1895 / 124 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

erinnere daran, daß der österreihishe Handelsvertrag P at Tagen hier durch das Haus ich will nicht sagen : durchgeveitsht, aber durhgeführt worden ist, ohne Rücksicht auf die Interessen der Landwirtbschaft. Aber wenn es sih bei der Börsen- reform um die großen Kapitalsinterefsen handelt, um die Frage, ob wir die Jobkberei zurückdrängen wollen, ob wir verhindern tönnen, daß das Korn . durch Blankoangebote gedrückt wird: dann vergehen

vier Jahre, bevor in dieser Beziehung Wandel geschafft werden fann. Und wenn die Herren immer davon /precen, daß die Agrarier die Mächtigen und die Unersättlihen sind, so erwidere ich ihnen, daß dieses Beispiel beweist, daß sie die mäthti- en Finanzgrößen sind und die Kraft haben, derartige Reformen zu P iceivelben, Wir werden auf dem Standpunkt nach wie vor ver- harren, daß wir das produktive Gewerbe in jeder Beziehung zu fördern suchen unter voller Berücksichtigung des Handels, aber daß wir nicht wünschen, daß Börse und unlauterer Wettbewerb die pro-

duktiven Stände schädigen.

Staatssekretär des Reichs -Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky: |

Meine Herren! Nicht nur in der darstellenden Kunst ift jeßt die impressionistishe Malerei modern, sondern auch im politischen Leben; und das if meines Erachtens natürlich. Man muß mit sehr kräf- tigen Farben malen, weil man nicht auf die Nahestehenden wirken will, sondern auf die entfernten Massen. (Sehr gut! rets.) Der Herr Abg. Dr. Meyer hat gesagt, der Statsekretär belfe, wem er helfen wolle, nah seinem Gutdünken. F gestatte mir, den Herrn Abg. Meyer auf die Reichsverfafsung hinzuweisen, wonach nicht der Schaßsekretär hilft, sondern die verkündeten Megierungen (sehr rihtig! rechts); und die verbündeten Regierungen belfen da, wo sie glauben, daß die Noth am afkuteften ist, und fie haben Ihnen infolge dessen ein Zuckersteuergesey und ein Spiritussteuergeseß vorgelegt. Wir haben mit dieser Materie den Anfang machen müssen. Wenn wir überall da, wo der volks- wirthschaftlihe Erwerb leidet, gleichzeitig helfen könnten, dann würden wir die soziale Frage lösen; und ih glaube, die soziale Frage lôst man nit an einem Tage und au nit in einer Session.

Der Herr Abg. Meyer hat gesagt, anknüpfend an ein sehr bekanntes, nur {hon etwas abgebrauchtes Wort Orenstierna's, es bâtte selten eine Regierung mit so wenig Weisheit regiert. (Zuruf rets.) Ihre Weisheit, meine Herren, ist eben niht unsere Weis- beit. Und wenn der Herr Abg. Richter ferner gesagt hat, selten wäre eine Regierung so verlassen gewesen, wie die gegenwärtige, fo widerspricht das den klaren Thatsachen ; denn bei den beiden Vorlagen, die jeßt der Gegenstand Ihrer Angriffe sind: dem Zuckersteuergeseß und dem Branntweinsteuergesez, hat \sich bier im Hause eine imposante Majorität gefunden (sehr gut! rechts); wir waren also nit verlassen. (Sehr gut! rechts.) Der Herr Abg. Dr. Meyer hat in seiner jokosen Art und Weise, mit der er spricht, sehr geist- rei und wißig, aber mit ziemlich viel Galle die Regierung ange- griffen. Er hat es sogar nicht vershmäht, in einer eigenthümlichen Weise, muß i sagen, einen lapsus linguae, der mir hier passiert ist, noch einmal auszunüßen. (Sehr gut! rechts.) Der Herr Abg. Richter bat eigentli nur noch mit Galle gesprochen. Ich kann aber den beiden Herren versichern, daß die Reden, die sie beute gehalten baben, uns bestätigt haben, daß wir auf dem volkswirthschaftlich rihtigen Wege sind (Bravo! rets), und daß wir auf diesem Wege fortfahren werden, scweit es volfswirthschaftlich vernünftig und vertragêmäßig zulässig ist. (Bravo! rechts.)

Abg. Singer (Soz.): Der Staatssekretär irrt sich, wenn er alaubt, die Bevölkerung billige die von der Regierung verfolgten Wege. Der Abg. Freiherr von Manteuffel hat sich bemüht, die un- angenehme Wirkung der Rede des Abg. Grafen Kaniß abzushwächen. Ein Börsengeseß, das die Mißbräuche an den Börsen verhindert, wünschen auch wir. Aber eine dringende Bitte habe ih noch. Vielleicht findet sh noch soviel Zeit, neben der Bearbeitung von Gesezen für die Landwirthschaft auch ältere und gegebene Versprechen einzulösen, insbesondere soweit die Reform des Unfall- versicherungs-Geseßes, sowie des Alters- und Invaliditätsgeseßes in Betracht kommt. Wenn man jeßt von drüben hört, die Herren seien bereit, auch nach Pfingsten zu tagen, so sind diefe Reden wohl nur nah außen hin gehalten. Die Herren werden aber damit im Lande feinen Eindruck machen.

Staatssekretär des Jnnern, Boetticher:

Wenn der Herr Vorredner den Herren auf der rechten Seite den Vorwurf gemacht hat, daß sie zum Fenster hinau8gesprochen haben, so glaube ih, if er von demselben Vorwurf gewiß niht freizu- \sprehen. (Sehr rihtig! rechts.) Das war eine Wablrede, wie sie im Buche steht.

