1895 / 125 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

In Bremen hat am 25. d. M. die erste scenische Aufführung der geistlihen Oper „Christus“ von Anton Rubinstein statt- gefunden. Der Erfolg ließ, wie aus Bremen geschrieben wird, alle Erwartungen weit hinter sih. Zwar bekundete s derselbe niht in donnerndem Applaus oder in ungezählten Hervorrufen, fondern in feierliher Stimmung hörte man das Werk an, und nur an der be- wegten Haltung des Auditoriums vermohte man den tiefen Ein- druck zu erkennen, den die Vorgänge auf der Bühne bervor- riefen. Das Stadt-Theater war zu einem würdigen Fest- bause verwandelt, wie es Rubinstein gewünscht hatte; mit dunklem Tuch waren alle hellen Stellen der Dekoration des Raums verdeckt. Umsomehr wirkten die prächtigen Dekorationen der Scenerien und die mit vieler Sorgfalt vorbereiteten Kostüme. Die Schön- heiten der Musik kamen überall zu bester Geltung; der von Heinrich Bulthaupt verfaßte Tert prägte \ih, getragen von Nubinstein's Tönen, dem Hörer tief ein, und beide, * ver- einigt mit dem scenishen und deforativen Apparat, brachten -das Werk zu großartiger Wirkung. Die Aufführung ftand unter der Leitung des Herrn Dr. Muck vom Königlichen Opernhause in Berlin, der mit Energie. und Temperament die großen Schwierigkeiten be- wältigte und die gewaltigen Chormafsen mit sicherer Hand zu führen wußte. Bulthaupt selbst hat die größten Verdienste um die Regie- führung, indem er die große Schaar von Dilettanten (350) zu solcher künstlerishen Höhe der Darstellung brahte. Die Solisten, mit ge- shickter Hand von dem Leiter des Unternehmens, Direktor Dr. Loewe aus Breslau ausgewählt, erfüllten ihre Aufgabe mit großer Sicherheit, allen voran Herr von zur Mühlen aus Berlin, der den „Christus“ sang. Höhepunkte des Werkes, sowohl in musifalisher wie in darstellerisher Beziehung, waren: die heilige Nacht, die Bergpredigt mit den Wundern der Speisung der Fünftausend und der Auf- erweckung des Jünglings zu Nain, der Triumphzug Christi nach Zion, das Abendmahl und Gethsemane. Der äußere Erfolg des Unter- nehmens wird immer fihtbarer in den sich mehrenden Anmeldungen für die nächsten Vorstellungen. Außer gestern sind weitere Spieltage angeseßt für den 28., 30., 31, Mai, den 3., 4., 6., 8. und 9. Juni.

Mannigfaltiges.

Der Umstand, daß noch nach dem für die Anmeldung von Aus- stellern festgeseßten Zeitpunkt immer neue und beachtenswerthe Meldungen in großer Zabl einlaufen, hat die Leitung der Berliner Gewerbe-Ausftellung 1896 in die erfreulihe Nothwendigkeit verseßt, die ursprünglihen Baupläne zu erweitern und demgemäß wesentlich zu ändern. Das Hauptausftellungsgebäude, für das an- fänglih ein Flächenraum von 40000 qm in Aussicht genommen war, wird 53000 qm bedecken, und dabei mußte noch ein Theil der Gruppen, deren Unterbringung anfänglih im Hauptausstellungsgebäude beabsihtigt war, in eigene Gebäude verlegt werden. Nach der jeßigen Vertheilung entfallen im Hauptgebäude in runden Zablen auf die Textilindustrie 2100 qm, Bekleidungsindustrie 6300 qm, Bau- und Ingenieurwesen 4000 qm, Holzindustrie 5000 qm, Porzellan- und Glaswaaren 1100 qm, Kurz- und Galanteriewaaren 2800 qm, Metallindustrie 7600 qm, graphische und dekorative Künste und Buchgewerbe 1200 qm, usikinstrumente 1900 qm, Leder- und Kautshuk-Industrie 1200 qm, Papierindustrie 2800 qm, Maschinenbau und Elefktrotehnik 10100 qm. Der Ehrensaal für die _fkunstgewerblihen Erzeugnisse, in welhem auch die von Seiner Majestät dem Kaiser und König zur Ver- fügung gestellten Kunstshäße Aufstellung finden werden, umfaßt einen Raum von über 4000 qm. Ihm schließen \sich die Räume für die Ausstellung der Königlichen Porzellanmanufaktur an. Jn der großen Rotunde des Hauptausftellungsgebäudes finden Unterkunft das Post-, Telegraphen- und Telephonamt, das offizielle Verkehrésbureau der Aus- stellung, die Wechselstube, das Nachrichtenbureau „Argus*, die Aus- kunftei Schimmelpfeng, die Lesehalle der Ausstellung sowie ein weiter Raum, der für die Zwecke der Presse her- gerihtet werden foll. An weiteren felbständigen Baulichkeiten werden errichtet: das Gebäude für Chemie, wissenschaftliche Instrumente und Photographie mit einem Flächenraum von 9200 qm, das Gebäude für Fisherei, Sport, Nahrungs- und Genufß- mittel mit 6500 qm, das Gebäude für Unterriht und Erziehung und für Wohlfahrtseinrihtungen mit 4500 qm, das Gebäude der Gas- und Wafserfahmänner mit 1000 qm. Dem Pavillon der Stadt Berlin is ein Raum von 2500 qm in bevorzugter Lage zugewiesen. Die Gartenbaugruppe erfordert 40 000 qm theils ofene, theils ge- deckte Fläche; hervorragende Aussteller haben ihre Anpflanzungen zu- meist {on beendet. In den Gruppenvorständen werden jeßt die Spezialpläne für die Unterbringung und Anordnung der ange- meldeten Gegenstände ausgearbeitet. Die spezialisierten An- meldungen der Auésteller, die hierfür die Grundlage bilden, legen Zeugniß ab für das Bestreben jedes Einzelnen, das Beste seiner Industrie zu bieten. Die deutshe Kolonial-Ausftellung, für die vom Reich 50 000 4 bewilligt worden find, nimmt eine Fläche von

