1895 / 117 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

erbeblih gemildert werden wird. Der Marsch von Kuirenga hierher war mit der über 1000 Köpfe zählenden* Karawane eben nur mögli, weil er friegerischer Natur war und die gefundenen Lebensmittel requiriert werden fonnten. Jeyt bin ich naturgemäß auss{ließlich auf Einkauf angewiesen. Wenn ich auch in Ugogo felbst von den noch ängstlichen Leuten einiges kaufen könnte, so muß ih doch in Rücksicht auf die Station wie das Land selbst mich folhen Einkaufs enthalten und mich an die weiter abliegenden Orte wenden, wo bessere Verbält- niffe vorliegen sollen. Dementsprehend habe ih mit der ganzen weiteren Umgebung bis Kiwere westlich, bis Frangi öftlid Verbindungen angeknüpft, aber auch diese Quellen versiegen, bezw. müssen noch -unbenußt bleiben. Ich thue, was in Menfchenmacht stebt; gelingt es mir aber nicht, neue Bezugêsqueklen in einiger Zeit zu entdeden, dann werde ih mich an Tabora halten müssen.

Jn Bagamoyo hat am 21. Dezember v. J. die feier- lihe Enthüllung des zu Ehren der in den Kämpfen von Ost-Afrifka gefallenen Mitglieder der früheren Wissmann schen Schußtruppe errichteten Denkmals stattgefunden. Das „D. Kol.-Bl.“ meldet darüber:

Die Mittel für die Herstellung des Denkmals sind zum theil von den Kameraden der Gefallenen aufgebraht worden. Als Stand- play ift die nah der Station führende breite Hauptstraße zwischen dem neuen Bezirksamt und dem Messegebäude gewählt worden. Das Denkmal besteht aus einer von Zement und Bruchsteinen bergestellten Pyramide, in deren vier Seiten Bronzeplatten eingelassen worden sind. Als krônender Shmuck ift ein Adler mit ausgebreiteten Shwingen, auf einem Kanonenrohr sitend, in Autsiht genommen. Der Ent- büllungsafkt verlief in feierlichster Weise in Anwesenheit des Gouver- neurs und der fämmtlihen abkömmliien Beamten und Offiziere. Ferner nabm eine Anzahl der zum Zwecke der Elfenbeinauktion in Baga- moyo versammelten Kaufleute aus Sansibar und Dar-es-Salam fowie die ganze Mission du sacré cœur bei Bagamcyo und die gesammte Bevölkerung des Ortes theil. Der Gouverneur bielt die Festrede, und unter dem Donner der Geschütze senkte sich die Hülle. Besonders bemerkt bei der Feier wurde die vorzügliche Haltung der französischen Missionare. Die s{warzen Missionskinder sangen in deutscher Sprache vier Lieder, darunter „Heil dir im Siegerkranz“ und „Deutschland über Alles“. Am Abend vereinigte ein Festmahl alle Theilnehmer.

Ueber die Entwicklung des Schußzgebiets Togo (West- Afrika) wird berichtet :

Nach den jegt vorliegenden amtlicen Abrechnungen haben die Einnahmen des Scußtgebiets im verflessenen Etatsjahr einen er- freulihen Aufschwung genommen. Die ersten zehn Monate haken bereits über 300 000 Æ eingebraht. Es ist dieses Ergebniß in erster Reihe dem Bau der bequemen Wege nach dem Innern, wodurch der Handel - mit dem Binnenlande eine neue Zu- nabme erfahren bart und die Zufutr von MRohprodukten na der Küste unausgesezt steigt, zuzuschreiben. Die Erhöhung der Eingangszêlle, welhe im vorigen Jahr ins Werk geseßt wurde, icheint weniger dazu beigetragen zu haben. Infolge der Steigerung des Pulverzolis in Togo auf die Höbe des in der Goldküstenkolonie geltenten kat nämli die Einfuhr von Handeltvulver sebr stark na- gelassen. Für das neue Etatsjahr ift eine Einnahme von 265 000 4 in Anschlag gebraht, welche nah den Erfahrungen des lezten Jahres ficher nicht zu bo gegriffen ist Wenn man in Betracht zieht, daß Togo ncch im Etatsjahre 1891/92 nur 146 000, in den beiden folgenden je 220 000 Æ aufzubringen im stande war, wird man nit leugnen föônnen, daß die Kolonie in erfreulicher Entwicklung begriffen ift. Die Mebreinnahmen werden zum weitaus größten Theile für den weiteren Bau von Straßen nah dem Innern verwendet werden. Nach den leßten Mittheilungen beabsihtigen verschiedene Handels- bâufer, au in dem wichtigen Platze Kvandu am Volta Faktoreien zu errihten. Alle Sachkenner versprechen sh davon für die Entwicklung des Schußzgebiets reichsten Erfolg. Es wird dann au nötbig werden, an diefem Ort einige Verwaltungéorgane zu ftationieren.

Oefterreih-Uugarn.

Seine Königlihe Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen begab si gestern Nachmittag, wie „W. T. B.“ be- rihtet, in die Kaisergruft in der Kapuzinerkirhe und legte am Sarge des Erzherzogs Albrecht einen Lorbeerkranz nieder. Spâter stattete der Prinz der Erzherzogin Maria Jmmaculata und der Herzogin Adelgunde von Modena sowie den Ministern Graf Kälnofy und von Krieghammer Besuche ab. Abends fand zu Ehren Seiner Raten Hoheit bei dem Erzherzog und der Erzherzogin Karl Ludwig ein Diner fiatt, welhem außer dem Prinzen Albrecht auch die Mitglieder der preußischen Militär-Deputation, die Offiziere vom Ehrendienst, der deutsche Botschafter Graf zu Eulenburg nebst Gemahlin und das Botschastspcrsonal beiwohnten. Später besuhte der Prinz Albreht in Begleitung des Kaisers das Hofburg - Theater und nahm hierauf mit dem Erzherzog Karl Ludwig dcn Thee bei dem deutschen Botschafter Grafen zu Eulenburg ein.

