1914 / 50 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

fahrung und Aufhebung der Getreidestaffeltarife vom Osten na dem Westen. Da lag die Sache gerade umgekehrt. Da nahm man eben ‘an, daß die wirtsaftlihen Interessen des Westens und Südwestens so überwiegend wären, daß man dem Osten ein Opfer zumuten durfte. Das, glaube ih, wicd man unter allen Umständen festhalten müssen, daß überwiegende wirtschaftliche Gesihtspankte die Stellungnahme der Königlichen Staatsregierung und meines Ressorts erklären und rechtfertigen.

Ich gehe dann noch kurz ein auf die engere Lokalfrage, die der Herr Abg. Graf Moltke berührte, die Frage der NReguliervng der Krüdckau. Jch verstehe es vollkommen, daß er ungeduldig wird; die Frage ift hier bereits wiederholt verhandelt worden und ist nit zu Ende geführt. Sie hat nit gerubt, es find eine ganze Reihe von Projekten aufgestellt worden, um ten Wünschen der Stadt Elmshorn zu entsprechen. Ale Projekte sind verworfen worden, sie„ sind so teuer gewesen, daß sie nit im richtigen wirtschaftlihen Verhältnis zu den Werten standen, die erzeugt oder geshüßt werden konnten. Eine besondere Schwierigkeit liegt darin, daß alles, was wir bisher pro- jektiert haben, deshalb in der Ausführung so \{chwierig ist, weil die Kanalisiecung der Stadt Elmshorn in engster Wechselwirkung mit der Regulierung der Krückau und der hierdurch bedingten Veränderung der Wasserstände steht. Es sind deshalb noch Verhandlungen mit der Stadt erforderli. Ih kann tem Herrn Grafen Moltke nur mit- teilen, daß die Frage erneut bei den zuständigen Stellen fch in Be- arbeitung findet. Jch bin freilih nicht in der Lage zu sagen, zu welchem Zeitpunkt die Prüfung beendigt sein wird; ih kann nur ver- fichern, daß ich mis perfönlich um die Verfolgung des Projektes kümmern will.

Abg. Tourneoau (Zentr.): Dle Verbindung des Mains mlt tem norddeutschen Woasserneß durch Kanalisierung der Werra ift von der höchsten wirtschaftlichen Bedeutung. Zu den Förderern dieses Planes gehören nicht nur der Herzog von Sachsen - Coburg- Gotha und der Herzog von Sachsen-Meiningen, sondern ganz besonders auch der König Ludwig von Bayern. Es gilt eine Verbindung der norddeutschen Flüsse mit dem Main, der Donau und {{hließlich mit dem Schwarzen Meer. Die preußische a, hat ja ihre Bundesfreundüchkeit des öftern be- wiesen. Möge auch der Appell des Königs Ludwig in der Frage der Main - Werraverbindung nicht wirkungslos verhallen. Ein dem Mini- sterium der öffentlichen Arbeiten angebörender Herr, der sih dur Sach- kenntnis auf diesem Gebiet auszeichnet, hat sich erfceuliderweile hiermit ausführlicher beschäftigt, und er stellt in einem Aufsatz darüber fest, daß der Plum jeßt in greifbarere Nähe gerüdt ist, als es noch vor wenigen Jahren möglih ersien. Jh hoffe also, daß die Negierung dieses Projekt bald verwirklichen möge. In gleicher Weise wird in Bayern für die Wasserstraße Bamberg—Nürnberg— Augsburg—Münwen gearbeltet. Jh bitte den Minister, für den Verein zur Kanalisierung der Werra 10000 zur Verfügung zu stellen, und ih hoffe, daß diese Bitte, die ih schon im vorigen Jahre ausgesprochen habe, diesmal erfüllt werden fann. Sollte aber der Minister seine Hand noh weiter zu öffnen bereit fein, so würde mich das ganz besonders freuen. Ih boffe, daß dem Hause ein Gesetz- entwurf vorgelegt wird, in dem Mittel zur Verfügung gestellt werden zur Erforschung möglichst geeigneter Stellen für die Anlegung von Talsperren im Quellengebiete der Weser. Möge der Minister diesen Wünschen freundlich gegenüberstehen im Inkteresse der Schiffbar- machurg der Werra, im Interesse des großen Planes der Verbindung von Donau und Weser und {ließlich im Interesse der Verbindung der Nordsee mit dem Schwarzen Meere.

Abg. Dr. Wendlandt (nl): Der Nhelnische Kanalverein Fat feine Mittel gescheut, das Projekt der Werrakanalisierung aus- zuarbeiten. Er hat von vielen Seiten Unterstützung gefunden, u. a. von dem ‘König von Bayern. Das Projekt wird demnächst der Re- gierung eingereiht werden. Die Pläne find verbielfältigt worden und jollen allen Bundesstaaten zugesandt wérden. Es ist leider ein un- glücliher Zufall, daß sie beute der Regierung noch nicht vorliegen.

Unsere St1ôme wollen wir nicht deóhalb ausbauen, damit das Wasser so schnell wte mögli in das Meer ablaufen kann, sondern es joll aufgespeihert werden, um für die Erzeugung elektrisher Kraft nußbar

