1895 / 108 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Der General-Lieutenant Baron von Collas, Kom- mandeur der 22. Division, ist mit Urlaub hier eingetroffen.

Der Kaiserlihe Gesandte in Brüssel, Wirklihe Geheime Nath Graf von Alvensleben ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Wirklihe Geheime Ober - Regierungs - Rath Dr.

Stauder im Minifterium der geistlihen, Unterrichts- und:

Medizinal-Angelegenheiten ist nach Baden-Baden und der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Schneider in demselben Ministerium nah der Provinz Pommern abgereist.

Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Hofe Graf von Ler@enseld-Köferin i ist vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt und hat die gesandtschaftlichhen Geschäfte wieder übernommen. :

Der Regierungs-Rath Dickhu th zu Stade ist der König- lichen Regierung zu Breslau, der Regierungs-Rath Lauß zu Köln der Königlichen Regierung zu Stade, und der zur Zeit beurlaubte Regierungs - Assessor Rieß von Scheurnschlo§ aus Erfurt der Regierung in Cassel überwiesen worden.

Der Regierungs-Assessor Freiherr von Seherr - Thoß zu Posen is der Königlichen Regierung zu Breslau zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.

Laut telegraphischen Mittheilungen an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Alexandrine“, Kommandant Kapitän zur. See Schmidt, am 3. d. M. in Tanger an- gekommen und S. M. S. „Jltis“, Kommandant Kapitän- Lieutenant Jngenohl, beabsihtigt heute von Tientsin nah Chefoo in See gegangen.

Wilhelmshaven, 4. Mai. Seine Majestät der Kaiser hat, wie _„W. T. B.“ berichtet, dem Panzerschiff

„Kaiser“ sein Bildniß zum Geschenk gemacht; das Bild

wurde heute von dem Geheimen Regierungs - Rath Mießner übergeben.

Friedrihsruh, 5. Mai. Gegen 800 Ostfriesen, darunter vielé Damen, aus Leer, Emden, Aurih, Norden, Weener, Wilhelmshaven und Wittmund trafen heute Mittag bei shönstem Wetter mittels Extrazugs hier ein und begaben sih alsbald unter Vorantritt eines Musikkorps nah dem Schloßpark. Fürst Bismarck erschien, wie „W. T. B.“ berichtet, auf der Terrasse und wurde jubelnd begrüßt. Der Direktor Suur- Emden feierte den Fürsten in längerer Rede und erinnerte daran, daß die Expedition des Großen Kurfürsten nach der afrikanishen Küste von Emden ausgegangen, welches somit ein Stüß- punkt der Politik gewesen sei, die 200 Jahre später Fürst Bismark wieder aufgenommen und durchgeführt habe. Fürst Bismarck erwiderte dankend: Die bereits erwähnten kur- brandenburgishen Unternehmungen charakterisierten den Schiffer- krieb der Ostfriesen ; die alten Beziehungen bewiesen die Zu- sammengehörigkeit der deutschen, mindestens der niederdeutschen Bevölkerung von der „Waterkantl““. Erfreulich sei es, die Zeit zu erleben, wo cine Verbindung zwischen der Nordsee und Ostsee hergestellt sei. Bei seinem Eintritt in die poli- tische Thätigkeit sei kaum Aussicht dazu gewesen. Bei den damaligen Weetaiiplienaen über Schleswig - Holstein habe er als Vorbedingung zur Einseßzuna einer besonderen holstei- nischen Dynastie die Zustimmung für diesen Kanalbau gestellt, jedoch keine Zustimmung gefunden. Nach der Besitzergreifung Holsteins sei er wieder darauf zurückgekommen. Bedenken militärischer Natur seitens der wissenschaftlihen Spiße unserer Landesvertheidigung hätten ihm wegen des nothwendiaen Schußes des Kanals entgegengestanden. Von den Milliarden der französischen Kriegsentsädigung sei ein Antheil für den Bau des Kanals reserviert worden und dann der Widerspruch ge- s{hwunden. Er bedauere, den Kanal nicht gesehen zu haben, den er wahrscheinlich auch nie sehen werde, da er nicht rüstig genug sei, die Festlichkeiten mit den unvermeidlihen Unbe- quemlichkeiten mitzumahen. Der Fürst gedachte seines Besuchs in Emden im Jahre 1869 und der dortigen arbeitsamen Be- völkerung. Bei dem darauf folgenden Rundgang zog der Fürst, welcher sehr wohl aussah, viele Besucher ins Gespräch.

Württemberg.

Die von dem Minister-Präsidenten Dr. Freiherrn von Mittnacht in der Freitagssizung der Kammer der A b- geordneten (f. Nr. 107 d. Bl.) bei der Berathung des von der Volkspartei eingebrachten Antrages gegen die „Umsturz- vorlage“ gehaltene Rede lautete nah dem „Staats-Anzeiger f. W.“ wie folgt:

