedounfälle. Es “ift nicht festgestellt worden, ob die Betei- ligten {uld waren. Aber von einem der Unfälle bin ich geneigt anzunehmen, daß er auf das Konto eines übertriebenen militärischen Schneids zurüzuführen ist. Solche tollkühnen Manöver in der Nacht, wie sie hier veranstaltet wurden, sind stets mit Gefahren ver- bundên. Bezüglich der \{reckliden Unfälle des L 1 und L 2 itellt’ die Marineverwaltung jede Schuld in Abrede. Mindestens « 1 war ein Fahrzeug, das nit widerstandsfähig genug gewesen ist. Es ist irrig, daß Luftschiffe über dem Meere weniger Gefahren ausgeseßt sind. L 2 ift zugrunde gegangen, weil man zu rasch für Kriegszwecke ein Fahrzeug baben wollte. Daß sich Unfälle nit vermeiden lassen, ift ein \{lechter Trost. Diejenigen, die si diesen Gefahren ausfeßen, müssen aber mindestens das Gefühl haben, daß die Hinterbliebenen vor dem Betteln geschüßt sind. Die Sammlung für -die Hinterbliebenen - der beiden Luftschiffe hat die blamable Summe von 7847 X ergeben, ein solcher blamabler Bettel darf sich nicht wiederholen; es müssen hinreichende Mittel in den Etat einge- stellt werden. . Das Problem der Rüstungslieferungen wird troß der Auseinanderseßungen von früber den Reichstag noch öófter beschäftigen müssen. Bermerkenswert ist, daß die Preise erhöht werden. Cin Kartell ist ja nicht zustande gekommen. Aber es wird fortgeseßt versucht, das Reich zu prellen. Das beweist ein geheimer Marine- verstandigungsfonzern in Dortmund. Wenn eine Werft Schiffs- baumaterial gebraucht und \ich an verschiedene Werke wendet, dann lassen die Werke an die Geschäftsstelle einen Geschäftszettel gelangen, und es erfolgt eine Verständigung zwischen den Werken. Jedes Werk, das eine Bestellung erhält, muß vom Fakturenbetrag 10 % an die geheime Geschäftsstelle abliefern. Die vollzogene Lieferung ist an die geheime Stelle zu melden. Nach Abzug der Geschäftsunkosten wird der Uebershuß jenes Betrages an die übrigen Werke verteilt. Was soll gegen solche Praktiken geschehen oder was ift schon geschehen? Die Regierung darf uns nicht auf die geheimen Verhandlungen der Nüstungskommission vertrösten, sondern muß sih öffentlih dagegen äußern. Jch frage den Staatssekretär: Welches sind die Beziehungen des Kruppagenten Brandt zum Marineamt gewesen? Ganz neben- fächlih können sie niht gewesen sein. Vor Gericht ist man darüber hinweggegangen; es ift feine Klarheit geschaffen worden. Das Schmiergelderunwesen hat ja der Magdeburger Prozeß recht anschau- lich beleuhtet. Das Wettrüsten dauert fort, und zwar in Form einer starken Steigerung aller Ausgaben: denn die Ausgaben sind in allen Zeilen des Marinebudgets von Jahr zu Jahr immer mehr gestiegen. Man muß deshalb darüber Betrachtungen anstellen, wie dieser zum finanziellen Nuin der Völker führenden Erscheinung entgegengetreten werden kann, sei es, indem man zu einer Verständigung über die Flottenstärke zwischen den beteiligten Ländern fommt, oder indem man die Gegensäße zwischen den Völkern au verringern suht. Das muß selbstverständlich auf das äußerste ers{hwert werden, wenn immer wieder gewissenlos von bochstehenden Personen gehebßt und geschürt witd und auf das unabwendbare- Eintreten eines Krieges immer bingewiesen wird. In dem Augenblick als Deutschland sih an- schickte, mit Frankreich und England das Abkommen über Kleinasien zu treffen, führte der General Bernhardi aus, daß ein Krieg unver- meidlih sei bei der undefinierbaren Spannung zwischen den euro- päischen Völkern. Aber man sollte niht nur den Rüstungsinter- essentén auf die Finger flopfen, man sollte auch einer gewissen Presse das Handwerk legen. Ein Schriftsteller Adolf Stein ist unmittelbar nach Erscheinen einer heberishen Broschüre zu einer Flottenübung eingeladen worden, der sfonst fein Fremder beiwohnen. darf. Das muß geradezu als eine Belohnung angesehen werden. Hoffentlich aibt hierüber der Staatssekretär nähere Auskunft; das Treiben der MNüstungsinteressenten ist. ja erst kürzlich wieder dur den Putilow- skändal ‘ans Licht gekommen. Dabei kommt das Nustungskapital natürli auf feine Kosten, aber das deutsche Volk wird die Zeche zu bézahlen haben. Baut Nußland seine Ostseeflotte aus, so wird unser Flottenverein den Deutschen wieder Élarzumachen versuchen, daß au bei uns eine Flottenvermehrung notwendig sei. Man hat dafür ge- sorgt, daß die Putilowwerke wieder flott gemacht werden konnten. Man hatte gesagt, sie sollten an S verkauft werden. Das MNesultat war, daß diese Werke 50 Millionen Frank französisches Geld erhielten. Zwischen den Putilowwerken und der Firma Blohm u. Voß“ sollen recht enge geschäftliche Beziehungen bestehen, die Putilowwerke hängen wieder mit den österreichischen Skodawerken zusammen, und diese wieder mit den Werken in ¿xiume. Die russi- schèn Werke in Reval werden von deutschen Firmen geschaffen und mit deutschem Kapital leistunasfähig gemacht. Man will ih dadurch ein Gegengewicht schaffen. Dieser Zustand findet selbstverständlich darin keine Entschuldigung, daß es die englischen Firmen ebenso machen, indem sie für Jtalien Miesenschiffe bauen. Üeber ein Ab- tommen mit England hat si der Staatssekretär am 4, Februar, als er die Flottenstärke Englands zu Deutschland darlegte, mit recht lauwarmen Worten geäußert. Leider ist dem englischen Ver» ständigungsvorschlag nicht eine diplomatische Berständigungsaktion gefolgt. Das Verhalten der deutshen Diplomatie soll England von einem direkten Vorschlage abgehalten haben. Hat man doch bei uns immer wieder betont, daß auf der Durchführung des Flottengeseßes bestanden werden