1895 / 151 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Iung auf den 31. Juli d. J. einzuberufen, vorher und zwar bis zum 22. Juli E jedo die Zehe „Graf Bismark", fowie Zeche Schlägel u. Eifen und endlich die heute niht vertretenen Zechen ihre definitive Erklärung bezügli des Beitritts abgebcn. Vorstand erstatteten Geschäftsbericht is hervorzuheben, daß sich der Absaß, namentli soweit die Industrie in Frage kommt, andauernd gut tet, wenn auch von dem Aufschwung, der sich in der Eisenindustrie

[bar mat, im Koblenabsaß noch nihts zu bemerfen ift. Der Absaß in Hausbrandkohlen is entsprechend der warmen Jahreszeit nit be- sonders rege. Es wird dies jedoch im wesentlichen dur die andauernd uten Schiffahrtsverhältnifse ausgeglißen. Auch die bisherige ftarke ernahlässigung der minderbeliebten Gatflammkohlenforten hat jeßt einem befseren Absay Plaß gemacht. Der größeren Ausdehnung des Ausfubrgeshäfts tritt die englishe Konkurrenz mit ihren Schleuderpreisen sehr erschwerend in den Weg. Das Kohlen- syndifat glaubt jedoch auch unter dicsen Umständen den Kampf voll aushalten zu müssen und hat thatsählich auch fortdauernde, wenn auh geringe Vortheile ‘zu verzeitznen. Die Betheiligungsziffer betrug im Mai d. J. 3375652 t gegen vorjährige 2951 002 t. Es bedeutet dies unter Berücksichtigung der ungleichen Zahl der Arbeitstage gegen das Vorjahr eine Steigerung von 6,69 %/. Der Absatz im Mai betrug 2 910 048 t gegen vorjährige 2735 457 t, \o- daß sich eine thatsählihe Einschränkung von 13,79% ergiebt gegen * vorjährige 7,30%. Diese Steigerung der Einschränkung ist jedech * lediglich eine Folge der so außerordentlich ge- stiegenen Betheiligungsziffer, was sich daraus “ergiebt, daß der arbeitstäglihe Versand im Mai d. J. 85660 t gegen vorjährige 85 400 t betrug, also noch eine Steigerung um 260 t täglih aufweist. Von dem Versand im Mai mit 2227 027 t gingen 2 020 309 t = 90,720/6 für Rechnung des Syndikats gegen 90,91 9% im April. Verkauft wurden vom 1. Mai bis 22. Juni d. I. fürs Sn‘and 2 601 191 t, zur Ausfuhr 813 824 t, inêgefammt 3 415 015 t. Die Gesammtverkäufe in diesem Jahre stellten sih bither auf 20 799 864 t, von denen 17 061 022 t fürs Inland und 3 738842 t zur Ausfuhr bestimmt find. |

Verkehrs-Anstalten. i

Die Poft von dem am 23. Mai aus Shanghai abgegangenen Reichs-Postdampfer „Karlsruhe“ ift in Neapel eingetroffen und gelangt für Berlin vorauésihtlich am 28. Juni Vormittags zur

usgabe.

Internationaler Eisenbahn-Kongreß in London.

Gestern wurde, wie „W. T. B.“ aus London berichtet, der Internationale Eisenbabn-Kongreß inm „Neichs-Institut* daselb durch den Prinzen von Wales erêffnet. Der Prinz begrüßte die Delegirten und führte aus, die Aufgabe der Versammlung sei die Berathung über Mittel zur Beschleunigung der Personenzüge fowie zur Erhöhung der Bequemlichkeit und der Sicherheit der Reisenden, ferner über die Frage der Klein- bahnen; er empfaÿl den Delegirten den Besu von Manchester, Crew und anderen großen Eisenbabhnanlagen des Landes. Gestern Abend wurden die Delegirten des Kongrefses im Auswärtigen Amt vom Präsidenten des Handelsamts Bryce empfangen; bei dem Empfang waren auch der Prinz von Wales, der Herzog von Cambridge, der Herzog von Sachfen-Coburg und Gotha und Lord Rosebery anwesend.

Bremen, 27. Juni. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Saale“ hat am 24. Juni, Nachmittags, die Reise von Southampton nah New-York fortgeseßt. Der Post- dampfer , Weimar“ ist am 25. Juni, Morgens, auf der Weser angetommen. Der Reichs-Postdampfer „Prinz Heinrich“ ist am 24. Juni, Nachmittags, in Hongkong angekommen. Der S(nell- dampfer „Saale“ hat am 26. Juni Morgens Lizard pasfiert. Der Postdampfer „Karlsruhe“ hat am 26. Juni Mcrgens die Reise von Neapel nach Genua fortgeseßt. Der NReichs-Postdampfer „Aachen“ hat am 25. Juni Nachts die Reise von Corunna nah Villa Garcia fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 26. Juni Mittags die Reise von Southampton nach Bremen fortgeseßt; überbringt 613 Passagiere und volle Ladung. Der Reichs-Postdampfer „Prinz Heinrich“ hat am 26. Juni Vormittags die Reise von Hongkong nach Singapore fortgeseßt. Der Schnell- dampfer „Spree“ ist am 25. Juni Mittags von New - York na der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Trave* bat am 26. Juni Vormittags D over passiert. Der Schnelldampfer „Ems“ ist am 26. Juni Morgens in New - Yort angekommen.

Theater und Musik.

Im Theater Unter den Linden finden nur noch drei Auf- führungen der Audran’shen Operette „Miß Helyett* statt. Am Sonntag |chlicßt die Saifon diefer Bübne.

Der General-Intendant des Großherzoglihen Hof-Theaters in Weimar, Bronfart von Schellendorff hat, der „Th. Korr.“ zufolge, seine Entlassung eingereiht.

