1914 / 102 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

sein, UnzTYsf e zur Dee Son ua FTtef ert, Aber F FaFs dow Lie Ueberzeugung geroonnen, Laß Lie Arbeiten der Londoner Kon- ferenz dazu beitragen werden, der Wiederkehr \o furchtbarer Schiffs- Tatastropben, wie des „Titanic“-Unterganges für die Zukunft, soweit menschliche Kraft reicht, vorzubeugen, Jh hoffe unter diesen Um- tänden, daß Ste der Konvention Ihre Zustimmung nicht versagen werden. (Bravo!)

L “Abg. Schumann- Forst (Soz.): Mit - dein PrinziÞ dieses Getktrages können wirt ‘uns einverstanden ertlären. Aber bie“ Hoff- nungen, die an den Londoner Vertrag geknüpft worden sind, find nicht boll erfüllt worden, Das Unglüdck der „Titanic“ hat den Schleier gelüftet über das fapitalistisce Verfabren der MNeedereien. Erst eine so ungebeure Katastrophe mußte eintreten, ebe diejenigen, die die Vér- antrortüung für daë Leben SIausender tragen, fic daran erinnertén welde Pflibten sie gegenuber ihren Mitraën sen zu erfüllen baber. ZPülbe €s jich lil Us Drvischendedépas)agiere gébandelt baben, dann ¡ruten Tit Jroeclid beute zu einem fjolden oder ähnliden Ser- trage übechaupt Stellung nebmen töcnner. Nicht das gute Hecz und das Mitgefühl hund für die RMeeder bestimmerid gemesen, sondern 1 der Hauptsache rein geschäftliche Erwägungen, sich an einer Konferenz azu beteiligen. Sie stimmten deshalb den Reformbvorslägen zu, die auf etne Verbesserung „Unserer Unfallverhütungsvorschriften gerichtet aren. Für eine genügend geschulte Bootsbemannung wurde aber mchckcht gesorgt. Ein Vertreter ‘der seemännischen Arbeiterschaft \chrieb mir seinerzeit, daß er porgeschlagen habe, Bootsmanöver vor der Aus- reise zu machen, aber dieser Borschlag sei abgelehnt worden. Das ift ein charafteristis@es Zeichen dafür, was man mit der ganzen Aktion bezwecken wollte. Es handelte sich lediglich darum, der Oeffentlichkeit eiwas vorzutäuscben, und in Wirklichkeit die Dinge fo gehen zu lassen, wie fie bis dahin gegangen waren. Was die Konferenz selbst betrifft, so mißbilligen wir auf das \härfste, daß die Negierung den seemänni}chen Arbeitern gegenüber in eigenartiger Weise verfahren ist, daß sie wohl Vertreter der Unternehmer zu allen Stadien“ têr Vorverhandlung hinzugezogen, die Arbeitervertreter aber vollständig ausgeschaltet hat. Nur zu einer Besprechung der Seeberufsgenossen- schaft wurden Arbeiter hinzugezogen, und diese Besprehung war eine rein formelle. An der eigentlichen Konferenz nahm kein deutscher Arbeitervertreter teil. Anwesend waren in London Vertreter der Großreedereien, Nautiker und Schiffsbauer. Deutschland hat also Unternehmervertreter als Sachvers ändige nah London geschickt, aber niht seemännishe Vertreter der Arbeiterschaft. Das beweist die Nichtachtung, die die Arbeiter in Deutschland genießen. Im Aus- lande hat man teilweise Parität geübt: Amerika und (Sngland haben Arbeitervertreter als Sachverständige entsandt, andere Staaten haben Kapitäne hbingesandt. Die Konferenz hat dann unter Aus\ch{luß der Oeffentlichkeit aetagt. Bestimmend für ihre Entscheidung war nah der Nede des Präsidenten, daß nichts verlangt werden dürfe, was das Geschäft der Meedereien ruinieren könnte. Das ist auch fein Wunder, da_ von deutscher Seite die Großreedereien in London ver- treten waren. An der Konferenz hatte auch der Vorsißende der See- mannsorganisationen in Amerika teilgenommen. Er verließ sie aber bor ihrem Schluß, weil er das Spiel der Konferenz nicht bis zu Ende mitmachen wollte, er ersuchte um seine Abberufung, weil ein Antrag von ihm abgelehnt wurde, daß jedes den Hafen verlassende Schiff für alle an Bord befindlicken Personen genügend Mettungs- boote und für jedes Boot zwei seetüchtige Matro®en mitführen solle. Die Konferenz hat in der wichtigen Frage der Farbigen vollkommen versagt. Diese Frage steht mit dem Scuß der Schiffe insofern in Zusammenhang, als die Farbigen im Moment der Katastrophe die Befehle nicht verstehen und nicht ausführen können, die Chinesen be- \{wörèn in solchen Momenten die Geister. Der Vertrag gilt nur für die Passagierschiffe, niht für die Frachtschiffe und betrifft nit die Sicherheit der Mannschaften. Diese Punkte sollen noch geregelt werden. Hoffentlich geschieht das in befriedigender Weise. Die Ne- gierung beabsichtigt ja,. alle die geseizaeberishen Vorlagen zu machen, die die Beschlüsse der Londoner Konferenz erst praktisch durbführen sollen. Wir werden dann die erforderlichen Abänderungsvorschläge machen. Die s{önsten Bestimmungen bleiben aber auf dem Papier stehen, solange nicht durch ein Neichs\chiffahrtsamt die nötige Kon- trolle über die Unfallverhütungsvorschriften ausgeübt wird. Außer- dem ist auch ein Neichsbemannungsgeseß notwendig.