Die für heute angeseßte Parade ist des shlehten Wetters wegen abgesagt worden.

Mit Bezug auf die Mission iner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen schreibt das „Fremdenblatt“ von gestern Abend: :

„Deer und Volk Oest-rreih-Ungarns erblicken in der Sendung der preußishen Militär - Deputation einen neuen Beweis jener innigen, bundeëfreundliwen Beziehungen, welche zwischen den beiden Derrshern und ihren Reichen bestehen; cinen erneuten Beweis jener berzlihen Waffenbrüdershaît, welche die beiden Hecre ver- bindet. Indem Kai'er Franz Joseph die Insignien eines preußischen General- Feldmarschalls anlegt, welce ibm sein bober und erlauter Freund und Verbündeter verlieben, legt er in erbebender Weise Zeugniß von jenem innigen Bundesverbältuiß ab, das allerdings feiner wiederbolten Bekräftigung bedarf, da es längst im Herzen beider Völker wurzelt“. :

Einen weiteren Artikel widmet das genannte Blatt heute dem in Wien weilenden Prinzen aus dem Hause Hohenzollern, welcher dem Kaiser den Feldmarschallstab überreicht habe als ein Sinnbild, niht nur der höchsten Militärwürde, sondern auch der innigen, tiefwurzelnden Freundschaft zwischen den Völkern und den Heeren der bciden großen Nachbar- reiche. Die Welt fordere zwar keinen neuen Beweis für diese herzlichen Beziehungen; wenn dicser Beweis aber in so über- zeugender Form dargeboten werde, wie in diesen Tagen, dann begrüße fie ihn mit Genugthuung als ein erneutes Zeugniß der Festigkeit dieses ehernen Bundes, der grundlegend sei für den Fricden Eurcpas. i

Der ungarische Minister-Präsident Baron Banffy ist heute in Wien eingetroffen und wurde um 1 Uhr vom Kaiser empfangen.

Im Budgetausschuß des osterreihischen Ab- geordnetenhauses erflärte gestern der Finanz-Minister Dr. von Plener: die Regierung habe sich in der Angelegen- heit der Zuckcrbonifikationen vertraulih an die deutsche Regierurg gewandt: weitere Mittheilungen hierüber zu machen, sei er nicht in der Lage, er habe aber Grund anzunehmen, daß sich die Sache in günstiger Weise ent- wiceln werde. Ein großer Fortschritt würde es sein, wenn in dieser Frage die betheiligten Staaten Ocsterreih-Ungarn,

Deutschland und Frankrei die Zuckersteuerprämien festzulegen und dann mit der Ermäßigungen eintreten zu lassen.

Das ungarische Oberhaus hat gestern mit 114 gegen 109 Stimmen alle auf die Konfessionslosigkeit bezug- lichen Bestimmungen des Gesezes über die freie Religions- übung verworfen. Das Gese muß daher abermals an das Abgeordnetenhaus zurückgehen. Bei der Generalberathung über das Geseg, betreffend die Rezeption der Juden, wurden 107 Stimmen dafür und 107 Stimmen dagegen ab- gegeben. Der Präsident entschied für das Geseg. Das Haus trat hicrauf in die Spezialdebatte über das S ein. Jn derselben wurde § 2, welcher den Uebertritt zum udenthum gestattet, mit 105 gegen 94 Stimmen abgelehnt.

fih dahin verständigen e TN Zeit

Großbritannien und Frlanud.

Das Unterhaus nahm gestern mit 218 gegen 189 Stimmen die von Lambert beantragte und von der Regierung unterstüßte Landpachtbill an. Der Zweck der Vorlage ist die Feststelung der Entschädigungsansprühe der Pächter für bleibende Meliorationen, für Reparaturen, ferner für die Umwandlung von Ackerland zu ewiger Weide und zu Gartenland, für Besißstörung sowie von Prämien für gute Bewirthschaftung; auf der anderen Seite wird dem Verpächter ein Entschädigungsanspruh für shlehte Bewirth- shaftung seitens des Pächters zugesprochen.

An Stelle des verftorbenen konservativen VParlaments- mitglicdes für West-Dorset Fargquharson ist der Unionist Oberst Williams mit großer Majorität gewählt worden.

Frankreich.

Die Budgetkommission hat gestern nah einer Rede des Minister-Präsidenten Ribot die Regierungsvorlage über die Reform der Getränkesteuer angenommen.

Rußland.

Der Chef der Asiatishen Abtheilung des Hauptstabes der Armee überreichte, w1e „W. T. B“ berichtet, dem St. Peters- burg verlassenden außerordentlihen Gesandten von Buchara ein Handschreiben des Kaisers an den Emir von Buchara sowie ein dem Emir vom Kaiser verehrtes Porträt des Kaisers Alexander II.

Ftalien.

Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht ein vom 1. Mai datiertes Schreiben des Papstes an den Kardinal Parocchi, worin den italienishen Katholiken die von der Pönitentiarie unter Pius IX. gegebenen Jnstruktionen, betreffend Enthaltung von den politishen Wahlen, eingeshärft werden, welhe auch unter dem gegenwärtigen Pontifikat in Kraft geblieben seien.

Spanien. Die Regierung hat, dem „W. T. B.“ zufolge, Anord-

nungen getroffen, um zu verhindern, daß Don Jaime, der Sohn des Don Carlos, welcher sich auf dem Wege nach

Marokko befindet, in Spanien lande.

Niederlande.

