1895 / 117 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Vertretung seines. entgegengeseßten Standpunkts, den er sich ausdrüd- lih unter Zustimmung der ganzen Kommission vorbehalten hat.

Meine Herren, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf soll in Ver-

bindung mit dem für den Kreis Herzogthum Lauenburg ausgearbeiteten gleichartigen Geseßentwurf, der, von einigen Nebenpunkten abgesehen, die einstimmige Zustimmung des Kreistags von Lauenburg gefunden hat und Ihnen vorauésihtlich in allerkürzester Frist vorgelegt werden wird, also in Verbindung mit diesem zweiten gleichartigen Gesetz- entwurf die Grundbuchgeseßgebung und die mit ihr in engem Zusammenhang stehende Immobiliarzwangsvollstreckungs-Geseßgebung ¡um Abschluß bringen, die Ende der 60er Jahre ihren Anfang genommen hat. Bei dieser Gesetzgebung is von An- beginn dieses hohe Haus in hervorragender Weise betheiligt gewesen. Werthvolle Anregungen zu einer Revision und Reform der an und für sich hoh bedeutsamen preußishen Hypothekenordnung vom Jahre 1783 sind hon, wie ih glaube, im Jahre 1857 vom Herren- hause ausgegangen, und fie haben den Ausgangépuukt der N-form- bewegung gebildet, die zu dem jeßt geltenden Grundbuchgeseß geführt hat. Wenn ursprünglih die Grundbuchgeseße sich auf das Gebiet der sieben alten preußischen Provinzen beschränkten, fo ist der Geltungs8- bereih derselben inzwischen ausgedehnt worden auf sämmtliche neu er- worbenen Landestheile, auch auf die Rheinprovinz, und übrig geblieben find eben nur Naffau, die Stadt Frankfurt am Main, die frühere Grafschaft Hessen-Homburg, die ehemaligen Großherzoglich bessishen Gebietstheile und der Kreis Lauenburg. Nicht ohne Kampf ist diese Gesetzgebung zu stande gekommen, fie ift {hon in ihrem Beginn leb- haftem Widerspruch begegnet, es haben drei Vorlagen ausgearbeitet werden müssen, und drei oder vier Jahre nacheinander find diese Vor- lagen dem Herrenhause vorgelegt worden, bis \chließlich die Zu- stimmung dieses hoben "Hauses erreiht war. Gegensäße der Meinungen fanden \sch nach verschicdenen Richtungen. Sie alle find ausgeglißen worden, und \ch{lielich ift man zu dem Resultat gekommen, daß die Geseze von 1872 nit nur für den ursprünglichen Geltungsbereih, sondern für den ganzen Umfang der Monarchie als maßgebend für die Immobiliar- verbältnifse zu betrachten seien. Ohne Widerspru soweit wenig- stens meine Kenntniß der Dinge reiht aus diesem boben Hause ist die Ausdehnung der Gesetze auf alle übrigen Landestheile erfolgt, und ih glaube, es besteht darüber keine Meinungsverschiedenheit, daß diese Gesezgebung eine der besten ist, die es auf dem Gebiete des Grundbuchwesens in Deutschland giebt. Sie ‘ist auch vorbildlih ge- wesen für eine Reibe anderer deutsher Staaten.

Nun, meine Herren, Sie sind deshalb mit der Materie, die bier in Frage steht, vollkommen vertraut. Technishe Schwierigkeiten wird as vorgelegte Gese Ihnen kaum bieten. Die einzige Frage, um die es sib im wesentlichen handeln wird, abgesehen von einigen Neben- punkten, ist nur die, ob in der That dem Geseß eine Ausdehnung ge- geben werden soll auf den ganzen Bereich, den es nach der Re- gierungévorTage haben soll, oder ob das Gebiet des früheren Herzog- thums Naffau davon aus8ges{lofsen bleiben soll. Meine Herren, für Frankfurt am Main, für die früher Großherzoglich bessishen Gebiets- theile, «die frühere Grafshaft Hessen - Homburg, besteht eine Meinungsverschiedenßeit wohl faum, irgend ein Widerspruch aus den Kreisen der Bevölkerung dort ist niht hervorgetreten. Im Gegentheil sehnt man überall in diesen Gebieten das baldige Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung l f i; die Vorzüge der preußishen Geseßgebung werden dort widerspruhslos an- ertannt. Anders ift es in Naffau. verkennen, daß die Vorlage bei den Bewohnern des Nassau einem außerordentli lebhaften, wachsenden Wi uch begegnet. Aus den Petitionen, die auch diesem Hause zugegangen find und die mit 20 000, 30 000, vielleiht noch mehr Unterschriften bedeckt waren, geht das Eine deutlih hervor, daß die Berölkerung mit Wärme an ihrer bestehenden Stockbuchgesetzgebung hängt, und daß sie mit lebhafter Sorge dem Inkrafttreten der ihr zugedahten neuen Gesetzgebung entgegensieht. Meine Herren, ih bin weit entfernt, die Vorzüge der in Naffau geltenden Stockbuchgesegebung irgendwie in Abrede zu stellen; es ift in der That, wie von dort behauptet wird, eine Einrichtung, die den Verhältnissen des Landes entspricht im Großen und Ganzen durchaus befriediat, auf Grun gesunder, solider Realkredit entwickelt hat, die für die Bewohner manche Bequemlichkeiten bietet in so weit, als die Gerichte im wesent- lihen durch Vermittlung der Bürgermeister und Ortsgerichte an- gegangen werden, fodaß also den Bewohnern die Wege zu den Amts- gerichten erspart bleiben. Andererseits ist diese Gesetzgebung nicht ohne Mängel; ich will sie bier nicht im einzelnen auf- führen, es wird \sch ja im Laufe der Diskussion dazu vielleiht Gelegenheit finden. Ih gebe vollkommen u, daß, wenn noch jeßt staatlihe Schlagbäume an den Grenzen von Naffau ständen und wenn nicht inzwishen cin Deutshes Reich ent- standen wäre, fein Anlaß wäre, an der heutigen Geseßgebung zu rühren. Aber die Verhältnisse sind anders geworden. Wir haben ein großes Königreih Preußen, welhes cine Reihe von selbständigen Staaten in sich aufgenommen hat, und wir haben ein großes Deut- {hes Reich, und das Bestreben der gesammten Bevölkerung und das Bedürfniß derselben geht dahin, für das erweiterte Rechtsgebiet na- mentlih auch auf dem Gebiete der Verkehrsgeseßzgebung einheitliche Gesetzgebung zu hafen. Wer wollte leugnen, daß damit von dem Einzelnen manche Opfer gebracht werden müssen, daß vielfa Verzicht geleistet werden muß auf lieb gewordene Gewohnheiten, manches Un- bequeme in Kauf genommen werden muß ? Aber das große Ganze verlangt, daß der Einzelne mit seinen Ansprüchen zurücktrete und #ch fühle als Theil des großen Ganzen, und daß er ihm die Opfer bringe, die sein patriotisher Sinn ihm gebietet.