Der Stern’sche Gesangverein (Direktor: Professor ed, rich Gernsheim) hat fein Programm für den kommenden Winter, wie folgt, lggese Im ersten Konzert am 4. November 1895, dem Todestage Felix Mendelssohn’s, gelangt dieses Meisters Oratorium „Paulus“ (Soli: Herr von Zur-Mühblen, Herr Abesschaert 2c.) zur Aufführung; sodann wird am 17. Januar 1896 Ernst H. Seyffardt?s Chorwerk „Aus Deutschlands großer Zeit®* in Berlin zum ersten Male aufgeführt. Für das leßte Konzert Ende März 1896 hat der Verein Bach's Matthäus-Pasfsion gewählt. Die ersie und die dritte Aufführung werden in der Kaifer Wilhelm-Gedächtniß-Kirche stattfinden.

Die B anda Municipale di Pratola auë den Abruzzen, welche die Uniform der italieniscen Kürassiere trägt, wird morgen Nachmittag 4 Uhr in Bötzow?'s Brauerei, Prenzlauer Thor, ein Konzert geben. Das über fünfzig Personen starke Orchester errang auf dem musikalishen Kongreß 63 Kapellen den ersten Preis.

zu Rom im Jahre 1891 unter

Mannigfaltiges.

Nah par nuiger Feststellung besuGen die Königliche «Friedrih-Wilhe ms-Universität zu Berlin im laufenden Sommer-Semester 4265 immatrikulierte Studierende (gegen 4807 im leßten Winter-Semester und 3840 im Sommer-Semester 1894), und ¿war 403 evangelische Theologen, 1218 Juristen, 1080 Mediziner und 1564 Studierende der philosophishen Disciplinen. Von diesen ftammen aus reihen 3081, aus den übrigen deutshen Staaten 531, aus tem europäishen Auslande 452, aus Amerika 189 und aus Asien 12. Außerdem haben noch 3430 Hörer die Erlaubniß zum Besu der Vorlesungen erhalten, sodaß die Gesammtzahl der Be- rechtigten 7695 beträgt (gegen 8659 im legten Winter- Semester). Die Königliche Albertus-Universität zu Königsberg wird von 756 immatrifulierten Studierenden (gegen 706 im leßten Winter-Semester und 697 im Sommer-Semester 1894) und 26 Hoörern, insgesammt also von 782 Berechtigten besucht, und zwar zählt die evangelish-theologishe Fakultät 113, die juristische 216, die medizinishe 246 und die philosophische Fakultät 181 immatrikulierte Studenten. Unter diesen befinden sich 702 preußishe Staatsangebörige, 11 sonstige deutsche Reichsangehörige, 41 sind Ausländer aus dem übrigen Europa, je 1 aus Amerika _und Afrika. An der Kön ig- lihen Universität zu Greifswald jus 879 Studierende (gegen 748 im leßten Winter-Semester und 815 im Sommer- Semester 1894) immatrikuliert, 255 evangelishe Theologen, 125 Ju- risten, 406 Mediziner und 93 Studierende der philosophischen Disciplinen. 755 ftammen aus g 102 aus dem übrigen Deutschland, 17 aus dem europäishen Ausland, 2 aus Amerika, 1 aus Asien und 2 aus Afrika. Außerdem haben noch 12 niht immatrifulationsfäbige Preußen und Nichtpreußen die Erlaubniß zum Befuh der Vor-