Hierauf wird Vertagung beschlossen.

Der Präsident s{lägt vor, die nächste Sißung abzuhalten Freitag 2 Uhr pünktlich mit der Tagesordnung: Fortseßung der socben abgebrochenen Beratung und des Restes der Tagesordnung (kleinere Vorlagen) unter Ausschluß der Beratung des Etats des Auswärtigen Amkts.

Abg. Scheidemann (Soz) zur Geschäftsordnung: Jch möchte Sie bitten, die Sißung- morgen überhaupt ausfallen zu lassen. Wir sind unserseits stets bemüht gewesen, ähnlichen Wünschen großer Parteien zu entsprehen. (Zuruf rechts: Maifeier !) Jawohl, Mai- eier. Wir muten“ Ihnen damit nicht zu, daß Sie sib mit uns bezüglih der Auffassung des 1. Mai solidarish erklären, sondern es handelt sih nur darum, ‘der größten Partei des Hauses entgegenzu- Tommen. Wir wollen dadurch die Geschäfte des Hauses nicht auf- halten. Wir sind bereit, zum Ausgleich an ein oder gar zwei Tagen Ubendsißunaen zu bewilligen.

Abg. Graf Westarp (dkons.): Der Antrag hat in böhstem Maße unser Erstaunen hervorgerufen. Diese Veranstaltungen am 1. Mai bezwecken, dur Arbeitsniederlegung und Arbeitseinstellung zu demonstrieren für die republikanische, sozialdemokratische Partei. Deshalb kann sich .der Reichstag nicht an diesen Demon- ftrationen beteiligen und morgen die Sißung ausfallen lassen. Wenn die sozialdemokratishen Abaeordneten an der Betei- ligung ein Bedürfnis haben, wird sie niemand hindern. Die Maifeier ist ‘eine Einrihtuna, die weder leben noch sterben kann. Wenn die fozialdemokratishen Abgeordneten mal einen Tag weg- bleiben, so werden die Geschäfte des Hauses darunter wobl nicht leiden. Der Antrag ist eine starke Zumutung, die mit aller Ent- schiedenheit zurückgewiesen werden muß.

Abg. Bassermann (ul.): Aub ih möchte mi aegen den Antrag Scheidemann aussprechen. Ih mötbte prinziptiellen Widerspruch dagegen erheben, daß aus Anlaß eines Parteifeiertages ein Sißungstag des Reichstags ausfällt. Das halte 1ch nit für angängig, würde au Konsequenzen für eine Reihe von anderen Parteien haben.

Abg. Haase (Soz.): Diejenigen, die die Maifeier veranstalten, haben die CGinladung an das ganze deutsche Volk gegeben. Wenn die Konservativen dieser Einladung folgen würden, würden sie zum min- desten von ihren irrigen Anschauungen befreit werden. Am 1. Mai wird agitiert für den Völkerfrieden, und diesem Ziele zu folgen, hätte der Reichstag allen Anlaß. Wenn der Abg. Graf Westarp dieser Veranstaltung beiwohnen würde, würde er jehen, daß die Maifeter lebt und marsciert.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemo- kraten abgelehnt. Es bleibt also wegen der morgigen Sißung und der Tagesordnung bei dem Vorschlage des Präsidenten.

