1895 / 109 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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beliebten Flammkoblenzechen. Die Bemühungen des Syndikats, die

Ausfuhr der Ruhtkohlen zu vergrößern, finden bei der englischen -

Kobhlenindu lebhaften Widerstand. Die englishen Kohlenpreise v pat Hr den niedrigsten je gekannten Stand erreiht, und wenn es troßdem gelungen ist, an der deutshen Nordküste fortwährend an Boden zu gewinnen, fo ift das lediglih dem einmüthigen Vorgehen, wie es nur durch das Kohlensyndikat zu ermöglichen war, zuzuschreiben. Von der Leipziger Monatsschrift für Terxtil- Industrie, die von Theodor Martin's Textilvælag in Leipzig heraus- gegeben wird, liegt das vierte Heft des zehnten Jahrgangs- vor. In dem neuen Heft wird nah einem kurzen Cingangéartikel der Bericht des Webschul-Direktors E. Lembcke in Krefeld „Üeber die Textil-Jn- dustrie und deren Maschinen in den Vereinigten Staaten“ zu Ende geführt. Inhaltlich besonders reich is die Rubrik, welche das Gebiet der Spinnerei behandelt. Den Fachmann dürfte eine Abhandlung des Ingenieurs Otto Johannsen, Facbschul.- Direktors in Reut- lingen, „Ueber die Bestimmung der Dimensionen des Selfaktor- fößers“ interessieren; vcn allgemeinerem Interefe dagegen sind die weiteren Mittheilungen über „bauliche und mast inelle Einrichtungen moderner Baumwollspinnereien“, die cingehnde Beschreibung der „Neueinrihtungen der Baumwollspinnerei am Staßtbach in Augsburg u. a. m. Lehrreiche E finden sih ferner in den Abtheilungen des Heftes, in welchen die Weberei, Wirkerei, Färberci und verwandte Gebiete behandelt werden. Das Beiblatt „Der Musterzeichner“ ent- hält wieder ein Blatt der für die „Monatsschrift“ gewebt:n Stoffmuster.

Verkehrs-Anstalteu.

Der Postdampfer „,Zaandam“ der Niederländisch - Amerika- nishen Dampfschiffahrts-Gesellshafr ist am 6. Mai ia New-York angekommen. j : S

Triest, 6. Mai. (W. T. B.) Der Lloydrampfer „Ettore“ ist, von Konstantinopel kommend, gestern Nachmittag hier angekommen.

London, 6. Mai. (W. T. B.) Der i „Dunottar Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreife von Southampton abgegangen. Der Castle - Dampfer „Lismore Castle“ ist gestern auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle-Dampfer „Methven Castle“ ist am Sonnabend auf der Auéreise in Durban (Natal) angekommen. Der Union- Dampfer „Svartan“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von

Southampton abgegangen.

Theater und Musik.

Lessing- Theater. 4 -

Am Sonnabend gelangte Alexandre Bissons Schwark „Madame Bonivard“, der vor mehreren Jahren im Wallner- Theater zahlreiche Wiederholungen erlebte, zur crsten Aufführung und erzielte den gleiden Lacherfolg wie dort auf der Bühne des Lessing- Theaters. Unter den Darstellern trat Fräulein Marie Meyer, welche die Titelrolle gab, am meisten in den Vordergrund; bei einem Vergleich mit der Frau Schramm, welche die Rolle im Wallner- Theater zu fo ‘durch|ch{lagender Wirkung brahte, mußte Fräulein Meyers Es besonders #nponieren; sie betonte das Drastisch- komische der Gestalt nit fo nahbhaltig wie ihre Vorgängerin und befleißigte sih überall einer gewissen künstlerishen Zurückhaltung, die der gesammten Aufführung zu gute kam. Im übrigen kann man von einem flotten und frisben Zusamienfpiel berichten, bei dem die Herren Franz Guthery (Bourgeneuf), Défkfar Sauer (Henri Duval), Franz Schönfeld (Champeaur) und die Damea Tilly Waldegg (Diane Duval) und Marie Elsinger (Gabrielle) alle an ihrem Baye Tüchtiges leisteten, sodaß si die dem Schwank innewobneude

ustigkeit ungeshmälert auf die Zuschauer übertrug.

Im Königlichen Overnhause findet morgen die dritte Aufführung von Wilhelm Kienzi's musifalishem Schauspiel ,Der Evangelimann“ (Herren Svlva, Bulß, Damen Pierson, Goetze) unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung ftatt.

Im Königlichen Schauspielhause wüd morgen Nicolay Gogol’s Lustspiel „Der Revisor“ (Herren Vollmer, Klein) gegeben. Am Donnerstag geht nah mehrjäbriger Pause Goethe’'s „Torquato Tasso“, mit Herrn Matkowsky in der Titelrolle, neueinstudiert in Scene.

_Im Neuen Theater gelangt, wie bereits gemeldet, morgen Pinero’'s Schauspiel „Die zweite Frau“ (The second Mrs. Thangqueray) zur ersten Aufführung.

In dem am Freitag in der Philharmonie stattfindenden Konzert des Sängerbunds des Berliner Lehrervereins (Leiter : Professor 5. Schmidt) zum Besten der Lehrer-Wittwen- und Waisenkasse übernimmt Fräulein Amelia Heineberg die pianistishe Mitwirkung mit Liszt's X11. Rhapsodie und Moriß Mogszkowski's Pièce „Rococo“. Für das Konzert der Altistin Fräulein Lina Rücker (Saal Bechstein, am Donnerstag) hat der Königlihe Kammervirtuose Herr Felix Meyer seine Mit- wirkung zugesagt. Der Künstler wird an diesem Abend Ecnst's

Castle-Dampfer | 755 Hasen.

eUngarishe Weisen“, eine Legende von Bohm und „Moto perpetuo“ von E Gehör E r die zehn Phil harmonischen Konzerte der kommenden ison werden Anmeldungen zur Abonnements-Erneuerung, sowie Abonnements-Neuanmeldungen fon jeßt in der Hofmusikalienhandlung vôn Ed. Bote u. G. Bo, fowie bei der Konzerttirektion Hermann Wolf, Am Karlsbad 19, entgegen-

genommen. Jagd.

