1895 / 144 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Regt. Kronprinz, im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Pfeffer, Major und Bataillons - Kommandeur vom 6. Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, im 13. Inf. Negt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, beide, unter Beförderung zu Oberst-Lieutenants, zu etatsmäßigen Stabsoffizieren; die Haupt- leute und Komp. Chefs: Frhr. v. Schacky auf Schönfeld im 1. Inf. Regt. König, Fischer vom 1. Jäger-Bat., im 2. Inf. Regt. Kronprinz, S chenk vom 12. Inf. Regt. Prinz Arnulf, im 6. Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, diese, unter Beförde- rung zu Majors, zu Bats. Kommandeuren, Stefe nelli v. Pren ter- hof u. Hohenmaur, Hauptm. vom 2. Inf. Regt. Kronprinz, im 1. Inf. Regt. König, Hurt, Hauptm., bisher à la suite des 1. Jäger-Bats. und Adjutant bei der 3. Inf. Brig., im genannten Bat., Hetel, Pr. Lt. des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, unter Enthebung vom Kommando zum Generalstabe, in diesem Regt., unter Beförderung zum Hauptm. ohne Patent, zu Komp. Chefs, Slevogt, Pr. Lt. des 18. Infanterie-Regiments Prinz Ludwig Ferdinand, unter Stellung à la suite dieses Regiments, zum Adjutanten bei der 3. Infanterie - Drigae, ernannt. Die Oberst-Lts. und etatsmäß. Stabsoffiziere: Dippert im 12. Inf. Regt. Prinz Arnulf, Hauer im 16. Inf. Regt. Großherzog

erdinand von Toskana, Bürklein im 2. Feld-Art. Regt. Horn,

rhr. v. Leoprehting, Oberst-Lt. à la suite des 3. Inf. Negts.

rinz Karl von Bayern und Direktor der Kriegs\{hule, zu Obersten,

rhr. v. Würzburg, Rittm. im Verhältniß à la suite der

rmee, Wirthmann, Hauptm. à la suite des 1. Fuß-Art. Regts. vakant Bothmer und Direktor der Geshüßzgießerei und Ge- coßfabrik, zu Majors; die Hauptleute und Kompvy. Chefs: Widemann im 1. Inf. Regt. König, Schieder im 2. Inf. Negt. Kronprinz, Gürleth im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württem- berg, Weyse im 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Krieg im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Shwaabe im 10. Inf. Regt. Prinz Ludwig, Erhard, Berthold im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, Hummel im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Desch, Rittm. und Eskadr. Chef im 2. Chev. Regt. Taxis, Müller, Hauptm. à la suite des Ingen. Korps und Lehrer an der Kriegsschule, zu überzähl. Majors; die Pr. Lts. : Graf v. Spreti im 2. Inf. Regt. Kronprinz, .Trets cher im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Marc, Adjutant beim Bezirks- Kommando Würzburg, im 9. Inf. Regt. Wrede, v. Heydenaber, à la suite des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig und Adjutant bei der 9. Inf. Brig., Riederer, à la suite des 13. Inf. Negts. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich und Vorstand der Arbeiter-Abtheil., Mich a- helles im 14. Inf. Negt. Herzog Karl Theodor, Küffner im 2. Jäger-Bat., Walther von Walderstötten, à la suite des 1. Schweren Reiter-Regts. Prinz Karl von Bayern und Adjutant bei der 1. Kav. Brig., Frhr. v. Shacky auf Schönfeld im 2. Schweren Reiter-Regt. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreih, Frhr. von Wolfskeel im , Ulan. Regt. Kaiser Wilbelm I1., König von Preußen, Konitßky, Schnißlein im 2. Ulan. Regt. König, v. Huber-Liebenau im 1. Chev. Regt., Kaiser Nikolaus von Rußland, Föll im 5. Chev. egiment Erzherzog Albreht von Oesterreich, Kolb, à la suite des 6. Chev. Regts. vakant Großfürst Konstantin Nikolajerwitsch und Adjutant bei der Insp. der Kav.,, Paul, Schneider im 1. Feld-Art. Regt. Prinz-Regent Luitpold, von Kloeber im 3. Feld-Art. Regt. Königin Mutter, Dannhorn, Bechtold im 1. Pion.-Bat., Hurst, Hilfsoffizier bei der Gend. Komp. von Unterfranken und Aschaffenburg, sämmtlich zu überzähl. Hauptleuten (Rittmeistern), Gräf, Feuerwerks-Pr. Lt., kommandiert zum Filial-Art. Depot Neu-Ulm, zum überzähl. Feuerwerks-Hauptm. beim Art. Depot Ingolstadt; die Sec. Lts. : Staubwasser I.,, kommandiert zur Kriegs-Akfademie, im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Merck im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, von Hellingrath, Hilfsoffizier bel der Gend. Komp. von Oberbayern, zu Pr. Lts, Graf Fugger v. Glött im Inf. Leib-Regt., v. Schintlin g, à la suite des Inf. Leib-Regts. und Erzieher am Kadetten-Korps, Zenns im 1. Inf. Regt. König, Baur im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Ableitner, Helmes, Plat, Schuster, kommandiert z. Eisenb.-Bat., im 4. Jnf.Regt. König Wilhelm von Württemberg, Krueg er, kommand. z. Unteroff. Schule, à la suite des 4. Inf. Regts. König Wilhelm von Würtemberg, Frhr. v. Schhellerer im 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von