Dagegen wird der Beginn der morgigen Sißung auf An- trag des Abg. Schcidemann troy des Widerspruches des Grafen Westarp auf 1 Uhr pünktlich festgeseßt.

Schluß 614 Uhr.

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 68. Sißung vom 30. April 1914, Vormittags 11 Uhr. Zie (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.) “Veber den Beginn der Sizung, in der die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlihen und Unterrichtsangelegenheiten bei dem Abschnitt

| fatHolishe GeisiliGe und Kirchen" forkgesedt wird, ft ili der gestrigen Nummer d. Bl. berihtet worden.

Abg. St ycezyn ski (Pole): Die Beschwerden darüber, daß katho- lische Fltern gehindert werden, wenigstens den Religionsunterruht für ihre Kinder in polnischer Sprache erteilen zu lassen, nehmen immer zu. Der Kultusminister hat es sehr \chroff zurückgewiesen, daß die preu- ische Regierung sib in die Eircicbtaneea der tatholischen Kirche ein- mischt. Aber es kann nicht ausbleiben, daß die Art und Weise, wie die Preußische egierung gegen die polnische Sprache „vorgeht, auch schließlich ihren Niederslag findet in dec Art und Weise, wie der tatbolise Religionsunterriht an Polen von den Geistlichen erteilt rpird.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D, Dr. von Trott zu Solz;

Meine Herren! J mußte midi dagegen mebren, daß die Ver- treter der polnisdén Fraftion biec im Hause ihre Beschroertên in einseitig gefärbter Weise vortragen. Ich habe dafür Beispiele ange- fuhrt, um diese meine Beschwerde zu begcüunden, Wenn jebt der Herr Abgeordnete, dec soeben gesprochen hat, sih auf Ausführungen bezieht, die ein Fraktionsfkollege im vorigen Jahre gemacht hat und damit den Beweis für seine Behauptungen erbracht zu haben glaubt, so kann ih dem nit beitreten, sondern muß dabei bleiben, daß auch damals die Dinge in einscitiger Weise vorgetragen worden sind. Zh bin außerstande, auf alle diese einzelnen Fáâlle, die ih gar nit in einem solchen Momente übersehen kann, hier zu erwidernz ih habe deshalb diejenigen Fälle berausgegriffen, die mir bekannt waren, habe sie harakterisiert und mit ihnen den Beweis geliefert, daß die Tat- sahen in einseitiger tendenzióser Weise dargestellt worden sind, und dabei muß ih bleiben.

Ebenso muß ih dabei bleiben, daß die Negierung sih nicht in die inneren Angelegenheiten der katholishen Kirche einmisht. Meine Herren, wenn das geschehe, würden, glaube i, die Herren Bischöfe dafür eintreten, daß da Abhilfe geschaffen würde. J kann aber mit- teilen, daß mir von dieser zuständigen Stelle eine Beschwerde nicht vorliegt und auc früher nit eingegangen ist. Daraus schließe i, daß solhe Einmischungen auch nicht vorgekommen sind. Wogegen wir uns wehren, is das, daß die Polen ihre politischen, national- polnischen Bestrebungen in die Kirche hineintragen, daß sie die kirch- lichen Fragen dazu benußen, um auf politisGem Gebiete Fortschritte zu machen. Das ist es, wogegen wir uns wehren. Wenn ich darin die Hilfe der Herren Bischöfe finde, bin ih ibnen dafür außerordent- lich dankbar. Jch glaube, daß die Herren Bischöfe au in dieser Angelegenheit nur das tun, was im Interesse der Kirche liegt, wenn sie die Politik aus der Kirche wegweisen. (Bravo! rechts.)