Zusammenstellung des im Bezirk des Königlich preußishen Hof-Jagdamts in der Jagd - Saison 1894/95 erlegten Wildes und Naubzeugs.

A. Auf Hofjagden wurden erlegt : am 9. November 1894 in der Fasanerie Entenfang in 3 Standtreiben 2 Rebe, 448 Fafanen, 15 Hasen, 7 Rebhühner, 1 Verschiedenes; am 23. und 24. November in der Kolbigz-Leßlinger Heide in 3 Lappjagen mit Abstellung auf Damwild, 1 Suche mit der Findermeute auf Sauen 144 Schaufler, 365 Spießer und Wild, 320 grobe Sauen; am 12. und 13. Dezember im Saupark bei Springe in 1 abgestellten Jagen auf Dam- und Schwarz- wild, 2 Suchen mit der Findermeute auf Sauen 9 Schaufler, 21 Spicfier und Wild (Damwild), 142 grobe, 195 geringe Sauen; am 21. Dezember in Königë-Wusterhausen in 2_ abgestellten Jagen auf Dan:wild und Sauen 77 Schaufler, 190 Spießer und Wild, 133 grobe, 45 geringe Sauen; am 28. Dezember auf der Insel Pots- dam în 4 Standtreiben, 1 Streife 664 Hasen; am 11, Januar 1895 in Brit, Buckow, Gr.-Ziethen in 2 Standtreiben 993 Hasen.

B. Auf Hof-Jagdamts-Jagden wurden erlegt: am 5. Ja- nuar 1895 in Lankwiß und Mariendorf in 3 Kesseln, 1 Standtreiben 662 Hasen; am 7. Januar in Kiekebusch und Rotis in 4 Kesseln, 1 Standtreiben 336 Hasen, und im Fürstenwald bei Oblau in 1 Kessel, 2 Streifen 2 Rehe, 27 Fasanen, 457 Hasen, 5 Verschiedenes; am 14. und 15. Januar im Feldjagdgehege bei Caffel in 8 Kefseln

C. Auf der PúrschGe, Suche, kleinen Treibjagden u. f. w. wurden erlegt sowie durch Fang erbeutet: im Hohwildgehege Schorf- heide, Grunewald, Königs-Wusterhausen, Göhrde, Springe, Kirchrode und Kolbitz-Lezlinger Heite 145 Hirsche, 355 Spießer und Wild (Rothwild), 196 Schaufler, 712 Spießer und Wild (Damwild), 33 grobe, 102 geringe Sauen, 113 Nebe, 1 Fasan, 964 Hasen, 107 Rebbühner, 213 Gänse, Enten, Schnepfen u. \. w., 225 Reiher, Kormorane u. f. w., 137 Füchse, 27 Marder, 22 Fe 98 Raub- vôgel, 265 Verschiedenes; im Wildpark, Fasanerie und Feldjaadgehege Infel Potsdam 8 Hirsche, 5 Spießer und Wild (Rothwild), 1 Schaufler, 64 Rehe, 410 Fasanen, 334 Hafen, 207 Rebhühner, 59 Gänse, Enten, Schnepfen u. \. w., 2 Nether, Cormorane oder dergl., 9 Füchfe, 8 .Moarter, 26 Iltisse, 36 Wiesel, 37 Raubvögel, 763 Verschiedenes; im Stadtforst Spandau 11 Spießer und Wild (Damwild), 20 Rebe, 82 Hasen 105 Rebhühner, 22 Gänse, Enten, Schnepfen u. f. w., 6 Füchse, 1 Marder, 1 Iltis, 5 Wiesel, 1 Raubvogel, 41 Ver- schiedenes; im Feldjagdgehege tei Berlin 3 Rehe, 1 Fasan, 188 Hasen, 1339 Rebhühner, 2 Länfe, Enten, Schnepfen oder dergl., 5 Füchse, 6 Marder, 10 Iltifse, 60 Wiesel, 19 Raubvögel, 189 Verschiedenes ; im Fürstenwald und Feldjagdgebege bei Ohlau 32 Rehe, 145 Fafanen, 719 Hasen, 356 NRebbühner, 9 Marder, 34 Iltifse, 37 Wiesel, 254 Raubvögel, 755 Verschiedenes; im Feldjagdgehege bei Caffel 7 Rebe, 32 Hasen, 153 Rebbhühner, 6 Gänfe, Enten, Schnevpfen u. \. w., 1 Reiber, Cormoran oder dergl., 16 Fücbfe, 1 Marder, 24 Iltifse, 24 Wiesel, 33 Raubvögel, 288 Verschiedenes.

_ Die gesammte Jagdbeute betrug 153 Hirsche, 360 Spießer und Wild (Rothwild), 427 Schaufler, 1299 Spießer und Wild (Dam- wild), 628 grobe, 342 geringe Sauen, 243 Rebe, 1032 Fafanen, 6161 Hasen, 2274 Rebhühner, 302 Gänfe, Enten, Schnepfen u. s. w., 228 Reiher, Kormorane u. \. w., 173 Füchse, 52 Marder, 117 Iltifse, 162 Wiesel, 442 Raubvögel, 2307 Verschiedenes.

Mannigfaltiges.