gemacht zu werden. Es ist dxnn die Aufgabe der Regierung, die er- zielte elektrische Kraft der Bevölkerung zugute kommen zu lafsen. Der Minister hat vorgestern erklärt, daß die Negierung ih mit dem Gedanken traze, die eleftrischen Fernleitungen für den Staat zu beshlagnahmen. Das Reich esißt heute {on 31 9% aller eleftrishen Leitungen. Man müßte für die eleftris{chzn Anlagen die Konzessionspflicht einführen nah Art der Konzession bei den Eifenbabüen, Das Projekt wird sich rentieren, wenn die ges wonnene Elektrizität zur rihtigen Verwendung gelangt. Aber nit nur der Verein ist der Angelegenheit näher getreten, sondern auch die Privatindustrie hat sich mit dem Projeft beschästigt, an der Werra Talspercren zu bauen. Glauben Sie nicht, daß es sch hier um einen Fanatismus für Talspercen handelt; es handelt sich um eine ganz reale Sache, um eine Nordsüdwasserstraße ven Bremen nach München. Jch möchte in dieser Sache auf die Veröffentlihurg des Geheimrats Sympher in der Zeitschritt für Bauwefen hinweisen. Das Projekt sieht 46 Schleusen vor. Diese vielen Stufen haben uns große Kopfshmerzen verursacht, da ste für einen Groß|\chiffahrts- weg etn Hinternis sind. Hoffentlih findet von den in der vorigen Session bewilligten 10 Millionen Mark für den Ausbau der Tal- \perren im oberen gert ein Teil Verwendung für die baldige JInangriffnahme von Lalsperren an der oberen Werra. Werra und Weser stehen im engen Zusammenhang, und wenn für einen Fluß etwas getan wird, darf der andere niht vernachlässigt werden. ‘An den projektierten Kanal Bremen—München sollen die bayerischen Kanäle ihren Anschluß erhalten. Der bayerische Kanalverein und eine große Anzahl preußischer Handelskammern haben sih für ihn aus- gesprochen. Es besteht kein Zweifel daran, daß nicht nur-die Bergfrachten, jondern au die Talfrahten ohne weiteres vorhanden sind. Ich will nur auf die aren ger bei Bayreuth und Bamberg hin- weisen. Der Bau des Kanals i für die rheinisch-weslfälishe Industrie von größter Bedeutung, denn es steht außer Frage, daß dur ihn eine bedeutete Fratermäßigung eintreten würde. Die Bevölkerung flagt {on seit Jahren über den ungenügenden Wasser- stand der Werra und darüber, daß das e E verseucht ist. Es ift zu erwarten, daß die Kaliverfrahßtungen wa rscheinlih restlo3 auf den neuen Kanal übergetken werden. Die Hochwassergefahr muß durch eine genügende Anzahl von Talsperren behoben werden. Die Kanalisierung der Werra und die Anlegung von Talsperren liegt au im Interesse der Landwirtschaft. Dad.rch werden elektrische Kraftst-len ershlossen, die nicht nur der Industrie, sondern auch der Landwirtschaft zugute kommen. Wir freuen uns, daß die Regierung diesem Projekt sympathisch gegenübersteht, Wir können deshalb erhobenen Hauptes und freudigen Mutes an die Weitcrarbeit für dieses Projekt gehen. , S Geheimer Oberbaurat Dr.-Ing. S ympher: Es istselbstverständlic, daß der Minister der öffentlihen Arbeiten alle Bestrebungen zur Ver- besserung ter Wasserstraßen nah Möglichkeit unterstüßt. Aber in der Frage des Nortsüdkanals liegen die Verhältnisse nicht so ofenkundig. daß man faaen kann, die Werra muß sofort kanalisiert werden. Der Minister sicht mit großem Interesse den Entwürfen entgegen, die der Werraverein hat ausführen lassen. Wenn diese Entwürfe für gut befunden werden, so wird die Regierung in der gleichen Weise wie bisher die Besirebungen des Vereins durch Beiträge unterstüßen. Abg. Hasenclever (nl.): Die Wasserstraßenbeiräte der Rheinprovinz haben erklärt, daß die bestehenden Frachttarife nicht mehr das Nichtige treffen. Wir sind auch der Ansich, daß man die Tarife einer Revision unterzießben follte. Es ist unbedingt not- wendig, daß man in der Tarifpolilik mit großcr Vorsicht yvor-

Ra i Ota E

Es ist nit zu verkennen, daß, wenn die Tarife zu hoch Kommunen, die große Kosten für Hafen- bauten aufgewendet haben, darunter leiden. Negierungsseitig ift er- klärt worden, daß man spätestens in drei Jahzuen eine Re- vision der Tarife voraehmen werde. Ich bitte aber die Re- gierung, zu erwägen, ob dies niht {on früher - gesehen kann. Ich bitte den Minister der öffentlichen Arbeiten, daß er den Wagen- park der Eisenbahnen vermehrt, damit bet einem Tiefitand der Wasserstraßen die Güterbeförderung nit verzögert wind. Dke preußische Industrie darf niht darunter leiden, daß ausländische Staaten den Wünschen der preußischen Regierung hinsihtlih der Schiffahrisabgaben nicht entgegenkommen. Die rheinisch-westfälishe Industrie muß ihre bisherige Haltung gegenüber der Mofel- und Saarkanalisierung behalten. Die nationalliberale Partei hat sich niemals ablehnend verhalten, in eine Prüfung der Schiffahrts- abgaben einzutreten. ie Schiffahrtsabgaben dürfen aber nit mit den Kanalabgakten verquickt werden. Die rheinisch - westfälische Koblentndustrte hat jeßt eine Ueberproduktion an |\chwefel- saurem Ammoniak. Ih bitte den Minister, daß er den Talif auf dieses Produkt ermäßigt. _Das würde auch im Interesse der Landwirtschaft liegen. Die Ausführungen des Ministers nuten sich nicht gegen den Abg. Röchling, sondern Hegen den Abg. von Maltzahn rihten, der Momente der äußern Politik in die Debatte hineingezogen hat. Abg. von Malzahn hat bon der Industriefreundlichkeit der Kon- servativen gesprohen. Ich hoffe, daß diese Industriefreundlihkeit nit nur graue Theorie bleibt, \sontecn si au in Praxis umsetzt. Um ein- für allemal allen Mißverftändnissen vorzubeugen, gebe ih dle Erklärung ab, daß die rheinish-westfälishe Fnduîtrie thren Standpunkt in der Kanalisationsfrage nicht geändert hat. J beziehe mich auf den Schluß der Rede des Abg. Hirsch- Essen im Jahre 1910, in der er die Hauptpunkte erwähnt hat. Er stellte damals fest, daß derjenige, der für eine Mosel - und Saarkanalisierung eintritt , die Berantwortung dafür übernehmen müsse, daß die Produktions- und Absaßverhäitnisse der gesamten deutschen Eisenindustrie völlig turcheinander Loren würden. Wir haben das Aufleben ter Industrie im aarrevier mit Freude gefchen, aber den Standpunkt, den die rbeinisch- westfälischWe Industrie in der Frage der Mosel- und Saarkanalisierung biéher eingenommen hat, muß fie meines Erachtens immer und immer aufrecht erhalten.

Hierauf wird die Diskussion geschlossen. Persönlich bedauert

Abg. Lippmann - Stettin (fortshr. Volksp.), daß er dur den Schluß der Debatte daran verhindert worden ist, auf die verschiedenen geaen seine Ausführungen gerichteten Angriffe, besonders auch des Ubg. von Shuckmann, zu antworten, und kündigt an, daß er beim Ministergehalt hierauf zurückfommen wird.

Ubg. Dr. Röchling (nl.) bedauert ebenfalls, nit mehr ant- worten zu können, und verspricht, im nächsten Jahre die Frage der Mosel- und Saarkanalisierung wieder zu erörtern.

Die Einnahmen werden bewilligt.