müsse. Darauf hat auch Sir Cdward Grey in einer Nede in Manchester hingewiesen. Man stellt sih gegenseitig auf den Standpunkt: Hannemann, geh du voran! Der Staatssekretär sagte, England müsse den ersten Schritt tun, da es besser gerüstet sei als wir. Das ist, soweit die Schiffszahl in Betracht kommt, richtig, aber mit Bezug auf die anderen Nichtungen fals. Es muß auch das Heer berücksihtigt werden. Der Vorschlag eines sfogenannten Flottenfeierjahres hat in England nit sehr viel, in Deuts{land gar feine Gegenliebe gefunden: bei der deutschen Negterung fand er überhaupt keinen Anklang. Der Staats\ekretär bat ihn als salich ungeeignet bezeihnet. Gewiß würde es schwierig sein, si über dieses Flottenfeierjahr zu verständigen, aber diese Schwierigkeiten würden zu überwinden fein. Die Argumentation des Staatssekretärs, daß Deutschland seine Nüstunasausgaben viel langsamer gesteigert habe als andere Länder, is nah keiner Richtung hin als beweisfräftig anzusehen. Richtig ist, daß seit 1909 die Ausgahen für die deute Flotte langsamer gestiegen sind als die englischen. Legt man aber andere Jahre zugrunde, so kommt man zu ganz anderen Zahlen. Der Staatssekretär hat sih ein besonders günstiges Jahr herausgesucht. Man kann deutsche und englishe Heer- und Flottenausgaben über- haupt nicht vergleichen, weil, abgesehen von der Verpflegung, die übrigen Kosten für die Mannschaften in England erheblich höher sind als in Deutschland. Der Staatssekretär hat gesagt, daß wir jährlich zwei Liniénschiffe bauen, mehr sei au nicht beabsichtigt. Man ver- mutet nun, daß die Oeffentlichkeit auf eine neue Flottenvorlage vor- bereitet werden foll. Eine sol{e würde etnen unberechenbaren poli- tischen Schaden verursachen, die guten Beziéhungenw zu England ver- nichten und ein Wettrüsten hervorrufen. Weni man bedenkt, was der Großadmiral Köster als Mindestmaß von großen Schlachtkreujern jährli verlangt, so kann man einë solche néue Flottenvorlage nit als unwahrsheinlih bezeihnen. Die Abneigung gegen weitere Rüstungen und der Wunsch, zu einer Verständigung mit England zu gelangen, findet immer mehr Anklang in Kreisen, die man früher solhér vernünftigen Ideen nicht für fähig gehalten hätte. Jch ver- weise auf einen Artikel des Professors Schumann in der „Kreuz- geitung“ über ein deutsh-englishes Bündnis. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts sprach in der Kommission von unseren Kolo- nialverhandlüngen mit England. Das deute Volk will lieber cin deuts{-englisches Bündnis über die Abrüstung. Wenn allerdings die Führer der bürgerlihen Patteien solche imperialistishen Bestrebüngen
an den Tag legen, wie wir es wiederholt erlebt haben, dann kann fein Vertrauen bei den anderen Staaten auffommen. Es ift auch ar nit einzusehen, warum nit bei einigem guten Willen der be- siebente Gegensaß zwischen Deutschland und Frankreih nicht ge- mildert und bezeitigt werden fönnte.* ¿Man nenne unsere Bestrebungen nicht utopish. Selbst das englische Bürgerküum empfindet die Militär- lasten shwer, und es ist gar nicht aussichtslos, daß wir zu ‘einer Ver- ständigung mit England gelangen. Diese würde allen Völkern zum Segen gereichen.
Staatssekretär von. Tirpißt:
Meine Herren! Einige der Ausführungen des Herrn Vorredners veranlassen mich zu einer sofortigen Antwort. Zunächst möchte ih dem Herrn Referenten auf seine Anregung, daß wir bei den Lieferungen auch die süddeutshen Firmen nah Möglichkeit berüdsichtigen sollten, erwidern, daß die Marine durchaus auf demselben Standpunkt steht. Die Marine is eine Reichsmarine: es- gibt bei uns keine Stämme Deutschlands, sondern ‘es gibt nur Deutsäx. Diesen Standpunkt ver- treten wir auch im Auslande; wir erweitern ihn sogar ganz unwill- kürlich über das deutshe Reich hinaus, insofern als sich Angehörige einer ganzen Reihe uns verroandter Staaten, wie die Schweiz, Oester» reih usw., häufig unter unseren Schutz begeben. Aus diesem grund- säßlichen Standpunkt der Marine folgt von selbst, daß ich bestrebt bin, die Vergebung von Lieferungen möglichst gleihmäßig über das ganze Neich zu verteilen, Natürlich läßt sich das nicht absolut genau machen, da ja manche Industrie, im besonderen die Schwerindustrie an einer Stelle konzentriert ist.
des Reichsmarineamts, Großadmiral
Aber wir bemühen uns in dem erstrebten Sinne, und wir haben kürzlich erst Erperten nah Süddeutschland geschickt, die mit den Handelskammern und Gewerbekammern in Ver- bindung treten sollen, um eine stärkere Beteiligung der süddeutschen Firmen herbeizuführen. Jch hoffe, daß eine stärkere Beteiligung der süddeutschen Staaten dabei herauskommen wird. Die Wünsche, die uns von den Handelskammern bezügli Proben, Veröffentlichungen usw. geäußert worden sind, werden zunächst erfüllt werden. (Bravo!) Wir werden weiter versuchen, ob wir bei den Submissionen die verschiedenen EGisenbahnkosten berücksihtigen können. Die Herren mögen versichert sein, in Süddeutschland, oder wo immer es im Deutschen Reiche ist, daß wir es an Bemühungen nach dieser Nichtung hin nicht fehlen lassen werden.
Ich möchte nun auf die Ausführungen des Herrn Abg. Noske eingehen. Er hat zunächst gesagt, daß die Vorgeseßten verhältnismäßig milde bestraft würden und die Gemeinen sehr hart, zu hart. Jch muß dem entschieden widersprechen. (Dho! bei den Soz.) Wir verfahren nah dem Strafgeseßbuh. Bei den Fallen, die der Herr Abg. Noske angeführt hat, handelt es sih um tätliche Angriffe gegen Borgeseßte, und das ist ein schweres militärishes Verbrechen und ein \{werer Ver- stoß gegen jede militärische Disziplin.