Meine Herren, von diesem Gesichtspunkt aus war es wobl nit in Abrede zu stellen, daß hon für das Gebiet Preußens allein es in hohem Maße wünschenswerth ersheinen mußte, den noch bestehenden Verschiedenheiten auf dem Gebiete der Grundbuchgesezgebung ein Ende zu machen und auch die bisher noch von der in dem weit über- wiegenden Theile der Monarchie geltenden Gesetzgebung ausgeshlossenen Gebietstheile in diefe Geseßgebung hineinzuziehen. Ja, meine Herren, worin besteht denn der Vorzug der Rechtseinheit? Es handelt #ich doch dabei keineswegs nur um die Interefsen und das Wohl der einzelnen kleineren Bezirke, in denen abweichende Bestimmungen in Geltung sind. Von diefem Gesichtspunkt aus kommt es nah meiner Meinung auch nit darauf etwa aus\{ließlich an, ob die Naffauer \ich unter der Herrschaft dieser Gesetzgebung wohl fühlen oder nit; der Vor- theil der Rechtseinheit bestebt darin, daß jeder Bewohner im ganzen

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großen Stadtswesen weiß, daß in allen übrigen Theilen der Monarchie keine von der ihm bekannten und vertrauten Geseßgebung abweichende Bestimmung besteht, daß jeder weiß, der im Often wohnt und mit irgend einem Bewohner der westlihen Provinzen Geschäfte abschließen will, daß er dort mit denselben Geseßen zu rechnen hat, die auch in seinem Gebiet gelten. Das i} eben der große weite Gesichtépunkt, dem gegenüber die Gesichtspunkte der unmittelbar bei einer solhen Veränderung Betheiligten zurücktreten müssen. Meine Herren, wenn das gilt {on vom Standpunkt der preußischen Staatseinheit aus, so ift aber noch hinzugekommen der Umstand, daß ein Bürgerliches Geseßbuch für das ganze Deutsche Reich in Vorbereitung begriffen und bereits soweit gediehen ift, daß mit ziemliher Sicherheit darauf gerehnet werden ftann, es werde in absehbarer Zeit, vielleiht in fünf bis sechs Jahren, in Kraft treten. Ich bin nicht so kleinmüthig, zu glauben, daß dieses Geseßbuch nicht zu stande kommen werde und daß dem deutshen Volke, nahdem es sh die staatlihe Einheit errungen hat, die Kraft und die Fähigkeit fehlen werde, daraus die nöthigen Konsequenzen zu ziehen und auch auf dem Gebiete des bürger- lihen ReŸfs sich die vollständige Rechtseinheit zu schaffen. (Bravo!) Meine Herren, die Entwürfe des Bürgerlichen Geseßbuchs und der damit in Zusammenhang stehenden Nebengesetße, eines Einführungs- gesetes, einer Grundbuchordnung, die haben gewisse maßgebende Grundsätze aufgestellt, die in Zukunft im ganzen Gebiete des Deutschen Reichs gelten sollen für die Grundbuhführung. Wenn angenommen werden darf, was nach meiner Meinung angenommen werden muß nach der gegenwärtigen Sachlage, daß diese Grundsäße demnächst wirk- lich Gesegesfkraft erlangen werden, dann ift damit die Aufreterhal- tung der Stoctbuchverfassung für Nafsau unvereinbar, und zwar des- halb, weil in Bezug auf den Inhalt der künftigen Grundbücher die künf- tigen Reich2geseße gewisse Grundsäße aufstellen, denen die nafsauischen Stodtbücher nit genügen und nach ihrer Einrichtung nicht genügen können. Das einzelne is im Kommissionsbericht des näheren auseinandergeseßt. Es verlangt insbesondere die Reichsgesezgebung, daß die Grundbücher in unmittelbarem Zusammenhang stehen mit den Flurbüchern, daß also die Grundstücke mit ibrer genauen fataftermäßigen Bez:ichnung in die Grundbücher eingetragen werden. - Sie verlangt in Bezug auf die Eintragung der bypothekarischen Belastung, daß niht nur die Summe der eingetragenen Schuld, sondern daß auch der Name des Gläubigers und der Schuldgrund aus den Büchern ersihtlih wird und so noch eine Reibe von anderen Bestimmungen, für welche das Stockbuchformular keinen Raum giebt. Ich bin in der Lage, auf den Tisch des Hauses die in Nassau im Gebrauch befindlihen Stockbuh- und Hypotheken- buh-Formulare niederzulegen und dazu zur Vergleichung diejenigen Formulare, die unter der Herrschaft der preußishen Grundbuhordnung üblich sind. Sie werden daraus ersehen können, welches Buch übersicht- lier, flarer und brauhhbarer ift. Jh will nur bier darauf aufmerksam machen, daß das Nafsauer Stcckbuch gegenwärtig mit dem Kataster in keinem organishen Zusammenhang mehr steht. Es war aller- dings ursprünglich darauf berehnet, und in den älteren Formularen waren zu den einzelnen Grundstücken die ftataster- mäßigen Bezeihnungen angegeben. Auf Grund der neueren Ver- messungen find diese Angaben absolut niht mehr zutreffend: es haben neue Vermefsungen ftattgefunden, die vielleicht ja bedauerlicher Weise nicht die nötbige Rücksicht auf den Inhalt des Stockbuhs genommen baben, sodaß die Identifizierung der alten mit den neuen Par- zellen innerhalb der bestehenden Stockbücher jeßt vollständig unmöglich geworden ift. Man hat einen Versuh gemacht mit den sogenannten grünen Einträgen (Bezeiwnungen mit grüner Tinte), die neuen Katasterbezeihnungen in die Stockbücher eintragen zu laffen. Der Versuch ift einige Iahre fortgeseßt worden bis 1885, man hat fh aber überzeugt, daß dies vollständig unausführbar ist. Die Stockbücher geriethen in eine folche Verwirrung, daß man die Ein- tragungen sistieren und zugleih anordnen mußte, daß sämmtliche grüne Einträge wieder gelö\ht wurden ; sie sind beseitigt worden, und es ift aus dem Stockbuch jeßt absolut niht mehr zu ersehen, welche kataster- mäßige Bezeichnung die einzelnen Grundstücke haben. Wer also jetzt eine Verfügung zum Stockbuch trifft, verfügt über andere Grundstücke