40 000 qm in Ansprush ebenfoviel die Abtheilung „Alt-Berlin“. Das Verwaltungsgebäude dèr Ausftellung soll noch vor Jahreswende feiner Bestimmung übergeben werden. Durch den Abschluß fast sämmt- liher Pachtverträge ist für die Finanzverhältnisse eine übersichtliche Grundlage geschaffen. Den Pächtern werden die ihnen zuftehenden

fest angewiesen, sodaß ihre Bauten bereits in Angriff nehmen können. Für das „goldene Bu der Stadt Berlin“, das die Namen der Besucher der Ausstellung enthalten und nah Schluß der Ausstellung der Magistratsbibliothek gehören soll, is die Ein- rihtung besonderer Räume am Eingang des Hauptausstellungs- gebäudes in würdiger Ausftattung in Aussicht genommen. Zur Zeit ist ein engerer Wettbewerb für den fen Entwurf des Diploms ausgeschrieben. Eine von dem geschäftsführenden Ausschuß eingeseßte Wege- und Verkehrskommission hat \sich mit den esellshaften und Unternehmern in Verbindung geseßt, die den Betrieb einer elektrishen Stufenbahn, Untergrundbahn u. s. w. beabsichtigen und zum Bau von elektrischen Hoh- und Niveaubahnen na der Ausftellung Vorschläge an zuständiger Stelle eingereiht haben. Ebenso wird diese Kommisfion ihre G auf die ausreichende Ausgestaltung der bereits vorgesehenen Verkebr8mittel für den Wasser- weg nah der Ausstellung erstrecken. Eine Verkehrskarte mit Fahrplan wird von der Kommission herausgegeben werden.

__ Die Aquarien- und Terrarien-Ausftellung des Ver- eins „Triton“ im Belvedere an der Jarnowißbrücke, welche gestern geschlossen werden follte, ift bis einshließlich Donnerstag verlängert worden, weil noch eine große Sendung lebender Reptilien, Amphibien und Fische eingetroffen ist. Unter den neueingegangenen Reptilien be- finden fich die hier noch nie lebend gezeigte Spelerpes rubra, fowie die Amphibien Triton Blasiüi und Pleurodeles Weltlii, deren Lebenéweise noch unerforst ift.

Königsberg i. Pr., 26. Mai. Die Nord - Ostdeutsche Gewerbe - Ausstellu ng ift heute feierli eröffnet worden. Um 113 Uhr begaben sih die Spizen der Behörden und die eingeladenen Gâste in feierlihem Zuge nah fdem Festsaal des Ausstellungs- plaßzes. Nachdem musikalishe Vorträge die Feier eingeleitet batten, ergrif} der Regierungs- und Gewerbe -Rath Sack das Wort zu der Festrede, in welher er einen Rüblick auf die Entstehung und Vorbereitung der Ausstellung warf und {ließli den Ehren R der Ausstellung, Ober-Präsidenten Grafen von Bismarck, bat, dieselbe zu eröffnen. Der Ober-Präsident ant- wortete nah dem Bericht des ,W. T. B.* mit einer längeren An- sprache, in der er die Nothwendigkeit des Zusammenarbeitens von Landwirthschaft und Industrie betonte, und {loß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, den Schirmer des Friedens. Pes ward von den Anwesenden, unter denen fih auch der Ober-

räsident, Staats-Minister Dr. von Goßler aus Danzig befand, ein Rundgang durch die Auéstellung angetreten. Bei dem später folgen- den Festfrühstück brachte der Ober-Präsident Graf Bismarck einen Trinkspruch auf Seine Königliche Hoheit den Prinzen Heinrich als Protektor der Ausstellung aus. Regierungs-Rath Sack toastete auf das Comité und die Förderer der Ausstellung. Der Ober-Präsident Dr. von Goßler rühmte die besonders ges{mackvolie Art der Aus- stellung und brate einen Toast auf die Ausfteller aus.

Posen, 26. Mai. Heute Mittag 12 Uhr fand hierselbst die Eröffnung der Provinzial-Gewerbe- Ausstellung der Provinz Posen dur den Protektor derselben, Ober-Präsidenten Freiherrn von Wilamowit-Möllendorf statt. Anwesend waren, wie „W. T. B.“ berichtet, in Vertretung des im Bade weilenden kommandierenden Generals von Seeckt der General - Lieutenant von Igel, Ober - Präsidial - Rath von Jagow, Weihbishof Likowski, Dompropst Wanjura, Ober - Bürgermeister Witting, Ober- Bürgermeister Braesicke - Bromberg, Polizei - Präsident von Nat usius sowie sämmtlihe Spitzen der- Militär-, Zivil- und Kom- munalbehörden. Das Bild, welches sich den Besuchern darbot, war überrashend durch die schönen arciteftonishen Verzierungen der Hallen und Pavillons und die herrlich prangenden Anlagen. Um 12 Uhr erschien der Ober-Präsident in Begleitung des Ober-Prä- sidial-Raths; er wurde von dem Ausstellungs-Comité empfangen und begab fih nah der Kaisersäule. 200 Sänger des Provinzial-Sänger- bundes erôffneten die Feier mit Gesang. Hierauf ergriff der Ober- Präsident das Wort und dankte allen Betheiligten, Behörden und Einzelnen, insbesondere auch dem Ausstellungs-Comité für thren Eifer, und hob den innigen Zusammenhang aller produktiven Stände hervor, dabei die fundamentale Bedeutung von Handel und Industrie für die Städte betonend. Redner {loß mit einem begeistert aufgenommenen Hoh auf Seine Majestät den Kaiser und König. Der Ober-Bürgermeister Witting begrüßte hierauf die Erschienenen namens der Provinzialhauptstadt und gab der Hoffnung Ausdruck, daß reie Anregungen von der Ausstellung ausgehen möchten für das gewerblihe Leben in der Provinz. Sein Hoch gelte der