__ Vei den dauernden Ausgaben und zwar beim Titel des Ministergehalts bemerkt

Berichterstatter Abg. Brütt (freikons.): In der Kommission wurden die Bedenken gegen die Schiedsgerichtsklausel bei Verträgen, die der Fiskus mit Bauunternehmern abs{chließt, erörtert. Es wurde hervorgehoben, daß der Rechtsstreit vor einem ordentlihen Gericht in bezug auf Objektivität und geregeltes Verfahren größere Garantien biete. Es sei \{chwierig, die Gegenpartei daran zu hindern, daß eine Persönlihkeit zum Schledsrichter ernannt werde, die das Schiedsrichteramt gewerbsmäßig betreibe. Ein folher Schieds- rihter fei in seiner Obj-ktivität beeinträchtigt, weil er später niht wieder zum Schiedêrichter ernannt werde, wenn es thm niht gelinge, die Interessen seiner Mandanten mit Erfolg zu vertreten. Alsdann entgehe ihm der Gewinn aus dem Geschäft, soweit der betreffende Bauunternehmer in Betracht kommt. Eine gründlihe Beweisaufnahme ist bei dem Schiedsgericht s{werer zu er- zielen, als bei den ordentlihen Gerichten. Ein Schiedsrichter kann gar nit gehindert werden, nah seinem Ermessen, nach sog. Billig- teit, zu urteilen, statt auf Grund des Vertrages und der geseßz- e Besiimmungen. Die Rechtsmittel gegen die einmal ge- fällten Schieds\sprüche sind sehr eingeschränkt. Wenn ein Schieds- spruch) in seiner Kritik über Personen und Verhältnisse über die notwendigen Grenzen hinausgeht, kann die Ehre des Betreffenden verleßt werden, ohne daß es dagegen ein Rechtsmittel gibt. Daß Persönlichkeiten {ih gewerbsmäßig mit dem Schiedsrichteramt beschäftigen, steht fest. Es oll vorgekommen sein, daß folche Leute entweder persönlich oder dur Beauftragte fortgeseßt einen Bau un- erkannt beobachten lassen, um fi Notizen zu machen, während ter Bauherr und seine Beauftragten hiervon nihts wissen und deshalb außerstande sind, ihrerseits Beweismaterial festzustellen. Der Herr Minister erkannte in der Kommission an, taß Bedenken gegen die Schiedsgerichtsklausel erhoben werden könnten, und daß si im Laufe der Leit Mißstände eingeschlichen hätten, hoffte aber, daß die neuen im Fahre 1912 getroffenen Bestimmungen hinsihtlich der Schieds- gerichtéflausel, nah welcher der Dbmann dle Befähigung zum Nichteramte haben und vom Landgerichtspräsidenten be- stimmt werden müsse und dieser das Verfahren zu leiten habe, zum Vershwinden der Mißbräuche beitrag:n würden. Anderenfalls würde er persönlih für eine Beseitigung der obliga- torischen Schiedsgerichtsklausel aus den Verträgen sein. Außer- dem teilte der Mirister auf Anfrage des Berichterstatters mit, daß eine Revision der Vorschriften über das Automobilwesen im Gange sei. Die ersten Verhandlungen hätten bereits stattgefunden und hätten ih befaßt mit den Fragen der Sicherheit, Ordnung und Leichtigkeit des Verkehrs, der Rauchbelästigung, der Beleuchtung und der Äus- wahl dec Ausbildung der Chauffeure. Eine Nachprüfung der Be- stimmung fei notwendig, nachdem 5 Jahre seit Verabschiedung des

eseßes und 4 Jahre seit Erlaß der Bundesratsverordnung ver- gangen seien. Ferner teilte etn Negterungskommissar auf Anfrage des Berichterstatie1s mit, daß der Ärbeitsnahweisverband bet den großen Kanalbauten in Anspruch genommen sei, daß aber die Kanal- 8 nicht besonders günstige Erfahrungen damit ge- ma abe.

Abg. Gerlach (Zentr.): In der Frage des neuen Berliner Opernhausbaues sind die Künstler ja verschiedentlichß aufeinander- geplaßt. (Glocke des Präsidenten.) i:

Vizepräsident Dr. P or \ ch mat den Redner darauf aufmerksam, daß diese Frage jeßt noech nit behandelt werden soll, weil ein dies- bezügliher Kommissionsantrag noch nicht vorlieat.

Abg. Gerlach (Zentr.), fortfahrend : Ich wollte diese Frage auch nur streifen und will jet auf die Einzelheiten nit eingehen. Wir haben {on hei der Beratung des Landwirtschaftsetats über die Lage. der Fischerei an der Ostseeküste gesprochen, Ih mödte jeßt auch hier beim Bauetat eine Lanze einlegen für unsere Osiseeküste. Vor allen Dingen mu j geholfen werden durch Bau von Ftischerei- häfen an der Ostseeküste. Für die Nordseehäfen wird sehr viel getan, und wir gönnen das der Nordsee durchaus. Aber ich bitte do, im nächsten Etat größere Mittel für den Küstenshußz und für den Ausbau der Häfen an der Ostseeküste einzustellen. Die Unternehm:r von Tiefbauten klagen über die Ausführung der Regiearbeiten. Es würde zur Beruhigung der Tiefbauunternebmer beitragen, wenn alljäbrlih die. Regierung eine Uebersicht über die in eigener Regie auêgeführten Arbeiten vorlegen würde, und zwar unter Berüdsichtigung der veranschlagten Baukosten. Bezüglich der Be- schäftigung ausländisher Arbeiter habe ih den Wunsch zum Ausdruck zu bringen, daß der Minister der öffentlihen Arbeiten bet dem Minister dés Innern darauf hinwirken möge, daß das Tief- baugewerbe hirsihtlich der Beschäftigung dieser Arbeiter nicht \{chle{chter gestellt wird als die Lan wirtschaft. Es wird kaum ein Grund vorliegen, dem Tiefbaugewerbe die Beschäftigung aus- ländisher Arbeiter zu untersagen. Es wäre zu wünschen, daß die Selbständigkeitsgrenze - der. ‘Tokalen Bauäniter von 3000 auf 9000 / erhöht wird, und daß in die Selbständigkeit dieser Behörde