Ich beschränke mih auf ganz Weniges. Für die Einbringung des Reichsgeseßentwurfs, betr. Abänderungen des Strafgeseßbuchs und Grgänzungen desselben 2c., sind alle deutschen Regierungen verant- wortlich, auch die württembergishe. Ich habe am 2%. Oktober des vorigen Jahres, nachdem ih den Tag zuvor mit meinen Herren Kollegen hier mich berathen hatte, in Berlin in einer Kon- ferenz der leitenden deutshen Minister den Anschauungen und Vor- \chlägen des zweiten Neichekanzlers Grafen von Caprivi, welchen die nah feinem Rücktritt eingebrahte Geseßzesvorlage durch- aus entspricht, zugestimmt, und im Bundesrath wurte die Vorlage einstimmig angenommen. Nach Einbringung der Geseßesvorlage wurde dieselbe sofort von verschiedenen Seiten fehr ungünstig be- urtheilt. Es wurde alsbald im Reichstag gesagt: Mit diese Vorlage würde „die deutsche Freiheit begraben“. Das, meine Herren, war jedenfalls die Absicht der verbündeten Regierungen niht. Sie wollten nicht die deutsche Ida b begraben; aber sie wollten einem gemeingefährlihen Mißbrauchß dieser Freibeit energisher und kräftiger entgegentreten und entgegenwirken Fföônnen, als ihre bisherigen Macht- und Widerstandémittel es gestattet haben. Gewollten gewaltsamen Umsturz, friedensftörende, beschimvfende An- griffe auf die Grundlagen der bestehenden Staats- und Gefellschafts- ordnung, Aufforderung zum Verbrechen, Verherrlihung von Ver- brechen, Untergrabung der Disziplin im Heere: diese Dinge wollten die Negierungen treffen; sße wollten niht die freie Meinungs- äußerung beschränken, weder über soziale, volitishe oder wirthschaft- lihe Fragen, noch auch über Fragen der Wissenschaft und der Kunst. Und wenn der Deutsche Neichétag es sür nothwendig hielt oder hält, in dieser Richtung bestimmte Garantien in das Gesetz einzufügen, jo werden, davon bin ih überzeugt, siher die Regierungen auf diesem Wege foweit mitgehen, als das irgend möglich ist. (Beifall.)

Auf die einzelnen Bestimmungen, die in der Vorlage enthalten sind, will au ich nit näbec eingehen. Es ist jeßt weder die Zeit noch der Ort dazu. Darauf wurde ja au {hon wiederholt aufmertfam ea, daß eine allgemeine Abneigung gegen ein Ausnahme gesetz besteht, daß aber, wenn man den früber den Regierungen anemvfohlenen Weg einer Verschärfung des gemeinen Rechts beschreitet, sofort die Klage erhoben wird: davon können alle Parteien getroffen werden,

das gefährde alle Parteien. (Sehr richtig!) Geseßesvorlagen, j

wie die in Prage stehende, müssen übrigens auch nah der Zeit, den Verhältnissen und Stimmungen beurtheilt werden, unter welchen sie entstanden find. (Sehr richtig!) Wenn freilid eine solhe Geseßesvorlage Monate lang herumgezogen wird (lebhafte Zu- stimmung) wenn sie von den verschiedensten Parteistandpunkten aus zerpflückt wird, wenn dann eine Kommission in 24 Sizungen die Vorlage in einer Weise abändert und umgestaltet, welche dem ursprünglichen Entwurfe fern lag, dann mag allerdings der Fall ein- treten, wie er jeßt vorliegt, daß s{ließlich niemand mehr an dem Werk rechte Befriedigung findet in der Gestalt, in der es sih jeßt präsentiert. (Beifall.) Sie haben ja auch* gehört, daß der Herr Abg. von Riedlingen selbst verschiedenen Bestimmungen, welche die -Mehrbeit der Kommission in die Vorlage herein- gebraht hat, eine Thräne niht nahweinen will. Meine Herren, zu der Zeit, wo die Vorlage entstanden is, waren gewisse bekannte anar(istische Ausschreitungen, die man in unserer s{nelllebigen Zeit bereits vergessen hat, noch in frisher Erinnerung. Damals bestand auch in einem Theil der Bevölkerung die Befürchtung und es wurde ihr laut Ausdruck gegeben —, daß die Regierungen dem fort- währenden Anwachsen und der Ausbreitung der sozialrevolutionären Propaganda doch nit zulange unthätig zusehen sollten. Die Regie- rungen ihrerseits haben nichts wahrgenommen von einem Erfolg der Bekämpfung der Pnftur En mit „geistigen Waffen“. (Zu- stimmung.) Sie haben nichts wahrgenommen von der empfohlenen Ueberwindung der revolutionären Bewegung durch „sittliche Größe“ (Heiterkeit und Zustimmung), nihts von dem Zusammengehen der ftaatserhaltenden Parteien und am allerwenigsten von einer Initiative und Selbstthätigkeit des Bürgerthums (Sehr richtig !), die der Herr Vorredner als Radikalmittel angepriesen hat, während das Bürger- thum einfach nichts gethan hat und nichts thut. (Sehr richtig !) Also man muß auch daran denken, wie damals, als der B A vorgelegt ward, die Dinge gelegen haken. Es ift dabei auch ein be- denkliher Umstand, daß zugleih ein Mangel an Vertrauen dahin sich kundgegeben hat, daß die deutshen Gerichte die in der Vorlage ent- haltenen Strafbestimmungen, deren Natur dahin geht, daß sie dehnbar sein und dem fubjektiven Ermessen Raum geben müssen auch wirkli der Absicht des Geseßgebers entsprehend anwenden würden.

Jeyt steht die zweite Berathung im Reichstag bevor. Es ist gesagt worden, daß die Beschlüsse der Kommissionsmehrheit wahr- \cheinlih werden angenommen werden. Ich halte dies niht für wahrscheinlich, aber für möglih. Der Bundesrath pflegt in derartigen Angelegenheiten frühestens zwishen der zweiten und dritten Berathung im Meichstag in einen Meinungsaustausch ein- zutreten. Es hat ein solcher bisher nicht stattgefunden. Jch nehme nun feinen Anstand zu erklären, daß die württem- bergishe Regierung, wenn die Geseßesvorlage nach den Beschlüssen der Kommissionsmehrheit unverändert angenommen würde, gewichtige Bedenken hätte, dem Geseyßesentwurf zuzustimmen. (Lebhafter Beifall.) Etwas Weiteres können wir in diesem Augenblih aber nicht erklären. Wir find es dem Bundesrath und den verbündeten Regierungen {huldig, unsere Cutschließungen niht in einem so frühen Zeitpunkt festzulegen, urs zu binden und dies öffentlih zu verkünden. Wenn aber das hobe Haus eine Meinungsäußerung über den Gegenstand ab- eben will, so bält fich die Regierung selbstverständlich für verpflichtet, bat ihren Entschließungen der Kundgebung der württembergischen Volksvertretung die Beachtung zu schenken, die fie beanspruchen darf. (Lebhafter Beifall.) i j