Er hat ferner davon gesprochen, daß die Stimmung auf einzelnen Schiffen der Flotte in diesem Sommer sehr \{chlecht gewesen wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Der Dienst in der Marine ist freilich hart, das ist klar; er ist aber für den Mann ganz gewiß nicht härter als für den Offizier; denn der Mann dient drei Jahre bei uns, der Offizier muß durchhalten. Also in dieser Beziehung besteht nicht nur Gleichheit, sondern die Offiziere und die Verufssoldaten sind fehr viel stärker belastet. Dann widerspricht die Statistik der Behauptung des Herrn Abg. Noske, daß die Strafen für Mißhandlungen zugenommen hätten. Tatsächlich haben die Mißhandlungen abgenommen. Im Jahre 1909 kamen auf 10000 Mann 3,9 Falle und im Jahre 1912 kamen auf 10 000 Mann 3,4 Fälle. (Hört, hört! rets.) Was können gegen diese Zahlen die Behauptungen des Herrn Abg. Noske besagen, die er gar nicht belegt hat?
Herr Abg. Noske hat dann einen Fall aus Kiel angeführt. Beim Vesuh Seiner Majestät des Kaisers hätten Unteroffiziersfrauen die Fenster geöffnet, um Seine Majestät zu sehen, und seien die Männer tieserhalb bestraft worden. Die Sache liegt so: Es besteht ein Ka- sernenbefehl, wonach die Fenster bei solhen Gelegenheiten nit auf- gemacht werden follen. Weil dagegen in den Wohnungen der Unter- offiziere verstoßen worden war, sind die leßteren bestraft worden. (Zurufe bei den Soz.: Na also!) — Wollen Sie gütigst abwarten. was ih weiter zu sagen habe. Nachdem diese Bestrafung stattgefunden latte, ist sie zur Kenntnis Seiner Majestät gekommen, und Seine Majestät haben die Strafen aufgehoben. (Hört, hört! rechts.) Der betreffende Vorgeseßte mußte zunächst seinen Vorschriften gemäß handeln.
Dann hat Herr Abg. Noske von gefährlichen Torpedobootsmanö- bern gesprochen. Gewiß: Nachtmanöver der Torpedoboote sind nicht obne Gefahr. Jch kenne sie reihlich persönlich und kann Ihnen sagen, daß ih immer am Morgen sehr zufrieden war, wenn ih alle Küken wieder zusammenhattc. Aber dergleichen läßt sih niht vermeiden. Daß häufig Gefahren eingeschränkt werden können, ist zuzugeben. Aber da kann ih mitteilen, daß nach den leßten Vorgängen alles, was möglich ist, geschehen ist, um irgend vermeidbare Gefahren auszuschal- ten. Ganz aushalten läßt si das nicht, auch bei anderen Marinen nit, und wenn sie etwa bei anderen Marinen wirkli ganz ausge- schaltet wären, und die Manöver so angelegt würden, daß dergleichen überhaupt nicht vorkommen kann, dann bezweifle ih, ob in der be- treffenden Marine das Torpedobootswesen im Kriege die Leistungs- fähigkeit haben kann, die das unsere jedenfalls haben wird.
Ferner hat der Herr Abg. Noske gesagt, wir hätten den „L 1“ zu frühzeitig nah Helgoland geschickt; die Leute wären nicht ausge- bildet gewesen. Das ist durchaus niht rihtig. Wir haben ja den vallevon „L 1° kriegsgerichtlih genau untersuchen können, da zwei Offiziere, die als Schüler mit an Bord waren, und auch einige Mann- schaften gerettet worden sind. Diese Untersuchung hat ergeben, daß in jeder Beziehung vorsichtig und korrekt verfahren worden ist. Der Kommandant — ih bin ja selber mit ihm gefahren und kann das auf Grund persönlichen Urteils sagen — war ein ausgezeihneter und geübter Luftfahrèr; aber er ist in eine Wetterkatastrophe hineinge- raten, wie sie zu den größten Ausnahmen gehört. Nachdem von allen Seiten telegraphiert war, daß barometrische Störungen nit vorhan- den und nur leihte Winde zu: erwarten wären, ist die Fahrt ange- treten worden. Mit einem Male seßte eine {were Bö ein, von der mir die Herren, die auf den Schiffen waren, gesagt haben, sie hätten selten, wenn überhaupt jemals in ihrem Leben, eine solhe Bö erlebt. Das waren die Tatsachen, Jch habe ja in der Budgetkommission längere Ausführungen gemacht, ¡die im Plenum zu wiederholen zu weit führen würden; jedenfalls glaube ich, daß wir allmählich auch bezüglich der Wetterbeobahtungen noch etwas weiter kommen werden. Jm übrigen kann ih nur wiederholen, daß es sih hier um eine force
majeure gehandelt hat, um eine Wetterkatastrophe, die in Peiner Weise zu erwarten war.