geht. angeseßt werden, die

A

nicht unnôti bineingeredet wird. Darunter leidet die Dienstfreudig, keit, und die Dienstfreudigkeit ist meincs Erachtens der wichtigste Mechanismus innerbalb der Verwaltung. Die böberen Baubeamten haben den Wunsch, daß der Baumeistertitel geseßlich ges{chüßt werde, Unlautere Clemente legen sich diesen Titel zu und machen dadur denen, die ‘ein ordnungsmäßiges Studium hinter fich haben Konkurrenz. Es liegt sowohl im Interesse des auenden Publikums wie des gesamten deutshen Bauwesens, wenn eine reihêrechtliche Regelung des Baumeistertitels vorgenommen wird, Aus der uns überreichten Denkschrift über die Bauausführungen geht hervor, daß die für die einzelnen Bauten, besonders Wasser- bauten, vorgesehenen Kosten wesentlich überschritten worden sind, Ich möchte deshalb fragen, ob es nicht mögli wäre, diese Wasser. bauten etwas vorstchtiger zu veranshlagen. Das gleiche gilt von Bodenuntersuhungen und Bohrungen. Cs wäre nicht unpraktisch, bei den Veranschlagungen und Untersuchungen geologische Sachverständige heranzuziehen. Der Verkehr auf den Wasserstraßen, sowohl der Berg- als auch der Talveikehr, hat ih in den legten Jahren außerordent- li) gesteigert. Der Güterverkehr auf unseren östlichen Flüssen, soweit sie reguliert worden sind, hat an Umfang außerordentlich zugenommen, Insbesondere kann man dies von der Oder sagen. Auf der Weichsel ist allerdings in dem Güterverkehr ein Stillstand eingetreten. Es ist daher erforderli, daß man baldmöglichst an eine Nahregulierung der Weichsel geht. Ueberall dort, wo man wirkih etwas für den Ausbau unserer Wasserstraßen getan hat, zeigt sihch eine Steigerung des Verkehrs. Man sollte deshalb au nit zözern, die Mosel und Saar zu kanalisieren. Die Gefahr einer UAbwanderung der in, Bie Kreise aus dem Mosel- und Saargebiet ist nicht zu unter. âten.

Abg. Wohlfarth (nl.): JchH bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß unsere einheimishen Erzeugnisse nit durch übermäßige Transportkosten verteuert werden. Die Transportkosten dürfen nicht so hoh sein, daß das Ausland uns Konkurrenz machen kann. Dies liegt nicht im Interesse eines Landesteils, sondern unseres ganzen Reichs. Die Arbeiter der Schiffswerften in Magdeburg wünschen eine Erhöhung ihrer Whne und eine Besserung ihrer Arbeitsverhältnisse. Besonders klagen sie - über zu lange Arbeits. zeit. Der Minister möge diesen Wünschen Nechnung tragen, Bei der Projektierung von öffentlichen Bauten sollten möglichst au private Architekten im Wege des freien Wettbewerbs herangezogen werden. Wenn man ein Preisaus\chreiben veranstaltet, so sollte man ih doch wenigstens an die aufgeitellten Bedingungen halten. Ein Vorgang im Neich zeigt, wie man es niht wachen soll. Im Mai des vorigen Jahres veranstaltete das Auswärtige Amt ein Pretsaus\chreiben für den Neubau der Kaiserlichen Botschaft in Washington, Es [liefen 272 Gntwürfe ein, zum großen Teil von recht namhaften Architekten. Dag Roe chreiben verliefauh nit ergebnislos, denn es wurden verschiedene Preise verteilt. Troßdem aber wurde die Ausführung dieses Projektes nicht einem dieser Bewerber übertragen, sondern es wurde ein Architekt, der sich an dem Wettbewerbe in keiner Weise beteiligt hatte, zur Ausarbeltung des Projekts herangezogen. Hier bat man fich also einfach über die Bedingungen des Wettbewerbzs hinweg- geseßt. Ih will hier niht weiter untersuchen, auf welchen Einfluß es zurüdzuführen ist, daß ein an diesem Wett« bewerbe gänzli unbeteiligter Architekt hier den Vorzug erhielt. Darauf kommt es auch gar niht an, sondern es handelt sich nur darum, daß man sich an dle Bedingungen, die man für den Wettbewerb aufgestellt hatte, niht gehalten hat. Ein folhes Verfahren ist mir unbegreifliß. Man kann es den Architekten nit verdenken, wenn sie fch an folhen Wettbewerben nicht beteiligen. Wenn ein Wettbewerb ausgeschrieben wird, dann muß das Projekt auch ohne Ansehen der Perfon zur Ausführung ge- langen. Durch die jetzigen Verhältnisse fommt es vor, daß ein Bau- beamter, der in jüngeren Jahren zur Provinzialbehörde übergegangen ist, den Titel Baurat später bekommt als \cin gleichaltriger Kollege im Staatsdienst. Dadurch wird das Ansehen der Provinzial- baubeamten im Publikum herabgeseßt. Dann sollte die Regierung au darauf hinwirken, daß die MNegierungsbaumeistex früher zur An- stellung gelangen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Bre itenbadch:

Meine Herren! Die beshleunigte etatsmäßige Anstellung der höheren Baubeamten liegt mir durhaus am Herzen und ih habe mich seit Jahren bemüht, organtfatorishe Einrichtungen und Anord- nungen zu treffen, um eine frühere etatsmäßige Anstellung der höheren Baubeamten zu sichern. Jn erster Unie muß man bemüht sein, bei der Einberufung der höheren Techniker das gilt ja selbstverständlih au für alle anderen höheren Beamten wie für alle Beamten überhaupt vorsichtig zu scin und den Bedarf für die kommenden Jahre ridtig abzuschäßen. Wenn das gesteht, können \ole Stauungen, wte wir sie jeßt leider in unserer Hochbauverwaltung und in ber Wasserbau- verwaltung zu verzelchnen haben, nicht eintreten. Die Anstellungs- verhältnisse für beide Kategorien, haben si in der Tat in den letzten Jahren wesentlich vers{chlechtert. Das beruht darauf, daß für die Wasserbauverwaltung mit der Beschlußfassung über die großen Wasser- bauten auf Grund des wasserwirtschaftlihen Gesezes von 1905 sih die Notwendigkeit ergab, eine umfassende Mehreinberufung der höheren Techniker eintreten zu lassen, obwohl man wußte, daß nah Fertig- stellung dieser Bauten dieser große Uebershuß an Technikern, der zeit- weilig hereingenommen werden mußte, {wer unterzubringen war. Auch für die Hochbauverwaltung lagen die Verhältnisse gerade zu der- selben Zeit ganz gleichartig. Es waren eine große Zahl von hervor- ragenden Staatébauten bewilligt worden, die in diefen Jahren zur Aus- führung kamen. Auch da find Einberufungen in einem Umfange er- folgt, daß allerdings die Unterbringung der Beamten in etatsmäßigen Stellen Schwierigkeiten haft, die au in dem nähsten Fahre noch nit gehoben sein werden. Wir rechnen damit, daß für die Beamten der Hochbauverwaltung etwa im Jahre 1917 der Tiefstand über- schritten sein wird und für die Beamten der Wasserbauverwaltung im Jahre 1919 oder 1920. Bis dahin werden wir uns mit den Ver- hältnissen abfinden müssen, da kaum vorauszuseßen ist, daß in der Zwischenzeit eine stärkere Vermehrung der etatmäßigen Stellen statt- finden wird, die si ja doch immer nach dem Bedarf des Staates rihten muß.