Ich habe nun noch einige Worte zu sagen gegenüber einer Be- merkung, die der Herr Abgeordnete von Gerabronn am Schlusse seines

Vortrags gemacht hat. Er hat gesagt. daß es doch außerordentliches

Beïremden bei den verbündeten Regierungen habe erwecken müssen, daß der Neihskanzler Graf von Caprivi am Tage, nachdem die leitenden deutshen Minister in einer so wichtigen Frage ihm durchaus zugestimmt haben, entlassen worden fei. Der Herr Abgeordnete hat ein formelles Net. der verbündeten Regierungen, bei der Entlassung und Wahl eines Reichskanzlers mitzuwirken, nicht tehauptet. Aber die Presse der Volkspartei hat das noh vor kurzem gethan. (Es war dort seiner Zeit zu lesen, es sei eine mit der Reichs- verfassung niht im Einklang stehende Eigenmächtigkeit gewesen, daß obne Mitwirkung der verbündeten Regierungen und ohne Befragen derselben ein Reichskanzler entlassen und ein neuer ernannt worden sei. Das ift der Standpunkt der württembergischen Regierung nicht, und ih glaube sagen zu fönnen, aller verbündeten Regierungen ni ch t. Die Wahl und Ernennung des Reichskanzlers steht dem Kaiser zu, und in dem betreffenden Artikel der Reichsverfassuna is nicht, wie in späteren Artikeln, wo von der Ernennung von Reichsbeamten dur das NReichsoberhaupt die Rede ist, von einer Mitwirkung des Bundesraths die Rede. Die Ernennung und Entlassung des Reichs- kanzlers ift lediglih persönlihe Vertrauens\sahe des Reichsober- haupts. Wenn diefes Vertrauensverbältniß aestört ist, so geht in den Einzelstaaten der Minister und geht im Reih der Netchskanzler. Keine andere Regierung hat das Recht, befragt zu werden und mitzu- \sprehen. Ich möchte auch wissen, wie einige zwanzig Regierungen hier befragt werden könnten. (Zustimmung.) Zudem ift ja bekannt, daß es allgemeines Verlangen ist, daß der Reichskanzler zugleich preußischer Minister-Präsident sei. Wie könnten aber die Regierungen darein sprechen wollen, wie es mit dem preußishen Minister-Präsidenten ehalten werden soll? (Zustimmung.) Wir müssen das Recht des Neich8oberhaupts achten, wie wirunser eigenes Necht au geachtet sehen wollen. (Lebhafter Beifall.) Es mag allerdings überrascht haben, daß der Reichskanzler gerade am Tage nach der Ministerkonferenz entlassen worden ift. Aber diese Entlassung hing mit der Ministerkonferenz und ihren Beschlüssen durhaus nicht zu- fammen. Es war zufällig, daß etwas, was wohl schon lange sih herausgebildet hatte, gerade am Tage nach der Ministerkonferenz zur Entscheidung kam, Es hat auch der neue Neichskanzler das Ergebniß der Ministerkonferenz aufgenommen, und es find die verbündeten Ne- gierungen darüber nicht im Zweifel gelassen worden, daß ibre Be- rathungen und das Ergebniß derselben niht alteriert werder dur die Entlassung des Grafen Caprivi. (Beifall.) Sachsen-Coburg-Gotha.

Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Herzogin und Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Alexandra und Beatrice haben der „Cob. Ztg.“ zufolge gestern Nachmittag Darmstadt verlassen, um sich nach London zu begeben, wo am 21. d. M. auch Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Hessen eintreffen werden.

Deutsche Kolonien,

__ Nach einem, wic „W. T. B.“ meldet, dem Togo- Comité aus Braß an der Niger-Mündung zugegangenen Telegramm vom 3. Mai, gezeihnet von dem Mitglied der deutshen Togo - Expedition Premier - Lieutenant d. R. von Carnap, isi die Expedition bei Say an den Niger gelangt und hat Verträge mit den Sultanen Badgamba in Pama, Adama in Gurma Vissugu, Mechali, Gara geschlossen. (Ein Ort Gara befindet sch nah der Kiepert’schen Karte am Niger 149 20‘ n. Br., 109/30“ östl. Länge von Greenwich.) Die Expedition verfolgte von dort den Niger- lauf und bestand bei Vikimi unterhalb Say ein stegreiches Gefeht. Jn Karmamma, woselbst die Pocken unter den Trägern der Expedition ausgebrochen waren, trennte si die Expedition. Der Führer der Expedition Dr. Gruner und Dr. Doering wendeten fich nach Süden, um über Borgu nach Misahöhe zurückzukehren. Lieutenant von Carnap kehrte mit den Kranken nah Braß zurü.

Präsidenten

Oesterreich-Ungarn.

Dem gestrigen Empfange bei dem Kaiser und der Kaiserin wohnten die E erivae und die Erzherzoginnen bei, ferner die obersten Hof-Chargen, der Minister des Aus- wärtigen Graf Kälnoky, der Reichs-Finanz-Minister von Kallay, der Reichs-Kriegs-Minister von Krieghammer, der Winister- Präsident Fürst zu Windischgräß, sämmtliche in Wien wei- lenden Minister mit Ausnahme des ungarishen Minister- Barons Banffy, der sein Nichterscheinen damit entschuldigte, daß er seine Gala - Uniform nicht nah Wien mitgenommen habe, ferner die Generalität, der Bürger- meister, der Nuntius Agliardi, das diplomatische Korps und der hohe Adel. Um 71/2 Uhr Abends erschien der Hof. Der Kaiser führte die Kaiserin und zeichnete u. a. den Nuntius Agliardi, den Grafen Kälnoky und den deutshen Botschafts- Sekretär Fürsten von Lichnowsty durch Ansprachen aus, wäh-

rend die Kaiserin die Gemahlin des deutschen Botschafters.

