1895 / 132 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 5. Juni.

Zhre Kaiserlihen und Königlichen Majestäten sind gestern Nacht aus Pasewalk im Neuen Palais wieder eingetroffen. | Heute Morgen hörten Seine Majestät der Kaiser den Vortrag des Chefs des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus.

Ueber die gestrigen Festlichkeiten in Pasewalk entnehmen wir den Berichten des V. T. B.“ Folgendes: Wyk

Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trafen zur Enthüllung des Kaiser Friedrih-Denkmals um 1 Uhr ein und hielten zu Pferde unter Glockengeläut Jhren Einzug in die Stadt bis zum Markte, wo das Kürassier- Regiment Königin (Pommersches) Nr. 2 Paradeaufstellung ge- nommen hatte. Jn Gegenwart Jhrer Majestäten wurde hier- auf vor der Front der Ehrenbrief verlesen, dur welchen Friedrich der Große sein altes Hohenfriedeberger Regiment jo hoh aus- gezeichnet hatte. Darauf brachte der Kommandeur, Oberst-Lieute- nant Freiherr von Vietinghoff gen. Scheel in einer kurzen Ansprache ein Hoh auf Seine Majestät den Kaiser als obersten Kriegsherrn und Jhre Majestät die Kaiserin als Regiments-Chef aus. Un- mittelbar daran {loß sih die Festrede des Superintendenten und die Enthüllung des Denkmals, an welchem General- Adjutant von Plessen im Auftrage Jhrer Majestäten einen Kranz niederlegte. Ein Parademarsh des Regiments beschloß die Feier. Nach derselben E Beide Majestäten in der Wohnung des Kommandeurs ab und nahmen mehrere Vor- stellungen entgegen. Seine Majestät der Kaiser verlich dem Regiment ein Brustschild mit dem Namenszeichen Friedrich's T. Bei dem Diner im Kasino gedachte die Kaiserin dieser Aus- zeihnung, dankte als Regiments-Chef für dieselbe und {loß mit einem Hoh auf Seine Majestät den Kaiser. Allerhöchst- derselbe hob in einem Trinkspruch die Verdienste des Kaisers Friedri hervor und brachte ein Hoh auf Jhre Majestät die Kaiserin aus. Um 5 Uhr wohnten Jhre Majestäten in der Reitbahn der Kaserne der Darstellung eines historishen Fest- spiels nebst Reiteraufzügen bei. Nachdem Allerhöchstdieselben um 7 Uhr Abends den Thee im Kasino eingenommen hatten, wurde um 8 Uhr mittels Sonderzugs die Rückfahrt nah Wildpark bezw. dem Neuen Palais angetreten, wo die An- kunft um 11?/ Uhr erfolgte.

Ein Nachtrag zur „Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine für das Jahr 1895“ E u am 25. Mai) ist soeben im Verlage der Königlichen Hofbuhhand- lung von E. S. Mittler und Sohn hierselbst erschienen.

Der General der Jnfanterie Golz, Chef des Jngenieur- und Pionier-Korps und General-Jnspekteur der S eflungen, hat Berlin verlassen.

Der General: Lieutenant von Klißing, Kommandeur der 1. Garde-Jnfanteric-Division, ist hierher zurückgekehrt.

Der Wirkliche Geheime Ober - Regierungs - Rath im Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- een Dr. Schneider ist nah Süddeutschland abgereist.

Laut bei dem Ober-Kommando der Marine eingegangener telegraphisher Meldung ist S. M. S. „Loreley“, Kom- mandant Kapitän-Lieutenant Gühler, am 2. d. M. von Alexandria nach Syra in See gegangen.

Rendsburg, 4. Juni. ( zollern“ passierte, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Vormittag, von Kiel kommend, die hiesigen Brücken und wird morgen in Begleitung der „Palatia“, an deren Bord sih der Reichskanzler Sue zu Hohenlohe, die Staats- Minister Dr. von Boetticher, von Köller, Freiherr Marschall von Bieberstein und Thielen, der Staats- sekretär Vize - Admiral Hollmann, der Rittmeister Graf von Schönborn, der Kapitän zur See Graf von Baudissin, der Geheime Ober- Regierungs-Rath von Jonquières und der Geheime Regierungs-Rath Guenther befinden, nah Kiel zurückfehren.

Die Kaiserliche Lan „Hohen-

Bayern.

Ihre Majestät die Königin Marie von Hannover ist seit einigen Tagen in Kissingen an leichtem Bronchialkatarrh mit mäßigem Fieber erkrankt und gezwungen, das Bett zu hüten. Gestern Mittag hatte sih das Befinden der hohen Kranken bereits gebessert.

Von den bayerishen Ministern werden, wie „W. T. B.“ er- fährt, der Minister des Aeußern und des Königlichen Hauses, Freiherr von Crailsheim, der Finanz-Minister Dr. von Riedel sowie der Minister des Jnnern Freiherr von Fei- lißsch nach Kiel reisen, um den Feierlichkeiten zur Eröff- nung des Nord-Ostsee-Kanals beizuwohnen.

