Hofraths Dr. von Lehner in Stuttgart zugegangen sei. Er widmete dem Verstorbenen, der sich dur feine rege Theilnahme an den Arbeiten des Verwaltungsaus\chuffes in hervorragender Weise um das Germanische usfeum verdient gemacht hat, einen kurzen Nachruf, und die Anwesenden ehrten sein Andenken durch Erheben von den Sizen. Aus den Berichten der Kommissionen ergab sich, daß die Verwaltung des Museums in dem gleichen Sinn wie früher weiter geführt werde, daß das Finanz- und Kafsawesen in bester Ordnung und die freiwilligen Beiträge in steter unahme seien. Auch die Neuerwerbungen für die verschiedenen Sammlungen fanden. die Anerkennung der Kommissionen. Die Dienst- und Geschäftsordnungen wurden in der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung angenommen, und bezüglich der Ab- grenzung des Wirkungskreises der beiden Direktoren bes{loffen, daß dem Ersten Direktor die Verwaltung des Museums, die Leitung und Ergänzung der Sammlungen mit Ausnahme des Kupfer- stichkabinets und der Bauten, sowie das Personalwesen, dem Zweiten die Leitung des Finanzwesens und des Kupferstichkabinets obliegen foll. Die Etats wurden nah den Aufftellungen des Direktoriums ge- nebmigt. Am Schluß der Versammlung überreichte Geheimer Rath von Hegel Herrn Justiz-Rath Freiherrn von Kreß namens des Ver- waltungsauëshusses eine vom Professor Wanderer künstlerisch aus- gestattete Adreffe als Zeichen der dankbaren Anerkennung der Ver- dienste, welche sich Freiherr von Kreß als stellvertretender Zweiter Vorsißender des Verwaltungsaus\{usses in der Zeit scit dem Rücktritt des wrabas Raths von Essenwein bis zum Amktsantritt des Direktors von Bezold um das Museum erworben hat.
Land- und Forftwirthschaft,
Saatenstand in den Niederlanden. :
Der Stand der Winter)aaten wird im allgemeinen als günstig bezeichnet, besonders gut steht die Gerste. Weniger befriedigend sind die Aussichten für die Sommersaaten, inébefondere läßt der Stand des Hafers zu wünschen übrig.
Saatenstand in Rumänien.
Die Witterung war im Mai vorwiegend kühl und trocken, sodaß
die Entwicklung der Saaten während des zelaogeuen Monats nur geringe Fortschritte gemaht bat. Die Frübjahrsfaaten follen sogar theilweise viel zu wünschen übrig lassen. Da e2 in leßter Zeit aus- giebig geregnet hat, so hofft man, daß einige warme Tage enügen werden, um den Feldern ein besseres Aussehen zu geben. In der oberen Moldau und in der Walachei haben Hagelschläge Schaden verursaht: von anderer Seite kommen Klagen über In- seftenfraß.
Die Rapgternte bält man größtentheils für gesichert. Da sich der Napsanbau auf große Flächen erstreckt hat, so dürfte die jet be- ginnende reihlihe Ernte der Landwirthschaft sehr zu statten kommen.
Saatenstand in Bulgarien.
Infolge rechtzeitig eingetretenen reihlihen Regens ist der Stand
der Winter- und Sommersaaten zur Zeit recht günstig.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.
Portugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern sind der Hafen von Konstantinopel und sämmtliche Häfen des Marmara-Meeres für rein von der Cholera erflärt worden. (Vergl. „NR.-Anz.“ Nr. 41 vom 15. Februar d. I.)
Verkehrs-Anstalten.
Am 39. Juni 1895 expediert das Syndikat für südwest- afrikanishe Siedelung (im Auftrage der Deutschen Kolonial- gesellschaft) wiederum einen deutsden Dampfer in ziemli direkter Fahrt von Hamburg nach Deuts{-Südwest-Afrika (Swakopmund und ev. Walfishbai). Die Fahrtdauer wird wie gewöhnlih gegen 30 Tage betragen. Es ift dies der vierte der im Jahre 1895 dur die Deutsche Kolonialgesell haft nach dem füdwestafrikanishen Schuß- gebiete zu erpedierenden Damvfer. Im Laufe des Jahres werden, wie im Jahre 1894, dann noch zwei weitere Dampfererpeditionen erfolgen. Die näâchstfolgende ist für Ende September in Aussicht genommen. Alles Näbere über Fahrpreise und Frahtberehnung, Empfangnahme, Spe- dition und Verladung der Güter theilen auf dabin gehende Anfrage das Syndikat für südwestafrikanische Siedelung, Berlin SW., König- e 49, und die Firma L. F. Matbies u. Co., Hamburg,
rimm 27, mit.
Bremen, 15. Juni. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II1.* von New - Vork kommend, bat am 13. Runi 44 Uhr Nahmittags Hurst Castle pasfiert. Der Swnelldampfier „Lahn“ ist am 13. Juni 11 Uhr Vormittags in New-York angekommen.
Hamburg, 14. Juni. (W. T. B.) Hamburg- Ameri- kanische Padletfabhrt-Aktiengesellshaft. Der Schnelldamvfer „Columbia“ is, von New-York kommend, beute Abend 6 Ubr in Curhaven eingetroffen. Der Schnelldamvfer „Normannia* ist, von Hamburg kommend, beute Morgen 3 Ubr in New-York eingetroffen.