die, welhe aus den dort gemahten Bezeichnungen sich ergeben. Bezüglich des Eintrags der Erwerbung von Immobilien er- geben sih besondere Schwierigkeiten aus den Spalten des Stock- bus nicht; wohl aber ift dies der Fall in den weiteren Abtheilungen „Eigenthumsbeschränkungen und Belastungen“, für die nur eine {male Spalte gegeben if und „Auf dem Immobile haftende Pfandrechte“. Hier finden Sie nur eingetragen den Forde- rungsbetrag, das Datum der Verpfändung und das Datum der Löschung; alles Uebrige muß aus den Akten entnommen werden. Es ist niht die Möglichkeit gegeben, eine Zession, eine Theillöshung oder eine Prioritätseinräumung zur Eintragung zu bringen anders als in der Weise, daß sämmtliche Einträge gelöscht werden. Es ift auch niht mögli, einen Arrest oder ein Veräußerungsverbot einzutragen. Alle diese Dinge fteben in den Anlagen des Stockbuchs, die nicht obne weiteres jedem zugänglih find und in denen sich nit jeder zurehtfinden fann.

Meine Herren, wenn ih behaupte, daß ein solhes Formular den Anforderungen niht entspriht, noch den in Preußen be- stehenden Anschauungen und den Normalvorschriften des Bürger- lichen Geseßbuchs und der fünftigen Grundbuchordnung, so glaube ih nicht zu viel gesagt zu haben, und ich bitte diejenigen Herren, die sch mehr dafür interessieren, hier davon sich überzeugen zu wollen. Meine Herren, ih sage das zugleich, um Ihnen klar zu legen, daß doch das bestehende Stockbuch niht etwa bloß Vorzüge hat, sondern daß es auch mit erheblihen Mängeln verbunden is. Zu diesen Mängeln rehne ih es auch, abweihend von dem Herrn Referenten, daß nicht die Möglichkeit gegeben ift, auf Grund voll- streckbarer Titel Zwangshypotheken zur Eintragung zu bringen, sondern daß derjenige, der einen vollstreckbaren Titel erworben hat, lediglich angewiesen ist auf den Weg der Zwangsversteigerung, daß er sich nicht sihern kann durch Eintragung seiner Forderung und dann dem Sghuldner Zeit geben kann, bessere Zeiten abzuwarten, sondern er muß zur Zwangs- versteigerung schreiten, die ihm nur drei Monate lang das durch die Pfändung erlangte Pfandrecht erhält. Wenn er die Sache länger als drei Monate liegen läßt, dann if das Pfandrecht für ihn ver- loren —, wenigstens glaube ih das sagen zu können, obne dem Widerspru von seiten der besser orientierten Herren aus Naffau zu begegnen.

Der Herr Referent bält für einen großen Vorzug die Einfachheit und die Kürze des Stockbuhs, durch das vermieden werde, daß die

Hypothekenurkunden einen großen Umfang annehmen und wbdurch wesent, lih an Schreibkosten gespart werde. Ich bedaure, dem Herrn Referenten nit zustimmen zu können. Ich halte es für einen wichtigeren Vorzug daß aus dem Grundbuch und den daraus ertheilten Ausfertigungen alle Realverhältnifse vollständig hervorgehen, daß man daraus die noch bestehenden Belastungen, ihren Rechtësgrund, die Namen der Gläubiger, die Reihenfolge, die Prioritäten u. . w. ohne weiteres ersehen kann und man nit zu weitläufigen Studien wie beim Sto, buch gezwungen ist. Die Ersparniß, die an Schreibgebühbren zu erzielen sein möchte, kommt dew gegenüber niht wesentli in Betracht. Nun haben die Herren in Nafsau Gewicht darauf gelegt ih glaube, der Herr Referent hat dies nicht besonders hervorgehoben daß die Einrichtung des nassauishen Stockbuhs eine größere Garantie gewährt für die Wahrung der ehelichen Güterrehte.