Die Regierung wird bei den Generalstaaten einen Kredit behufs Einführung des direkten niederländischen Regierungssystems auf Lombok einbringen.

Türkei.

Nach einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ aus Konstantinopel sind die am 11. d. M. im Palais über- reihten armenischen Reformvorschläge der Botschafter Großbritanniens, Frankreihs und Rußlands am Montag der Pforte übermittelt worden.

Griechenland.

__Als der frühere Minister - Präsident Delyannis fich gestern in das Palais begab, um dem Adjutanten des Groß- fürsten-Thronfolgers einen Besuch abzustatten, begegnete er, wie „W. T. B.“ berichtet, im Korridor dem König, welcher ihn in ein Zimmer führte und dort längere Zeit mit ihm sprah. Dieses Zusammentreffen des Königs und Delyannis' ist das erste seit der Krisis von 1892.

Amerika.

In Arizona haben, nah einer dem „W. T. B.“ aus New-York zugegangenen Meldung, Jndianerban den ver- shiedene Bergarbeitergesellshaften angegriffen; Kavallerie ist entjandt worden, um die Indianer zu verfolgen. Es wird ein allgemeiner Aufstand befürchtet.

Aus Mexiko meldet das „Reuter she Bureau“, die Ratifikationen des Vertrags, durh welchen die Grenze zwishen Merico und Guatemala festgestellt wird, seien gestern daselbst ausgetauscht worden.

Asien.

__ Dem „Reuter hen Bureau“ wird aus Simla gemeldet, daß in Chitral der Feind fortfahre, die britische Verbindungs- linie zu belästigen; bei Kambat sei die britishe Post angegriffen worden, wobei sieben Kulis getödtct und zwanzig verwundet worden seien; zwishen Mandah und Khar im Smwatthal seien die Telegraphendrähte zershnitten worden. Nach einem Telegramm aus Waziristan wurde im Tochithal ein britischer Lieutenant von einem Fanatiker ermordet.

Afrika.

Die Unruhen in der Umgebung von Marake\ ch dauern, nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tanger, fort. Einem umlaufenden Gerücht zufolge sollen die Aufständischen in Marakesch eingedrungen sein und die zu Hilfe gesandten Truppen des Sultans mit ihnen gemeinschaftlihe Sache gemacht haben.

Nah einer in Paris eingetroffenen Meldung aus Majunga ist der General Duchesne von dort abgereist, um die Brigade Mezinger zu inspizieren, die ihren Vormarsch fortseßt. Zwischen Majunga und Maroway befinden fich 8000 Mann in Staffelstelungen. Der Gesundheitszustand der Truppen ift nah wie vor ein befriedigender.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberihte über die gestrigen Sigun Reichstags und des Herrenhauses befindex an der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (94.) Sißung des Reichs welher die Staatssekretäre, Staats - Minister e tags, Boetticher und Freiherr von Marschall, die Staatssekretäre Hollmann, Nieberding und Dr. Graf von Posadowsky sowie der Kriegs-Minister Bronsart vonS ch ellendorff und der preußishe Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Hammerstein-Lorxten beiwohnten, wurde zunächst in dritter Berathung der Geseßentwurf über den Beistand bei Einziehung von Aß; gaben und Vollstreckung von Vermögens strafen angenommen, nachdem der Abg. Stadthagen (So ) furz den ablehnenden Standpunkt der Sozialdemokraten be- gründet hatte. S

Das Haus trat sodann in die dritte Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Personen des Soldaten- standes des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine vom Feldwebel abwärts, ein.

Das Geseß wurde in der in zweiter Berathung be- schlossenen Fassung ohne Debatte angenommen.

Ebenso wurde in dritter Berathung der Geseßentwurf betreffend Abänderung des Gesezes vom 23. Mai 1873 betreffend die Gründung und Verwaltung des RNeichs-Jnvalidenfonds, in der in zweiter Berathung beschlossenen Fassung ohne Debatte angenommen. 3

Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Gesezes wegen Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Rei chs- haushalts-Etat für das Etatsjahr 1895/96.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (dkons.) beantragte im Hinblick auf den seiner Meinung nah vershwenderisch aufgestellten Etat für die Verwaltung des Nord-Ostsee- fanals, dic Vorlage der Budgetkommission zu überweisen. Namentlich trug er Bedenken, den Posten eines Kanal- Präsidenten zu freieren.

(Schluß des Blattes.)

Die heutige (14.) Sigung des Herrenhauses, zu welher der Präsident des Staats-Ministeriums Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst und der Finanz - Minifter Dr. Miquel erschienen waren, eröffnete der Präsident Fürst zu Stolberg um 121/24 Uhr mit der Mittheilung, daß vom Vize-Präsidenten des Staats-Ministeriums Dr. von Boet- ticher dem Herrenhause 25 Einladungskarten zur Theilnahme an der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals zugestellt worden seien. Außerdem stünden Tribünenkarten für die Feierlih- keiten zur Verfügung.

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Ge- seßentwurf, betreffend die Vertretung des Gesammt- Synodalverbandes und der Diozecsan - Synodal- verbände des Konsistorialbezirks Cassel -in ver- mögensrechtlichen Angelegenheiten, welhem das Haus entsprehend dem Antrag der Justizkommission die verfassungs-

mäßige Zustimmung ertheilte.

Die Kommisfion für den Staatshaushalts-Etat und f Finanz-Angelegerniheiten (Berichterstatter Graf von König marck) berichtete sodann über die allgemeine Rechnung für 1891/82 und über die Uebersicht der Staats- Einnahmen und -Ausgaben von 1893/94.

Gemäß den Anträgen der Kommission wurde beschlossen, die Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben nachträglich zu genehmigen und für 1891/92 die Ent- lastung auszusprechen.