Hessen, Zirngibl, Popp im 6. Inf. Negt. Kaiser Wilbelm, König

von Pre, Wilcke, Prenner, Brunner, kommandiert zum Topographishen Bureau des Generalstabs, im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Friedmann, kommandiert zur Unteroff. Schule, à la suite des 7. Inf. Negts. Prinz Leopold, Murmann, Dörr im 8. Infanterie-Regiment vakant Pranckh, Ritter Mert p. Quirnheim im 9. Inf. Regt. Wrede, Carl, Küster, Hof- mann im 10. Inf. Regt. Prinz Ludwig, Murxel, Haßler, Aschenauer im 11. Inf. Regt. von der Tann, Eberhard- Löhlein, kommandiert zum Topographischen Bureau des Generalstabs, Harrach im 12. Inf. Regt. Prinz Arnulf, Bäuer lein, Paulus, leßterer Adjutant beim Bezirks-Kommando Gunzenhaufen, Latte r- mann im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Raab I., Passavant, Krackhardt, Schmitt, Geigel, Lampel im 14. Inf. Regt. Herzog Karl Theodor, Stoll, Hörnis, beide kommandiert zum Topographishen Bureau des Generalstabs, im 15. Infanterie-Regiment König Albert von Sachsen, Edler v. Krempelhuber auf Emingen, Erzieher am Kadetten- Korps, Weingärtner, kommandiert zur Unteroff. Schule, beide à la suite des 15. Inf. Negts. König Albert von Sachsen, Bedall im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Toskana, Hudler im 2. Jäger-Bat.,, Brennfleck im 2. Schweren Reiter- Negt. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolf von Oesterreih, Frhr. Haller v. Hallerstein, Frhr. v. Schrottenberg, beide kom- mandiert zur Equitationsanstalt, im 1. Chev. Regt. Kaiser Nikolaus von Rußland, Ritter Edler v. Schultes, Negrioli im 2. Chev. Negt. Taxis, Rächl, Rupprecht, beide kommandiert zur Equitation®anstalt, im 3. Chev. Regt. vakant Herzog Maximilian, Oskar v. Froel ih, Eduard v. Froelich im 4. Chev. Reat. König, Merz im 6. Chev. Regt. vakant Großfürst Konstantin Nikola- jewitsch, Schneider im 5. Feld-Art. Regt, Neitmeyer bei der Fortifikation Ingolstadt, Leybold, Mainz im 1. Train- Bat., May im 2. Train-Bat., zu überzähl. Pr. Lts., befördert. v. Cramon, Oberst-Lt. und Exempt der Leibgarde der Hartschiere, als Oberst, Mack, Hauptm. z. D. und Bezirks - Offizier beim Bezirks - Kommando T München, als Major, carakterisiert. Thäter, Oberst-Lt. und Abtheil. Chef im Kriegs-Ministerium ; den Hauptleuten und Komp. (Battr.) Chefs: Kreitmair im 9. Inf. Regt. Großherzog Ernft Ludwig von Hessen, Duprée im 8. Inf. Regt. vakant Pranckh, Puy im 18. Inf. Negt. Prinz Ludwig Ferdinand, Shmidt im 19. Inf. Regt., Frhr. v. Stein, Degmair im 4. Feld-Art. Regt. König; den Pr. Lts.: Pfeiffer, Adjutant beim ezirks - Kommando Bamberg, Düring, beide im 95. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Wesen v. Haasy, Schießl im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz osepb von Oesterreih, Hierthes, Weiß, beide kommandiert zur Kriegs- Akademie, im 15. Inf. Reat. König Albert von Sachsen, Schwarzmann, Haas im 17. Inf. Regt. Orff, v. Wenz zu Niederlahnstein, kommandiert zur Kriegs - Akademie, Guth- mann, beide im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Mohr, Frhr. v. Feilißsch, dieser kommandiert zur Equitations- anstalt, beide im 4. Feld-Art. Regt. König, Patente ihrer Charge verliehen.

__IÍn der Gendarmerie. 11. Juni. Pracher, Major und Gbef der Gend. Komp. von der Oberpfalz und von Regensburg, als Oberst-Lt. charakterisiert.

_Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 7. Juni. v. Delbafen, Hauptm. à la suite des 2. Feld-Art. Negts. Horn und Unter-Direktor der Art. Werkstätten, unter Charakteris. als Major und unter Verleibung der Aussicht auf Anstellung im aprégie mit der gescßlihen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der biéherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Ab-

zeichen der Abschied bewilligt.

rhr. v. erh ensee Sec. Lt. à la suite des 2. Ulan. Regts. König, zu den Ref, Offizieren des genannten Regts. verseßt.

8. Juni. Stepf, Oberst-Lt. a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 14. Inf. Regts. Herzog Karl Theodor, Kery, Major a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 3. Feld- Art. Negts. Körigin-Mutter mit den für Verabschiedete vorge- schriebenen Abzei ertbeilt.

11. Juni. Schreyer, Oberst und Kommandeur des 4. Inf. Regts. König Wilhelm von Württemberg, Martin, Major und Bats. Kommandeur vom 1. Inf. Regt. König unter Verleihung des Charafters als Oberst-Lt, mit der geseßlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, der Abschied bewilligt.

XITIIL. (Königlich Württembergisches) Armee-Korps. Beamte der Militär-Verwaltung.

15. Juni. Schweitzer, charakteris. Proviantmeister, zum roviantmeister, Hahn, Proviantamts-Aspir., zum Proviantamts- ssistenten, ernannt. Rieger, Proviantamts-Kontroleur, der

Charafter als Proviantmeister verliehen. L

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 15. Juni. Schweitzer, Proviantmeister, von Ludwigsburg nah Stuttgart, Hahn, Proviantamts-Afsist., von Weingarten nah Ludwigsburg, zum 1. Juli d. J., Reik, Proviantamté-Kontroleur, von Stuttgart nach Ludwigsburg, Schmidt, charakteris. Proviantamts-Kontroleur, von Ludwigsburg nah Stuttgart, zum 1. Oktober d. J. verseßt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 77. Sißung vom Dienstag, 18. Juni.

Auf der Tagesordnung stand zunächst die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Errichtung einer Zentral- anstalt zur Förderung des geno}senschaftlichen Pers onalTrehits. Es nahm dazu das Wort der

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Gestatten Sie mir, die Vorlage mit einigen erläuternden Worten einzuführen und bei Ihnen zu begleiten.

Die Vorlage will eine Zentral-Genossenschaftzkafse zur Förderung des Genossenshaftswesens im Lande einrihten, welhe nur im be- shränkten Maße als eine eigentlihe Staat8anstalt anzusehen ift. Für die Geschäfte dieser Zentral-Genossenshaftsbank soll der Staat mit seinem ganzen Gesammtvermögen nicht haften. Andererseits aber muß der Staat auf die Leitung und Geschäftsführung dieser Bank vorerst wenigstens einen entscheidenden Einfluß üben, weil das ganze Grundkapital dieser Bank zur Zeit von dem Staat hergegeben wird.