ovinz Posen, die na so vielen Stürmen der innere Friedens und der Thätigkeit dringend bedürfe. Mit dem Feste deb Rundean, durch die Ausstellun ibe. Biteite Ae, orn} ein undgang durch die ellun i t R a E g folgte. Dieselbe ift von 750 Ays, Freiburg a. E. “Nachdem das Brümmer’she Wind, Dampfmüblen-Etablifsement ierselbst im D E uind d F mit einer elektrishen Beleuhtungsanlage vorgegangen ift, ift jest au eine Genoffenschaft in der Bildung begriffen, welhe den anzen Flecken und dessen nächste Umgebung mit elektrischem Lißt ;y versehen beabsichtigt.

Köln, 26. Mai. Am Sonnabend Nachmittag, kurz nach 5 fuhr, wie ,W. T. B.“ meldet, während eines beftigen Gewitteg dr Blitßstrahl in das Trecckenhaus der Pulverfabrik Osenberg bei Halver und brate dasselbe zur Explosion. Die Wirkung der Explosion war eine recht heftige; die Gebäude der Fabrik find mebr oder minder beshädigt, Menschen wurden nicht verleßt.

Leipzig, 25. Mai. Der lanajährige Generalbevollmächtigte des Gefammtvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, Justiz-Rath Dr. Zenker ist heute hier gestorben. :

Prag, 25. Mai. Infolge eines beute niedergegangenen Wolke n- bruchs sind die niedriger liegenden Straßen der Vororte über- schwemmt. Das Wasser drang in die Wohnungen und Keller ein- eee Menschen retteten sh in Kähnen. Der Schaden ist sebr edeutend. ,

Laibach, 27. Mai. Die leihten Erdschwankungen dauern noch immer fort. Der von der technischen Kommission festgestellte Gesammtschaden, welcher durch die Erdbeben verursacht wurde, beläuft si auf 3 138 700 Fl. 145 Gebäude müssen niedergelegt werden. Der auf dem Lande angerihtete Schaden ist von den Gemeinden auf etwa 4 Millionen Gulden geshäßt worden.

Nach Schluß der Nedaktion eingegangene Depeschen.

London, 27. Mai. Die „Times“ meldet aus Hong- kfong vom 25. d. M.: Der General Ts\cheng und der General Kuhung - Kruk mit seiner Mannschaft unterstüßten die republifanishe Bewegung auf Formosa. Vom Feany würden Geld, Waffen und Soldaten hinübergeschafft.

er Landung der Japaner werde starker Widerstand geleistet werden. Auf dem Festland seien einige lokale Revolten im Einklang mit der Bewegung auf Formosa vorgckommen. Jn Südchina sei eine starke antidynastishe Strömung vorhanden; die Pro- flamierung der Republik Formosa durhfkreuze die Pläne der D der antidynastishen Bewegung, welche davon eine ereitelung ihres Plans befürchteten.

Rom, 27. Mai. (W. T. B.) Bisher sind die Resultate aus 502 Wahlkreisen bekannt. Nach nichtamtlicher Be- rechnung wurden gewählt 321 Ministerielle und 148 Opposi- tionelle, unter leßteren 15 Sozialisten; die Parteistellung von 16 Gewählten ijt unbestimmt. Jn 17 Wakhlkreisen müssen Stichwahlen stattfinden, aus 6 Wahlkreisen stehen die Resultate noch aus. Alle Minister und Unter-Staatssekretäre sind gewählt, ausgenommen wahrscheinlih der Unter-Staats- sekretär der Marine Serra, in dessen Wahlkreise (Viareggio) infolge eines Tumults die Wahlurne zerbrohen wurde. Crispi ist noch in Aragona (Girgenti) und in Cantagirone (Syrakus), im Ganzen in 9 Wahlkreisen, darunter in 6 sizilianischen, ge- wählt. Jn Mailand wurden 2 Oppositionelle, Colombo und Mus, und 1 Sozialist, Barbato, gewählt; in 3 Wahlkreisen Mailands haben Stichwahlen stattzufinden. Jn den 5 Turiner Wahl- freisen wurden 3 Ministerielle und 2 Oppositionelle, Brin und der Sozialist Nofri, gewählt. Jn Genua wurden 3 Ministerielle, in Venedig 3 Kandidaten der konstitutionellen Opposition gewählt. In Florenz wurden 4 Ministerielle, in Bologna 2 Ministerielle und ein Kandidat der Opposition, in Palermo 2 Ministerielle und 2 Oppositionelte, darunter ein Sozialist, gewählt. Jn Parma find der Sozialist Badaloni, der frühere Unter- Staatssekretär Damiani, Diblasio und Scipion unterlegen; Damiani hat aber in einem anderen Wahlkreise Ausficht, ge- wählt zu werden.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterb 8

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icht vom 27. Mai

r Morgens. eingetreten.

Bar. auf0 Gr. u. d. Meeressp.

Stationen. Wind. | Wetter.

red. in Millim. Temperatur in 9 Celsius

59 C. = 40 R.

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2bedeckt

Belmullet. . | 769 SSW

strômung if in Zentral-Europa kühle Witterung 1. In Deutschland i das Wetter kühl und vorwiegend trübe, in den südlichen Gebietetheilen ist fast überall Regen gefallen, vielfa in Begleitung von Gewittererscheinungen. ostwärts fortwandert, so dürfte demnächst ruhiges, O heiteres Wetter mit zunehmender Wärme ere Gegenden zu erwarten sein.