Darauf folgte der mündliche Kommissionsberiht über den Antrag des Grafen von Mirbach:

die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den Herrn Reichë- kanzler zu erfuhen, ungesäumt und nahdrüdcklich alle die- jenigen Schritte zu thun, welche geeignet sind, zu einer internationalen Regelung der Währungsfrage mii demEndziel eines internationalen Bimetalliämus zu führen.

Die Kommission beantragte, den ändert anzunehmen.

Ober-Bürgermeister Beer stellte den Antrag, die Worte „mit dem Endziel eines internationalen Bi- metallismus“ zu streichen.

Berichterstatter Herr von Graß: Ihre Kommission stebt dem Antrage des Grafen Mirbach freundlich gegenüber. Widerspru wurde nur von einer Seite erhoben, von der vorgeschlagen wurde, über den Antrag zur Tagesordnung überzugehen, weil die Negierurg schen die Initiative zur Regelung der Waährungéfrage ergriffen habe. Gs bietet Schwierigkeiten, ja erscheint unmöglih, den Rückgang in wirthschaftlihen Verhältnissen nur auf eine Ursache zurüdzuführen. Jn SIhrer Kommission wurde aber der Verfuch gemacht, zu beweisen, daß gewisse Vorgânge, die dur die Goldwährung herbeigeführt find, die Preise haben drüden müssen. Wenn ein so bedeutender Staat wie das Deutsche HNeih mit seinem Bedarf an Silber ausgeschieden war, so war vorauézusehen, daß der Preis des Silbers falicen mußte. Der Preisfall des Silbers mußte aber auf den Preis für landwirth schaftlihe Produkte Einfluß ausüben. Nehmen wir an, der russishe Konkurrent reckauft seinen Roggen bei uns für 100 MÆ, so crhâlt er dieselben in Goldwährung, nimmt also den Preis in einer fast um die Hâlfte werthvolleren Währung mit nach Hause. Für das Golègeld fauft er Nubel : mit Silber deckt ec seine Zinsen, lohnt er seine Arbeiter ab u. f. w. Der deutsche Korkurrent aber produziert nab der Goldwährung. Ihre Kommission war der Ansicht, daß der Niederganz der deutschen Landwirtbschaft jehr wesentlih auf diese Zwangelage zurückzuführen sei. Es fei unausbleiblid, daß infolge der zu hoben Produftionéfosten wenigstens ein Theil der Landwicthe alimäklih ihr Kapitalvermögen verliere. De

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Antrag unver-

Ich empfehle Ihnen namens der Kommission die unveränderte Annahme des Antrags des Herrn Grafen Mirbach.

(Schluß des Blattes.)

Der von dem Geschleht von der Schulenburg präsentierte Major a. D., Kammerherr Graf von der Schulenburg auf Emden bei Erxleben ist zum Mitgliede des Herrenhauses auf Lebenszeit Ällerhöchst berufen worden.

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Im Hause der Abgeordneten is von den Abgg. Dr. Arendt, von Kardorff, Graf zu Limburg-Stirum und von Ploey nachstehender Antrag eingebracht worden : N

Das Hau? der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den Herrn Neichskanzler zu ersuen ungesäumt und nahdrückli alle diejenigen Schritte zu thun, wel geeignet sind, zu einer internationalen Regelung der Währungéfrag? mit dem Endziel eines internationalen Bimetallismus zu führen.

Entscheidungen des Reichsgerihts,

Telegraphenbeamte vder andere mit der Beaufsi{tigung

nd Bedtenung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphen- anstalt betraute Personen, welche die einer Telegraphenarstalt anver- trauten Depeschen verfälshen oder in anderen als in den im Gefege porgeiebenen Fällen eröffnen oder unterdrücken 2c,, find nah § 3595 des Strafgeseßbuchs mit Gefängniß niht unter drei Monaten zu be- strafen. Dur diese Strafbestimmung werden, nah einem Uribeil des Reichégerichts, 11. Strafsenats, vom 9. November 1894, nicht nur ersonen getreffen, welche mit der Beaufficétigung un d der Bedienung einer Telegraphenanstalt, fond:rn avch Personen, welche entweder mit der Beaufsichtigung oder mit der Bedienung einer Telegra- phenanstalt betraut sind. Dagegen erftreck \ich diese Straf- bestimmung niht auf Perfonen, beispieléweise auf Postunterbeamte, welhe aus Gefälligfkeit, obne in einem dienstliben Ver- hältniß zu der Telegraphenanftalt selbft zu steben, der Beforgung eines Telegramms si unterziehen. Der zu T. als Ausbelfer im Postunterbeamtendienst beschäftigte V. batte ein sorgfältig verschlossenes Telegramm, welhes ihm von dem dortigen Postgebilfen S. zur Be- sorgung an den Kommissionär S. übergeben war, absihtlih geöffnet, um sich von dem Inhalt der Depesche Kenntniß zu verschaffen. V. wurde von der Strafkammer, ohne daß diese feststellte, daß dem V. zur Zeit der That von zuständiger Stelle die Beforgung von Tele- grammen übertragen war, wegen Amtsvergebens aus § 359 Str.-G.-B, verurtheilt. Auf dieRevision des Angeklagten hob das Neichsgericht daë erfte Urtheil auf, indem es begründend ausführte: „Zur Sicherung des Depeschen- verkebrs wird eine Strafvorschrift für erforterlih erachtet, welche über die für das Postwesen im § 354 Str.-G.-B. gegebene Straf- bestimmung infofern binausgeht, als sie nidt nur Beamte, sondern au antere mit dem Telegraphenwesen befaßte Personen treffen foll. Der Gesetzgeber beabsihtigt biernach, den Kreis der strafrechtlich ver- antwoitlihen Personen zu erweitern und fo einen umfaßfsenderen und wirfsamercen Schuß des Depeschenverkehrs herbeizuführen. Diese