Fch habe mir noch einmal das Wort erbeten, nur um den Herrn Vorredner über das Schicksal der sozialpolitishen Reformgefeßgebung zu berubigen. Der Herr Vorredner weiß so gut wie ih, daß bereits seit dem vorigen Sommer die Geseße wegen Ausdehnung und Re- vision der Unfallversiherungë-Gesetgebung dem Bundesrath vorliegen. Er weiß so gut wie ih, daß die Vorarbeiten für eine Reform der Alters- und Invaliditätsgesezgebung im Gange sind, und wenn der Bundesrath dem Reichstag in dieser Sißung keine größeren sozial- politishen Vorlagen gemacht hat, se sollte der Herr Borredner dafür dankbar sein; denn der Erfolg dieser Vorlagen würde vorauësichtlih der gewesen sein, daß das Verzeichniß von unerledigten Entwürfen, welches nachher der Herr Präsident mittheilen wird, fih nur noch um einige Entwürfe verlängerte. Einen weiteren Zweck würde die Vorlegung shwerlih gehabt haben. Im übrigen fann ih den Herrn Vorredner darauf verweisen, daß die Geseßze der öffentlihen Kritik unterliegen, und daß also jeder, der ein Interesse daran nimmt, sich über den Gang, den nach der Meinung der Regierung die sozialpolitishe Ge- seßgebung gehen soll, ein Bild zu machen, dazu die Gelegenheit besißt.

Der Herr Graf Arnim thut uns wirklich Unrecht, wenn er be- hauptet, daß die Vorlage des Börsengesezes in kürzerer Zeit zu ermöglichen gewesen wäre. Er rechnet vier Jahre und meint, man habe den österreihishen Handelsvertrag hier in aht Tagen, wie er sih auéëdrückte, durhgedrückt; weshalb habe man niht auch mit dem Börsengeseß einen gleichen Versuch gemacht? Ja, meine Herren, der öfterreihishe Handelsvertrag ist auch nit innerhalb einer kurzen Zeit entstanden. Man hat auch Iahre gebraucht, um die Vorbereitungen dazu zu treffen. Allerdings, nahdem er geschlossen war, hat er hier, und zwar ohne Mitwirkung der Regierung, eine leichte und bereitwillige Zustimmung gefunden.

Das Börsengesey war, wie ih sagte, in dieser Session nicht mehr zu verabschieden. Auf diesem Gebiete meine Herren, geben die Anschauungen außerordentlih weit auseinander, und es sind niht bloß Parteianschauungen, die dabei in Betracht kommen, sondern es sind An- \chauungen sehr realen Charakters, die aus der Natur der Dinge und aus der Entwicktelung des Börsenverkehrs gewonnen find. Daß bei-

Staats-Minifter Dr. von

\spielsweise kaufmännische Kreise anders über die Gestaltung der Börse denken als landwirthschaftliche Kreise, das ist nihts Wunderbares, und wenn die Regierung nun auf diesem Gebiete sich bemüht und die Vorbereitungen dazu trifft, ein mögli ers{chöpfendes Material zu erhalten, wenn fie die einander gegenüberstehenden Anschauungen gründ- li abwägt, fo sollte man ihr daraus keinen Vorwurf machen.

Meine Herren, ih erinnere an das Geseß über den unlauteren Wettbewerb. Daß die Erledigung dieser Materie an si eine dringende sei, stand unter den Interessenten fest. Der erste Entwurf, welcher der Oeffentlichkeit übergeben wurde, fand auch vielen Beifall. Da- neben begegnete er einer fehr eingehenden Kritik und diese Kritik hat dazu beigetragen, den Entwurf erheblich zu befsern, sodaß der Kreis der Freunde der Vorlage noch größer geworden is. Jch zweifele. nicht daran, daß der Aufs{hub, den die Vorlegung des Börsen- gesetzes erfährt, auch dieser Geseßgebungsmaterie zu gute kommen wird, daß die Meinungen sich klären werden und daß die Be- rathung des Geseßentwurfs \sich demnächst leihter vollziehen wird, als wenn wir ohne diese Vorbereitung in die Erörterung eintreten.

Aber, wie gesagt, es ist niht unsere Schuld, sondern die Schuld der Verhältnifse, und wenn der Herr Graf Arnim uns einen Vorwurf daraus machen zu -müfsen geglaubt hat, daß er fagt, man sollte keinen Kandidaten für den bayeri!chen Kultues-Ministerposten zum Referenten im Bundesrath bestellen, und man solle nicht jemand zum Referenten im Reichsamt des Innern ernennen, der zum Reichékommissar für die Arsftellung in Chicago ausersehen ift: so habe ich ihm darauf zu erwidern, daß gerade dieser Neferent im Reichsamt des Innern, {hon bevor er nach Chicago ging, mit der Materie befaßt gewesen ift, und daß er also vermöge seiner Vorstudien der geeignetste Beamte des NReichsamts des Innern war, um die Börsenreform weiter zu be- arbeiten. Was aber den bayerishen Herrn Kultus-Minister an- langt, so kann man es doch, meine Herren, den Mitgliedern des Bundesraths unmöglich vorher ansehen, was fie demnächst für Carrière machen werden. (Heiterkeit.)

Abg. Dr. Meyer- Halle: Bei der Berathung eines Börsensteuer- gesetzes werde irh auf alles das erwidern, was der Abg. Graf Arnim angeführt hat.

Die Generalberathung wird geschlossen.

Inzwischen sind auch der Reichskanzler Fürst zu Hohen- lohe, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats- Minister Freiherr von Marschall und der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Nieberding im Hause erschienen.

In der Spezialberathung gelangen die Artikel T und TI des Geseßes ohne Debatte zur Annahme.

Im Artikel TTT wird der Eingang der vorgestern be- schlossenen Nr. IT: „Diejenigen Melaßebrennereien, welche vor dem 22. März 1895 Melasse angekauft“ ersezt durch die Worte: „Diejenigen Brennereien, welhe vor dem 22. März L die zum Abbrennen bestimmten Rohmaterialien an-

cfauft.“

f Abg. Graf von Mirbach (dkons.) rihtet im Anschluß an Artikel TV an die verbündeten Regierungen die Bitte, die am 17. Juni 1887 einstimmig angenommene Resolution betr. Aufhebung der Maischbottichsteuer zu berücksichtigen.