London, 14. Juni. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Pretoria“ is gestern auf der Heimreise von Liffabon abgegangen. Der Castle-Dampfer „Dunottar Castle“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Castle-Dampfer „Arundel Castle“ hat gestern auf der Ausreise die Canarischen Inseln passiert. Der Castle-Dampfer „Pembroke Castle“ ift heute auf der Heimreise in Mauritius angekommen. Der Castle- Dampfer „Norham Castle“ ist heute auf der Ausreise von London abgegangen.
Theater und Musik.
Das Berliner Theater bringt am nächsten Sonnabend eine Neueinstudierung von Anzengruber's „Kreuzelschreiber“. Der Wochen- spielplan lautet im übrigen, wie folgt: Morgen Nachmittag: „Der
farrer von Kirchfeld“, Abends: „Der Geizige*, „Der ungläubige Thomas“. Montag: „Madame Sans-Gêne“. Dienéttag: „Der err Senator“. Mittwoh: „Der Geizige“, „Der ungläubige bomas*. Donnerstag: „Madame Sans-Gêne“*. Freitag als leßte Abonnements. Vorstellung: „Der Geizige*, „Der ungläubige Thomas“. __ Das Theater Unter den Linden be\hließt am 30. d. M. die dieéjährige Spielzeit; bis dabin bleibt die Vaudeville-Operette „Miß Helyett“ auf dem Spielplan. Am 1. August findet die Wiedereröffnung statt.
Mannigfaltiges.
_ Der „Verein der Berliner Volksküchen von 1886* liefert seit Jahren an verschiedene Behörden, Institute, Vereine, Kinderhorte, Fabriken und Werkstätten Mittags in größeren und [kleineren Quantitäten Speisen, welhe meistens aus den Küchen abgeholt werden. Von den Abnebmern wurde vielfa der Wunsch hedupeet, man möchte das Efsen Mittags ibnen zushicken, was jedoch bisher abgelehnt werden mußte, weil Einrichtungen zum Tranéport nicht vorhanden waren; somit konnte sich die Abholung der Speisen immer nur auf folhe Arbeitsftätten 2c. beschränken, die in der Nähe einer Volksküche lagen. Nunmekbr ift der Verein zu dem Entschluß gekommen, vom Oktober ab versuchsweise die Speisen aus feinen 14 Volksküchen nach Fabriken, Werkstätten und anderen beliebigen Stellen in der ganzen Stadt im warmen Zustande Mittags zu liefern. Im Zentralbureau des Vereins, Gertraudtenstraße 24 1, werden die näheren Bedingungen mitgetheilt.
Die Löschung des im Victoria-Speicher, Köpnickerstraße 24 a, auêgebrohenen Brandes, über den wir bereits gestern berichtet haben, war erst um Mitternacht so weit beendet, daß ein Theil der
- Wärmeübershuß bis
äußerst erschöpften Mannschaften in ihre Quartiere zurückebren konnte. Der Speicher ift vollständig ausgebrannt und bietet ein Bild großer Verwüstung. Ueber die Entstehungsursache bat sih nihts feststellen lassen. Wie schon erwähnt, baben bei dem Brande fechs Feuerwehr- leute durch Einsturz eines Mauerwerks Verlezungen erlitten, und zwar der Feuermann Plöß (Quetshung über dem rechten Auge mit Bluterguß), Feuermann F vEta (starke Kontusion des Kopfes und Miunien am Hinterkopf, außerdem unerheblihe Quetshung des Nükens und der rechten großen Zebe), Oberfeuermann Rosenow (Kontusion des Rückens und der linken Hüfte), Feuermann Franz (Kon- tusionen am Kopf und beiden Beinea), Feuermann Wiesenthal (Kon- tusionen an Stirn und Nafe), Feuermann-Anwärter Meinhardt (Ab- \{ürfungen am Kopf und leihte Kontusionen am linken Fuß). Die beiden ersteren wurden nach dem Krankenhauséê Bethanien geschafft, die übrigen konnten sih nach ihren Wohnungen begeben. Der dur den Brand verursahte Schaden wird auf etwa 1 409 000 A geschäßt und ift durch Versicherung gedeckt.
Die Witterung des Monats Mai gestaltete sich nah den Beobachtungen des Königlichen meteorologishen Instituts folgender- maßen: In noch höherem Maße als der Avril zeichnete sich der Mai durch warmes heiteres Wetter und gleichzeitig durch Reichthum an Gewittern aus. Mit alleini-er Ausnahme der Schneekoppe war es in ganz Norddeutschland zu warm, namentlih im Nordosten, wo der zu 43° betrug. Näh einer kurzen kühleren Periode in den ersten Tagen stieg die Temperatur bis zum 5. fehr rasch und von da ab bis zur Monatsmitte langsamer, aber stetig an; sie lag nun um 5 und mehr über dein S Cal. Der um die Mitte des Monats bâufig eintretende Kälterückfall machte sh auch in diesem Jahre, abi eleltcu vom Nordosten, sehr bemerk- bar; denn um den 15. nahm die Wärme so stark ab, daß sie bis zu 60 hinter dem Durchschnittêwerth zurückblieb,. Das Thermometer sank in di-fer Zeit im Gebirge und vereinzelt auch im Flachlande bis unter den Gefrierpunft hinab. Dann aber stieg die Temperatur wieder und erreihte überall, mit Ausnahme der östlihsten Gebiete, ihr Marimum am Monats\{luß. Die Niederschläge, die vielfah im Anschluß an zahlreiche Gewitter fielen, überschritten westlib der Elbe und an der pommerschen Küste die normale Menge. Im ganzen übrigen oftelbisen Gebiet dagegen ift zu wenig gemessen worden, vor allem in Ostpreußen, wo aud die Zabl der Gewittertage unter der normalen blieb. Schneefall trat allein auf den Gebirgen ein, doch hielt sih die Schneedeckde auch dort meist nur kurze Zeit. Die Be- wölkung war ziemlich gering, und namentli die erste Hälfte und der Ausgang des Monats wiesen viele heitere Tage auf. Dem entsprechend erreichte auh die Sonnenscheindauer einen ziemlih hoben Betrag. Zu Beginn des Monats berrshte bober Luftdruck über Deutschland; doch brahten schon in der ersten Pentade flahe, aus Nordwest heran- ziehende Depressionen vorübergehende Abküblung und Regenfälle. In der zweiten Pentade wanderte das Marimum nach Skandinavien, während ein Minimum über dem Mittelländischen Meere lagerte, sodaß bei Winden aus vorwiegend östlicher Richtung heiteres, w1rmes Wetter eintrat, tas auch noch, als das Hochdruckgebiet sich nach Osten ver- hob, in der folgenden Pentade andauerte. Am 15. verursachte eine von Skandinavien kommende tiefe Depression bei lebhaften nordwest- lihen Winden einen starken Temveratursturz, sowie Trübung und Niederschläge; nur allmählih besserte es sih im Laufe der fünften Pentade, als ein von Westen heranrückendes Hochdruckgebiet die De- vression nach dem Innern Rußlands verdrängte. Am Ende des Monats befand sib der höchste Luftdruck über Ungarn, während über den britishen Inseln ein neues Minimum erschien, sodaß bei östlichen und füdlihen Winden überall wolkenloses Wetter eintrat und infolge- dessen die Temperatur schnell zu ihrem höchsten Betrage anstieg.