Was das zweite Unglü betrifft, so hat der Herr Abg. Noske ges meint, wir wären mit dem Bau des „L 2“ zu rasch vorgegangen, d. ß, wir hätten ihn zu rasch vergrößert. Das ist doch der Sinn dessen, was der Abgeordnete sagte. Auf der einen Seite behauptet der Herr Abgeordnete Noske, das Schiff „L 1“ wäre nit leistukgsfähig genug gewesen, um in die Nordsee geshickt zu werden, und auf der anderen Seite wirft er der Marineverwaltung bor, daß sie gerade das getan hat, was die Fähigkeit zur Verwendung in der Nordsee erbeblih ver- bessert. (Abg. -Noske: Jch habe von Konstruktionsfehlern ge- sprochen!) Bezüglich der Konstruktionsfebler kann id nur sagen, daß diejenigen, die speziell diese Konstruktion ausgeführt haben, jg leider tot sind und sih hier nit selber verteidigen können. Wir haben jedenfalls aufs strickteste darauf geachtet, nie etwas anzuordnen, was nicht auch die Zeppelingesellschaft gebilligt hat, und die offiziellen Erklärungen, die von mir über den Unglüdsfgll des „L 2" an die „Norddeutsche Allgemeine“ gegeben worden find, sind zusammen mit der Zeppelingesellschaft aufgestellt worden. Gewiß sind auch Kon- struktionsfehler vorgekommen, die si vielleicht in Zukunft werden vermeiden lassen, das ist richtig; aber ih wiederhole, wir haben immer auf dem Boden gestanden, nichts von der Zeppelingesellshaft zu ver- langen, was sie niht auch ihrerseits annimmt. Daß sich bei derartigen neuen technischen Errungenschaften, wie es Luftschiffe sind, Gefahren berausbilden, die feiner in dem Augenblick der Konstruktion erwartet — au der besten Konstruktionen niht —, ist selbstverständlich. Zwei- felsohne war unser Ingenieur, den i drei Jahre lang zur Ausbildung nach der Zeppelingesellshaft geshickt hatte, eine ganz hervorragende technische Kraft. Auf ihn allein könnte eine etwaige Schuld fallen, und deshalb fühle ih mich verpflichtet, gerade in Nücksicht auf diese Persönlichkeit dafür einzutreten und festzustellen, daß das Beste ge= macht worden ist, was wir überhaupt machen fonnten. (Bravo!) Dann hat der Herr Abgeordnete Nosfe davon gesprochen, daß es doch nicht in der Ordnung wäre, daß die bei derartigen Katastrophen Vera unglückten auf private Mildtätigkeit angewiesen seien. Meine Herren, davon fann gar keine Rede sein; denn die verunglückten Witwen, Waisen, Eltern und sonstigen Angehörigen bekommen ohne weiteres die höchste Pension, die es im Pensionsgeseß gibt, nämlich die Kriegs- penfion. (Sehr richtig!) Der Staat hat also alles getan, was er kann, oder er müßte ein neues Pensionsgeseß für den Krieg machen. Nach der Nichtung hin ist es also gar nicht mögli, mehr zu tun, als geschehen ist.
Was die freiwillige Hilfe anbetrifft, so war die Höhe der Summe, die der Herr Abgeordnete Noske angeführt hat, do nicht ganz richtig. Ich habe am zweiten Tage schon im Neichsmarineamt 18 000 4 frei- willige Beiträge in der Hand gehabt und nach dem, was ic über die private Wohltätigkeit, die für die Luftschiffer eingeseßt hat, gehört habe, sind 40 000 4 zusammen gekommen. Es sind also immerhin rund gerechnet 60 000 # gewesen, Andererseits hat es sih do au nur um eine verhältnismäßig kleine Zabl von Personen gehandelt.
Der Herr Abgeordnete Noske hat mich ferner gefragt, inwiefern die Marine mit dem Kruppprozeß zu tun gehabt hâtte, inwieweit sie bei den Unregelmäßigkeiten beteiligt wäre, die bezüglich einiger unter- geordneter Organe zutage gekommen sind. Darauf habe ih zu er- widern, daß wir sofort, als diese Unregelmäßigkeiten bekannt wurden, eine eingehende Untersuchung eingeleitet haben. Da ist festgestellt worden, daß in der Marine weder ein Fall des Verrats militärischer Geheimnisse, noch irgendein Fall von Bestehung oder Ungehorsam gegen einen Befehl in Dienstsachen gelegentlich der Tätigkeit des Herrn Brandt vorgekommen ist. “Das Einzige, was festgestellt it — das habe ich {on in der Budgetkommission mitgeteilt — ist, daß einige Kanzleidiener Trinkgelder bis zu. ganzen 3 M be- fommen haben (Hört, Hört! und Heiterkeit rechts) dafür, daß sie die Nölke und Schirme der betreffenden Herren getragen haben. Seien wir doch froh, daß wir ein solh einwandfreies Beamtenpersonal haben (Sehr richtig!), und bewerfen wir es niht immer mit Verdächti- gungen! (Erneute Zustimmung.) Es ist doh ganz unbestreitbar richtig, daß unser Personal in allen seinen Schichten integer ist. Wenn sih wirkli einmal ein \{lecht besoldeter, kleiner Beamter findet, der sich einen Vorteil zu verschaffen sucht, der nicht in der Ordnung ist, so sind das in Wirklichkeit doch Bagatellen! (Lebhafte Zustimmung.) Werfen Sie doch nur einmal einen Bli auf das Ausland; ih will gar nit auf spezielle Fälle da hinweisen. (Abgeordneter Noske: Ich habe Teinen Vorwurf erhoben!) Der Vollständigkeit wegen will ih noch sagen, daß gegen zwei mittlere Beamte des Neichsmarineamts noch ein Disziplinarverfahren \{chwebt. Aber es handelt sih auc hier weder um eine Verleßung der Dienstpflicht, noch um irgendeine Bestechung, sondern hödstens vielleiht um eine nit genügende Wahrung der Diskretion. Sie haben vielleicht unvorsichtig gesprochen, aber auch das ist noch nicht festgestellt. Das sind unsere Beziehungen zu den ganzen Vorgängen, die der Kruppprozeß aufgerollt hat.
Was die Magdeburger Schmiergelderangelegenheit anbetrifft, so ist diese von uns dem Staatsanwalt übergeben worden, Weiter können wir zurzeit nihts tun.
Dann hat der Herr Abgeordnete Noske von dem Siemens-Martin- Stahlwerkkonzern gesprochen. Die Sache verhält si so, daß tatsäch- lich zehn Konzernfirmen existieren und 7 außerhalb des Konzerns stehen. Ich habe die Zahlen der Vergebung an die Firmen vom Jahre 1912 hier. Danach sind an die Kor zernfirmen für 200 000 A vergeben worden und an die anderen Nichtkonzernfirmen für 78 000 (4. Ein Ning, der die Preise diktiert, ist in diesem Falle noch nit vorhanden. (Zuruf von den Soz.: Noch nicht!) — Nicht vorhanden.
Der Herr Abg. Noske hat dann von den Offizieren a. D. ge- sprochen, die als Vertreter von Firmen tätig sind, und er hat mih aufgefordert, meine Stellungnahme, die ih in der Budgetkommission dazu eingenommen habe, hier zu wiederholen. Da kann ih nur konsta- tieren, daß irgend einé Beeinflussung im Reichsmarineamt von seiten solher Firmen durch solche Offiziere a. D. meines Wissens — und ih habe auch meine Herren durhgefragt — niemals stattgefunden hat. Das halte ih auch für gänzlich ausgeschlossen, das ist eigentlich selbst- verständlih. Es wird solchen Firmen, die als Vertreter ehemalige Marineoffiziere haben, ganz gewiß keine Bevorzugung im Marineamk gegeben. Darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren; das ist Gott sei Dank bei uns selbstverständlich. (Sehr richtig! rechts.) Im übrigen möchte ih aber doc betonen, daß alle Offiziere, die verabschiedet sind, die von einer färglichen Pension leben und Kinder haben, meiner Unter- stüßung sicher sein können, wenn sie sich sonst irgendwie gewerblih und kaufmännish weiter betätigen wollen, um so ihre Pension zu ver-
bessern und ihren Kindern eine gute Erziehung zu geben. (Bravo!) Das
halte ih ebenso für meine Pflicht und werde es ganz bestimmt tun.