Staatssekretär des Reichs - Schagamts Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Gegen diese Resolution sind damals gerade seitens der Einzelstaaten, die ja die Verwaltung und Erbebung der Branntweinsteuer haben, diz lebhaftesten Bedenken geltend gemacht worden. Nichtsdestoweniger werde ih aber veranlaffen, daß die Frage von neuem bis zum Zusammentritt des nächsten Reichstags eingehend geprüft wird. (Bravo! rets.)

Hierauf wird das ganze Geseß in namentliher Abstim- mung angenommen. Die Abstimmung ergiebi die An- wescnheit von 250 Abgeordneten, von diesen stimmen für das Geseß 165 und gegen dasselbe 85 Abgeordnete.

Zur dritten Berathung des Entwurfs eines Geseßzes wegen Abänderung des Zucersteuergeseßes erhält das Wort der

Abg. Graf von Kanit (dkons.): Es verhält sich mit diesem Gesetz ebenso wie beim Branntweinsteuergeseß. Jch habe vorhin nicht gesagt, daß der mittlere und fleine Grundbesiß an dem Zustande- kommen des Gesetzes fein Snterefse haben. Ich bin falsch verstanden worden. I betone nochmals, daß der mittlere und kleine Grund- besi allerdings ein erbheblihes Interesse an diesen Gesetzen hat, wenn auch nicht in der Weise wie der größere Grundbesiß. Wollten wir diese Gesetze ablehnen, so würden wir einer Anzahl von kleinen Grundbesigern bitteres Unrecht zufügen.

Das Geseß wird darauf ohne weitere Debatte endgültig angenommen.

Dem Geseßentwurf, betreffend die Kaiserlihen Schuß - truppen für Süd-West-Afrika und für Kamerun stimmt das Haus gleichfalls in dritter Berathung ohne Debatte zu.

Es folgt die dritte Berathung des Entwurfs eines Ge- seßes wegen Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 1895/96 in Verbindung mit der dritten Berathung des Entwurfs eines Geseßes wegen Feststellung eines Nachtrags zum Haus - halts-Etat für die Schugzgebiete auf das Etats- jahr 1895/96.

Abg. Dr. Ham mater (nl.): Bei der Berathung des Haupt- Etats hat der Reichstag den Beschluß gefaßt: den Reichskanzler zu ersuchen, in einem Nachtrags-Etat eine Pauschalsumme zu fordern, um die bei der Einführung des Dienstalters\tufensystems für die Post- beamten hervorgetretenen großen Unzuträglichfeiten und Härten zu befeitigen. Die meisten Mitglieder des Reichstags haben wohl mit mir erwartet, daß, wenn die verbündeten Regierungen mit einem Nachtrags-Etat vor den Reichstag treten, dann auch sicher dieser Resolution Genüge geshehen würde. Ich frage, ob der Bundes- rath einen ablebnenden Beschluß gefaßt und welhe Gründe er dafür hat.

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsty:

Meine Herren! Sofort, nahdem die Resolution seitens d:3 hohen Hauses gefaßt war, hat sich die Reichsverwaltung dieserhalb mit sämmtlihen Reichsrefsorts in Verbindung geseßt, ebenso mit den verbündeten Regierungen. Seitens der übrigen Reichsressorts wurde dagegen ausgeführt, daß es für sie ganz unannehmbar sei, daß man den Postbeamten für die Schädigung, das lucrum cessans, was mit der Durchführung des Dienstaltersstufensystems verbunden sei, eine Ent- schädigung gewähre und für die Beamten ihres Ressorts nicht. Die Reichsrefsorts führten weiter aus, daß, wenn man in dieser Weise die Postbeamten entshädigen wollte, für welhe das Dienstalters- stufensystem erst in dieser Tagung des Reichstags durchgeführt sei, man die Entschädigung der Beamten der übrigen Ressorts, die sich in gleichen Verbältnifsen befinden, 'niht nur auf das laufende Jahr

ausdehnen müßte, fondern auch auf die Vergangenheit, da man für diese Ressorts zum theil schon vor zwei Jahren das Dienst, altersftufensystem durchgeführt habe. Jh will auf die finanziellen Wirkungen eines solhen Verfahrens nicht näher eingehen. Es wurde aber auch seitens der verbündeten Regierungen ausgeführt, daß, nach, dem das Dienstaltersstufensyftem durhgeführt wäre, es im Interesse ausgleichender Gerechtigkeit nicht angängig ersheine, das lucrum cessans, was einer Kategorie der Reichsbeamten entstanden sei, unter den gleihen Vorausseßungen nicht sämmtlichen Reichs. beamten ebenfalls zu entschädigen, und zwar würde man nach der Auf- fassung der verbündeten Regierungen diese Entschädigung nicht nur be- schränken können auf das laufende Jahr und die Vergangenheit seit Einführung des Dienstaltersstufensystems, sondern man müßte dieses lucrum cessans den betheiligten Beamten dauernd ent- shädigen. Was würde die Konsequenz hiervon sein? Wir würden, wenn wir diesen Weg einshlügen, zwei Kategorien von Beamten innerhalb derselben Amtsfstellung haben: Beamte, die vor Ein- führung des Dienstaltersstufensystems angestellt sind und die infolge derartiger Remunerationen fortgeseßt böhere Gehälter bekämen, und eine andere Kategorie von Beamten, die nach Einführung des Dienst- altersstufensystems angestellt ift, und die thatsählich ein geringeres Einkommen hätte, obgleich beiden Kategorien dieselben amtlichen Leistungen obliegen. Die verbündeten Regierungen haben infolgedessen sih schlüssig gemaht und zwar einstimmig, dieser Resolution keine Folge zu geben; aber entsprehend den Erklärungen, die ich bei Ge- legenheit der Erörterung des Etats der Reihs-Postverwaltung hier im Plenum des Hauses und auch in der Kommission abgegeben habe, find bereits kommiffarishe Verhandlungen eingeleitet, um zu prüfen, wie män durch Gehaltsverbefserungen besonders große Härten, die bei einzelnen Beamtenkategorien hervorgetreten sind, bis zur Auf- stellung des nächsten Etats ausgleichen könnte. Jh glaube, die ver- bündeten Regierungen haben damit das gethan, was sie nah Lage der Verhältnisse nur thun konnten.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): JIŸh wundere mi, daß die Gründe, die den Bundesrath bewogen haken, der Rejolution des Reichstags keine Folge zu geben, nicht bereits bei der Berathung der Resolution selbst hier zum Vortrag gebraht wurden. Ich verzichte jeßt auf eingehende Erörterung derselben und gebe mih der Hoffnung hin, daß die Absicht der verbündeten Regierungen, bei der Aufstellung des näâchstjährigen Etats eine Audaltihuna auf dem Gebiete der Gehaltserhöhungen herbeizuführen, in Erfüllung geht.