Breslau, 14. Juni. Am gestrigen Nahmittag um 6 Uhr fand das Massenbegräbniß der Ovfer der Antonienhütter Grubenkatastrophe statt. Siebzehn uniformierte Belegschaften waren aus ganz Oberschlesien mit sechzekn Fahnen zu der Be- stattungsfeier erschienen, an welcher Gesang-, Krieger- und Turn- vereine sh betbeiligten; insgesammt nahmen weit über tausend Personen theil. Der Ober-Präsident Fürst Haßfeldt ließ, wie „W. T. B.“ meldet, dur den Landrath von der Goltz einen praht- vollen Kranz niederlegen. Das Begräbniß erfolgte auf Kosten des Grubenbesitzers Grafen Henckel von Donnersmarck. Es wird mit Aufbietung aller Kräfte gearbeitet, um die noch vermißten elf Berg- leute zu Tage zu fördern.
Westerland auf Sylt, 12. Juni. Durch die Verbindung der biefigen Seebäder mit dem Gebrauh des vor einigen Jahren entdeckten foblenfäurebaltigen Stahblbrunnens hat sch die An- ziehungSfraft unseres Seebadeorts noch gesteigert. Für die Mit- glieder Erholung sucender Familien wird auf diese Weise die dem individuellen Zustande zuträglihe Auswahl unter den beiden Heil- mitteln oder der gleichzeitige Gebrauch von Stahlbrunnen und Seebad ermögliht. Aerztlicherseits ist überdies konstatiert, daß besonders für nervenshwache Personen der Gebrau von Stablbädern infolge der dadurch erzielten Kräftigung der Hautnerven die beste Vor- bereitung für den folgenden Gebrau der Seebäder darbietet. Als ärztliher Leiter des Stablbrunnens und Stablbades fungiert der praktishe Arzt und Badearzt Dr. Quitßow, Westerland.
Nürnberg, 13. Juni. Der Katalog für die Il. Bayerische Landes - Ausstellung in Nürnberg 1896 wird \. Zt. im Ver- lage der Königlichen Hofbuhandlung C. Schrag bierselbst, Verlags- anstalt des Bayerishen Gewerbe-Museums, erscheinen. Die Besorgung des Annoncentheils if der Annoncen-Erpedition Rudolf Mosse hier- selbft übertragen worden.
Hamburg, 14. Juni. An dem Diner, welhes beute zu Ehren Gladftone’'s und des bekannten Schiffsrceders Sir Donald Currie im Zoologischen Garten bierselbft gegeben wurde, konnte, wie ,W. T. B.“ meldet, Gladstone wegen eines leihten Unwoblseins nit persönli tbeilnebmen. Bürgermeister Dr. Mönckeberg toastete auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm und Ihre Majestät die Königin von England, Präsident Sieveking auf die Stammbverwandtshaft der Deutshen und Engländer. Der Präsident der Handelskammer Laeisz äußerte sch über die freundschaftlichen Beziehungen der deutschen und englishen Rhederei und brate einen Trinkfspruch auf Sir Donald Currie aus. Dieser erwiderte in längerer Rede, verlas dabei eine Entshuldigung Glad- stone’'s und spra von den gemeinsamen Interessen des englischen und des deutschen Handels. Woermann toastete {ließlich auf die Damen. Das Diner nahm den berzlihsten und angeregtesten Verlauf.
London, 15. Juni dés „W. L. B.“ in Fife, ein Feuer aus, welch
dem Schloß des Herzogs von vollständig zerstörte.
San Francisco, 14. Juni. Ein Privatbricf cines Matrosen von dem amerikanischen Kreuzer „Charleëton*“ theilt mit, taß am 12. Mai das japanische Torped oboot Nr. 16 bei den Fischer- Inseln gescheitert sei ; von der aus vierzehn Mann bestehenden Be- saßzung sei nur ein Mann gerettet.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
London, 15. Juni. Nach einer Meldung des „Reuter- schen Bureaus“ aus Hongkong sind dort wiederum be- unruhigende Nachrichten aus Formosa eingetroffen. Als das japanische Geschwader eine Rekognoscierungsfahrt an den südlichen Küsten vornahm, feuerten die Forts von Anpeng auf einen Kreuzer, ohne Schaden anzurihten. Die Schwarz- flaggen nehmen eine drohende Haltung an, die Lage der
En ist kritish. Der Kommandeur der Flotte in Hong- ong wurde um Hilfe angegangen, eine Verstärkung von See- soldaten von dem Kriegsschiff „Spartan“ wurde gelandet. Der Kreuzer „Rainbow“ ist nah Formosa abgegangen.