Aus den vom

lesungen erhalten, sodaß di: Gesammtzahl der Berechtigten 891 be- i mg Die Königliche Universität zu Breslau besuchen 1407 immatrifulierte - Studierende (gegen 1282 im lehten Winter- semester und 1263 im Sommersemester 1894), und zwar 101 evan- gelishe und 309 katholische Theologen, 354 Juristen, 338 Mediziner und 305 Studierende der E Disciplinen, außerdem noch 62 nit immatrifulationsfähige Hörer, inégesammt also 1469 Berechtigte. Unter den immatrifulierten Studenten befinden sich 1353 Preußen, 23 sonstige deutshe Reichsangehörige, 29 Ausländer aus dem übrigen Europa und 2 aus Amerika. Die Königliche vereinigte Friedrihs-Universität Halle-Wittenberg zählt insgesammt 1528 zum Besuch der Vorlesungen Berechtigte, unter diesen 1465 immatrifulierte Studierende (gegen 1553 im leßten Winter- Semester und 1540 im Sommer-Semester 1894), und zwar 499 evangelishe Theologen, 270 Juristen, 241 Mediziner und 455 Studierende der philofophishen Fakultät. 1118 von ihnen find Preußen, 218 Angehörige anderer deutschen Staaten, 111 haben ihre Heimatb im europäishen Ausland, 17 in Amerika und 1 in Asien. Die Königliche Chriftian-Albrechts- Universität zu Kiel wird von 757 inscxibierten Studenten (gegen 9513. im leßten 624 im Sommer-Semester 1894) und 18 nicht immatrikulations- fähigen Hörern, insgesamtnt alîo von 775 Berethtigten besucht. Von jenen gehören der evangelisch-tbeologishen Fafultät 72 an, der juri- stischen 150, der medizinischen 402 und der pkilosophishen 133. Aus Preußen stammen 573, aus dem übrigen Deutschland 167, aus dem europâishen Autland 12, aus Amerika 4 und aus Asien 1. An der Königlichen Georg-Augusts-Universität zu Göttin- gen sind 879 Studierende (gegen 807 im leßten Winter-Semester und 792 im Sommer-Semefier 1894) immatrikuliert, und zwar 155 evangelische Theologer, 229 Juristen, 220 Mediziner und 275 Stu- dierende der philosophishen Disziplinen Unter diesen befinden fich 671 Preußen, 145° sonstige deutsche Reichsangehörige, 39 MAuéländer aus anderen europäishen Staaten, 27 aus Amerika und 1 aus Asien. Neben den inscribierten Studierenden befißen nock 30 nit immatrikulationsfäbige Preußen und Nichtvreußen die Erlaubniß zum Besuch der Vor- lefungen, sodaß die Gesammtzahl der Berechtigten 909 beträgt. Die Königliche Univerfität zu Marburg ¿ählt 982 zum Hören der Vorlesungen Berechtigte, unter diesen 955 immatrikulierte Studierende (gegen 799 im leßten Winter- Semester und 842 im Sommer- Semester 1894), und zwar 124 evangelische Theologen, 276 Juristen, 254 Mediziner und 331 Studierende der philosopbisch:n Fakultät. 755 sind Preußen, 140 Angehörige anderer deutschen Staaten, 46 Aus- länder aus dem übrigen Europa, 6 aus Amerika, 4 aus Asien, 3 aus Afrika und 1 aus Australien. Die Rheinische Friedric- Wilhelms - Universität zu Bonn besuben zur Zeit 1760 immatrifulierte Studierende (gegen 1539 im leßten Winter-Semester und 1645 im Sommer-Semester 1894), 82 evangelische und 239 katholische Theologen, 422 Suristen, 324 Mediziner und 693 Studie- rende der philosophischen Disciplinen. Von diesen besißen 1616 die preußische Staa!sangehörigkeit, 96 stammen aus anderen teutschen Staaten, 40 aus dem übrigen Europa und § aus Amerika. Außerdem ist noch 64 nicht immatrikulationsfähigen Preußen und Nichipreußen die Erlaubniß zum Hören der Vorlesungen ertheilt worden; die Gesammtzabl der Berechtigten beträgt demnach 1824. An der Königlichen theologis de n und ph ilosophischen Aka demie zu Münster endlich sind 437 Studierende immatrikuliert (gegen 409 im leßten Winter-Semester 4nd 425 im Sommer-Semester 1894), und zwar ¿ahlt die fkatholish-theologische Fakultät 295 und die vh:lofophische 142. Unter diesen befinden sich 397 Preußen, 30 sonstige deutsche Reichsangehörige, 7 Ausläpder aus anderen europäishen Staaten und 3 aus Amerika. Einsc{licßlich der noch hinzukommenden 13 nicht immatrifulationsfähigen Preußen und Nichtpreußen beläuft ih die Gesammtzahl der Berechtigten auf 450. Auf sämmtlichen preußishen Universitäten einshließlih der Akademie zu Münster befinden sh zur Zeit 13 560 immatrikulierte Studierende, das sind 397 mekr als im legten Winter-Semester und 1077 mehr als im Sommer-Semester 1894. Von diesen haben ihre Heimath in Preußen 11 021, in anderen deutschen Staaten 1463, im europäischen Ausland 790, in Amerika 259, in Asien 20, in Afrika 6, in Australien 1. Die Gesammtzahl der Studierenden vertheilt sih im laufenden Sommer- Semester felgendermaßen: Es zählt die evangelisch - theologische Satultät 1804, die fatholish-tkeologishe 843, die juriftische 3260, die medizinise 3511 und die philosophische 4172 Studierende. Ein- \{ließlich der nit immatrikulationsfähigen Preußen unt Nichtpreußen beträgt die Zahl aller berehtigten Hörer zur Zeit 17 305. An der- selben sind die preußischen Universitäten in nachstehender M Va betheiligt: Berlin (mit 7695, -davon immatrikuliert 4265), Bonn (1824), Halle (1528), Breslau (1469), Marburg (982), Göttingen (909), Greifswald (891), Königsberg (782, davon imma- trikuliert 756), Kiel (775, davon immatrikuliert 757), Münster (450). Zu dem Lehrkörper der sämmtlichen preußischen Universitäten zählen im laufenden Sommer-Semester 545 ordentliche Professoren, 20 ordent- lihe Honorarprofessoren, 274 außerordentliGe Professoren und 444 Privatdozenten, zusammen 1283. Auf cinen Dozenten entfallen demnach durdshnittlid& 13,49 Hörer, immatrikulierte Studierende nur 10,57. Den größten Lehrkörper besißt unter den vreußischen Univer- sitâten Berlin mit 351, den kleinsten abgesehen von Münster mit 43 Lhrkräften Greifswald mit 85 Dozenten (2 weniger als Kiel). Frankfurt a. M. Im nächsten Monat wird eine vom „Freien deutshen Hochstift“ veranstaltete Ausstellung „Goethe und Frankfurt“ im Goethbehause eröffnet werden. Die „Frank- furter Zeitung“ schreibt über dieselbe: Das in ungeabhnter Fülle zusammengeftrômte Material ermögliht es, die Beziehungen des Dichters zu seiner Vaterstadt, zu seinen Verwandten und Freunden in vollfommener Weife zur Ans{auung zu bringen. Wie groß die UAnzichungékraft war, die Goethe’s Name auf die bedeutendsten seiner Zeitgenossen auëübte, kemmt fo recht zum Bewußtsein, wenn man die lange Reihe der hervorragenden Männer und Frauen überblidt, die als stets wohlempfangene Gäste der „Frau Rath“ im Goethehause weilten. Die Ausstellung wird sie fast lückenlos in Bild und Wort vorführen. Dem regen Antheil, den neben den hiesigen und auswärtigen Museen und Sammlungen be- sonders die Altfrankfurter Familien dem Unternehmen ent- gegenbringen, ift es zu danken, daß bei dieser Gelegenheit man sorgfältig gebüteter Lo an Porträts, Stammbüchern, Sil- bouetten 2., der Fürsorge des Hochstifts anvertraut, zu Tage tritt. Einen besonderen Anziebvngspunkt für Literatur- und Kunstfreunde wird eine Anzabl der im Jahre 1760 von cen Frankfurter Malern im Goethehaufe für den Königslieutenant verfertigten Gemälde bilden. Es gelang die noch in Franfreih lebenden Nahkommen des Grafen Thorane zur Betbeiligung an der Ausftelung zu bewegen; 10 hoh- interessante Bilder, zu denen noch ein großes Gemälde aus dem Besiße des befannten Kenners und Sammlers Dr. M. Schubart-München kommt, legen Zeugniß davon ab, daß die Seekaß, Trautmann, Schütz, Junker 2c. für den Königélieutenant thr Bestes geleistet haben. Die Ausstellung wird den Beweis liefern, daß, wenn des Dichters Vaterstadt noch kein eigentlißes Goethe-Museum besitzt, zu dem in der Goethe-Bibliothek und den Goethe-Sammlungen des Hochstifts eine gute Grundlage ge- schaffen ist, dies nur an dem Mangel geeigneter Näumlichkeitea und nit daran liegt, daß sie in ihren Mauern nicht noch genug der shönsten Erinnerungen an ihren großen Sohn, defsen Familie und Freunde besäße.