Zum Nachtrags-Etat für den Nord-Oftsee-Kanal be- merkt der

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (dkons.): JIch muß an meinen Bedenken, die ih in der zweiten Lesung gegenüber der Organisation der Kanalverwaltung geltend gemacht habe, festhalten. In meiner langen parlamentarishen Thätigkeit, namentlih in der Budgetkommission, habe ich die Erfahrung erlangt, daß ein Parlament niht im ftande if, zu organisieren und sparsam zu wirthshaften. Sie können in Verwaltungssahen nicht das erforderlihe Verständniß haben. In den Partikularstaaten hat der Finanz-Minister die Macht, Organisationen, die er für nicht sparsam bâlt, zu verhindern. Diese Stellung hat im Reich der Reichs-Schatzsekretär gegenüber den Refforts nicht. Jch kann darum nur den Wunsch hegen, daß alle Partikularstaaten ohne Ausnahme ih mehr um die Details der Finanzverwaltung im Reiche kümmern.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Jch glaube doch nit, daß der Herr Vorredner die Dinge in Bezug auf die Aufftelung der Etats im Reiche ganz rihtig dargestellt hat. Jh möchte sogar meinen, daß, wenn er ih gegenwärtig bält, daß im Reiche niht allein, wie in den Einzel- staaten, der Refsorthef mit der Finanzverwaltung zu verhandeln hat, sondern daß nahher auch noch im Bundesrath jeder Etatsvorschlag einer sorgfältigen und eingehenden Unterfsuhung unterzogen wird, er darin eine größere Gewähr für die Berücksichtigung der finanziellen Interessen finden wird, als wie sie im Einzelstaate gegeben ist. Ih will dem Herrn Vorredner gern zugeben, daß der Finanz- Minister eines Einzelstaats den einzelnen Ressorts sehr unbequem werden fann, daß er sie in Bezug auf ihre Anforderungen recht erbeblich zu beschneiden vermag. Allein ih kann ihn versichern, daß im Reiche dies genau ebenso liegt, daß mein verehrter Kollege der Herr Staatssekretär des Reihs-Schazamts keineswegs ohne weiteres zu den Forderungen der einzelnen Refsorts sein Ja und Amen erklärt, daß es vielmehr mitunter ret heftige Kämpfe giebt, die häufig erft durch Anrufung der Entscheidung des Herrn Reichskanzlers zum Aus- trag gelangen.

Nun aber kommt für die Aufstellung des Reihs-Etats hinzu, daß damit die Sache keineswegs abgemacht ift, sondern daß, wenn der Etatsvorschlag zwischen den einzelnen Ressorts und dem Reichs-Schazamt vereinbart ift, dann die Prüfung eintritt, welhe jede einzelne Regieruna, und zwar unter Zuziehung ihrer Finanz-Minister, im eigenen finanziellen Interesse vorzunehmen hat. Wenn vielleicht der Herr Vorredner im Auge gehabt haben sollte, daß ein vorzugêweiser Einfluß der preußishen Finanzverwaltung, mit der wir uns in unseren Verwaltungégrundsäßen mögli in Parallele halten müffen, zu sihern wäre, so kann ih ihm sagen, daß der Königlich preußische Finanz-Minister hon vor der Berathung im Bundesrath, son im Stadium der Verhandlungen zwischen dem Reihs-Schaßamt und den einzelnen Ressorts niht außer Kenntniß der Dinge bleibt, die im Neiche geplant werden.

Es scheint mir danah das Durchsieben des Etats im Reiche für die Wahrung des finanziellen Interesses des Reichs sehr viel wirksamer zu sein, wie in den Einzelstaaten. Und was follte denn, wenn etwa der Herr Vorredn-r die Vermuthung aussprechen sollte, daß die einzelstaatlichen Finanz-Minister Anstand nehmen, einen Etaté- vorshlag im Bundesrath zu bekämpfen, was, frage ih, follte in einer Zeit der Geldknappheit, wo jedes Anwachsen der Matrikular- beiträge und jede Abnahme der Ueberweisungen in den Einzelstaaten bitter empfunden wird, was sollte den Finanz - Ministern näher liegen, als auch ihrerseits auf eine sparsame Verwaltung im Reice binzuwirken ?

Nun, meine Herren, ist der Voranschlag für das Kanalam? im * Bundesrath einer sehr sorgfältigen Erörterung unker- zogen worden, und ich fkann versihern, daß nit allein in den Vorstadien, in den Verhandlungen der betheiligten Ressorts Abstrihe gemacht worden sind, sondern daß auch der Bundesrat noch einige Aenderungen vorgenommen hat. Ob das zu Nuß und Frommen der Organisation, die wir vorshlagen, geschehen ift, werden wir abwarten müssen; die Erfahrung wird uns darüber be- lehren.

Was nun aber diese: Organisation selber anbelangt, so kann ih versichern, daß bei allen fachverständigen Beamten, die bisher mit der Organifationsfrage beschäftigt gewesen sind, auch nicht der leisefte

ifel darüber aufgekommen ift, daß es den Vorzug - verdiene, zine definitive Gestaltung zu treffen und nicht tie Kanal- verwaltung in die Hände ciner provisorishen, auf Grund - eines Pauscquantums einzurihtenden Organisation zu legen. Die Gründe dafür sind ja in der Kommission sehr eingehend besprechen worden; fie beruben niht bloß in dem Interesse der Beamten, die jeßt, so- weit sie in die neue Organisation übergeben, nah einer neunjährigen

fommissarishen Verwaltung Anspruch darauf haben, endli einmal definitiv angestellt zu- werden. Ich würde der Leßte scin, der diese Interessen zum allein maßgebenden Grunde für die Entscheidung der Frage der Organisation machen wollte. Es handelt sich hier indessen um weit höhere Dinge; es handelt sich darum, der Ver- waltung eine Sicherheit und Stabilität zu geben, ohne die sie die großen Aufgakten, die ihr übertragen find, garniht lösen kann.

s ift nit zu erwarten, daß die sahverständigen Kräfte, die wir für eine wirksame und gedeißlihe Verwaltung des Kanals gebrauchen, von uns werden gewonnen werden, wenn ‘wir nit die Stellen definitiv zu beseßen vermögen.

Was die Zahl der Stellen anlangt, so haben wir uns auch darüber in der Kommission unterhalten. Schließliß hat man dort, aller Bedenken ungeachtet, do eingesehen, daß mit weniger füglich niht auêzukommen sein wird. Man hat den Vorstand für nöthig gehalten, man hat das administrative oder juristishe Mitglied des Kanalamts für nöthig gehalten und hat au ein bauverständiges Mitglied für ebenso nöthig gehalten; denn in der That, die baulichen Aufgaben, die fortdauernd auch nach der Fertigstellung des Kanals zu erledigen sein werden, sind außerordentlih umfangreiche, und ebenso ist das Arbeitsfeld des juriflisen Mitgliedes, der in das Kanalamt berufen werden foll, auch ein folhes, daß ich sehr daran zweifle, daß es auf die Dauer von einer Kraft wird beackert werden können. Und wenn der Herr Vorredner uns nun darauf hinweist, daß wir in der Bemefsung der Gehälter zu opulent verfahren wären, daß wir nit überall diejenige “Sparsamkeit innegehalten hätten in Bezug auf die Normierung der Gehaltssäte, wie sie sich aus den preußischen Verbältnissen ergebe, so babe ih bereits in der Kommission darauf aufmerksam zu machen mir erlaubt, daß die preußische Parallele hier um deswillen nicht am Play i, weil wix naturgemäß die Parallele ziehen müssen mit der nächsten Verwaltung, mit der wir zu thun haben und aus welher wir uns zunächst wenigstens binsihtlih einer größeren Anzahl von Stellen werden rekrutieren müssen, nämlich die Parallele mit der Marine. Das ist die gegebene: und wir können z. B. gar nit einen Bauinspektor, der in Kiel beim Kanal- amt thâtig ist, {lechter stellen wie einen Marine-Bauinspektor; denn aus der Marine. werden wir, die wir uns ein eigenes Beamtenpersonal ¡unächst wenigstens nit beranbilden können, unsere Kräfte beziehen müffen. Und wie sollen wir einem Marine-Baumeister, der die Aus- sicht hat, demnächst in eine höbere, besser dotierte Stelle einzurüden, ¡zumuthen, die \{lechter dotierte Stelle beim Kanalamt einzu- nehmen? Eine folche Zumuthung würde ganz sicher eine ablehnende Antwort erbalten. Wo es möglich is, die Parallele mit der preußishen Verwaltung zu ziehen, da is es gescheben, und, meine Herren, ih hoffe, daß au der Herr Vorredner je länger desto mehr die Ueberzeugung gewinnen wird, daß die Organisation, wie wir sie Ihnen vorschlagen, keine unzweckmäßige und vor allen Dingen au keine zu opulente is. Wir werden mit dieser Organi- sation den Anfang machen, und ih werde mi freuen, wenn ih mit weiteren Nachforderungen in Zukunft werde hervortreten müssen; denn das wird ein Beweis dafür sein, daß das Geschäft auf dem Kanal flott geht, und das wollen wir ihm alle wünschen.

_ Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Der Abg. Graf Limburg-Stirum sheint niht zu merken, daß seine allgemeine Kritik den Organisator des Deutschen Reichs, den Fürsten Bismarck trifft. Trct der be- rubigenden Erklärungen des Staatssekretärs verstummen in der Prefse do nit die Gerüchte über Erdrutsbungen im Kanal. Wir alle würden der Regierung für eine endgültige Klarstellung dankbar sein.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Hinsichtlich der Rutshungen ift mein Latein nahezu zu Ende. Jch habe gern Veranlafsung- genommen, den dur die Preffse verbreiteten Gerüchten über Rutshungen am Kanal ent- gegenzutreten. Das war, glaube ich, am 16. Mai; am 18. konnte man indessen wieder in den Zeitungen lesen, der Herr Staatssekretär habe zwar über frühere Rutshungen beruhigt, es sei aber inzwischen von neuem eine bedenflihe Rutschung eingetreten, und es sei höchst bedenklih, durch den Kanal zu fahren. Zwei Lootsen follen es gewesen sein so hat ih ein Leipziger Blatt telegraphieren lassen —, welche nah Hamburg die Nachricht mitgebracht haben, daß das Kanalufer auf einer Strecke man hôère und ftaune! von vier Kilometern gerutsht sei. Ob diese Lootsen sie sind hoffentlih geschickter als diejenigen Lootsen, die dies in die Presse lanciert haben wirklich von dieser Nutschung irgend etwas gesehen haben, das ist mit Recht in Zweifel zu ziehen ; denn mir ist über eine solhe niht allein nihts berihtet, es ift mir vielmehr auf meine Anfrage die Auskunft geworden, daß am Kanal nihts Neues vorgekommen sei.