__ Nach Allerböchster Bestimmung Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin findet die diesjährige Generalversammlung des Vaterlän- dischen Frauenvereins am Donnerstag, den 9. Mai 1895, Vormittags 11 Uhr, in der Sing-Akademie : statt, wozu wir alle Mitalieder des Hauptvereins sowie unserer Zweig- und Hilfsvereine hierdurch freundlihft einladen. ur Legitimation beim Eingang dient die Quittuxg über den ge- ¡ahlten Vereinsbeitrag. : Der Vorstand des Vaterländischen Frauenvereins. Charlotte Gräfin von Itenplit.

Die Gedenkfeier für Gustav Freytag, welbe der Verein „Berliner P1esse“ am 19. d. M., Mittags 12 bis 1 Uhr, im Festsaale des Rathhauses veranstaltet, wird durch einen Prolog von

i 1}

Ernst -von Wildenbruh- eingeleitet werden. Die Gedäctnißrede

: bä! “Profesor Dr. Erich idt. Vorträge eines Gefa

Den Babe seren "vie a8 Lecitbriges Mitglied es Wiesbabectn , die-als lan itglie eésba

Hoftheaters vem verstorbaiek Dichter perjönlich fannt war. -

Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes hat

in feiner gestrigen Sißung zwei neue industrielle Preisaus- schreibungen zu erlaffen beschlofsen. Für jede der beiden Auf- gaben ift ein Preis von 3000 4 und eine silberne Denkmünze aus- esezt. Die eine Preisausshreibung betrifft die Frage der Unter-

Facidung der Fette. Die bisherigen Untersuhungsmethoden sind theils zu s{chwierig. theils in ihren Ergebnissen unsicher, theils auch noch nit genügend geprüft. Zweck der Ausschreibung ift es .nun, ein einfaches und zuverlässiges Untersuhungsverfahren zur Unter- scheidung der Fette zu gewinnen, ein Verfahren, das vor allem auch von Laien anwendbar sein muß. Die zweite Preisausfhreibung betrifft das Verhalten mehrerer gleichzeitig vorhandener Metalle bei elefkftrolytischer Lösung und Fällung unter den in der Großindustrie gegebenen Verhältnissen. Die von dem Verein früher erlassene Preisaufgabe über E isenanstrih hat 5 Bewerbungen gefunden. Vier der Arbeiten waren ungenügend ; die fünfte brahte zwar keine volle TolueR der Aufgabe, enthält jedo soviel vortrefflihes Material, daß der Verein bes{loß, dem bisher noch. niht bekannt gegebenen Verfahren zwar niht den vollen Preis, wohl aber die Medaille und außerdem 2000 M zu bewilligen, falls derselbe dem Verein die Arbeit zur Ver-

offentlihung überläßt.

Im wissenschaftlichen Theater der Urania hielf am Sonncbend Abend Herr Dr. P. Schwahn eiren interessanten Vortrag über das Laibacher Erdbeben. Der Vortragende war im Auftrage des Instituts im Verein mit Herrn Profeffor Dr. Lubarsch nah Laibach gereist und erläuterte seine auf cigenen Anscauungen beruhenden Mittheilungen durch eine große Reibe von dem S angefertigter photographischer Aufnahmen. Diese bestanden in Ansichten der Stadt und der zahlreichen beshädigten öffentlihen Bauwerke, Kirlhen und Wohnhäuser, der primitiv eingerichteten Baracken und Schuppen, in denen die geängstigten Bewohner Zuflucht ge¡uht haben,

der zum Kampieren im Freien eingerichteten Pläße, der Zeltlagec der

Offiziers- und Beamtenfamilien 2c. Momentaufnahmen veranshau- lichten ferner in drastisher Weise die Scenen bei der Vertheilung von Lebensmitteln an die hungernden Obdachlosen. Besonders lenkte der Redner die Aufmerksamkeit noch auf die eigenthümlichen Verdrehungen der oberen Theile der Kirhhofsdenkmäler, steinernen Thorpfeiler und Kirhtkürme, welche in ihrer Uebereinstimmung deutlih auf die Richtung der Erdstöße hinweisen. Auch die vermuthlice Urfae des Erdbebens erörterte Redner im Anschluß an Beobachtungen bei früheren Katastrophen ähnlicher Art in“ dem dortigen Gebiet und unter fritisher Abweisung der Falb'sben Theorie. Der Vortrag war durch die Erzählungen von Bewohnern, welche die Schreckensnacht miterlebt, sowie durch die Schilderung der vielen tragikomishen Situationen, welche das Erdbeben für die Be- wohner im Gefolge hatte, interessant gestaltet. Mit einem Appell an die Mildthätigkeit für die armen Opfer der Katastrophe {loß der Redner. i :

Morgen Abend findet in der Urania bereits wirder cine Première statt, und zwar wird Herr R. Tabbert, der sich längere Zeit in Süd-Afrika aufgehalten hat, nah seinen eigenen EGrlebnissen die „Afrikanishe Schaßkammer, die GBoldfelderTransvaals“ schildern. Eine große Zahl an Ort und Stelle gemachter Aufnahmen wird den Vortrag illuftrieren.

Die foecben ershienene Sommer - Ausgabe des „Berliner Verkebrs-Lexikons" (berausgegeben von Max Schildterger; Preis 40 ch4) enthält in gedrängter Kürze und übersichtlicher An- ordnung alles, was das öôffentlihe Berlin und feinen Verkehr betrifft. Bei jeder Straße is vermerkt, wo sie zu finden ist und welche Verkehrslinien zu ihr führen. Ferner giebt das Buch die Besuchs- und Bureauzeiten aller öffentlihen Institute und Behörden an und ertheilt auch über den Berliner Eisenbahnverkehr willkommene Aus- kunft. Der neu beigefügte Plan von Berlin ist eine angenehme e gabe. Die gebundene Ausgabe (Preis 70 4) ift mit einer origincllen Titelzeihnung von Professor Döpler d. J. ges{müdt.