Wenn nun der Herr Vorredner dem Wunsche Ausdruck gab, daß man den in der Anstellung verzögerten höheren Baubeamten dadur zu Hilfe kommen könnte, daß man in weiterem Maße als bisher einen Teil der im diätarishen Verhältnis zugebrahßten Dienstzeit bet der etatêmäßigen Anstellung anrehnen möge, so ist das eine weit- tragende Anregung. Denn. diese Regelung, die für die höheren Baubeamten getroffen ist, gilt ebenso für die Gesamtkßeit der im diätarisGen Verhältnis befindlißen Staatsbeamten. Oie Frage kann ja einer Nachprüfung unterzogen werden, ob es aber möglich sein wird, hier im Sinne der Anregung vorzugehen, ist mir zweifelhaft. Ih möchte nochmals fesistellen, daß -die ganze Frage der etatmäßigen Anstellung ter hökeren Baubeamten eine so bedeutsame ist, daß sie voù seiten meines Ressorts gar nicht aus dem Auge ver- loren werden kann.

(Fortseßung in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger:

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

Nun hat der Herr Abg. Wohlfarth weiterhin dem Wuns Ausdruck gegeben, daß bci den Staatébauten in höherem Maße die Privatarchitekten \o habe ih ihn verstanden beteiligt werden möchten, als es bis heute gescicht. I möchte do feslstellen, daß die Beteiligung von Privatarcitekten an großen Bauten sebr be- deutend ist. Ih erinnere an die großen Bauten in Beilin, an den Dom, an die Königliche Bibliothek, an das Museum, an die Kaiser- Wilhelm- Akademie ; alle diese hervorragenden Bauten sind von Privat- architelten erbaut worden. Aber Sie werden versteben, daß ich als Chef der Bauverwaltung doch au bestrebt sein muß, den Staats-

„architekten solche größeren und hervorragenderen Aufträge zuzuwenden,

denn die Aufgabe der Staatsarcitekten kann doch unmöglich sein, lediglich Unterhallungsarbeiten zu machen oder nur unerhebliche Bauten auszuführen. (Sehr richtig!) Das Interesse der Staats- architekten verlangt, daß sie in gleihem Maße berücksihtigt werden.

Der Herr Vorredner meinte nun, man solle do, um £s den Privatarchitckten zu ermöglichen, in weiterem Umfang als bisher bei den Staatsbauten tätig zu sein, in größerem Maße zum Wettbewerb übergehen. Er lebte den Wettbewerb als etwas Bollkommenes. Nun, darüber kann man verschiedener Meinung fein. Die leßten Jahre haben uns an ganz hervorragender Stelle darüber belehrt, daß der Wettbewerb nicht unter allen Umständen einen Erfolg bedeutet, er bedeutet vielfachß auch Mißerfolge. Ich verurteile den Wettbewerb nit, man soll von Fall zu Fall prüfen, ob ein Wettbewerb angezeigt und am Plage ist. Das wird weiterhin gesehen. Auf Washington einzugehen, erübrigt si; es handelt sich um eine Angelegenheit des Reiches, und tch bin in derselben nit zuständig.

Was die Wünsche der Provinzialbaubeamten anbetrifft, so bin ih ja, wie der Herr Vorredner bereits bemerkte, nit der zu. ständige Nessorthef; ih wirke aber mit. Ich nehme Anstand, hier im Parlament über Titelfragen mich zu äußern; ih habe von den Wünschen Kenntnis genommen.

Der Herr Abg. Gerlach hat ein Füllhorn von WünsEen zu meiner Kenntnis gebrachßt. Die Herren werden es verstehen, und der Herr Abg. Gerlach wird es würdigen, wenn ih aus diesem Füllhorn nur einige seiner Wünsche herausgreife.

Mehr Fischereih äfen rief er mir zu, Diese Frage ist beim CGtat des Herrn Landwirtshaftsministers verhandelt, sie ist in der Budgetkommission verhandelt und ih habe in der Budgetkommission mich dahin ausgesprochen, daß bci der großen Bedeutung der Frage ein Benehmen der beteiligten Ressorts erforderli jei, um nachzuprüfen, ob die Verteilung der Fischereihäfen auf die Küste, in diesem Falle auf die Ostseeküste, richtig und zutreffend ist. Von dieser Prüfung, die unter den Ressorts stattfindet, muß das Weltere abhängen. Die Frage ist ja von sehr großer wirtshaftlicher Bedeutung, aber von mindestens ebenso großer finanzieller Wichtigkeit. Die Anlage von Fischereihäfen ist gerade an der Ostseeküste in der Regel mit sehr erheblihen Kosten verbunden. Es sind Molenbauten erforderlih. Damit ist es noch nicht gesehen; es sind Hafenbecken erforderlich, die an der Küste ge- schaffen werden müssen. Ich glaube, die Frage befindet fih in guter Hand, und ih hoffe, daß cs nicht erforderlich sein wird, hier im Plenum fie zurzeit weiter zu behandeln. Daß die Interessen der Fischereibevölkerung durchaus der Staatôregierung am Herzen liegen, in Kenntnis aller Konsequenzen, davon können Sie voll überzeugt sein

Der Abg. Eerlah trat dann warm für die Förderung unserer Steinbruchbetriebe und die Verwendung ein- heimisher Baustoffe ein. Damit hat er eine Saite kci mir berührt, die anklingt. Er hat, wie ich annehme, den Nückgang oder die shwierige Lage im Sinne, in der sich besonders die {chlefischen Steinbruchbetiriebe und die Steinmetzgeshöfte befinden. Es trifft in der Tat zu, daß dic Verhältnisse in den leyten Jahren nicht günstige gewesen sind. Zum Teil beruht das darauf, daß ja. an die Stelle des gewachsenen Steines in hervorragendem Maße der Eisenbeton getreten ist ich glaube, das ist die wesentli{ste Ursache —, zum Teil beruht es au darauf, daß unsere Architekten heute eine gewisse Vorliebe für mittel- und süddeutshe Kalksteine haben.