Diese Bank soll das Genofsenshaftêwesen in seiner bisherigen Entwicklung fördern; sie hat durhaus niht den Zweck, die außer- ordentli segenéreihe freie Entwicklung des Genossenshaftswesens zu hemmen oder zu stôren; sie will das Prinzip der Selbstverantwortlihkeit und der Selbstverroaltung, das Prinzip der nahbarlihen Kontrole der Genossen aufrecht erhalten und weiter entwickeln. Auch die Staatsregierung betrahtet die bisherige Ent- wicklung, welche sih an die Thätigkeit der hochverdienten Männer Schulze-Deliß\ch und Raiffeisen anknüpft, als eine im höchsten Grade heilsame; und es liegt ihr völlig fern, einen andern Weg als den bis- berigen der genofsenshaftlihen Entwicklung gewissermaßen von Staats-- wegen aufzuzwingen. Der Hauptzweck dieser Bank soll sein, eine zentrale Ausgleihung der Bedürfnisse an flüssigen Mitteln und der Verwendbarmachhung überflüssiger Mittel herzustellen. Hieran hat es bisher mehr oder weniger in großem Umfange den Genossenschaften gefehlt. Die Bank foll durch die Stellungnahme des Staates zu dem Genossenschaftêwesen, auch moralisch die Entwickelung desselben stärken und fördern. Wenn daher die Befürchtung laut geworden ift, daß die Einmishung des Staates in diese freie, bisher ja sehr segenêreich wirkende Entwicklung schaden, sogar das Prinzip der eigenen Thätigkeit und der Selbsthilfe gefährden könnte, so wird die Erfahrung zeigen, daß dies weder in der Absicht der Staatsregierung liegt, noch die Folge dieser Einrichtung sein wird. Meine Herren, man hätte sich ja sehr wobl denken können, daß eine solche Zentralstelle, von der ih spreche, aus der freien Thätig- keit der Genossenshaften selbs hervorgegangen wäre; und ich für meine Person würde, wenn dies möglich gewesen wäre, dies ogar mit Freuden begrüßt haben. Wir haben uns aber doch überzeugen müssen, daß wenigstens gegenwärtig, und mit der Weiterentwicklung des Genofssenschaftswesens haben wir in der beutigen Zeit Eile die gegenwärtigen genofsenschaftlihen Verbände dazu die Mittel nicht besizgen. Vorsorglich haben wir Berathungen gepflogen mit den Männern, die in der Leitung des Genofsenshaftswesens bhervorragen, mit den sachkundigsten Personen, und allseitig, mit geringen Ausnahmen, is das Bedürfniß einer folchen Nachhilfe des Staats von diesen Männern anerkannt worden. Meine Herren, die jeßigen Genoffenschafts - Verbände haben keine eigenen Mittel, die ihnen zur freien Disposition stehen, um eine solche große Zentralkasse zu bilden. Sie haben daher das Bedürfniß der Mitwirkung des Staates auf diesem Gebiete anerkannt. Sie baben großen Theils es mit wahrer Freude begrüßt, daß die Staats- regierung die Absicht hat, in dieser Richtung vorzugehen; und wir können doch feine befferen Zeugen für das Bedürfniß einer solhen An- stalt anrufen als diejenigen Männer, die mitten in der Genossenschafts- bewegung stehen und die Verhältniffe auf das genaueste kennen.

Es läßt #sich niht leugnen, daß Deutschland vor allen Ländern in der Entwicklung des Genossenschaftswesens ‘voransteht. Dennoch aber, wenn Sie erwägen, daß die reine Privatthätigkeit seit 50 Jahren auf diesem Gebiete wirkt und nun die Gesammtheit der * Erfolge ansehen, so werden Sie mir zugeben müssen, daß gegenüber dem Bedürfniß diese Erfolge immer noch längst niht ausreihend find. Namentlich in den östlichen Provinzen fehlt es in dieser Beziehung noch an dem Allerbesten. Zu- zugeben ift ja, daß auch in den östlihen Provinzen neuerdings das Genossenschaftswesen anfängt sich weiter zu verbreiten und einen größeren Aufshwung zu nehmen; aber das Haupthinderniß, welches namentlich in den fapitalärmeren Ländern dieser Entwicklung ent- gegentritt, ist immer die Frage: wir können das Geld niht selbst zusammenbringen, wo bekommen wir die Mittel her ? Wenn nun eine folhe Zentralanstalt dier hilft, wenn das Vertrauen wächst auf Grund der Mitwirkung der Zentralanstalt, welhe die übershüssigen Gelder übernimmt und da, wo Bedarf ist, unter den näher zu entwickelnden Voraussetzungen die erforderlihen Mittel aufbringt, dann wird in ganz anderer Weise das Genossenschaftswesen durchgeführt und ein- geführt werden als es bisher der Fall war.

Meine Herren, es handelt fih bier um die Förderung des Personal. kfredits und zwar wesentlich für die Mittelklafsen in Stadt und Land. Ich verstehe unter Mittelklafsen diejenigen Klassen, welhe auf eigenes

Risiko mit mäßigem Kapital und eigener Arbeit thätig sind; und -

diese Klassen zu stüßen, zu erhalten, zu kräftigen, hält die Staats. regierung für eine hochwichtige soziale Aufgabe und ih bin sicher, daß sie in dieser Beziehung auf die Zustimmung des gesammten Hauses renen darf. (Bravo !)

Meine Herren, es soll der Personalkredit, namentlih der ländlihe Personalkredit, weiter als bisher gefördert und entwickelt werden. Ich glaube, wir find alle darin einig, daß die wahsende Vershuldung des Grundbesitzes selbst zu einem Theil und zu einem wesentlichen Theil ihre Ursache in der bièherigen mangelhaften Organisation des Personal- fredits hat. In großem Umfang sind Kreditbedürfnisse, wele natur- gemäß dem Personalkreditwesen anheimfallen, durch Vershuldung des Grundbesißes selbst gedeck worden, und welhe Gefahr darin liegt, den Grundbesig einmal zu vershulden, welhe Energie dazu gehört, folhe Realshulden wieder abzutragen, wo kein äußerer Zwang hbe- steht, keine Frist drängt, wie so Schuld auf Schuld sh bäuft, für Bedürfnisse, die dauernder Natur gar nit sein sollen, das brauthe ih den Kennern dieser Verhältnisse gar niht weiter zu entwickeln.