Kattowitz, 6. Mai. In dem österreihischen Dorfe Brzezinka, wo in der vergangenen Woche bereits 65 Besitzungen eingeäf{hert würden (vergl. Nrn. 103 u. 104 d. BL.), find laut Meldung des „W. T. B.“ heute früh wiederum mehrere Gebäude niedergebrannt.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in dér Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 7. Mai 90 8 Uhr Morgens.

temperaturen gestern im Binnenlande fast überall Grad. Fortdauer der bestehenden Witterungs- verbältnifse wahrscheinli.

vard. Anfang 74 Uhr.

Deutsche Seewarte. Freitag: Madame Bonivard.

Stationen. Wind. Wetter.

in 9 Celsius

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres\p Temperatur 50 C. = R.

red. in Millim.

L]

Belmullet . ¡O wolkenlos Aberdeen [SO 2\wolkenlos |. Christiansund ¡NO Dunst

Kopenhagen . 2\wolkenlos Stocktholm . ill|wolkenlos Haparanda . halb bed. | St. Petersbg. roolfenlos Moskau .….… | 776 [NNO 1\wolfig

Cork, Queens- town, . .. | 769 Gherbourg . | 767 E eal S E e e] T6 Pefbura «e RCD winemünde | 776 Neufahrwafser| 777 Memel ...| 778

764

771

767

768 ¡ND 767 |D 61 1D

baus.

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Nebersiht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung hat \sich seit gestern wenig verändert, und daber dauert über Zentral- Europa die ziemlih lebhafte, vorwiegend östliche Luftstrômung fori. Auch das Wetter zeigt über Deutschland wenig Aenderung, allenthalben herrscht wolfkenlofe, trockene Witterung, die Morgentempera- turen find fast überall niedriger als vor 24 Stunden, indessen erreichten oder überschritten die Nahmittags-

V3 U U U O f D ps (a O i D H O an

Male :

Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoh: Opern- 116. Sehuns: Der Evangelimaun. Musikalishes Schauspiel in von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit. von Wilhelm Kienzl. feßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dekorative Ein- rihtung vom Ober-Infpeftor Brandt. Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 74 Uhr. Zchaufpielhaus. 122. Vorstellung. Der Revisor. Lustspiel in 5 Aufzügen von Nicolay Gogol, deuts von Glîía von Schabelsky. In Scene geseßt vom Ober-Regisscur Max Grube. Anfang 73 Uhr. Donnerstag : Opernhaus. 117. Vorstellung.Carmen. heit e Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von etter Beury Meilhac und Ludovic Halévy, nah einer ovelle des Prosper Mérimée. (José: Herr Naval, vom Stadt-Theater in ffurt am Main, als leßte Gastrolle.) Anfang

Schauspielhaus. iz studiert: Torquato Tafso. chauspiel in 5 Auf- ¿zügen von Wolfgang von Goethe. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang 7x Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch: DasLumpeu- gefindel. Anfang 74 Uhr. Freiton i00 Arcileacs Vorftellung): P reitag (33. *Abonnemezts- ellung) : riuz Friedrich von Homburg. franzöfischen des Meilhac und Halévy von Jaques L ffenbah. Regie: Herr Epstein. Dirigent: Herr 5 Kapellmeister Ferron. Anfang 74 Uhr. Berliner Theater. :: Die Ehre. Hermann Sudermann.

Donnerstag: Die Freitag (34. Abonnements-Borftellung): Die Ehre.

Carl Zeller. Regie: Herr Fredy.

2 Aufzügen, nah einer In Scene ge- Anfang 7# Uhr.

Dirigent :

4 Akten von A. Pincro.

Mrs. Tanqueray.) Freitag: Demi-Monde.

Tanz von Emil | von Alexandre Dumas.

Residenz - Theater.

123. Vorstellun Neu ein-

Donnerstag und folgende

Ehekoutrakt.

Direktion : Julius Leben. Komische

Mittwoh: Zum ersten Schauspiel in 4 Akten von Anfang 7# Uhr. Läfterschule,

Donnerstag: Pariser Leben.

Male: Unter artistif

Lessing-Theater. Mittwoh: Madame Boni-

Donnerstag : Der Herr Senator.

Friedrich - Wilhelmstödtisches Theater. Mitiwod: Dex Obeomeiger. Operette in l 00): . e 3 Akten von L. Held und M. West. Musik von

Kapellmeister Dahms. Ermäßigte Preise der Plätze. Donnerêtag: Der Obersteiger.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a2./5. Mittwoch: Zum ersten Male: Die

(The second Mrs; Tangueray.) euts von Carl Lindau. Donnerstag: Die zweite Frau.

Sittenbild in 5 Akten

Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. MVittwoch: Fer- uand’s Ehekcoatraft. (Fil à la patte.) e Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be- ar eitung von Benno e Sue E e. Rudolf von Sgeliha (Zessel). Mi

TheaterUnter den Linden. Behrenstr. 55/57. i rißshe. Mittwoch: Pariser in perette in 5 Bildern nah dem

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion Richard Sulz. Mittwoch: Zum 5. Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtnerplagz-Theater in

München : Figaro bei Hof. (Roccocco.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarchais' Memoiren) von Bobrmann-Rieger. Musik von Alfred Müller- Norden: Anfang 7# Uhr.

Donnerstag: Figaro bei Hof.

AdolphErnst-Theater. Leßte Woche. Mitt- woh: Madame Suzette. Vaudeville - Posse in 3 Akten von Ordonneau. Musik von- Edmond Audran. In Scene gesezt von Adolph Ernft. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Madame Suzette. 6

Sonntag Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Kassen- preisen : Charley’s Taute.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Sophie Brück mit Hrn. Militär- Intendantur-Affsessor Dr. Wilhelm Schulß (Osna- brück). Frl. Helene Goecke mit Hrn. Sec.- Lieutenant Georg Heistermann von Ziehlberg (Montwy Inowrazlaw). Frl. Ella von Sprenger mit Hrn. Lieutenant Friedrich Franz Grafen von S{hlieffen (Malitsch).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieutenant de Cuvry (Colmar i. E.) Hrn. Rittmeister d. L. Joachim von Alvensleben (Falkenberg i. M.). EineTochter: Hrn. Legations-Sekretär Christoph Grafen Vißthum von Eckstädt (Dresden). rh s

In. DauPt-

mann Mar von Hopffgaiten- Heidler (Weimar).