Wie kopflos solhe Nachrichten durch die Presse gehen, er- giebt sich auch aus der weiteren Mittheilung, man werde durch den Kanal in der Weise der Echternaher Prozession sahren müssen; man müßte, da die großen Schiffe sich [let steuern ließen, immer zwei Schläge vorwärts und einen zurück machen. Auch dies wird dem deutschen Zeitungsleser zu- gemuthet, das soll er glauben. Ih gehöre zu den Nichtgläubigen, und wenn meinen Worten hier noch irgend welches Vertrauen bei- 9emefsen wird, so dürfen Sie si versichert halten, daß bis heute am Kanal absolut nihts eingetreten ist, das zu der Sorge berehtigte, der Kanal werde zu dem vorgeschriebenen Zeitpunkt niht in vollen Betrieb gesezt werden können. Die Baubeamten sind in dieser Be- ¡ebung ganz beruhigt, und wir können guten Muths das gefährliche Unternehmen, durch den Nord-Osftsee-Kanal zu fahren, wagen. (Bravo!)

„Abg. Dr. Hammacher (nl.): Jh bin auch heute noch der Meinung, daß bei der Aufstellung des Etats für den Kanal mit größerer Sparsamkeit hätte verfahren werden können; namentli die Beamten- sebâlter sind im Verhältniß zu den entsprehenden Verwaltungsftellen, è B. bei den Eisenbahnen, zu hoch dotiert. Meine Bedenken in

Bezug auf die Or anisation find in der Kommission zum theil be- feitigt worden. as die Einnahmen betrifft, so liegt dem

erbebenden Abgaben von der Zahl der Registertons der Schiffe ab- bängig maht. Jch glaube, daß sih in Bezug auf die Höhe der nor- mierten Säße no& manche Aenderung empfiehlt. Weiter wurde in - der Kommission auch die Frage einer Ermäßigung für den Fall an- geregt, daß ein Scbiff mehr als 10 oder 12 Mal im Jahre den Kanal passierte. Auch auf diesen Punkt mêchte ich nochmals die Aufmerk- samkeit der Regierung lenken.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (dkonf.) verwahrt ih da- egen, daß sein Vorwurf den Fürsten Biêmarck treffen könnte, er abe nur einzelne Organe der Reichsverwaltung im Auge gehabt.

Die Nachtrags-Etats werden darauf genehmigt.

_ Ferner erledigte das Haus eine Reihe von Wahl- prüfungen. :

Die Wahlên der Abgg. von Reibnitz (1. Gumbinnen), Graf von Dönhoff- Friedrihstein (4. Königéberg)- und von Sag- [if ch (2. Breslau) werden beanstandet, die der Abgg. Fus (5. Arns- berg), Walter (3. Sahsen-Weimar), Himburg (2. Magdeburg), Bauermeister (3. Merseburg), Jsfkraut (4. Cassel), Caffel: mann (2. Weimar) und Dr. Hermes (7. Liegniß) für gültig erklärt.

Veber die Frage, ob troy der Niederlegung des Mandats seitens des Abg. Möller (Dortmund) der Reichstag die Prüfung der Wahl vornehmen müsse, erhebt \sich eine Erörterung. Abg. Dr. Bachem (Zentr.) meint, es handle sih jeßt niht nur um die Kassation der Wahl, sondern um die: Entscheidung seitens des Pouiek ob die Wahl vor zwei Jahren {on ungültig war und der

bg. Möller (Dortmund) auf Grund eines ungültigen Mandats Mitglied des Hauses war. Die Abgg. von Kardorff (Rp.) und Dr. Meyer (fr.Vag.) halten mit der Mandatsniederlegung die Sache für erledigt, während der Abg. Singer sih der Anschauung des Abg. Dr. Bachem an- s{ließt. Der Abg. Dr. von Bennigsen (nl.) weist darauf bin, daß der Antrag der Kommission im vorliegenden Falle ledigli dahin eht, die Wahl für ungültig zu erklären, ohne weitere Prüfungen zu eanspruhen. Infolge dessen sei die Sache mit der Niederlegung des Mandats des Abg. Möller erledigt. Derselben Ansicht is Abg. Freiberr von Heereman (Zentr.). Abg. Dr. Lieber beantragt, die &rage dadur zu entscheiden, daß man den Gegenstand von der Tages- ordnung absett.

Das Haus beschließt,

erklären.

_ Bezüglich der Uebersicht der Reihs-Ausgaben und -Einnahmen für das Etatsjahr 1892/93 beschließt das Haus gemäß dem Antrage der Rechnungskommission, die Etats- ubershreitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben vorbehaltlih der bei Prüfung der Rehnung etwa noch si ergebenden Erinnerungen in zweiter und dritter Lesung zu genehmigen.

Legter Gegenstand der Tagesordnung is der Bericht der Petitionekommijsion über die Petitionen, betreffend die Ansprüche deutscher Invaliden; dieselben werden gemäß dem Antrage der Kommission, soweit dieselben fih auf eine allgemeine Aufbesserung der Juvalidenpensionen und Er- höhung der Verstümmelungszulage und Pensionszulagen über- haupt beziehen, ferner soweit ste sih auf die Entschädigung für Nichtbenußung des Zivilversorgungssheins und die Ueber- gabe desselben gegen Vergütung beziehen, dem Reichskanzler als Material überwiesen soweit sie sich auf die Gleichstellung der auf den Allerhöchsten Gnadenfonds angewiesenen mit den rehtlich anerkannten Jnvaliden beziehen, dur Tagesordnung erledigt; andere werden durch die Beschlußfassung über die Geseßentwürfe, betreffend die Militärrelikten und betreffend die Novelle zum Reichs-Jnvalidenfonds, für erledigt erklärt. _ Präsident Freiherr von Buol giebt sodann die am Schluß der Sesston üblihe Geschäftsübersicht.

Es nimmt hierauf das Wort der Abg. Freiherr von Manteuffel (dkonf.): Unser verehrter Herr

Präsident hat mit Umsicht und Unparteilihkeit die Geschäfte des Vau!es geführt. Jch bitte Sie, daß Sie ihm den Dank für seine Geschäftsleitung dadur ausdrücken, daß Sie sich von Ihren Plätzen erheben. (Die Mitglieder des Hauses erheben \ich von ibren Plägen ; hierauf verlassen die Sozialdemokraten den Saal.) / _ Präsident Freiherr von Buol: Jch bin sehr erfreut über die sreundlihen Worte und danke Ihnen für die einmütbige Zustimmung, mit der Sie die Worte des Herrn Vorredners aufgenommen haben. Ich habe gethan, was ih versprochen hatte zu thun: alles was in meinen Kräften feht. Jch danke Ihnen für die Nahsiht, die Sie mit meiner Geschäftsleitung gehabt haben. Ihre Anerkennung über- trage ih auf meine Herren Kollegen im Präsidium, die Herren Schriftführer und Quäftoren. Jch sage Ihnen herzliches Lebewohl und rufe Ihnen zu: Auf Wiedersehen am Kanal!