Berliner Theater. Anfang 7F Uhr. Mittwoch: Madame Sans-:Gên

Da das Hochdrukgebiet | Donnerstag; Der Compaguon.

Flirten. Anfang 74 Ubr.

Deutsche Seewarte. Mittwoch: Der Herr Senator.

Aberdeen .. | 770 |S Christiansund | 769 |W

Kopenhagen . | 768 |WNW Stockholm . | 767 |NNO Haparanda . | 765 till! wolkig St. Petersbg. | 765 |NO 2 wolkig Moskau . …. | 753 |NNW 2 bedeckt

Cork, Queens- | town …..|- 771 |SO 1Nebel Cherbourg . | 773 ftillwolkenlos 2 E ; mburg . . | 771 |WNW L RAE winemünde | 768 |NNW L Tara Me!

Neufahrwafser| 767 |NNO Memel ... | 765

Iets E ee 1 Ct Karlsruhe . . | 770 Wiesbaden . | 770 München . . | 771 Chemniy .. | 771 Sl. |- c0 E E M

reslau. .. 68 Text nah

le d’Aix ._.]| 771 G. Verga.

ia .. ..| C68 E 66 | SUE

2 beiter 3|bedeckt 3|bededckt 2/bedeckt

haus. lungen.

Schauspielhaus.

(Pagliacci.)

Szirowatka, vom

1) Gestern Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Das Hochdruckgebiet im Westen bat sich weiter ostwärts ausgebreitet und überdeckt ganz West- Guropa bis zur russischen Grenze, während über dem Innern Rußlands eine umfangreiche Depression Iagert. Infolge der vorwiegenden nördlichen Luft-

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Dienstag :

Lessing-Theater. Dienstag: Drei. Vorher:

Donnerstag: Drei. Vorher: Flirten.

Musik von Johann Strauß. Dirigent : Herr Kapell- meister Ferron. Anfang 7# Uhr. Mittwoch: Der Zigeunerbaron.

Scimath.

€£.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Dienstag: Zum 24. Male: Unter artistisher Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner- plaz-Theater in München: Figaro bei Hof. (Rococo.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarhais* Memoiren) von Bohrmann-Rieger. Musik von Alfred Müller-Norden. T R 7# Uhr.

Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- 136. Vorstellung. ] Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Zweiter Abend: Siegfried in 3 Akten. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Ubr. 142. Vorstellung. Die Lustspiel in 4 Auf

Der Rin

Men von

[ ever, Ehrenmitglied des Königlichen

Schauspiels. Shmock: Herr Moriy Zeisler, vom

7 Ie Sheater in Hannover, als Gast.) Anfang r

Mittwoch: Opernhaus. 137. Vorstellung. Bajazzi. 2 Akten und einem

Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Lud g tadttheat Gast.) Cavalleria rusticana Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Ieihnamigen Volksftück von

Schauspielhaus. 143. Vorstellung. Halali, Lust- e ai R “alógen von Richard Richart "Stow BE San e Ub. Aufzug von m j ettsG@ Bearbeitung von Benno Jacobson.

er in Düsseldorf, als

dem Anfang

Deutsches Theater. Dienstag: Zum ersten As Male: Zwei Wittwer von G. Elsmann. Der eingebildete Kranke von Molière. Anfang 7 Uhr.

ittwoh: Das Lumpen

efindel. Direktion : Donnerstag: Der Talisman. N

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. : __ Chauffseestraße 25/26.

Dienêtag: Der Odbersteiger. 3 Akten von L. Held und M. West. Musik von Carl Zeller. Regie: Herr ew. Dirigent : Herr Kapellmeister Dahms. Ermäßigte Preise der Plätze. Anfang 7{ Uhr.

Mittwoch: Der Oberfteiger.

Freitag, 31. Mai: Schluß der Saison.

Dverctte in des Nibe-

our- uftav delheid Nuneck :

Neues Theater. Siffbauerdamm 4a./5.

Dienstag: Ensemble-Gastspiel' der Mitglieder des Carl Cas (Hamburg) unter Leitung des Direktors Josá Ferenczy. Tata-Toto. Vaudeville in 3 Akten nach Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. In Scene geseßt von Joss “dite Dirigent : Kurt Goldmann. Anfang 7#§ Uhr.

Mittwoch und folgende Tage: Tata-Toto.

(Canio: Herr

Bauern-

Residenz - Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Leßte Woche. Dienstag: Fernand’s Ehekoutrakt. (Fil à la

Skowronnek. | atte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau,

Mittwoch und folgende Tage: ernand’s ekontrafït. N

Theater Unterden Linden. Behrenftr. 55/57. ißshe. Dienstag: Der Zigeunerbarou. Komische Operette in 3 Akten nach einer Erzählung M. Jokai's von I. Schniyer.

Mittwoch: Figaro bei Ho

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Lizzie Suffert mit . Sec,- Lieutenant Adolf von Zeschau (Dresden).

Verehelicht: Hr. Prem.- Lieutenant Hans Blecken von Schmeling mit Frl. Mily Held (Wandê- beck). Hr. Prem.-Lieutenant Eugen von Hede- mann mit Frl. Lilly von Haeseler (Gotha).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Bürgermeister L mann (Zduny). Hrn. Oberlehrer Friedr. Wappenhans (Berlin). Eine Tochter: Hrn- Dr. med. Paul Luße (Cöthen). :

Gestorben: Verw. Fr. Pastor Emma David, geb. Gleis (Breslau). Hr. Amtsgerichts-Rath Jo- ne Poletschny (Ober-Glogau). Hr. Kammer- err und Zeremonienmeifter, Major a. D. Ma von Rathenow (Stabelwitz). Hr. Gymnasial- Oberlehrer Rihard Bohne (Berlin). Hrn. Prem.- Lieutenant Albrecht von Krosigk Toch (Altenhausen). Hr. Rittmeister Johann Juf von Einem-Scindel (Nieder-Schönbrunn).