Dirigent : Herr

weite Frau. hauspiel in

(The second

wank

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei- und Verlags- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage), sowie die Juhaltsaungabe zu Nr. 6 des öffett- lichen Vagei ers (Kouimanditgesellschaften auf Aktieu Akti I die Woche vom 29, April vis 4 Mat L895,

N Ï .

zum Deutschen Reichs-A

„V 109.

Deutscher Reichstag. 75. Sizgung vom Montag, 6. Mai.

Bei der zweiten Berathung des von den Abgg. Auer und Genossen (Soz.) eingebrahten Geseßentwurfs, betreffend das Necht der Versammlung und Vereinigung und das Recht der Koakition, erhält zu § 1, der allen Reichs- angehörigen ohne Unterschied des Geschlehts das unbeschränkte Versammlungsreht zuspriht, nah dem Abg. von Elm das Wort

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath von Herr- mann: -

Meine Herren! Ich gedenke die Diskussion niht lange aufzu- balten, ich bitte mir aber zu gestatten, eine Aeußerung des Herrn Vorredners richtig zu stellen, die sh auf eine Bemerkung in meiner lezten Rede bezogen hat. Ich hatte damals gegenüber einem Zuruf des Herrn Abg. Grillenberger mich auf das Referat des Herrn Landtags - Abgeordneten Dr. Pichler zum Nachweis dafür bezogen, daß gewerkschaftlihe Vereinigungen mit Frauen auch in Bayern eristieren und von der Regierung niht behindert werden. Ich habe damals nur eine ganz furze Stelle aus dem Pichler’shen Referat vorgelesen, und fie hat in der That zu Mißverständnissen führen fönnen. Ich habe daher in meinem Stenogramm, wie der Herr Vorredner ganz rihtig bemerkt hat, dies unterdrückt. Ih bin nun veranlaßt durch das, was er gesagt hat, die betreffende Stelle aus dem Referat des Herrn Abg. Dr. Pichler vollständiger vorzuführen, und das hohe Haus wird daraus entnehmen, daß ih mich mit Recht auf das Pichler'she Referat berufen habe zum Nachweis dafür, daß nicht nur gewerkshaftlihe Vereinigungen mit weiblichen Mitgliedern in Bayern erxistieren, sondern daß sie auch von den bayerishen Behörden in feiner Weise gehindert werden. Das Referat lautet:

Daß die Gewerkschaften übrigens thatsählih von den Staats- bel örden in Deutschland wie in Bayern als politishe niht ange- sehen und behandelt werden, ist daraus zu entnehmen, daß dieselben den Artikeln 15 und 17 des Vereinsgeseßes nicht unterworfen werden. Nach Art. 17 ift volitishen Vereinen nicht gestattet, mit anderen in Verbindung zu treten. Bei ten Gewerkschaften besichen aber nit bloß einzelne: lokale Verbände, sondern dieselben find na den verschiedenen Berufen zentralisiert, und die ganze Organisation hat eine gemeinsame leitende Stelle in der „General-Kommission der Gewerkshaften Deutschlands" in Hamburg. Nach der im „Korrespondenzblatt der General- Kommission der Gewerkschaften Deutschlands“ Nr. 21 vom 9. Oktober 1893 veröffentlihten Statistik für das Jahr 1892 ge- börten zu dieser zentralisierten Organisation gerade auch die hier in Frage stehenden Gewerkschaften der Metallarbeiter mit 334 Zweigvereinen, Schneider mit 185 Zweigvereinen und Textilarbeiter mit 56 Zweigvereinen. Denselben gehören nah derselben Statistik 152 resp. 131 und 620 weiblihe Mitglieder an. Unterverbände dieser Gewerkschaften bestehen auch in Bayern; z. B. in dem „Wegweiser durch die Münchener Gewerkschaften“ vom Februar 1891 ist eine Zahlftelle des „Deutschen Schneider- und Schneiderinnen-Verbands*“ in München aufgeführt.

Sonach sind die vorgenannten Gewerkschaften nicht bloß der Natur der Sache nah als nichtpolitishe Vereine zu behandeln, sondern fie werden auch thatsächlich von den bayerischen Staats8behörden felbst als nichtpolitische Vereine betrachtet; sie genießen den Schuß des § 152 der Reichhs-Gewerbeordnung.

Ich glaube Ihnen damit nachgewiesen zu haben, daß ich leßzthin

iht unrihtig aus diesem Referat zitiert habe.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Die Behauptung des Abg. von Elm, die freisinnige Volképartei sei cine Gegnerin der Koalitions- ‘freiheit, ist niht rihtig. Die freisinnige Volfspartei hat dur ihr Verhalten bei dem großen Bergarbeiterstrike bewiesen, daß sie nicht bloß auf dem Papier La das freie Vereins- und Verfammlungsrecht und die Koalitionsfreibeit eintritt. Was den vorliegenden Antrag betrifft, so wird meine Partei abwarten, wie sich das Haus zu dem §1 ftellt, um eventuell eine Amendierung der anderen Paragraphen zu versuzen. Wenn das Vereins- und Versammlungsrecht geregelt wird, so muß dabei auch die Ueberweisungsfrage geregelt werden. Ich bin für die Ausdehnung der Vereins- und Koalitionsfreiheit auf die Frauen, halte aber die Betheiligung der Minderjährigen an poli- tishen Versammlungen für unzulässig.

Abg. von Czar linski (Pole): Den Worten, welche der Abg. Freiberr von Hodenberg in der ersten Berathung des Antrags über die Behandlung des bestehenden Vereins- und Versammlungsrehts spra, müssen wir uns anschließen. Mit Reht wird auch beklagt, daß die Aufficht nit immer von Leuten ausgeübt wird, die dafür das nöthige Verständniß haben. Uns scheint es insbesondere, als ob die Polen hintangeseßt würden. Die Tendenz des eingebrachten Geseßz- entwurfs wird von uns durchaus gebilligt, wir wollen aber ein Geseß nicht nur für Arbeiter, abers für alle Be- völkerungsflassen. Die Form, "in welher der Antrag die Tendenz verwirklit, s{heint uns auch nicht glücklich. Wir machen einen Unterschied zwif{hen politishen und nihtpolitischen Versamm- lungen. Wir wünschen die Frauen nit aus ihrer erhabenen und ge- mütbhvollen Sphäre in die Politik hineingerifsen zu sehen. Auch die lernende Jugend soll noch nit in den Kampf treten. Deshalb könnten wir nur der Aufforderung an die Regierung zustimmen, endli ein einbeitlihes Vereins- und Versammlungsreht zu schaffen.

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vg.): Am shlimmsten sieht es mit dem Vereinsrecht in Mecklenburg aus, viel besser freilich in Preußen au nit. Ein gutes Vereinsrecht müßte von dem Wunsch diktiert fein, die pffentlichen Angelegenheiten in angemessener Form ohne Unterdrückung des freien Mleinnaapautiaschet zur erhandlung tommen zu lassen. Wenn der fozialdemokratische Sricun für uns annehmbar werden sollte, würden eine Reihe von Amendements nôtbig sein. Ein ¡Derarians zur Erweiterung des Frauenrehts nach der politishen Seite hin \cheint uns zur Zeit niht vorzuliegen. Vor allem aber halten wir einen Zeitpunki, in welhem über ein Umsturz- gese beshlossen werden soll, nit für geeignet, Aussicht auf ein gutes neues Vereinsgeseß zu eröffnen. Wir werden deshalb gegen den fozial- Pete Gesegentwurf stimmen.

bg. Stol le (Soz:): Wir haben in Sachsen niht mehr das Recht, Versammlungen abzuhalten; denn wenn freilich nah dem Geseß eses Recht allen in gleihem Maß zusteht, so entspricht das nicht

Erste Beilage

nzeiger und Königlich Preußishen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 7. Mai

den Intentionen der Regierung, und der sächsische Minister des Innern hat angeordnet, daß gegen die Sozialdemokraten \chärfer vorgegangen werde als gegen andere Parteien. Selbst die Wählerverfammlungen wurden aufgclöft. So wurde eine Wählerversammlung zur Berathung der Umsturzvorlage aufgelöst, weil sie sich „als jozialdemo- kratishe fTennzeichne“. Wer darf uns das Recht ab- sprechen, über die Angelegenheiten des Staats zu reden? Ein konservativer Verein, ein Verein also, der zur Ordnungépartei gehört, hat einen Aufruf erläfsen, der die Aufhebung verfassungs- mäßiger Rechte verlangt. Dieser Aufruf ift durch Staatsbeamte und Kommunalbeamte verbreitet worden, ohne daß dagegen eingeschritten worden wäre. Wir verlangen vor- allem Gleihberechtigung mit den anderen Parteien. Die sächsische Bevölkerung wäre, gepeinigt dur die Handhabung des Vereinsgeseßes, schon längst zum Aufruhr ge- schritten, wenn die sozialdemokratishen Führer nicht verständig genug wären, fie davon abzuhalten.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Königlih sächsischer Gesandter Dr. Graf von Hohenthal und Bergen:

Meine Herren! Gegen den Schluß seiner Ausführungen hat der Herr Vorredner gesagt, daß ein Aufruf, dessen Inhalt er zum theil uns mitzutheilen die Güte hatte und von dem er gemeint hat, daß er von den Ordnungsparteien ausgegangen sei, durch Beamte kolportiert worden sei. Der Herr Vorredner hat dieselbe Behauptung in der Landtagésitzung vom 27. Februar 1894 aufgestellt. Es ift ihm damals vom Negie- rungstisch aus erwidert worden, daß, wenn ein derartiges Kolportieren durch Beamte geschieht, dies den Intentionen der Regierung nit entspriht. Zugleich ift er aufgefordert worden, den Beweis beizu- bringen für das, was er gesagt hat. Der Herr Abg. Stolle hat diese Behauptung jeßt ebenso wiederholt. Daß er sie bewiesen hätte, kann ih für meinen Theil niht anerkennen.

Im übrigen |prehe ih mein Bedauern darüber aus, daß der Herr Vorredner am 1. Mai, an dem wir zunächst in die Berathung über den vorliegenden Entwurf eingetreten sind, wahrsheinlih dur größere Vergnügungen vom Erscheinen hier abgehalten gewesen is (Heiterkeit) ; er würde, wenn er den Verhandlungen beigewohnt hätte, gewußt haben, daß ih die von ihm als befonders gravierend bezeihnete Rede des Herrn Ministers von Metsch in extenso vorgelesen habe, und er würde wissen, daß ih es abgelehnt habe, mich hier ausführlih auf die Handhabung des sächsishen Vereinsgesezes einzulassen, weil diefe Angelegenheit nah meiner Auffassung vor den sächsischen Landtag gehört. (Sehr rihtig!)) Ich beziehe mich auf diese Erklärung und lehne es hiermit nohmals ab, auf Einzelheiten bezüglich der Hand- habung des Vereinsgesetzes einzugehen. Sollte der Herr Vorredner der Meinung sein, daß Justizverweigerung vorliegt, so stelle ih ihm anheim, den Weg, den die Verfassung, Art. 77, vorschreibt, einzu- schlagen. Sie sagt:

Wenn in einem Bundesftaat der Fall einer Justizverweigerung eintritt und auf geseßlichen Wegen ausreichende Hilfe niht erlangt werden fann, so liegt dem Bundesrath ob, erwiesene, nah der Verfassung und den bestehenden Geseßzen des betreffenden Bundes- staats zu beurtheilende Beshwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen, und darauf die gerihtlihe Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.

Sollte er glauben, daß diese Vorschrift «angewendet werden kann, so mag er sich an den Bundesrath wenden, dieser wird dann darüber zu befinden haben. Jch glaube aber, der Bundesrath wird zu einem negativen Votum gelangen.

Auf einige Punkte, die der Herr Abg. Stolle vorgebracht, will ih eingehen, ohne eine Verpflihtung dazu für mih anzuerkennen. Er hat uns eine Mittheilung gemacht, daß in Wurzen verschiedene Vereine zusamniengetreten wären zum Zweck der Verhandlung über Stadtverordnetenwablen, und hat hieran die Bemerkung geknüpft, diesen Vereinen, welhe den sogenannten Ordnungsparteien angehörten, wären fkeinerlei Hindernisse in den Weg gelegt worden. Wenn die Sache sch in der That \o verhält, wie der Herr Abg. Stolle es geschildert hat, so nehme ih keinen An- stand, zu erklären, daß ich, wenn ich gefragt worden wäre, die Be- hörde veranlaßt hätte, gegen diese Vereine einzuschreiten. Der § 24 des sächsishen Verein8geseßes gehört zu denjenigen Bestimmungen, die nah meiner Auffassung, und ih weiß, daß diese von meiner Regie- rung getheilt wird, auf alle Vereine anzuwenden sind. Diese Ver- chrift gehört zu denen, die ih in meiner Auslafsung vom vorigen Mittwoch als dispositive bezeichnet habe: zu den Bestimmungen, be- züglich deren, wie wir meinen, die Polizeibehörde niht das Recht hat, Ausnahmen zu gewähren. Wenn also die Vereine in Wurzen “in politischen Angelegenheiten \fich mit einander in Verbindung geseßt bâtten, so hâtte dagegen eingeshritten werden müssen.

Dann hat der Herr Vorredner mir vorgeworfen, ih hätte in meiner Ausführung am 1. Mai, bei der er niht zugegen gewesen ist gesagt, die Sozialdemokratie steuere der Anarchie zu. Jch glaube ihn wenigstens so verstanden zu haben. Ich habe das in dieser Nede nicht gesagt. Ich bitte ihn, mir die Stelle nahzuweisen, die er im Auge hat. Ich habe gesagt: dieser Geseßentwurf is weiter nihts als die geseßlihe Sanktionierung der Anarchie. Dabei bleibe ich aller- dings stehen. (Heiterkeit und Zuruf links.) Ja, es ist eine Auf- fassung. (Heiterkeit)

Dann hat der Herr Vorredner mit großer Emphase erklärt, daß es das Verdienst der sozialdemokratischen Führer sei, daß die sächsische Bevölkerung niht {hon längst, gepeinigt durch die Art und Weise, wie bei uns das Vereinsgeseßz gehandhabt wird, zum Auftuhr ge- schritten sei. Nun, dem muß ich mit aller Energie widersprechen. Wenn bei uns irgend jemand verständig is, so ist es die Bevölkerung, und nicht die sozialdemokratishe sog. Führerschaft. (Widerspruch links.) An den sozialdemokratishen Führern liegt es wahrlih nicht, daß bei uns alles bis jezt ruhig und friedlih ab- gegangen ist. Die s\ozialdemokratishen Führer, ich meine natürlich niemand hier im Hause (Heiterkeit), die haben alles Mögliche ge- than, um die Bevölkerung aufzuheßen und fie auf Wege zu bringen, auf denen ih sie niht sehen möchte. Es ift der ruhige, verständige

1895

Sinn der sächsischen Bevölkerung, der bis jegt Unheil verhindert bat, und ich hofe, daß es au in Zukunft fo bleiben wird. (Bravo !}-

Abg. Förster (d. Refp.): Wir stimmen im wesentlichen egen den Antrag von Elm, bitten jedoch die Regierung um eine balbige Vorlegung eines Reichs-Vereinsgeseßzes, da auc wir eine reihegeseßlihe Regelung für durhaus erforderli balten. Í

Abg. von Elm (Soz.): Ih bitte d:n Abg. Lenzmann, mir einen Fall aus den leßten 20 Jahren zu nennen, wo die Freisinnigen für einen Strike eingetreten find. Kein Organ ift „auch gegea die Be- thâtigung der Vereins- und Versammlungsfreiheit gebäfsiger auf- getreten, als das Hauptorgan der freisinnigen Volkspartei. Gegen- über verschiedenen Ausführungen des heutigen Tages will ih darauf hinweisen, daß wir die Frauen ja niht zwingen wollen, den politischen Vereinen beizutreten. Dem deutschen Gemeinwesen würde fein Schaden erstehen, wenn, ohne Unterschied des Geschlechts, kein Bürger gehindert würde, fich zu versammeln wo und wie er will.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Der Abg. Lenzmann hat gesagt, wenn nicht die Bestimmung über das Auflösungs- und Ueberwachungs- reht geändert wird, sei der ganze Antrag der Sozialdemokraten nichts. Und daraus macht der Abg. von Elm, daß der Abg. Lenzmann si keine Versammlung ohne Polizei denken kann. Die „Freisinnige Zei- tung* i|st für den Dortmunder Strike 1889 eingetreten (Zuruf: Buchdruckerstrike!)) nein, für den Buchdrukerstrike niht, denn das if eben der Unterschied zwischen uns und den Sozialdemokraten, daß Sie von ungerehtfertigten Strikes, die die Arbeiter auf das shwerste shädigen, zwar abrathen, aber wenn sie im Gange sind, sie unterstüßen. Wenn Sie Ihre ganze parla- mentarische Kunst darauf verwenden, bei diesem Änlaß eine Polemik mit der freisinnigen Partei hervorzurufen, so beweist das, daß es Ihnen mit diesem Antrage nur um eine Agitation zu thun is, um eine Broschüre herauszugeben über das Vereinsreht und seine Be- \chränkungen. Ich beantrage übrigens, über die einzelnen Sätze des 8 1 getrennt abzustimmen.

Abg. Z ubeil (Soz.): Die Wirthin eines Lokals in Zofsen hat die Erlaubniß zur Abhaltung einer Versammlung in ihrem Lokal auf Einwirkung des dortigen Bürgermeisters zurückgezogen. Wenn derartige polizeilihe Beeinflufsungen in der Nähe von Berlin möglich sind, wie wird es da erst in entfernteren Landestheilen aussehen !

Bevollmächtigter jum Bundesrath, preußisher Vtinister des Jnnern von Köller:

Ih möthte den Herrn Abgeordneten, der soeben gesprochen hat, bitten, daß, wenn er glaubt, daß ihm Unreht geschehen ift, er si an diejenige Behörde wendet, welhe der betreffenden Orts - Polizei- behörde vorgeseßt ift ih kann nit gleich sagen, ob es der Land- rath oder der Regierungs-Präfident is ; er wird dort seinen Befcheid bekommen, und wenn ihm der Bescheid nicht konvenicren \ollte, fo würde ih dem Herrn Abgeordneten weiter rathen, daß er sich an die höhere Instanz wendet; \chließlich wird die Sache wohl zu meiner Ent- scheidung kommen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Daß das zwei Jahre dauern kann, bestreite ih. (Zuruf.) Und ob ih dann noch Minister bin, wie Herr Singer ruft, das wollen wir abwarten.

Wenn der Herr Abgeordnete jenen Vorfall hier in einem Lichte geschildert hat, wie er es that, und daran die Shlußfolgerung knüpfte, daß dort etwas Himmelschreiendes nach seiner Ansicht geschehen fei, so hat der Herr Abgeordnete den Hergang entweder nicht rihtig dargestellt, oder ich weiß nicht, worüber er fi eigentlich beshwert. Der Herr Abgeordnete sagt, er habe eine Versammlung in Zossen angemeldet, habe mit einer Frau abgemacht, daß der Saal ihm zur Disposition gestellt werde, und habe nahher einen Brief bekommen, worin ihm mitgetheilt sei, daß die Frau niht geneigt sei, ihm den Saal zum Zweck einer Versammlung zu vermiethen, (Zuruf) in dieser Mittheilung wird dem Herrn Abgeordneten, wie er sagte, die Abschrift einer Erïlärung der Saalbesiterin mitgetheilt, worin dieselbe fagt, daß sie die Genehmigung, den Saal zu vermiethen, zurüdckzöôge, und weiter die Erklärung abgiebt, daß sie das freiwillig gethan habe, das sind die Thatsachen, die bisher vorliegen, alles Andere sind Vermuthungen und S{hlußfolgerungen, die bis dato dur nihts bewiesen sind. Es wirkte sogar komisch, als der Herr Ab- geordnete sagte, die Namenszüge der Frau und die Schrift des Herrn Bürgermeisters hätten eine gewisse Aehnlichkeit miteinander, nachdem er zuvor gesagt hatte, der Herr Bürgermeister habe ihm in feinem Schreiben eine Abschrift jener Erklärung zugestellt. Ja, wenn nun der Bürgermeister selbs den Brief geshrieben und auch die Abschrift von jener Erklärung gefertigt hat, fo finde ih gar nihts Auffälliges darin, daß die Schriftzüge in beiden Schrift- stücken eine gewisse Aehnlichkeit miteinander haben. (Heiterkeit.) Also, wenn Sie eine derartige Beschwerde haben ich bin im preußischen Ministerum des Innern zu sprehen —, so wenden Sie fih an mi; im übrigen aber verdächtigen Sie niht und greifen Sie niht Polizeibehörden im Lande mit derartigen Sachen an, hinter denen nichts dahinter ift.

Abg. Stolle (Soz.): In Sachsen regiert. die geheime Ober- bofrathépartei, und die maht, was fie will. Wir treten deshalb mit unserem Antrage vor den Reichstag. In Sachsen können wir zu

unserem Reht nicht kommen. Im Landtag fteht uns eine geschlossene Phalanrx entgegen, die uns nicht zu Worte kommen läßt.

Abg. Bebel (Soz.) widerspriht der Aeußerung des Abg. Richter, daß die fozialdemokratishe Partei den Buchdruckerstrike unterstügt habe; sie habe sich garnicht hineingemischt. Ebensowenig ist der Vor- wurf begründet, dah die sozialdemokratische Partei den Antrag zu Agitationszwecken eingebracht hat: es handele sih doch bekanntlich um einen wihtigen Programmpunkt der Partei. Zur Agitation wird die Berathung über die Umsturzvorlage genügend Gelegenheit geben.

Abg. Richter (fr. Volksp.) giebt zu, daß in der That die fozial- demokratishe Partei als folhe den Buchdruckerstrike niht unterstützt habe, aber die Gewerkschaften, welhe mäßvolle Forderungen gestellt bâtten, seien durch ihre Führer im sozialistishen Geiste verheßt und dadur der Strike verschärft worden.

Die beiden ersten Paragraphen des e vrigèr ga pay Antrags werden sodann mit erheblicher Mehrheit abgelehnt, aran der Rest des Entwurfs durh den Abg. Singer zurückgezogen wird.

Um 5 Uhr wird hierauf Vertagung beschlossen.