(Fortsézung des Nichtamtlichen inder Ersten und Zweiten Beilage.)
E E
Wetterberiht vom 15. Juni, § Uhr Morgens. |
|
Bar. auf 0 Gr.
u. d. M
4°R
| Wetter.
j
Stationen.
Temperatur
in 9 Celsius
j
Belmullet | O l\wolkenlos 16 AberdeU e 8 62e] NV -Zolla 4 9 (SHENHOMIUNO: L 4 ¡N 3'RNegen 20 Kopenhagen .. L [W 1|Regen 10 Stockholm . S 2 | till wolkenlos 15 aparanda . . SSW 4\wolkig 11 St. Petersburg E [WNW 1/Regen 11 Ee . l\wolkenlos | 22
Cork, Queenstoron 3|woltg | 14 wolli «13 A e [N9 5/halb bed. | 11 O m 13 Iwollig | 11 Hamburg E | 3|bedet | 10 Swinemünde 3\halb bed. | 16 Neufahrwasser . l | 2\wolkenlos | 15 Met A s l O 1/heiter 15 Dari ; till bedeckt 10 ünster . . L W lheiter l 10 Ra | 5 bedeckt 11 R s 4'bededckt E ali S 3ibedeckt 12 Chemnitz 1Regen | Berlin 3\bedeckt B E ftilliwolkenlos B ¡SO 2'wolkenlos | Ile d’Aix ONO 3iwolkig Nizza . H [D 1iwolkenlos | : Uebersiht der Witterung. __ Mit A"snahme Süd-Rußlands und Lapplands ist der Luftdrudck über ganz Europa hoch, das Maximum beträgt über England etwa 769 mm. Indessen erstreckt fih eine Furche relativ niedrigen Luft- drucks von Nord-Skandinavien bis nach Italien. Innerhalb der- selben, besonders au über dem mittleren Deutschland, herrscht trübes, regnerishes Wetter, dessen Ausbreitung nah Ost-Deutschland, wo der Himmel am Morgen noch beiter ist, zu erwarten ift. Das Wetter ift in Deutschland ungewöhnlich kühl, mit mäßigen nordwest- lichen Winden im Westen, schwachen füdöstlihen im Osten, im west- lichen und mittleren Deutschland gingen vielfah ergiebigere Regenfälle nieder. Deutsche Seewarte.
red. in Millim. 5) 50G.
Theater- Anzeigen.
Berliner Theater. Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. — Abends 7+ Uhr: Der Geizige. — Der ungläubige Thomas.
Montag: Madame Sans-Gêne.
Dienstag: Der Herr Senator.
Neues Theater. Siffbauerdamm 4 a. /5. Sonntag: Ensemble-Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze-Theaters (Ham- burg) unter Leitung des Direktors José Ferenczy. Tata-Toto. Vaudeville in 3 Akten nah Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 7+ Uhr.
Montag: Tata-Toto.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Frißshe. Sonntag: Miß Helyett. Vaudeville-Operette in 3 Akten von Maxime Boucheron. Deutsh von Richard Genée. Musik von E. Audran. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfana 7t Uhr.
Montag: Miß Helyett.
Familien-Nachrichten.
Durch den am 7. Juni 1895 erfclgten Tod des Herrn ; Kaufmann Adolf Salomon
hat unsere Gesellschaft einen schmerzlichen Verlust erlitten. Seit dem 31. März 1882 Mitglied des Aufsichtsraths, bat er der Bank stets ein lebhaftes Interesse gewidmet und ih dadurch ein bleibendes Andenken bei uns gesichert.
Berlin, den 14. Juni 1895.
Der Auffichtsrath und die Direktion
der Deutschen Hypothekenbank
(Actien-Gesellschaft). [17925] e a M S V]
Verlobt: Frl. Elisabeth Schubert mit Hrn. Oberlehrer Ernît Ienssen (Jauer). — Frl. Harriet Steinmann mit Hrn. Dr. se. nat. Albert Remy (Oberlahnstein). — Frl. Magdalene von Brosyh- Steinberg mit Hrn. Sec.-Lieut. Oscar von Bentivegni (Berlin).
Verebeliht: Hr. Hauptmann Adolph von Arenstorff mit Anna Freiin v. d. Bussche-Ippenburg, gen. von Kefsell A. e
Geboren: Ein Sobn: Hrn. Dr. Conrad von Scheele (Berlin). Hrn. Rittmeister a. D. von Sydow (Langheinersdorf). — Ein? Tochter: Hrn. Regierungs-Assessor von Duelong (Berlin). — Hrn. von Alten (Tieyow). — Hrn. Domänenpätter Schmidtke (Domäne Tavlaken). /
Gestorben: Freifrau Clara von Rheinbaben, geb. von Gerladh (Seitendorf). — Hr. Prem. - Lieut. Curt von Einsiedel a. d. H- Gnandftein (Wiesbaden). — Verw. Fr. Rittergutsbesißer Helen? Langer, geb. Freiin von Richtbofen (Bad Jastrzemb). — Pr- Hauptm. a. D. Alfred Scherbening (Deuts{-Lifsa).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Beriin. Verlag der Expedition (Sch{ch olz) in Berlin.
Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße 32.
Sieben Beilagen (eins{ließli4 Börsen-Beilage).
zum Deutschen Reichs-Anz
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 74. Sizung vom Freitag, 14. Juni.
Ueber den Beginn der Sißzung ist gestern berichtet worden.
Die Berathung des Entwurfs eines Stempelsteuer- geseßes wurde bei der Tarifposition 26 (Gesellshafts- verträge) fortgeseßt.
Abg. Gothein (fr. Vg.) mißbilligte die starke Belastung der Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht, deren Bildung man nicht ersbweren dürfe. Wenn eine Aktiengesells haft mit 20 Millionen Kapital sich in eine Gesellshaft mit beschränkter Haftvfliht ver- wandeln wolle, weil sie diese Form für zweckmäßiger halte, müsse sie nach den Kommissionsvorshlägen einen Stempel von 200000 Æ zahlen, obwohl die Mitglieder dieselben bleiben. Das fei ungere(t- fertigt.
Vie. von Dallwitz (kons.) rechtfertigte demgegenüber die Kom- missionsbes{lü}sse. Die Umwandlung von Gesellschaften in andere Formen sei hâufig nihts weiter als ein verschleiertes Kaufgeschäft. Der Antrag des Abg. Richter widersprehe dem Prinzip, daß der Stempel der Leistungsfähigkeit des Zahlenden angemessen fein müfse.
Abg. Richter: Ich verstehe niht, wie für die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung derartige Stempelsäte fest- gestellt werden konnten. Jetzt ers ist man im Begriff, von dem Gesetze über die Gesellshaften mit beschränkter Haftung Gebrauch zu machen, und schon legt der Fiskus seine Hand darauf. Vielleicht hängt die Höbe des Stempels für Gesellschaften mit beschränkter Haftung damit zusammen, daß diese nit diefelve Steuer bezahlen wie die Aktien- gesellshaften. Jedenfalls ist das aber kein Grund, die Errichtung jolher Gesellschaften zu belasten. Für Aktiengesellshaften mag ein Firstempel von 1,50 Æ angebracht sein; nachdem aber das Reich die Steuer für Aktiengesellshaften ers auf das Doppelte erhöht hat, \cickt es sih nicht für den Einzelstaat, nunmehr noch eine besondere prozentuale Steuer bei Gründung diefer Gesellschaften zu erheben.
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Ich bitte das bobe Haus, alle Anträge mit Ausnahme dessen des Herrn Abg. Kirsch abzuletnen. Was den leßteren betrifft, so ist {on mit Recht ausgeführt, daß er eine Lüdke ausfüllt, und zwar im Sinne der Anschauungen der Kommission selbst; er is gewissermaßen eine bessere Redaktion desjenigen, was nach meiner Auffassung die Kom- mission auch ihrerseits wollte.
Meine Herren, ih knüvfe an die Bemerkungen des Herrn Abg. Richter an. Er sagte: die Besteuerung der Aktiengesellshaften mit 1/50% ftatt mit einem Firftempel von 1,50 A {idt ih gewissermaßen für die Einzelstaaten niht, da das Reich die Aktiengesellschaften seinerseits besteuert hat. Aber das Reich besteuert bloß dasjenige Necht der Aktiengesellschaften, wel{es in der Emanierung von papiers anu porteur besteht, durch den Aftien- stempel : aber die großen Vortheile, die bei der Kapitalassoziation die An- erkennung des Rechts der Bildung einer neuen selbständigen Korpo- ration darstellt, die in jedem Vertrag wegen Errichtung einer neuen Gesellschaft liegt, bleibt im Reich völlig unberührt.
Nun will ja der Herr Abg. Nichter selbs den Fixstemvel von 1,50 Æ garnicht berühren; den erkennt er an. Das würde sih dann ebenso wenig schicken dem Reich gegenüber, — noch weniger; denn nirgendwo kann der Ficstempel ungerechter sein als im vorliegenden Falle. Der Herr Abg. Nichter führte selbs aus, daß der Aktien- gesellshafien sehr viele seien, die nur ein ganz geringes Kapital haben: daß aber andererseits Aktiengesellshaften, die 70 und 80 Millionen besißen, vielfah vorhanden find und neu errihtet werden, das wird er mir gewiß nicht bestreiten. In beiden Fällen den gleihen Stempel zu nehmen, ift jedenfalls das Allerungerechieste, was man thun kann. Man fann hier gewiß sagen : Aktiengesellschaft ist nicht Aktiengesellschaft, das eine ift ein ganz anderes Ding als das andere und wir werden fehr viele Fälle in Zukunft haben, wo der Stempel von 1,50 niht herauskommt bei 1/50 9%. Ich glaube also, alle Versuche, hier einen Firx- stempel einzuführen bei diesen Gesellshaften, die ihrem Um- fange, ibrer Bedeutung, ihrer Kapitalzkraft nach fo sehr verschieden find, würde eine sehr mechanische Art, die Stempelgescigebung zu be- bandeln, sein, —; wir wollen ja gerade in diesem Geseß nah der Richtung hin mehr Gerechtigkeit üben, als das Stempelgesezß von 1822 fie geübt hat.