Der Personalkredit, wenn ich den etwas harten Ausdruck ge- brauchen darf, ift regelmäßig der Kredit der ordentlihen Leute, wo der Mensch, die Person das Vertrauen verdient durch seine Solidität, durch seinen Fleiß, durch feine Sparsamkeit, durch fein verständiges Arbeiten, während nur zu häufig der Realkredit der derjenigen ift, die diese Eigenschaften niht besitzen, die unbekümmert um das Wobl und Webe der Familie und ihrer Nahkommen den Grund und Boden selbst vershulden, was jeder, au der lüderlihste Wirth kann, wenn er noch nicht übershuldet is. Wenn wir auf eine anderweite Organisation des Realkredits kommen wollen, wenn wir vielleicht auf eine Vershuldungsgrenze des Grund und Bodens kommen wollen, dann ist unerläßlihe Vorausseßung eine durchgreifende und allgemeine Organisation des Perfonalkredits.

Wenn Sie nun die Zahlen, welche die allerdings noch höht mangelhafte Statistik giebt und gerade diese neue Organisation wird uns zu einer guten Statistik au verhelfen —, der bisherigen Entwicklung vergleichen mit dem wirklihen Bedürfniß, so werden Sie finden, daß noch ein unendlich weites Gebiet übrig geblieben ist, wo die Lücke einer mangelhaften Organisation des Perfonalkredits aus- zufüllen bleibt.

Meine Herren, wir haben ja, wenn Sie sih die Entwicklung an- sehen, in der leßten Zeit eine Art Uinshwung. Während bisher die Zentralorganisfation fast allein bestand, welhe sich an die segensreihe

Thâtigkeit von Schulze-Delißsch anschließt und an die niht minder

heilsame Thätigkeit, die unter dem Namen der Raiffeisen’schen Genoffenschaften geleistet wird, so waren das Zentralinstitute, die beide bestimmt waren, obne Rücksicht auf die provinziellen Ver- hältnisse, wie sie doch in unserem Lande thatsächlih bestehen, von einer Zentralstelle aus das ganze genossenshaftlihe Wesen in der Monarchie zu entwideln und zu leiten. Jh will diese Entwicklung durchaus nicht tadeln und nicht mißgünstig fkritisieren, aber die Thatsache ist rihtig, daß neuerdings mehr und mehr der Wunsh und das Bedürfniß hervorgetreten ift, provinzielle Institute, vrovinzielle Zentralstellen herzustellen, und in manchen Beziehungen mag diese unserem ganzen deutschen und vreußishen Wesen natur- gemäße Entwicklung auch vor dieser zentralen Entwicklung, die sh um die Grenzen der Provinzen niht kümmert, \ondern die ganze Monarchie umfassen will, manche Vorzüge baben ; jedenfalls müssen wir mit der bezeichneten Thatsache rechnen.

Nun will ich zugeben, daß diese großen Zentralinstitute die neue staatlihe Bank vielleicht in dem Maße niht brauen wie die pro- vinziellen Verbände. Das is mögli ; aber wenn fie die Anstalten niht nöthig baben, so sind fie ja niht verbunden, auf die Anstalt zu rekurrieren. Diese großen Zentralanstalten laufen meist in eine ge- nossenshaftlihe Bank aus, sowohl die Organisation, die sh an Schulze-Deliß\sh anschließt als die Raiffeisen’she, während unfer Ideal das wäre, wenn die kleineren Genossenschaften, Darlehenskafsen und Produktivgenossenshaften sch ihrerseits zu Verbänden vereinigten, welhe nicht bloß Revisionsverbände sind, sondern die das Kredit- fundament, welches die einzelnen Lokalfafsen dieser Art geben, dur die Solidarhaft auch ihrerseits verwenden können, um nun als Ver- band selbft bei der staatlichen Zentralbank größeren Kredit sich zu ver- schaffen. Ich glaube, wenn diese ganze Einrichtung. die allerdings nur ein Versuch is, wo man ihre Gesammtentwicklung noch nicht übersehen fann, wirkli durchs{lägt, so werden die einzelnen Verbände sich so organisieren, daß sie zur Deckung des Kredits, welchen sie zeit- weilig beanspruchen müssen, bei dieser staatlihen Zentralanstalt ihrer- seits den Rückhalt finden an lokalen Kassen, die den Gesammtverband herstellen.

Meine Herren, ih glaube, Sie werden es billigen, daß die Vor- lage von vornherein nicht eine, ih möhte sagen, vom grünen Tisch geleitete Institution vorsieht, sondern bemüht ift, mitten im vollen Leben stehend in Kontakt mit den Genossenschaften zu bleiben und daher von vornherein ihrer Verwaltung als wichtiges Glied einen beiräthlihen Aus\{uß hinzuzufügen, der in den wichtigsten Fragen gehört werden foll, seine Meinung au®ësprehen, seine Wünsche äußern und hoffentliß demnächst auch materiell die einzelnen Verbände und ihre Anstalten betheiligen \oll, sodaß von der Befürchtung einer bureaufratishen f\taatlihen Behandlung dieser ganzen neuen Ein- rihtung wobl nit die Rede sein kann. Sollten die Einzelnen oder die Verbände in Zukunft geneigt und bereit sein, auch ihrerseits Einlagen, die der Staat jeßt zuerst allein giebt, in diese Anstalt zu bringen, |0 wird das nur mit Freuden begrüßt werden können; das Interesse der Gesammtheit und der genossenschaftlihen Verbände und das Gedeihen der Anstalt wird dadurch nur wachsen.

Meine Herren, ih habe hier und ‘da Preßstimmen gelesen, die das Bedürfniß dieser ganzen Einrihtung bestreiten. Aber nun, glaube ich, is das Bedürfniß an Kredit, an flüfsigen Mitteln dech gerade bei den landwirthshaftlihen Instituten derart, daß monatelang im Jahr lange Kredite erforder- lih sind, und daß in anderen Monaten erhebliher Uebers{chuß vorhanden is. Das is die Erfahrung, die in allen derartigen Ver- bänden gemacht is. Js Bedarf vorhanden, so muß bisher die Genoffenschaft sich an Privatbanquiers wenden oder auch an die Set- handlung oder an die Reichsbank oder an Privatpersonen. Eine Sicherheit, zu angemessenen Zinsen in solchen Zeiten den erforderlichen Kredit zu bekommen, ist niht gegeben. In den Monaten aber nah

der Ernte namentli, wenn UÜebershuß vorhanden ist, wenn die empfangenen Darlehen von den Genoffen zurückgezahlt werden, dann finden die Genofsenschaften häufig Schwierigkeiten, eine mäßige Rente für diese Mittel zu bekommen. Eine solche Zentralanstalt soll eben dies Verhältniß ausgleichen, sie soll dann, wenn ihr Geld zufließt, es wenigstens zu mäßigen Zinsen rentbar mahen. Die Genossenschaften werden ein Institut haben, welches ihnen diese Möglichkeit sichert und überhaupt eine absolute Sicherheit für die Hingabe dieser über- schüssigen Mittel bietet.

Meine Herren, wie hat \sih bisher das Bedürfniß befriedigt? Sie sehen ja, daß namentlich bei den neugegründeten Genoffenschaften in provinziellen Verbänden häufig nöthig gewcsen ist, auf die Provinzialverwaltungen zu rekurrieren, von denen Bürgschaften zu er- langen oder die Hergabe von Kapitalien, wie es in der Provinz Hannover z. B. der Fall gewesen ift, zu möglichst billigen Zinsen, und selbs die großen Institute, selbs die Raiffeisen’schen, haben auf die Reichsbank rekurrieren müssen. Dringende Anträge sind vielfa an die Seehandlung gekommen; und do, meine Herren, wenn man ge- recht sein will, kann die vorliegende Aufgabe weder die Reichsbank noch die Seehandlung erfüllen. Die Natur des landwirthschaftlichen Betriebes ftellt in dieser Beziehung solche Aufgaben, auf welche die Organisation beider Institute gar nicht eingerihtet ist. Die Reichs- bank, deren Hauptaufgabe ja in der rihtigen Führung der Diskont- politik und der Wäßrungsfrage liegt, ift naturgemäß nah ihrer ganzen Organisation auf Kredit in kaufmännishem Sinne angewiesen ; sie muß ihre Mittel flüssig halten, muß solche Unterlagen haben, die, wenn die Rüczablungsfristen niht eingehalten werden, jederzeit es ihr ermöglichen, diefe Mittel leicht flüssig zu machen ; sie kann auch natur- gemäß nur kürzere Kredite geben, fie wird auf ein halbes Jahr, auf länger sih {werlich verpflihten können, weil sie gar nit übersehen kann, wie die gesammte Wirthschaft sich nach einer so langen Zeit gestalten wird. Die Vorwürfe, die man wohl bisher der Reichsbank in dieser Richtung gemaht hat, sind nah meiner Meinung unbegründet. Dieses Institut steht mit den Aufgaben der Reichsbank niht im Widerspru, sondern umge- kehrt, es entlaftet die Reichsbank von einer Aufgabe, die sie nit wohl erfüllen kann, wo aber dcch das bisherige Bedürfniß immer dabin gedrängt hat, daß fie sie erfüllen sollte.

Ganz ähnlich liegt die Sache bei der Seehandlung. Wir haben ja mannigfah nolens volens, um ein dringendes Bedürfniß zu er- füllen, doch auf längere Zeit Darleben gegeben.

Aber immer hat die Verwaltung der Seehandlung dargelegt, daß fie ihrer ganzen Organisation nach gar nicht in der Lage ist, hier irgend etwas Erhebliches zu leisten. Meine Herren, so viel is gewiß rihtig, daß, selbst wenn die Wirksamkeit dieser neubegründeten Anstalt eine sehr bedeutende wird, wenn dadur das Genossenschaftswesen sich weiter und weiter ih möchte fagen von Dorf zu Dorf ents- wickelt in der ganzen Monarchie, damit die Aufgabe namentli für die Landwirthschaft zu einer zweckmäßigen und ihren Verhältniffen entsprehenden Organisation ihrer Kreditbedürfnisse überhaupt noch keineêwegs erfüllt ift. Denn wenn es gewiß nicht wünschenswerth ist, Realkreditorganisationen zum Zweck einer weiteren Verschuldung zu machen, so ift es auf der anderen Seite ein dringendes Be- dürfniß, folhe Organisationen, wenn sie niht bestehen, auch auf dem Gebiete des Realkredits herzustellen, welhe der Land- wirthschaft zeitig, leiht und ohne Schwierigkeiten die Vortheile des Heruntergehens des Instituts zu gute kommen laffen werden. Es is nach dieser Richtung hin keineswegs allein die Aufgabe, für neue hypothbekarishe Darlehen beffere Institute her- zustellen; sondern die “große Aufgabe wird sein, ih möchte sagen ih glaube, daß der Ausdruck hon einmal gebraucht ist, ich weiß feinen befseren eine Konvertierung der hohen Verzinsung, die noch heute vorhanden ist, auf dem Lande in den mäßigen Zinsfuß, der der gegenwärtigen Wirthschaft entspricht, durchzuführen.

Meine Herren, wenn wir uns einmal um die Frage im einzelnen bekümmern, so finden wir auch in den westlichen Landestheilen, nit bloß im Often, obwohl die Nealkreditorganisationen in Hannover und Naffau viel besser und weiter entwickelt find als im Osten finden wir aber selbs im Westen noch, daß wir auch dort die Erfahrung machen, daß sh diese bhochverzinsliße Schuld aus Mangel an An- regung und Initiative, aus Mangel an Verständniß der einzelnen bäuerlißen Besißer, wie ewige Krankheiten, fortpflanzt. Da nun solhe Organisationen zu schaffen, die diesem entgegentreten, da die Konvertierung herzustellen, das wird eine andere Aufgabe sein, bei welher hoffentlich die Landschaften, die ja so große Erfahrungen auf diesem Gebiet haben, in einer sehr entscheidenden Weise einwirken werden, die aber unter allen Umständen gelöst werden muß. Wenn Sie sh die Sahe, um die es sh hier handelt, vergegenwärtigen, wenn Sie \sich fklar- machen, daß die Landwirthschaft nah mäßigen Schäßungen eine Schhuldenlast von 14 Milliarden zu tragen hat, wenn Sie den Durh- shnittszinsfuß, der beute noch gezahlt wird, namentlih da, wo die betreffenden Güter niht zu den Landschaften gehören, sich vergegen- wärtigen, so werden Sie finden, daß in dieser Frage eine ganz außer- ordentlihe Entlastung der Landwirthschaft begraben liegt, und daß, wenn man einmal gute Organisationen hat, in Zukunft der etwa rüdwärts nah unten gehende Zinsfuß sofort dur diese zweckmäßigen Einrichtungen au der Landwirthschaft zu gute kommen wird.

Meine Herren, ih habe bisher wesentlich über die Landwirtbschaft gesprochen. Aber dieses Institut soll keineswegs allein für die Land- wirthschaft bestimmt sein; es soll in gleiher Weise segensreih wirken für den gewerblihen Mittelstand. Leider hatte bisher gerade in dem gewerblihen Mittelstand das Genossenshaftswesen noch eine fast s{chwähere Entwicklung als in der Landwirthschaft; es hat das sehr viele Gründe, auf die ich nicht näher eingehen will. Aber das Bedürfniß für den Handwerker ist in dieser Beziehung, wie ich glaube ich kann mi da auf die Motive beziehen —, niht minder dringend wie für den Bauer, und au nach dieser Richtung wird das Institut seinen Nuten und seinen Segen entfalten. Wir wollen au hoffen, daß die Ein- rihtung dieser Zentralfasse namentli den forporativen Organisationen des Handwerks Veranlassung giebt, dieser Frage der Vereinigung kleiner Kräfte, um den Kredit, den der Einzelne niht hat, durch das Medium der Gesammtheit dieser Kräfte dem Handwerk zuzuführen, l vielleiht mit etwas mehr Energie, mehr Eifer und Thätigkeit anzunehmen, als das bisher aus den verschiedensten Gründen mögli war.

Meine Herren, man hat ja auch in anderen Ländern versucht,

derartige Zentralkassen ins Leben zu führen; aber dies ift gescheitert, abgesehen von politishen Nebenrüdsihten, an der Thatsache, daß man durch diese Zentralkafsen erft das Genossenshaftêwesen herstellen wollte, was beispielsweise in Frankreich faft noch faft völlig fehlt. Wir knüpfen {hon an eine große Entwicklung an; wir wollen der- selben gewissermaßen nur den nothwendigen Abs{hluß geben. Wir haben do {hon ein sehr verbreitetes, thatsählih bestehendes Genossen- schaftswesen; aber wir haben mehr: wir haben die Einsicht in der gesammten Bevölkerung, welhen Nugen die Vereinigung kleiner Kräfte zu einem größeren Verband darbietet. Diese Einsicht wächst und dringt \{ließlich in die Hütte des kleinsten Mannes. So weit sind wir Gott sei Dank!. durch die Privatthätigkeit verdienstvoller Männer gekommen!

Also das Scheitern solher Versuche in anderen Ländern kann uns in keiner Weise irre machen.

Meine Herren, wenn aber dieses, doch lihde und gut gemeinte Unternehmen des großen * erhofften Erfolge nicht hätte, so frage ist dann verloren? Fünf Millionen Kapital genügen nach der Meinung der Kenner des Genofsenschaftswesens vorläufig. Würde es nit gelingen, aus diesem kleinen Anfange eine große Sache. zu machen, dann würden die fünf Millionen auch weiter genügen. Um- gefehrt: erhält dies Institut eine große Wirkung, eine große Ent- faltung, nun, meine Herren, wenn ih dann wieder an das Haus geben follte ich werde das freilich wobl kaum noch erleben —, dann, bin ih überzeugt, wird das Haus erst recht geneigt sein, dieses dann be- währte Institut weiter zu unterstützen.

Ich möchte noch mehr sagen! Vorläufig ist dieses Institut ein- gerihtet für genofsenschaftliße Verbände. Von vielen Seiten sind aus den Kreisen der Sparkassenmänner an mich son jeßt Stimmen gekommen, die gesagt haben: für die Weiterentwi#lung des Sparkafsenwesens ift cin gleihes Institut erforderli. Ih weise das gar nit zurück; aber ich glaube: es ift besser, mit Kleinem an- zufangen und nit zuerst gleich einen zu großen Sprung zu machen. Würden wir später sehen, daß da keine Bedenken mebr vorliegen, so werden wir später erwägen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags, für das Sparkassenwesen dieses Institut nußbar zu machen.

Meine Herren, die Befugnisse, welche sich in § 2 der Vorlage befinden, scheinen ziemlich weit aussehend zu sein, und es ist daran die Befürchtung geknüpft, als wenn wir gewissermaßen das Bankwesen verstaatlichen und dem bestehenden, zum großen Theil ja durchaus soliden und gut - fundierten Privatbankwesen in irgend einer Weise Abbruch thun wollten. Davon is garniht die Rede. Um jedes solches Be- denken auszus{ließen, finden Sie, daß die Befugnisse, welche der Bank in dem § 2 unter 3, 4, 5, 6, 7 und 8 eingeräumt werden sollen, ausdrüdcklih bezeichnet find als folche Geshäft8zweige, von denen sie nur Gebrauch machen soll zur Erfüllung ihrer Hauptaufgaben; z. B. die Annahme von Spargeldern und Depositen. Das soll nicht eine eigene selbständige große Depositenbank werden, obwohl eine solche Einrichtung an sih nach meiner Meinung höchft nüßlich ist, und ih würde es gern sehen, wenn unser Bankwesen diese Entwickelung der Trennung des Depositenwesens von den eigentlihen Emissionsbanken aus freier Initiative vornähme. Wir wollen diese Depositen nur an- nehmen, um einen Saldo flüssigen Geldes zu haben, welhes auch mehr zu leisten vermag im Falle des Bedarfs als die 5 Millionen, die wir von vornberein als Einlage bekommen. Ebenso wird es ja natürlich garniht zu umgeben sein, hon zur Rentbarmachung der überflüssigen Bestände, die im Besiß der Bank zeitweilig sein werden, Wechsel zu verkaufen und Darlehne aufzunehmen und selbs für fremde Rehnung Effekten zu kaufen. Wenn das Depositenwesen si erheblih entwickelt, wenn wir beispielêweise erheblibe Depositen von Sparkassen bekämen, von Versicherungsanf|talten u. \. w., so wird es garniht zu vermeiden sein, daß, wenn die Deponenten nun einen Theil ihrer Gelder durch Ankauf von Effekten beffer rentbar mahen wollen, daß wir das für unsere Kunden selbst besorgen und nit genöthigt sind, fie an andere ÎIn- stitute zu verweisen, mit welhen sie garniht in Geschäftäverkehr stehen. Ich will nochmals betonen, daß diese Befugnisse nur das Mittel für den Hauptzweck der Anstalt sein sollen, nur soweit von ihnen Gebrauch gaemacht werden foll, als ße fich unmittelbar an die Erfüllung der Hauptaufgaben anschließen. Eine bestimmte Grenze kann man da nit ziehen ; das muß man einer verständigen Ver- waltung überlafsen, und, meine Herren, ob das Ganze gelingt, was wir hier vorhaben, bängt ja s{ließlich nicht von den Paragraphen der Vorlage allein ab, fondern vor allem von einer zweckmäßigen und kundigen Verwaltung. (Sehr richtig! rechts.) Die Personenfrage wird sehr stark in den Vordergrund treten ; darüber kann gar fein Zweifel sein.

Was die fonstitutionelle Seite der Anstalt betrifft, so baben wir uns bier angeshlofsen an das Vorbild der konstitutionellen und etats- mäßigen Behandlung der Seehandlung, und ih hoffe, in dieser Be- ziehung auf Bedenken nicht zu stoßen, weil sih diese erstgenannte bis- herige Einrichtung bewährt und im Hause auch niemals wesentliche Bedenken gefunden hat.

Meine Herren, da ich selbs wünsche, bei der schwierigen Lage, in der sich das hohe Haus befindet vor Schluß seiner Session, und bei den erheblichen Aufgaben, die diesem hoben Hause troy der Kürze der Zeit leider nicht haben erspart werden können, die Diskussion niht ¡u weit auszudehnen, zumal ih auch glaube, daß es nicht nothwendig sein wird, noch weiteres zur Motivierung dieser Sache zu sagen gegenüber der Ge- sammtstimmung in diesem hohen Hause: so will ich hiermit \{hließen. Meine Herren, wenn das hohe Haus diese Vorlage noch zu einem gedeihlihen Abs{luß bringt, dann werden die Mitglieder des hohen Hauses sih sagen können, daß fie für unsere Mittelklafse nicht nur s{chône wohlwollende Worte gehabt, sondern zur Erhaltung, Stärkung und. Befestigung unserer Mittelklasse eine heilsame That mit nach Hause nehmen. (Bravo! rets.)

Abg. Pleß (Zentr.): Ih ftehe der Vorlage keineswegs grund- säßlih ablehnend gegenüber. Ich kann aber der Regierung den Vor- wurf nicht ersparen, daß sie niht schon früher den vorhandenen Bedürfnissen Rechnung getragen hat. Meine Gegnerschaft gegen das Gesfey beschränkt fih auf die Einwendung, daß dasselbe für das Hand- werk niht genug thut. Gerade die kleinen und fleinften Kreise im Handwerk bedürfen der _ Rang, und wenn die Vorlage hier nügen soll, so muß zunähft die Torporative Organisation des Hand- werks gefördert werden; denn der Grundsay der Vorlage gebt be- fanntlich dahin, daß die Zentralkfafse immer mit Genossenschaften in Verbindung treten soll. JIch heiße die Vorlage als den Anfang der Erkenntniß, daß es nöthig ist, auch das Handwerk werkthätig zu fördern, willkommen.

jedenfalls nüg- Staais die ih: was

Abg. Knebel (nl.): Für mich bedeutet die Vorlage den Ab- {luß der genofsenshaftlihen Organisation. Aus der Erfahrung, welche wir im Rheinland mit den zum landwirthschaftlihen Verein Rbeinpreußen zusammengeshlossenen landwirthschaftlichen Genofjen- schaften gemaht haben, weiß ih die Schwierigkeiten zu würdigen, welhe die Beschaffung von Geld und die Nußgbarmahung des eingelegten Geldes den einzelnen Genofsenshaften oftmals bereitet. Wir im Rheinland baben eine Abhilfe dadurh ge- troffen, daß wir mit der Rheinishen Landesbank in Ver- bindung traten. Die Resultate sind sehr günstig gewesen. Troßdem bezeichne ih die Schaffung einer Zentral-Genossenschaftskafse niht als überflüssig. Denn es handelt sih darum, die Genoffenschaften unab- bängig zu stellen. Einen großen Werth Bes auf die ausgleihende Thätigkeit des geplanten Instituts. Im Often wird der Bedarf an Geld zweifellos größer sein als im Westen, wo bäufig über- s{üssiges Kapital vorhanden ist. Hier wird fich die Zentral- Genoffenschaftskafsse als ein glüdckliGer Griff herausstellen. Der Handwerkerstand i in der Bildung von Genofsen- schaften allerdings vollständig zurückgeblieben. Wären “die Innungen nicht bindernd eingetreten, Jo 1tande es besser um die Genoffenschaften in Handwerkerkreisen. Da der Staat das Kapital, das er in die Bank einlegt, si verzinsen läßt, meine ich, wre es beretigt, die Uebers{üsse der Bank nicht an den Staat abzuführen, fondern zur Verbilligung des Zinsfußes zu verwenden. Daß die öffentlichen Sparkaften ganz ausgeschlossen sein sollen, halte ich niht für zweckmäßig. Durh Betheiligung der Sparkafsen würden der Zentralanstalt mehr Mittel zugeführt werden, und so würde auf die solideste Weise ein Auegleich hervorgerufen und der Betriebsfonds erhöht. Es ist bezweifelt worden, ob 5 Mil- lionen ausreihen werden. Ich glaube, daß dies der Fall sein wird, da es fih do nur um das erstmalige Kapital zur Einrichtung der Organisation handelt. Jft dieselbe erst durchgeführt, so werden die Einzahlungen und der Bedarf ih annähernd auszleihen. Ich glaube, dur die geplante Einrichtung wird in das Genosseuschaftswefen, namentli der ôftlihen Provinzen, erft das erforderlihe Leben fommen. Ich schlage vor, die Vorlage einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen, und hoffe auf einstimmige Annahme derselben.

Abg. Gamp (fr. kfons.): Seit Jahren haben wir um die An- erkennung des Grundfaßes gekämpft, daß die Reichsbank für den ländlichen und gewerblihen Kredit niht ausreiht. Es freut mi, daß die Regierung jeßt auch dieser Meinung ift. Große wirthschaft- lihe Vortheile wird man sih von der Vorlage niht versprechen Éönnen, aber politisch ist sie von Bedeutung, in fo fern als der Staat die Verpflichtung zur Hebung des ländlichen Personalkredits anerkennt. Die Schulze-Delißsch'’shen Genossenschaften reichen für die Befriedigung des Kreditbedürfnisses der Handwerker nit aus: namentlich nehmen fie einen viel zu hoben Zinsfuß. Auch für den landwirthschaftlihen Personal- kredit bestehen viel zu hohe Zinsen. Allerdings habe ich erhebliche

weifel, ob die gegenwärtigen Vereinigungen als eine zweckmäßige Srundlage anzusehen sind. Der große Mangel der Vorlage bestebt darin, daß sie Staatsmittel verwenden will, um einem nur geringen Theile der Landwirthschaft zu helfen. Das neue Institut wird mit Nothwendigkeit zu der Pflege des Perfonalkredits durch Wechfel- und Lombkardverkehr gelangen müfsen, aber immer nur in so fern, als sich dies mit den anzustrebenden Zielen vereinbart. Man sollte die Befugnisse des Inftituts auch genauer abgrenzen. Durch die Betheiligung der Genoffenschaften werden die Kreise, denen man zunächst helfen will, auch materiell herangezogen, man tritt in innigeren Verkehr mit ibnen; aber andererseits shadet dies in so fern, als das Institut der gesammten Landwirtl; schaft, niht aber bloß dem in Genoffenschaften organifierten Theile derselben zu gute kommen foll. Im allgemeinen stehe ih der Vorlage troß der Bedenken, die ih gegen einzelne Punkte habe, sympathish gegenüber. A

Abg. von Woyna (fr. fons.): Wir begrüßen das organisierende Moment der Vorlage. Sie ift ein Hans, um au die Sparkaffen zu zentralisieren. Auf keinem Gebiet besteht ein größeres Bedürfniß nah Zentralisierung als hier. Wir werden daher in der zweiten Lesung einen Antrag stellen, daß die Zentralkafse au befugt sein soll, zinébare Darlehen an die Sparkaffen der landwirthschaftlihen Vereine zu gewähren. Die Aufsicht des Finanz - Ministers darf nur so weit geben, als es für eine reelle Geschäftsführung nöthig ist ; jedes klein- lihe Eingreifen in die Verwaltung muß vermieden werden.

Finanz-Minifter Dr. Miquel:

Meine Herren! Gestatten Sie mir noch zwei Worte über die Ausführungen des Herrn Vorredners. Er und anscheinend feine Freunde wünschen gleich von vornherein, dies Institut auch zu einer Zentralfafse für die Sparkassen zu mahen. Ih möchte dringend davor warnen. Die Institute entwickeln sich in der Regel am besten, die klein anfangen, ein wirflihes Bedürfniß befriedigen, und #ch mit dem ih erweiternden Bedürfniß auch ihrerseits erweitern.

Der Herr Vorredner weist auf die verdienftvolle Thätigkeit der Sparkaffen in Bezug auf die Förderung des Personalkredits hin. Ich bedauere, obwohl ih selbst mebrere kommunale Sparkassen verwaltet habe, dies Lob der Sparkaffen in keiner Weise in vollem Maße unter- schreiben zu fönnen.-- (Sehr rihtig!) Unsere Sparkassen baben im Großen und Ganzen sih wesentlich auf den Realkredit geworfen, und erst neuerdings baben sie begonnen, auch in einer umfangreiheren Weise mit Personalkredit sich zu beschäftigen. Jedenfalls ist das Ver- fabren bei den Sparkafsen noch ein so vershiedenartiges, daß, wenn die Anstalt in diesem Augenblick als Zentralstelle dienen follte für die gesammten Sparkassen, wir dabei ebensogut eine Zentralstelle für den Realkredit, als für den Personalkredit {üfen. Ih hoffe, es wird gelingen, bald eine Vorlage wegen der Reorgani- sation des Sparkafsenwesens vorzulegen, die ih für ein sebr dringendes MBedürfniß halte. Dann wird- man ja viel genauer die ganze Stellung der Sparkassen übersehen können. Ich würde es meinerseits mit der größten Freude begrüßen, wenn die Sparkaffen die von dem Herrn Vorredner angedeutete Richtung, au für den Persfonalkredit in höherem Maße als bisher wirksam zu sein, annehmen. Einmal ift die ganze Organisation der Sparkassen, wie ih das {hon mehrfah ausgesprochen babe, so buntsheckig und so ver- schiedenartig, so wenig dirigiert nah bestimmten Richtungen, fo sebr abhängig von den Tendenzen und Neigungen der jeweiligen Ver- waltung, oft so sehr wesentlich verwaltet im Interesse der Kommunen, aber niht im Interesse sozialer Aufgaben, daß ih sehr wohl Bedenken tragen würde, \{hon jeßt diesen Schritt zu thun. Aber ih {ließe für die Zukunft, wie ih {hon betont habe, diese Entwicklung in keiner Weise aus. Jch glaube und hoffe, daß das Institut, wenn es sich ers mal im Sattel festgeseßt, wenn die Verwaltung Erfahrungen gesammelt hat, wenn man das ganze Gebiet mehr übersehen kann, wie es heute der Fall jst, auch ih der von dem Herrn Vorredner gewünschten Aufgabe unterziehen wird.

Meine Herren, im übrigen möchte ih rathen, daß die Diskussion sich bier niht so sehr verliert in Einzelheiten der Organisation. Jn der Generaldisfussion is es doch richtig, die großen Gesichtspunkte im Auge zu bebalten. (Sehr richtig!) In der Kommission können wir uns ja miteinander unterhalten. Sie werden mich da durchaus nit eigenfinnig finden. Wenn Sie mir im einzelnen bessere Vorshläge machen, so werde ich sie gern acceptieren.

Meine Herren, der Herr Abg. Gamp hat aus einer Bestimmung der Vorlage hergeleitet, als wenn doch die Gefahr bestehen könnte, daß man die Sache nahher zu sehr nach der fiskalishen Seite ver-