, Aksiht würde nicht erreiht werden, wenn man im §8 355 die Worte

„Beaufsichtigung und Ledienung“ dahin verstehen wollte, daß das Zusammentreffen beider Funktionen bei derselben Person ver- Janat werde. Augenscheinlih liegt Hier nur cine infkorrekte Fassung des Gesetzes vor, und es muß dasfelbe dahin ausgelegt werden, daß das Vorhandensein einer jener Funktionen zur Anwendung des § 355 genügt. Erfordert wird jedech im S 355 eine mit der Beaufsichtigung oder Bedienung einer elegrabbenanstalt betraute Person, und bierdurch wird zum Ausdruck gebraht, daß durch die Strafvorschrift nur Diejenigen getroffen verden follen, welhe in einem dienstlihen Verhältniß zu r Telegraphenanstalt selbst stehen. Dauernd braucht das Verhältniß allerdings niht zu sein, wie ja auch die Beamteneigen- haft im Sinne des § 359 Str.-G.-B. von dec Dauer der Amts- ertragung nicht abhängig ist. Dagegen wird ein solches Verhältniß der Telegraphenanstalt au nicht ohne weiteres dadur bergestellt, ein Telegraphenbeamter durch eine beliebige Person Verrichtungen vor- nebmen läßt, welche der Anstalt obliegen. Hierzu gebört vielmehr, daß die Person durch einen dazu Berufenen, wenn auch nur vorübergehend, mit der Wahrnehmung der betreffenden Funktion bei der Anstalt be- traut worden ift. Ift das nicht gesheben, hat ein Telegrapkcn- beamter für Verrichtungen, die nah der Dienstorènung von ibm felbst oder von cinem anderen hierzu Berufenen vorzunehmen waren, unbe- fugt der Thâtigkeit eines Dritten sich bedient, so wird legterer bier- durh nicht eine mit der Bedienung der Telegraphenanstalt betraute Person, und es fann gegen ihn nicht die Strafvorschrift des § 355, jondern unter Umständen nur die Bestimmung des § 299 Str.-G.-B. (betr. unbefugte Eröffnung einer verschlossenen Urkunde) zur Anwendung gebracht werden.“ (2941/94.)

§ 339 des Strafgeïeßbuh83, wonach derjenige welcher bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider di allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt bandelt, daß bieraus für andere Gefahr entf

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teht, mit Geldstrafe oder Sefängniß zu bestrafen ist, hat das Reichsgeriht, 1V. Strafsenat, ur Urtheil vom 16. November 1894 ausgesprochen, daß dadurch, 5 einBerufs gen osse des Angeklagten neben diesem die Allgemein- [tigkeit der Regel, gegen welche zuwidergebandelt ist, in Abrede stellt, die in sonstiger Weise festgestellte Allgemeingültiakeit nicht in Frage gestellt werden fann.

d da e Begriffitch erfordert das Geseß nit und kann es nit erfordern, daß die Regeln von allen Bauhandwerkern aus- nabmélos anerfanut sein müßten. Ob eine dem entsprechende Fest- stellung im Bereiche der Möglichkeit läge, wäre in Zweifel zu zichen. ’emnach liegt auch die Feststellung, in wie weit der Widerspruch eines der des anderen die Annahme der Allgemeingültigkeit ausschließt, uf thatsählihem Gebiet.“ (3425/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Ein wenn auch noch so erhebliher Zweifel an der zu- fünftigen Zuverlässigkeit des Wirthschafts-Konzes- sionsinhabers hinsihtlih des Mißbrauws des Gewerbes zur *ôrderung der Völlerei, des verbotenea Spiels, der Heblerei oder der

f it genügt, nah einem Urtbeil des Ober-Verwaltungêgerihts, [ vom 5. November 1894, nicht zur Konzesstionsen t- ¡lebung, fondern der Richter muß, um diese aus!vrechchen zu fönnen, die volle Neberzeugung gewonnen haken, daß jener künftig der Völlerei 2c. in seinem Gewerbebetriebe- Vorshub leisten werde. Ein Schankwirth hatte zwei unsittliche Handlungen begangen und eine grobe unsittlihe Aeußerung gethan, ferner einmal an ein \bulvflihtiges Kind Schnapys verkauft, die Polizeistunde über- {ritten und einem Ackerwirth nett einem jungen Mädchen in seiner Wüithschaft eine Privatstube angewiesen, wo- lelbst beide Wein oder Bier tranken. Die Polizeibehörde klagte auf Konzessionsentziebung. Diese Klage wurde in zweiter Instanz vom Vezirls - Aus[chuß abgewiesen, ter bei einem der Unsitilichkeits- rale, welder zu einer Bestrafung des Schankwirths gefübrt hat, tine von der Annahme des Strafrichters abweichende Seititellung traf, im übrigen aber für nicht festsiehend eractete, daz der Betlagte niht mebr diz erforderliden Garantien für die Zu- kunft biete, vielmehr in der Persönlichk-it der Ehefrau des Be- flagten cine Garantie dafür erblidte, daß die Führung der Wirtb- aft au in der Zutunfr eine ordentliche sein werde. Die Re- vilion der Klägerin wurde vom Ober-Verwaltungsgeriht verworfen, indem es den oten hervorgehobenen Rehtzsay ausspra& und im “rigen die Ausführungen des Berufung8gerichts für rechtlich un- anfechtbar erachtete. (II1. 1207.)