E

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Sch'olz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen B erei und Verlagb- t Anftalt Berlin SW., Wilbelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

(einshließliG Börsen-Beilage). (9367)

ELvste Beilage

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und“ Königlich Preußischen Staats-Auzeiger.

Prenfßzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 71. Sißung vom Sonnábend, 25. Mai.

Ueber dên“Bêginn der Sizung is vorgestern berichtet worden.

Bei der dritten Berathurig des Gesezentwurfs, betreffend die Abänderung und Ergänzung einiger Bestim- mungen Dey No M An algdga bege fehes vom 14. Juli 1893, sprach der Abg. S eyffardt-Magdeburg (nl.) die Hoffnung aus, der Finanz-Minister werde behufs Verhindêrung der Doppel- besteuerung auch in den anderen deutshen Staaten die Anregung dazu geben, daß auch in diesen Staaten ähnliche Geséße erlassen würden wie in Preußen, damit die preußischen Staats- angehörigen, die in ‘anderen deutshen Staaten leben, nit \{lechter geftellt werden, als die Angehörigen anderer deutschen Staaten in Preußen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Eîn Antrag ist bisher noch nit gestellt worden. Was die Wünsche der Herren Vorredner betrifft, fo kann ich er- wähnen, daß bei der Reichsregierung die Frage in Erwägung steht; aber seht" leiht ist sie nit, und über“ das Ergebniß der Erwägung in der vom Herrn Vorredner betontén Richtung ist noch nichts u sagen.

: O dás Gesetz über die Doppelbesteuerung im Reichstage berathen wurde, wurde ein ähnlicher Antrag eingebracht und a limine, sogar soviel ich weiß ohne Diskussion, abgewiesen.

Die Herren natwentlih geht das aus den Petitionen der Handelskammern hervor stellen sich die Sache sehr leiht vor. Wenn wir dífeselben Grundsäße, die durch das erwähnte Geseß durh- geführt sind, bei den Gemeinden durchführen wollten, so werden wir aber auf große Schwierigkeiten stoßen und auf starke Widerstände. Wir müssen dann beispielsweise Be- stimmungen darüber treffen, wie das Einkommen in den Gemeinden der verschiedenen deutschen Staatén ermittelt werden soll; wir müssen ein ganzes Verfahren einrihten, Beshwerde- und Berufungsinftanzen einführen und einen obersten Gerichtshof einseßen, der die Streitigkeiten entscheidet. Ob die verbündeten Regierungen geneigt sind, so weit gehende Eingriffe in die in den vershiedenen Staaten be- stehenden Gemeindeverfafsungen zuzulassen, das ist mir allérdirigs eine zweifelhafte Frage. Meine Herren, stellen Sie sich einmal Einzelfälle vor, beispielsweise diese Frage: Wenn Ge- werbebetriebe in vershiedenen deutshèn Staaten belegen sind, wie sollen sie zur Besteuerung gelangen in den einzelnen Gemeinden? Da müßte gewissermaßen ein neues Gemeindéabgaben- geseß gemacht werden, das die bestehenden Gemeindeabgabengeseße in sehr weitgehender Weise berühren würde. Ih führe das alles nur an, niht weil ich dem materiellen Wunsche der Herren entgegentreten mödhte; im Gegentheil, wenn die Sache dur{chführbar ist, so wäre das ja allerdings sehr erwünscht; ich führe das nur an, um zu zeigen, wie s{wierig diese ganze Frage liegt und daß man nit fo leiht hoffen darf, daß sie in kurzer Zeit zur Ausführung zu bringen ist.

: aer (nl.): Warum sollte das, was bei uns an- u E R e A Aa oder Württemberg möglich sein ?

enn si dagegen Schwierigkeiten erheben sollten, müßte ih bedauern, daß in unser Geseß keine Retorsionsbestimmungen ausgenommen

worden sind.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fa, meine Herren, ich will niht näher auf die Sache eingeben. Aber wenn dér Herr Vorredner sagt: wir machen doch die Sache in Preußen, warum können wir fie im Reich niht machen fo ist zu antworten: wir in Preußen sind souverän in Beziehung auf den Verziht auf die Besteuerung des Einkommens, welches in anderen deutschen Bundeëstaaten aus Gewerbebetrieb und Grundeigenthum * erzielt wird. Sowie aber die Sache Neichs- sache wird, dann entsteht der Zwang gegen alle übrigen Staaten, ebenso zu verfahren, und dann kommen wir auf alle die Schwierig- keiten, die ih vorhin hervorgehoben habe.

Wenn Herr Dr. Hammacher nun gar meint, wir hätten in dies Gesetz hineinschreiben sollen, wir wollen unseren Verzicht nur gelten lassen den deutshen Staaten gegenüber, die Gegenseitigkeit präftieren : so würde das der Reichsverfassung und wohl auch dem Indigenatëgeseß nicht entsprechen.

Endlich is ein dringendes Bedürfniß nach unserer Ansicht eigentli niht vorhanden. Denn wenn ich mich recht entsinne, wird nur in zwei kleineren deutshen Staaten anders verfahren, und da haben wir au als Preußen kein großes Interesse. Wenn ein Preuße nah Braunschweig zieht, so muß er sih au die Folgen gefallen laffen; da ist ein preußishes Interesse keineswegs vorhanden. Ich will nit betonen, daß die Frage bedeutungslos ist, und ich mache von vorn- herein gerade zur Beruhigung der Herren, die wesentli dabei inter- essiert sind und annehmen, wenn man nur den guten Willen hätte, so wäre es eine Kleinigkeit, die Sache zu machen, auf die großen S{hwierigkeiten aufmerksam, die in der Sache selbst liegen, und die Widerstände, die si ergeben würden, wenn man anfängt, ein Geseh zu formulieren.