Das Wort nimmt darauf der

Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe:

Ich habe dem Hause eine Kaiserlihe Botschaft zu verkünden. Die Botschaft lautet:

Wir Wilhelm von Gottes von Preußen,

thun fund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir Unseren Reichs-

kanzler, Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst ermächtigt haben,

gemäß Artikel 12 der Verfassung die gegenwärtigen Sitzungen des

Reichstags in Unserem und der verbündeten Regierungen Namen

am 24. Mai dieses Jahres zu schließen.

Urfundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlihen Insiegel.

Gegeben Prökelwiß, den 17. Mai 1895.

Wilhelm. I. R. Fürst zu Hohenlohe.

Ich habe die Ehre, dem Herrn Präsidenten des Reichstags das Original der Botschaft zu überreichen.

Auf Grund der mir ertheilten Allerböchsten Ermächtigung erkläre ih bierdurh im Namen der verbündeten Regierungen den Reichstag für geshlofsen.

Präsident Freiherr von Buol: Meine Herren! Die verflossene Tagung war reich an Arbeits\tofff, reih auch an Arbeit. lte sind die Meinungen in scharfer Weise ausgetauscht worden, in manchen Dingen aber hat sich auch eine volle erfreulihe Ueberein- stimmung gezeigt. Aber obenan auf dem Gebiet, auf dem wir alle einig find, steht meines Erachtens die Liebe und Anhänglichkeit und Treue zu unserm Kaiser. (Beifall.) Mögen wir in Politik ver- schiedener Ansicht sein wir wollen nicht auseinandergehen, obne diesem Gefühl Ausdruck zu geben. Deshalb fordere ih Sie auf, mit mir einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät der Kaiser Wilhelm lebe bo! Das

Schlu

den Gegenstand für erledigt zu

Gnaden, Deutscher Kaiser, König

aus stimmt dreimal in den Ruf ein. 31/5 Uhr.

Handel und Gewerbe,

__ Der Zentralausshuß der Reichsbank hielt heute Vor- mittag 10 Uhr seine Monats - Sigzung im Reichsbankgebäude. Aus dem Vortrage des Präsidenten, Wirklichen Geheimen Raths Dr. Koch ist zu bemerken, daß die Lage der Bank fort- während eine sehr starke ist. Während die Anlage, ob- hon seit dem 23. April und auch in der leßten

undesrath zur Zeit ein Tarifplan vor, welcher die Höhe der zu

als in den legten Jahren, beträgt der Metallvorrath 158 Millionen Mark mehr als 1894, Millionen mehr als 1893, 97 Millionen mehr als 1892,. 178 Millionen mehr als 1891. Wiewohl die in neuerer Zeit gestiegenen fremden Wechselkurse die Einfuhr von Gold aus dem Auslande nicht gestatten und seit Anfang 1895 überhaupt nur etwa 131/72 Millionen Mark von der Reichsbank angekauft sind, übersteigt ihr Goldvorrath gegenwärtig den zur gleichen Zeit des Vorjahres um circa 163 Millionen. Die schon seit der zweiten Aprilwoche bestehende Ueberdeckung der Banknoten ist um 50 Millionen größer als am 20. Mai 1894 und beträgt 1011/2 Millionen. Troß des langsamen Steigens des Börsendiskonts ist eine Veränderung der offiziellen Zins\äße nit in Aussicht R Nachdem noch cinige Stadt- anleihen zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen worden und der Nentralansscuß der Zahlung einer Abschlagsdividende der Bankantheile von 13/, Prozent für das erste . Halbjahr 1895 zugestimmt hatte, war nihts mehr zu verhandeln.

» Die Wochenübersicht der Reihsbank vom- 22. Mai zeigt bei einem Gesammifafsenbestand von 1 128 735 000 der Vorwoche gegenüber eine Zunahme von 13 404 000 4; der Metallbestand allein at um 12545 000 Æ zugenommen. Der Bestand an Wechseln im Betrage von 504 963 000 #4 erscheint um 7 402 900 und der Bestand an Lombardforderungen im Betrage von 68 254 000 4 um 170000 Æ erhöht; auf diesen beiden Anlagekonten er- giebt sih also eine Zunahme von 7 572000 %. Auf passiver Seite it der Betrag der umlaufenden Noten um 24033 000 auf 1 027 210 000 Æ zurüdgegangen, während die sonstigen tägli fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) bei einem Betrage von 568 098 000 eine Zunahme von 45 262 000 M erfabren baben.

Täglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. __An der Ruhr sind am 24. d. M. geftellt 11 133, nicht recht- zeitig gestellt 35 Wagen. _ In Oberschlesien sind am 22. d. M. gestellt 3429, nicht reht- zeitig gestellt feine Wagen.

_ Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Sclachtviehmarkt vom 22. Mai 1895. Auftrieb und Markt- preise nah Schlahtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welhe nah Lebendgewiht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 200 Stü. (Durch|chnittëpreis für 100 kg) I. Qualität —,— A, I[. Qualität —,— 5, T1. Qualität 86—94 Æ, IV. Qualität 74—82 4 Schweine. Auftrieb 6784 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 82—84 4, Landschweine : a. gute 78—80 #, b. geringere 72—76 Æ, Galizier —,— e, leihte Ungarn —,— Æ bei 20 9/9 Tara, Bakonyer & bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 2062 Stück. (Dur&schnittspreis für 1 kg.) 1. Qualität 1,16—1,20 ÁÆ, Il. Qualität 1,02—1,14 4, III. Bualität 0,86 1,00 Schafe. Auftrieb 1131 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 0,88—1,00 , II. Qualität 0,80—0,84 5, ITI. Qualität —,— M

_ Auf Grund des der Preußischen Pfandbrief-Bank jüngst ertheilten Königlichen Privilegs beabsichtigt dieselbe, eine Emission 3# °/9 Pfandbriefe, deren Kündigung und Verloosung bis zum Jahre 1905 ausges{lossen ist, zu veranstalten und durch frei- bändige Begebung in den Verkehr zu bringen. Die Emission wird 90 Millionen Mark betragen. Die Einführung des Papiers soll an der Berliner und Frankfurter Börse erfolgen, und ift der betreffende Prospekt dem Börsenkommifsariat zu Berlin bereits eingereiht.