Gräfin zu Eulenburg in eine E O nd zog. Um 10 Uhr wurde der Thee serviert, worauf sih der Hof zurückzog.

Das „Fremdenblatt“ meldet in seiner Abendausgabe vom Sonnabend: „Bezüglich der Gerüchte, der Minister des Aus- wärtigen Graf Kälnoky habe von dem Kaiser die Ent- hebung von dem Amt als Minister des Auswärtigen erbeten, glauben wir zu wissen, daß der Minister des Auswärtigen am 2. d: M., also unmittelbar, nahdem ihm die bekannte Beantwortung der FJnterpellation durch dén Minister- Präsidenten Baron 1 vorlag, sein Entlassungs- gesuch eingereicht hat.“ Jn seiner gestrigen Ausgabe bespricht das genannte Blatt das Entlassungsgesuh des Grafen Kálnoky und verwahrt diesen gegen die Behauptung, daß es sih bei ihm um einen Kampfruf gegen die ungarishe Regierung gc-

handelt habe. Graf Kálnoky habe nie die ihm von der

ungarischen liberalen Partei hartnäckig zugeschriebene Gegner- schaft gehegt. Daß er sih dieses Mal zum ersten Mal gegen

die ungarishe Regiecung habe wenden müssen, sei ohne Ver-

shulden des Grafen Kälnoky durch den Eingriff des Minister-Präsidenten Barons Banffy in die Amtssphäre des Ministers des Auswärtigen herbeigeführt worden. Jn- den Graf Kálnoky vor der Veröffentlihung des Desaveus in der „Politishen Korrespondenz“ um seine Demission eingekommen sei, habe er seinerseits alles dazu bei- getragen, um dem unvermeidlih gewordenen Konflikte den Charakter eines fogenannten Konflikts zwishen Wien und Ungarn zu benehmen. Das „Fremdenblatt“ bedauert lebhaft, daß die Erklärungen . des Minister-Präsidenten Barons Banffy, zu denen leßterer sih berehtigt gefühlt habe, Oesfterreich- Ungarn einen Minister kosteten, bellen reiche Erfahrung und langbewährte Mang für Oesterreih-Ungarn ein jstaats- männisches Kapital bildeten. Das „Fremdenblatt“ würdigt {hließlich eingehend die Verdienste des Grafen Kálnoky um den europäischen Frieden.

Der Kaiser empfing am Sonnabend Vormittag den unga- rishen Minister a latere Baron Fosika in längerer Audienz und sodann den Minister des Auswärtigen Grafen Käálnoky sowie den Reichs-Finanz-Minister von Kallay. Gestern Vormittag empfing der Kaiser den Grafen Kälnoky in längerer Privataudienz und sodann den ungarishen Minister- Präsidenicn Baron Banffy. Die Audienz des leßteren währte über cine halbe Stunde. Dem „W. T. B.“ zu- folge sprach sich der Kaiser, Allerhöchstwelher denx Minister - Präsidenten einen sehr gnädigen Empfang be- reitete, dahin aus, daß eine gütliche Applanierung der Differenzen zwischen dem Grafen Kálnoky und dem Baron von Banffy erzielt werden könne und müsse. Um 12 Uhr wurde der österreichische Minister - Präsident Fürst Windischaräß vom Kaiser empfangen.

Wie „W. T. B.“ weiter meldet, finden infolge dex Acußerungen des Kaisers gegenwärtig Verhandlungen zur

Herbeiführung einer Verständigung statt, bei denen das-

officium boni viri in den Händen des ungarishen Ministers a latere Baron Josika ruhe. Gestern Abend fkonferierte Baron Banffy mit dem Reichs-Finanz-Minister von Kallay; der Minister a latere Baron Josika hatte eine Besprehung mit dan Grafen Kálnoky. Um 11 Uhr Abends kehrte Baron Banffy, nachdem er noch vorher eine Besprehung mit dem Grafen Kálnoky gehabt hatte, nah Budapest zurü.

Mehrere konservative Abgeordnete beabsichtigten, in der vorgestrigen Sißung des österreichischen Abgeordneten- hauses den Minister-Präsidenten Fürsten Windischgräß über die Antwort des ungarischen Minister-Präsidenten Barons Banffy auf die Juterpellation des Abg. Perenyi zu inter- pellieren. Die Jnterpellation, welche bereits zahlreiche Unter- schriften trug, unterblieb jedoch infolge des Communiqués der „Politischen Korrespondenz“. Der Abg. Hell wich richtete an den Handels-Minister Grafen Wurmbrand die Anfrage, ob der Minister des Aeußeren mit Rüksicht auf die bevorstehenden wirthschaftlihen Machiverschiebungen in Ost-Asien Anstalten getroffèn habe, damit die Jnteressen ODesterreich- Ungarns feine Einbuße erlitten, und ob der Handels- Minister Vorsorge getroffen habe, daß der heimische Exporthandel nah Oit-Asien keinen Abbruch, sondern eine Kräftigung erfahre. Das Haus begann sodann die Generai- debatte über die Rentensteuer. Der Finanz - Minister Dr. von Plener trat den Minoritäts-Anträgen Steinwender auf Kupons- und Dividendensteuer entgegen. Der Minister betonte: die Einführung einer konsequenten Rentenbesteueruna in Oesterxeich sei unmöglih. Man dürfe niht im Auslande sagen, ehterreiG kürze die vertragsmäßigen Kupons. Eine solhe Konsequenz wolle roeder der Minister noch da3 Haus auf sih nehmen. Er halte es für angezeigt, daß Oesterreich, obschon in etwas langsamerem Tempo, den parallelen Weg gehe wie Preußen, welches die Vermögenssteuer erst nah denz glänzenden Ergebniß der Personal-Einkommensteuer eingeführt habe. Der Schwerpunkt der Reform liege darin, daß die Privat-Nentenbezüge in der höchsten Stufe zu der Einkommen- steuer herangezogen würden. Die Regierung sei bereit, die 7 ada Personalbezüge von 300 auf 600 Fl. zu er- höhen.