Für mein Ressort kesieht die Bestimmung, daß bei Staatsbauten, soweit wie irgend angängig, einhetmishes Material verwendet werden sell. Soweit wie irgend angängig, meine Herren! Man kann es nicht unter allen Umständen zu- sagen; man kann nur zusagen, daß es dort verwendet werden foll, wo es hinpaßt und unter dec Voraussctzung, daß es auc unter allen Umständen wetterbeständig ift.

Auch die Wünsche, die der Abg. Gerlach im Fateresse der Tief- bauunternehmungen zu meiner Kenntnis gebracht hat, find ja meinem Nessort wohlbekannt. Es ist mir freilich nicht gegenwärtig, daß von seiten der Tiefbauunternehmer. Beschwerden über die Aus- führung der Staatsbauarbeiten in Regie erfolgt sind. Die Neubauten der Staatsbauverwaltung, die Wasserbauten, werden ganz überwiegend ich betone: „überwiegend im Unternehmerbetrtcbe ausgeführt, die Unterhaltungsärbeiten freilih ganz überwiegend im Negiebetrtebe. Diese Unterscheidung“: scheint ‘die richtige zu sein. Sie scheint es zu sein, weil eben Beschwerden nicht zu unserer Kenntnis gebracht worden find.

Was die Frage der Beschäftigung ausländischer Aibeiter betrifft, so möhte ih unterlassen, : hier «auf Einzelheiten . einzugehen. _Es ist eine Frage, die ja in erster Linic_ vom. Ressort dès Jnñern béhandelt wird, freilich unter meiner Mitwirkung. . Es (bestehen über“ diese Frage ganz feste Grundsätze, die: mit ‘einer großen Konsequenz ‘An-; wendung finden. Jh bin in Einzelfällen beteiligt* und hzbe mi bann' je nach dem Bedürfnis zu äußern. - E

Auch der Herr Abg. Gerlach hat si. für die Interessen der höheren Techniker eingeseßt. Er hat gewünscht, daß die Organisation namentlich der Lokalbauverwaliung ebenso wohl, wie ich ihn ver- ftlanden habe, im Sinne einer Dezentralisation wie etner Veretnfahung der "Geschäfte weiter ausgebaut werden möbze und immer zum .. Zwecke habe die Hebung der Berufs-

Berlin, Treitag, en 27. Februar

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freudigkeit und die Selbständigmacßung unserer Lokalbeamten. Seit Jahren i mein Ressort in diesem Sinne bemüht und hat sehr wesentliGe Bestimmungen durchgeführt, die auch von den Lokal- beamten durhaus anerkannt werden. Es foll auf diesem Wege weiter- geschritten werden. Namentlich follen Einrichtungen getroffen" werden, die es den Lokalbeamten ermöglichen, sich für die großen Fragen innerhalb des Baukreises zu interessieren. Das kann uur dadur er- reiht werden, daß man cinmal ihre Tätigkeit erweitert durch Ver- größerung der Baukreise und ferner dadur, daß man ihm geeignete mittlere Tehniker zur Seite stellt, die einen Teil der Arbeiten er- ledigen, die er heute erledigen muß, obwohl fie eigentli für höhere Baubeamte si nitt eignen.

Was die Frage der Reservierung des Baumeistertitels für die höheren Baubeaumten betrifft, so kann i mich den Ausführungen des Herrn Abg. Gerlah im wesentlichen anschließen. Ich muß mir eine gewisse Reserve auferlegen, da es eine Angelegenheit ist, die auf Grund der Gewerbeordnung im Bundesrat ihre Erledigung findet. Der Streit geht ho. Auf der einen Seite stehen die Diplomingenieure, die auf Grund der Ablegung des Diplomexamens den Baumeistertitel beanspruchen, auf der andern Seite stehen die höheren Techniker, die thre Staatgs- prüfung abgelegt haben, die dem mit aller Gntschiedenheit wider- sprechen. Ich darf wohl aussprechen, daß ih für die letzte Auf- fassung Sywpathien habe.

Was die Frage der Kostenüberschreitung bet unseren großen Wasserbauten betrifft, so glaube ib, daß nach meinen Ausführungen in der Budgetkommission für die Ueberschreitungen, fo bedeutsam fie ersheinen mögen, do etne Rechtfertigung gegeben ist. Ich bitte zu erwägen, meine Herren, daß die Kostenanschläge 12 oder 13 Iahre alt find, und daß wir in der Zwischenzelt zwei gewaltige Hochkonjunk- turen erlebt haben. Eine große Schwierigkeit bei allen Kosten- anshlägen bildet ja die Veranschlagung des Grunderwerbs und die Hauptüberschreitung liegt bei dem Grunderwerb auf der Strecke des Gms-Weserkanals, nit auf dem Rhein-Hernekanal. Im ganzen sind die Grunderwerbskosten, ‘eins{ließlich derjenigen für das Staubeen bet Hemfurt, um nicht weniger als 17 Mill. Mark überschritten. Jch bin der Auffassung ich habe ja au) s{chon bei anderen Gelegenheiten tem Ausdruck gegeben daß es richtiger ift, in unseren Kostenanshlägen bezügli der Höhe der zu geroärtigenden Grunderwerbskosten vorsichtig zu sein auf die Gefahr hin, zu unter- {chäßen. Denn wenn wir in unseren Kostenanshlägen zu hoch gehen, dann besteht die Gefahr, daß wir noch höhere Grunderwerbbkosten zahlen müssen. (Sehr ri(tig !)

Im übrigen beruhen die Kostenüberschreitungen beim Nhein-Herne- kanal im wesentlihen darauf, daß der Kanal in erheblihß weiteren Abmessungen gebaut ist, als in dem Koslenanschlage, auf Grund dessen die Bewilligung eifolgte, vorausgeseßt wurde. Dies ist bereits tn der Begründung angedeutet worden. Die Kostenübershreitungen be- ruhen aués{chließlich auf dem Bau von Scchleppzugschleusen, die zu- nächst nicht vorgesehen waren, und auf ciner Verbreiterung des Kanals, um ihn dreischiffig zu machen. Aus der Notwendigkeit, im Interesses des zu gewärtigenden Verkehrs den Kanal dreischiffig zu machen, er- gaben sih weitcre Konfequenzen, namentli bezügli der Breiten- abmessungen der Bauwerke. Die Notwendigkeit, den Kanal dreischiffig zu machen, von Anbeginn an, ergab si wieder aus der Tatsache, daß an der Strede vom Rhein bis Herne niht weniger als 22 kommu- nale und private Hafenanlagen ges{haffen wurden, fo viel, doß auf je 2 km der Strede eine Hafenanlage entfällt. Aus dieser Tatsache war der Schluß zu ziehen, daß der Kanal von Anfang an eine fehr starke Benugzung erfahren werde. (Bravo!)