Meine Herren, in dieser Beziehung is der Entwurf in seiner jeßigen Gestalt den von nassauisher Seite gestellten Anforderungen weit entgegengekommen und ih glaube, bei sachlicher Prüfung wird man sagen, daß, was billiger Weise verlangt werden kann, auch in diesem Entwurf erreiht wird und erreiht werden kann. Die Herren aus Nassau legen ein ganz besonders großes Gewiht auf die Bei, behaltung der Mitwirkung der Feld- und Ortsgerichte. Ich habe schon bervorgehoben, daß es unleugbar eine große Bequemlichkeit für die Eingesefsenen ist, daß sie solhe Organe haben, die ihnen zu Gebote steben. Die Feldgerichte sollen aber auch nicht aufgehoben werden, sie sollen bestehen bleiben, fie sollen nur niht mehr eine hervorragende Mit, wirkung bei der Grundbuführung haben, sie follen nicht Duplikat- bücher führen, deren Führung ihnen bisher oblag, und es sollen nit dur ihre Vermittlung die Auflafsungserklärungen aufgenommen werden. Nach anderer Richtung sollen ihnen weitgehende Befugnisse bleiben, insbesondere die Befugniß, Taxen aufzunehmen, die nah meiner Meinung in Zukunft denselbcn Werth haben würden wie jeßt. Denn zur Werthschäßung bedarf es doch, von höchst seltenen Ausnahmen abgesehen, kaum einer Kenntniß tes Inhalts der Stock- bücher, sondern die Werthshäßung {ließt sich an den äußeren Zu- stand des Grundstücks an. Was im Hypothekenbuch steht, wird wobl faum jemals in Betracht kommen. Es soll auch den Ortêgerihten in Zukunft die Befugniß bleiben, Urkunden zu beglaubigen, sodaß insbesondere für die Eintragung von Schuldurkunden die Vermittlung der Ortégerichte in gleiher Weise in Anspru genommen werden fann wie bisher. Nach der Grundbuchordnung kann nicht verlangt werden, daß diese Schuldurkunden gerihtlih oder notariell aufgenommen werden, sondern eine Beglaubigung dafür genügt, und da die Ortsgerichte hierzu für zuständig erklärt werden, fo werden sie in dieser Beziehung auch ix Zukunft der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Meine Herren, das Gebiet des Herzogthums Nassau is ja nicht fo über- mäßig groß, und es umfaßt 34 Amtsgerichte; daraus ergiebt sich, auch die Entfernungen in den einzelnen Bezirken nicht fo ge- waltige sein können, daß dadurch eine unerträglihe Ershwerung des Geschäftéverkehrs berbeigeführt würde. Ih glaube, es werder überhaupt diese Schwierigkeiten doch wesentliG übershäßt : es ist doch in der That troy der außerordentlichen Zersplitterung des Grundbesißes in Hefsen - Naffau nicht anzunehmen, daß jeder Bürger und Bauer nun jeden Augenblick in die Lage fommt, Grundstücke zu kaufen, zu verkaufen oder Hypotheken zu be- stellen. Ich habe unter den vielen Zeitungsausschnitten, die mir aus nafsauishen Blättern in leßter Zeit zugegangen sind, auch einen ge- funden, einen einzigen allerdings nur (hört, hört!) der auf dem Standpunkt der Regierungsvorlage steht, der die Ueberschrift führt „audiatur et altera pars“. Der ift de Meinung, daß die Schwierigkeiten doch ganz erbeblich übershäß werden, denn die Lage fei do niht so, daß jeder Bauer immer sein Itemchen das ift der Ausdruck dafür in Nafsau in der Westen- tashe hätte, um jeden Tag verkaufen oder fonstwie darüber verfügen zu fônnen.

Nun haben aber die Leute, die angesessen sind und die für den Grundbuchverkehr in Betracht kommen, doch auch noch andere Dinge in der Stadt zu thun. Der Steuern, des Marktes und der Einkäufe wegen h sie sih in die Stadt zu begeben; die Kirhweihß und andere Feste, alle diese Dinge ziehen die Bevölkerung dahin und ih glaube, es ift in der That zu weit gegangen, wenn man meint, daß die Unbequemlichkeiten und Beschwerden, die in der ganzen übrigen Monarchie getragen werden, nun - für Hessen-Nafsau unerträglih sein würden. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen, daf ganz verwandten Verbältniffen, im oftrheinischen Theil des Regierungs: bezirks Koblenz, wo schon in den siebziger Jahren die Grundbuchord- nung eingeführt worden ist, die Bewohner sich sehr rasch damit be- freundet baben. Es ist das allerdings in einer mir vorgelegten Petition bestritten, indessen ich bin in diesem Bezirk Landgerihts- Präsident gewesen und ich kann Ihnen fagen, daß zu meiner Kenntniß nur eine Klage gekommen ift, nämlih die, daß die Anlegung des Grundbu(s nicht rasch genug vorwärts ginge, und ich rene es mir zum Verdienst an, auf den rashen Abschluß dieser Angelegenbeit nah Möglichkeit hingewirkt zu haben. Auch dort bestanden Ortsgerichte, Schöffengerite, bei denen sih ter Grundbuchverkehr vollzog und die dieselben Beguemlichkeiten boten für die Bewohner , das noch jeßt in Naffau der Fall ist. Man hat fih rah an den Verluft dieser Behörden gewöhnt und meiner Erfahrung ift von irgendwelher Unzufriedenheit feine Ke gewesen.

Es ist überhaupt eine eigene Sache mit der Unzufriedenheit ! Volke. Es wird viel davon gesprochen, es heißt, man ‘solle nihts thun, um die obnehin {on weit verbreitete Unzufriedenhei | vermehren. Ja, für eine Regierung könnte ja nihts bequemer fein alë der sogenannten öffentlihen Meinung überal zu Willen zu sein, aber sie würde damit aufhören, eine i zu sein. Und ih glaube, die Popularität, die sie sich damit erwúrbe, würde nur von kurzer Dauer fein.

Meine Herren, das sind im wesentlichen die Gesichtspunkte, für die Regierung bestimmend gewesen sind, troy dieser le Agitation aus Hessen-Nafsau den Entwarf aufrecht zu erhalt Ihrer Zustimmung die Frage zu unterbreiten, ob Sie meinen, in Nassau eingeführt werden foll oder niht. Eine Kabinetsfrag es für die Regierung niht. Wenn Sie darauf bestehen, Hessen-Nassau draußen bleiben soll, nun, meine Herren, wir [ügen uns selbstverständlich; ih glaube, daß es keine Wohlthat für Nafsau sein wird. Nassau wird diese Gesetzgebung nah 5 oder 6 Jahren bekommen, es wird sie unter viel ungünstigeren Verhältnifen kommen, es wird sie vielleiht auch niht vuter so günstigen

dingungen, wie fie ihm im übrigen jeßt im Entwurf geboten werden, cefommen; man kann ja nicht übersehen, wie die Verbältnifse fich

alten. Das, meine Herren, prüfen Sie, und entscheiden Sie nah JFhrer besten Ueberzeugung. (Bravo!)

Ober-Bürgermeister von Ibell (Wiesbaden) begründete seinen Antrag. Das Grundbuchwesen sei datjeniae Gebiet, wo eine Nechts- cinheit am allerwenigsten dringlih sei. Wer ein Grundstück kaufe, begebe sih ftets an Ort und Stelle und erkundige si dort nah dem reltenden Rechte. Der Wunsch, daß die Regierung shon jeßt mit dieser Geseßgebung vorgehen möge, sei niems-ls aus der Bevölkerung peraus laut geworden, sondern nur aus juristishen Kreisen. Die Nafsauer Hypotheken genöfsen gerade wegen der Gesundheit des Real- fredits in Nafsau überall einen guten Ruf. Nassau sei bisher aud pon Wucher verschont geblieben. Die Belästigung der ländlichen Be- pélferung dürfe man nit unterschäßgen. Die Wege zuw Amtsgericht betragen doch oft mehrere Stunden. Die Vorzüge des preußischen Grundbuchwesens lägen mebr auf juristischem Gebiete. s

Ober-Bürgermeister Westerburg erklärte, für Frankfurt und die früheren hesfsishen Landestheile sei die Einführung des Gesetzes eine Nothwendigkeit, niht aber für Nassau, als Provinz betrachtet. Dort liege z. Z. kein Gründ vor, die jezige Geseßgebung zu ändern. Nun stehe man aber vor der Einführung eines allgemeinen deutschen Zivilgeseßbuches, dann würde auch das Grundbuchwesen einheitlih ge- regelt werden. Deshalb sei es wobl richtig von der Regierung gewesen, schon jeßt die Einführung der für ganz Preußen geltenden Grundbücherordnung in Nafjau zu fordern. Da aber der Geseß

entwurf für gewiffe Fälle Ausnahmen nach dem früheren Recht

¡ulafse, andererseits aber die für Tarationen wichtige Thätigkeit der bisherigen Feldgerihte aufbebe, müfse er fich zur Zeit gegen das Gefeß ¡berhaupt erklären.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Jch kann nur meiner besonderen Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß der Herr Ober-Bürgermeister Wester- éurg, der gleichfalls der Provinz Naffau angehört und mit ihren Ver- bältnifsen durhaus vertraut ist, fich mit der Einführung des Grund- buhgeseßes in Nassau an sich vollkommen einverstanden erklärt hat. Das von îbhm hervorgebobene Bedenken, welches ihn abbält, fich {ocn in diesem Jahre für die Einführung der Gesetze zu erklären, möchte id nit für erheblih balten. Mir ift die von ihm erwähnte Entschei- dung des Kammergerichts niht bekannt; aber wenn ich in das Gefeß hineinsebe, dann kommt es mir unzweifelhaft vor, daß au in Zukunft die Taren der Feldgerichte, die als öffentliche Taxen angesehen werden müssen, auf Antrag des Eigenthümers in das Grundbuch einzutragen sind. Die Feldgerichte bleiben in ibrer ganzen Organisation, in ihrem Bestande als öffentlihe Behörden unberührt, es wird ihnen nur ge- nommen die Mitwirkung bei dem Stockbuch, bei der Hypotheken- buhführung. Im übrigen behalten sie ihre Funktionen, und insoweit sie als Taxbehörden auftreten, werden ihre Taxen als öffentlihe an- gesehen werden müssen. Ich meine also, es wird kaum einem Ve- denken begegnen, daß solhe Taxen auf Antrag des Eigenthümers eingetragen werden können, und das ist die Auffassung der Staats- regierung gewesen.

Dann möchte ih noch die Gelegenheit benußen, gegenüber dem Herrn Ober-Bürgermeister Dr. von Jbell zu bemerken, daß diejenigen Gesichtspunkte, die in der Vorlage vom Standpunkt der Justizverwal- tung aus vorgebracht worden sind für die Einführung der Gesetze in Nassau, in meinen Augen nur nebensähliher Natur find. Die Richter, die Behörden in Naffau werden vollkommen gut fertig mit der Stockbuchgeseßzgetung. Sie haben kein Bedürfniß, daß an ihre Stelle die Grundbuchgeseßgebung träte. Im Gegentheil, fie haben eine gewisse Erleichterung dadurch, daß ihnen vorgearbeitet wird durch die Ortsgerihte. Die Auffassung möchte ih nicht auffommen lassen, als wenn bier irgendwelhe Bequemlichkeits- rücksihten der Justizverwaltung maßgebend gewesen seien. Das Hauptgewiht ist für mich die Herbeiführung der Rechtseinheit im ganzen Staate, und das ist derjenige Gesichtspunkt, der die Regierung zu ihrem Vorgeben bestimmt hat und der sie an ihrem Standpunkt festhalten läßt.

Freiherr von Manteuffel: Auf Popularität der Gesege darf die Regierung allerdings nit zu starke Nücksiht nehmen, aber auch niht ohne Noth unpopulâre Gesetze hafen. Für eine Nothwendig- feit bält der Herr Minister das Gesey nicht, da er selbst erklärt bat, die Kabinetsfrage werde nicht gestellt, auch wenn der Entwurf nicht auf Naffau ausgedehnt werde. Ob die Grundbuchangelegenheiten în der Monarchie gleichmäßig geordnet find, erscheint mir nicht von besonderem Belang. Daß wir das Bürgerliße Geset- duch in fünf bis sechs Jahren erhalten werden, erscheint ja auch mir wahrsczeinlich, aber doch niht sicher, wenn man bedenkt, wie der jeßige Reichstag mit den Regierungêvorlagen ver- fährt. Wenn das Stockbuch Mängel hat, so wäre es wohl richtiger, diese zu verbessern, als die ganze Einrihtung über den Haufen zu werfen. Wir haben {on zu viel unpopuläre Geseße, durch Ein- führung solcher fommt nur die Popularität des Deutschen Reichs ins Schwanken.

__ Ober-Bürgermeister Becker beantragte Wiederherstellung der Regierungsvorlage nah der Richtung hin, daß die Auflassung von Grundstücken auch vor Notaren möglich sein foll.

Justiz-Minister Schönstedt:

Ich komme in die eigenthümliche Lage, mich gegen die Negierungs- vorlage und für den Kommissionsantrag erklären zu müssen, weil ich eine Verbesserung in dem leßteren erblicke. Die Sache is so ent- standen, daß man mit der Zulassung der Auflassung vor dem Notar in dem Entwurf auch glaubte, ein Entgegenkommen den Nassauern gegenüber bethätigen zu können. In Wirklichkeit war diese Auffaffung niht ganz zutreffend, weil in der Provinz Hefsen-Nassau Notare außerhalb der Amtsgerihtssize kaum vorkommen, sodaß eine Erleichterung für die Bevölkerung wobl niht gegeben war. Von Interesse würde es nur sein für die Stadt brankfurt a. M. Dort aber is in der That ein Be- dürfniß, die Notarien bei der Auflassung zuzuziehen, auch nit vor- handen. Es kommt dagegen vom Standpunkt der Staatsregierung und hier kann ih in Vertretung des Herrn Finanz-Ministers sprehen êin wesentlicher finanzieller Gesichtspunkt in Betracht. Wenn überall die Auflassung vor dem Notar zugelassen wird, so is es ganz unausbleiblid, daß namentliG in den großen Städten ein erhebliher Theil der bisherigen Auflassungen den Gerichten éntzogen und den Notaren zufällt. Es würde dadurch ein niht unempfindliher Ausfall für die Staatskasse zu be- lorgen sein. Da dém Staat aber nur mit großer Schwierigkeit neue Einnahmequellen zufließen, so muß man mit doppelter Vorsicht edsûr sorgen, daß die alten Einnahmequellen nicht ohne Noth ge- \Ómälert werden. Den Gesichtspunkt möchte ich Ihrer Berück- "dhtigung empfehlen.

Wenn Herr Beer gefürhtet hat, es könnte der Notar auh aus der Rheinischen Grundbuchordnung wieder vollständig vershwinden, glaube ih, diese Besorgniß ist wohl nit begründet. Es ist diese

Konzession den Rbeinländern einmal gemacht worden, und jwar mit Rücksicht auf die dort bestehenden besonderen Verhältnisse ; sie hat au dort weniger zu Unträglihkeiten geführt, als sie dies wo anders thun würde. Sie steht zwar niht in Harmonie mit den Grundprinzipien der Auflassung, fie hat aber am Rhein zu erheblichen Unzuträglihkeiten nicht geführt, weil dort- bis jeßt die Notare den ganzen Immobilienverkehr in Händen haben und mit den Verhältnissen vertraut find und es voraussihtlich auch noch lange bleiben werden. In das Bürgerliche Gesezbuch is diese Konzession aufgenommen worden auf Wunsch von Bayern, weil auch dort der Immobilienverkehr in den Händen der Notare liege. Meines Wissens bestett die Absicht, diese. Bestimmung aus dem Entwurf des Bürger- lihen Geseßbuhs wieder zu entfernen und fie in das Einfüßrungs- gefeß mit der Maßgabe zu bringen, daß es den Landesgesetzgebungen überlaffen bleibt, derartige Vorschriften zu treffen. Eine folhe Bestim* mung würde die Gefahr nicht zur Folge haben, die der Herr Ober-Bürger- meister Becker hervorgehoben hat. Gegenüber Herrn von Manteuffel möchte ih noch eins bemerken. Er hat gesagt, wenn das Stockbuchformular nicht den Ansprüchen genügt, dann sei es leiht, ein neues Formular berzustellen. Meine Herren, das würde nur im Wege der Geseßtz- gebung gehen; denn das Formular ift auch geseßlich festgestellt: es würde aber außerdem zur Folge haben, daß sämmtlihe Stockbücher neu angelegt werden müßten ; die alten würden verschwinden, und das wäre mit den erbeblihsten Kosten verbunden, für die Sie eine Ver- antwortung niht übernehmen würden, namentli wenn Sie erwägen, daß mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetbuchs die Stockbücher überbaupt vershwinden werden.

Wirklicher Geheimer Ober-Justiz-Rath Drenkmann: Es ist ge- sagt worden, -in Hessen-Nafsau wolle man das Gefeß nicht, man solle es nicht aufdrängen. Die Einführung der neuen Justizorganisation im Jahre 1879 bat gewiß große Härten im Gefolge gehabt, troßdem würde ich den früheren Zustand niht herbeiwün|schen, die Einheit des Rechts ift von größter Wichtigkeit, ihr müßfsen die Einzelnen Opfer bringen. Das preußishe Grundbu weist vor dem Stockbuch zahlreiche Bor- züge auf, fotaß seine Einführung nur wünschenswerth fein kann.

Geheimer Justiz - Nath Bierling \sprach sich für den Antrag von JIbell aus. Eine Reform des nafsauishen Stockbuchrehts fei dieser Vorlage vorzuziehen.

Der Antrag des Ober-Bürgermeisters von JFbell wurde darauf angenommen. Das vormalige Herzogthum Nassau ist somit aus dem Geltungsbereiche der Vorlage ausgeschlossen.

Jn der Einzelberathung wurden die S8 1 bis 6 nach den Beschlüssen der Kommission angenommen.