Meine Herren, nun haben verschiedene der Herren gesprochen über die Eesellshaften mit beschränkter Haftpflicht. Sie haben die Sache so dargestellt, als wenn es die heimlihe Absicht des Finanz - Ministers gewesen wäre, die Bildung und Ent- widelung dieser Gesellshaften zu verhindern oder zu erschweren. Das liegt hier durhaus nicht vor. Ich theile mit allen Rednern die Meinung, daß für viele wirthschaftlihe Zwecke, aber niht für alle, diese Form der Gesellschaft sih vortrefflich eignet, und ich halte es für eine große Wohlthat, daß diese neue Gesellshaftsform eingeführt und für fsolhe Zwecke ermögliht werde, für welche sie angebrachter ist wie die Aktiengesellshaft; darum handelt es sich aber im vor- liegenden Falle nit.
Ich habe {on — und ih bleibe bei dieser Ansicht stehen —, auch heute son, bedauert, daß die Gesellshaften mit beschränkter Haftbarkeit vollständig von der Einkommensteuer und folgeweise von der Gemeindesteuer freigeblieben sind; denn gerade diese ungerechte Privilegierung dieser einen Gesellshaftsform — ih erinnere nur an die Genossenschaften, die in den meisten Fällen mehr einen gemein- nüßigen Charakter haben, — hat fie über Gebühr begünstigt.
Der Herr Abg. Noelle meint, wenn \ih eine größere Anzahl — und in steigendem Maße kann ih hinzufügen — von Akftiengesell- schaften in diese Form verwandelt, fo beweise das eben, wie 'heilsam diese Form sei für solhe Zwecke. Nein, meine Herren, das mag in manchen Fällen rihtig sein; wir können aber sehr wohl nach- weisen, sogar durch ofene Erklärungen der Betheiligten, daß sehr viele Aktiengesellschaften, sogar sehr große, sih in diese Form verwandelt haben, um der Einkommensteuer und daneben der Ge- meindesteuer zu entgehen. (Sehr richtig! rechts.) Wenn eine Gesell- {haft mit mehreren Millionen Kapital die größten Betriebe in einer Gemeinde hat, und sie verwandelt sich in diese Form, so wird sie steuerfrei und kann auh niht genügend zu den übrigen Formen
Erste Beilage eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 15. Juni
der Besteuerung herangezogen werden. Jch glaube daher, daß gar kein Grund vorliegt, diese Gesellshaften noch weiter zu begünstigen gegen- über den Aftiengesellshaften; ih bin üLerzeugt: sind die Vortheile dieser Ge!’ellshaftsform, die jedoch auch Korporationsrehte enthält, so bedeutend, wie die Herren annehmen, dann wird dieser mäßige Stempel da wenigstens kein Hinderniß sein, wo diese Gesellshafts- form eigentli bingebört.
Meine Herren, das Wesentliche der neuen Gesellshaftsform ist die Vereinigung von Arbeit und Kapital. Wenn Sie aber Gesellschaften dieser Art mit Kapitalien von mehreren Millionen haben, dann tritt diese Natur dieser Gesellshaft durchaus zurück, dann tritt der reine tapitalistishe Charakter dieser Gesellshaft in den Vordergrund und dann ist gegenüber den Privilegien, die sie schon in der preußishen Steuergesetgebung hat, erst recht kein Grund, fie noch weiter zu be- günstigen.
Meine Herren, wenn hier bis 100000 -# 1/5099 und bis zu 300 000 Æ 1/10 9/6 erhoben wird, so werden gerade die kleineren Gesell- schaften, wo Kapital und Arbeit si vereinigen, in so geringem Maße getroffen, daß eine Verhinderung zur Bildung dieser Gesellshaften nit eintreten wird.
Wenn der Herr Abg. Gothein von einer Familie gesprochen hat, die es für zweckmäßig gehalten hat, ihre 20 Millionen-Erbschaft in eine Gefellshaft mit beshränfkter Haftbarkeit zu verwandeln, so habe ih, wenn sie wirklih 1 9%/% zahlen müßte, doch kein großes Mitleid mit ihr; ih glaube, eine solhe Familie ist auch wobl in der Lage, einen angemessenen einmaligen Stempel bei Errichtung einer solchen Gesellschaft zu zahlen. (Sehr richtig! rets.)
Meine Herren, bei den Aktiengesellshaften ist das ja au nicht anders. Wir baben damals bei Verbandlung der Frage der Doppel- besteuerung der Aktiengesellshaften ja sehr viel von Familienaktien- gefellshasten gehört; die müssen ja auch ebenso zahlen wie diejenigen dritten Personen, die einer Familie nicht gehören. Jh glaube daber, dieses Beispiel wi ¿ hohe Haus wenig rübren können.
Der Antrag des n Noelle will ja einigermaßen den Kommissionsbeschluß beibehalten; ih halte aber au diesen Antrag niht für angebraht. Der Abg. Noelle hat selbst gesagt: über Zahlen fann man streiten. Man kann ja an dem Tarif etwas mehr oder weniger ändern; wenn man aber eine Kommission eingeseßt hat, die diese Sade in ausführlihster Weise behandelt, nah langen Erwägungen zu einem bestimmten Resultat gekommen is — und ih meine, die Herren von der nationalliberalen Partei haben in der Kommission selbst für diese Kommissionsanträge gestimmt —, fo ist es nicht richtig, im Plenum an einem folchen Tarif wesentliß zu ändern, und ih glaube auc, man föônnte — ich will darauf niht weiter eingehen — sehr wohl nahweisen, daß die Art und Weise der Tarifierung in dem Antrage Noelle und Gen. in manher Beziehung weniger berechtigt ist als die in den Kommissionsbeschlüssen.
Jch kann dem Hause nur rathen, gerade in diesem Fall bei den Kommissionsbes{lüfsen zu beharren; eine wesentlihe Ershwerung der Gefellschaftébildung liegt in dieser Art von Stempel nach meiner Meiuung in keiner Weise, und ih bitte, alle Anträge abzulehnen, wie gefagt, mit Au3nahme des Antrags des Herrn Abg. Kirsch.