Ein Antrag der Abgg. Flathmann (ul.) und Ge- nossen ersucht die Regierung, mit Bremen \{leunigst in eine Verhandlung über eine anderweitige und derartige Fassung des Staatsvertrages vom 21. Mai 1904 einzutreten, welche die unbeabfichtigten und unerträglichen Folgen, die dieser Vertrag durch unklare und den Vorverhandlungen nicht ent- sprechende Formulierung für das {wer belastete Lehe gehabt hat, noch für das laufende Jahr beseitigt, auf alle Fälle aber der Gemeinde Lehe einen Rechtsweg erschließt.

Abg. Dr. von Woyna (freikons.): Man kat mir entgegen- gehalten, ih könne bier niht im Namen der Provinz Hannover in Kanalfragen Crfklärungen abgeben. Solhe Erklärungen können natürlich immer nur subjektiv sein, aber ich kann mir von keinem Mitgliede dieses Havses vershränken lassen, das auézuführen, was ich für richiig halte. Wir find bei dem. Vertrage mit Bremen von der Voraussetzung ausgegangen, daß der Bremische Staat den Vertrag loyal ausjühren würde. Wir müssen leider feststellen, daß die Aus- führung doch eine sehr einseitige seitens der Bremer Herren gewesen ist. Jh möchte wünschen, daß die preußische Negierung den Versuch macht, die Angelegenheit mit Bremen nochmals zu verhandeln und veu zu regeln. Unser Wirtschaftsleben in Preußen erlebt jeßt cine Zeit der Depression. Das Baugewerbe liegt darnieder ; infolge der Cinshränkung der Geldverbältnisse sind im Baugewerbe Zeitek einge- treten, die noch jahrelang in ihren üblen Folgen nachwirken werden. Der größte Bauherr in Preußen ist der Minister der öffentlichen Arbeiten, An ihn richte ih die Bitte, daß er seinerseits alles tut, um die {weren Folgen der lange andauernden Krisis nah Moöglich- leit zu mildern. Jch glaube, es wird ihm {on in etwas gelingen, wenn er die Behörden anweist, überall da, wo es sich um Prozesse oder Schiedsgerichte handelt, dafür zu sorgen, daß die Parteien fich vergleichen. Der Minisler wird sh den Dank der auf dem Baumarkt interessiertenKreise verdienen, roenn er Anordnungen erläßt, die den {weren Dru, der heute auf der ganzen Bauweltnochliegt, zu mildern geeiguet sind. Im tndustriellen und gewerblichen Leben nimmt die Neigung, Scchleds- gerichte vorzuziehen, immer mehr ab. Man ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß das Anrufen der ordentlichen Gerichte das Praktischere ist, und:.ich möhte dem Minister anheimstellen, 8 er zwar die Versuche} die Schiedsgerichte zu halten, .noch einige Jahre fortsetzt,

daß ér aber in den neuen Verträgen vereinbart, daß die ordentlichen Gerichte im ‘Stiäitfalle angerufen werden. - Auh die Wasserbau-

verwaltung gelangt häufig dazu, uns in der Landwirtschaft beruflih tâtige Arbeiter, die noch nicht ‘gedient haben, die in der Landwirtschaft ihre Ausbildung erfahren haben, zu entziehen. Jh bitte, taß an die Strombauverwaltungen die ‘Anordnung; ergeht, daß sie möglihst nur folche Leute, die ihrex Dienstpflicht: enügt. haben, in den Staatsdienst einstellen, daß sie aber-die. jungen landwirtshaftlihen Burschen, die noch in der Landwirtschaft. ausgébildet werden, vorderhand der Land- wirtschaft lassen, Mit - dem - Wafsergeseß vom vorigen Jahre

glauben wir eine große geseßgeberisGe Tat vollendet zu haben, Desto berechtigter ist die Frage, wann die materiellen Bestimmungen dieses Geseßes in Kraft treten sollen. Es ift ja heute leider der Fall, daß die unteren Behörden sehr plößlich mit der Ausführung von Gejezen beauftragt werden, wie wir dos noch kürzlih bei dên Ausführungébestimmungen zura Wehrbeitragsgeseß erlebt haben. Diese unteren Behörden sind ohnedies mit Arbeiten reich gesegnet. Wenn nun plöglich zu dieser großen Arbeitslast auch noch die Aus- führung neuer Gesetze hinzukommt, so wird das notwendigerweise zu neuen Kompllkationen in der Geschäftsführung führen. Deshalb wäre eine Erklärung von autoritativer Stelle aus erœünscht, wann die Be- hörten mit dem Inkrofttreten der materiellen Bestimmungen des Wassergeseßes zu rechnen haben. Wir baben in dem vorliegenden Etatsentwurf ja auch den Etat des Wasseramtes. Aber wir wissen noch nicht, wann dieses Amt in Funktion treten soll. Ich habe noch die Vitte, daß die Wass-rläufe erster und zweiter Ordnung sehr bald und in möglihst großem Umfange landwirtschaftlich nußzbar gemacht werden mögen. Ich hyzabe fernec die Bitte auszusprechen, daß au die Bauverwaltung sehr bald in die Prüfung der Frage der Rein- baltung der Flüsse auf der Grundlage der Bestimmungen des neuen eseßes eintritt. Das sind alles Dinge, die äußerste Eile haben. Die Verunreinigung unsfecer Flüsse hat in ershreckender Weise zugenommen. Zch sage das nicht als Feind, sondern als Freund der Industrie, die selber ein Interesse an reinem und gutem Wasser hat. Der Minister würde fi ven Dank des Hauses und der Bevölkerung erwerben, wenn er uns über den Zeitpunkt möglichst bald verständigt.