N, Pat eine minderjährige Person mit Genehmigung des VLolmundes cinen Gesindedientt angetreten, o ift dicfelbe, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 16. No- vember 1894, für Rechtsstreitigfeiten aus ibrem Gesindedienst Zrozepfähig. „Nach § 50 der Zivilprozeßordnung bestimmt sich die HKâbigteit ciner Person, vor Gericht zu stehen, nah den Vorschriften vurgeriidben Recht13, soweit nit die nachfolgenden Paragraphen ‘lende Bestimmungen enthalten. Im“ § 51 a. a. O. beißt es „Eine Perfon ift in fo weit pro:cßfäbig, als sie sid dur Ver- _ x „ltage verpflichten kann“ “*° Hierzu bemerken die bei Struckmann u. Koch mitgetheilten Motive : rage Demnach ist eine Person, wele sich nur ausnahmsweise ver- Pen fann, sei es fur Verträge gewisser Art cder unter gewissen welch, eBUngen, nur für diejenigen Nechtsstreitigkeiten prozeßfähig, velde aus solchen Verträgen entstanden sind.“ No Farnah tritt bei ausnahmsweise vorhandener rechtêgeschäftliher bats Gtungsfäbigkeit einer im allgemeinen verpflihtungs- und des- manne, ¿ebunfähigen Person, wie in den Fällen des § 6 der See- "ordnung vom 27. Dezember 1872 oder der SS 5 und 6 des

Gesetzes vom 12. Juli 1875; betreffend die Gzschäftsfähigkeit Minder-

jähriger, ausnahmeweise die entsprehend beschränkte Prozeßfäbigkeit ein. Da nah § 6’ des Gesetzes vom 12. Juli 1875 der Minder- jährige, wenn er vom Vormund die Genebmigung dazu erbalten hat, in Dienst oder Arbeit zu treten, selbständig Dienft- oder Arbeits- verhältnifse der genehmigten Art eingeben und auflösen darf, so wäre Klägerin, wenn der Vormund jene Genebmigung ertbeilt bätte, für den vorliegenden Fall prozeßfähig gewesen.“ (I 1339.)

Kunft und Wiffenschaft.

Große Berliner Kunstausstellung. Ill. *) Frankreih: Champ de Mars.

L. K. Der große Vortheil, den das französishe Kunst- leben vor dem anderer Staaten hat und der die shnelle und reiche Entwickelung desselben zum theil erklärt, besteht darin, daß sich in Paris alle Kunstkräfie und -Interessen wie in einem Brennpunkt vereinigen. Dadurch wird die Auslese der fünstlerishen Produktion wesentlih erleichtert, mittelmäßig Talente vermögen sich in der Nachbarschaft großer Rivalen nicht zu behaupten. Gleichwohl wäre es verfehlt zu glauben, daß den Grenzkordon der Pariser Salons nur Meisterwerke ersten Ranges passieren. Eine Scheidung zwischen alter akadcmischer Ueberlieferung und jugendlich vorstürmendem Forischritt hat in Paris 1890 zur Trennung des Großen Salons in zwei gesonderte Ausstellungëstäiten geführt, von denen der Salon des Marsfeldes die Société nationale des Beaux-Arts becherbergt, die auch auf unserer diesjährigen Ausstellung als geschlossene Genossenschaft erschienen ist. Der Präsident der Gesellschaft Pierre PVuvis de Chavannes, der Führer des französishen Neuidealismus, tritt freilich in diesem Rahmen bescheiden zurück: von der monumentalen Kraft seiner Kunst geben die beiden kleineren Studien ..le sommeil“ und der Rütenakt einer Frau (1386) nur einen unzulänglichen Begriff, während die Roethelstudie (2010) uns wenigstens die flassishe Reinheit und Durch- bildung seiner Liniensprahe ahnen läßt. Andere wichtige Führer der Genossenschaft, wie Dagnan- Bouveret, Roll, L'hermitte, Carolus Duran und Aman-Jean fehlen ganz in Berlin. Sie hätten für die geleckte, seelenlose Geziertheit cines Dubufe (380, 381) und Gerverx, wie auch für das unerfreuliche Gemisch von süßliher Mache und sensationslüsterner Brutalität des Motivs, das Béraud's Kreuztragung entstellt, willklommenen Ersaz geboten. Gleich- wohl bleibt in dem der Société nationale eingeräumten Saal V noch genug des Bewunderungswürdigen und Anregenden übrig. Den [lebhaftesten Eindruck machen Besnard's marokkanishe Rose am Meer