_ “Abg. Haeni\chG (Soz): Der Abg. Hoffmann ist nur in der Abwehr gegen die Verleumdungen der Dentrumspartei bezüglih Bebels Vinterlafssenschaft zu seinen Behauptungen gekommen. És wurde ver- breitet, Bebel habe ein Vermögen von 1 Million hinterlassen, während es nit einmal der dritte Teil ift. Bebel hat für seine rastlose Tätig- kêit in der Partei niht einen Pfennig bezogen. Wir protestieren da- gegen, daß die katholische Kirche sih in den Dienst der politischen Agitation des Zentrums stellt; wir lehnen jede \taatlihe Hilfe für die Kirche prinzipiell ab. Wir gönnen den Geistlichen alle politischen Rechte; der Einfluß auf das fatholishe Volk darf aber nicht zu po- [itishen Zwetten mißbraucht werden. „Das katholishe Deutscbland“ hat zugegeben, daß das Zentrum obne die Hilfe der Geistlichen gar mckcht bestehen könnte. Eine besonders \{limme Art der politischen Betätigung der katholischen Geistlichen ist der Mißbrauch des Beicht- stuhls. In Westfalen sind Dußtende von Arbeitern im Beichtstuhl von den Geistlichen in politisher Weise beeinflußt worden. Am [{limmsten sind die Fälle, wo die Geistlichen sich hinter die Frauen Itecken, um auf ihre Männer in politisher Weise zu wirken. Auch der Einfluß der Geistlichen auf die wirtshaftlichen Kämpfe der Ar- beiter ist br unheilvoll. Sie \chüren die Gegensäße zwischen den hristlichen und den freien Gewerkschaften. Dadurch werden die wirt- schaftlichen Kämpfe der Arbeiter in hlimmster Weise erschwert. Ganz fonderbar sind die Beichtzettel, die man Kindern vorlegt. Ich häbe hier einen Beichtzettel, “der einem bjährigen Knaben vorgelegt wurde und der sih au auf seruelle Dinge bezieht. Jch habe eine ganze Ménge folcher Beichtzettel. So etwas muß zerstörend auf das Seelenleben der Kinder wirken. An den guten Absichten der Kirche zweifle ih nicht, es kommt aber auf die Wirkung an. Die Betätigung der katholischen Geistlichen in solcher Weise kann nur deswegen geschehen, weil sie die Seele des Kindes nit zu beurteilen wissen; das ist cine Folge des Zölibats. Wenn wir 10 Millionen Mark für die katholischen Geistlichen zu bewilligen haben, müssen wir auch das Fecht haben, ihre Tätigkeit zu kontrollieren.

Abg. Dr. Bell - Essen (Zentr.): Was die Erörterungen des Vor- redners mit dem vorliegenden Etatstitel zu tun haben, ist mir ein Geheimnis. Jch muß es ablehnen, mi als Mitglied meiner Fraktion mit dem Vorredner auseinanderzuseßen über die inneren Angelegen- heiten meiner Partei und die inneren Angelegenheiten der katholischen Kirche. Wir sind es ja seit der Zeit, wo die sozialdemokratishe Frak- tion in das preußiscke Abgeordnetenhaus eingezogen ift, gewöhnt, von den sozialdemokratiscen Rednern bei den Ausgabetiteln für die evangelische und katholische Kirche Ausführungen zu hören, die der starken Abneigung dieser Herren gegen das positive Christentum einen frafsen Ausdru geben. Was wir aber heute gehört haben, das übersteigt doch das Ye- meingewöhnlihe und erträgalihe Maß. Solche Ausführungen können var uns auf die Dauer nicht mehr gefallen lassen. Wir müssen es als etne Ueberhebung betrahten, wenn die Sozialdemokraten in die inneren Angelegenheiten der katholishen Kirche eingreifen. Die Herren täten besser, wenn sie vor ihrer eigenen Tür fegten, Wer fo im Glashause ißt, wie die sozialdemokratische Fraktion, sollte wahrhaftig nit mit Steinen werfen. Es könnte ta der fozialdemokratishen Fraktion gar nichts schaden, wenn auch sie einmal eine Gewissenéerforschung bei si anstellte und einen Beichtzettel dem nächsten fozialdemokratishen Par- teitage vorlegen würde. Sie tun nichts Besonderes, wenn Sie diesen Statstitel ablehnen, denn Sie lehnen ja den Etat grundsäßlih ab. Es war also überflüssig, hier noch cine besondere Begründung dafür zu aeben. Nicht wir, sondern Sie benußten die Neligion zu politischen Zwecken. (Zwischenruf des Abg. Leiner t.) Aba. Leinert, lesen Sie denn Jhre eigenen Organe nicht? Dann müßten Sie doch wissen, daß die Sozialdemokraten die Austrittsbewegung aus der Kircæe zu politi- \ck{en Zwecken mißbrauchen. Wir haben Interesse daran, weite Bolkskreise darüber aufzuklären, wie gerade von der sozialdemokratishen Seite religióse Fragen lediglih zu parteipolitishen Zwecken mißbraucht werden. Auf die inneren Angelegenheiten der fatholishen Kirche einzugehen, haben wir hier bei dem vorliegenden tatskapitel nicht die geringste Veranlassung. Es scheint jedo, daß unsere aufblühende Parteiorganisation der Sozialdemokratie so außerordentlih im Magen liegt, daß sie selbst dieses Ctatskapitel dazu benußt, um gegen diese Oraanisation Sturm“ zu ‘laufen. Es ist niht richtig, daß der Abg. Hoffmann bei der Anführung des Falles Kopp in der Abwehr gehandelt habe. Die Fälle Bebel und Kopp können gar nicht verglichen werden. Zn der ganzen deutschen Presse is darüber viel geredet worden, und es ift mir unverständlich, warum der Vorredner und der Abg. Hoffmann gerade die Zentrumspresse herausgreifen. Bebel wurde von der So- zialdemokratie immer als der Gnterbte und Entrecbtete hingestellt. Er war der Vorkämpfer der antikapitalistishen Bewegung, und da ist es do zu verwundern, daß auh.exZich ein sehr qroßes Kapital qge- sammelt hat. Der Kardinal KoPp hät ‘nit ein Vermögen von über 7 Millionen hinterlassen. Obgleich ein offizielles Dementi von zustän- diger Stelle gegen diese Behauptung erlassen worden ist, hat der Abga. offmann von der Tribüne dieses Hauses dies troßdem wiederholt.