Magdeburg, 24. Mai. (W. T. B.) Zuckerbertw21 Kocrnzucker extl., bon 92 9/o —, neue 11,20—11,30. Kornzuder exfl. 88 9/; Rende- ment 10,45—10,70, neue 10 65—10,80, Nachprodukte exkl , 75 9/4 Rende- ment 7,599—8,25. Rubiger. Brotraffinade l 23,00, Brotraffinade I1 22,79. Gem. Raffinade mit Faß 22,87{—23,25. Gem. Melis I mit Faß 22,590. Rubig. Robzucker 1. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Mai 10,37# bez., 10,40 Br., pr. Juni 10,373 Gd., 10,40 Br., pr. Juli 10,55 Gd., 10,574 Br.. pr. August 10,65 Gd., 10,675 Br. Rubig. Wochenumsaß im Robhzuckergeschäft 174 000 Ztr.

Leipzig, 24. Mai. (W. T. B.) Kammzug - Termin- andel. La Plata. Grundmuster B. pr. Mai 2,924 4, pr. Juni ,% #, pr. Juli 2,95 4, pr. Auguft 2,95 4, pr. Septembker 37 4, pr. Oktober 3,00 4, pvr. November 3,00 6, pvr. Dezember ,024 #, pr. Januar 3,05 4, pr. Februar 3,072 4, pr. März 3,071 4 br. April 3,077 A Umsatz: 50 000 kg. : i:

Bremen, 24. Mai. (W. T. B.)

Raffiniertes Petroleum. (Offizielle

Petroleum - Börse.) Ruhig. Loko 7,50 Br.

Ruhig. Upland middl. loko 36 ». S@malz. Matt. Wilcox 36 +3, Armour shield 357 4, Cudaby 36 4, Fairbanks 30 §. Wolle. Umsaß 74 Ballen. Sveck. Rubig. Short clear middling loko 314. Taback. Umsagtz : 367 Seronen Carmen, 600 Seronen Yara, 50 Paten Paraguay, 41 Faß Scrubs, 27 Faß Kentucky. - H

Hamburg, 24. Mai. (W. T. B.) beriht.) Good average Santos pr. Mgi 77, pr. September 764, pr. Dezember 74, pr. März 73. Behauptet. Zuckermarkt, (Sthlußbericht.) Rüben-Rohzuker I. Produtt Basis 88 %/49 Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr Mai 10,324, pr. Juni 10,40, pr. Angust 10,65, vr. Oktober 10,80. Nuhiger.

Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Ausweis der öster reihisch- ungarishen Staatsbahn (österreihishes Net) vom 11. bis 20. Mai 704442 Fl. , Mehreinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 13 351 Fk.

_Prag, 24. Mai. (W. T. B.) Der Reingewinn der B öh- mischen Nordbahn per 1894 stellt si auf 1 388 000 L. 0E 18 214 FI. mehr als im Vorjahre.

London, 24. Mai. (W. T. B.) Wollauktion. Preise fest, unverändert.

An der Küste 2 Weizenladung angeboten.

96 % Javazudcker loko 12} fetia Nüben-NRohzudcker loko 104 stetig. Centrifugal 11}. Chile-Kupfer 433, pr. 3 Monat 445/16.

__ London, 25. Mai. (W. T. B.) Ein Memorandum, welches die Ansichten der großen Mehrheit der maßgebenden Kaufleute und Banquiers Londons in Bezug auf die Goldwährun g entbält, ift an den Schaßkanzler Sir W. Harcourt ge\andt worden. Zu den Unterzeihnern gehören die Firmen: Frühling und Goeschen, mbro und Söhne, Kleinwort und Söhne, Gebrüder Ralli und J. H, Shröder und Kompagnie. Das Memo- randum besteht auf der Nothwendigkeit, einzig die Gold- währung beizubehalten; es bedauert die wachsende Agitation zu Gunsten des sogenannten Bimetallismus und giebt der Hoffnung Ausdrudck, daß die englische Regierung unbedingt ihre Unterftüßung zu irgend welcher Aenderung des Währungssystems Englands verweigern

werde.

Liverpool , 24 U (69 S. B.) Baummwollen- Wochenbericht. Wochenumfaßz gegenwärtige Woche 75 000 (vorige Woche 48 000), do. von amerikanischen 72 000 (47 000), do. für Spefu- lation 1000 (1000), do. für Export 2000 (2000), do. für wirklichen Konfum 69 000 (44 000), do. unmittelb. exr. Schiff 59 000 (58 000), wirfliher Erport 9000 (7000), Import der Woche 61 000 (66 000), davon amerikanis je 53 000 (57 000), Vorrath 1 675 000 (1 681 000), davon amerifanishe 1 560 000 (1 570 000), \chwimmend

a ) Großbritannien 94 000 (104 000), davon ameritfanishe 75 000 (W. T. B.) 12r Water Taylor 5,

G5 O O

,

Kaffee. (Nahmittags-

Manchester, 24. Mai. 30r Water Taylor 64, 20r Water Leigh 52, 30r Water Clayton 6{,

Woche etwas gestiegen, doch weit niedriger ist

32r Mock Brooke 64, 40r Mayoll 64, 40r Medio Wilkinson 7 32 r Warpcops Lees 63, 36 r Warpcops Rowland 64, 36r Be