Abg. Lippmann (forts{r. Volksp.): Die ungeheure Steige- rung des Verkehrs auf unseren Wasserstraßen ist nicht allein auf unsere wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen, sondern insbesondere auf die Sorgfalt, mit der die Bauverwaltung den Verkehr beobachtet und die Wege für eine gedethlihe Entwickelung des Verkehrs geebnet hat. Die Wasserbauverwaltuvg hat bet allen ihren Maßnahmen eine glüdlihe Hand gehabt. Selbitverständlichß wünschen auch wir, daß alles geschehen muß, um die Anstellungsverhältnisse der Negierungs- baumeister zu verbessern und ibrem durch jahrelanges Studium er- worbenen Titel Regierungsbaumeister den gebührenden Schuß zu geben. Für Spezialarbeiten im Tiefbaugewerbe können unter Um- ständen ausländische Arbeiter herangezogen werden. Aber dies darf nur in einzelnen Fällen geshehen. Im aïlgemeinen wünshen wir nicht, daß ausländische Arbeiter für das Tiefbaugewerbe herangezogen werden. Das würde ein Unglück für unsere Volkswirtschaft sein. Bon den Schiedêgerihten wollen wir nit abgehen, sie find Instanzen, die shnell und billig entscheiden. Gerade die Hinzuziehung der Sach- verständigen wirkt hier äußerst nüßlich. Ich halte es für durchaus richtig, daß dic Staatsbehörden in ihren Verträgen mit ihren Unter- nehmern die Schiedsgerichtsklausel beibehalten. Wir würden es bedauern, wenn man die Schtedëgerichtsklausel ab\&affft. Wir stehen noch alle unter dem Etndruck jener Crörterungen, die wir angesihts der Schäden, die die Sturmflut an unserer Os1seeküste angerichtet hat, hier gepflogen haben. Es wurde damals ancrkannt, daß der Staat Vorsorge treffen müsse, daß in Zukuntt derartige Zerstörungen des Eigentums nicht mehr vorkommen. Die Pflicht des Staates, für den Küstenschuß zu forgen, muß bedeutend erweitert werden. Wir freuen uns, daß die bestehenden Bestimmungen, wann der Staat hter einzugreifen hat, einet Revision unterzogen werden follen. Die Fischereishußhäfen an der Ostsee müssen vermehrt und verbessert werden. Die Art und _Welfe, wie Hamburg der Stadt Geestemünde bezüglih des Fischereihande!s Kon- kurrenz mat, ist durdaus ungehörig Wir verkennen nit, daß die Berteilung der elektrishen Kraft auc zum Teil zu den Aufgaben der Kommunen und des Staates gehört, aber wir wünschen nit, daß dem Staat in dieser Beziehung ein Monopol gegeben wird. te Privatindusftrie darf nicht unberücksiWrigt biciben. Wir schen die An- legung von Kanälen nicht als eine Parteifsache an, dies ist überhaupt feine politishe, fondern eine wirtschaftliche Frage. Ih mötte der konservativen Partei den Nat geben, daß sie der Frage der Anlegun von Kanälen mehr Wohlwollen entgegenbringt. Selbstverständlich ift ein Kanal nicht ein Ding an sich, sondern er muß wirtschaftliche Zwecke verfolgen, und es find auf dem Kanal auch Gebühren zu erheben. Aber diese Gebühren dürfen niht so hoh bée- messen werden, daß der Verkehr auf dem Kanal beeinflußt wird und der Kanal seinen Charakter als Verkehrsmittel verliert. Die Tarife für den Großschiffahrtsweg Berlin—Stettin find viel zu boch. Sie müssen bedeutend ermäßigt werden, damit das historisGe Verhältnis zwi\hen Stettin und Berlin wieder hergestellt wind. Der preußische Staat hat in den Jahren seit 1905 erhebliche Verbesserungen der Siffahrtsmöglichkeiten von Berlin nah Hamburg vorgenommen. Dadurd) ist Stettin gegenüber Hamburg stark ins Hintertreffen ge- lagt. Die Frage der NRegulterung der Weichsel / erfordert ebenfalls Beachtung. Auf der Weichsel ist bedauerlicherwetie im Güterverkehr cin Stillstand eingetreten. Der Einwand des Ministers, taß die Regierung hier nichts unternehmen kann, solange Rußland nicht zur Besserung der Verhältnisse beiträgt, ist binfällig. Professor Chlers hat einwandsfrei nacWgewiesen, daß etne Regulierung der Weichsel auch ohne Hinzuzichung von Rußland möglich ist. : i

Abg. Paul Hoffmann (Soz.): Wir verkennen nicht, daß seit einer Rethe von Jahren für den Bauarbeitershußz sehr vtel getan wird, aber die Maßnahmen der Regierung sind noch unzureichend. Es kommen noch immer jährli Tausende von Bauarbeitern zu Schaden. Der Minister hat selbst zugegeben, daß die Kontrolle über die Bau- arbeiter niht mit der wün sdbendroctten Schärfe und Sorgfalt vor- genommen wird. Wir find darin mit ihm einer Meinung und bitten den Minister, daß die Ueberwachung der Unfall- verhütungsvorschriften strenger als bisher gehandhabt wird, und insbesondere, daß zur Beaufsichtigung der Bau- arbeiter nur pyraktisch geschulte Arbeiter herangezogen werden, Gegen d!e Bestimmungen über die Schußvorrichtungen bei Bauteu, insbesondere an den Gerüsten, ist in Taufender von Fällen verstoßen worden. Eine sehr große Anzahl von Bauten ist nicht inspiziert worden. Selbst auf den staatlihen Bauten fehlt es an der nôtigen Kontrolle und an den vorgeschriebenen Unfallverhütungseinrihtungen. Nach einem Erlaß des Ministers ist die Verwendung bon offenen Kokskörben auf den Bauten verboten, bei dem Bau der Königlichen Bibliothek wird aber offenes Koksfeuer zur {nellen Austrocknung gebraucht, und- Arbeiter sind dadur erkrankt. Gegen die Beschäftigung ausländischer Arbeiter haben wir nihts, wenn fie zu demselben Lohn und unter denselben Bedingungen beiten, wie die inländischen Arbeiter, aber bei der Arbeitslosigkeit müssen doch zunächst die ein- heimischen Arbeiter beschäftigt werden. Die Staatshauverwaltung sollte lieber arbeitslofe Leute beschäftigen, als Ucberstunden machen zu lassen. Die Ueberwachung der Bauten muß vermehrt werden, und es müssen praktis geschulte Bauarbeiter dazu herangezogen werden. Es handelt fih nicht um Parteipolitik, sondern um Leben und Gesund= og der Arbeiter, deshalb bitten wir den Minister, unseren Anregungen zu folgen.

Minister der öffentlichen Arbeiten v on Breitenbach: Der Abg. Dr. von Woyna hat die Frage an mich gerichtet, zu welchem Zetiipunkt das Wassergeseß zur Einführung gelangen werde.

Die Staatsregierung wünscht, daß das Wassergesey am 1. April zur

Einführung gelangt, au sollen alle Vorbereitungen getroffen werdan, daß es durhgeführt werden kann; freilih ist nah bestimmten Rich« tungen Voraussetzung, daß der Etat zu dieser Zeit fertig wird. Denn