Den S 7, welcher folgendermaßen lautete :

„Die Auflassung kann, außer vor dem zuständigen Amtsgericht, vor einem deutschen Îtotar erfolgen. Der Erwerber sowie der Veräußerer kann jedoch von dem anderen Vertragshließenden ver-

langen, daß die Auflafsung vor dem zuständigen Amtsgericht erfclge“, beantragte die Kommission zu streichen.

Ober-Bürgermeister Becker beantragte, den Paragraphen wiederherzustellen.

JustizMinister Schönstedt:

Meine Herren! Wenn i den § 7 verleugnet habe, so babe ich damit niht mein eigenes Kind verleugnet; ich fann überbhauvt nit für alle Einzelheiten des Entwurfs aufkommen, ich babe ibn aus- gearbeitet vorgefunden.

Im übrigen möchte ih außer den finanziellen Bedenken, die ih gegen den Antrag des Herrn Becker vorhin hervorgehoben babe, und die ihm nicht auêsreihend ersheinen, noch einen anderen, materiellen Gesichtspunkt geltend machen, daß nämlich durch die Zulaffung der Auflafsung vor den Notarer der Möglichkeit des Betruges Thür und Tbor geöffnet wird. Wir habên doch leider damit zu rechnen, nament- lih in großen Städten und was jeßt für Hessen-Nafsau eingeführt wird, fann doech auch bier einmal Geses werden daß es au fehr gewifsenlose Grundbesißer giebt, und wir müssen damit rechnen, daß solhe Leute bier in Berlin an einem Morgen bei 12 Notaren bherumlaufen und dieselbe Auflafsung fönner und dann kommt es darauf an, wer zuerst dem Gericht überreiht ; die anderen haben

S 7 wurde gestrichen und der Rest der nah den Vorschlägen der Kommission angenommen.

Auf Antrag des Ober- Bürgermeisters We wurde noch ein neuer Paragraph angenommen, dec ei von Uebergangsbestimmungen enthält.

Die Gesammtabstimmung findet später statt.

Den Rechenschaftsbericht Über die weitere Ausführung Geseßes vom 13. Dezember 1869, betreffend die Konjo dation preußischer Staatsanleihen, beantragte Bericht- erstatter Graf von Königsmarck durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären.

Ober-Bürgermeister Baumbach regte bei dieser Gelegenbeit die Frage der Konvertierung der preußishen Konfols an. Alle Herren, die fich für Landwirthschaft interessieren und das thäten ja alle Lachen) —, müßten für diè Konvertierung eintreten, die die Land- wirthschaft bedeutend entlasten würde. Auch sei es in einer Zeit, in der diz Regierungen über Geldmangel klagten, gngebraht, die Millionen, die dur die Konvertierung zu ersparen wären, für den Staat ein- zunehmen. Leider sei der Finanz-Minister niht anwesend, der im Abgeordnetenhause die Frage dilatorish behandelt habe. Es sei aber Zeit, auch im Herrenhause darüber zu prechen.

Der Antrag des Berichterstatters Grafen von Königs- marck wurde angenommen. :

Der Bericht der Staatsschuldenkommission über die Ve r- waltung des Staatsschuldenwesens im NRehnungsjahre 1893/94 wurde durch Kenntnißnahme erledigt.

Damit war die Tagesordnung um 51/4 Uhr erschöpft.

Nächste Sizung: Donnerstag, 12 Uhr. (Währungsantrag des Grafen von Mirbach.)

Nr. 20 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts*, vom 15. Mai, hat folgenden Inhalt: Gesundheitéstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Aus dem Sanitätsbericht über die deutsche Marine, 1891/93. Bevölkerungsbewegung in Bayern, 1893. Sanitätsberihte aus dem Seine-Departement, 1887/89. Todesursachen in Dänemark, 1893. Gesetzgebung u. f. w. (Deut- sches Reich.) Schweineseuche 2c. Leichenpäfse. (Preußen. Re- gierungsbezirk Oënabrück.) Bierausshank. (Baden.) Kreispflege- anstalten. -— (Mecklenburg-Schwerin.) Viehverkehr auf Wochen- und Jahrmärkten. Tuberkulin. Perlfuht. (Anhalt.) Kreis- Thierärzte. (Waldeck.) Gifte. (Lippe.) Selbstdispensieren der Aerzte. (Hamburg.) Meßgeräthe in Apotheken. Arznei- tar. (Oesterreich. ) Sublimatpastillen. (Nieder- österreih.) Geistesfranke. (Frankreih, Paris.) Staniol. (Belgien.) Zinnerne Meßgefäße. Vticr und Mar- garine. (Niederlande). Viehgrenzverkehr. Gang der Thierseuchen in Großbritannien, 1893. Desgl. in Rußland, 20. Mai 1894 bis 1. Januar 1895. Influenza der Pferde in Bayern, 1894, Zeit-

weilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Oefierreih). Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Deutsches Reich.) Wein (Arznei- buch). (Reuß j. L) Hebammenwesen. (Norwegen.) Etats- entwurf“ der Medizinalabtheilung. Vermischtes. (Preußen.) Trichinen- und Finnenshau, 1893. (Jtalien.) Malaria 1890/92. (Brafilien.) Waferversorgung. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Städten mit 40 000* und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die deutsche überseeische Auswanderung über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sih nach den Ermittelungen des Kaiserlihen Statistishen Amts im April 1895 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen: Es wurden befördert im April über 1895 1894 E e es e 103: 26 E a LO0E 2164 Deutsche Häfen zusammen . 3007 4878 Ot 2 435 M Ly 67 Amsterdam 1

* - * . . * L Reberbupt.. 3910 5474 Aus deutschen Häfen wurden im April d. I. neben den vor- genannten 3007 deutschen Auswanderern noch 5917 Angehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 3862, über Hamburg 2055.

Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrihtungen. Ueber die Thätigkeit der Zentralstelle für Arbeiter-Woblfahrts- einribtungen in dem Jahre vom 1. April 1894 bis dabin 1895 ent- nebmen wir der Zeitschrift der Zentralstelle folgende Mittheilungen : Am 7. und 8. Mai 1894 fand die dritte Konferenz der Zentralitelle in Berlin statt. es, an welchem das „Sparkafsenwesen in seiner ie Arbeiter- wohlfahrt* zur Erörterung stand, nahmen u. a. eine größere Anzahl von Mitgliedern des C verbandes theil, der um die gleiche Zeit in Berlin 6 3 er Gegen- stand war ein Thema aus dem Geziete vygiene: „Die Reinhaltung der Luft in Fabrikräumen“ n. Im An- {luß an diefen Verbandlu: genstand war eine Ausftellung von Gegenständen veranstaltét wor zu dem Verhandlungéthema in Beziehung standen. Ir n\{luß die Konferenz fand am 9. Mai auf Einladun stel e Besprehung der Frage der „Beschaffung eldmit Zaugenossenschaften* statt, an der Vertreter des Neichs-Versicherungtamts, des Königlich preußischen Ministeriums L 1 der Pensionskasse für die Arbeiter der preußi nbahnverwaltung, mehrere Vor- Altersversiherung8anstalten und fonfstige ihfeiten theilnahmen. Die Verhandlungen dieser ls Heft 5 der „Schriften der Zentralîtelle® er- Zeitschrift der Zentralstelle erobert sh langsam eiterten Abonnentenkreis. Eine Förderung bat sie dadur dem Wunsche des Vereins deutsdber Revisions- g die Zeitschrift als Organ zure Veröffentlihung seiner riammlungsberihte und von Mittheilungen aus dem Gebiet der fallverhütung zu benußen, stattgegeben wurde. Um den Be- strebungen der Zentralstelle auch in anderen Kreisen, so namentli auch unter en Geistlihen, eine vermehrte Verbreitung zu shaffen, sind einzelne Artikel der Zeitschrift als eine be- sondere „Korrespondenz für Geistliche" - verbreitet worden. én ährliher Weise sind Sonderabdrücke verschiedener Artikel der Zeitschrift in anderen betheiligten Kreisen verbreitet worden, und kürzere Auszüge aus allgemein interessierenden Aufsäßen und äbnliche Mittheilungen wurden in Form einer „Korrespondenz für Zeitungen“ an etwa 350 deutshe Zeitungen der verschiedensten Parteirihtungen versandt und sind vielfah von diesen abgedruckt worden. Eine ganz wesentlihe und höchst erfreuliche Zunahme haben die Anforderungen erfahren, welche an die Zentralstelle zur Ertheilung von Auskünften gestellt werden. Es darf wohl in erf ! f V Zentralstelle zurüc von Baugenofsensch fruchtbaren i derartige Neugründungen Verkehr gestanden ridtung voz 2 Erledigung ge untergebrahte Zentralstelle ergänz

1 Bedeutung

(SULN S B.7

ed Sud =

it, ift als Unter

et :rsiherungëamts gewonnen worden. Die im Geschäfts

jahr 1893/94 mit fo Erfolg unternommenen Information isen baben infolge längerer, durch Krankhei 1bwesenhbeit Jeihäftefü im leßten Jahre eine Unterbrehung erfahren nächste Geschäftsjahr ist die Fortsezung geplant. Bethätigung der Zentralstelle auf praftishem uch im verflossenen Jahre wesentlich in der Mit- tung des Berliner Spar- und Bauvereins be- den gehegten Erwartungen durchaus ent- 90 Wohnungen umfassende im Stadttheil Moabit wird von welche sie in Augenschein genommen haben, für mustergültig erflärt, und die finanzielle ist eine durchaus befriedigende. Auf Grund ewonnenen Beziehungen mit den Berliner ann versucht, das Interesse der Arbeiter auch : zu lenfen und ihnen für einen ihrem Einkommen entsprehenden Kostenaufwand die Antheilnabme an edleren geistigen Genüfsen zu ermöglihen. Die Bildung eines Arbeiter-Comités zu diesem Zweck is gelungen. Mit Hilfe opferbereiter musikalischer Kräfte war es mögli, am Palmfonntag und am Charfreitag in der Garnifonkirde die Bach’sche Matthäuëpassion mit einem unerwartet günstigen Erfolge zur Aufführung zu bringen. Die in dem vorigen Geschäftsbericht erwähnte informatorishe Besprehung bezüglih der Frage der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe hat stattgefunden und zu Erhebungen geführt, deren Ergebniß noch niht bearbeitet werden konnte. Die Fördernng dieser Angelegenheit wird eine der nächsten Aufgaben des kommenden Geschäftejahres sein. Die gleichfalls im vorigen Geschäfteberiht erwähnte Schrift, betreffend die Technik der Verbreitung guten Lesestoffs im Volke, befindet sih im Druck. Einige weitere Publikationen sind in Auësiht genommen. i

Die Z wangsversteigerungen land- und forstwirthschaft- liher Grundstücke im preußischen Staat.

Neben den jährlihen Veröffentlichungen über Zwangéversteigerungen im Justiz-Ministerialblatt, welhe u. a. auch nachweisen, wie viele der versteigerten Grundstücke hauptsählih der Land- und Forstwirthschaft dienen, werden bekanntli seit dem 1. April 1886 auf Grund von Zählkarten über die einzelnen Versteigerungen land- und forstwirtbschaftliher Grundstüke noch besondere Zusammen- stellungen angefertigt, welhe diese Grundstücke auch nah ihrem Umfang und Grundsteuer-Reinertrag, und zwar sowohl nach ihrer Gesammtzahl wie nah „einzelnen Größenklafsen, zur Darstellung bringen. Nach den angestellten Ermittelungen und dem vom König- lihen Statistischen Bureau im Auftrage des Ministeriums des Innern verfaßten, in der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Bureaus“ veröffentlichten Bericht haben während der Rechnungsjahre 1886/87 bis 1893/94 die in nahstehender Tabelle verzeichneten Zwangs- vestreigerungen land- und forstwirthschaftliher, von Landwirtbhen im Hauptberufe bewirthschafteter Grundstücke stattgefunden.