1895 / 123 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

- die Grporiprämie erft vom 1. Oktober rintreien ließêé. Jh glaube - aber, in dem jeßigen Stadium der Xieratbung if eine sole Ver- Fnderung nicht mehr mögli, da Lie Regierungsvorlage ganz andere Staffeln batte und ganz audere Bestimmungen für die Melasse- brennereien. Ich kann alío nur empfehlen, den Kommissionsbeshluß anzunehmen. l La . Hol .) befürwortet den Antra G n man das Ge Dot T l am 1. Juki in Kraft ften lasse, werde die Hauptpirkung des Gesetzes für dieses Jahr verloren gehen. Abg. Dr. Paafche (8) E für den Kommissionsbeshluß ein, damit nit für die Kartoffelbrenner ein Anreiz gegeben werde, ihre Diesjährige Kampagne mögli früh zu beginnen und möglich\t viel ohne Brennfteuer zu brennen. Staatssekretär des Reichs- Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky: i Meine Herren! Es handelt sch hier um einen Antrag Gamp und Genossen; es ift eigentlih nit Sahe der verbündeten Regie- rungen, derartige Abänderungsanträge zu vertheidigen; ih meine aber do, eine Erweiterung, wie sie von dem Herrn Abg. Fishbeck vorgeschlagen, ist niht unbedenflih aus den Gründen, die von dem Herrn Referenten bereits angeführt worden find. Schon gegenüber dem Antrage Gamp batte man das Bedenkzn, daß doch der Defraude ein weiterer Spiel- raum eröffnet würde; es wurde aber gegen dieses Bedenken eingewendet, daß in der Melassebrennerei genau festgestellt werden könne, wenn das Rohmaterial ançgkauft sei und welhes Rendement dieses Roh- material ergebe; man glaubte deshalb, si gegen Defrauden im größeren Umfange schüßen zu können. Bei den übrigen Brennereien liegt der Fall wesentlih anders. Hier ist die Kontrole {on wegen der vorkommenden Vereinigung von Hefenbrennereien, Brauereien u. f. w. auf einer Betriebsftelle wesentli*G schwierige. Aus dem Grunde kann ich meinerseits eine Erweiterung der Uebergangébeftim- mung, die bisher nur bezügli der Melafsebrennereien vorgeshlagen wurde, niht empfehlen. Die Ziffer IT des Art. TIT gelangt sodann in folgender Fassung zur Annahme: s „Diejenigen Melafsebrennereien, welhe vor dem 22. März 1895 Melaffe angekauft und den hieraus berzustellenden Brannt- wein dur einen vor dem 22. März 1895 - abgeshlossenen Vertrag zur Lieferung bis zum 30. September 1895 veräußert baben, sind berechtigt, soweit die in der Zeit vom 22. März bis zum 1. Juli 1895 erzeugte Branntweinmenge hinter den verkauften Mengen ¿urü@g. Elicben ist, den an den verkauften Mengen fehlenden Brannt- wein zu den bisherigen Steuerbedingungen abzubrennen.“ Der Rest des Geseßentwurfs wird ohne Debatte genehmigt. Der von der Kommisfion vorgeschlagenen Resolution : edie verbündeten Regierungen zu ersuchen, gemäß dem §5 Absaß 2 des Nahrungömittelgesees vom 14. Mai 1879 baldigst Maßnabmen gegen die Verfälschung des Trinkbranntweins zu treffen“, stimmt das Haus zu. 7 z i In der dritten Berathung des Geseßeniwurfs, betreffend die Bestrafung des Sklavenraubs und des Sklaven-

handels verweist der t

Abg. Molkenbubr (Soz.) auf den Artikel von Gottlob Adolf Krause în der beutigen Nummer der „Kreuz-Zeitung*, in dem die Be- bauptung, daß in Togo Sklavenhandel getrieben werde, aufrecht er- halten werde. Diese Vorlage werde der Sklaverei kein Ende machen; der Kauf ven Sklaven werde nicht nötbig sein, da die Nabkommen- schaft der Sklaven den Eigenthümern eine genügende Anzabl von Sklaven auch in Zukunft sichere. Die Schuldknehtschaft bestehe in Togo ebenfalls in ausgedebntestem Maße. Er bitte, das Geseß abzu- Tebnen und ein wirksames Gefeß für die nächste Sessicn zu verlangen.

Zu §1 liegt ein Antrag Schmidt-Warburg (Zenir.) vor, wonah die Todesstrafe die Führer und Veranfstalter von Sklavenraubzügen nur dann treffen soll, - wenn der Tod einer der Personen, gegen die der Streifzug gerichtet war, dadurch „unmittelbar“ herbeigeführt ist.

Die Abbg. Dr. Hammacher (nl) und Dr. von Bugka (fons.) bekämpfen den Antrag, der mindestens überflüssig sei.

Staatssekretär des Reihs-Justizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Jch erkenne ja die gute Absicht des Herrn Abg. Schmidt, den Abs. 2 des Paragraphen zweifeléfreier zu fassen, gerne an, muß aber glei{wobl, ebenso wie es Herr Abg. Dr. Hammacher gethan hat, Sie dringend bitten, das Amendement niht anzunehmen, und zwar weil nach meiner Meinung troß der guten Ab- sicht des Antragstellers die Tragweite des Paragraphen dadur niht flarer, sondern unflarer werden würde, als fie jeßt ift.