Bei der am Sonnabend vecrgenommenen Reichsraths- wahl in Karolinenthal wurde an Stelle des gurüd- getretenen Abgeordneten Tilscher der böhmische Dichter Swatoplufk Czech mit 546 jungczechishen Stimmen von 584 an der Wahl betheiligten Wahlmännern gewählt.

Im ungarischen Unterhause brachte vorgestern der Abg. Graf Apponyi eine Jnterpellation ein, worin er anfragt, welhe Grundlage die Mittheilungen des Communiqué der „Politischen Korrespondenz“ vom Freitag besäßen, in welchen Handlungen oder Aeußerungen des Nuntius Agliardi dic ungarische Regierung eine Einmischung in die inneren Angelegen- heiten Ungarns erblickt habe, welhe Berührungen hinsichtlich

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der diesbezüglih zu untérnehmenden diplomatischen Schritte wischen der ungarischen Regierung und dem Ministerium des Reußern stattgefunden hätten und mit welhem Endresultat, endlih auf welher Grundlage der Minister-Präsident Baron Banffy in der Beantwortung der Jnterpellation Terenyi's erklärt habe, daß mit dem Minister des Aeußern Uebereinstimmung in den Anschauungen bestehe und daß bei der Kurie bereits die von der ungarishen Regierung gewünschten diplomatischen Schritte unternommen seien. Jm weiteren Verlauf der Sitzung nahm das Haus den Geseßentwurf, betreffend die bosnishe Bahn, sowie die Vorlage betreffs der 24 Millionen- Anleihe für Bosnien und die Herze- gowina an.

Der Ausschuß des Unterhauses zur Vorberathung des Geseßes über die Gerichtsbarkeit der Kurie in Wahlsachen hat den neu eingebrachten Zusagzantrag (fiehe Nr. 107 d. Bl.) angenommen.

Großbritannien und Jrland.

Die Gemahlin des Staatssekretärs des Auswärtigen Earl Kimberley ist am Sonnabend Nachmittag gestorben.

Frankreich. |

Bei einem Spazierritt, den der östereichish - ungari)che Botschafter Graf von Wolkenstein-Trostburg am Sonn- abend Vormittag im Bois de Boulogne machte, stürzte das Pferd, wobei der Botschafter unter dasselbe zu liegen kam und einen Rippenbruch erlitt. Nach dem gestern Vormittag ausgegebenen Bulletin verbrahte Graf Wolkenstein die Nacht S gut. Fieber war nicht vorhanden. Auch gestern

orgen war das Befinden so gut, als es den Umständen nah möglich war. :

Jn Paris verlautet, wie „W. T. B.“ berichtet, die Kreuzer „Suchet“ in Ajaccio und „Tage“ in Toulon hätten Befehl bekommen, fich bereit zu halten, um nach den japan i- \hen Gewässern abzugehen.

Rußland.

Der Namenstag der Kaiserin Ls Feo- dorowna wurde nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg gestern besonders feierlih begangen. Jn allen Kirchen wurden Festgottesdienste abgehalten. Die Straßen waren reih geshmückt und Abends festlih illuminiert.

Der Emir von Buchara is zum General - Lieutenant à la suite des Terek-Kosaken-Regiments ernannt worden.

Wie der „Grashdanin“ meldet, ist der General-Gouverneur von Turkestan, General - Lieutenant von Wrewski von iet Posten zurückgetreten und trifft demnächst in St. Peters- urg ein.

Italien.

Den am Sonnabend Abend in Rom exrschiencnen Blättern zufolge würden die allgemeinen Wahlen am 26. Mai, die Stichwahlen am 2. Juni stattfinden. Das neue Parlament werde am 8. oder 10. Juni zusammentreten.

Die „Agenzia Stefani“ berichtigt die Meldung von der Ankunft des Königs von Siam dahin, daß nicht der König von Siam, sondern fünf siamesishe Prinzen sih an Bord des Dampfers „Bayern“ befunden hätten. Dieselben seien am Sonnabend in Genua eingetroffen.

Der „Osservatore Romano“ veröffentliht das Com- muniqué der „Politishen Korrespondenz“, betreffend die FJnterpellation Perenyi und deren Beantwortung durch den Minister - Präsidenten Baron Banffy, mit folgenden Bemerkungen: Auf Grund unserer eigenen Nachrichten sind wir in der Lage, die Richtigkeit des Communiqués der „Politischen Korrespondenz“ zu bestätigen; denn wir können versichern, daß die von Baron Banffy angekündigten Reklama- tionen beim Heiligen Stuhl nicht existieren, wie sie denn auhch keinerlei Berechtigung hätten.

Serbien.

