1895 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Artikel L

S1.

Sämmili he Kirchengemeinden, welche einer der Berliner Kreissynoden angehören und ihren Siß in der Stadt Berlin haben, werden, unbeschadet des Verhältnisses zu ihren Kreis- synoden, zu einem Gesammtverbande vereinigt, dessen Ver- tretung durch die Stadtsynode erfolgt.

Dem Stadtsynodalverbande können durch Anordnung des Konsistoriums auh solhe Kirchengemeinden angeschlossen werden, welche ihren Sig nicht in der Stadt Berlin haben, aber: an eine zum Synodalverbande gehörige Kirchengemeinde angrenzen. Es bedarf hierzu der Einwilligung der Stadt- synode, sowie der Zustimmung der Organe der anzuschließenden Gemeinde, welche leßtere jedoch im Falle des Widerspruchs durch die Provinzialsynode ergänzt werden kann.

S 2.

Die Stadtsynode besteht aus :

1) dem General-Superintendenten für die Stadt Berlin, in Vakanz- und Behinderungsfällen dem vom Kirchen- regiment ernannten Vertreter:

2). je einem Pfarrgeistlihen der zum Stadtsynodal- verbande gehörigen Kirchengemeinden, und zwar dem- jenigen, welher den Vorsiß im Gemeindekirchenrath zu führen hat, oder in seiner Vertretung demjenigen Geistlichen oder Aeltesten, welcher zu jeiner Stell- veriretung im Vorsiz berufen is. Für die Dom- gemeinde tritt der Ober-Hof- und Domprediger oder in seiner Vertretung der nächstälteste Domprediger ein ; den Superintendenten der zum Stadtsynodalverband gehörigen Diözesen, sofern ste niht hon auf Grund der Nr. 2 berufen sind: gewählten Mitgliedern in doppelter Zahl der zum Stadtsynodalverbande gehörigen Kirchengemeinden. Für jedes Mitglied is cin Stellvertreter zu wählen, welcher im Fall der Behinderung eintritt.

Die Hälfte der unter Nr. 4 bezeihneten Mitglieder ift in der Weise zu wählen, daß jede Gemeinde einen ihrer der- zeitigen oder früheren innerhalb des Stadtsynodalverbandes wohnendenden Aeltesten entsendet. Die andere Hälfte ist aus den angesehenen, kirhlih erfahrenen und verdienten Männern des Stadtsynodalverbandes in der Weise zu wählen, daß jede Gemeinde, welche mindestens 10 000 Seelen zählt, ein solches Mitglied entsendet. Die übrigen Mitglieder stnd, nach den von dem Stadtsynodalvorstand im Einverständniß mit dem Kon- sistorium für jede Wahlperiode zu treffenden Bestimmungen, von den nah Seelenzah!l, sowie sonstigen Verhältnissen be- deutendsten Gemeinden zu wählen. Falls das Konsistorium sein Einverständniß versagt, entscheidet der Evangelishe Ober- Kirchenrath.

Ob eine Gemeinde mindestens 10 000 Seelen zählt, ent- scheidet in Zweifelsfällen der Vorstand der Stadtsynode. Wird dies verneint, so steht innerhalb einer Frist von 14 Tagen der betheiligten Gemeinde die Beschwerde an das Konfistorium zu, welches endgültig entscheidet.

Die Wahl der Mitglieder erfolgt auf drei Jahre und wird durch die vereinigten Gemeindeorgane vollzogen: wo ver- fassungsmäßig eine Gemeindevertretung nicht vorhanden ist, erfolgt die Wahl durch den Gemeindekirchenrath, in der Dom- gemeinde durch das Domkir@enkollegium. Die Gewählten müssen das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt haben.

Der Vorstand der Stadtsynode hat über die Legitimation threr Mitglieder zu entsheiden. Gegen die Entscheidung kann auf die Beschlußfassung der Stadtsynode angetragen werden.

S 4.

Diejenigen weltlihen Mitglieder der Stadisynode, welche noch kein Gelübde als Aelteste abgelegt haben, werden von dem Vorsißenden der Stadtsynode mit demjenigen Gelübde ver- pflichtet, welhes die Mitglieder der Provinzialsynode nah S 63 der Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 zu leisten haben.

S 5.

Auf die Stadtsynode gehen die Befugnisse und Verbind- lichkeiten der bisherigen vereinigten Kreissynoden über.

Der Stadtsynode liegt, unbeschadet der Rechte und Pflichten der Aufsihisbehörden und der einzelnen Kirchengemeinden, die Forderung einer ausreihenden Ausstattung der Stadt Berlin mit äußeren kirhlihen Einrichtungen, insbesondere Pfarrftellen, firchlihen Gebäuden, Begräbnißpläßen ob.

Auch hat sie die Verpflichtung, den einzelnen Kirchen- gemeinden diejenigen Mittel zu gewähren, welche fie zur Er- füllung der ihnen obliegenden geseßlihen Leistungen bedürfen und in Ermangelung zulänglihen Kirchenvermögens und dritter Verpflichteter (Patrone, Stadtgemeinde Berlin 2c.) si niht ohne Umlagen beschaffen können.

Der Stiadisynodalverband kann Rechte, namentlich auch an Grundstücken, erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, ins- besondere auch Anleihen aufnehmen, klagen und verklagt werden.

Die Mittel, welhe die Stadtsynode zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedarf, werden, soweit niht andere Einnahmen zu Gebote stehen, durch Umlage beschafft.

Die Umlagen werden unmittelbar auf die Gemeindeglieder sämmtlicher Kirchengemeinden des Stadtsynodalverbandes ver- theilt. Sie müssen gleichzeitig in allen Gemeinden nach gleichem Maßstab erhoben werden.

Für den Repartitionsfuß gilt die Vorschrift des S 31 Nr. 6 der Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873.

B _Die Stadtisynode wählt für die Dauer jeder Synodal- periode einen Vorstand und einen geschäftsführenden Auss{huß, leßteren mit Ausschluß seines Vorfißenden (8 9). Beide bleiben dis zur Bildung eines neuen Vorstandes und Ausschusses in Thätigkeit. S 8.

Der Vorstand besicht aus dem Vorsizenden, dem Stell- vertreter desselben und drei Beisißern. Für die Beifißer werden Stellvertreter gewählt. Sie werden nah der Reihen- folge ihrer Wahl zur Vertretung behinderter Beisißer vom Vorsizenden oder dessen Stellvertreter in den Vorstand ein- berufen. Eatwz2der der Vorsißende oder dessen Stellvertreter muß ein Geistliher sein, desgleihen je einer von den Bei- figzern und deren Stellvertretern.

Zur Beschlußfähigkeit des Vorstandes is die Anwesenheit des Vorsißenden oder seines Stellvertreters, sowie zweier Mit- glieder oder der für fie einberufenen Stellvertreter erforderlich.

Dem Vorstande ‘liegt ob die Vorbereitung und Leitung

der Verhandlungen der. Stadtsynode, fowie die Ausführung ihrer Beschlüsse, insoweit nicht leßtere nach Ee dieses Geseßes und des nah S 11 zu erlassenden Regulativs geschäftsführenden Ausshuß zukommt.

d

: S 9. Der geschäftsführende Aus\huß besteht 1) aus dem General - Superintendenten für die Stadt Berlin, in Vakanz- und Behinderungsfällen dem nah S 2 Nr. 1 ernannten Vertreter, als Vorsißzenden, und 2) aus sechs Mitgliedern. G Für leßtere werden Stellvertreter gewählt.

Sie werden nach der Reihenfolge ihrer Wahl zur Ver- tretung behinderter Mitglieder vom Vorfißenden in den Aus- {uß einberufen. e

Ein ‘juristishes Mitglied des Konsistoriums nimmt an den Sizungen des Ausschusses mit berathender Stimme theil.

S 10.

Der geschäftsführende Ausschuß vertritt den Stadtsynodal- verband in vermögensrehtliher Beziehung, in streitigen wie in niht streitigen Rechtssachen nach außen und verwaltet dessen Vermögen nah Maßgabe der Beschlüsse der Stadtsynode. Urkunden über Rechtsgeshäfte, welche den Stadtsynodalverband gegen Dritte verpflichten follen, ingleihen Vollmachten, müssen unter Anführung des betreffenden Beschlusses der Stadtsynode beziehungsweise des geshäftsführenden Ausschusses von dem Vorfißenden und zwei Mitgliedern des geschäftsführenden Ausschusses unterschrieben und mit dem Siegel des Aus- schusses versehen sein. Hierdurch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Faffung der Beschlüsse der Stadtsynode sowie ihres geshäftsführenden Ausschusses festgestellt, sodaß es eines Nachweises der einzelnen Erfordernisse derselben nicht bedarf.

Zur Beschlußfähigkeit des Ausschusses if die Anwesenheit des Vorsißenden und die von drci Mitgliedern oder Stell- vertretern erforderlich. E

Q L,

Die näheren Bestimmungen über die Geschäftsführung der Stadtsynode und ihrer Organe werden durch ein in ihrem Einverständniß von dem Konsistorium zu erlassendes Regulativ festgeseßt.

Artikel TI.

Auch in anderen Ortschaften, welche mehrere, unter einem gemeinsamen Pfarramt niht verbundene Parochien umfassen, fonnen die im Art. T dieses Gesezes dem Berliner Stadt- synodalverband übertragenen Rechte und Pflihten ganz oder theilweise einem aus einigen oder sämmtlichen Kirchengemein- den der betreffenden Ortschaft, geeigneten Falls unter Ein- bezichung angrenzender Kirhengemeinden gebildeten Gesammt- verband übertragen werden.

Erfolat die Bildung eines solhen Verbandes, so werden die der Berliner Stadtsynode übertragenen Befugnisse und Verpflichtungen von einer besonderen, aus den Voësthenden der Gemeindekirchenräthe sämmtlicher Verbandsgemeinden und der mindestens doppelten Anzahl gewählter Mitglieder zu bildenden Verbandsvertretung ausgeübt, welche leßtere von den vereinigten Gemeindeorganen der einzelnen Gemeinden aus den jeweiligen Aeltesten und Vertretern der betreffenden Gemeinde auf die Dauer ihres Hauptamts zu wählen sind.

Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Geschäftsführung der Verbandsvertretung werden im einzelnen

A

Falle durch_ ein vom Konsistorium unter Theilnahme des Provinzial-Synodalvorstandes zu erlafsendes Regulativ fest- geseht. ¿ 2

_ Die Anordnung erfolgi durch das Konsistorium unter Theilnahme des Provinzial-Synodalvorstandes und erfordert die Zustimmung aller betheiligten Gemeinden oder, falls die

Seelenzahl der ihr zustimmenden Gemeinden wenigstens

die Hälfte der Gesammiseelenzahl des zu bildenden Parochial-

verbandes beîirägt, die Genehmigung der Provinzialfynode. Artikel TIT.

Die Festsezung des Zeitpunkts, mit welhem dieses Geseß in Geltung tritt, bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten.

Mit diesem Zeitpunkt kommen die vereinigten Kreissynoden von Berlin in Wegfall.

Die Organe der bisherigen vereinigten Kreissynoden von Berlin bleiben jedoeh noch so lange ais Organe der Stadt- synode in Wirksamkeit, bis diese neu gebildet ist.

Auth behält für die Stadtsynode das Regulativ der ver- einigten Kreissynoden, insoweit es mit den Bestimmungen dieses Geseßes vereinbar ist, so lange Geltung, bis nah Art. T 8 11 ein- anderweites Regulativ zu stande ge- fommen ist.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnfiegel.

Gegeben Prökelwiß, den 17. Mai 1895.

(L. 8.) Wilhelm. Jn Verhinderung des Präsidenten des Evangelishen Ober- Kirchenraths : von der Golg.

BerorbDuung

über das Jnfkrafttreten des Gesezes, betreffend die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände in großeren Orten.

Vom 18. Mai 1895.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. : verordnen auf Grund des S 7 des Gesetzes, betreffend die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände in größeren Orten, vom 18. Mai 1895, auf den Antrag Unseres Staats- Ministeriums, was folgt: Einziger Artikel.

Das Gesetz, beireffend die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände in größeren Orten, vom 18. Mai 1895 tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Fnstegel.

Gegeben Prökelwiß, den 18. Mai 1895.

(L. 8.) Wilhelm.

Fürst zu Hohenlohe. von Boetticher. Freiherr von Berlepsch. Miquel. Thielen. Bosse. Bronsart von Schellendorff. von Köller. Freiherr von Marschall. Freiherr von Hammerstein.

a S

L Schönstedt.

Die Nummer 19 der Gesez-Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter Nr. 9741 das Geseß, betreffend die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände in größeren Orten. Vom 18. Mai 1895: und unter

Nr. 9742 die Verordnung über das Jnkrafttreten deg Geseßes, betreffend die Berliner Stadtsynode und die Parocial- verbände in Foeren Orten. Vom 18. Mai 1895. /

Berlin W., den 28. Mai 1895.

Königliches Gesez-Sammlungs-Amt. Weberstedt.

Abgereist: Seine Excellenz der Chef des Generalstabs der Armee, General der Kavallerie Graf von Schlieffen. Angekommen:

__ Seine Excellenz der kommandierenbe Admiral, Admirak Knorr, aus Wilhelmshaven.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute früh im Neuen Palais den Vortrag des Chefs des Militärkabinets entgegen und begaben Sich jodann mittels Sonderzugs nach dem Schießplay bei Jüterbog, um dasclbst einer Schießübung der Jnfanterie-Schießshule beizuwohnen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sizung.

Jn der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichss und Staats-Anzeigers“ wird die vom Reichs- Eisenbahnamt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Be- triebs-Ergebnisse deutsher Eisenbahnen für den Monat April d. J. veröffentlicht, auf welhe am Sonnabend an dieser Sielle auszüaglih hingewiesen wurde.

__ Der Bevollmächtigie zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial-Rath von Geiger ist von hier abgereist.

Sigmaringen, 28. Mai. Jhre Königlichen Hoheiten der Fürst und die Fürstin von Hohenzollern find aus Italien hierher zurückgekehrt.

Hessen.

Jn der gesirigen Sizung der Ersten Kammer gab, wie dic „Darmst. Ztg.“ berichtet, die Berathung der Vorlage über das Ordensgeïeß Veranlassung zu einer lebhaften Debatte. Der Fürst Jsenburg-Birstein und der Hischof Haffner von Mainz bedauerten, daß die Regierung nicht weiter gegangen sei. Der Bischof erklärte, er werde mit Genehmigung des Papstes für die Vorlage stimmen, und richtete heftige Angriffe gegen die hessischen Kirchengeseze. Der Prä- sident des Evangelischen Ober-Konsistoriuums Goldmann und der Prälat Habicht erklärten, daß sie nah den Auslassungen des Bischofs Haffner die Vorlage ablehnen müßten. Auch der Staats-Minister Dr. Finger bedauerte diese Aeußerungen, die gecignet seien, Beunruhigung hervorzurufen. Schließlich wurde die Vorlage mit allen gegen fünf Stimmen angenommen. Außerdem erledigte die Kammer die Forderungen für den Museumsbau in Darmstadt und für die Restaurierung des Kurfürstlihen Schlosses in Mainz. Ferner be- shloß die Kammer auf eine Eingabe des Bundes deutscher Frauenvereine, entgegen dem Antrag ihres Ausschusses, dic Regierung um Anstellung eines weiblihen Fabrik- Inspektors zu ersuchen.

Mecklenburg-Strelist. Seine Konigliche Hoheit der Großherzog hat sih am 25. d. M. von Neu-Streliß nah London begeben, wo Ihre Königliche Hoheit die Großheczogin bereits seit einiger Zeit weilt, um dort für einige Wochen Aufenthalt zu nehmen.

Neuß ä. L. Zhre Durchlaucht die verwittwete Fürstin zu Schauin- burg-Lippe ist am 25. d. M. zu mehrtägigem Besuch am Fürstlichen Hofe in Greiz eingetroffen.

Reuß j. L.

Seine Durchlaucht der Fürst Heinrih XIV. Reuß }. L. vollendet heute sein 63. Lebensjahr. Zur Vorfeier des Tages fand gestern Abend in Gera großer Zapfenstreich statt. Heute früh war großes Ween, um 10 Uhr Vormittags Fest- gotteëdienst und um 11 Uhr Parade des 2. Bataillons des 7. Thüringischen Jnfanterie-Regiments Nr. 96. Die Schulen begingen den Tag durch Festakte.

Oesterreich-Ungarn.

Die Königin und die Königin-Regentin der Niederlande find zu längerem Aufenthalt in Jschl eir getroffen. z _ i

Graf Kuefstein ist zum Gesandten bei der s{chweizc- rischen Eidgenossenschaft ernannt worden.

In der gestrigen Sizung des aas Abge- ordnetenhauses beantwortete der Minister-Präsident FÜr!t Windischgraeß die Fnterpellation des Abgeordneten Exner über die Reden des Pfarrers Deckert (}. Nr. 116 d. Bl. vom 15. d. M.). Der Minister-Präfident theilte mit, daß die Staatsanmwaltshaft in Wien am 13. Mai, aljo vor der Interpellation, die bei der Polizeidirektion eingegangenen dre! Anzeigen unverzüglich an den Untersuchungsrichter geleitet habe mit dem Antrage, Vorerhebungen wegen des Vergehens der

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-“ Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen Nationaliiäten und

Religionsgenossenschaften zu veranstalten, sowie daß diese Vor- erhebungen thatsächlich eingeleitet worden seien. Ob der That- bestand einer strafbaren Handlung vorliege, sei heute endgültig u beantworten nicht möglih, va nur das Gericht berufen fi, dies auszusprehen. Unter allen Umständen müsse die Regierung es schwer bedauern und entschieden mißbilligen, wenn von geweihter Stelle Worte fielen, welche geeignet seien, den Frieden zu stören, oder wenn, von wem auch immer, aufreizende oder gehässige Angriffe gegen bestimmte, individuell bezeichnete Theile der Gesellschaft gerihtet würden. Das Fürsterzbischöfliche Ordinariat, an welches er sih gewandt habe, habe die Zusicherung aegeben, dahin wirken zu wollen, daß alles vermieden werden Rie, was geeignet sei, den Frieden der Gesellschaft zu stôren und zu Haß und Verachtung der verschiedenen Klassen aufzureizen. Hierauf seßie das Haus die Debatte über die Steuerreform fort, in welche auch Finanz - Minifter Dr. von Plener eingriff, indem er die Gesezmäßigkeit des Zu- sammeniritts der Steuerkommission des Herrenhauses nahwies. Die Besoldungssteuer wurde angenommen und damit das vierie Hauptstuck der Steuerreformvorlage bis auf den 217 erledigt. Am Schluß der Sigzung brahten die Abgg. Laginja und Genossen einen drin- genden Antrag ein: die Regierung E den Wortlaut der Verordnung, durch welche die Einfuhr zollbegünstigter Weine geregelt wird, vorlegen. Der Handels - Minisier Graf Wurmbrand bekämpfie die Dringlichkeit unter lebhaftem Beifall. Der Abg. Lueger befürwortete dieselbe und unterzog das Verhalten der Regierung zu Ungarn sowie das Verhalten der ungarischen Regierung in der legten Krisis einer abfälligen Besprehung. Die Dringlichkeit wurde mit 90 gegen 39 Stimmen abgelehnt, worauf sih das Haus bis heute vertagte.

Das Subcomité des Wahlreform-Ausschusses hielt gestern Vormittag in Anwesenheit des Minister-Präsi- denten Fürsten Windischgraes und des Ministers des Innern Marquis Bacquehem eine Sizung ab, in welcher die nunmehr fertiagestellte Ausarbeitung des Geseßentwurfs, betreffend die Wahlreform, bezw. der Bericht des Abg. Rutowski vorgelegt wurde. Den gestrigen Wiener Abend- blättern zufolge enthält der Wahlreform-Entwurf die Bildung einer neuen Wahlkurie von 50 Mitgliedern mit zwei Unter- abtheilungen. Die erfte dieser Unterabiheilungen soll die ge- ringsten Steuerzahler umfassen mit 37 Mandaten, die zweite die Arbeiter mit 13 Mandaten.

Der Ausschuß der deutshen Sektion des böhmischen Landesfkulturraths beschloß, akhläßlih des Regierungs- Jubiläums des Kaisers eine allgemeine landwirthschaft- lihe Jubiläums-Ausstellung zu veranstalten.

DSroßbritannien und Frland,

Nasr Ullah Khan, der Sohn des Emirs von Afgha- nistan, begab sih gestern von London nah Windsor, um der Königin einen Besuch abzustatten. Der Herzog von Connaught, Prinz Heinrih von Battenberg und der ge)ammte Hofstaat erwarteten den Prinzen an dem Eingange des Schlosses Windfor, welher nur bei Empfängen Königlicher Persönlich- keiten benußt wird. Nach einer halbstündigen Audienz kehrte der Prinz unter den gleihen Ehrenerweisungen wie bei der Hinreise nach London zurück, um dem von dem Prinzen von Wales im St. James - Palast abgehaltenen Empfang beizu- wohnen. ;

Im Oberhause brachte der Minister - Präsident Lord Rosebery eine Bill ein, durch welche die Afte über die Bildung der Justizkommission des Geheimen Rathes dahin ab- geändert wird, daß den Richtern der Obersten Gerichtshöfe von Canada und Australien die Befähigung zugesprohen wird, Mitglieder der genannten Justizöommission zu werden. Das Haus nahm die erste Lesung dieser Bill sowie die erste Lesung der Finanzbill an und wird sich wegen des Pfingst- festes vom 30. Mai bis zum 9. Juni vertagen.

Im Unterhause brahte der Kriegs-Minister Camp- bell Bannerman einen Geseßentwurf ein behufs Ab- änderung des Geseßes über die Einberufung der Freiwilligen zum aktiven Dienst. Der Entwurf wurde in erster Lesung berathen, ohne daß die Regierung denjelben weiter begründete. Der Präsident des Ackerbauamts Gardner erklärte, es seien neuerdings Vorkehrungen dafür getroffen, daß in den Einsuhrhäfen von der eingeführten Butter Proben entnommen würden behufs der Analyse durch den ersten Gerichts-Chemiker; eine gewisse Anzahl von Proben sei bereits eninommen worden. Es werde jeßt er- wogen, welches Verfahren gegen Uebertretungen des Ge})eßes, betreffend den Verkauf von Nahrungsmitteln und Drogerie- waaren, des Margarinegesezes und des Gesezes über die Waarenmarken einzuschlagen fei. Sodann wurde die dritte Lesung der Finanzbill genehmigt. Der Schaßkanzler Sir W. Harcourt spra die Hoffnung aus, daß die Pfingftferien am 31. d. M. beginnen und bis zum 9. Juni dauern würden.

Gestern is in Glasgow der Kreuzer „Terrible“ vom Stapel gelassen worden: der „Terrible“ ist der größte und mächtigste Kreuzer, der jemals gebaut wurde, und 100 Fuß länger als irgend ein Schiff der britishen Flotte.

Fraukreich.

m Senat wurde gestern im Einverständniß mit dem Minister des Auswärtigen Hanotaux die Berathung der Jnterpellation Beaumanoir über die auswärtige Politik auf Freitag festgeseßt. : : 7

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Debatte über die Judenfrage fort. Der Deputirte Naquet gab einen historischen Ueberblick über das Judenthum und erklärte, wenn die jüdishen Bankhäuser geplündert würden, würde dasselbe Schifsal bald auch den übrigen Banken bevorstehen. Am Sue seiner Rede hob Naquet den Patriotismus der Juden sowie ihre Dankbarkeit für Frankreih, das ihnen die Freiheit gegeben habe, hervor und bezeihnete den Anti- semitismus als eine antisoziale Doktrin. Der Minister des Innern Leygues erklärte, diese Debatte führe zu keinem Er- gebniß; die Regierung könne nur erklären, daß fie dem Geseß mit Unparteilihkeit Achtung verschaffen werde; die Republik sei kein Regime der Begünstigungen. Der Minister be- antragie die einfahe Tagesordnung, worauf die Diskussion geschlossen wurde. Der Deputirte de Mahy forderte Maßnahmen gegen die Einführung englischer Werthe an den französishen Börsen. Der Minifter des Innern Leygues erwiderte, der Handel in englischen Werthen jei durch das Gesey gestattet, und verlangte die einfache Tagesordnung. Dieselbe gelangte hierauf mit 299 gegen 206 Stimmen zur Annahme. : R

Jn der Budgetkommission erklärte gestern der Minister- Präfident Ribot, er werde trachten, alle noch irgend möglichen

Ersparnisse in das Budget einzustellen : er könne aber keine Hoff- nung machen, daß dieselben beträchtlih sein würden. Minister-Präsident forderte dann die Berichterstatter auf, au ihrerseits zu untersuhen, welhe weiteren Ersparnisse gemacht werden könnten. Zum General- Berichterstatter der Budgetkommission wurde Cochery mit 18 Stimmen gewählt gegen den Radikalen Doumer, der 12 Stimmen erhielt.

Die österreihisch-ungarishe Regierung hat gestern an die französishe Regierung das Ersuhen um Ausliefe- rung des Journalisten Szöôles gerichtet, welher beshuldigt ist, das Aitentat gegen das Hengzi-Denkmal in Budapest ausgeführt zu haben. Die Auslieferung wird auf Grund eines wegen Betrugs und Veruntreuung gegen Szöles einge- leiteten Strafverfahrens verlangt.

Rußland.

__ Der Rath im Ministerium des Auswärtigen von Giers ist zum Gesandten in Rio de Janeiro ernannt worden. Ftalien.

Nach amilicher Feststellung ist das Gesammitresultat „der Wahlen folgendes: Gewählt wurden 326 Ministerielle, 192 Kandidaten der fonstitutionellen Opposition, 31 der radi- falen Opposition und 14 Sozialisten: 35 Stichwahlen sind erforderlich, die wahrscheinlih noch 19 Sitze für die Ministeriellen, 7 für die fonstitutionelle Opposition, 6 für die Radikalen und 3 für die Sozialisten ergeben werden.

Die „Agenzia Stefani“ meldet, der Zwischenfall betreffs der Reise des Nuntius Agliardi nah Ungarn sei durch den Austausch vertrauliher und mündlicher Erklärungen mit dem Päpstlichen Stuhle beigelegt worden.

Griechenland.

__ Die Kammer ifi, wie „W. T. B.“ aus Athen berichtet, gestern Vormittag zusammengetreten. Der Minister-Präsident verlas das Königliche Eröffnungsdekret. Die Kammer wählte sodann die Abtheilungen zur Prüfung der Mandate.

Serbien.

Die Regierung beabsichtigt, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Belgrad zufolge, die Skupshtina Ende Juni wieder nah Nis ch einzuberufen.

Bulgarien.

Die „Agence Balcanique“ meldet, daß die Ankunft des Präsidenten der Sobranje Todorow und des Präsidenten des Synod Gregor in Sofia mit der in Bildung begriffenen Deputation zur Niederlegung des von der Sobranje votierten goldenen Kranzes für das Grabmal des Kaisers Alexander TII. in Verbindung stehe. Der Deputation werden, außer den beiden Genannten, der Präsident des Zentral-Comités der Regierungspartei Mintschewitsh und einige noch zu wählende Mitglieder angehören.

Aus Sofia wird der „Kölnischen Zeitung“ gemeldet, Stambulow habe einen leßten Versuh gemacht, einen Paß zu erhalten; er habe unter Beifügung eines ärztlihen Attestes ein langes Protestshreiben an den Minister - Präsidenten Stoilow gesandt, worin er das Recht der parlamentarischen Kommission, sich einen gerichtlihen Charakier beizulegen, bestreite.

Amerika,

Der vor einiger Zeit erkrankte Staatssekretär Gresham ist, wie „W. T. B.“ aus Washington von heute meldet, gestorben.

Nach Telegrammen, die aus Cuba in New-York ein- getroffen find, haben 600 Mann Regierungstruppen unter Major Tegerizo bei Palmasoriano 1000 Aufstän- dische auseinander getrieben : die Aufständischen hatten 5 Todte und mehrere Verwundete, die Regierungstruppen 3 Verwundete. Die Leiche des Jnsurgentenführers Marti ifff nach Santiago gebraht und dort öffentlich ausgestellt worden. Die Jnjurgenten griffen die Truppen, welche den Transport der Leiche begleiteten, mehrfach heftig an. Die Truppen er- widerten das Feuer; neun Jn}hurgenten ficlen, viele wurden verwundet. Von den Regierungstrupven wurden fünf ver- wundet, einschließlich eines Offiziers, dessen Verwundung \{hwer ist.

Wie der „Agenzia Stefani“ aus Buenos Aires ge- meldet wird, hat die argentinishe Regierung im Einver- ständniß mit dem Vertreter Jtaliens die Entsch ädigungs- summe für die dur die Revolution in Santa im Jahre 1893 geshädigten Jtaliener auf 5000 Dollars festgeseßt.

Asien. : Nach einer Meldung des „Reuter shen Bureaus“ aus ongkong von gestern ift die japanishe Flotte in Tamsui (Formosa) angekommen. Afrika. :

Aus Majunga wird gemeldet, daß die Einwohner von vier sakalavishen Dörfern geftern ihre Unterwerfung an- geboten hätten.

Kunft und Wiffenschaft.

Wie dem „W. T. B.“ aus Weimar berichtet wird, starb dort beute na kurzer Kranfheit der bekannte Thiermaler Profefsor Albert Brendel in fast vollendetem 68. Lebensjahre. Brendel wurde am 7. Juni 1827 zu Berlin geboren; er zeigte frühzeitig Vorliebe für Thiere und ihre Darstellung. Ganz befonders ges{äyt waren seine Bilder mit Scafherden. Vom Jahre 1881 bis 1884 war er Direktor der Kunstschule in Weimar.

Verkehrs-Anftalten.

Aus Anlaß des Pfingstfeftes werden, wie die Königliche Eisen- bahn-Direktion in Halle a. S. mittheilt, bei günstigem Wetter an den Tagen von Sonnabend vor bis Dienstag nah Pfingsten vor den verkehrsftärkeren Zügen auf den Strecken Berlin—Halle, Berlin—Röderau, Berlin—Leipzig, Nordhausen—Halle, Sanger- hausen—Güsten, Leipzig—Halle (—Magdeburg), Halle bezw. Leipzig— Kottbus, Côtben—Kohlfurt, Berlin—Clfterwerda, Berlin— Kottbus— Görliß, Frankfurt a. O.—Kottbus Vorzüge gefahren werden. Außerdem kommen noch folgende Sonderzüge zur Beförderung: Die Sonn- und Festtagszüge 263 und 264, welche fonft nur zwischen Leipzig und Torgau verkehren, werden am Pfingstsonntag und Diens- tag bis Falfenberg durhgeführt: Zug 263 Leipzig ab 8,15, Falken- berg an 10,04 Vorm. ; Zug 264 Falkenberg ab 10,12, Leipzig an 12,12 Nahm. Die Sonntagszüge 144 und 145 zwischen Frankfurt a. O. und Grunow verkehren auch am Pfingstmontag. Das reisende Publikum wird ersucht, sih thunlichst frühzeitig auf den Stationen einzufinden und im Interesse einer gesicherten Beförderung (Erreichung der Anshlußzüge) die Vor- bezw. Sonderzüge zu et. Die- jenigen Rückfahrkarten, welche sonst nur eine dreitägige Gültigkeits- dauer haben, gelten, wenn fie am Pfingstsonnabend gelöft sind, bis

einschließli Dienstag, also 4 Tage.

Theater und Musik,

Lessing: Theater.

Am Sonnabend hat das Lessing-Theater zwei Autoren eingeführt, die als Dichter zum ersten Mal auf der Bühne erschienen. Klara Ziegler’s, der berühmten Tragödin, eincktiges Lustspiel „FSlirten“, das zuerst in Scene ging, ist nur ein ua- bedeutender Scherz für ein dramatisches Lesekränzchen, eine Kleinigkeit von entzückender Naivetät, die jede ernsthafte Kritik von vornherein entwaffnet. Wirklichen Werth hat dagegen das dreiaftige Drama „Drei“ von Max Dreyer, das di-sem Lust- spiel folgte. Der Autor behandelt das alte Thema von dem Mann, der Frau und dem Hausfreund, aber mit großer Bescheidenheit in der Wahl der Mittel und ehrlicher, tiefer Empfindung ein psychologishes Problem, fein ausgedaht und konsequent und überzeugend durchgeführt. Wie {on die vor mebreren Jabren von Max Dreyer unter dem Titel „Frauenwille“ ershienenen Novellen, so beweist auch das Drama „Drei“, daß seine Begabung niht eine rein dichterishe is. Er kommt auf Umwegen zur Poesie. Für ihn, defsen Schugpatron nah diesem Werk Ibfen it, i das Problem noch allzu sehr die Hauptsache. Deshalb erscheint er mebr als psychologisher Grübler, denn als frei mit dem Leben hantierender Dichter. Es wäre jedo falsch zu behaupten, daß seine Gestalten blutleer seien. Gewiß find die Klippen der Langenweile nicht immer gemieden, gewiß erscheint es wie {waer und mißrerstandener Ibsen, wenn die Frau in die Gestalten der Wolken allerhand Träumereien bineinlegt: aber die Lebendigkeit und Naturtreue der Gestalten beweist, daß Drever ein Dichter ift, der nicht nur zu reden, sondern au zu bilden ver- steht. Deshalb vermochte er das Publikum stark zu fesseln, und es ift ein Beweis bober dramatischer Kunst, daß die drei Gestalten genügten, um die Spannung durchaus festzuhalten. In der Technik ist das Werk durch und durch modern, aber im besten Sinne des Worts. Natürlich ift die Sprache im Dialog, die vor rovusten Aus- drückten niht ershrickt, und natürlih die Vermeidung des Monologs. Alles in allem verdiente das Drama, nicht erft vor Thores\chluß auf- geführt zu werden, dazu find das Werk und sein Verfaffer zu ernft. Die Darstellung des Drever’shen Stücks machte dem Lessing- Theater alle Ebre. Franz Schönfeld als Architekt Hans Martienfsen und Maria Reifenhofer als Susanne zeigten die volle Höbe ibres Könnens: nur in der leßten Scene wirkte Fräulein Reifenhbofer zu - tbeatralisch. Die schwierigste Rolle batte Oskar Sauer als Dr. Karl Genzmer; im Großen und Ganzen bot er eine durhdadte Leiftung dar.

Im Königlihen Opernhause wird morgen Leoncavallo?s Oper „Bajazzi* unter Kapellmeister Sucher's Leitung und mit fol- gender Beseßung gegeben: Nedda: Frau Herzog, Tonio: Herr Bulß, Silvio: Herr Fränkel, Beppo: Philipp; Herr Szicowatlsa vom Stadt-Theater in Düffeldor! gastiert als Canio. Hierauf folgt Muaëécagni’'s „Cavalleria rusticana“ (Santuzza: Frau Pierson, Turiddu: Herr Sylva, - Alfio: Herr Bulß, Lola: Fräulein Dietrich). Musikdirektor Wegner dirigiert. Die zehn Symphonie-Konzerte der Königlichen Kapelle unter Felix Weingartner's Leitung finden im nächsten Winter an folgenden Tagen ftatt: 4. und 18. Oktober, 15. November, 16. Dezember (Beethoven-Abend), 7. und 31. Januar, 14. Februar, 9. und 22. März, 4. April. Abonnements sind bei Bote und Beck zu haben.

Im Königlichen Schauspielhause werden morgen das Lust- spiel „Halali*“ (Damen Poppe, von Mayburg, Seebach, Herren Keßler, Klein, Grube, Purschian, Herter) und der Schwank „Die stille Wache* (25. Aufführung) gegeben.

Für die beiden Pfingstfeiertage sind im Deutschen Tbeater folgende Vorstellungen (die letzten vor den Ferien) angeseßt: Sonntag und Montag Nachmittags: „Vie Weber“, Abends: „Zwei Wittroer“, „Der eingebildete Kranke“ : Montag, Abends: „Das Lumpengesindel“. Mit Dienétag, den 4. Juni, beginnen die Ferien, welche zwei Monate dauern. Die Wiedereröffnung findet am Sonntag, den 4. August, mit der 95. Aufführung der „Weber“ statt.

Im Lessing-Theater werden nur noch sieben Vorstellungen stattfinden, da der Schluß der Saison auf Dienstag, den 4. Juni, festgetett ift.

Im Zentral -Theater wird Mükler-Norden's Operette „Figaro bei Hof nur noch aht Aufführungen erleben, da alsdann das Ensemble eine Gastspieltournée antritt.

C GÉES Derr

Das X11. Mecklenburgishe Musikfest, welhes am Sonn- tag in Schwerin mit einer vorzüglihen Auffübrung von Händel?s „Israel“, wobei der Chor aus 588 Stimmen bestand, begonnen hat, nimmt, wie „W. T. B.“ meldet, unter der Leitung des Hof: Kapell- meisters Gille einen glänzenden Verlauf. Gestern wurden Tinel's „Franciécus“ und die „Rhapfodie*“ von Brahms aufgeführt. Heute findet ein Künstlerfonzert statt Seine Königliche Hoheit der Groß- herzog wobnte der gestrigen Aufführung bei.

In Straßburg ist am Sonntag ein Denfmal für den Komponisten der Opern „Der Tromveter von Säfkkingen“ und „Der Rattenfänger von Hameln“, Victor Neßler, fecærlich enthüllt worden. Dasselbe besteht in einer Kolossalbüste und hat seinen Play in der Orangerie daselbft erhalten. An der Feier betheiligten fich die kervoxragendsten Gesangvereine der Hauptstadt des Elsaß.

Manuigfaltiges.

Der Polizei-Präsident von Berlin erläßt wegen des Ueberhand- nebmens von Unglüdcksfällen durch Ueber fahren folgende Bekanntmachung:

„Die dur den Fahrverkehr verursahten Unglücksfälle haben sh in den lezten Wochen derart gebäuft, daß das Polizei - Präsidium Veranlassung nehmen muß, die erft unter dem 22. April d. I. in Erinnerung gebrachten, die Verhütung folher Unfälle bezweckenden Vorschriften des Straßen - Polizei - Nzglements vom 7. April 1867, wie folgt, noch einmal bekannt zu geben: 1) § 17 a. a. O. {reibt vor, daß die in der Fahrrihtung stehenden oder sich bewegenden Personen durch lautes und rehtzeitiges Anrufen auf die Annäherung des Fuhrwerks aufmerksam zu machen sind. 2) § 28 a. a. D. ver- bietet u. a. an Kreuzungspunkten von Straßen und auf Brücken das Vorbeifahren, d. h. das Ueberholen anderer Fubrwerke in \tärkerer Gangart. 3) § 40 Ziffer 3 a. a. O. bestimmt, daß beim Einbiegen aus einer Straße in die andere im Schritt zu fahren ift. 4) § 40 Ziffer 7 a. a. O. schreibt vor, daß überall da im Schritt gefahren wird, wos ein ungewöhnlih ftarker Verkehr von Wagen und Fußgängern stattfindet. Diese leßtere Vorschrift bezieht ih insbejondere auf den Fußgängerverkehr, welher \ich an den Pferdebahnhaltestellen zwishen den Pferdebahnwagen und dem gegenüberliegenden Theil des Bürgersteigs bildet. Die Aufsichts- beamten sind angewiesen, mit Strenge auf die Befolgung dieser Be- stimmungen hinzuwirken. Zugleich wird das Publikum ersucht, die Beamten bei der Feststellung von Uebertretungen der erwähnten Vor- schriften thatkräftig zu unterstüßen. Andererseits wird dem Fußgäriger- publikum beim Ueberschreiten der Straßendämme, insbefondere an Straßenkreuzungen, Vorsicht empfohlen, und werden diejenigen Per- sonen, denen die Beaufsichtigung von Kindern im Straßenverkehr ob- liegt, auf die schweren Folgen hingewiesen, die eine Vernachlässigung dieter Pfliht nah ih zieben fann.“

_Im Verein für deutsches Kunstgewerbe hielt am Mittwoch voriger Woche Abends Herr Ernst Flemming, Erster Lehrer der städtishen Webeschule, einen Vortrag über die Herstellung von Linoleum, JInlaid und Linkrusta. Von jeher, so etwa führte der Vortragende aus, sei man bemüht gewesen, die Uebelstände, welche die vershiedenen Fußbodenkonstruktionen mit a bringen, durch P EEe mannigfahfter Art herabzumindern. Aber weder Oel- sarbenanstrich, noch Decken und Teppiche oder Wachstuh hätten diesen Zweck, wobei das Herabmindern der Wärmeleitungsfähigkeit, voll- ständige Porosität und böchste Widerstandsfähigkeit die Hauptsache