Sachsen.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg begiebt fich heuté nah Schlesien, um in Kosel, Ratibor und Leobschüß den dort am 6., 7. und 8. Juni stattfindenden Truppenbesichtigungen beizuwohnen.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser traf gestern früh zur Schlußsteinlegung des Universitätsgebäudes in Graz ein. Auf die Begrüßungs- ar. sprache des Bürgermeisters erwiderte der Kaiser: er nehme mit Besriedigung die Virsiherung der Treue und Ergebenheit aus dem Munde des Vertreters ? er Hauptstadt der Steiermark entgegen, deren Vergangenheit mit dex Geschichte des Kaiser- hauses innig E sei und deren Bewohner stets Loyalität bewahrt hätten. ie er die auf die kulturellen Fortschritte

er au immer bereit, die idealen Güter und das wirt

lihe Wohl aller seiner glei geliebten Völker zu "\{ch

und zu fördern, und er sei mit Sti gekommen, eine neue würdige Heimstätte der. Wissenshaft und Kunst zu ershließken und sich von dem Aufblühen der Landes- hauptstadt zu Überzeugen. Laufe des Vormittags begab sih der Kaiser nah der Universität. Jn der Aula hielt der Rektor Professor Rollet eine Ansprache, worin er einen historishen Rückblick auf die. Entwickelung der Unirz?r- fität warf, alsdann die -Vervollständigttng - der Universität durch die médizinische Fakultät hervorhob und mit dem Wunsh für das Wohlergehen des Kaisers und dés Kaiserlichen Hauses \{hloß. Der Kaiser erwiderte nah einem Rüblick auf die Gründung der Universität: „Es erhöht “meine Befriedigung, daß mir beschieden war, den Neubau der Universität in würdiger Vollendung vor: mir zu sehen. Der warmen Begeisterung, welche mir dar- gebraht wird, entspriht meine Zuversicht, daß die Zukunft reihen Lohn bringen wird für das beharrlihé Zusammen- wirken und für das einige Streben nah Erreichung der vor- esteckéten erhabenen Ziele. Und so füge ih freudig au den eßten Stein in diesen {önen Bau mit dem Wunsche, daß diese Eróöffnungsfeier noch ferneren Geschlehtern Zeugniß eben wird von der patriotishen Begeisterung, die haite Lehrer und Jünger um mich vereint.“ Mit den Wörtén : „Carola Francisca yivat, crescat, floreat!“ legte der Kaiser den Schlußstein, worauf sämmtliche Anwesende begeistert“ die Kaiserhymne anstimmten. Während der Kaiser einen Rund- gang durch die Universität machte, hatte sih die gesammte Studentenshaft vor derselben versammelt und ftimnite beim Erscheinen des Kaisers das „Gandeamus“ an. Unter Hochrufen der zahlreich angesammelten Menge begab fih der Kaiser nah der Residenz zurück. Am Nachmittag besichtigte der Kaiser verschiedene offentlihe Gebäude und wohnte darauf einem Volksfeste in der Jndustriehalle bei, wobei von Bewohnern der Steiermark ein prächhtiger alpiner Festzug veranstaltet wurde. i

Aus einem Communiqué, welches die vereinigte deutsche Linke versandt hat, geht hervor, daß die Linke noch nicht in der Lage war, zu den Resultaten der Be- rathung des Subcomités des Wahlreformausshusses Stellung zu nehmen.

Frankreich.

Der Präsident Faure is gestern in Bordeaux ein- getroffen und von einer großen Menge herzlich begrüßt worden. Der englishe Konsul stellte auf der Präfektur das Kon- sular-Korps vor. Der Präsident erwiderte auf die an ihn gerihtete Ansprache: Die Konsuln könnten sehr viel beitragen nicht nur zur Entwickelung der Handels- beziehungen, fondern auch zur Befestigung der freund- schaftlihen Beziehungen, welhe Frankreih mit den anderen Ländern verknüpften. Bei dem von der Stadt ge- gebenen Gastmahl hielt der Präsident Faure eine Rede, worin er sagte: Frankreih wolle Freiheit für seine Arbeit, Sicherheit für seine Ersparnisse, Würde im Jnnern wie nah Außen hin. Frankreih wisse, daß ernste Arbeit und freie, aufgeklärte Grundsäße ihm allein gründlihe und dauernde Reformen verschaffen könnten. Die Rede fand großen Beifall.

Der Marinepräfeft von Brest gab gestern Abend den Offizieren des öjterreihishen Geshwaders ein Gast- mahl. Die österreichishen Offiziere werden heute dem Leichen- begängniß des am 4. Juni verstorbenen Admirals Fleuriais beiwohnen.

Die dänische Korvette „Dagmar“ ist in Brest ein- gelaufen und wird aht Tage dort verbleiben. i

Dás französishe Kanonenboot „Etoile“, welches sich zur Zeit im Rothen Meer aufhält, hat Befehl erhalten, nah Djeddah zu gehen.

Der Prinz Ferdinand von S Baye wird heute Abend von Paris nah Sofia zurückehren.

Ftalien.

Der gestrigen Enthüllung des Denkmals für den Marshall Mac Mahon in Magenta wohnten, wie „W. T. B.“ berichtet, der Kriegs-Minister Mocenni, die französishe militärishe Deputation unter Führung des Generals Vaulgrenaut, der Kapitän Mac Mahon, der Präfekt und die Sindaci mit den Gemeinde- vertretungen von Mailand und Magenta, fowie Veteranen und Vertreter jener Truppenabtheilungen, die an der Schlacht von Magenta theilgenommen haben, bei. Die Feier begann mit einer von dem Pfarrer von Magenta zelebrierten Messe. Sodann wurde die Statue- Mac Mahoón's unter Ge- shüßsalven enthüllt. Der Sindaco von Magenta, der Kriegs- Minister Mocenni, der Sindaco von Mailand, General Vaul- grenaut, der Pfarrer von Magenta und andere hielten Reden. Dabei hob der Kriegs-Minister Mocenni als Vertreter des Königs, der Regierung und der Armee hervor: Jtalien werde die thatkräftige Hilfe der großmüthigen französischen Nation zu Gunsten der Freiheit und Unabhängigkeit Ftaliens niemals vergessen. Er entbiete Frankreih und aner Armee, welche die Ftaliener oft zum ruhmreichen Waffengefährten gehabt hätte, den herzlichsten Gruß und bitte die französische Deputation, der Dolmetkcher der Freundschaft Jtaliens gegenüber der groß- müthigen französishen Nation zu sein und M Ohen die Ver- siherung zu überbringen, daß die italienishe Armee die heroische Gestalt des Marshalls-Mac Mahon niemals vergessen werde. Der General Vaulgrenaut schilderte die Laufbahn des Marschalls, wies auf die Kundgebungen der Bevölkerung bei Ankunft der Franzosen in Mailand sowie auf die brüder- lihen Gefühle der Völker Ftaliens und Frankreichs hin und dankte dem König Humbert und. der italienischen Regierung für die Errichtung des Denkmals, indem er zugleih Jtalien und der italienishen Armee den Gruß Frankreihs entbot. Nach der hierauf erfolgten Besichtigung des Denkmals und der Soldatengräber fand im Stadthause ein Empfang der offiziellen Vertreter statt. Kapitän Mac Mahon wurde seitens der Bevölkerung besonders lebhaft begrüßt. Der König E demGeneral Vaulgrenaut den Großkordon des Mauritius-

rdens.

Die „Riforma“ schreibt anläßlih der Enthüllung : Dieses Denkinal beweist, daß die Jtaliéner niht ver- gessen, und daß sie, frei und Herren ihres Schicksals, Dank- barkeit gegen die Edelmüthigen ‘empfinden, die sie bei dem heiligen Befreiungsunternehmen unterstüßt haben. Möge dieses Dentmal immer diesseits Und “jenseits der Alpen an die Pflichten mahnen, die zivilifierte Völker gegen einander haben.

Dem „W. T. B.“ züfolge verlautet, der Papst werde

den Nuntien in Wien, Paris, Madrid und Lissabon

gerichtet rébungen mit lebhaftem Jnteresse verfölge, sei gerihteten Bestrebungen mit lebhaftem J es wirthshaf Mf Mem lten ônsistoriuum den Kardinalshut ver- én { Teihèn. :

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sowie atideren Würdenträgetn in dem wahrscheinlih im Sep-

Spanien.

Der General Sabas Marin wird den General Rivera während dessen Krankheit vertreten. Der Zustand des leßteren hat sih heute ein wenig gebessert. Das Kriegsgericht hat den Major Clarijo, den Urheber des Attentats, zum Tode ver- urtheilt. Derselbe ist heute Vormittag hingerichtet worden.

Däs Justiz-Ministerium verweigerte troß der-gestern -

in der Deputittènkammier getrofférten“ Entscheidung die Mittheéilung der verlangten Schriftstücke. Schweiz.

Die Sommer-Session der Bundesversammlung ift gestern eröffnet ‘worden. Der Nationalrath wählte zum Präsidéntén für 1895/96 chmann=-Thurgau (liberal), zum Vize-Präfidenten Stockinar-Bern (radikal); der Stände- rafh wählte zum Pfräsidenten Jordan Martin-Waadt (radikal), zum Vize-Prüäsidenten Hoh l- Appenzell (radikal).

Türkei.

Aus Konstantinopel meldet „W. T. B.“: es werde dort versichert, daß die Antwort der Pforte an die Mächte in

Betreff der armenishen Reformvorschläge gestern Vor- -

mittag erfolgt sei; man glaube aber, daß dieselbe ungünstig ausgefallen sei, weil in den zunächst interessierten Kreisen über den Jnhalt der Antwort noch Schweigen beobachtet werde. Als Hauptpunkt der bestehenden Meinungsverschiedenheit werde die von den Mächten verlangte Kontrole angesehen, welche die Pforte zuzugestehen sih weigere. Wenn die Mee auf ihrem bisherigen Standpunkte beharre, könnten die Unterhandlungen nach Ansicht wohlunterrichteter Kreise als O betrachtet werden. Gestern fand eine Konferenz der Botschafter statt.

Griechenland.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Athen fieht man dort dem Rücktritt des gesammten Kabinets für nächsten Montag entgegen.

Die Deputirtenkammer hat beshlossen, die Prüfung der Wahlmandate morgen vorzunehmen.

Serbien.

Die „Politishe Korrespondenz“ meldet aus Belgrad: Die Königin Natalie dürfte Anfang Juli Belgrad ver- lassen und nah Biarrigz zurückehren. Ein Besuch der Köñigin in Nisch sei nicht beabsichtigt.

Amerika.

Wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, wird ver- muthlih Oley, der Chef des Justiz - Departements, an die Stelle Gresham's zum Staatssekretär und Dickinson zum Chef des Justiz-Departements ernannt werden.

Der chilenifche Gesandte in Washington hat aus Santiago die folgende Mittheilung erhalten: „Fch freue mich, Sie zu benachrichtigen, daß nah 17jährigem Papiergeldregime Chile mit Befriedigung und Vertrauen zur Goldwährung zurücgekehrt ist. Das entsprehende Geseß is in Kraft. (gez.) Fernande b Finanz-Minister.“

Nach Mittheilungen aus Colon ist dort eine neue Er- hebung entdeckt worden. Barraquilla hat das Kriegsreht in der Berovia Bolivar proklamiert.

Asien.

Li-Tsching-Fang und Foster sind, wie das „Neuter- he Bureau“ meldet, gestern von Formosa nah Shanghai zurückgekehrt. Foster theilte mit, daß die formelle Ueber-

abe der Jnsel und des Staatseigenthums auf der- iben am 2. Juni in Kelung vollzogen worden sei, indem die betreffenden Dokumente mit dem von Japan zum Gou- verneur von Formosa ernannten Admiral Kabayama aus- getausht worden seien. Foster wird ‘voraussichtlih mit dem nächsten Dampfer nach den Vereinigten Staaten zurückehren.

Aus Hongkong von heute meldet dasselbe Bureau, daß die chinesishen Streitkräfte von Nord-Formosa fich in vollkommener Auflösung befänden. Beim Heran- nahen der Japaner hätten der Pöbel und die Soldaten zu plündern und zu meutern begonnen. In Tai-peh-fu herrshe große Erregung. Soldaten und Eingeborene zögen plündernd und brennend umher. Der Gouverneur sei nah feinem Palast entkommen; die anderen Negierungsgebäude seien zerstört worden. Auch in Hobe sei das Regierungsgebäude niedergebrannt worden. Die Republik sei zusammengebrochen, der Präsident ZOR sei geflohen. Die Fremden seien wohlbehalten, jedoch voller Besorgniß.

Afrika.

Nah einer telegraphishen Meldung des Generals Duchèsne ist derselbe bei dec Vorhut der Armee auf Mada- gascar eingetroffen. Der Gesundheitszustand der Gar- nison zu Tamatave, der zu wünschen übrig ließ, wird durch die Ankuuft frisher Mannschaften gehoben werden.

Nr. 22 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 2. Juni hat folgenden Inhalt: Das neue Landtagshaus in Berlin: (Fortsezung.) Ergebnisse der Baggerarbeiten am Königs- berger Seefanal. Ufershuß, mit Zement-Erdankern befestigt. Eine Lücke in den Stellwerksanlagen. Die Abtheilung für Bau- material-Prüfung in Charlottenburg. Vermischtes: Amtsgericht in Ottmachau. Der große, für Architekten bestimmte Staatspreis der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Wettbewerb um Ent- würfe zu einem bildnerishen Schmuck auf dem Holzmarkt in Han- nover. Wettbewerb um ein Rathhaus in Stuttgart. Einige Neuheiten auf dem Gebiete des téchnishen Zeihnens. Bücherschau. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichs8gerichts,

Ein Gezwerbetreibender oder der von ihm mit der Zahlung der Arbeitslöhne an die Arbeiter Beauftragte (Kassierer), welcher von tem gemäß #4 115 ff. der Reihs-Gewerbeordnung baar auszu- zahlenden-Ärbeitslohn einen Betrag zur Tilgung seiner per- iôönlichen Forderung an den Arbeiter zurückbebhält, macht fich, nah cinem Urtheil des Reichögerihts, 1. Strafsenats, vom 17. No- vember 1894, stets dadurch strafbar. Dem bei einer Zeche besdäitigten Arbeiter W. wurden bei seiner Abkehr und Auslöhnung am 23. Februar 1894 durch den bei der Zeche fungierenden ‘Kaffierer S. 20 M zurückbehalten, und zwar zur Tilgung einer Forderung des Kaufmanns S. an den W., für deren Bezählung sich der Kassierer S. auf dringendes Bitten der Ehefrau W. verbürgt hatte. Aus

tischen Versicherungs Anfstalt eingegangen: a. an

88 115, 119, 146 Abf. 1, 154 Gew.-O. angeklagt, wurde der Kassierer S. von der Strafkammer freigesprochen, weil er z Stellung als Beauftragter, sondern lediglih als Privatmann die Bürgschaft geleistet und die Lohnzahlung von 20 #4. inhibiert habe. Auf die Revifion des Staatsanwalis hob das Reichsgericht das erste Urtheil auf, indem €s begründend ausführte: „. . . Allerdings sind Baarzablungen aus dem Lohne -des Arbeiters an dessen Gläubiger nicht unter allen Umständen verboten, und hat auch dieser Senat in seinen Urtheilen vom 9. Januar 1882 und 12. November 1882 angenommen, daß mit Zustimmung des Arbeiters, nabdem derselbe seinen vollcn Lohn ausgezahlt und über- geben erhalten, -\öhin in die Lage verfeßt war, frei über den Lohn zu verfügen, die Berichtigung der Schulden des Arbeiters an dritte Personen mittelbar durch den .Gewerbetreiberden oder dessen Beauf- tragten erfolgen könne, ohne -daß hierin eine Nichtbaarzahlung zu er- bliden sei. Es sind auch ferner Zablungen aus dem Arbeitslohn an Dritte infolge von Beshlagnabmen nah Maßgabe des § 115 a Gew.-O. an si zwar zulässig, indeß auch bier zur dann, wenn die Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme ‘des Arbeits- oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869 zutreffen, ins- Hesoñdere also die Beschlagnahme erst erfolgt ist, nachdem der Tag, an welhem die Lohnzahlung zu erfolgen hatte, abgelaufen war, ohne daß der Lohnberechtigte den Lohn eingefordert hat. An allen ‘diesen Erfordernissen, sei ‘es in der erstbezeihneten Richtung, fei es aus dem Gesichtépunkte der Beschlagnahme, fehlt es vorlicgend gänzlih. Abgeschen hiervon, is aber au der Angeklagte im vor- liegenden Falle überhaupt nit als ein folder Gläubiger zu eraditén, an den unter den vorhin bes{riebenen Vorauéseßzungen aus dem Lohne ‘des Arbeiters Zahlungen geleistet werden können, ohne daß das Gebot der Baarzahlung ohne Abzug verleßt würde. . . . Unter denjenigen Gläubigern, an die aus dem Arbeitslohne ‘wenigstens mittelbar unter

ewissen Vorbedingungen Zahlungen geleistet werden können, find immer nur unbetheiligte fremde Personen zu verstehen, nicht aber der Gewerbetreibende selbst oder diejenigen, die zu ihm in dem in § 119 a. a. D. bezeichneten Auftrags- verhältnisse stehen“. (3180/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltung8gerichts.

Nach § 28 des Krankenversiherungtgesces vom 10. April 1892 verbleibt Personen, welche infolge eintretender Erwerbslosigkeit avs der Kasse ausscheiden, der Anspruch auf die geseßlichen Mindestleistungen der Kasse in Unterstütungsfällen, welhe während der Erwerbslosigkeit- und innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen nach tem Ausfscheiten aus der Kasse cintreten, wenn der Aus\cheidende vor seinem Ausscheiden mindestens drei Wochen ununter- bro hen einer auf Grund dieses Gesetzes errihteten Krankenkasse an- gehört hat. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober- VerwaltungEgeriht, 111. Senat, durch Urtheil vom %. November 1894 ausgesprochen, daß dieselbe nur dann “Anwendung findet, wenn der dreiwöchige Zeitraum, während dessen der nunmehr Er- werbsIose Kassenmitglied gewesen ist, unmittelbar vor feinem Ausscheiden aué der Kasse lag. Hat dagegen der Ausscheidende unmittelbar vor seinem Ausscheiden weniger als drei Wochen der geseßlichen Krankenversicherung angehört, so hat er keinen Anspruch auf die geseßlihen Mindestleistungen der Kasse, au wénn er früher einmal drei Wechen lang ununtetbrochen einer Krankenkasse angehört hat. Der Arbeiter Sh. hatte vom 19. September bis 26. Oktober 1892 der Oriskrankenkasse zu A. angehört. Hierauf wurde er erwerbslos und schied demzufolge aus der gedachten Krankenkasse aus. Am 29. August 1893 trat er bei dem Gastwirth K. zu P. in Arbeit und wurde hierdurch versicherungsxflihtiges Mitglied der Krankenkasse zu P. Aus dieser {ied er jedoch bereits am 10. September 1893, also ncch 19 Tagen, infolge eintretender Erwerbslosigkeit wieder aus. Am 14. September 1893 mußte er krankheitshalber in das Krankenhaus zu A. auf neun Tage aufgenommen werden. Den Ersctz der hierdurch entstantenen und vom Landarmenverband ge- leisteten Kosten verlangte dieser von der Krankenkasse zu ‘P. Der Bezirksaus\{chuß verurtheilte die Beklagte nach dem Klageantrag. Auf die Revision der Beklagten hob das Ober- Verwaltungsgericht die Vorentscheidung auf und wies die Klage als unbegründet ab, indem es ausführie: „Streitig ist, ob Sch. einen Unterstüßungéanfpru tro der' geringen Dauer feiner Mitgliedschaft bei der Beklagten dieser gegenüber deehalb hatte, weil er frühcr mindestens drei Wochen ununterbrochen einer auf Grund des Krankenversicherungsgeseßes erridbteten Krankenkasse, nämlißh vom 19. September bis 26. Oktober 1892 der Allgemeinen Ortskrankenkasse zu A. angehört hat. . .…. Mit der Beklagten und abweihend von dem Vorderrichter und dem Kläger ist anzunehmen, daß diese Kassenmitgliedschaft un - mittelbar vor tem Ausscheiden infolge der Erwerbslosigkeit be- standen haben muß. Die Ansichten hierüber in Theorie und Praxis geben aufeinander. Dafür, daß der Anspruch auf die gescßliczen Mindestleistungen der Kasse nur verbleibt, wenn der Ausfcheitende unmittelbar vor seinem Ausscheiden mindestens - drei Wochen un- unterbrochen einer auf Grund des Krankenversiherung8geseßes errich- teten Krankenkasse angehört hat, spricht hon der Wortlaut des § 28 des Kranktenversicherung8geseßes. . . .* (ITI. 1209.)

Statistik und Volkswirthschaft.

___ Der auswärtige Handel des deutshen Zollgebiets im Jahre 1894 weist nach den definitiven Fesistellungen (die vor- läufigen Ergebnisse wurden {on im Januar veröffentlicht), die das 2. Vierteljahréheft zur Statistik des Deutschen Reichs jeßt bringt, folgende Zahlen auf:

Die Einfuhr betrug im Gesammt-Eigenhandel, d. b. über die Zollgrenze obne die direkte Durchfuhr, 331 938 830 (100) kg im Werthe von 4 544 984 000 4, und nach Abzug des Edelmetallverkehrs im Werthe von 339 965 000 Æ verbleibt für alle übrigen Artikel bei einer Gesammtmerge von 331 930 183 (100) kg ein Werth von 4 205,0 Millionen Mark. Die Einfuhr im Spezialhandel (in den freien Verkehr) betrug nach Abzug des Edelmetallverkehrs zu 347 282 000 46 einé Gesammtmenge von 320 216 340 (100) kg im Werthe von 3 938 251 000 4, fodaß zwischen dem Gesammtwerth des Gesammteigen- und des Spezialhandels ein Unterschied von 266,7 Millionen Mark bestebt.

Die Ausfuhr ergab im Gesammt-Eigenbandel eine Menge von 239 449 921 (100) kg im Werthe von 3 349 901 000 Æ, und nach Abzug des Edelmetaliverkehrs im Werthe von 90 029 000 Æ bleibt für alle übrigen Artikel ein Rest von 239 445 553 (100) kg im- Werthe von 3 259,9 Millionen Mark.

Im Spezialhandel betrug die Ausfuhr nah Abzug des Edel- metallverkehrs zu 90 026 000 M der Menge nah 228 832785 (100) kg im Werthe von 2 961 454 000 Æ, sodaß zwischen der Ausfubr im Ge- fammt - Eigenhandel und im Spezialhandel ein Unterschied von 298,4 Millionen Mark besteht.

Die Durchfuhr betrug 19 734 441 (109) kg.

Der Ueberschuß der Einfuhr gegenüber der Ausfuhr beträgt dem Werthe nah unter Abzvg des Edelmetallverkehrs im Gesanumt-

‘Eigenhandel 945,1 Millionen Mark und im Spezialhandel 976,8 Mil-

lionen Mark.

Invaliditäts- und Altersversiherung.

An Anträgen auf Gewährung von Renten sind bei der s nsea-

ters - renten: im Laufe des Jahres 1891 1105, 1892 404, 1893 381, 1894 353, und in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Mai 1895 165, zusammen 2408; þ. an Invalidenrenten: im Laufe des Jahres 1892 181, 1893 301, 1894 550, und in der Zeit vom 1. Januar bis

Ende Mai 1895 334, zusammen 1366; mithin find seit Beginn des

icht in seiner -

Jahres 1891 bei der Hanseatischen Versicherungs-Anstalt an Renten- anträgen eingegangen 3774. Von den Anträgen auf Alters - rente entfallen auf das Gebiet der freien und Hansestadt Lübeck 409, Bremen 517, Hamburg 1482, und von den auf Invalidenrente auf das Gebiet von Lübeck 174, Bremen 463, Hamburg 729.

Von den Anträgen auf Altersrente sind bis Ende Mai er- ledigt 2361, und zwar 2069 durch Rentengewährung, 256 durch Ab- lehnung und 36 auf sonstige Weise. Von den Altersrenten- empfängern find inzwishen ausgeschieden 381, von diesen sind ver- storben 363. i

Von den Anträgen auf Invalidenrente sind bis Ende Mai erledigt 1195, und zwar 919 durch Rentengewährung, 273 durch Ablehnung und 52 auf sonstige Weise, Von den Invalidenrentenempfängern find inzwischen ausgeschieden 201, von

diesen sind verstorben 187. i

Auf die Gebiete der drei- Hansestädte vertheilen e die noch im Bezuge der Rente befindlichen Personen folgendermaßen: Lübeck 290 Altersrenten, 93 Invalidenrenten, Bremen 371 Alterérenten, 274

Invalidenrenten, Hamburg 1027 Altersrenten, 351 Invalidenrenten.

_Die Jahressumme der bis jeßt gewährten Renten macht am

439 101,40 A aus, von welchem Betrage 89 313,20 M inzwischen ausgeschiedenen Rentenempfänger abzusezen find. Im Laufe des Monats Mai 1895 wurden die Kosten des S von der Hanseatischen Versicherungsanstalt (zum theil auch mit Zuschuß von Krankenkassen) für 161 Versicherte, die in Heilstätten für Lungenkranïe, in sonstigen Kurorten oder in Kranken- häusern untergébracht waren, getragen. Von diesen 161 Versicherten gehören an dem Gebiete von Lübeck 10, Bremen 31, Hamburg 120.

ür die

Zur Arbeiterbewegung. __ In Leipzig beschloß dem „Leipziger Tageblatt“ zufolge gestern eine von 1200 Maurern besuchte Versammlung, das Anerbieten der Meister, einen Stundenlohn von 40 S zu bewilligen (vergl. Nr. 130 d. Bl.), abzulehnen und auf dem Lohnsaß von 45 4 für die Stunde zu bestehen. Dieienigen Maurer, denen dieser Lohnsaß bereits be- willigt worden ift, follen zur Zahlung eines täglihen Beitrags von 50 K an die Strikekasse aufgefordert werden. __ Der ösfterreihisch-ungarishe Tishlertag in Wien faßte nah einem der „Vof\. Ztg.“ unter dem gestrigen Tage zugegangenen Telegramm den Beschluß, Vorbereitungen zu einem allgemeinen Tischler - ausstand in Oesterreih-Ungarn zu treffen.

In Budapest beendigten, wie dem „Vorwärts“ gemeldet wird, die Spengler und Installateure ihren Ausstand (vergl. Nr. 121 d. Bl.) mit Vortheil. Viele Unternehmer bewilligten sämmtliche Forderungen, die übrigen wenigstens eine bedeutende Lohnerhöhung. Dagegen sind die Gerber mit ihrem Ausstand infolge des Zuzugs pvolniscer und italienisher Strikebreher unterlegen.

Wie aus Paris dem ,W. T. B.“ weiter berichtet wird, beantragte in der gestrigen Vormittagssißung des internationalen Kon- gresses der Grubenarbeiter, unter dem Vorsiß Pidckard's, Defuisseaux : der Kongreß solle zuerst über die Regulierung der Pro- duktion verhandeln. Die nächste Sitzung wird dieser Frage gewidmet werden. Der Kongreß nahm fodann einen Antrag an des Inhalts: Es folle eine internationale Verständigung unter den Grubenarkbeitern getroffen werden, um die Ueberproduktion zu ver- bindern. In der Nahmittagssizung forderten Lamendin, Cadot und Defuisseaux ein internationales Abkommen über die Beschränkung der Produktion in den einzelnen Ländern auf die Be- dürfnisse dieser Länter. Der deutshe Delegirte Möller sprach sich gegen ein soles Abkommen aus und verlangte die Einsetzung einer besonderen Kommission, welche die Erörterung dieser Frage für den nächsten Aangres vorbereiten solle. Nach dem Drahtbericht der „Voss. Ztg.“ ist Deutschland durch fünf Abgesandte vertreten, darunter Bunte, der in den Vorsiß, und Moeller, der in den Geschäfisausschuß gewählt wurde. Die Engländer geben an, 600 000, die Franzosen 132 700 Bergleute zu vertreten,

Kunft und Wissenschaft.

In Görliß wurde gestern Vormittags 10 Uhr die gemeinschaft- lihe Hauptversammlung der „Gesellschaft für Anthropologie und Ürgeschichte der Oberlausitz“ sowie der „Gesellschaft für Anthropologie und Alterthumskunde der Nieder- lausiß“ eröffnet. Derselben wohnten der Geheime Medizinal-Rath, Professor Dr. Virhow, Professor Dr. Ascherson: Berlin, der Brasilien- forscher Profcssor Dr. von den Steinen-Berlin, Professor Dr. Pick-Prag und andere bervorragende Vertreter der Wissenschaft bei. Vorträge anthropologiscen Inhalts hielten Professor Dr. Jentsch-Guben, Pro- fessor Dr. Pick-Prag u. a.

Der Bericht über die Verhandlungen der vom 5. bis 12. September 1894 in Innsbruck abgehaltenen Konferenz der Permanenten Kommission der internationalen Erd- messung, redigiert von dem ständigen Sekretär A. Hirsch, ist im Verlage von A. Reimer hierselbst jeßt im Druck ershienen. Dem Bericht sind die nachfolgenden Mittheilungen entnommen : Es fanden im Ganzen vier Sitzungen ftatt, und zwar am 5., 7., 10. und 12. Sep- tember. In der erst en Sißung waren die aht Mitglieder der Permanenten Kommission und vierzehn Kommissare, die von der Permanenten Kommission eingeladenen Herren Dr. L. Du Pasquier und Professor F. Tripet aus Neuchatel, der Rektor der Universität zu Jnns- bruck, Professor Dr. E. Ehrendorfer und der Bürgermeister von Innstruck Dr. F. Mörz anwesend. Aus Deutschland befanden sich unter den Mitgliedern der Permanenten Kommission der Direktor des Geodätischen Instituts zu Potsdam und des Zentralbureaus der internationalen Erdmessuna, Professor Dr. F. Helmert sowie der Direktor der Stern- warte zu Berlin, Professor Dr. W. Foerster, unter den Kommissaren der Professor der Geodâsie an der Technischen Hochschule in Karlsruhe M. Haid, der Sektions-Chef im Geodätishen Institut zu Potsd-m, Profcssor Dr. Th. Albrecht und der Chef der Trigono- metrishen Abtheilung der Königlichen Landesaufnahme in Berlin, Oberst-Lieutenant von Schmidt. Am * erften Sißungs- tage wurde die Versammlung durch Ansprachen des Statthalters von Tirol und Vorarlberg Grafen Merveldt im Namen der K. K. öfter- reichischen Regierung und des Professors Ehrendorfer und Dr. Mörz im Namen der Universität und der Stadt Innébruck begrüßt. Nach- dem der Präsident der Permanenten Kommission, der Präsident des Längen-Bureaus .in Paris H. Faye auf diese Begrüßungsreden geant- wortet hatte, gelangten der Bericht des ständigen Sekretärs, Direktors der Sternwarte in Neuchatel, Professors A. Hirsch über die Geschäfts- führung des Bureaus während des leßten Jahres, der Bericht des Profestors Helmert über die Thätigkeit des General - Bureaus seit der Genfer Konferenz und der von Professor Foerster im Namen der für die Vorbereitung einer internationalen Organisation der Breitenbestimmungen in Genf eingeseßten Spezialkommission abgefaßte Bericht ¿zur Vorlage. Ferner erfolgte die Ernennung einer Kom- mission von fünf Mitgliedern zum Zweck der Verständigung mit den in Innskbruck versammelten Abgeordneten der Akademien über die wünschenswerthe Auédehnung der Schwere-Studien und die Ernennung der Finanz- und Rechnungsfommission. Der zweiten Sigzung wohnten auf Einladung der Permanenten Kommission folgende Herren bei: von Könen, Riecke und Schur aus Göttingen, C. Bruns: aus Leipzig, Boys und Poynting, Mitglieder der Royal Society aus London, von Gündel und von Orff aus München, von Moijsisowics aus Wien. An diesem Tage wurden die Berichte der Herren Hirsch und Weiß über die durch Verständigung mit den Akademien erzielten Beschlüsse, betreffend die A wage Aa, verlesen und dann die Erörte- rung ter Breitenfrage begonnen. Nachdem am dritten Sißungstage diese Erörterung zu Ende geführt und eine Mittheilung von Herrn Hirsch über die in Breteuil zu errichtende Zentral-Pendelstation ge- macht war, kamen die Landesberihte über Arbeiten in Oesterreich- Ungarn, Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland und Ftalien zur Verlesung. Sodann fand eine Diskussion über die Er- neuerung der Erdmessungs-Uebereinkunft statt und die Wahl einer aus den Herren Bassot, Ferrero, Foerster, Hirs und von Kalmar bestehenden

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Spezialkommission zur Ausarbeitung des Entwurfs der an der Kon- vention anzubringenden Aenderungen. Endlich wurde auf die Nach- riht von dem Ableben des Projeiors von Helmholy beschlossen, an s von Helmholßz ein Telegramm mit dem Ausdruck der wärmsten

heilnahme der Versammlung zu senden. Am letzten Sigungstage wurde auf den Vorschlag des Herrn Ferrero das Präsidium beauftragt, die internationale Erdmefsung bei der Säkular - Feter des Generals Bayer zu vertreten. Die Herren Lallemand, Hirsch, Helmert und’ Bak- huyzen äußerten sich über ein von Herrn Helmert mitgetheiltes Sreiben des Herrn von Helmholtz betreffs der Untersuchung der Nivellier-Latten. Nachdem dann noch die Verlesung der Landesberichte für Preußen, des gros Helmert über die Arbeiten. des Geodätischen Instituts und des

berst-Lieutenants von Schmidt über die Arbeiten der Landeëaufnahme sowie der Berichte über die Arbeiten in Rußland, in der Schweiz und in Spanien stattgefunden hatte und einstimmig festgeseßt war, daß die nächste Konferenz in Berlin im Laufe des September abgehalten werden folle, wurde mit dem Danke des Präsidenten im Namen der Konferenz an die Staats-, Universitäts- und Stadtbehörden für die den Theilnehmern gewährte gastfreundlihe Aufnahme die Ver- sammlung geschlossen.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand im nördlihen Frankrei.

Ueber den Stand der Saaten in den nördlichen Departements gehen uns folgende Nachrichten zu :

Die Vegetation ift in diesem Jahre sehr im Rückstande, so daß si ein Urtheil über die Ernteausfichten z. Z. noch nicht abgeben läßt. Nur fo viel scheint schon jeßt feftzustehen, daß der Strohertrag ein geringer sein wird. Raps und Rübsen (colza) dürften infolge des strengen Winters, der wechselvollen! Frühjabrswitterung und des Auftretens der Blattlauskrankheit kaum ein mittleres Ernteergebniß liefern. Dem Weizen ist der kalte und zum theil \{chneelose Winter niht fehr zuträglich gewesen und der jähe Temyperaturwecsel der leßten Wochen hat demselben dem Anschein nah weiteren Schaden

zugefügt | \ __ Roggen steht ziemlich gut; fein ferneres Gedeihen wird haupt- Os von den Witterungsverhältnifsen in der beginnenden Blüthezeit abhängen. i