Der Herr Vorredner hat eine Reibe von Auslassungen in der Presse erwähnt, die teilweise von früheren Offizieren, teilweise von anderen Herren geschrieben sind und die gewissermaßen einen Krieg poraussagen. Jch meine, daß der Herr Vorredner diese Auslassungen doh wirklich zu hoh einshäßt. Die Entscheidung über diese Frage wird ganz sicher niemals von einzelnen Artikeln irgendwie beeinflußt. Sehen Sie sih einmal die ausländische Presse an. Da wimmelt es- in ganz anderer Weise von solchen Artikeln. Was bei uns in dieser Be- ziehung geleistet wird, ist vershwindend gegenüber dem, was im Aus- lande geschieht.
Dann hat der Herr Abg. Noske von den Putilowwerken gesprochen. Er ist darüber besser orientiert als ih und hat eine ganz gute Er- klärung für die Vorkommnisse dort abgegeben.
Ferner hat Herr Noske davon gesprochen, daß deutsche Firmen für Nußland bauen. Ja, Nußland will sih eine Flotte \chaffen. Wenn unsere Firmen der Bau ablehnen, wird sie eben von anderen gebaut.
(Sehr gut!) Wir bemühen uns ja gerade, für unsere Privatindustrie Arbeit zu schaffen. Und Herr Noske ist auch nit so sehr böse gewesen gegen die Entsendung eines Marineattahés nah Buenos Aires, wenn ih ihn richtig verstanden habe. Es ist doch nit zweckmäßig, wenn irgend ein anderes Land — ih will es gar nit mit Namen nennen — das Monopol für Kriegs\chiffbau erhält. (Sehr richtig!) Im Gegen- teil. Also den Vorwurf, daß unsere Firmen unpatriotisch handelten, kann ih nit anerkennen.
Der Herr Abg. Noske hat ferner die Zahlen bemängelt, die i in der Budgetkommission bezüglich der Gtatssteigerungen genannt habe. Gr hat andere Zahlengruppierungen verglichen, die für ung ungünstigere Steigerungen ergeben. Jch bitte aber dabei folgendes zu
berücksihtigen: Wir haben vor 15 Jahren praktish überhaupt keine Flotte gehabt, die wenigen Schiffe, die wir besaßen, waren veraltet. y
Daß wir 1n den ersten Jahren bei Ausführung des ¿Flottengeseßes, nachdem die verbündeten Regierungen das hohe Haus und unser Volk in der überwiegenden Mehrheit \ich ents{lossen hatten, ein gewisse2 Maß von Seemacht sih anzuschaffen, von dem Null, auf dem wir standen, ausgerehnet, zunächst einen hohen Steigerungsprozentsaß hatten, das ist ja selbstverständlih. Das, was ih über die Steigerung ausgesprochen habe, bezog sich auf das Verhältnis dieserzu der Abrüstungs- frage. Diese Frage is ja in der Tat erst seit fünf Jahren akut ge- worden, und für die Stellung der Staaten zu dieser Frage geben die Zahlen, die ih genannt habe — und das habe ih auch in der Budget- kommission ausdrüdlih erklärt —, ein fehr gutes Bild. Jch habe gesagt: „Die Frage der Nüstungsbeschränkungen ist erst in den lebten fünf Jahren in den Vordergrund getreten, und dafür, wie sich die Nationen heute zu dieser Frage stellen, geben die Zahlen der Nustungssteigerung in den leßten fünf Jahren allerdings ein sehr gutes Bild.“ Es ist eben die erhebliche Größe der Nüstungss\teigerung auf der andern Seite seit fünf Jahren gegenüber der unsrigen, welche ein Stimmungsbild für diese Frage überhaupt abgibt.
Dann hat der Herr Abg. Nosfe, obglei er auf meine Erklärung in der Budgetkommission hingewiesen hat, gefragt, ob wir beabsich- tigten, die Zahl der Schiffe über das &lottengeseß hinaus zu ver- mehren. Ich habe dazu ganz präzis — die Herren werden mich ver- standen haben — in der Kommission erklärt, daß wir beabsichtigten ncht mehr als zwei Linienschiffe pro Jahr aufzulegen und daß wir femer — das kann ih hinzufügen — beabsichtigen, au bezüglich der großen Kreuzer die Zahl des Flottengeseßes nicht zu überschreiten.
Nun hat der Herr Abg. Noske sich darüber beschwert, daß wir gewisse Schriftsteller an Bord genommen und ihnen die geheimsten Manöver gezeigt hätten. Meine Herren, ih möchte do den Schrift- steller sehen, der unsere geheimsten Manöver fahmännisch{ beurteilen kann! (Heiterkeit.) Jm übrigen ist es eine alte gute Gewohnheit der Marineverwaltung gewesen, die Flotte, ihre Einrichtungen und den Dienst auf derselben soweit wie möglih unserm Volk zugänglich zu machen, und zu diesem Zweck haben wir Vertreter aller bürgerlichen Parteien, auch Schriftsteller, eingeladen und haben ihnen die Flotte gezeigt. Jch glaube, das hohe Haus wird genügend darüber orientiert sein, um dieser meiner Behauptung zustimmen zu können. . (Sehr richtig! rechts.) Meiner Ansicht nah ist es durchaus wünschenswert, daß unser Volk die Flotte kennen lernt. Man kann die Armee ichen, in jeder Stadt und in jeder Gegend, auf dem Grerzierplaß und im Manöver, man kann aber nit die Flotte sehen, und da wir sie nicht den vielen Millionen unseres Volkes zeigen konnen, müssen wir uns mit einzelnen Vertretern begnügen. Tausende von Söhnen unseres Volkes gehen dur die Flotte. Wir werden alles tun, um das Gefühl der Neichszusammengehörigkeit dur unsere Flotte in jeder Beziehung zu stärken. Dafür sind derartige Besuche in hohem Maße nüßlich gewesen, und ih werde auch in Zukunft daran fest- halten. (Lebhaftes Bravo!)