Abg. Möller (nl.): Ich stehe im wesentlichen auf dem Stand- punkte des Herrn Richter, die Belastung für alle Gesellschaften mög: lichst zu verringern. Herr Richter hat {hon hervorgehoben, welche Vortheile in der Form der Gesellshaften mit beschränkter Haftung liegen. Bei ihnen wird das Kavital zwar afsoztiert, aber niht mobi- lisiert, wie bei den Aktiengesellshaften. Deshalb sind sie auch von der Einkommensteuer freigelafsen worden. Bet einer Kapitalvereini- gung von 300 000 Æ treten fapitaliftishe Interessen noch nicht hervor ; in der Jettzeit ist auch ein Kapital von einer Million Mark für einen Gewerbebetrieb noch fein besonders bobes zu nennen.
Abg. Parisius (fr. Volksp.) trat den Ausführungen des Abg. Nichter bei.
Abo. Schenk (fr. Volkëp.) begründete seinen gestern mitgetheilten Antrag mit einem Hinweis auf die volkswirthschaftlihe Bedeutung der genossenshaftlihen Afsoziation.
Unter Ablehnung sämmtliher Abänderungs- anträge wurde Position 26a in einer vom Abg. Kirsch be- antragten veränderten Fassung angenommen.
Litt. c der Nr. 26 bestimmt für das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen in eine Aktien- gesellschaft, Kommanditgesellshaft auf Aktien oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung bei Errichtung derselben oder in eine bereits bestehende Gesellschaft, insoweit zu dem ein- gebrahten Vermögen unbeweglihe, im FJnland belegene Sachen oder diesen gleichgeahtete Rechte gehören, einen Stempel von 1 Proz. des Entgelts oder, wenn das Entgelt aus dem Vertrage nicht hervorgeht, des Werths des ein- gebrachten Vermögens. Jnsoweit zu dem eingebrachten Ver- mögen unbewegliche, außerhalb des Landes belegene Sachen gehören, joll ein Stempel von 1,50 F erhoben werden.
Abg. Richter (fr. Volksp.) beantragte, die Gesell- schaften mit beshränfkter Haftung von diesen Bestim- mungen auszunehmen.
Abg. Nichter: Nah Annahme der Litt. a in der Fassung der Kommission würde die Aufrechterhaltung der Litt. c in der gegen- wärtigen Fassung besonders bedenklih sein. Wenn dann z. B. Erben eine Gesellshaft mit bes{hränkter Haftung errichten wollen, in welche sie Immobilien mitbringen, müssen fie den enorm hoben Stempel von 19/9 zablen, obwohl doch nur eine Aenderung der Rechtsform und kein Kaufgeshäft vorliegt. Eine Aktiengesellschaft mit einem Grund- fapital von 300 000 M zabl[lt nur 1/109%/5 für den Stempel, während eine Gesellshaft mit beshränfter Haftung, in welhe Immobilien im Werthe von 100 000 eingebraht werden, 1000 ÆA an Stempelsteuer zu zahlen hätte.
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Der Abg. Richter hat vielleiht Recht, daß das Einbringen einer Gesellshaft nicht den Charakter eines Kaufs habe; aber er übersieht dabei, daß wir hier bei dem Uebertragungsstempel eine andere Definition in diefen Entwurf aufgenommen haben wie früher. Wir s\prehen in diesem Entwurf von Veräußerungen, d. h. von dem Uebergang des Eigenthums von einer Person auf die andere. Welchen juristischen Charakter dieser Uebergang auch hat, er soll in allen Fällen unter den allgemeinen Ver-
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äußerungsstempel fallen. Und das i doch auch ganz gerecht; denn der Grund der Besteuerung liegt ja gerade in dem Wechsel des Eigenthums durh Uebergang von einer Person auf die andere. Ob das nun gerade in der Form des Titels „Kauf“ oder eines anteren Titels geschieht, das soll in Zukunft keine Bedeutung mebr haben. Nun trifft aber hier diese allgemeine Definition in vollem Maße zu. Denn es geht hier das Eigenthum „an dem eingebrahten Grundstück von dem individuellen Eigen- thum einer bestimmten Person in ein Gesellschaftseigenthum über. Es is also nur die Konsequenz der allgemeinen Grundsäße dieses Geseßes, daß auch in diesem Falle der volle Stempel erhoben wird. Einen Unterschied hier zu machen: zwischen Aktiengesellschaften, bei welchen der Abg. Richter selbst diese Bestim- mung bestehen lassen will, und dieser Gesellschaft, dafür finde ih gar feinen genügenden Grund. Das Wesen der Sache ift dasselbe. In vielen Fällen wird der Aktionär selbs das Einbringen in die Aktien- gesellshaft vornehmen, ebenso wie hier ein zukünftiger Genosse seinen Antheil bergiebt durch Hingabe von Eigenthum in die neue Gesell- chaft mit besonderer juristisher Persönlichkeit.
Ich glaube also nicht, daß bier eine besondere Härte bestebt, ih glaube somit auch nicht, daß ein besonderer Grund vorliegt, hier irgend eine Ausnahme zu machen.