Ih will mich darauf beschränken, einen ganz entsheidenden Grund anzuführen, aus dem Sie nah meiner Meinung den Antrag nitt annehmen fôönnen. Dieselbe Faffung, die dieser Paragraph in Absay 2 anwendet und die bei dem Herrn Akgeordneten Zweifel erregi hat, findet fi bereits an zwei Stellen des Strafgeseßbuchs in durchaus übereinfiimmender Weise ; das ist einmal bei der Brandstiftung der Fall, wo ausdrüdlich gesagt ift : „Ist dur den Brand der Tod eines Menschen verursacht“, dann soll eine \chârfere Strafe eintreten. Und das ist ferner bei der Uebershwemmung der Fall, wo es ebenfalls lautet: „Ist dur die Uebershwemmung der Tod eines Menschen verursatht, so“ dann folgt die Androhung einer s{härferen Strafe. Nun, meine Herren, frage ich Sie, ist es mögli, daß die Gesetzgebung an dieser Stelle, wo sie nur rezipiert eine Faffung, die bereits unter ähnlichen Verhältnifsen im Strafgesezbuh verwendet ist, diese Fassung ausdrücklih abändert? Muß dadur niht Verwirrung in die Rechtsprehung bineingetragen werden, und würde bei dem Richter, in dessen Sicherheit beim Judizieren der Herr Abgeordnete Zweifel seßt, dadur nicht gerade eine Unsicherheit angeregt werden ?

Ich bitte Sie: gerade im Interesse der Rechtssicherheit, lehnen Sie den Antrag ab.

Abg. Stadthagen (Soz.) beantragt Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern.

Der Antrag Stadthagen wird abgelehnt, ebenso der Antrag Schmidt (Warburg). Die Vorlage wird un- verändert in dritter Lesung angenommen.

Der Geseßentwurf, betreffend die Kaiserlihen Schugz- truppen für Südwest-Afrika und für Kamerun, geiauge nah dem Antrage der Kommission zur Annahme.

s folgt Ye Jiveite Berathung der Nachtrags-Etats.

Abg. Bebel (Soz.) bemängelt die orderung von 15 000 4 pr Unterstüßung der Bewohner der oftafrikanischen Schußgebiete, die

urch schreckenschwärme in arge Nothlage- gekommen seien, a geringfügig. Redner erwähnt die Zeitungsnachriht, wonach Ober- richter Eschke wegen eines Duells zu Fe ungsbaft verurtheilt worden sei. Das Duell habe seine Urfache darin daß Herr Eslhke h durch eine vom Gouverneur angeordnete Revision des Gerichts beleidigt gefühlt

es

habe. Er frage, was gegen diesen Unfug geschehen sei, und o i, daß {ke auf dem A Deutschland be- i una na Feltuncnhaft anzutreten. Wer beza lt die often tes

Bevollmättigter zum Bundesrath, Direktor der Kolonial-

: # i äbtbeilung des Auswärtigen Amts, Wirklichßer Gekeimer Legation3- Rath De Kavser: Wenn der . Bebel \ich auf die Anfrage be- schränkt bätte, ob die Nachrichten den angezogenen Fall in den Zeitungen richtig seien, so würde er dem Hause viel Zeit erspart baben. Von, diefen Zeitungsberichten ift nur rihtig, daß vor einiger Zeit ein Duell zwischen dem Oberrichter Eshke und dem Landtath von Bennigsen ftattfand. Unrichtig ist, daß von Bennigsen die dem Oberrichter unterstellten Bezirksgerihte revidiert hat:; unritig ift, daß der Gouverneur eine folche Erm ng ertbeilt bat ; unridtig ift, daß eine Unteriuchung dieses Falls statt- fand; unrichtig ift, daß der betreffende sich bereits auf dem Wege nah Deutschland befindet. Als der Gouverneur uns über den Fall berihtete, war von Bennigsen noch nit vernehmungsfähig, da eine Wunde, wenn auch nit gefährlih, so doch shwer ist. Amtliche Differenzen baben jedenfalls t zu dem Streite geführt, fondern persönlide Angelegenheiten. So fehr auch wir diesen Fall beflagen, so bitte ich doch zu bedenken, daß es der erfte derartige in der elfjährigen Kolonialverwaltung ift, und der Abg. Bebel bätte daber auch nicht Urfache gen hier von einem- Unfug zu sprehen. Was den Fall selbft betrifft, so find beide Herren Reserveoffiziere und untersteben demnach den Militärgesezen (Aba! bei den Sozialdemokraten) Gesetzen, die Reichstag im Verein mit - dem Bundesrath geheißen hat. Genaue Raliclibdes über den Fall steben also noch aus. Sobald die Nachrichten angelangt sein werden, werden wir nit verfehlen, den militärishen Behörden Kenntniß davon zu geben. Dann mödte F bemerken, daß zu den Summen, welche hier beantragt werden, au die für die öffentlihen Bauten aufgewendeten von ungefähr 200009 Æ fommen. Wir sind ja selbstverständliß nicht, wie in - Deutshland, in der Lage, nach den _ nothleiden- den Bezirken Hinzureisen, um die Leute zu unterstüßen. um theil ist der Notbftand an der Küfte, wo wir zu belfen in der Lage find, theilweise aber auch im Innern, wo man nicht binreisen kann und wo sehr große Expeditionen erforderli wären. Wir können nur dasjenige thun, was möglich ift und nux an den Pläten, die zu änglih find. Im übrigen nehme ih von der Anregung des Abg. Bebel mit

reuden Kenntniß, und ih werde davon vielleiht {hon im näbsten

ahre Gebrauch machen und das Haus um größere Mittel zur Unter- ftüßung ‘der Arbeiter bitten. j / j

L Aba. Bebel (Soz.): Wir sind jederzeit bereit, Notbleidende zu unterstüßen. Was den Direktor Dr. Kayser betrifft, fo bätte er mir dankbar sein müssen, daß ih ibm Gele jenbeit gegeben habe, die un- richtigen Darstellungen über den Duellfall richtig zu flellèn.i stelle fest, daß das Duell zugegeben ist und daß der oberste richterliche Beamte in der Kolonie, der über die Geseze zu wachen bat, selbst das Beispiel des Bruchs der Geseßze gegeben hat. - Das if cárak- teristish für Deutschland; ebenso, daß der Direktor Dr. Kayser nicht ein Wort der Entrüstung darüber gehabt, sondern nur konstatiert hat, es sei der erfte Fall. Angebracht wäre es, daß die Duellanten _nach Deutschland zitiert werden unddie Kosten der Reise tragen müssen, damit dadurch die Strafe noch verschärft wird.

Die PAST Gs werden darauf ohne weitere Debatte in zweiter Lesung angenommen.

Das Haus vertagt sich vor Berathung der Wahl-

prüfungen. .

Nächste Sißung: Freitag 11 Uhr. (Wahlprüfungen. Dritte Lesungen der Branntweinsteuer-Novelle, des Zucker- steuergesezes, des Geseßes über die Shußtruppve und der beiden Nachtrags-Etats.) j

Auf Vorschlag des Abg. Dr. von Bennigsen werden noch die Petitionen der Militärinvaliden und Krieg s- fombattanten und auf N 2A Abg. Sin ger die Prüfung der Wahl des Abg. Möller (Dortmund) auf die Tagesordnung, an deren erster Stelle die dritten Lesungen stehen, gestellt.

Schluß 6 Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 70. Sizung vom Mittwoch, 22. Mai.

Eer den Beginn der Sißung isst vorgestern berihtet worden.

Auf der Tagesordnung stand zunächst die zweite Berathung des Geseczentwurfs, betreffend die Bewilligung von Staats- mitteln zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlihen Betrieben be-

shäftigt sind, und von gering besoldeten Staats-

beamten.

Die Kommission, welcher der Entwurf zur Vorprüfung überwiesen war, beantragte, 8 3 dahin abzuändern, daß nicht eine „angemessene Verzinsung“, sondern eine „moglich | an- gemessene Verzinsung“ die Vorausseßung des Baues sein soll, im übrigen aber den Entwurf unverändert anzunehmen.

Vom Abg. von Kölichen (kons.) wurde der Antrag auf Zurückverweisung des Entwurfs an die Kommission gestellt.

Abg. Bueck (nl.) sah keine Veranlaffung, die Vorlage in die Kommisfion zurückzuverweisen. Die von der Kommission vor- geslagene Aenderung bat er, nicht zu acceptieren; doch machte er jeine Stellung zum Geseg nicht davon abhängig, ob das Wort „möglihst* stehen bleibt oder nit.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ih glaube, daß der Herr Abg. Bueck die Be- denken des Herrn Abg. Gothein im wesentlihen vollständig widerlegt hat; ich mêdte nur noch einige Bemerkungen hinzufügen. Die Frage, ob bier sich der Weg der Anleibe empfiehlt, odèr das Bedürfniß, ange- mefsene Wohnungen zu mäßigen Preisen für die Arbeiter im Staatsbetrieb herzustellen, im Wege des Etats zu befriedigen ist, if schon bei der ersten Lesung von mir berührt worden. Meine Herren, vergleichen Sie mal, was die großen Unternehmer thun. Sie decken die Ausgaben für ihre Arbeiterwohnungen keineswegs allein, nur in sehr seltenen Fällen, durh die laufenden Mittel des Betriebs, sondern wenn in größerem Stile für die Arbeiter Wohnungen gebaut werden sollen, find fie auch genöthigt, Anleihen aufzunehmen, und können das mit gutem Gewissen thun, wenn eine an- gemessene Verzinsung der Anleihe in Aussicht genommen wird. Genau so liegt es hier beim Staat. Wenn wir diefe Wohnungen gewissermaßen den Arbeitern umsonst geben wollten, indem wir glaubten, dadur vielleiht eine Grmäßigung der Löhne zu erzielen, so würde Herr Gothein ganz Ret baben. Aber wir nehmen in Aussicht, daß das Kapital, welches wir hier in die Arbeiterwöhnungen teen, eine mäßige Verzinsung erzielt. Der Weg der Anleihe an si if daher woblberetigt, aber er hat den großen Vorzug, daß wir mittels einer Anleibe in die Lage kommen, sofort in erheblicher Weise wirk- sam einzugreifen. Dbendrein bei der gegenwärtigen Lage unserer Finanzen ift es vollkommen gleihgültig vom Finanzstandpunkt aus, ob wir den Weg einer Anleihe wählen oder nit. Denn felbst wenn wir die betreffenden Beträge in den Etat aufnehmkn, wird unser Defizit, das wir ja auch dur Anleihen zu decken haben, nur um fo größer.

Meine Herren, ih ziehe auch als Finanz-Minister den Weg der Anleihe bier vor, weil ih gerade erreihen will, daß di: Ausgaben, die wir hier für die Arbeiterwohnungen machen, due angemessene Rente bringen ; es foll nit s{enfweise à fonds Perdu gegeben werden. Jh bin überzeugt, daß wir den Arbeitern und kleinen Beaniten in staatlichen Betrieben hon eine große Wobl, that erweisen, wenn da, wo es überbaupt an geeigneten Wobnungen fehlt, solWe bergestellt werden, und zweitens, wenn etwa eine Ver,

„zinsung von nur 39% vom Staat gefordert wird, während be; den

Privatunternehmungen eine erbeblih größere Verzinsung erforderli wird. Das ift an und für sih {hon eine sebr große Wohlthat.

Gewiß bat der Herr Abg. Gotbein Ret, wenn er sagt, die Ver- wendung8zwecke sind sehr dehnbar, aber sie müfsen debubar sein, weil die ganze Wobnungsfrage eine Lekalfrage ist. Was An dem einen Orte sih empfiehlt, ist an dem anderen Orte_ vollständig Man kann zweckmäßig in dem cinen Orte das Villensystem anwenden und dahin streben, die kleincn Wohnungen in das Eigentbum der Arbeiter übergeben zu laffen, in anderen Orten ist man unbedingt auf das Kasernensystem angewiesen; das hängt rein von den Umständen ab, man kann darüber kein Prinzip aufstellen. Wer sih mit der Wohnungs frage beshâftigt hat, kann und wird das nimmermehr bestreiten. In manden Fällen if es sogar für die Arbeiter bedenklich, an die Scholle ge- bunden zu werden dur einen eigenen Besiß; die nothwendige Frei- zügigkeit der Arbeiter, dabin zu geben, wo die Verbältnifse günstigere sind, wo der Lohn für sie günstiger is, wird bäufig in einer erheblichen Weise beschränkt. Das Miethsverbältnis, namentli wenn der Staat Eigenthümer der Wohnung ist sicher genug für ordentlihe Arbeiter, daß ein wirkli bäusTides Leben, eine Wohnlichkeit in der Wohnung, die Neigung derselben, durch gute Möbel und fonstiges Auësschmütcken in vollem Maße die Wohnung zu vershönern, garantiert wird, au wenn die betreffenden Arbeiter nicht Eigenthümer sind —; das sind alles lokale Fragen und deêwegen müssen die Bestimmungen au debnbar sein. Die ganze Sache liegt aber in der Ausführung. Sie können nit dur Paragraphen in dieser Beziehung eine verständige Verwaltung birden oder bemmen.

Meine Herren, diese 5 Millionen Mark sind allerdings ein Vez, such, ein erster Anfang. Ih bosje persönlich, daß die Sache sich noh weiter entwickeln wird, und die Herren werden ja jedenfalls darüber einen ausführlichen Berit bekommen. Der Landtag wird ja seine Meinung darüber äußern, und die Regierung wird si, wenn sie nah der Meinung des Landtags verkehrt gegangen ist, reformieren. Alïg ein wirkliches Risiko gebt der Landtag nicht ein, wenn er den Versu mit.den 5 Millionen der Staatsregierung gestattet.

Nun meinte der Herr Abg. Gothein, die Sache wäre doch nitt so eilig, in diesem Jahre könne der Staat überhaupt nit mebr bauen. Das kann ih durchaus nit zugeben; wir können sehr wohl noch in diesem Jahre bauen, dazu bedarf es garniht solcher großer und schwieriger Vorarbeiten. Wo, wie namentlich bei de Eisenbahnverwaltung, die Sache besonders dringend if, die Pläne vorliegen, bäufig sogar der Grund und Boden der Verwaltung zur Disposition steht, da, hoffe ih, wird allerdings noch in diesem Jahre gebaut und ein großer Theil dieser fünf Millionen in nüßlider und ersprießliher Weise bis zum Abschluß dieses Etatsjahres bereits verwendet werden. Da wäre es do bedauerlih, wenn wir urs lediglih auf eine Resolution bes{chränkten.

Der Herr Abg. Gothein kam dann auf die Frage der Einrichtung der Wohnungen und meinte, es sei nothwendig, durch ein Wobhnungëge seß namentli in sanitärer Beziehung befsere Kautelen zu hafen. Ich stimme ihm da völlig bei, ih halte ein solches Wohnungsgefet, wie es ja in ber- schiedenen Staaten Deutschlands hon besteht, für ein dringendes Be- dürfniß. Aber so lange wir dasselbe nit haben, if doc diz besie Garantie für die Arbeiter, wenn der Staat selber baut. Wenn Sie der Staatsregierung niht zutrauen, daß sie gesunde, zweckmäkßize Wohnungen berftellt, die dem Bedürfniß der Arbeiter entivre&er, dann müssen Sie die ganze Summe überhaupt niht bewillizez, weder hier noch im Etat; aber ich glaube, eine solhe Befürchtung brauche ih kaum zu widerlegen. Die Hauptsache wird sein, daß wir Wohnungen in größeren Gebäuden verschiedener Art einridhtza: Wohnungen, bestehend aus einer Küche und einer Kammer, Wohnungen, bestehend aus einer Küche und zwei Kammern, und auch noh für diz befser situierten Arbeiter eine Autwahl besserer Wohnungen. Da kann man garnicht s{hablonisieren.

Eine große Hauptsache nah meinen Grfahrungen wird sein T dafür liefert der Staat doch auch die natürlihe Garantie —, de iweckmäßige Hausordnungen in solhen Gebäuden zur Anwendung kommen, welde eine prompte Ordnung, am beften durch einen de: im Hause wohnenden älteren Arbeiter oder Beamten gewährleiften; sie ift Vorausfetzung eines gedeihlihen Zusammenwobnens. j

Herr Bueck kam auf die Frage der Bauprämie. Ich muß ih zugeben, daß mit dem Grundgedauken dieses Gesetzes, daß bestimmt: Summen für Herftellung von Wohnungen verwendet werden follezz, wo die Miethen einigermaßen nit bloß die Unterhaltungskosten und fonstigen Ausgaben deen, sondern auch eine mäßige Verzinsung geten, der Begriff der Bauprämie nit recht in Einklang steht. Jh mein? aber, man wird davon nur ganz ausnahinêweise Gebrauch mar. Es lafsen fich aber Fälle denken, wo sie zweckmäßig ber wendet wird. Ich für mein Theil und, ih glazke, auh meine Kollegen würden nicht sehr beunruhigt fe, wenn dies Wort „Bauprämie*“ überhaupt gestrichen würde. Abr wenn Sie es stehen lassen, würden au nicht große Uebelstände darazd entstehen ; denn ich glaube, wir sind ja darin einig, daß in diesem bier vorliegenden Geseg solche Bauprämien nur in seltenen fällen gewährt werden dürfen. Jh glaube, damit könnte wohl a2 der Herr Bueck nach dieser Richtung hin fich beruhigen.

(Séluß in der Zweiten Beilage)

zum Deutschen Reichs-A

Zweite Veilans | nzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1895.

2 123.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Meine Herren, in der Presse hat man si über diese Vorlage gewundert, man hat fogar gesagt, das sei do ein rein sozialistischer Schritt, wenn der Staat dazu überginge, für die Arbeiter Wohnungen herzustellen. Wenn das {on Sozialismus is, daß der Staat das- jenige nachbolt, welches viele Privatunternehmer sowobl im Grof- grundbesiß als auch in der Industrie in ausgiebiger Weise bereits gethan haben, dann ift das freilih eine sehr eigenthümlihe Art von Definition des Sozialismus. Meine Herren, wir wifsen ganz genau, daß die große Wohnungsfrage nit dur diese 5 Millionen gelöft werden fann ; aber diese großen sozialen Fragen fönnen überbaupt nicht mit einem Schlage gelöst werden; da müßen Tausende kleine Bäche zusammen- fließen, um einen Fluß zu bilden, und daß wir bier auf dem reten Wege sind, daß wir eigentlih nur eine Schuld erfüllen, die der Staat vielleicht {on früher bätte erfüllen können, die aber früber vielleiht noch nit in der ‘jezigen Dringlichkeit hervorgetreten ift : darin, bin ih überzeugt, wird das, Haus mit mir übereinstimmen. (Bravo !)

Abg. von Kölichen (kons.): Wir wünschen die Zurückverweisung des Geseßentwurfs an die Kommission, weil uns die Garantien zu feblen scheinen, daß die Wobnungen aut dauernd billig an die Ar- beiter vermietbhet werden, und daß den Arbeitern Gelegenheit geboten wird, selbst Gebäude zu erwerben, die nit weiter veräußert werden dürfen. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den Eisenbahnbeamten.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep sch:

Meine Herren! Die Regierung kann ja keinen Einspruch da- gegen erheben, wenn das Haus den Wunsch hat, das Geseß nohmals einer Kommission zu überweisen. Eine Nothwendigkeit dafür scheint mir aber nit vorzuliegen. Die Regierung hat die Bestimmungen bezüglih der Darlehne in so allgemeiner Faffung in das Geseß aufgenommen, weil sie der Meinung ift, daß Kautelen, die für erforderlih gehalten werden, beffer im Wege der Verwaltung getroffen werden als dur geseglihe Bestimmungen, die möglicher, weise dahin führen, daß überhaupt von den Bestimmungen des Gesetzes kein Gebrauch gemat werden fann. Wenn beispielêweise, wie beantragt ist, eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen würde, daß Darlehne nur an solhe Personen gegeben werden dürfen, die si ausdrüdcklih verpflihten, das Haus niemals an andere Personen als an Arbeiter oder Beamte der betreffenden Werke zu veräußern, so kann der Fall eintreten, daß der Eigenthümer des Hauses aufs empfindlichste geshädigt wird. Es fann der Fall eintreten, daß der betreffende Betrieb, zu dem der Arbeiter gehörte, eingestellt wird. Das kann sowobl bei der Eisenbabn- verwaltung wie bei der Bergbauverwaltung vorkommen. Dann rubt die gefeßlihe Verpflihtung auf dem Hause, nur an Arbeiter des Betriebs, der eingestellt if, verkauft werden zu dürfen. So, wie der Antrag in der Kommission gestellt ist, is es meines Erachtens ncht zu maden. Derartige Schwierigkeiten werden fich aber immer ergeben, wenn man versudt, ins einzelne gehende Bestimmungen in das Gesez aufzunehmen. Wenn die Versicherung von der Staatsregierung gegeben wird, daß sie in derselben Weise dafür sorgen wird wie bisher, daß die Häuser nicht an fremde Besitzer übergehen dürfen, wenn über diese Be- stimmung Uebereinstimmung zwischen dem Hause und der Re- gierung vorhanden if, dann is es doch wobl nit nötbig, das Geseß zu ändern. Wenn etwa das Haus auf dem Weg gehen wollte, die Bauprämien aus dem Gesetz ganz zu \treihen, so würde meines Erachtens auch die Bergwerkéverwaltung keinen Widerspruch dagegen zu erheben brauchen. Wir find ja in der Lage, auf Grund der Mittel, die Sie uns in dem Etat gewähren, das System der Bauprämien und der Baudarlehne fortzuseßen, und wir würden uns in Bezug auf die Verwendung des hier in Nede stehenden Fonds wesentliGh auf die Errichtung von Mieth- häusern beshränken müssen. Wird aber die Anrechnung der Bauprämien vorgenommen, dann sind meines Erachtens die Bedenken, die gegen den § 4 geäußert worden sind, noch weniger erheblich, und ih möchte deshalb dem Hause zur Erwägung anheim geben, ob es nicht, wenn ein Antrag dahin gestellt wird, das Wort „Bauprämien* zu streichen, denselben annehmen und auf weitere Kommissionéberathungen verzihten will.

Abg. Gerlich (frkons.): Wir stimmen dem Antrag auf Zurück- berweisung bei. Ziel und Wege der Vorlage sind noch nit genau genug umschrieben. Die 5 Millionen lege ih allerdings ver- trauensvoll _in die Disposition der Regierung. Das Gesetz ist nicht sozialistisch, sondern wird derartigen Aspirationen entgegenwirken. Sehr erfreut sind wir, daß mit diesem

onds die Regierung in die Lage kommt, der großen Arbeits- osigkeit abzuhelfen, und es wäre nur zu wünschen, daß auch auf dem Gebiet des Eisenbahnbaues, des Kleinbahnbaues ebenso energish vor- égangen würde. Mit dem Fonds fönnte gerade der Errichtung von

tbeiterfolonien auf dem Lande Vorschub geleistet und die Kon- iéntration in die großen Städte etwas gehemmt werden.

Abg. von Kölichen zog hierauf seinen Antrag zurück.

Abg. Dasbach (Zentr) nahm indessen den Antrag wieder auf. Das Zentrum halte die Frage, die die Kommission nur in einer ein- îtgen Sißung berathen habe, noch lange nicht für geflärt. Eine Direktive müsse in das Gese hineingearbeitet werden. Auch habe l die Kommision nicht für Kasernenbauten erwärmt, die der Minister von Berlepsch heute als Regel hinstelle. Die Bauprämien sollten niht in Fortfall gebracht, sondern noch ausgedehnt werden.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Ï Meine Herren! Der Herr Vorredner sagt, das hätte gar keine Gefahr, daß die Arbeiter an fremde Nichtarbeiter verkauften; wenn sie mal wegziehen oder das Haus niht mehr benugen fönnten, dann Vürden sie entweder an ihre Kollegen verkaufen, oder beispielsweise en Bergarbeiter an einen Hüttenarbeiter. Hat er darin Recht, dann it der Antrag, die Sache wieder an die Kommission zu verweisen, danz unnöthig; dann kann die Sache so bleiben, wie sie hier liegt, i man diese Dinge der Verwaltung überläßt und nicht in das Geseg hreibt. Jch sage im voraus: wenn Sie die Sache wieder an le Kommission verweisen und solhe Spezialbestimmungen in das eseß schreiben wollten, so werden sie entweder in den meisten Fällen

Berlin, Freitag, den 24. Mai

niht passen, oder aber die Kommission kommt unverrihteter Sache wie auch diesmal zurück. Sie können diese Bestimmungen nit im Geses fixieren. Beispiel8weise steht bier in dem Antrage, der in der Kommission gestellt wurde :

Baudarleben sind namentli an solche Genoffenschaften zu ge- währen, mwelhe die von ibnen zu bauenden oder zu erwerbenden Wobnbäuser als unveräukßerliches Gesammiteigenthum aller Genoffen behalten und dieselbe alsdann ganz oder theilweise zum Selbst- kostenpreis ibren Mitgliedern lebenslänglich zur Nuznießung über- lassen.

Das ift ja ein Gedanke, der sehr vielfa erörtert worden ift und in manchen Lokalitäten vafsen würde, aber gerade da nit pafsen wird, wo man, wie der Herr Vorredner mit Recht annimmt, sofern die Möglichkeit vorliegt, dem Villensvstem den Vorzug giebt. Dieser ganze § 4b ift nur in bestimmten Städten überbauvt anwendbar. Der Verfasser der betreffenden Schrift ih kann den Namen nit finden (Zuruf: Stolp!) Stolp hat diesen Gedanken bauptsächlih propagiert, und es liegt wirklih ein fruchtbringender Gedanke darin, aber cs ift wohl nur da möglich, wo im Kasfernenftil gebaut wird: Sie können darüber keine geseßliche Direktive geben. Wenn der Herr Vorredner ih weiß nicht, ob er das aus meiner Aeußerung hber- geleitet hat von einer besonderen Vorliebe für das Kasernenfystem spricht, so habe ih in der ganzen Debatte von einer solhen Vorliebe nichts gehört. Aber in den großen Städten, da wenden Sie mal das Villensystem an, da werden Sie sehen, welhe Preise man den Arbeitern abfordern muß. Ob Sie in den großen Städten Villen bauen oder gar keine Wohnungen, das ist für den Arbeiter vollkommen das Gleiche. (Sehr rihtig!) Ich komme immer wieder darauf zurü: die Sache ist so elastish zu halten, es ist die Frage [cfaler Natur, welhe Beschränkung man den Arbeitern auferlegen muß im Interesse des Staats, im Interesse des Betriebs; das ift eine rein lokale Frage. Wenn Sie Beschränkungen in das Geseß schreiben wollen, müfsen Sie noch ganz andere Bestimmungen bineinfügen. Beispielsweise würde ich dann sehr großes Gewicht darauf legen, daß man si die gewerblichen Betriebe anfießt, die in diesen Häusern betrieben werden dürfen. Wenn vor einen Schacht eine Schänke gestellt wird und das der Eigenthümer des Hauses bezw. derjenige, der das Darlehn gegeben hat, nit verhindern kann, so können daraus die größten Uebelstände entstehen.

Das sind alles Erwägungen des einzelnen Falls. Nun frage ih, sind denn aus dem bisherigen Berfahren der Staatsregierung \o- wohl in der Eisenbahn-Verwaltung als in der Bergwerks-Verwaltung Unzuträglihkeiten entstanden, sind Fälle angeführt, wo man nicht genügend die rihtige und zweckentsprechende Benußung dieser mit Staatsbilfe gee bauten Wohnungen hat kontrolieren können? Das ist doch gar nicht der Fall. Der Abg. Dr. Gerlih sagt, man gebe hier der Staats- regierung ein Pauschquantum. Sind die Millionen, die im Etat stehen, niht auch Paushguantum? In dieser Beziehung ist nit der geringste Unterschied, nur daß wir hier eine Rente befommen, einen mäßigen Zins, dort niht. Wir haben doch nit bei der Berathung des Eisenbahnetats jedes einzelne Wohnhaus und den Bauplan dafür vorliegen. Sie haben auch bier der Staatsregierung die Art, ob Prämien, ob Baudarlehen, ob eigenen Bau, vollständig in die Hand gegeben. Also in dieser Beziehung liegt kein besonderes Bedenken vor. Ich möchte dringend bitten, namentlich mit Nücksiht auf die vorgerückte Session, aber auch mit Rücksicht darauf, daß es der Wunsch ift, das Geseß möglichst bald zu verabschieden, weil wir aller- dings die Absicht haben, noch in diesem Jahre zu wirklichen, that- sählihen Bauten überzugehen, den Antrag auf Zurückverweisung in die Kommission, der nun wieder aufgenommen ist, abzulehnen.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:

Ich habe den Worten des Herrn Finanz-Ministers nux wenige Bemerkungen hinzuzufügen. Der Herr Abg. Dasbach hat wesentlich auf zwei Punkte hingewiesen, von denen der eine durch den Herrn Finanz-Minister bereits Widerlegung gefunden hat. Er hat nämlich seine Besorgniß beseitigt, daß der Staat dazu übergehen könne, das System der Kasernenbauten bei den Arbeiterwohnungen vorzugs- weise einzuführen. Meine Herren, die Bauten, die jeßt in Frage stehen, werden sich ja wesentlich nicht in den großen Städten befinden, sondern vielmehr außerhalb der Städte in der Nähe der Betriebéstätten. Da ist der Kasecnenbau an sih in keiner Weise wünschenswerth, und so ist es auch gekommen, daß da, wo wir bisher Arbeiterwohnungen zum Vermiethen gebaut und errihtet haben, niemals das System der Kasernen zur Anwendung gelangt ist. Wir ziehen unbedingt das Zweifamilienhaus mit einer Zwischenwand zwischen beiden Wohnungen und mit besonderen Eingängen jeder anderen Bauart in der Bergverwaltung und wohl auch in den anderen Verwaltungen vor, aber da, wo die Preise des Grund und Bodens, der Baumaterialien zu hohe sind, wäre es doch wirklich unverständig, bei dem Zweck, den Arbeitern billige Wohnungen zu geben, niht zu einem System überzugehen, was dies erst möglich naht. Außerhalb der großen Städte wird die Verwaltunz nicht dazu übergehen, mehr als Vier- oder Achtfamilienhäuser zu bauen. Wir haben in Staßfurt eine Reihe von Häusern gebaut und vermiethet, und dort ist das Vierfamilienhaus dasjenige, welhes zweckmäßig is. Wollten wir dort bei dem theueren Grund und Boden bei dem Zweifamilienhaus bleiben, so wäre das ganze System der Vermiethung unmögli; dann würde man eben dazu übergehen müssen, Wohnungen zu bauen, die dem Arbeiter umsonst oder gegen so geringe Entschädigung vermiethet werden, daß von Miethe keine Rede mehr wäre. Also ih glaube, der Herr Abg. Dasbach braucht in dieser Beziehung ih keiner Befürch- tung hinzugeben.

Sein zweiter Wunsch war, die Frage der Prämie noch einmal zu untersuchen, Er war nit dafür, die Prämie im Gesetz fallen zu lassen; er meinte, neben der Bergverwaltung, wo vielleiht ein ausgedehnterer Gebrau von ihr gemacht werden könnte, gäbe es auh andere Betriebe, wo man zweckmäßig Prämien verwenden könne.

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Meine Herren, gewiß, es giebt wahrs@einlich au andere Betriebe, aber warum wollen Sie denn dieses System der Prämienverleihung nit in den Etat verweisen? Das muß man doch zugeben, daß die Prämie eine. Ausgabe ift, die sich nit verzinst. Dieses Gesetz ift auédrücklich darauf basiert, daß eine Anleibe aufgenommen wird, die fih in mäßigem Betrage verzinsen soll, und das is doch nur mögli, wenn man vermiethet oder darleibt und niht Geschenke giebt. Also wenn wir erklären: wir sind vollständig einveïftänden mit dem Herrn Abg. Dasbach, und ih glaube mit der Mehrheit dieses Hauses, daß das System der Prämienverleihung si durchaus bewährt hat, wenn wir entschlossen. sind, wo wir bisher damit vorgegangen sind, daran festzuhalten; dann, glaube ic, fönnen Sie fich dabei beruhigen; denn Sie haben es in der Hand, bei jeder Etats- berathung die ‘Prämienfrage zu erörtern und die Staatsregierung zu ermutbigen, auf dem Wege fortzushreiten und event. höhere Forde- rungen wie bisher einzustellen. Jh habe mit dem Herrn Finanz- Minister die Ueberzeugung, daß, wenn Sie die Vorlage nochmals in die Kommission verweisen, die Neigung, Direktiven zu geben, weit geben wird, daß wir eine Reihe von Bestimmungen bekommen, die naher in der Praxis sih als unmögli erweisen und die Anwendung dieser Wohlthat so einschränken, daß sie ch{liclich nicht mehr als Wohlthat wirkt, oder Sie werden, geschieht das nit, mit der jeßigen Vorlage der Kommission wieder vor das Haus treten. Ich bitte Sie daher, es bei der allgemeinen Bestimmung des Gesetzes zu belassen. Jch kann Sie auch nur bitten, nachdem der Antrag seitens der konservativen Partei zurüdckgezogen ift, eine Kommissionsberatbhung niht zu beschließen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Auch vom Standpunkt meines Refsorts kann ih nur den dringenden Wunsch baben, daß das bobe Haus die Zurückverweifung an die Kommission ablehnen möge. Jch werde im wesentlichen von denselben Motiven geleitet wie meine beiden Herren Amtsgenofsen, ih möchte aber noch besonders hervorheben, daß in meinem Ressort die baldige Ausführung von Arbeiterwohnungen, namentli in der Nähe von Werkstättenbetrieben ein dringendes Bedürfniß ift, und daß, wenn die Zurückverweisung an die Kommission erfolgt, jedenfalls damit eine Verzögerung der Ausführung des Geseßes von mindestens 6 Wochen eintritt, und dann allerdings die Gefahr naheliegt, daß, wie der Herr Abgeordnete Gotbein ausführte, in diesem Jahre die Herstellung von Arbeiterwohnungen nit stattfinden könnte.

Auh möchte ih hier konstatieren, daß bei der Eisenbahn- verwaltung ebensowenig eine Vorliebe für den Bau von Arbeiter- kasernen besteht. Arbeiterkasernen werden naturgemäß in der ‘Regel nur in der Nähe von großen Städten am Plate sein und dort wird die Herstellung derselben zweckmäßigerweise den Baugenofsenschaften überlaffen event. unter Beihilfe der Arbeiterpensionskassen und eventualissime unter Beihilfe des Staats. Daher hat die Eisenbahnverwaltung eigene Wohnungen faft aus\{chließlich nach dem Villensystem gebaut und ift dabei im Großen und Ganzen sehc gut gefahren und bat sich dabei der Zustimmung der Arbeiter, an die diese Wohnungen vermiethet sind, in hohem Maße zu erfreuen gehabt. Ich bitte daher, die Zurückverweisung an die Kommission ablehnen zu wollen,

Abg. von Evnern (nl.): Wir haben die Vorlage mit großer Freude begrüßt, weil der Staat als Arbeitgeber damit einer Ver- pflihtung nachkommt, die andere Arbeitgeber hon lange erfüllen. Spezialbestimmungen über den Bau, die Einrichtung und Benugzung der Wohnungen in das Gefeß aufzunehmen, halte id Tue unzweckmäßig. Es is unmöglich, hierfür bestimmte Formeln aufzustellen, ebensowenig wie die Frage, wo Prämien zu be- willigen find, vorher entschieden werden fann. Um über diese S@hwierigkciten. hinwegzukommen, is es gut, die Bauprämien zu streichen. Der Herr Finanz-Minister bat si bisher immer gesträubt, Anleihen zu vproduktiven Zwecken aufzunehmen. Ich erinnere nur an die Sekundärbahnen. Ih freue mi, daß er ih jeßt zu unseren Anschauungen bekehrt hat.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Auf daß bier keine Legende entsteht, (Heiterkeit) möchte ih doch ein paar Worte hierauf erwidern. Ich habe schon vor Jahren ausgeführt, daß der Staat nüßlihe Unternehmungen vor- zugsweise in den Zeiten macen soll, wo die Privatindustrie nicht über- mäßig angestrengt ift, die Materialien billig, die Löhne niedrig sind, Meine Herren, ein solcher Grundsag liegt so auf der Hand, daß man kein Weiser zu sein braubt, um ihn zu proklamieren ; nichtsdestoweniger haben alle diese Dinge ihre natürlihen Grenzen. Wenn hier: Herr von Cynern beispielsweise von einer halben Milliarde sprach, die ohne weiteres zu Eisenbahnbauten verwendet werden sollen, so lehrt uns das Beispiel Frankreihs, wohin der grand plan des Herrn Freycinet geführt bat: man ist mitten in der Sache stecken geblieben. In allen Dingen muß man -Maß halten und namentlich in den Finanzen. (Heiterkeit. Zuruf links: Steuern!) Wenn wir in diesem Jahre 51 Millionen verbauen für Eisenbahnen, erheblich mehr als im Vorjahre, wenn dazu kommen 9 Millionen, die in den Etat eingestellt sind für Vermehrung von Betriebsmitteln und früher im Anleihegeseß \teckten, so macht das 60 Millionen; wenn daneben der Eisenbahnbau im Tertiärbahnwesen ih erheblih er- weitert, wenn die Zahl der Sekundärbahnen, die noh eine Aussicht auf eine angemessene Rente darstellen, fih vermindert von Jahr zu Jahr, so glaube ih, können die Herren sich für dieses Jahr nit beklagen. Ih werde mit den Herren in jedem Fall darüber sprechen, wenn es sih um bestimmte Summen handelt; im Grundsay sind wir ja vollkommen einverstanden. Aber ih betone immer: die Frage der Verwendung von Staatsmitteln muß allein aus den Interessen des Staats und der Allgemeinheit entnommen werden. Verwendungen des Staats können deswegen nit rationell sein, weil sie einzelne Industriezweige beschäftigen, die Arbeit bedürfen. Wohl ift es richtig, daß die Interessen meistens zusammenfallen, daß der Staat ih zu einem solchen Unternehmen eber entschließen wird, wenn au für ihn eine billige Konjunktur besteht, und daß er so in solhen Zeiten, wo die Industrie wenig s\onstige Beschäftigung hat, derselben in einer