Abg., G rzberger (Zentr.): An eine Verminderung des Soll- bestandes ist nicht zu denken. Die beste Nechtfertigung für die Vurchführung unseres Flottengesebes bilden unsere politischen Be- atichungen zu England. Wir legen den größten Wert darauf, daß wir mit England in einem friedlichen Verhältnisse stehen; ob es ader richtig ist, zur Erzielung eines solchen Verhältnisses die Frage der Abrüstung zu erörtern, erscheint mir jehr aweifelhaft. Das kann nur der Anfang eines Zwistes sein. __Man verständigt sich leichter über etwas was man nit hat, als übér etwas, was man eventuell abtreten soll. Bezüglich einer Verständigung zwischen Deutschland und Gngland bin ih etwas mißtrauisch. Mein Mißtrauen ist dur die Verhandlungen in der Kommission noch gewachsen. Eine Ver- ltändigung um den Preis der deutschen Seewehr kann es nicht geben, und zwar aus deuts-nationalen Gründen. Eine Verzichtleistung auf dle nolwendige Seekraft würde den Nuin der deutschen Weltmacht bedeuten, wäre eine Bankerotterklärung der siebzehnjährigen Flotten- politik. Es ift falsch, wenn gesagt wird, daß Deutschland das ei ot: U » 5 Nüstungsfteber hervorgerufen hätte. England it es gewesen, das Deutschland zu seiner Flottenpolitif getrieben hat. Deutschland ist lmmer nur anderen Nationen gefolgt. Wir haben das Verhältnis bon 16 : 10, das von deutsher Seite als afzeptabel bezeihnet wurde, Innegehalten. Gngland hat das nit getan, sondern hat statt 16 Schiffe 25 Swiffe gebaut, wir dagegen nur 10. ‘England hat also das Verhältnis durbbrohen. Bezüglich der Abrüstung muß ein amtliher Vorschlag in offizieller Form an Deutschland gemacht werden. Das ist bisher nicht geshehen. Wir können uns ni&t darauf einlassen, wenn von einzelner Seite alle
paar Monate ein anderes Abrüstungsprogramm aufgestellt wird. Wenn wir an dem ‘Flottengesecßz fésthalten,- dann weiß auch England, auf welcher Basis eine Verständigung möglich ist. Die auswärtige Politik muß vor- otgen gegenüber den Maßnahmen, die jebt in ßland getroffen werden. Daß Nußläands Schwergewicht na der Ostsee verlegt wird, uit nit erfreulid, Die auswärtige Politik muß das Nötige tun.
C
Tatsache is, baß Rußländ si eine große Flotte \{afft, und da be-
|
Aufträge zu erhalten. In Rüftungslieferungen \teden 50 % Ar- beiterlöhne, sollen diese Summen nach Frankrei usw. fließen ? Der leßte Balkankrieg hat uns die Lehre gegeben, daß der Shwache die Beute ‘des Stärkeren wirdz das ist vom christlichen Standpunkte aus zu bedauern, aber es ist eine Tatsache. 1914 werden die Flotten- ausgaben voll von der jeßigen Generation getragen. Ueber neue große Flottengusgaben zerbreche ich mir beute den Kopf nicht. Die Steigerung der lottenausgaben ift eine natürliche Folge des Tief- baues und der Vergrößerung des Deplacements. Bei den Lieferungen von Torpedobooten für Argentinien hat die deutsche Industrie am besten abgeschnitten; im Auslande ist das systematisc totgeschwiegen worden. Die Unglücksfälle in der Marine erfüllen auch uns mit aufrichtiger Trauer. Möge bei den gefährlichen Torpedo- manóövern alles an Gefahr weggelassen werden, was im Ernstfalle an Gefahr sih niht ergibt, selbst wenn mal einige tausend Mark dabei verloren werden. Die Unglüdsfälle bei der jungen Luftschiffahrt haben mit dem starren System nichts zu tun. Für den Unglücksfall bei Helgoland trifft niemand eine Schuld; das möchte ih dem Abg. Noske gegenüber bemerken. Œs haben da böbere Naturgewalten eingegriffen. Die Wünsche der Marineverwaltung und der Konstrukteure werden wahrscheinlich immer auêeinandergehen. Der Marineverwaltung wird es immer nit \chnell genug gehen. Wenn eine Diagonale zwischen beiden Wünschen gezogen wird, fo mag dies etwas mehr zugunsten der Konstrukteure geschehen. Samm- lungen für die Hinterbliebenen folcher Unfälle sollten in der Oeffentlich- Feit nicht mehr veranstaltet wecden; dafür hat das Neich Geld genug. Die Beppelingesellschaft hat ja ihre Angehörigen gegen solche Unglüdsfälle versichert. Das Schiffsmaterial ist gut, aber vor allem fommt es auf den Geist der Besaßung an. Jch muß es dem Abg. Noske entschieden bestreiten, daß in unserer Marine ein Geist der Unzufriedenheit herrsht. Unter fo vielen Leuten wird es immer Unzufriedene geben, aber das soll auch in der sozialdemokratischen Fraktion vorkommen. Ss ist doch eine recht harte Arbeit. die die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften in der Marine zu leisten haben. Bon Komfort und Luxus kann man da nicht sprechen. Möge nur der Staatssekretär dafür forgen, daß keine Marinegarde entsteht. Bisher ift zu dieser Befürchtung kein Anlaß. Die Marine sieht sih ihre Leute nur auf ihre Fähigkeiten an, und es finden in ihr Personen Aufnahme, die im Landheere wegen ihrer Herkunft keine Aufnahme finden. Die Marine ist eben deuts, das Heer preußisch. Cine Erklusivität besteht in der deutschen Marine nicht. Daraus erklärt sich die große Popula- rität der deutschen Marine. Es ift nit richtig, daß in der deutschen Marine ein großer Mangel an Unteroffizieren besteht. Freilih muß alles geschehen, um uns eine genügende Zahl von Unteroffizieren zu sichern und zu erhalten. Zu diesem Zweck sollten mehr als bisher fisfalishe Wohnungen für die Unteroffiziere gebaut werden. Dann müßte auch für eine bessere Zibilverforgung gesorgt werden und hier müßte vor allem der Staatssekretär selb die Initiative ergreifen. Unjere Marine hat im Auslande überall dem deutschen Namen Ehre gemacht. Unsere Matrosen und Offiziere haben namentlich in Skutari durch ihr ganzes Auftreten einen vortrefflichen indruck gemacht. Um so bedauerlicher is es, daß in den Besuch unserer Schiffe in
Manila eine Publikation des amerikanishen Admirals Dewey ge-
fallen ist, die das größte Befremden erregen mußte und tendenziöse Angriffe gegen deutshe VDffiziere enthielt. Ueber die Schmiergelder will ih nicht weiter sprehen. Jedenfalls hat der Fiskus bei den Desl- und Kohlenlieferungen gut abgeschnitten. Die Erklärung des Staats- sekretärs, daß keine ¿Firmen bevorzugt werden, die penstonierte Offiziere als Agenten benußten, ist séhr erfreulih. Noch erfreulicher i\t es, daß er es sih überlegen will, ob er mit Firmen überhaupt verhandeln solle, die 1hm solche früheren [fiziere schiden. Viele Zndustrielle werden ihm dafür dankbar sein, denn ne jeuszen unter den Kosten, die ihnen diese Offiziere verursahen. Nicht minder erfreulich ist die Zusage des Staatssekretärs über eine starkere Heranziehung der süd- deutschen Firmen. Das T: Tee partifularistische esorderung, denn Süddeutschland zahlt ebenso für die Flotte wie Norddeutschland. Der Staatssekretär sollte bei seinen Verträgen mit den Firmen dahin wirken, daß diese auf ihre Arbeiter keinen Wahlterrorismus ausüben, wie es zum Beispiel bei den Dillinger Werken vorgekommen ift, wo die BVeeinflussung sich bis in das Wabhllokal hinein erstreckt hat. Alles in allem, wir betrachten die Flotte als ein Instrument zur Förderung unseres Welthandels und als die beste Friedenvbürgschaft.
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpit: i
Meine Herren! Der Herr Abg. Erzberger hat eine Reibe von
g ô i Anregungen gegeben, denen wir nachgehen werden. Jch möchte nur dabei bemerken, daß er meine erzieherishe Kraft bezüglich der Wahlen übershäßt. Da sind die Landesbehörden diejenigen, die den Ausschlag zu geben haben.
Bezüglich der Bemerkung, die Herr Abg, Erzberger über eine Selbstbiographie des amerikanischen Admirals Dewy machte, daß sie scharfe Angriffe gegen den damals vor Manila kommandierenden deutschen Admiral von Diederichs enthalte, möchte ih anführen, daß Herr Admiral von Diederichs, wie ih von ihm gehört habe, demnächst cine vollständige Veröffentlichung der damaligen Vorgänge beabsichtigt (Bravo!), die, soweit ich über diese Darstellung orientiert bin, mit ab- soluter Deutlichkeit die völlige Korrektheit und Nichtigkeit des Handelns des Admirals von Diederichs und der ihm unterstellten Offiziere er- geben wird. (Bravo!)
Hierauf wird gegen 614 Uhr die Fortseßung der Beratung auf Freitag1 Uhr pünktlich vertagt: vorher kleine Anfragen.
Preußischer Landtag. Herrenhaus. 4. Sißung vom 19. Februar 1914, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Das Präsidium hat auf Grund der ihm erteilten Ermäch- tigung Seiner Majestät dem Kaiser und König zu Allerhöchst- seinem Geburtstage die Glückwünsche des Hauses dargebracht : Seine Majestät haben dieselben gnädigst entgegengenommen.
Den Hinterbliebenen der bei dem Grubenunglück auf Zeche Achenbach bei Dortmund ums Leben gekommenen Berg- leute hat das Präsidium die Teilnahme des Hauses aus- gesprochen. (
Am 30. Januar is das älteste Mitglied des Haujes, von Rexin-Woedtke, der dem Hause seit dessen Konstituierung, also seit 1859, angehörte, im Alter von 92 Jahren verstorben. Das Haus ehrt sein Andenken dur Erheben von den Sißten.
Von den seit dem 10. Januar erfolgten Neuberufungen wird Mitteilung gemacht ; neuberufen sind im ganzen 10 Mit-
lieder. : Darauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein und stimmt zunächst den von der Regierung unter dem 31. Oktober 1913 erlassenen Verordnungen zur Bekämp fung der akuten spinalen Kinderlähmung in den Re- gierungsbezirken Hannover und Wiesbaden in einmaliger Schlußberatung ohne Diskussion zu. N
Es folgt die einmalige Schlußberatung über den Gesegz- entwurf, betreffend die Zuständigkeit der Ge- rihtsschreiber der Amtsgerichte Fur Die öffentlihe Beglaubigung einer Uner 1M:
greife ich nicht, daß deutsche Firmen si niht bemühen sollen, russisde
Der Anirag des Verichterstatters Herrn Dr. Heinroth geht
! Posen
dabin, der Vorlage unverändert die verfassungsmäßige Zu- stimmung zu erteilen. : Nachdem auf Anregung des Herrn Dr. Wilms- ein Kommissar des Justizministers die Er- klärung abgegeben hat, daß für die Beglautigung durch die Gerichtsschreiber dieselben Gebühren wie jezr für die riter- lihe Beglaubigung werden erhobén werden, beschließt das Haus ohne weitere Diskussion nah dem Antrage des Bericht- erstatters. :
Der Gesetzentwurf, betreffend die Dienstver- gehen der Beamtén der Orts-, Land=- und Jnnungskran tenktassen, wird ebenfalls in einmaliger Scchlußberatung erledigt. Der Nefereni Herr Tortilowicz von Batocki-Friebe empfiehlt die Zustimmung zur un- veränderten Vorlage. Das Haus beschließt demgemäß ohne Debatte.
Nunmehr wendet \sih das Haus zu dem Entwurf einer Novelle zumLandesverwaltungsgesez, welcher von der XI. Kommission vorberaten worden ist, und über den ein umfangreicher s{riftlicher Bericht vorliegt.
Der - Meferent Herr pon Svdow- Stolzenfelde führt aus: Die immer wiederholten Anregungen in beiden Häusern des Landtages, eine Voreinfahung und größ-re Einheit- lichkeit der randesverwaltungen * herbeizuführen, haben 1909 zu der Einseßung der Immediatkommission geführt. Das Er- gebnis der Beratung dieser Kommission hat sich zunächst in der Negierungsvologe und in dem Geseyentwourf wegen Aufhebung der Generalfommission in Königsbera niederges{lagen. Es ift eine weitgebende Vereinfachung des Geschäfteganges, eine zweckmäßigere Vert-ilung der Arbeitslaft erreiht, es sollen zur Verbesserung des Instanzenzuges Kammern für Abgabensachen eingerichtet werden : auch eine große Menge von Erleichterungen im Verwaltungsstreitverfahren ist vorgesehen. Auf die Cinzelheiten wird besser bei den einzelnen Paragraphen einzugehen fein.
Minister des Jnnern Dr. von Dallwi ß:
Meine Herren! Aus den Verhandlungen im Jahre 1908 und in den folgenden Jahren, die über die Verwaltungsreform in beiden Häusern des Landtages stattgefunden haben, habe ih ersehen, daß damals die Anschauungen der einzelnen Fraktionen und auch inner- halb der Fraktionen die Meinungen der einzelnen Mitglieder recht weit darüber außeinandergingen, wie nun eigentli die allseitig als wünschenswert bezeichnete Verwaltungs- reform gestaltet werden und welhe Ziele damit an- gesirebt werden sollten. Die einen wollten dte Oberpräsidien kurzer Hand beseitigen und waren bemüht, fie als sahlich übe: flüssige, mehr dekorativen Zwecken dienende Behörden hinzustellen; die anderen wollten zwar die Oberpräsidien beibehalten, aber nuc unter Ueber- weisung des Löwenanteils der Funktionen und Gcschäfte der Negie- rungspräsidenten und der Regterungen. Noch andece wollten den Schwerpunkt der Verwaltungéreform in die Kreisinstanzen verlegt wissen und zu diesem Zweck teils mit, teils obne Abschaffung der Bezirksinstanzen die VLandratéämter zu leinen, bureaukratisch organisfierten Regierungen umgestalten. Und auch font gab es kaum ein Gebiet der Verwaltung, auf dem niht wesentlihe Wandlungen von der Einführung der Schreibmaschine an bis zur Ausübung der wichtigsten Hoheitsrechte von der Durchführung der Verwaltungs- reform erwartet worden wären. Ja, der Reformeifer ging soweit, daß auf einem städtischen Verbandstage die völlige Abschaffung der Landrats- ämter, die Auflösung der Kreisverbände und die Einteilung des platten Landes in gleichmäßig \chematisch einzurihtende Landbürgermeistereien, und zwar für den ganzen Umfang der Monarchie, allen Ernstes vor- geschlagen und auch erhoben worden ist. Meine Herren, wenn nun sonst noch vielfa die tunlichste Loderung, tetlweife gar die völlige Lösung der Beziehungen zwishen den Kommunen und den staatlichen Aufsichtsbehörden verlangt worden ist, so wäre man so allmählih dazu gekommen, einen Zustand zu befürworten, der sicherlich zur Auflösung des Staates in zahlreiße Mikrokosmen und zu Zus ständen geführt hätte, wie fie einmal bereits — und zwar im frühen Mittelalter — in unserem Vaterlande bestanden haben. Gegenüber diesen wohl allzu großzügigen, jeder Nücksihtnahme auf die geschicht- lie Entwicklung und das geshi{tlih Gewordene entbehrenden, auf rein spekulativen Erwägungen beruhenden Bestrebungen mußten allerzings mehr praktise, nüterne Bestrebungen, so zum Beispiel der Wunsh, Zeit, Geld und Kräfie zu sparen, recht nüchtern und fade erscheinen Da war es das Verdienst der Immedtatkommission, daß sie sich von vornberein streng an dite ihr gesteckten Grenzen gehalten hat, daß sie in das Chaos von Wünschen und Theorien, von mehr oder minder unausgereiften Pro- jekten Ordnung gebracht. Sie hat die Wünsche gesihtet und hat fi \{ließlich auf das praktisch Dur(führbare und auf das einfah Nüy- [iche beschränkt. So ist aus der Fülle der Ideen heraus ein Ent- wurf entstanden, der allerdings seltsam nüchtern und trocken anmutet und der sih demzufolge auch bald den Vorwurf ¿ugezogen hat, daß er der Großzügigkeit entbehre, daß er ein Elaborat bureaukrati\ch{- pedantischen Sinnes sei und daß er jede Spur geistigen Schwunges und gentaler Auffassung vermissen lasse.
Meine Herren, mit dieser Kritik wird man sich abfinden müßen und auch abfinden können. J begrüße sie als etn Zeichen dessen, daß der Entwurf im großen ganzen die rechten Bahnen innehält und daß die auf gutem, altbewährtem Grund aufgebauten Neue- rungen und Aenderungen die Gewähr eines maßvollen und vernünftigen, aber auch der allmählich fortschreitenden Entwicklung entsprechenden Fortschritts in sih s{ließen.
Die einzelnen Bestimmungen, meine Herren, ergeben fih aus dem Grundgedanken, die ursprüngliche Einhettlichkeit, Beweg- lihkcit und Wüksamkeit tunlihst wieter herzustellen durch Vereinfahung der inneren Organisation der Behörven im Sinne einer einheitliheren Leitung und eines engeren Zusammen- \{lusses und du1ch Vereinfahung des Verfahrens ter den Verwal» tungsgerihten und den Beslußbehörden unter gleichzeitiger ent- sprehender Umgestaltung der ¿Instanzen und der Nechtémittelzüge. Daß und warum eine Aenderung der bestehenden Dreiteilung des Aufbaues der Verwaltungsstaffel in Kreis-, Bezirks- und Provinzial- behörden niht in Frage kommen konnte, ist in der 11. Kommission, die mit der Durchberatung des Gesetzentwurfs betraut war, etagebend erörtert und dargelegt worden. Jh darf daher wohl vorerst auf den Ihnen vorliegenden schriftlißen Bericht und auf : die- betreffenden Stellen in der allgemeinen Begründung des Geseßentwurfs hinweisen. Dagegen bringt der Entwurf, und zwar fast durhweg in Uebereinstimmung mit den gutahtlihen Anregungen der Immediatkommission, sehr ein- \{neidende Aenderungen in bezug auf die innere Organisation der
Bezirköbehördten. Dus ist namentlich der Fall in den Artikeln 9/6