Abg. Kirsch (Zentr.): Ich halte die Sache doh nicht für fo unbedenklih, wie es der Herr Finanz-Minister zu thun sheint. Die Anwendung der Bestimmung kann zu großen Härten führen. Wir werden troßdem in dieser Lesung gegen den Antrag Richter stimmen, weil wir uns sagen, daß die Gefellshafter im allgemeinen eher eine stärkere finanzielle Belastung tragen können als der einzelne, und wir beim Mieth- und Pachtvertragstempel eine Erleichterung wünschen. Die Ausfälle, welche dort entstehen, follen durch die Mehreinnahmen von den Gesellschaften gedeckt werden. ; — :
Abg. Krau se (nl.) flimmte prinzipiell dem Finanz-Minister bei, hielt es aber für angemessen, die Gesellshaften mit beschränkter Haftung befonders zu berüdsichtigen, weil gerade ihnen der kapita- listishe Charafter fehle, welher den Aftiengesellshaften und Kom- manditgesellshaften auf Aktien anhafte. Redner ersuchte sodann um Auskunft darüber, ob die offenen Handelsgesellshaften und Kom- manditgesellshaften, welhe in Litt. c niht aufgeführt seien, von dem dort festgesezten Stempel befreit seien. E | :
_ Geheimer Ober-Finanz-Rath Rathjen bestätigte dies dahin, daß für den Fall, daß der für die Bildung solher Gesellschaften festgeseßte Stempel gezahlt sei, ein weiterer Stempel für die Ein- bringung von Immobilien nur dann erhoben werde, wenn es sich um einen thatsächlichen Kaufvertrag handele. E E :
Abg. Oswalt (nl.): Hier wird eigentlih niht entschieden, wie es mit der Besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehalten werden soll. Wird Litt. c in der gegenwärtigen Fassung aufrecht erhalten, fo haben die nach den Kommissionsanträgen in Litt. a gewährten Erleichterungen nur noch eine sehr geringe Be- deutung; denn bei den meisten Gründungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelt es sfich um die Umwandlung schon bestehender Etablissements, also um die Einbringung von Immobilien.
Abg. Nichter: Der Abg. Kirsch übersieht, daß in dieser Steuer eine Begünstigung des Großkapitals liegt. Während sonst nur die großen Gefellshaften mit über 590 000 Stammkapital 1 9/6 zahlen müssen, müssen bei dem Einbringen von Immobilien auch die kleinen Gesellschaften diesen Prozentsaß zahlen. Die Heranziehung des Mieths- stempels, dessen Ausfall gedeckt werden soll, ist nicht am Play. Denn dort handelt es sih um 800 000 G mehr oder weniger, während Hier nur die Summe von 30- bis 40000 Æ in Betracht kommt.
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Wenn das ritig ist, was der Herr Abg. Richter eben sagte, daß es sh bier um eine Quisquilie handelte, so kann diese Quis- quilie doch auch nicht von allzu großer Bedeutung sein für denjenigen, der das Grundstück einbringt.
Meine Herren, der Herr Abg. Richter hat an der Schäßung Anstoß genommen. Wer kann die zukünftige Entwicklung dieser von den Herren so hoch angesehenen Gesellschaften mit beschränkter Haftbarkeit vorhersehen? Wer foll beurtheilen, um welche Beträge bei ter Weiterentwikelung und Weiterverbreitung — an die die Herren ja zweifellos alle glauben — dieser Gesellshafts- formen, um welche Beträge es sich da in Zukunft handelt ? Iedenfalls ist richtig, daß, wenn es sih um irgendwelche bedeutende Kapitalbeträge handelt, die bier zusammentreten zu einer neuen Gesellshaftsform, se besser diesen nur mäßigen Stempel vertragen können als eine einzelne Person. Insofern hat der Herr Abg. Richter vollständig Recht.
Meine Herren, ein Abgeordneter — ih glaube, es war der Herr Abg. Dr. Krause — sagte: dieses hohe Haus hat in der Ein- tommensteuer und in der Kommunalsteuer diese Gesellschaften freigelassen, um sie zu fördern oder zu begünstigen, und daraus fkonkludiert er, daß man weiter fortfahren muß, diese Gesellschaften zu begünstigen und geradezu zu privilegieren vor anderen Gefellshaftsformen. Jch glaube, umgekehrt. Der Herr Abg. Krause sagt, nun wäre es des grausamen Spiels genug; man solle nun endlich mal aufhören, hier noch eine weitere Besteuerung ein- treten zu lassen. Ich sage auch, des grausamen Spiels bezügli dieser Gesellschaften is es genug, und wenn man die un- geheuren Vortheile, die die volle Freilassung von der staat- lihen Einkommensteuer und von der Kommunalsteuer, die häufig 300 9/6 Zuschläge zur Einkommensteuer beträgt, für diese Gesellschaften mit \fih bringt, in Betracht zieht, dann kann man allerdings sagen: diese Stemvelfrage is Quisquilie.
_ Abg. Kla fing (kons.) konfstatierte, daß der Antrag des Abg. Richter sih mit dem en, Rechte niht decke, wonach das Ein- bringen in eine Gefellshaft jeder Art nur dann vom Kaufstempel entlastet sei, wenn es kein integrierender Bestandtheil des Gesell- shaftsvertrages sei. L S i
Abg. Richter erwiderte, daß sein Antrag nichts Anderes wolle, als für die Gesellshaften mit beshränkter Haftung dasselbe zu erreichen, was die Kommission den offenen Handelsgesellshaften gewährt habe. Der Vorredner müßte dann auch die Kommissionsfassung bemängeln.
Darauf wurde der Antrag des Abg. Richter mit knapper Mehrheit abgelehnt. Die Position 26c gelangte zur Annahme.
_ Die Position 26d der Regierungsvorlage betrifft die Besteuerung der Ueberlassung von Rechten am Gesell- shaftsvermögen an andere und der Abfindung eines Gesell- schafters bei Auflösung der Gesellschaft. Der Stempel ist be: