1895 / 124 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

ist mit»einem Hauptbild von Israels „Die Ankerträger“, dem Selbst: ers, ferner mit Werken von Fafob und Willem

bildniß des Altmeist Maris, Bisschop, ter Meulen, Tholen, de Bock, Sande-Bakhuyzen 2c., auch vershiedener junger Künstler vertreten. Von Belgiern haben Khnovf, Courtens, Frederick, Leempoels, Luyten und andere fehr interessante Werke gesandt, zu denen nah Sch{luß des Chamvy de Mars-Salons noch weitere hinzukommen werden. Für eine gute Repräsentation Frankreihs sind die Aussichten sehr günstig, da die E des Champ de Mars nur bei der Sezession ausstellen werden.

Wie „W. T. B.* aus London meldet, hat Ihre Majeftät die Königin Viktoria aus Anlaß ihres gestrigen Geburtstages dem Schauspieler Henry Irving, dem Schriftsteller Walter Besant, dem Dichter Lewis Morris und dem Kriegsberichterstatter Howard Russel den Titel „Knigbt“ verliehen.

Die „Académie des inscriptions et belles lettres“ in Paris hat, wie ,W. T. B.“ meldet, Herrn Professor Theodor Mommsen zu ihrem au8wärtigen Mitglied gewählt.

Land- und Forftwirthschaft.

: Saatenstand in Dänemark.

__ Die Wintersaaten haben sih, begünstigt durch die milde

Witterung der legten Wochen, kräftig entwickelt; der Weizen steht fast

überall befriedigend, während der Stand deë Roggers, namentli

in einzelnen Gegenden Iütlands, zu wünschen übrig - läßt. Die Be- ftellung der Sommersaaten ist überall beendet.

Theater und Musik.

Königlihes Schauspielhaus. __Im KösniglilGen Schauspielhause fand gestern eine Auf- führung von Goethe's „Egmont“ statt, in welher Herr Moriy Zeisler vom Residenz-Theater zu Hannover in seiner zweiten Gast- rolle als Schreiber Vansen auftrat. Herr Zeiszler besißt eine hohe Begabung zum Charakterschauspieler ; er verstand es, ein lebenswahres und fesselndes Charakterbild zu shaffen und den wichtigen Volkéfcenen Leben zu verleiben. Das Publikum folgte seiner Darstellung mit lebhaftem Interesse und svendete ihm reihen Beifall.

_Im Königlihen Opernhause gelangt morgen Wilhelm Kienzl’s musikalisches Schauspiel „Der Evangelimann“ unter Kapell- meister Weingartner's Leitung zur Aufführung. Die Damen Pierson, Goetze, die Herren Sylva, Bulß treten auf. Am Montag tritt Frau Marcella Sembrich als Rosine im „Barbier von. Sevilla“ auf. Die übrigen Rollen sind wie folgt besezt: Almaviva: Herr Sommer, Figaro: Herr Bulß, Basilio: Herr Mödlinger, Bartolo ; Herr Schmidt, Marzelline: Frau Lammert. Kapellmeister Wein- gartner dirigiert. Frau Marcella Sembrih singt als Einlage „Variationen“ von Proch. Hierauf folgt das Ballet „Die Puppenfee“. __ Im Königlichen Schauspielhause beginnt morgen die siebente Gesammt-Aufführung von Friedrich Hebbel’s „Nibelungen“ mit dem ersten Theil „Der gehörnte Siegfried“ und „Siegfried's Tod“. Die Befeßung if die nachstehende: Siegfried: Herr Matkowsky, Krimhild: Fräulein Poppe, Brunhilde: Fräulein Lindner, Hagen Tronje: Herr Molenar, Güntber: Herr Arndt, Volker: Herr Keßler, Kaplan: Herr Kahle. Der erste Theil dec „Nibelungen“ gelangt morgen zum 25. Mal zur Aufführung. Am Montag folgt „Krimhild's Rache“ (,Die Nibelungen“, zweiter Theil) mit folgender Beseßung: Etel: Herr Ludwig, Dietrih von Bern: Herr Nesper, Hildbrant: Herr Kable, Rüdiger : Herr Klein, Gudrun : räulein Sauer.

Im Deutschen Theater triti morgen Abend Agnes Sorma zum leßten Mal vor den Ferien auf; gegeben wird Shakespeare's Lustspiel „Der Widerspenstigen Zähmung“. Nachmittags gehen „Die Weber“ in Scene, die auh am Montag sowie Sonnabend Abend gespielt werden. Am Dienstag kommt neu einstudiert Molière?s Komödie „Der eingebildete Kranke“ in Verbindung mit dem neuen Schauspiel in zwei Scenen „Zwei Wittwer“ von H. Eßmann zum ersten Mal zur Aufführung. Dieselben Stücke werden am Freitag, als 36. Abonnements-Vorstellung, wiederholt. Am Mittwoch wird die Tragikomödie „Das Lumpengesindel“, am Donnerstag „Der Talis- man“ mit Josef Kainz als König Astolf gegeben.

Im Berliner Theater wird Nuscha Buße am Dienstag als Magda in Hermann Sudermann's Schauspiel „Heimath“ auftreten, um si sodann am Freitag in Lessing's „Minna von Barnhelm“ zu verabschieden. Der weitere Wowenspielplan ift folgendermaßen fest-

estellt worden: Montag und Mittwoch: „Madame Sans-Göône“, onnerstag: „Der Co non“, Sonnabend zum ersten Mal: Richard JIaffé’'s Schauspiel „Das Bild des Signorelli“. Für die morgige -Nachmittagsvorstellung zu volksthümlichen Preijen ift „Heimath“ mit Nuscha Buge als Magda angeseßt, während morgen bend Adolph L’'Arronge’s Lustspiel „Der Compagnon“ nah längerer Pause wieder zur Darstellung kommt.

Lo Lessing-Theater werden die beiden Novitäten „Flirten“ von. Clara Ziegler und „Drei“ von Max Dreyer morgen, am Diené- tag, Donnerstag und Sonnabend wiederholt. Am Montag findet die leßte Aufführung von „Madame Bonivard* in dieser Saison statt. Am Mittwoh wird „Der Herr Senator“ wiederholt, während am Freitag Hermann Sudermann's Komödie „Die Schmetterlingëshlacht“ in den Spielplan wieder aufgenommen wird.

Am Mittwoch, den 29. Mai, Abends 8 Uhr, findet im Saal Bechstein eine musikalische Aufführung der bekannten dramatischen - Stilbildungs\{ule des Professors Julius Hey statt, in welher aus- s{ließlich Opern-Fragmente zur Aufführung gelangen. Einladungen für diese Aufführung find in der Hof-Musifhandlung von Ed. Bote u. G. Bodck, Leipzigerstraße 37, vom 27. Mai ab erkältlich.

Mannigfaltiges.

Kaum zu einer anderen Zeit des Jahres zeigt die Flora und tamit au die Flora des Botanischen Gartens einen folhen Reichthum an blühenden Formen, besonders aber auch an s{öôn blü- benden Formen, als gerade jeßt, wo die Frühlingsflora zum theil noch erhalten ift, und die Frühsommerflora sih zu entfalten beginnt. Auf dem „Monocotylenstück“, wo wir die ersten Früblingsboten, Crocuê, Schneeglöckchen, Scillen u. a. m. bewunderten, find jeßt nah deren Verschwinden andere Formen aufgetreten, welhe an Schönheit faum hinter jenen zurüdftehen. Den reizenden fleinblütbigen Scilla- arten des Frühlings sind leg! andere gefolgt mit großen blauen, weißen oder rosagefärbten Glocken; in großer Zahl zeigt sih das auffallende Muscari comosum, defsen oberste, unfruhtbare und \chopf- artig zusammengedrängte Blüthen in starkem Kontrast zu den unteren fruchtbaren Blüthen stehen. Sehr bald werden auch die Jrisarten (En ) zur Blütbe gelangen, welche jährlih diesem Stück zur esonderen Zierde gereichen.

In ibrer prächtigsten Entwicklung finden wir im Botanischen Garten aber jeßt vor allem die Alpenpflanzen, denen hier eine ganz besonders aufmerfsame Pflege zu theil wird. Und fo treffen wir auf der Alpenanlage (deren Besichtigung jeden Montag und Donnerstag von 45 bis 7 Uhr allgemein gestattet ist) denn au eine große Zahl jener Arten, welche in ibrer Heimath nur in großen Höhenlagen ge- deiben, und von denen man noch vor ganz kurzer Zeit eine Kultur in der Ebene für ganz unmögli gehalten bätte. Nur wenige werden es richtig zu schäßen wifsen, welhe Mühen es erfordert und wie aus- gedehnte Reisen unternommen werden müfsen, um alle diese lieblichen Vertreter der Alpenflora hier zusammenzuschaffen, damit dem Laien ein Bild von dem Zusammenleben jener interessanten Pflanzen ermögliht und dem Studierenden Gelegenheit geboten wird, sie in lebendem Zustande zu untersuhen, ihre Verwandtschafts- verhältnisse zu erforschen oder ihre Anpafsungserscheinungen zu ftudieren. Und wenn dann diese Pflanzen halbvertrecknet und vielfach verleßt infolge der langen Reise von ihren klimatischen Standorten hier eintreffen wie sorgfältig müssen sie ge- pflegt und gehegt werden, bis sie kräftig zu wachsen beginnen und auf ibre der Natürlichkeit mögli nachgeahmten Standorte verseßt werden können! In trockenen, fast humusélosen Felsrißen oder auf den fterilen Felsvorsprüngen wurzeln die Edelweißstöcke, deren dicht grau- weiß behaarte und allgemein für Blüthen gehaltene Blüthenstände si soeben zu entfalten beginnen und sehr deutli zeigen, daß sich bei geeigneter Kultur und bei pafsendem Standort diese Pflanze in der Ebene nicht oder kaum anders verhält als im Hochgebirge, und nur dann ganz unmerklich vergrünt oder vergeilt, wenn sie zu tiefgrün- digen und zu fruchtbaren Boden angewiesen erhalten hat. In dichten, vorzüglich gedeihenden Büschen, von ihren feuer- rothen Blüthen fast bedeckt, zeigen sih überall die beiden Alpenrosen- arten unserer Hogebirage in ihrer vollen Schönheit. In der dichten Grasnarbe der Alpengräser treten die großen, tiefdunkelblau leuhtenden Blüthefikelhe der Enzianarten hervor, stellenweise öffnet zu ganzen Herden zufsammenstehend die Alpenaster ihre s{önen Blüthen, oder wir bewundern die durch ihre Größe, die satte dunfkelviolettrothe Ferbung und den berrlihen Geruch auêgezeihuete Alpennelke. Ganze

s sind bedeckt mit den interessanten Steinbrecharien (Saxifraga), deren Blâtter am Rande mit Kalkerkretionen bedeckt sind und deren

De Lab “dee reicuven AScuisien

e __der reizen T zen, welhe gera ; blühen, ließe beliebig vermehren. Es ane jebeh nur noch auf eine Pflanze aufmerksam gemacht werden, welche noch” viel mehr gefannt und beliebt zu werden ver diente, als dies \{on gegenwärtig der Fall ist. nämli auf die pract. volle Ramondie (Ramondia pyrenaica). Auf der Nordostseite te- Alpenanlage, dicht neben dem jederzeit dem Verkebr des Publikums geöffneten Wege fehen wir alle Felsfpalten beseßt von s{önen, dunke{. grünen, tellergroßen Blattrofetten, deren kräftige Entwiklun beweist wie wobl sich die Pflanzen in diesen engen Geîteinrißen fühlen unz daß diese minimalen I für ihren Lebensunterbalt völlig ausreichend find. Jede Blattrofette bringt nun zahlreiche, oft bis z 15 Blütbenstände hervor, deren ansehnlich große, zart rosa gefärbte nickende Blüthen von außercrdentliher Schönheit und Eleganz find Berüctsichtigt man, daß diese hervorragende Pflanze winterhart ist, und daß fie sich au sehr gut im Blumentopf erziehen läßt, fo ift zweifellos, daß sie zu den Pflanzen gebört, welche in der Gärtnerei immer mebr in Aufnahme kommen müssen und es auch wirkli ver- dienen, bewundert zu werden. f

__ Zu dem Schülerrudern um den da Seiner Majestät des Kaisers und Königs haben nunmehr neun höhere Lehranstalten Berlins 13 Boote angemeldet. Es werden an dem Wettkampf theilnehmen: das Friedri Wilhelms-Symnosium, das Leibniz-Gymnaßfium, das Königliche Luisen-Gymnasium, ferner vier Realaymnasien und zwar das Andreas - Realgymnasium, das Friedrichs - Realgymnasium, das Königstädtishe und das Luisenstädtishe Realgymnasium, außerdem die Friedrihs-Werdershe Ober-Realshule und die erste Realschule.

Der unter dem Protektorat Ihr:r Majefiät der Kaiserin Friedrich stehende Verein für Kinderbeilstätten an den deutschen Seeküsten hielt gestern Abend im Herrenbause unter dem Vorsitz des Wirklichen Geheimen Ober: Regierunos-Raths Dr. Rösing feine 15. Generalversammlung ab. Dem vom Vorsitzenden erstatteten Be- richt zufolge hat der Verein im leßten Jahre in seinen vier Hofpizen 1385 franfe Kinder verpflegt, 81 mehr als im Vorjahre und 252 mehr als im Jahre 1892. 446 der Kinder waren aus Berlin, d. h. 86 mebr als im Vorjahre. Die Gesammtzahl der Verpflegungstage betrug 49 771, die Gesammtzahl der rerabfolgten Bäder 24 164, (7749 waren davon warme Bäder). Die Betriebskosten betrugen 154 374 Æ, davon wurden 131 752 durch die gezahlten Pflegegelder gedeckt. Am besuchtesten ist das große Kaiserin Friedrih-Hofviz in Norderney gewesen: es zählte 809 Pfleglinge, darunter 95 Pensionäre; da der Besuch des Pensionats erheblih zurückgegangen ist, will man das Knabenpensionat in ein Madchen- pensionat verwandeln. In Norderney war auch eine Winterkur eingericktet, die von 149 franken Kindern benußt wurde (gegen 103 Kinder im Vorjabre). Das Friedri Franz - Hospiz in Groß - Murit zählte 275 Pfleglinge, darunter 171 Mädchen. Das Hospiz in Wyk auf Föhr, bas von 217 Kindern besucht war, mußte wegen einer Diphtheritis- epidemie vorzeitig geshlofsen werden. Der Besuh des Hospizes in Zoppot litt unter der Ungunst der Witterung und ging von 110 auf 84 zurück. Die Heilerfolge waren im allgemeinen recht gute. Wesentlich unterstüßt wurde die Thätigkeit des Vereins dur den unter Vorsiß der Frau Gebeimratb Leyden stehenden Frauenverein, welcher für 324 Kinder die Pfleaegelder zablte. Der Braunschweiger Zweigverein sorgte für 56, der Dreédener Zweigberein für 59 Kinder. Der Oldenburger Zweigverein endlich widmete si{ch vor allem der Fürsorge der Kinder während der Reise. Der von Herrn Banquier Oppenheim erstattete Kassenberiht wies eine Einnahme von 171358 und eine Aus gabe von 170 397 Æ auf; es verblieb ein Baarbestand von 23 124 4 gegen 22163 A im Vorjahre. Die Bilanz pro 31. März 189 \chloß in Aktiven und Passiven mit 911 004 Der Etat für das neue Jahr wurde mit 184 900 in Einnahme und 161 226 e in Ausgabe festgeseßt. An Stelle des verstorbenen Stadtraths a. D. Nöstel trat neu in den Vorstand Stadtrath Dr. Max Weber-Char- lottenburg.

Dem Stadtverordneten - Vorsteher Dr. Langerhans wurde heute, an feinem 75. Geburtstage, durch eine Deputation der Stadt- verordneten-Versammlung eine Glückwunsh-Adresse überreicht.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

G OILR S R M S E D A S: IN 0A E C E R P M E M: S R E D E E E: Ad R E I STA I E O E Se D TIE: A M E A M E E E S C A E E E Se Ri f S I E E: S R E S IOMEE I B

Wetterb 8

iht vom 25. Mai r Morgens.

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= +4

westlichen Frankreich fanden Gewitter statt. Ab- füblung demnächst wahrscheinlich.

Gast.) vor den Ferien.

Deutsche Seewarte.

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Stationen. Wind. | Wetter.

9 Celsius

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Temperatur

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[W 2ibalb bed. SO 1'Nebel [NNO 4'Nebel WNW 2'Dunfst | SO 2 bededckt Haparanda . | .NO 6 wolkig Moskau OSO 1'wolkenlos Cork, Queens- A R. NNW 3lbeiter | “K Cherbourg . | ¡NO 3jbedeck | ay e | 762 |¡NO 4 Nebel Sylt | 761 ¡NW 1/Dunfst mburg .. | 761 |[NNO 2wwolkig Swinemünde | 761 ‘N 1\wolkenlos | Neufahrwafser! 760 ffiT wolkenlos | Memel 758 ¡W 2¡Regen

Aberdeen . | Christiansund | Kopenhagen . ! Stockholm . |

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von Dr.

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lungen.

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frieds Tod. Anfang 74 Ubr.

still wolkig 2'Dunst 2'bedeckti 1) liwolkig lihalb bed. |

fti wolkig | 2\wolkenlos |

ftill/halb bed. | 1\wolkenlos | 4ibededt | 3 Regen 1\bedeckt

4 2] : | Montag: Opernhaus.

| Barbier von Sevilla, 2 Aufzügen von Gioahimo Rossini. Dichtung nah Beaumarchais, von Cesar Sterbini, übersezt von | Ignaz Kollmann.

D en 400 ünster .. 759 Karlsruhe . . | 757 Wiesbaden . | 758 München .. | 758 Chemniß . . | 759 Berlin 760 Wien | 758 Breslau... | 760 Jle v'Aix. . 4 760 Nizza | 760 Tei. c] T6

Gaul.

Schauspielhaus. lungen. lungen von Dritte

1) Gestern Vormittag Gewitter. Trauerspiel in 5

Uebelr sicht der Witterung.

Der Unterschied des höchsten und niedrigsten Luft- drucks über Europa beträgt faum 10 mm. Ein barometrisches Maximum liegt auf dem Ozean west- lih von den Britischen Inseln, während über Frank- reih und Deutschland der Luftdruck verhältnißmäßig am niedrigsten ist. In Deutschland is das Wetter bei meist {wacher Luftbewegung theilweise heiter, an der Küste vielfah neblig, die Temperatur außer in den westlihen Gebietstheilen über dem Mittel. werthe; an der ostpreußischen Küste ist ziemlich viel Regen gefallen, zu Königsberg 20 mm. Im west- deutschen Binnenlande, sowie im zentralen und nord-

lungen. Bajazzi. Anfang 8 Uhr.

als Gast.) lungen.

mit aufgehobenem Schauspielhaus.

tag: Natalie.

GLRRZEG M C M O E A C7 E S E O E P H ZIEE T Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonntag: Opern- 134. Borstellung. Musikalisches Schauspie Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilbelm Kienzl. seßt vom Ober-Regisseur Tehlaff. Dekorative Ein- richtung vom Ober-Inspektor Brandt. Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7# Ubr. Schauspie!baus. u. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abtheilungen Friedri Hebkel. Ober- Regisseur Max Grube. tung vom Ober-In/spektor Brandt. Erste Abtbeilung: Vorspiel in 1 Aufzug. Zweite Abtheilung: Sieg- Ein Trauerspiel in

mimishes Baklel-Divertissement von eit d Musik von Jose! Bever. S Sor net

an L Cas E O. d arcella Sembrih, Könialic) ängerin, als Gast.) Anfang 74 Übr. f R

Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abthei-

Friedrich Hebbel.

e e Bur Kriemhilds Rache. Usz

Opernhaus. Dienstag: Der Ring des Nibe- Zweiter Abend: Siegfried. Mittwoch: 3 Karneval. bôchsten Befehl: Die Tochter des Regiments. Karneval. s Fe Sembrich als Gast.) ag: Anna: Frl. Reinl, vom Sonnabend: i Dritter Abend: Anfang 7 Uhr. Le

(Fräulein Clara Meyer und Herr Zeislex als Gäste. Viittwoch: Halali. Die ftille Wache. e (Natalie: Frau Clara Meyer als

Weber. 75 Ubr: Zähmung. Montag: Die Weber.

_Der Evangelimaun. in 2 Aufzügen, nah einer L

ten Berliner Theater. Sonntag, In Scene ge- Dirigent :

Die Nibe-

Dienstag: Heimath.

140. Vorstellung. In Scene Flirten. Anfang 74 Ubr.

gefeßt vom Montag: Madame Bonivard.

Dekorative Einrich- Erster Abend. Der gchörute Siegfried. o Aufzügen.

135. Vorstellung. Der

Komische Oper in Sountag:

Carl Zeller. Regie: Herr Fredy.

Die Puppeufee. Panto-

Anfang Uhr. Montag : Der Oberfieiger.

Neues Theater.

In Scene gesetzt (Nosine: Frau

141. Vorstellung. Die Nibe- q Direktors José Zweiter E in 3 Akten na

ügen. Anfang 7X Uhr.

Kurt Goldmann.

Anfang 7# Uhr.

Donnerétag: Auf Aller- Toto.

Don Juan. (Donna tadt-Theater in Düsseldorf, Der Ning des Nibe- Götterdämmerung. te Vorstellung vor den Ferien bonnement.

Dienstag: Die Journalisten.

Residenz - Theater.

Direktion : Sigmund Lautenburg.

evdeau, ocobson. Anfang 7# Uhr. Montag und folgende Tage: Ehekoutrakt.

Donners-

reitag: Der Revisor. Letzte Vorstellung

Deutsches Theater. Sonntag, 24 Uhr: Die Der Widerspenstigen

Dienstag: Zum ersten Male: Zwei Wittwer. Neu einftudiert : Der eingebildete Krauke.

math. 73 Uhr: Der Compagunon. Montag: Madame Sans-Gêne.

Lessing-Theater. Sointag: Drei. Vorher: Dienstag: Drei. Vorher: Flirten.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25/26. Der Odvbersteiger. 3 Akten von L. Held und M. E trigent : Kapellmeister Dahms. Ermäßigte Preise der pte

Schiffbauerdamm 4a. /5.

Sonntag: Ensemble-Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze-Theaters (Hamburg) unter Leitung des erenczy. Tata-Toto. n Vilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. In Scene geseßzt von José Fern.

Montag (35. Abonnements-Vorstellung): Tata- Dienstag und folgende Tage: Tata-Toto.

Blumenstraße Sonntag: Sonntags: Vorstellung. Feruand's Ehetoutrakt. à ia patte.) Cchwank in 3 Akten von George3 in deutsher Bearbeitung von Benno

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57, Direktion: Julius Frigshe. Sonntag: Die ledermaus. Komische Operette in 3 Akten nah ‘eilhac und Halévy bearbeitet von C. Haffner und Rich. Genée. Musik von Johann Strauß. Diri- gent: Herr Kapellmeister Ferron. Anfang 74 Ubr. Montag: Die Fledermaus.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30,

Sonntag: Zum 22. Male: Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner- plaz-Theater in München: Figaro bei Hof. (Rococo.) Operette in 3 Akten (nah Beaumarchais Memoiren) von BVBohrmann-Rieger. Musik vou Alfred Müller-Norden. Anfang 7ckF Uhr.

Montag: Figaro bei Hof.

R e) Familien-Nachrichten.

Verlobt: Freiin Helene von Bodenhausen mit Hrn. Prem.-Lieutenant Frit von Krosigk (Lebusa Potsdam). Gräfin Helene von Seckendor} mit Hrn. Wilbelm Frhrn. von Gaertner (Char- [ottenburg—Marienböbe). i

Verebeliht: Hr. Lieutenant Frhr. von Wilczeck mit Frl. Hesse (Glogau). Hr. Diakonus Paul Konrad mit Frl. Hildegard Mewes (Breélau).

Hr. Regierurgs-Baumeister Ernit Progasky mil

Frl. Elisabeth Schmula (Krappiß O-S). _

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Amtsrichter Schneider (Grünau, Mark).

Gestorben: Hr. Juliuë Frhr. von 1 (Breélau). Fr. Marie ven Borch, geb. Zint (Berlin). Hr. Kammerherr Rudolf Frhr. von Buddenbrock-Ottlau (Berlin). Fr. Landschafts“ Rath Bertha von der Wense, geb. Gräfin von der Schulenburg a. d. H. Wolfsburg (Woblen: rode). Hr. R bbbiuts Oscar von Wastelewsfi (Königsberg i. Pr.). Hr. Hauptmank 3- D. Hugo Gufovius (Wiesbaden).

Uhr: Hei-

Operette in Musik von

Siearotb

Vaudeville

Dirigent :

E

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin- Druck der Norddeutshen Buchdruckterei und Verlag#- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Neun Beilagen (eins@ließlich Börsen-Beilage).

Nr. 9. Letzte

Fernand'’s

zum Deutschen Reichs-Anz

M 124.

e

Deutscher Reichêtag. 99. Sißung vom Freitag, 24. Mai.

Ueber den Beginn der Sißung ist gestern berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht e die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Aenderung des Branntweinsteuergeseßes vom 24. Juni 1887. Nach dem Abg. Grafen von Kanit erhält das Wort der

Abg. Liebermann von Sonnenberg (Refp.): Die Aus- führungen des Abg. Grafen von Kaniß kann ih unterschreiben. Die Mehrzahl meiner politischen Freunde wird nach der Streichung des Art. 11 a der Vorlage zustimmen. Die Befürchtung, daß die Speku- lation von dem Gesetze Vortheil ziehen werde, ift ja gewiß bere(tigt ; aber es ist nun einmal nicht mögli, die jüdische Spekulation ganz zu verhindern. Darum lege ih auch den Angriffen der Abgg. Singer und Genossen auf die Börse keine Bedeutung bei. Wenn die Firma Guttmann das, was die Herren hier zur Sprache gebraht haben, übel genommen hat, fo werden andere dafür dankbar sein. Erst bei der Berathung des in Aussicht gestellten Börsengeseßes wird es sich zeigen, ob sie ibre Angriffe in der That ernstlich gemeint haben. Wegen dieser Furt vor der Spekulation können wir aber den kleinen Brennereien die Wohlthat, die das vorliegende Gesey für fie doch mitbringt, nicht versagen. Wir fürchten auch nicht, daß dur das Gesetz der Trinkbranntwein unverbältnißmäßig theuer werden könnte. Zum Schluß will ih nur noch hervorheben, daß unsere Zustimmung zum Gefeß niht einen Verzicht auf die weitere unentwegte Ver- folgung unseres Zieles, den Mittelstand vor dem Verderben zu schüßen, bedeutet. ; i |

Abg. Dr. M e yer- Halle (fr. Vgg.) : Der Abg. Graf von Kaniß hat im wesentlihen zwei Bedenken gegen das Gefeß geltend gemacht. Das erste gründet sich darauf, daß, wenn er jeßt diejes Geseg nah Hause trägt, man annehmen könnte, er sei befriedigt. Dieses Bedenken erscheint mir gegenstandslos, denn (zur Nehten) Sie werden nie in diesen Verdat kommen. Selbst wenn der Antrag Kanig durhginge, würden neue Forderungen auftauchen, zufrieden werden Sie nie sein. Das zweite Bedenken, welhes der Abg. Graf von Kaniß äußerte, gipfelt darin, daß au nach seiner Ueberzeugung dieses Gesez im wesentlihen nur dem Großgrundbesiger Vortheil bringen wird, für den kleinen Bauernstand aber nicht ]egenbringend ist. Dieses Bedenken kann ich dem Abg. Grafen von Kaniß leider niht nebmen. Jch beschränke mich darauf, festzustellen, daß dieses Bedenkcn auch auf jener Seite besteht und halte es für rihtig. Ich glaube in Uebereinstimmung mit dem Abg. Grafen von Kaniß, daß durch dieses Gesetz dieUnzufriedenheit des fleinen Landwirths nit gehoben werden wird. Bir können unsere Bedenken nicht, wie der Abg. Graf von Kaniß es thut, beseitigen, sondern werden auf die Vorlage mit „Nein“ antworten. Diese Bedenken aber bestehen kurz darin : es werden dur das Gese neue Belastungen geschaffen, die niht den Bedürftigen zu gute fommen werden; es werden die Taschen der einen geleert, [edig- lih, um die Taschen der anderen zu füllen; es handelt sih nicht um eine Unterstützung der gesammten Landwirthschaft, sondern nur eines Theils derselben, und zwar des größeren Grundbesizes. Der Reichs- Schazzsekretär wünschte neulich in der Lage zu sein, jedem einzelnen Indusftrie- zweig Hilfe zu bringen. Wenn man es als die Aufgabe des Staats betrahtet, den Nothleidenden Hilfe zu bringen, so sind eigentlich die Sozialdemokraten die allein Konsequenten. Sie verlangen wenigstens für jeden die Hilfe in gleiher Weise, der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky aber will sih die Kreise ausfuhen, denen er zu Hilfe kommen will. Den Nugen, den diese Kreise haben werden, fann man ziemli ziffermäßig ausrehnen, aber den Schaden, welcher Ungezählten zugeiügt wird, werden wir weniger klar zu sehen be- kommen. Ich bin der Ueberzeugung, daß die Zeit kommen wird, in der die Febler der beutigen Wirthschaftépolitik korrigiert werden. Es wird eine sehr ernsthafte Korreftur fein, darauf können Sie (zur Rethten) si verlassen. A : f:

Abg. Dr. Paasche (nl.): Ih muß meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß der Abg. Graf von Kanitz hier mit einer folchen agitatorishen Rede hervorgetreten ist. Meinen politishen Freunden ist es dur dieses Vorgehen shwer gemacht, an dem Kompromiß fest- zuhalten, der zum Zweck des Zustandekommens dieses Gesehes ge- \chlofsen ist. Meine politishen Freunde baben sih gerade deshalb für die Vorlage erklärt, weil von feiten der Regierung und anderer mit Entschiedenheit betont worden ist, das Gejeß sei eingebracht worden, um der nothleidenden Landwirthschaft zu helfen. Der Abg. Graf Kanitz erklärt nun, daß das Geseß den kleinen Grundbefißern, den Bauern nichts nützen werde. Wir bleiben troÿdem dabei, daß das Gesetz für einen großen Theil der Landwirthschaft, auch für die kleinen und mittleren Landwirthe, Vortheile bringen wird. In dieser Auf- fafsung lassen wir uns auch von dem Abg. Grafen Kaniß nicht irre machen. Wenn er der Regierung Vorwürfe darüber macht, daß fie nur das Zucker- und Branntweinsteuergeseß eingebracht hat, so stimme ich in diese Vorwürfe nicht ein, obgleich auch wir mit der Empfindung des Bedauerns nach Hause gehen, daß niht mehr zu stande gekommen ist. Der Abg. Graf Kaniß erklärte, es müsse bald etwas zur Rettung der Landwirtbschaft geschehen, und hat seinen Antrag wiederum em- pfohlen. Wir haben diesen Antrag in der Kommission auf das forg- fältigste berathen. Die Regierung kann dech nit über den Kopf der Kommission hinweg den Antrag zum Geseßentwurf gestalten. Wenn wir mit fast leeren Händen heimgehen, woher kommt das? Zumeift daber, daß die Bänkeauf der Rechten bei den wichtigsten Verhandlungen faft stets sehr leer warten. Meine politischen Freunde sind bereit, weiter zu tagen und zu berathen. Daß der Abg. Graf Kaniß {were Vor- würfe gegen die Regierung erhoben hat, bedauere ih lebhaft, nament- lich deshalb, weil diese Vorwürfe von jener Seite kommen. Der- artige Vorwürfe müssen die Autorität der Regierung, der Regierung Seiner Majestät des Kaisers ershüttern. Die Herren auf der Nechten betonen stets ihre monarchishe Gesinnung. Ich zweifle an diefer nicht, aber wenn man diese Gesinnung bei jeder Gelegenheit in den Vorder- grund stellt, so sollte man sich auch der Pflicht bewußt bleiben, die Regierung nach Kräften zu unterstüßen. l Ï __ Abga. Richter (fr. Volk8p.): Die Herren auf der Rehten möchte ih do gegen den Vorwurf in Schuß nehmen, .daß sie agitatorish vorgehen. Der Abg. Dr. Paasche ift in der Zuckersteuerfrage ebenso agitatorish verfahren, wie der Abg. Graf Kaniy in anderen Fragen. Feststellen will ih aber die Erklärung des Abg. Grafen Kaniß, daß das Geseg nur dem Großgrundbesiß nützen werde. Die Regierung kann einzelnen Saleralsentinfeeifen nur dadur helfen, daß sie anderen das nimmt, was sie jenen giebt, und hier soll den Besigenden gegeben, den Nichtbésißenden genommen werden. Die Parteien haben einen großen Fehler begangen, als fie den Antrag Kanig dilatorish be-

ndelten, ihn einfach abzulehnen. Auch die Regierung hat die Forderungen der Agrarier, z. B. die Währungs- frage, dilatorisch behandelt. Die Haltung der Min in dieser Frage entbehrte jeder Klarheit und Entschiedenheit. Ich ate es mit Freuden, daß die en auf der Rechten immer mehr Verständniß für das parlamentarishe Regierungssystem zeigen. N niemals habe ih eine Regierung so verlassen gesehen, wie dié jeßige. Hoffentlich gelangt bald das Prinzip in der Regierung zur Geltung, daß allein die Allgemeinheit und nit die Intereffen einzelner Gruppen für die Wirth {caftspolitik maßgebend sein ollen.

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 25. Mai -

Abg. Freiherr von Manteuffel (dkonf.): Der Abg. Dr. Paasche hat sein Bedauern über die Rede des Abg, Grafen Kaniß ausgedrüdckt. Dem gegenüber erkläre ih, daß der Abg. Graf Kaniß in Uebereinstimmung mit seinen sämmtlichen Parteigenofsen gesprochen hat, daß die gesammte konservative Partei hinter feinen Ausführungen steht. Wenn aber der Abg. Dr. Paashe die Rede als agitatorisch bezeihnet hat und als geeignet, die Autorität der Regierung anzu- tasten, so muß i das entschieden zurückweisen. Davon ist keinWort in der ganzen Rede zu finten. Der Abg. Graf Kaniß hat sein Bedauern darüber ausgedrüdckt, ih glaube mit vollem Recht, daß von allen jenen Dingen, die in der Thronrede angekündigt worden sind, bis jet nicht viele vorgelegt oder nicht verabschiedet sind. Er hat in dieser Beziehung in erster Linie das rie 4d genannt. Ich habe bei der Etats- berathung schon auf dieses Gefeß hingewiesen und damals von dem Staatssekretär des Innern den Aae erhalten, es werde fommen. Wir haben es aber niht bekommen. Daß dem gegenüber der Abg. Graf Kani seine Verwunderung ausgesprohen hat, lag in der Natur der Sache. Die Gewerbesteuernovelle kommt au nicht mehr zur Verhandlung. Meine Freunde und ih sind jeder Zeit bereit gewesen, noch in dieser Session in die Verhandlung darüber einzutreten, wie über ein Margarinegesez. Die Abgg. Dr. Paasche und Dr. Meyer haben gegen die Rehte den Vorwurf erhoben, fie sei wesentlih s{chuld an der G S des Hauses bei verschie- denen Abstimmungen. Wir wollen in dieser Beziehung zwischen der reten und der linken Seite nicht abrehnen ; aber das möchte ih doch sagen, daß, nachdem einmal die Beschlußunfähigkeit kon- ftatiert worden war, die Bänke auf der Relhten reihlich fo gefüllt gewesen find, wie die auf der Linken. Sodann aber bitte ih ins Auge zu fassen, daß gerade in jenen Tagen die Verhandlungen des Herrenhauses eine große Zahl der Mitglieder in Anspruch nahmen. Man hat speziell in der Presse den Abg. Grafen Mirbach und mi gewarnt; wir beide waren im Herrenhause dur die Währungëêdebatte festgehalten. Ich habe nun ein Mißverständniß zu berihtigen, das sih an die Rede des Abg. Grafen Kaniy geknüpft hat, nämli daß er gesagt habe, die Spirituësteuervorlage nüße dem kleinen und mittleren Landwirth garniht. Er hat gesagt, das Geseß fomme im wesentlihen den größeren Besißern zu gute. Es ist aber keine Frage, daß es au den mittleren zu gute fommt, und noch viel mehr gerade dem fleinsten. Denn so lange mit Erfolg Spiritus ge- brannt werden tonnte, war es mögli, die Kartoffeln im fleinen zu kaufen, sie mit der Karre heranzusahren; jeßt können nur Lowren ge- kauft werden. Nun noch einiges über die „Unersättlichkeit der Agrarier*, das „Geschenk“, das hier den Großgrund- besigern gemacht werden fol. Ih möchte bitten, eine einzige Industrie in der Welt zu nennen, die so unter der Steuerlast zu leiden hat wie die Spiritusinduftrie, eine Induftrie, die gerade den Gegenden zu Hilfe kommt, wo nur der Roggen und die Kartoffel wächst. Welche andere Industrie hätte derartige Steuern zu tragen und derartige Scheerereien mit den fisfalishen Beamten ! Wir sind nicht unersättlih; wir wollen nur das haben, was wir a um fortbestehen zu können, und zwar um es zu können zum Wohle des Vaterlands.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Zu meinem großen Bedauern habe ih die Rede des Herrn Grafen Kaniy nicht gehört; ih war anderweitig in Anspruch genommen. Herr von Manteuffel hat aber die Güte gehabt, die Klagen zu wieder- holen, die Herr Graf Kauitz in seinen Ausführungen vorgebracht hat. Von diefen Klagen rihten \sih zwei oder drei auf Dinge, die meinem Ressort angehören, und da werden Sie mir gestatten, daß ih zur Erläuterung der von den Herren Vorrednern besprochenen Vorgänge einige Worte sage. Niemand kann mehr beklagen als ih, daß das Börsenreformgeseß und das Geseg zum Schuß der vaterländischen Butter niht in dieser Tagung an das Haus gelangt sind. Es war die feste Absicht, das Börsengeseß noch in dieser Session zur Verabschiedung zu bringen; allein diese Absicht hat sich nicht erfüllen lassen. Ich kann zur Erklärung der Nichterfüllung nur darauf hin- weisen, daß auch dieses Gesez seine Schicksale, und zwar Schick- sale gehabt hat, die unabhängig von dem Willen derjenigen sind, die für die Förderung der Verabschiedung des Geseßes thätig zu sein baben. Das Geseß wird erst heute im Plenum des Bundesraths zur Berathung gelangen. Daß es erst so spät ¡ur Berathung dort ge- langt, liegt einfah in dem Umstande, daß der ursprünglich be- stimmte Referent aus dem Bundesrath abberufen worden ist, und daß es längere Zeit erforderte, bis der anderweit bestellte Referent sich mit der Materie vertraut machen konnte.

Also ein Vorwurf trifft uns nicht und namentlich mi nicht ich glaube, Herr Graf Kanig hatte die Güte, meinen Namen zu nennen. Ih bin mir bewußt, zur Förderung dieser Materie alles gethan zu haben, was in meinen Kräften steht.

Was das Margarinegeseß anbelangt, so ift ein Entwurf dafür fertiggestellt. Er geht in seinen einzelnen Bestimmungen nicht fo weit wie der aus der Initiative des Hauses hervorgegangene Ent- wurf; allein ih glaube, daß, wenn der Reichstag in die Berathung dieses Entwurfs eintreten wird, er sh überzeugen wird, daß derselbe eine Mittellinie innehâlt, die niht ohne Wirkung zu Gunsten der Naturbuttererzeugung bleiben wird, und die außerdem das Gute in sih birgt, daß die legitime Fabrifation eines gesunden Volks- nahrungêmittels nit unmöglih gemacht wird. (Zuruf rechts.) Ich weiß sehr wohl, daß die Herren das nicht wollen ; deshalb habe ich auch das Vertrauen, daß wenn wir ers in die Berathung der Materie einfteigen, wir uns mit Jhnen sehr leiht verständigen werden.

Was die Gewerbeordnungs - Novelle anlangt, über welche der Kommissionsbericht erst vor einigen Tagen vorgelegt ist, so halte ih die Erledigung im Hause in einem Stadium der Entwidckelung der Geschäfte des Hauses, in dem wir uns augenblicklih befinden, niht für so leiht und nit für so wenig Zeit erfordernd, daß zu erwarten wäre, der Reichstag werde auh selbs, wenn er noch bis zum Juli zu- sammenbliebe, eine Verabschiedung des Gesetzes herbeiführen. (Sehr richtig! links.)

Ueberhaupt, meine Herren, wollen Sie es uns doch nicht ver- denken, wenn wir den Schluß der Session auf den Schluß der laufenden Woche zu legen bes{blofsen haben. Ihr Seniorenkonvent selbst hat sich ja auch dahin \{lüssig gemaht, daß nur noch gewisse Materien erledigt werden sollen (Zustimmung links, Widerspruch rets), und diese werden ja heute oder morgen ihren endgültigen Abs{luß finden. Daß die Regierung niht gerade sih ermuthigt fühlt, den Reichstag noch mit neuen Aufgaben zu befassen (Heiter-

eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1895.

keit), wenn sie sich einem chronisch beshlußunfähigen Hause gegen- übersieht (Sehr richtig! links, Ah! rechts), wie wir das noch bis vor wenigen Tagen gehabt haben, das können Sie uns do wirkli nicht verdenken. (Sehr rihtig! links. Widerspru rechts.) Auch bei dem besten Willen und bei der festesten Absicht der verbündeten Regierungen, die Geschäfte zu fördern, liegt doch der Gedanke sehr nahe, daß der Reichstag selbs nicht mebr die Neigung besißt, bei so vorgerückter Jahreszeit noch neues Aufgaben sich zu unterziehen. (Sehr wahr! links. Widerspruch rechts.) :

Wenn die Sate abér so liegt, dann möthte ih glauben, daß wir beide, Reichstag und Regierung, fo sehr wir es beklagen und es kann mi keiner im Beklagen dieses Zustandes übertreffen (Lachen rets) ja, bitte, Sie lahen, meine Herren, aber das find eben Empfindungen, die, glaube ih, Sie doch nit so beurtheilen können wie der, der sie hegt (sehr gut! links) ih sage: es kann niemand mehr beklagen als wie wir, daß die Thätigkeit des Reichs- tags in dieser Session für die Landwirthschaft, deren Notblage in vollem Maße anerkannt ist, sich nit fruhtbarer gestaltet hat. Wir bofen und ih boffe namentlich für das Börsengesez, das fo- fort, nahdem es der Bundesrath beschlossen hat, publizirt werden und so in der Zwischenzeit bis zur nähsten Session eine Klärung und eine Anbahnung der Verständigung finden wird —, daß wir im nächsten Jahre an diese Aufgabe und an alle übrigen, die zum Nutzen der Landwirthschaft geplant worden sind, um so eifriger herantreten und denselben werden gerecht werden können.

Abg. Graf von Arnim (Rp.): Der Abg. Dr. Meyer hat mit dem Ton eines Triumphators gesprochen und gemeint, es werde bald die Zeit kommen, wo die Fehler der heutigen Wirthschaftspolitik forrigiert werden würden. Ih möchte ihn doch bitten zu erwägen, ob etwa die Zunahme seiner Partei in den legten Jahren ihn zu dieser Annabme berechtigt. Wenn der Abg. Dr. Paasche und der Staatssekretär ausgeführt haben, daß das Haus wiederholt bes{lußunfähig gewesen ift, so glaube ih doch auf einen Punkt hinweisen zu müssen, der noch niht berührt ist. Es haben in diesem Frühjahr eine ganze Anzahl von Land- wirtbhen auf das Land gehen müssen, um die dringendsten Arbeiten zu beaufsihtigen, die gemacht werden mußten, um den Schaden zu revarieren, den der Frost anribtete. Auh möchte ih in Anregung bringen, in Fällen, wo die Auszählung des Haujes beantragt ist, die Sißung niht abzubrehen, sondern eine Pause eintreten zu lassen, um den Herren, welhe vom Abgeordnetenhause oder Herrenhause kommen, die Möglichkeit zu gewähren, noch rechtzeitig zu erscheinen. Wenn man dem Abg. Grafen Kaniß vorwirft, daß er nit hinreichend die Zuckersteuer- und die Spiritussteuervorlage gewürdigt habe, so möchte ih do zu be- merken geben, daß er wie ein Arzt gehandelt hat, der für die Land- wirthschaft nur ein großes Mittel im Auge bat; es ift ihm nicht zu verdenken, wenn er die anderen Mittel nicht so boch {äßt wie ih es thue. Ich stehe in dieser Beziehung auf dem Standpunftt, daß nicht allein der Großgrundbesißzer, sondern auch der fleine Grund- besißer, der Tagelöhner und der Arbeiter Vortheile von dem Geseße haben werden. Ih gebe- zu, daß auch ich ein Bedenken gegen das Gesetz habe, und das besteht darin, daß die Miß- stände und Mißbräuche, die vorläufig noch in der Produktenbörfe berrshen, jedenfalls benußt werden fönnen, um unlautere Manipu- lationen vorzunehmen. Aber follten wir das Gese deswegen ab- lehnen, weil uns die verbündeten Regierungen das versprochene La nicht rehtzeitig vorgelegt haben? Ich meine, wir haben in diesem Dilemma doch rihtig gewählt; felbst auf die Gefahr hin, daß in diesem Sommer an der Börse hier und da unlautere Dinge vor sh geben, haben wir Recht gethan, dieses Gese zu acceptieren. Aber ih kann nicht verstehen, warum das Börsen- gese nicht vorgelegt worden ist, obgleih es weiter nichts ist, als eine Paragravhierung der Beschlüsse, welche die Mehrheit der Börsenenguête- kommission gefaßt hat. Zu dieser Paragraphierung hat man zwei Jahre gebrauht! Jch erinnere Sie daran, daß im vorigen Jahre der Abg. Dr. von Cuny mit einigen anderen Herren eine Interpellation an die verbündeten Regierungen gerihtet bat, in welcher er dieselben dringend bat, das Börsengesey vorzulegen. Wenn uns dasselbe nun niht nur niht vorgelegt wird, sondern nur gesagt wird, es würde demnächst erst an den Bundezrath zur Beschlußfaffung kommen, ja, dann fôönnen Sie es uns do nit verdenken, daß wir nun auseinanderzu- geben wünsckchen und nicht weiter tagen wollen. Aber ih bin der Ansiht, wenn wir im Laufe des Januar oder Februar den Entwurf bekommen hätten, so würden wir heute niht auseinandergehen, obne das Börsengesetz erledigt zu haben. Der Staatssekretär des Innern führte als Grund der Verzögerung an, daß man einen Herrn zum Referenten über das Börsengesez ernannt hat, der nahher Kultus- Minifter in Bayern geworden i. Ich gebe zu, daß es sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, \fich in eine folhe Materie hineinzuarbeiten, und wenn ein Herr, der auf der Aus- stellung von Chicago war und dort Ausgezeichnetes geleistet hat, nun zum Referenten und Bearbeiter des e gie entwurfs ernannt wird, so bat der betreffende Herr natürlih eine sehr große Zeit zu verwenden, um \sih mit der Materie vertraut zu machen. Zum theil liegt also in diesen Verhältnissen eine Erklärung der großen Verzögerung; zum theil liegt die Verzögerung aber auch in dem Um- stand, daß die Einflüsse, welche von Herren geübt waren, die der linken Seite sehr nabe standen, so mächtig gewesen find, daß Be- denken aller Art hervorgehoben worden find und die verbündeten Negierungen zu immer wiederholten Erwägungen und Prüfungen veranlaft wurden. Wir haben es ja von dem Abg. Dr. Barth ge- höôrt, daß er überhaupt von der Börsenreform nihts bält, weil er niht glaubt, daß irgend etwas dabei berauëfommt. Der Abg. Singer hat sogar behauptet, wir hätten eine Spekulationskompagnie errichtet, indem wir mit den Spiritushändlern ein gemeinsames Geschäft ge- machi hätten. Ih weise das entschieden zurück. Jene Be- hauptung wird {hon daturch widerlegt, daß Sie (zur Linken) uns immer den Vorwurf machen, wir hätten kein Verständniß und Interesse für den Handel und seien von Haß gegen den- selben erfüllt. Das leßtere ist ganz falsch. Sobald der Handel in effekftiver Waare und in der richtigen Abwägung an Vorrath und Bedarf arbeitet, so begrüßen wir ihn mit Freuden; wenn er aber, wie die jeßige Börse mit A handelt, die lediglih durch künstlihes Angebot und künstlihe Nachfrage hervorgerufen werden und die durch den Kapitalismus bestimmt werden, fo stehen wir diesem Treiben feindlich gegenüber. Der Abg. Dr. Meyer sprach von dem Spiel Berlicke und Berlacke und meinte, die Spiritusinterefsenten würden dieses Spiel erneuern. Ih mödhte den Abg. Dr. Meyer bitten, wenn wir zur Börfen- reform kommen und dieje igen Herren dann, die Selbstkündigungen vornehmen, die 20, 30 Schlußscheine in Bewegung feßen und durhch ihre Helfershelfer diese wieder zurückführen, um den Anschein einer

roßen Waarenmenge hervorzurufen, wenn diese Herren rufen: Berlie, Korn ift da! Berlacke, Korn if wieder weg! dann möchte ih ihn bitten, au diesem Treiben mit uns entgegenzutreten und dafür zu sorgen, daß die Vertragsfreiheit niht übertrieben

wird, fondern daß hier Einschränkungen vorgenommen werden.