Hildesheim. Der berühmte, an der Annen-Kapelle des hiesigen Domes sih hinaufrankende tausendjährige Rosenstock drohte vor mehreren Jahren einzugeben ; er fing bedenflih an zu fränkeln, sodaß der Rath von Sachverständigen eingeholt werden mußte. Dank der uten Pflege hat der Rosenstock sih nunmehr vollständig erholt und äftig weiter entwickelt. Besonders in diesem Jahre wird er eine Bitte rad entfalten; {on jeßt zeigt die Südseite eine reiche enfülle.

Winter - Semester und |

Nat Sgluß der Redaktion eingegangéné Depeschen.

Kiel, 27. Juni. (W. T. B.) Die von reren Blättern gebrahte Mittheilung von der Berufung O Pro- fessors Dr. Olshausen zu Jhrer Majestät der Kaiserin nach Kiel entbehrt 24d zuverlässigster Jnformation jeder sahlihen Begründung; im Gefolge Jhrer Majestät be- findet sih Allerhochstderen Leibarzt, General-Arzt Dr. Zunker. __ Mitau, 27. Juni. (W. T. B.) Zur Feier der hundert- jährigen Vereinigung Kurlands mit Rußland zele- brierte der Erzbischof A Abend in der Kathedrale eine feier- liche Seelenmesse für die Kaiserin Katharina T1. und ihre ver- ewigten Nachfolger. Heute Vormittag fand ein feierliches Tedeum in Gegenwart der Behörden und der Vertreter der Stände statt.

Später wird ein Empfang beim Gouverneur und dann die

Eröffnung des lettishen Sän tes und der landwirthscaft- lien, Anssiellntg ensnien hschaft-

(Fort}eßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) R E E E e P E N E E E Wetterberiht vom 27. Juni, 8 Ubr Morgens.

| | Wind. Wetter.

| j

2|balb bed. 3|bedeckt 2\wolkenlos 2wolkenlos | 6ibedeckt ! 2\wolkenlos | 1\wolfenlos | 2iwoikig j lwoifig | 1\wolkenlos |! libede | 2'heiter 2\wolkig 3'bedeckt 1\weolfig itill/woitis | 1¡weolfenios 3\wolïenlos sülwoig | 3\wolkig 3'wolfig

Stationen.

Bar. auf 0 Gr.| u. d. Meeressp. Temperatur in % Celfius (59G. = 49R

red. in Millim.

ale E E E E O Sia L O e L, Pes Sa A0 BaParanda O8 r E

Corf, Queenstown . . . . !. 763 Sonna L G E O8 s E 763 A A E e088 S a TOS Neus L D Memel s E OT Pai e S 0 L 0s M E S Sa E GL et Midi C Gh a E A | Bli e R 2\wolkenlos | Wi e A es 0E 2 bededt Bréêsauu. . . . „f 7602 |WNW Z3sbedeckt Se E s B ftill'wolkig Na L E itilllheitee | 22 Triest . E ftill’halb bed. | 28 fe Vebersiht der Witterung. Auf dem ganzen Gebiet is der Luftdruck ungewöhnlich gleihmäßig vertheilt und daher die Luftbewegung überall {wach; verhältnißmäßig am böcsten ist der Luftdruck im Westen, am niedrigsten im Osten. Eine flache Depression liegt über England und scheint si oftwärts fortzupflanzen, fodaß insbesondere für das nordwestlihe Deutschland Zunahme der Bewölkung demnächst zu erwarten ift. In Deutschland ist das Wetter ruhig und vorwiegend heiter, die Temperatur ift fast überall geftiegen, liegt indessen noch allenthalben unter dem Mittel- werthe. Niedershläge werden nur aus dem östlihen Deutschland ge- meldet. / Deutsche Seewarte.

¿E

S 2 O

G B C

T

(S)

Q O

(

(G

S282 S0 OS9S O

U (N

Urs

0

Theater- Anzeigen.

Berliner Theater. Madame Anfang 7} Uhr.

Sonnabend: Madame Sans-Gêne.

Sonntag, Nachmittags 2F Uhr: Die Kreuzelschreiber. Abends 77 Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. (Letzte Aufführung vor den Theaterferien.)

Freitag : Sans - Gêne.

Uenues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Freitag: Eusemble-Gastspiel der Mitglieder des Carl Shultze-Theaters (Ham- burg) unter Leitung des Direktors José Ferenczy. Tata-Toto. Vaudeville in 3 Aften nah Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Tata-Toto.

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. 55/57. Direktion: Julins Fritsche. Freitag: Miß Helyett. Vaudeville-Operette in 3 Akten von Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée, Musik von E. Audran. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7# Uhr.

Sonnabend: Miß HSelyett.

Schluß der Saison: 30. Juni. Wiedereröffnung: 1. August 1895.

:- Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Jenny Bon-Neuhausen mit Hrn. Landrath und Prem.-Lieutenant der Res. Dr. jur. Friß Schulte -Heutbaus (Neuhausen, Kreis Königsberg i. Pr.—Deutsh-Krone). Frl. Elli von Rumohr mit Hrn. Lieutenant zur See Ludwig von Reuter (Plôn—Kiel). Anna Fretiin von Lepel mit Hrn. Major von Windheim (Cassel—Stettin). Frieda Freiin von der Elite mit Hrn. Lieutenant William Halling (Erfurt—

Ü y

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Bergrath Otto Gutdeutsh (Sooden a. Werra). Hrn. Rittergutspächter und Rittmeister d. L. Robert Mengel (Trienke). Hrn. Prediger Karl Wagener (Breslau). Hrn. Landrath Freiherrn Senfft von Pilsah (Kammin).

Gestorben: Verw. Fr. Mathilde von Schmettau, geb. von Gorszkowska (Hildesheim— Bunzlau). Hr. Oberft a. D. Karl von Kehler (Vterseburg). Hr. Regierungs- und Baurath Marx Krause (Freienwalde a. O.). Fr. Eienes von Rudzinsfi- Rudno (Troppau).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin:

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und V 3an Berlin SW., Wilhelmstraße 32. A

Sieben Beilagen. (einsließlich Börsen-Beilage).

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 80. Sizung vom Mittwoch, 26. Juni. Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet

worden. Auf der Tagesordnung stand die dritte Berathung des

rfs eines Stempelsteuergeseßes. Ns den bereits Y Liebe usführungen der Abgg. von Eynern, Dr. Krause und Richter ergriff das Wort

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Die bisher erörterten Fragen sind in zweiter Lesung, theilweise auch schon in der ersten so ausführlih disfutiert worden, daß ich auf dieselben näher niht eingeben will. Ich werde mich s{werlich mit Herrn Abg. vön Eynern darüber einigen, weler Mehrbetrag aus der ursprünglichen Vorlage der Regierung berausgekommen sein würde. Ich bleibe au nah den ausführlihen Verhandlungen in der Kom- mission und nach den eingehenden gewissenhaft aufgestellten, aber allerdings immerhin unsiheren Shäßungen, die im Minifterium auf- gestellt sind, bei meiner in der ersten Lesung hervorgehobenen Ansicht in jeder Weise stehen. Ich will aber auf die Einzelheiten, die der Herr Abg. von Eynern angeführt hat, niht näher eingehen ; zum erheblichen Theil beruhen sie geradezu auf Rechtsirrthümern. Beispiels- weise bin ih überzeugt, daß die neue Definition von der steuer- pflichtigen Korrespondenz in der Sache selbst, in der Besteuerung gegenüber der Regierungsvorlage auch nit das geringste ändert. Die Definition läuft genau in der Praxis und Handhabung auf dasjenige hinaus, was bisher Rechtens war, und was nach der Stellung des Reichsgerichts in die Vorlage der Regierung aufgenommen worden ist. Ganz ebenfo liegt es aber mit verschiedenen anderen Beispielen, die der Herr Abg. von Eynern angeführt hat; es sind das alles abgethane Dinge. I bin in dieser Beziehung mit dem Herrn Abg. Richter ganz einverstanden: es kann darauf beute nit mehr ankommen, sondern heute handelt es sich darum, die Grundlagen für einen vollen Abschluß des Stempelgeseßes zu gewinnen.

Im übrigen möchte ich gerade dem Herrn Abg. Richter gegen- über und seinen früheren Aeußerungen in Beziehung auf die Thätig- keit der Kommission dem Herrn Abg. von Eynern in jeder Weise beistimmen. Ich glaube, wohl selten hat eine Kommission mit solhem Eifer, mit solcher Gründlichkeit und einer solhen Auëdauer ein so shweres Geseh behandelt wie das vorliegende; in dieser Beziehung stimme ich mit dem Herrn Abg. von Eynern überein, wenn auch einzelne Beschlüsse der Kommission mir bhôchs unbequem sind (Heiterkeit), und ih sie noch heute für durchaus ungerechtfertigt halte; . das sind aber Meinungsverschieden- beiten, die aus der Verschiedenheit der Stellung der Staatsregierung gegenüber dem Hause \ih von selbst ergeben, und man kann fagen : darum keine Feindschaft niht! (Heiterkeit. Sehr gut!) i:

Nun hat der Herr Abg. Krause den Wunsch geäußert, es möge in weiterem Umfang als bisher die Selbstverwerthung der Stempel gestattet werden. Ih habe shon an anderer Stelle ausgespro(en, daß meine Absicht gerade in derselben Richtung geht; ih theile die An- siht des Herrn Dr. Krause, daß nicht in der Absicht zu defraudieren oder aus Böswilligkeit in den meisten Fällen unrichtige Stempel oder aber gar keine Stempel fassiert werden. Ih theile ferner die Ansicht, daß man in einem viel ausgedehnteren Maße, wie es bisher der Fall war, volles Vertrauen zu der Redlichkeit der Personen, die in dieser Beziehung mit dem Stempel zu handhaben haben, haben ftann, und daß es daher schr wohl gethan ist, auch im Interesse des Fiskus in dieser Beziehung natürlich mit der erforderlihen Vorsicht, da ja die Kontrole sehr abgeschwäht wird sih mebr auf die Zuverlässigkeit, Ehrenhaftigkeit und aufmerkíame

Geschäftsfübrung seitens der Betheiligten zu verlassen, ih bin daher der Ansicht, daß man da in Zukunft sehr viel weiter gehen kann; es sind nah der Seite hin die Einleitungen son getroffen. Man würde es auch selbs dann thun fönnen, wenn dieses Gesey garnicht zu ftanze kâme. |

Der Herr Abg. Ricter hat hier nun eine Frage aufzegriffen, die in Wahrheit hier do nicht bergehört, nämli die Frage des Rechts der Krone, Erlafse an einzelnen Stempeln im einzelnen Fall aus Billigkeitsgründen eintreten zu lafsen. Darüber ift früher ausführlih disfutiert. Er hat sich dabei bezogen auf einen Beschluß einer Reichêétagékommission, deren Vorsizender ih war. Ja, wenn wir diesen Beshlußg wörtlich in Preußen zur Anwendung kommen lafsen wollten, so paßt derselbe garnicht auf die Behauptung des Hrn. Abg. Nichter. Denn in Preußen ift es Verfassungsreht, daß die Krone berechtigt ist, im einzelnen Fall derartige Stempel zu erlassen, und au dieser Beschluß steht vor dem bestehenden Geseg und vor der Verfassung natürlich til. Ob im Reih in dieser Beziehung ein so weit- gehendes Recht der Reichsregierung besteht, das if eine andere Frage. Hier in Preußen is die Sache vollkommen unzweifelhaft, und ih gehe sogar soweit, meine Herren, daß, wenn ein solches Recht niht bestände, man im Interesse der Bevölkerung gezwungen wäre, es einzuführen. (Sehr rihtig!) Keine große Verwaltung kann ohne das Recht, Billigkeit walten zu lassen im einzelnen Falle, existieren; das fann gar fein Privatmann, das fann auch keine Kommune, das kann am allerwenigsten ein großer Staat wie Preußen. I will

aber auf diese Sache niht weiter eingehen, da der Herr Abg. Richter seiner Bemerkung ja keine Folge durch Anträge gegeben hat.

Wenn der Herr Abgeordnete nun aber bei der Gelegenheit fragt: wo denn das Gesez bliebe wegen Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben, und meint, wenn es mir nicht gelänge, den Refsortparti- fularièmus meiner Kollegen zu überwinden, wem folle es dann gelingen, und so würde man dahin gedrängt sein, bei einzelnen Geseßen im Einzelfalle diese Frage zu lôsen, diese Fragen können aber nur im Zusammenhang eines allgemeinen, die Verwal- tung von Einnahmen und Ausgaben regelnden Gesetzes gelöst werden,

- Erste Beilage j i zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staais-Anzeiger. M 154.

Berlin, Donuerstag, den 27. Juni

fommen, wenn man sie im Einzelfall entsheiden wollte. Ich glaube weder, daß die Staatsregierung darauf eingehen wird, noch daf: das Haus diesen Weg beschreiten wird. Aber es is auch gar fein Grund vorhanden, daß das Haus glauben könnte, auf diesen Weg gedrängt zu sein; ih halte an der Hoffnung fest, daß es gelingen wird, ein solches Gesez dem Hause der Abgeordneten vorzulegen. Jedenfalls sind in dieser Beziehung die Verhandlungen durchaus noch im Gange, und es ift gar fein Grund vorhanden, - sih in dieser Be- ziehung einer gewissen Verzweiflung hinzugeben. Ich stehe nech heute auf dem Boden, daß es im höchsten Grade erwünscht wäre, ein solches Geseß mit dem Landtage zu verabschieden.

Meine Herren, ih werde mih, nachdem die Vertreter der großen Parteien im Hause \sich im großen Ganzen über den Inhalt des Ge- setzes geeinigt haben, an der Diskussion über die einzelnen Punkte im Allgemeinen nicht betheiligen, ih halte das nicht für nöthig. Ich kann au meinerseits im Ganzen das Kompromiß acceptieren, wenn ih auh in einigen Beziehungen seinen Inhalt bedauere. Aber ih habe {hon bei der ersten Berathung gesagt, daß es unmöglich sein würde, ein solches s{hweres Geseß mit so vielen ein- zelnen Positionen zu stande zu bringen, ohne daß ein gegenseitiges Entgegenkommen zwischen der Staatsregierung und dem Landtag, der Mehrheit des Landtags ftattfindet. Man werde beiderseits da in vieler Beziehung Resignation üben müssen. : Was die Schäßung des Herrn Abg. Richter über das Ergebniß des Gesammtgesezes betrifft, wenn es zu stande kommen sollte, wie das nah den Anträgen si ergiebt, so kenne ih niht die Grundlagen, auf welche der Herr Abg. Richter diese Shätßzung stüßt. Ich kann ganz aufrihtig sagen, daß ich heute mir niht mit Sicherheit darüber klar bin, ob das Geseg Mehreinnahmen oder fogar einige Minder- einnahmen bringt. Das ift meine aufrihtige Ueberzeugung; und ih glaube, ich bin allerdings mehr in der Lage durh meine Stellung in der Praxis der Verwaltung, diese Dinge beurtheilen zu können als ein einzelner Abgeordneter. Ich habe aber von vornherein erflärt, daß es zwar wünschenswerth wäre, wenn ohne wesent- lichen Druck und Schädigung wichtiger allgemeiner Intereffen eine Mehreinnahme aus diesem Geseßzentwurfe hervorgete; denn wir brauchen die Mehreinnahmen im Interesse des Landes, nicht im Interesse der Regierung; das kann hier im Hause garnicht be- stritten werden von denjenigen, die überhaupt nur einen ober- flählihen Blick auf unsere Finanzen und auf die Erfahrungen der leßten fünf Jahre geworfen haben. Nichtsdesteweniger aber halte ih den Werth dieses Gesezes für so bedeutend, taß au dann, wenn keinerlei Mehreinnahmen aus dem Geseg hervorgehen sollten, ih doch in demselben einen wesentlichen Fortschritt erblide, und zwar nicht im spezifishen Interesse der ‘Staatsregierung und ihrer Beamten, sondern im Interesse der gesammten Bevölkerung. Ich will darauf nicht näher eingehen; die Zukunft wird das lehren.

SIch theile ganz die Ansiht der Herren Abgg. Richter und Krause, daß auch dies Gese niht alle Rechtszweifel abschneiden wird, daß auch hier und da wieder neue Kontroversen entstehen werden. Wer aber die bisherige Dunkelheit, Zweifelhaftigkeit, Be- strittezbeit ia den allerwichtigsten Materien der bisherigen Stempel- steuergesezgebung kennt, der muß sih do sagen: im Großen und Ganzen sind die Zweifel abgeschnitten oder es wird eine außerordent- lide Klärung der Rechtsverhältnisse eintreten ; namentli wird es viel leichter sein für jeden Steuerpflichtigen, sich dur die Einsicht dieses Gesetzes und des Tarifs selbst klar zu machen, welcher Stempel zu fassieren ist, oder wo es sich überhaupt um eine stempelpflichtige Urkunde handelt. 5 O

Ich empfehle also dem Hause die Grundlage des Kompromisles im Allgemeinen. Ih werde vielleicht hier und da im Einzelnen noch meine abweihende Meinung ausdrücken müssen; im Allgemeinen würde au ih mich über die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs mit den jeßt durch Kompromiß unter den Parteien festgestellten Amendements für befriedigt halten.

Abg. von Puttkamer-Ohlau (fkonf.): Mindereinnahmen

dürfen auf feinen Fall bei der gegenwärtigen Finanzlage eintzeten. Die Schäßungen der Einnahmcn entbehren jeder sicheren Grundlage ; man solite sie deshalb lieber unterlassen. Wir stehen auf demjelben Standpunkt, den wir in der ersten Lesung einzenommen haben, und werden uns an der Debatte nur betbeiligen, wenn wir einen prinzipiellen Standpunkt zu vertreten haben. Der Besteuerung der mündlichen Mietbsverträge haben wir zugestimmt, weil sie durchaus erforderlich schien zu einer guten Durchführung der Miethsverzeichnisse. Die Nothwentigkeit der letßtercn zu dem Zwedck, die zahlreihex Steuerdefraudationen zu hinter- treiken, if uns überzeugend nahgewiefen worden. Ich bitte Sie, das Kompromiß anzunehmen, da nur durch gegenseitiges Nachgeben das Gesetz zu stande kommen fann. y

Abg. Kir sch (Zentr.): Wir haben nicht auf allen Forderungen bestanden, um das Zustandekommen des Gefeyes nicht zu gefährden. Denn wir sind der Ueberzeugung, daß das Geseg in formeller Beziehung eine Verbesserung bedeutet, und daß es eine große Anzahl Erleichterungen enthält. Namentlich glauben wir erreiht zu haben, daß die Steuer- pflicht zum theil von den hwäheren auf die stärkeren Schultern übertragen worden ist. Abgeseben von den Anträgen, die wir zur Tarifposition 25 d gestellt haben, wollen wir dem Kompromiß zu- stimmen. Mindereinnahmen werden für ‘die Staatskasse sicher nit eintreten. / j 7

Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. fons.): Im Namen meiner Pariei amd das Kompromiß und das ganze Gefeß möglichst einstimmig anzunehmen. Ï :

Aba. bon Sven bemerfte, er habe sih für verpfliWtet ge- balten, für die Thätigkeit der Kommission einzutreten gegenüber den abfälligen Urtheilen, 9 gerade in der Prefse des Herrn Richter über sie ausgesprochen worden seien. l ; E ; Ae Mihter erwiderte, die Kommission müfse_ sich ebenso die Kritik gefallen lafsen wie etwa die Minister. Dem Finanz-Minister gegenüber bemerkte Redner, die uferlose Vollmacht des Monarchen, aus irgend welhem Grunde geseßliwe Steuern zu erlassen, fei nit verfassungsmäßig. Auch im Reich gebe es eine solche Vollmacht nicht.

Finanz-Minister Dr. Miquel: : Ich möchte do kurz dem Herrn Abg. Richter erwidern ; ih habe gesagt: wenn das in Preußen bestehende Verfafsungsrecht und das

die Befugniß gäbe, Stempel aus Billigkeitsgründen im einzelnen Fall zu erlassen, so müßte man diese Befugniß einfükren. Wenn ich der Meinung wäre, daß die Krone diese Befugniß nicht besäße, so würde ih den Herren unbedingt

vorgeschlagen haben, in das Gese bezüglich der Stempel diese Be-

fugniß aufzunehmen, und ih bin überzeugt, das gesammte Haus würde mir beigestimmt haben. (Sehr richtig! rechts.) Wenn ih Ihnen die einzelnen Fälle allergrößter Härte und Unbilligkeit, die da vorkominen, vorlegte, so bin ih überzeugt, Sie würden dieses Recht der Krone hier dur besonderes Gesetz übertragen haben. -Aber die“ ganze Frage gehört jedenfalls nicht in dies Gefeß.

Ueber die Verfafsungsfrage selbs und die zweckmäßige Art der Ordnung in einem Geseg über die Verwaltung von Einnabmen und Ausgaben hoffe ih mit dem Herrn Abg. Richter noch demnächst ein- gehender zu diskutieren.

Abg. Schenck (fr. Volksp.) erklärte, es sei rihtig, daß er bei der Gefsammtabstimmung in der Kommission für das Geseß gestimmt habe. Er habe aber darum nit darauf verzihtet, in der zweiten Lesung die ihm wünschenswerth erscheinenden Abänderungen zu beantragen. : i Das Haus ging zur Einzelbecathung über und er- theilte den von Vertretern der beiden konservativen, der nationalliberalen und der Zentrumspartei vereinbarten Kom- promißanträgen (Gamp und Gen.) hinsichtlih der ersten 24 Tarifftellen ohne Debatte seine Zustimmung. Danach wird u. a. der legte Sag in Abs. 3 unter „Ab- tretung von Rechten“ dahin gefaßt: f j

„Dem Stempel für Abtretungen unterliegen auch Anträge auf Umschreibung vor dem 1. Oktober 1881 ausgestellter Namenaktien im Aktienbuch, falls niht eine mit dem tarifmäßigen Stempel ver- sehene Abtretungsurkunde errichtet ift.“

Der erhöhte Say für die Zulassung „außerdeuischer“ Ausmwanderungs-Unternehmer wird auf die „ausländischen“ ausgedehnt. / Jn Tarifstelle 22 wird ein nach den Anlagekosten abgestufter Stempel für Genehmigungen von Privat- anschlußbahnen eingefügt, und zwar nach Stufen, die von 1000 auf 10000, 20000, 50000, 75 000, 100 000 und dar- über von 50 000 zu 50 000 Æ steigen, ein Stempelbetrag von 1 vom Tausend der oberen Grenze jeder Stufe.

Bei Tarifstelle 24, Fideikommißstiftungen de- treffend, schlug Abg. Rickert vor, die hierzu beantragte Re- solution (Gamp und Gen.), betreffend die Vorlegung eines Geseßentwurfs über anderweite Regelung des Fideikommiß- wesens, nicht an dieser Stelle, sondern ers nach Durhberathung des ganzen Gesetzes zu berathen. /

Abg. Graf zu Limburg - Stirum (konf.) Widerspruch. ; E

Abg. Richter bestritt die gelGültborbiungioiige Zulässigkeit der Resolution überhaupt. Es sei nicht angängig, bei einer Tarif- festsezung irgend einen Gegenstand nah der allgemeinrechtlihen Seite hin zu erörtern. Das sei Sache eines Initiativantrags.

Präsident von Köller erflärte die Resolution für durhaus geshäàftsordnungêgemäß, da sie in enger Beziehung zu der in Frage kommenden Zarifstelle stehe. 4 ;

Abg. Graf zu Limburg-Stirum bemerkte, seine volitisben Freunde hätten davon Abstand genommen, bezüglich des Fideikommiß- stempels Anträge für die dritte Lesung zu stellen, weil ihnen von den andern Parteien, welhe an dem Kompromiß betheiligt seien, die An- nahme der vorliegenden Refolution in Ausficht gestelll worden fei.

Nach längerer Diskussion beschloß das Haus, nah dem Vorschlage des Abg. Rickert zu verfahren.

Bei Tarifstelle 25e, welche einen einprozentigen Stempel auf das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen in eine Gesellschaft legt, beantragte Abg. Richter, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung von nicht mehr als 500 000 A Stammfapital auszunehmen.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nocþ einer besonderen Besteuerung zu unterwerfen, kann nah verschiedenen Seiten hin zu Härten führen. Ich habe in zweiter Lesung einen noh- weiter gehenden Antrag gesteut: Er wäre an- genommen worden, wenn uns Herr Kirsch nicht auf die dritte Lesung vertröftet hätte, für die er selbst einen Antrag versprach. Nun steben wir aber in der dritten Lesung vor der inesishen Mauer der Kom- promißanträge, und von einem Antrage Kirsch ist keine Rede mehr. Ich bitte also um Annahme meines Antrags.

FinanzMinister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich bitte Sie, den Antrag des Herrn Abg. Richter abzulehnen. Jch habe {on mehrfach ausgeführt, daß an sich {on die Gefellshaft mit beshränkter Haftbarkeit ganz außerordentlih privilegiert worden ift, sie zahlt keinen Stempel für Aktien, sie ift der Reichs: Stempelgeseßgebung niht unterworfen, sie zahlt keine Ein- fommernsteuer, sie zahlt feine Kommunalsteuer, und diese Dinge shlagen ganz anders durch als der Stempel, der ihr hier aufgelegt wird. Etne besondere weitere Auënahme nun unter Verlust auch von finanziellen Einnahmen zu machen, dazu ift nicht der mindeste Grund, und die Stellung der Staatsregierung zu den Komvromikanträgen fann doech nur im Ganzen aufgefaßt werden. Wir verlieren beispielsweise bei der Aufgabe der mündlihen Miethêsverträge ganz außerordentlihe Summen, fodaß ih sogar überzeugt bin, daß infolge der Gesammtheit der Erleichterungen, die in Bezug auf die Miethéverträge vorhanden find, mindestens keine Mehreinnahme in Zukunft, auch niht dur das jeßt einzuführende Verzeichniß für shriftlide Miethsverträge herauskommen wird. Ich bitte also, den Antrag des Herrn Abg. Richter abzulehnen.

Abg Kir sh (Zentr.): Ih habe mir allerdings in der zweiten Lesung vorbehalten, sväter einen besonderen Antrag einzubringen, habe aber damals nicht wiffen können, daß zwischen der zweiten und dritten Lesung ein Kompromiß abgeschlossen werden würde. Infolge dessen fah ih von Einbringung eines besonderen Antrags ab.

Der Antrag Richter wurde abgelehnt, die Position nah den Kompromißanträgen angenommen, wonach sie den fol- genden gusab erhält: L

„Befreit ist das Einbringen vcn Nachlaßgegen ständen in eine aus\{licßlih von den Theilnehmern an einer Erbschaft ge- bildete Gesellschaft mit beshränfkter Haftung. Zu den Theilnehmern einer Erbschaft wird auch der überlebende Ghegatte gerechnet, welcher mit den Erben des verstorbenen Ehegatten güter-

erhob dagegen

und wir würden in die allergrößte Unklarheit und Verwirrung

ist nicht bloß die ges{riebene Verfassung der Krone nit

gemeinschaftlihes Vermögen zu theilen hat.“