zit ihrem überkfühnen Jmpressionismus der Farbenreflere, threr fraftvollen Bewegung und Frische des Temperaments. Es flingt dem Beschauer aus diesem überraschenden Bilde etwas wie jubelnder Uebermuth der Schaffensfreude entgegen, der auch den anfangs Stugzenden mit sich fortreißt. Genial ist auch die Unmittelbarkeit zu nennen, mit der uns Besnard in seinem Gruppenporträt (117) einen Blick in das Familienglück thun läßt. Frohsinn und Licht erfüllt das Ganze; die ungezwungene Haltung ver Kinder, das fein modellierte, von Licht umflossene Profil der Mutter, der Blick durch die geöffnete Thür in die lachende Berglandshaft all-s stimmt auf das glülichste zu- sammen. Das Bild steht unter den Bildnissen der“ diesjährigen Ausstellung mit den Leistungen Sargent's, Boldini's und Leibl's in erster Reihe. Den geistreihen Naturalisten Jean Francois Raffaëlli lernen wir diesmal in einer ansehnlichen Reihe fesselnder Arbeiten kennen. R. bezeichnet seinen Stil selbst treffend als .caractérisme“. Ec hat si eine stenographishe Art des malerishen und zeihnerishen Vortrags angeeignet, die manchmal ins Chargierte verfällt, von Japanismen nicht frei ist und doh stets geistreih, ausdrucksvoll und liebens- würdig bleibt. Wunderbar ist die Stimmung in seinen Land- schaften und Straßenbildern (1392 bis 98) mit ganz unschein- baren, fast ärmlihen Miiteln gegeben. Graziöser als die Mehrzahl unserer deu:shen Naturalisten, unter denen Lieber- mann am ehesten an ihn crinnert, macht er doch dem verzärtelten Geschmack unseres Publikums keine Zugeständnisse. Wie fein- gebildeten Geshmack verräth nit sein Stillleben (1393), das sich in zartester Stimmung und ganz dünnem Farbenauftrag gefällt! Welch cine Fülle wigziger Einfälle und humoristischer Beobachtungsgabe steckt in seinen zum theil farbigen Rodierunacn (2011—19) und Zeichnungen! Gerade auf diesem Gebiet hat R. von den Japanern das Beste gelernt, ohne doch je in ge- dankenlose Nachahmung zu verfallen. Es wäre zu wünschen, daß von diesen en Meisterwerken einige dauernd Berlin erhalten blieben, als Quell der Anregung für unsere Künstler und Kunstfreunde. Um die nervöse Feinfügligkeit Raffaëllis zu würdigen, bedarf es nur eines Vergleichs seiner Arbeiten mit den benahbart aus- gestellten, weit derberen, nicht selten etwas hölzernen Studien Fernand Piet’s, der bei allem zur Schau gestellten Naturalismus die Wahrheit der Luftstimmung, wie sie die Werke unserer deutschen Bauernmaler auszeichnet, nicht erreiht. Auh Deschamps* Bildern, dessen flockiger Farbenvortrag an Nembrandt erinnert, fehlt jede Wärme und Saftigkeit des Kolorils, während der Farbenasket Griveau mit scinen ganz dunkel gehaltenen Bildern gar cinen Ribot zu übecrtrumpfen versucht. Muenier und Duez zählen zu den Naturalisten, denen zur vollen Wirkung Ueberzeugung und Temperament fehlen. Ein Luminist im Sinne Besnard'’s ist Gaston Latouche, der den Raum mit geheimnißvollen Reflexen durchleuchtet und damit in feiner „Christlihen Nächstenliebe“ (976) eine stim- mungsvolle Wirkung erzielt; auch Rosset-Granger bewegt sich in diesen Bahnen, die vielfah auch von unseren deutschen Malern i erinnere an Skarbina und Schlittgen mit Glück beschritten sind. Bis zur Manier steigert sich in Carrière’s Bildern und dem künstlerisch geringeren Familien- bild Lerolle’s (1038) die Sucht, in nebelhaft bleichen Tönen zarteste Stimmungen festzuhalten, während Carrière dabei immer noch ausdrucksvoll in den feinmodellierten Köpfen bleibt, obwohl der Beschauer sich vergeblih die Frage vorlegt, welhe Umstände eine solche an Kellerliht gemahnende Dämmerung hervorrufen können. Lerolle motiviert zwar die fahlen Farbenstimmungen durch Frühlings- nebel am Seinequai, aber vermag dadurh doch die Leichenblässe seiner Köpfe niht naturwahr erscheinen

kleinen

*) S.-Nr. 104 und. 111 d. Bl.

zu lassen. Diese Arbeiten übertreiben Whistler's aristokratische Feinfühligkeit für atmosphärishe Stimmungen, die aug in den Arbeiten Tournès*, Biessy’'s und Rachou's durch- klingt. Am glücklichsten beweat sh wohl Jacques Emile Blanche auf diesem nur vornehm organisierten Künstler- naturen zugänglihen Gebiet, während Billotte und Emile Baran mehr den Vorbildern der schottishen Landschafter nachftreben.

Sehr äußerlich wirkt die präraphaelitishe „Wahrheit“ Mangeant’s (1116), während A. Renan's „Scylla“ mit ihrer an Böcklin erinnernden Phantasie des Vorwurfs und s{hwungvollen malerishen Behandlung einen tieferen Eindruck hinterläßt. Ebenso muß Agache's „Vanitas“ zu den geist- reihen Schöpfungen einer phantasievollen Künstlernatur ge- zählt werden.

Gering ist die Ausbeute auf dem Gebiet französischer Plastik; nur ein Vollblutplastiker ist auf unserer Ausstellung erschienen: Jean Ringel - d'Fllza h, der seinem Namen nah zu urtheilen fein Franzose von Geburt sein dürfte. Sehr zier- lih und mit Geschick archaisierend sind die Holzsfulptzren von Carabin, während die Bronzeplaketten von V. Peter und Vernier niht an Roty’'s Meisterleistungen auf diesem Ge- biet der Kleinkunst heranreihen. Die plastishen Studien von Charlotte Besnard zeigen die liebenswürdige Frische eines gewissermaßen in das Formengebiet übertragenen Jm- pressionismus.

en Fortgang der Arbeiten zur fünftlerisden Auss{müdurg

hauses in Goslar wird berihtet: ProfeFor Wislicenus ift zur an dem leßten der größeren Gemälde der Westwand des Kat]erfaales „Der Reichstag zu Worms“ mit dem Maler We beschäftigt. Die beiden vom Bildhauer Toberenz in B

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modellierten Reiter-Standbilder Kaiser Wilbelm I. und Barbar: die vor dem Kaiserhause Aufstellung finden follen, sind jeI Guß gegebe