Die Skupschtina beschloß, wie „W. T. B.“ berichtet, in ihrer vorgestrigen Sißzung dur Acclamation die Annahme einer Resolution, wonach die Verwerfung der Finanzvorlage in keiner Weise das Vertrauen zu dem Kabinet berühre, welches von der Skupschtina völlig unterstüßt werde. Das Präsidium theilte diese Resolution den Ministern mit, welche bei ihrem Erscheinen mit Hochrufen begrüßt wurden. Der Minister-Präsi- dent dankte für den esluß der Skupschtina und brachte ein „Zivio“ aus, welhes lebhaften Widerhall fand. Die Skupschtina bestätigte hierauf einstimmig, unter Hochrufen auf den König, sämmtliche infolge des Verfassungskonflikts im Mai 1894 geänderten und wiederhergestellten Geseße, nahdem der Präsident Nicolajewic, als ehemaliger Chef, die Ursachen auseinandergeseßt hatte, weshalb das damalige Kabinet dem König die Aufhebung der Verfassung von 1888 gerathen habe, welche das Land an den Rand des Abgrunds und des Bankerotts gebracht hätte. Der serbisch-griehishe Handelsvertrag und einige andere Vorlagen wurden sodann durch Acclamation angenommen. Die Regierung unterbreitete der Skupschtina ein neues Preßgeseß und ein Geseß, betreffend die Organisierung der Gemeinden. Die Apanagevorlage für den König Milan soll nah Beschluß der sämmtlichen Parteiklubs heute in der Skupschtina bewilligt werden.

__ Der König Alexander ist gestern nah Belgrad zu- rüdgekehrt.

Das Ministerium wird die Session der Skupschtina am Dienstag im Namen des Königs schließen.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg ist vorgestern Abend in Familienangelegenheiten von Sofia nah München abgereist und hat für die etwa zehntägige Ab- wesenheit den Ministerrath mit seiner Stellvertretung beauftragt.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Sofia vom 4. d. M. bera in Vranja hätten Reis mmenstöße der Parteien tattgefunden, wobei eine Person getödtet und mehrere verwundet worden seien. Der Bürgermeister, zugleich liberaler Deputirter, habe an den Prinzen Ferdinand telegraphiert, daß die Polizei die Verhafteten im Gefäng- niß mißhandle und, mit Parteiumtrieben beschäftigt, ihre Auf- gabe nicht erfülle. Wenn niht Abhilfe geschaffen werde, würden die Bürger die Waffen ergreifen, um ihre Rechte zu vertheidigen. er Vürgermeister sei seines Amts entseßt worden.

Schweden und Norwegen.

„_ Die Regierungsvorlage, betreffend den Ankauf der West- küstenbahn von Helsingborg nah Göteborg dur den Staat, ist von der Ersten Ka mmer des \chwedishenR ei ch s- lags mit 89 gegen 38 Stimmen angenommen, von der

Zweiten Kammer dagegen mit 123 gegen 93 Stimmen ab- gelehnt worden. ie Frage wird nunmehr durch eine e Rae Abstimmung beider Kammern entschieden werden. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania qs! der Vorstand des Linkenvereins des Storthings eschlossen, die Linke solle für den Antrag Engelhart stimmen, wonah_ die Staatsrathsprotokolle und die sonstigen Doku- mente über das Demissionsgesuh der Regierung dem Storthing vorgelegt werden sollen. Dieser Antrag, der heute zur Ver- Rg kommt, wird voraussihtlich auch die Stimmen der echten und der Moderaten erhalten.

N Amerika, Nach einem in Madrid eingetroffenen Telegramm aus t ist der en der „New-York Zorl d“ bei Guantanamo festgenommen worden. Derselbe wird beschuldigt, Propaganda für die Separatisten getrieben zu haben. Die Truppen haben einen von Marcos Ramire in g Jnsurgentenhaufen geshlagen. Ramirez ist efallen. Der Marschall Martinez Campos soll erklärt aben, der baldige Sieg über die Rebellen sei sicher. Das „Reuter she Bureau“ meldet aus New-York, nah einem Telegramm aus Corinto habe Nicaragua das britishe Ultimatum angenommen. Das britishe Ge- Nee habe mit Ausnahme des Schiffs „Royal rthur“ Corinto verlassen. Alle zentralamerikanischen und mehrere südamerikanische Staaten hätten in Telegrammen an den Präsidenten Zelaya eine kom- merzielle Union gegen englishe Waaren und Schiffe angeregt und vorgeschlagen, daß die von England E Entschädigung innerhalb 14 Tagen in London unter Protest gezahlt und im übrigen das Ultimatum Englands einem Schiedsgericht unterbreitet werde. __ Der brasilianishe Kongreß ist am Sonnabend in Rio de Janeiro mit einer Botschaft des Präsi- denten Dr. de Moraes eröffnet worden. Die Botschaft stellt die ausgezeichneten auswärtigen Beziehungen fest und betont das Bedürfniß der Steuerreform, der Neu- organisation der Nationalgarde und der Verstärkung der Küstenvertheidigung. A der Provinz Rio Grande spricht die Botschaft den Wunsh nah baldiger Beendigung des Kampfes aus, an welchem verdächtige Elemente theil: nähmen, die die Beständigkeit der Republik gefährden könnten.

Asien.

Aus Yokohama berichtet das „Reuter'she Bureau“, nach dort eingetroffenen Nachrichten bestätige es sih, daß der Kaiser von China den Friedensvertrag unterzeichnet habe. Die bisher in den Vertragshäfen stationierten russischen Kriegsschiffe hätten diese Häfen verlassen.

_Aus Chefoo erfährt das genannte Bureau, daß John Foster und die Friedensunterhändler dort am 8. d. M. behufs Austausches der Ratifikationsurkunden erwartet würden.