Abg. Sattler (nl.): Auf welchem Wege die verlangte Rezi- prozität erreiht wird, ift gleihgültig. Ich sehe nicht ein, weshalb die Regierung si nicht bereit erklären will, fich um eine Einigung zu bemühen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Das Haus wolle entschuldigen, daß ich noch einmal antworte; aber es liegt mir daran, die herrshende Unklarheit in der Sache zu beseitigen. Der Herr Abg. Dr. Sattler verlangt jeßt von uns, und auch ich habe das - vorhin niht verstanden wie ih sehe, der Herr Abg. -Séyffardt, wir sollen von den anderen deutshen Staaten verlangen; däß sie Gegetifeitigkeit leisten. Wenn wir das anfingen, wo soll das Verlangen nah Gegenseitigkeit in der Besteuerung

‘vor uns haben, wo Gegenseitigkeit gelistet werden müßte. Beispiels- weise von der Einkommensteuer in Preußen sind frei 900 Æ, în allen

“Berlin, Montag, den 27.-Mai

übrigen Staaten geht man nit so weit. Wie foll dies auSgéglichen werden ? :

Meine Herrèn, mir liegt gerade ein praktischer Fall vor, wo wir uns bemühen, entfprehend dem Wunsche des Herrn Abg. Dr. Sattler, in einem einzelnen Fall mit dem Königreich Sachsen uns zu verstän- digen. Im Königreih Sachsen werdèn nämli die Einnahmen aus ärztliher Praxis für eine gewerblihe Einnahme angesehen. Wir hier in Preußen thun das nicht ; wir halten die ärztlihe Thätigkeit nicht für eine gewerblihe. Ießt ist ein preußisher Arzt, der praäktiziert jeden Sommer als Arzt in einem \äch{sis{her Bade und wird dort zur Einkommen- steuer herangezogen. Da häben wir deim Königreich Sachfen vorges{lagen, A dieser Beziehung ein \peziellés Abkommen über diese Frage zu treffen. Der eigentlihe Grund liegt. eben in unserem deutsWen Staäatenwesen, in dem Föderalismus, er {ließt eine Unifikation auf manchen Ge- bietén aus, welhe in einein Einheitsstaat leicht geregelt wären. Das müssen wir uns bei verschiedenen Fragen gefallen lassen. Was aber in dieser Beziehung gesehen kann, das wird an Preußen kein Hinderniß finden; ‘darüber fönnen die Herren beruhigt sein.

Hierauf wurde der Geseßentwurf unverändert genehmigt.

Der Geseßentwurf zur Abänderung des Geseßes, betreffend die evangelishe Kirhenverfassung in der Provinz Schleswig-Holstein und in dem Amtsbezirk des Kon- fistoriums zu Wiesbaden, wurde in dritter Lesung ohne Debatte angenommen; ebenso der Gesehentwurf TN bände- rung des Geseßes, betreffend die Kirchenverfa|]sung der evangelisch - reformierten Kirhe der Provinz Hannover, und der Geseßentwurf zur Abänderung des Ge- seßes, betreffend die Kirchenverfassung der evangelischen Kirche im Bezirk des Konsistoriums zu Cas}el.

Auch der Geseßentwurf, betreffend die Ausdehnung verschiedener Bestimmungen des Allgemeinen Berg- eseßes vom 24. Zuni 1865 auf den Stein- und Kalîi- alzbergbau in der o Hannover, gelangte in dritter Berathung ohne Diskussion zur Annahme.

Das “Haus ging sodann zur Petitionen über. / Die Petitionen um Herstellung einer Eisenbahnverbindung des Köller-Thales mit der Hohwald- und-Saarbahn mittels Vollbahn und um Weiterführung der Ahrthalbahn Remagen—Adenan über Kelberg: nah Witt lich wurden, dem Antrage der Budgetkommission gemäß, der Regierung als Material überwiesen. A : i Die Budgetkommission beantragte, eine Petition um eine Eisen- bahnverbindung von der Mosel auf den Hundsrück der Regierung ebenfalls als Material- zu überweisen. Der Abg. T hanisch (Ztr.) stellte den Antrag, die Petition der Regierung zur Berück- fihtigung zu überweisen. A : Die Abgg. von Cuny (nl.) und Knebel (nl.) {lossen sich diesem Antrage an, während der Regierungs - Rath Pann enberg empfahl, an dem Antrage der Budgetkommisfion festzuhalten. Die Regierung werde den Bedürfnissen der Bevölkerung des Hunsrücks so viel als mögli Rechnung. tragen. : j Das Haus dbe’hloß, die Petition der Regierung zur Berück- sihtigungzu überweisen. én Veber eine Petition des Fatrers Szymanski in Gr. Dammer wegen Ertheilung des eligionsunterrihts an die Kinder polnischer Nationalität in ihrer Muttersprache ARE r die Unterrichtskommission, zur Tagesordnung über- zugehen. S i Berichterstatter Abg. Seyffardt-Magdeburg (nl.): Eine generelle Untersuhung in der fraglihen Gegend und für Gr. Dammer eine spezielle Untersuhung habe ergeben, daß die Kinder dieses durh- aus deutschen Gebiets der deutshen Sprahe mächtig genug seien, um dem deutshen Religonsunterriht folgen zu können. Desha schlage die Kommission vor, über die Petition zur Tagesordnung über- ugeben. h Abg. Rudolphi (Zentr.): Die Lehrer sprechen alle die pol- nishe Sprache genügend (Widerspruch); aber auch diejenigen, welche polnisch unterrichten könnten, dürfen es nicht, höchstens dürfen sie das Polnische aushilfsweise anwenden. Daher kann dort ein erfolgreiher Unterricht niht Plaß greifen. Es ist dies eine pädagogishe Ver- irrung. Es müßjen Herz und Gemüth der Religion geöffnet werden. Aber Herz und Gemüth eröffnet nur die Mutterf rae. Darum trete ih als fatholisher Christ, als fatholisher Priester, als fkatho- lisher Schulmann für die Zulassung der Muttersprahe beim Reli- ions unterriht ein, au für die Kinder polnischer Nationalität. Ich eantrage, die Petition der Regierung zur Berüdcksichtigung zu überweisen. (Beifallklatschen eines Besuchers der Tribüne.)