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Residenz verdankt bekanntlih ibr

in der Hauptsache dem Kunstsinn

rfe sen und Polen und seines Nabfolgers,

nur Bei porragende Bauten errichtet, die be- Bilder der Gemälde-Galerie erworben und die große Königliche Bibliothek begründet und bereichert haben, sondern auch durch ibr Beispiel auf den Adel und das Bürgertbum anregend in künstlerischen Dingen einwirkten. Drezden galt lange Zeit nah Semper's Ausspruch als die Heimath tes Nococoîtils, venn man von dieser Ansicht au zurückaekommen ist, so birgt

in feinen Mauern und in seiner Umgebung mannigfache, inter- eugnifsc dieses [eßten großen selbständigen Stils vor der Erobe

mung in den Künsten: es sci nur erinnert an den groß-

prachtvoll gesGmüdckten Festisaal im Brübl'shen Palais, der ubferstihkabinet der Königlid sähsishen Secundogenitur

rtenin Groß-Sedlißz und Morizburg undandas Kurlän der

2s Teßztere ift jeBt zu neuem Glanze erstanden, sodaß Dreéden

É ürdigteit ersten Ranges erbalten hat. Das Palais

unter August dem Starken für den Grafen

von Wadckerbarth, wakrs{einlich nach Plänen des Dreédner Artitekten Longuelune, erbaut. Es ging sväter in den Besitz des Herzogs Karl von Kurland über, von dessen Tochter es König Friedrih August der Gerechte erkaufte. Bis 1813 war es Wohnung des russischen Gouverneurs, dann diente es 1813—14 als Lazareth für verwundete Offiziere, weiter wurde es der cirurgisch-medizinishen Afademie über- wiesen, und eine Zeitlang benutte die Kunstakfademie ver!hiedene Säle für ihre Zwecke. Jett hat das Königlich sächsische Landes-Medizinal- Kollegium dort seinen Siy. Der Präsident dieses Kollegiums, Ge- beime Nath Der. Günther hat nun dafür gesorgt, daß wenigstens zwei Sâle in ibrem alten Glanze wiederbergestellt worden sind: der große Festsaal, der an 250 Personen faßt, und ein anstoßendes Zimmer, das it Gobelins nach Teniers d. I. geshmück: ist. Der große Festsaal i in Weiß mit goldenen Nocaille-Ornamenten an der Dele und den Wänden pbverziert, bronzene Wand- fandelaber, die geshnißten Thüren und Wandgemälde von Louis Silvestre treten binzu, um dem Raum ein äußerst vornebines und prächtiges Gepräge zu geben. Für den Eintretenden kestimmt die große monumentale Treppe, ebenso wie im Brübl'schen Palais, den erften Eindruck, der vermöge der sinnreihen Raumanordnung und der ildung aller Ginzelheiten im ganzen Gebäude anhält.

Denkmäler Dresdens aus der Periode des

em Untergang geweiht: die beiden Brunnen-

lune auf der Hauptstraße, die durch die

J geworden waren, sind bereits gefallen. Ver-

f ¡i feinen Dekorationen waren sie trefflihe Bei-

jener jet tenen Kunst, bloßen Nugzbauten ohne großen Aufwand einen künftlerishen Reiz zu verleihen. Auch die Tage des von Borberg'’schen Palais (Waisenhausstr. 6) find gezählt ; es it ein zierliher Bau aus dem vorigen Jahrhundert, der von èem Architekten J. G. Panse, einem Schüler des Krubfacius, herrührt und 1745 errihtet wurde. Im Inrern ist das fleine Palais verändert, erhalten aber hat sib der Gartensaal, den Goethe's Leipziger Lehrer Adam Friedri ch Defer mit Wand- und Deckenmalereien geschmüdckt hat. Der Saal bietet ein höchst interessantes Beispiel des Uebergangs vom Nococo zum flassizistishen Stil, der damals stattfand und tem nh auch Oeser nicht entziehen konnte. Die Decke ifff noch in Wolken aufgelöst und zeigt allegorishe Gruppen, aber die Auflösung der Hobllehle in persvektivishe Galerien und Balustraden, wel(e vorber den Uebergang von der Wand zu der ofe-en Dedcke zu ver- mitteln pflegte, sucht man vergebens: die Himmelsdecke liegt fla auf den Gefimsen auf Ein Sptegelkamin, plastische Enblemenbündel über den Thüren, Oefen in plumpen antifen Formen, gekuppelte Wandyfeiler in Weiß und Gold, bunte Marmorfelder, vorzellanartig erte Bänder, dürre Kränze, Medaillons, müde berabhängende

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Ranken und endli mvthologishe Wandbilder von Oeser: das alles

kleinen Naum ein böhst seltsames Aus- sehen. Freunde der Kunft des 18. Jahrbunderts sollten nicht ver- säumen, diefe eigenartige Schöpfung Oeser's sih anzusehen, bevor sie rershwindet.

giebt dem verbältaißmäßtg

Land: und Forftwirtschaft,

Saatenstand in Rußland.

Ueber den Stand der Wintersaaten im zentralen und östlichen Rußland gehen uns noch folgende Nachrichten zu (vergl. „NeichsS- Anzeiger“ Nr. 113 vom 11. d. M.): Die reiblihe Schneedecke ift größtentbeils bei {wachen Nachtfrösten und frärtigem Sonnenschein am Tage allmählich fortgethaut. Troy der außergewöhnlich großen Schneemassen des vergangenen Winters find daher, zumal es seit vielen Wochen nicht geregnet hat, die befürchteten ernstecen Uebers{wemmungen nicht eingetreten. Die Saaten selbst find in diefen Gegenden anscheinend gut durch den Winter gekommen. Ungünstiger lauten die Nachrichten aus tem Südosten, roo starke Negengüßte, verbunden mit Nachtfrösten, \tattzefunden baben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs®- Maßregelu.

Malta.

Zufolge Verorduung der Lokalbehörde in Malta vom 4. d. M. sind die \. Z. gegen Reisende von der afrikanishen Küste zwischen Algier und Tunis angeordneten Maßnahmen aufgehoben worden. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 46 vom 21. Februar d. J.)