Aus Hongkong in London eingetroffene Nachrichten melden, daß die Lage auf Formosa eine ernste sei. Mann- schaften ausländischer Kriegsschiffe seien in Anpeng N A um die fremden Ortsansässigen zu {hüßen.

ie britischen Matrosen patrouillierten im Hafen von Takao in bewaffneten Booten. Die Schwarzflaggen seien sehr unruhig, es würden ernstlihe Ruhestörungen befürchtet.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Majunga von vorgestern ist die wihtige Stellung von Marovay am Betsboka, 70 km von Majunga, durch die fran- zösischen Truppen genommen worden. Die Kanonen, der Proviant und viele Gefangene fielen in die Hände der Franzosen, deren Verluste unbedeutend sind, während die Hovas bedeutende Verluste erlitten ; die Haltung der Truppen war vorzüglich, ihr Gesundheitszustand ist ein guter.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sizungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (85.) Sißung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, die Staats- sekretäre, Staats - Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall, sowie der Staatssekretär Nieber- ding beiwohnten, gelangte der von den Abgg. Auer u. Gen. (Soz.) eingebrahte Geseßentwurf, betreffend das Recht der Versammlung und Vereinigung und das Recht der Koalition, zur zweiten em g,

Der Abg. von Elm (Soz.) betonte, unter Bezugnahme besonders auf Hamburger Vorgänge, die Nothwendigkeit einer einheitlichen Rege- lung des von dem Antrag berührten Nechtsgebiets für das ganze Reich. Wo es sih um das Koalitionsrecht handele, ständen selbst die frei- sinnigen Zeitungen auf seiten der Kapitalisten. Die freisinnige Volkspartei, die si wesentlih auf einige Fabrikanten stütze, sei keines- eas eine Volképartei. Jn England, Amerika und Australien herrsche volle Koalitionéfreiheit. Je mehr Freiheit man den Arbeitern ge- währe, desto mehr Ordnung werde eintreten.

(Schluß des Blattes.)

Bei der am 30. April stattgefundenen Reichstags- Stichwahl im Wahlkreise Düsseldorf 1 (Lennep- Mettmann-Remschcid) wurden nah der amtlihen g 30901 Stimmen abgegeben. Hiervon erhielt Fischbe (fr. Volksp.) 15 763, Meist (Soz.) 15 138 Stimmen. Fischbeck ift mithin gewählt.

Amtliches Wahlresultat der am 30. April im

14. württembergishen Wahlkreise (Geislingen-Heiden- heim-Ulm) vorgenommenen Reichstags-Ersawahl. Ab- gegen wurden insgesammt 14610 Stimmen. avon erhielt aurath Ehmann (fr. kons.) 6516, Fabrikant Hähnle (Dem.) 6035 und Buchbinder Dietrich (Soz.) 2016 Stimmen. 43 Stimmen waren -zersplittert. "Es is mithin eine Stich- wahl zwishen Ehmann und Hähnle nöthig. j

Nr. 18 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, aran S agen dn im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 4. Mai hat folgenden Inhalt: Die neuen Prüfangsvorschriften für den Staatsdienst im Baufach. Zugmeldewerk für Warteräume und Bahnsteige. Der Einsturz der Staumauer von Bouzey bei Epinal. Der Blackvall-Tunnel unter der Themse in London. (Schluß.) Volks-Brausebad in Breslau. Vermischtes: Preis-

ausfchreiben für den Entwurf eines Geschäftshauses des Vereins deutscher Ingenieure. Preisaus\schreiben zur Umgestaltung des Königsplaßes in Berlin. Wettbewerb für ein Shwimmbad in Breslau. Preisausschreiben für eine Turn- und Festhalle in Donaueschingen. Wettbewerb um Entwürfe für einen Saalbau in Solingen. Wettbewerb um Pläne für das neue Rathhaus in Stuttgart. Wettbewerb für ein Krankenhaus in Haynau. Boissonnet-Stiftung. Cisenbahnfachwissenshaftlihe Vorlesungen in Preußen. Grundzüge des Kleinbahnwesens von Friedr. Müller. Neue Patente.

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für Ls Kunstgewerbe wird am Mitt] woh Herr Hütteninspektor Carl Haller vom deutshen General- Konsulat in Chicago einen Vortrag halten : über die Handels- und Industrieverhältnisse der Vereinigten Staaten Amerikas, insbefondcre in Bezug auf die Förderung des Exports deutsher Produkte dorthin. Die Sißung findet statt im großen Saal des Architektenhauses, 84 Uhr Abends, N s Zur Gewinnung eines Plakat-Entwurfs für die Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896 schreibt der Arbeitsaus\{huß derselben für alle in Berlin und desen nächster Umgebung wohnhaften Künstler einen Wettbewerb aus. Die Entwürfe sind bis spätestens den 15. Juni d. J., Nachmittags 6 Uhr, an die Geschäftsstelle der Ber- liner Gewerbe - Ausstellung, Gartenstraße 160, gegen Empfangs- bescheinigung abzuliefern. Se Entwurf muß mit einem Motto ver- sehen sein und in je einem, mit demselben Motto versehenen, ver- schlossenen Umschlag Namen und Adresse des Verfassers enthalten. (Fs sind vier Preise von 1000, 500, 300 und 200 # ausgeseßt. Durch Ertbeilung der Preise gehen die Entwürfe in das Eigenthum des Arbeitsausshusses der Ausstellung über, welher das Verpielfälti- T Lans die Auszahlung der Preise erwirbt. Sofern der rbeitsaus\chuß den mit dem ersten Preise ausgezeihneten Entwurf zur Ausführung bringt, ist der betreffende Verfasser verpflichtet, den Entwurf zur 9 eproduktion erforderlihen Falls einzurihten bezw. um- zuändern. Sämmtliche Entwürf- sind in der Größe von 98 zu 65 cm (Hochformat), fertig ausgeführt, einzuliefern und müssen in großer und deutlich lesbarer Schrift den Text enthalten: „Berliner Gewerbe- Ausftellung 1896 vom 1. Mai bis 15. Oktober“. Bei den Entwürfen ist zu beachten, daß für die Reproduktion neben einer Konturplatte, welche auf photomechanishem Wege auf die Druckplatte übertragen wird, 4 Farbplatten zum Druck genügen müssen und bei An- wendung von Gold die Goldplatte für 2 Farbplatten zu rechnen ist. Sofern die am Wettbewerbe theilnehmenden Künstler perspektivishe Ansichten der Ausstellungsbauten auf ihrem Entwurf anbringen wollen, können fie einen entsprehenden Plan von der Geschäftsstelle der Ausstellung, Gartenstraße 160, beziehen und ferner die bezüglihen Angaben im Atelier der Ausstellungsbauten, Charlottenburg, Hardenbergstraße 24, erhalten. Das Preisgericht besteht aus den Mitgliedern des Arbeitsausshusses Herren Kommer- zien-Nath F. Kühnemann, Baumeister B. Felish, Geheimer Kom- merzien-Nath L. M. Goldberger, den Architekten de? Ausftellung Herren H. Grisebach, K. Hoffacker, B. Schmiß, den Direktoren der Königlichen Akademischen Hochschule für die bildenden Künste Herren Professoren A. von Werner, Döpler d. J., Woldemar Friedrich.