Gerste und Hafer, welche erst spät bestellt wurden, befinden sich 10d Um Anfang der Entwickelung und bedürfen vor allem warmen

egens. Wiesen und Weiden zeigen kräftiges, wenn auch erst kurzes Gras.

eer niederländishe „Staats-Courant“ vom 22. Mai d. I. enthält eine Bekanntmachung der Königlich niederländischen Minister des Innern und der Finanzen, nah welcher die Einfuhr von Rindvieh und Schafen zu S{hlachtzwecken aus Deutschland und Belgien unter folgenden Bedingungen gestattet wird:

1) An der Grenzstation is eine amtliche, niht über aht Tage alte Bescheinigung der Behörde des Herkunftsorts vorzulegen, aus welcher hervorgeht, daß

a. das Vieh, dessen Alter und Signalement angegeben ift, während der legten 20 Tage daselbst gestanden bat, und daß

b. daselbst in einem Umkreise von 10 km innerhalb der leßten 120 Tage keine anfteckende Lungenkrankheit und innerhalb der leßten 20 Tage keine Ninderpest, Maul- und Klauenseuche oder Schafpocken vorgekommen find.

_2) Das Vieh i} bei der Ankunft an der Grenzstation dur den“ Distrikts-Thierarzt oder seinen Vertreter zu untersuhen und darf zur Einfuhr nur zugelafsen werden, wenn es gesund befunden wird, worüber auf dem Zeugniß der Behörde des Herkunfts8orts von dem untersuhenden Beamten ein entsprehender Vermerk zu machen ist.

3) Der Transport des Viehes von der Grenzstation nah dem Bestimmun Sort hat auf der Eisenbahn in besonderen ges{lossenen und versiegelten Wagen ohne Umladung zu geschehen.

4) Das Vieh muß am Bestimmungêort unter Polizeiaufsicht sowohl entladen als nach dem Schlachtplaß übergeführt werden, wo es von anderem Vieh getrennt zu halten und binnen 24 Stunden gleihfalls unter Polizeiaufsiht zu schlachten ist, alles unbeschadet etwaiger weiterer besonderer Vorschriften, die zur Abwehr ‘von An- steckungen nah Lage der örtlihen Verhältnisse durh die Kommiffare A Majestät in den verschiedenen Provinzen getroffen werden möchten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

London, 5. Juni. „W. T. B.“ meldet: In Shoreditch starb am Freitag ein Mann nah dreißigstündiger Krankheit. Der Arzt wies in seinem Todtenschein nah vorhergegangener Untersuchung auf Cholera hin, erklärte jedo, es ließe sih die Todesurfache ‘nicht eher fihèr angeben, bis die mifroskopishe Untersuhung beendet wäre.

Verdingungen im Auslande.

: Niederlande.

22. Juni, 10 Uhr. Bureau des Militär - Ingenieur - Korps zu Amsterdam (Plantage-Lynbaansgracht 1): Lieferung und Auf- stellung des Oberbaues von fünf féeriten Schuppen im Gestellungs- bezirk von Amsterdam. (Schäßung 23 400 Fl.) Bedingungen zur Einsicht auf dem bezeihneten Bureau vom 10. Juni ab, woselbst au gedrudte Loose und gestempelte Einschreibungskarten sowie nähere Aufs{lüfse von dem genannten Tage an erhbältlih sind.

3. Juli, 11 Uhr. Ministerium für Waterstaat, handel & nyverheid, im Haag: Lieferung von Steinkohlen für die Dampf- wassermühlen bei den Arbeiten zur D PEAA der Maasmündung an dem hohen Maasdyk (Schäßung 7.50 Fl. pro Schiffstonne). Be- dingungen liegen nach dem 19. Juni zur Einsicht im Gebäude des Ministeriums aus und sind’ ferner bei Franfo-Anfrage erbältlih gegen Bezahlung der am Fuß desfelben vermerkten Kosten, bei Gebr. van Cleef Buchhändler, Spui 28 im Haag. Aufschlüsse zu bekommen in dem Bureau der Werke zur Verlegung der Maaëmündung zu ’s Hertogenbosch und bei dem Arrondissements-Ingenieur zu Breda.

: Numänien.

6. Juli. Zentralverwaltung des Kriegs-Ministeriums in Buka- rest: 122200 kg verschiedenes Leder.

8. Juli. Ebenda : 45 000 Paar Stiefel.

12. Juli. Ebenda: 213 Paar vollständiges Geschirr nebst Sattelzeug für Stangen-, Mittel- und Spißtenpferde. 80 Artilleriesättel.

: Dänemark.

18. Juni, 2 Uhr. Staatsbahnverwaltung (Baneafdelingens Contoir, Colbjörnsensgade 11) in Kopenhagen und 6. Bane- sections Contoir in Aarhus: Lteferung von ca. 5000 t Eisenbahn- schienen und Verbindungsstücken. Bedingungen und Zeichnungen er- hâltlih an Ort und Stelle gegen Einsendung von 4 Kronen.

Verkehrs-Anstalten.

Aus Stettin wird geschrieben: Nachdem in den diesjährigen Staatshaushalts - Etat zur Vertiefung des Fahrwassers im Dai eine erste Rate von 750 000 ( aufgenommen und vom Landtag

ewilligt worden ift, sind die erforderlihen Einleitungen zu dieser Vertiefung durch Bestellung der nothwendigen Baggergeräthe 2c. ge- troffen worden, sodaß im nächsten Frühjahr die Arbeiten sicher werden beginnen können.

Wie aus Köslin gemeldet wird, schreitet der Bau der Eisen- bahn Gramenz—Bubliy rüstig vor, und die Bahnstrecken von Kallies nah Wulkow-Stargard einerseits sowie Arnswalde andererseits sind soweit gefördert, daß ihre Eröffnung im Herbst dieses Jahres bestimmt in Aussicht steht.