Vize-Präsident Freiherr von Heereman (zur Zuhörer-Tribüne) : Beifallsbezeugungen auf der Tribüne sind durchaus unzulässig. Ich bitte, sih ruhig zu verhalten ; sonst werde ih genöthigt sein, die Tri- bünen räumen zu laffen. '

Geheimer Regierungs - Rath Vater: Groß-Dammer liegt in einem deutshen Gebiete. Die Kinder beherrschen dort die deutsche und die polnishe Sprache. Troßdem wird in den unteren Schul- flafsen auch die polnishe Sprache zugelassen. Erst nah zweijährigem Unterricht tritt aus\{ließlich deutscher Unterricht ein. Es it bei allen diesen Petitionen auffällig, daß fie nur für die polnischen Schulkinder forgen ; für die deutshen Kinder dagegen, wo fie polnisch lernen müssen, wird nichts erbeten und auch hier im Hause niht genügend gesorgt. Daß es pädagogisch Uber ns ist, den Unterricht in deutsher Sprache zu ertheilen, ist ganz falsch. Sehen Sie sich die Kinder dort an und bewundern Sie, wie {nell sie Deuts lernen. Fh ersuche das hohe Haus, gemäß dem Kommissionsantrage über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. h

Abg. Motty (Pole) befürwortete die Petition.

Abg. Szmula (Zentr.): Die Kinder, die niht in ihrer Mutter- sprache unterrihtet werden, können auf die einfahsten Fragen nit antworten, davon habe ich mich zu öfteren Malen felbst überzeugt. Wenn diese Leute später vor Gericht kommen, wird ihnen unter Hin- weis darauf, daß sie ja die Schule besuht haben, nicht geglaubt, daß + sie niht Deuts verstehen. Was würden wir sagen, wenn uns in Frankrei E eris ein Dolmetscher verweigert würde, ‘selbs wenn wir Französisch verstehen : ; : :

b M attler (nl.): Soweit ih weiß, liegt die Schule, um die es ih handelt, niht in Oberschlesien. Herr von Szmula spricht aber stets von den Erfahrungen, die er in Oberschlesien gemacht habe. Dort ist es eben befannt, daß er die polnishe Sprache pflegt; vielleiht wissen das auch die Kinder und glauben ihm einen Gefallen zu thun, wenn sie thun, als verständen fie kein Deutsch. Wir sind der An-

cht, daß die Schule in erster Linie Me da ist, daß die Kinder

Berathung von

__1895.

Abg. Szmula: Nur wenn die Kinder zuerst polnisch unterrihtet werden, namentli in der- Religion, wird ihre Auffassung eine klare;

‘fie lernén spâter leiht Deutsch. In einzelnen Schulen - ift es. den

Kindern sogar verboten, in den Zwischenstunden fh der poluisc Sprache zu bedienen. Das ist eine Grausamkeit und geht weit über die Rechte der Schule. hinaus. E L Geheimér Regierungs-Rath Vater: Es ift ein gewaltiger - Irr- thum, wenn man das Deutsche in den Volks]ulen etwa so treiben will, wie Griechi oder Lateinish auf den Gymnasien: Wir treiben das Deutsche so, daß die Kinder die Sprache auf dem Markte des Lebens brauchen können. Wenn die Kinder erst Polnisch, dann Deutsch [ernten, würden sie im Deutschen etwa so “weit kommen, - wie ein Tertianer in seinem Cornelius Nepos,. - Das Kind muß in der Schule sofort mit der deutshen Sprache in der Weise bekannt gemacht werden, wie es die Sprache von der Mutter lernt. :

E Haus beschloß, über die Petition zur Tagesordnung über- zugeben. i

Ueber eine Petition um die Errichtung einer katholischen Schule in Bansen beantragte die Kommission, ebenfalls zur Tagesordnung überzugehen. +

Abg. Krebs (Zentr.) beantragte ihre Ueberweisung zur Bes» rüdcksihtigung. Die evangelishe. Schule in Bansen werde von 90 fatholishen und etwa 20 evangelischen - Kindern besucht. Durch das Vorgehen der fatholishen Familienväter sei erreiht worden, daß man jegt einen fatholisen Lehrer angestellt habe; aber es wäre zwedck- mäßiger, eine eigene fatholishe Schule zu errichten. Daß die Schule ftiftungsgemäß protestantisch fei, sei bestritten. A : Geheimer Regierungs-Rath Vater erwiderte, daß die Schule in Bansen 1805 von einer evangelischen Besizerin für evangelishe Kinder errihtet worden sei. Im Laufe der Zeit habe man auch katholisbe Kinder aufgenommen, bis ‘eine Ueberfüllung-- eingetreten sei. Der Squlvorstand habe aber beshlofsen, die Ueberfüllung dur die An- stellung eines zweiten und zwar fatholishen Lehrers zu beseitigen. Damit erübrige fi die Errichtung einer besonderen Schule. o

Abg. Schmidt - Warburg (Bean) bezeichnete es als unerhört, daß man die fatbolisden Kinder, welhe die Mehrzahl bilden, in eine Squle hineinzwänge, die einen stiftungsmäßig protestantishen Cha- rakter trage. Z »

Geheimer Regierungs-Rath Vater konstatierte- demgegenüber, daß es in Schlesien auch stiftungsmäßig katholishe Schulen gebe, welche überwiegend von evangelishen Kindern besucht werden.

Abg. Dasbach (Zentr.) erwiderte, daß man iner einzigen der- artigen Schule hundert entgegenseßen fônne, die dasfelbe Verhältniß wie die in Rede stehende aufweisen. Anträge von katholischer Seite auf Errichtung konfessioneller Schulen in solhen Fällen würden fast immer abschlägig beschieden. : i

Geheimer Regierungs-Rath Vater: Der Minister habe wieder- holt erklärt, er würde derartige Anträge gern entgegennehmen. Im vorliegenden Falle sei das Bedürfniß nicht so dringend, daß es noth- wendig wäre, die ohnehin fknappen Mittel in Anspruch zu nehmen.

Darauf wurde der Antrag des Abg. Krebs abgelehnt und über die Petition zur Tagesordnung übergegangen.

Desgleichen ging das Haus - über zwei Petitionen, welche eine. anderweitige S beau us des Dienstalters von Beamten betreffen, zur Tagesordnung über.

Eine Petition des Fischereivereins von Lubmin und Fresendorf um Anlage eines Schughafens bei Lubmin beantragte die Budgetkommission der Regierung als Material zu überweijen. :

Der Berichterstatter Abg. von Tiedemann-Bomst (fr. kons.) wies darauf hin, daß in der Ehat die Lubminer Fischerei den Unbilden der Witterung arg ausgeseßt und das Bedürfniß nah einem Schuß- En, SRERIAE lei. Die Kosten würden fh auf etwa 270 000

elaufen,

Das Haus stimmte dem Vorschlage der Kommission zu. ;

Eine Petition um Ermäßigung der Personentarife auf der Eisenbahn Neufahrwasser—Danzig, bezüglih welcher die Budgetkommission Uebergang zur Tagesordnung vors{chlus, wurde auf Antrag des Abg. Rickert (fr. Vgg.) der Regierung als Material überwiesen. : -

Ueber die Petition des Magistrats der Stadt Samter um Uebernahme der dortigen Landwirthschafts\chule durch den Staat ging das Haus gemäß dem Kommissionsantrage zur Tagesordnung über.

Eine Petition der Metgermeister zu Odenkirchen wegen Beseitigung des ihnen auferlegten Zwangs der Benußung eines außerhalb ihrer Gemeinde gelegenen fremd- gemeindlihen Shlachthauses beantragte die Kommission der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. :

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Sieffert widersprah diesem Antrage. Die Frage, um die es sih hier handle, liege auf reht- lihem Gebiet. Die Thatsache, daß die Kommission deu Be- \{luß, betreffend die Petition, - einstimmig gefaßt habe, habe dem Minister nochmals Anlaß gegeben, die An- gelegenheit zu prüfen. Das Resultat dieser Prüfung sei der Beschluß gewesen, an dem bisherigen Standpunkte festzuhalten. Anlaß zur Petition habe eine irrthümlihe Auffassung des Gesetzes vom Jahre 1868 gegeben, nach welchem in folhen Gemeinden der Schlahthauszwang eingeführt werden könne, in welchen ein Schlacht- haus eristiere. Wenn man diese Bestimmung nach dem Sinne der Petenten auslege, so würden große Städte, welche nicht in der Lage jeien, auf eigenem Gebiete Schlachthäuser zu errihten, fondern lbe auf dem Boden einer Nachbargemeinde herstellten, niht den Schlacht- hauszwang einführen können. Gine solche engherzige Auslegung müsse zu den größten Unzuträglihkeiten führen.

Abg. Mies (Zentr.) hielt daran fest, daß der klare Wortlaut des Gesetzes die Petition als durchaus berechtigt erscheinen laffe.

Abg. Sattler (nl.) beantragte, die Petition von der Tages- ordnung abzusezen und an die Kommission zurückzuverweisen.

Die Abgg. Schmidt-Marburg, Kirsch, Graf Limburg-Stirum, Freiherr von Heereman und Freiherr von Zedliß und Neukirch wider- sprachen dem Antage, da die Sache in der Kommision genügend er- ortert sei. Jedenfalls sei die Zurückverweisung der Petition an die Kommission auch im Falle ihrer Abseßung von der Tagesordnung überflüssig. l

Die Petition wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Damit war um Uhr die Tagesordnung erledigt.

Nächste Sitzung Dienstag, 11. Juni, 12 Uhr. steuergeseß.)

(Stempel-

Das Strafrecht des Erdballs.

Zu/Ende des Jahres 1888 wurde die Internationale krimi- nalistische Vereinigung l a ras welche an die Spiße ihrer ersten Veröffentlihung den Ausdruck der Ueberzeugung seßte, daß Verbrehen und Strafe ebensosehr vom sfoziologishen wie vom juristishen Standpunkt aus ins Auge gefaßt werden müssen, und des- halb von den neun als Grundlage ihrer Wirksamkeit bezeichneten Säßen den an die vorderste Stelle tretenden dahin faßte: Aufgabe

eutsch lernen, und werden gegen den Antrag des Herrn Rudolphi

überhaupt enden? Dann würden wir doch noch ganz andere Fragen

stimmen.

der Strafe is die Bekämpfung des Verbrechens als sozialer Erscheinung. Diese Satzungen haben lebhaften, heute nod) nit beendeten Streit hervor-