Der bekannte Naturforscher Karl Vogt is laut Meldung des „W. T. B.* gestern Nachmittag in Genf gestorben. Vogt wurde im Jahre 1817 zu Gießen ‘geboren, erhielt seine Gymnasialbildung in sciner Vaterstadt und begann 1833 auf der dortigen Universität das Studium der Medizin. Nachdem er im Sommer 1839 in Bern promoviert hatte, ging er nah Neuchatel, wo er gemeinschaftlih mit Agassiz und Desor fünf Jahre hindurch naturwissenschaftliche Arbeiten aus- führe. 1847 folgte er einem Rufe als Professor nah Gießen, von wo er im folgenden Jahre in das Vorparlament, später au in die deutsche Nationalversammlung zu Frankfurt a. M. gewählt wurde. Er {loß sich hier der Linken an, ging auch mit der Versammlung nach Stuttgart und wurde dort in die Reihs-Regentschaft gewählt. Im Herbst 1852 wurde er Professor der Geologie, später auch der Zoologie zu Genf. Vogt veröffentlichte zablreiche, theils wissenschaftliche, theils populäre Werke. Witer diesen Schriften sind hervorzuheben: Die „Bilder aus dem Thierleben“ (Frankfurt a. M. 1850) und die „Untersuchungen über Thierstaaten“ (Frankfurt 1851), welche im Jahre 1859 in „Altes und Neues aus Thier- und Menschenleben“ zusammengefaßt erschienen. Später wendete Vogt seine Aufmerksamkeit insbesondere der Physiologie des Menschen und dessen Urgeschichte zu, wie u. a. seine Vorlesungen über den Menschen (Gießen 1864) und die Schrift „Ueber die Mifkro- cephalen oder Affenmenshen" (Braunschweig 1866) bekunden. Er galt als einer der eifrigsten Vorkämpfer des fogenannten Materialié- mus in Deutschland und war ein entschiedener Anhänger des Dar- winismnus.

Handel und Gewerbe.

In einer am Sonnabend in Köln abgehaltenen Haupt- versammlung wurde, wie die „Köln. Ztg.* berichtet, die Verlänge- rung der Verkaufsstelle für Gießereci-Noheisen bis Ende dieses Jahres beschlossen. Inzwischen werden die Bestrebungen wegen Pud des gemeinsamen Syndikats mit den anderen Verkaufsstellen ortge!eßt.

Verdingungen im Auslande.

Spanien. j

7. Juni, 1 Uhr. Junta de Obras del rio Guadalquivir y Puerto de Sevilla in Sevilla: Anschaffung eines Schleppdampfers. Marimalpreis: 158 259 Pesetas. Kaution: provisorish 1000 Pesetas, später 5 9/0 der HUM anme. Bedingungen zur Einsicht bei der ausschreibenden Behörde; Auszug daraus nebst Angebotsformular in spanischer Sprache beim „Reichs-Anzeiger“.

: Dänemark.

15. Mai, 12 Uhr. Staatsbahnverwaltung (Trafikaldelingens Contoir, Hauptbahnhof) in Aarhus: Lieferung von 250 bis 300 Persenningen. Bedingungen und Proben zur Ansicht an Ort und Stelle. Angebote mit der Aufschrift: „Levering af Pre- senninger“,

Verkchrs-Anstalten.

St. Petersburg, 6. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer- verkehr mit Kronstadt ist eröffnet. Auf der Rhede hinter Kronstadt \ind einzelne ofen: Stellen sichtbar.

Theater und Musik.

i Königliches Opernhaus.

Das zweiaktige „musikalishe Schauspiel" „Der Evangeli- mann“ von Wilhelm Kienzl, das am Sonnabend zum ersten Mal in Berlin aufgeführt wurde, fand raushenden Beifall, und der Dichter - Komponist konnte fast ein Dußend mal vor dem Vorhang erscheinen, um den Applaus des Hauses entgegenzunehmen. Einen Zug hat die Kienzl’she Oper vor vielen voraus: das ist der seltsame Stoff. Wer hätte je gedacht, daß aus einem Polizei- beriht eine Oper gemacht werden könnte! Und doch hat Kienzl aus den „Papieren eines Polizei-Kommissars* (Dr. Leopold Florian Meißner) seinen Stoff ges{chöpft und damit eine Art, sagen wir, modern- realistisher Oper geschaffen. Ist auch die Bearbeitung der Polizei- begebenheit in Versen ungelenk und holprig, sodaß man für die

ukunft dem Komponisten den Rath geben möchte, die Poesie den ihtern zu überlassen, so ist doch die Kraft seiner musikalischen Begabung fo stark, daß sie selbs triviale Stellen dur den Glanz prächtiger Orchestrierung zu adeln vermag. Freilich fordert