„Bistümer, katholische Geistlihe und Kirchen, alt-

s ist festgestellt, daß der Nachlaß des . Kardinals Kopp noch nicht

etre Millicti betr#gen Fal. Der TIfBTT? Part op Fa? ay

auf ôjterreidisdem Bezirt eine C&intómmenéquelle gebabt,. ollte

etmoa darauf verzichtet haben? Sie vergessen oder verschmweigen abe

daß diese Einkommensquelle nicht etwa zu privaten ZDweden des Für bischofs diente, sondern zu guten Zwecken verwendet werden follte un

auch tatsächlih zu kirchlichen und Kulturzwecken im aroßen Umfan

verrvendet worden ist. - In der tatholishen Kirche besteht nit d Drang, Neichtümer für si zu sammeln. Ich hoffe, daß man in weit

Kreisen unferer Bevölkerung allmählih einsehen wird, zu welch

53weden hier die Etatsberatungen von sozialdemokratisher Seite b nuBßt werden.

Abg. Adol f Hoffmann (Soz.): Als ih vorbin bon dem mögen der fatholishen Kirche spra, wurde mir aus dem Sent h gerufen: Und das Vermögen Bebels? Das veranlaßte mi, auf dz Einkommen des Kardinals einzugeben, Wenn er nur 1 Million bin terlassen hat, so hat ec gewiß mcht gut gewirtschaftet. Er bat ail den österreicisden Einfommengguellen allein 360 000 K bezogen: fonte also sehr gut 7 Millionen Mark bintéclassen baben. Dec: Gf

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bat ritt bestritten, daf; dèr Kardinal 360 000 aus Oefterceic F zogen bat. E Die Ausgaben für die Bistümer usw. werden berilligt. F Vei den Ausgaben für die Provinzialschulkoll c gien bemerkt i Abg. Eickhoff (forisch, Volksp.): Nede von der Ueberfüllung des Oberlehrerberufs. Die besten Kräf f werden im Kommunalschuldienst verwendet, Ich mißgönne es ihne nicht, aber dic Ueberfüllung hat zur Folge, daß eine Menge tüchtige Kräfte brach liegt. Die katholischen Kandidaten haben unter dess Ücberfüllung am meisten zu leiden. Die außerpreußishen Staates nehmen feinen preußishen Kandidaten auf, wobl aber Preußen auße preußische. Das führt zur Ueberfüllung. In den Kreisen der Bud händler und Shulmänner wird geklagt, daß das Verfahren bei An} nahme von Schulbüchern zu Unzuträglichkeiten geführt habe. Ginzelnf Lehrbücher werden zwar an Knaben\sculen, aber nit an Mädchen] schulen eingeführt. Es berrscht da ein Mangel an Einheitlichkeit, def beseitigt werden muß. N h Abs, Dr. Blankenburg: al): Mugler in Siegen ist die Erlaubnis unterrihts entzogen worden; 1912 erschien eine Schrift von ihm! „Religion und Moral“; ein hristlih-sozialer Nedakteur batte ihn deé wegen angezeigt. Das Buch wurde in der Stadtverordnetenversamnm! lung zur Sprache gebraht; der Bürgermeister erklärte sih natürli für infompetent. Dem Oberlehrer Dr. Mugler wurde vorgeworfen! daß er Irrlehren verbreitet habe. Er hat sein Bub dem Provinzial! \chulkollegium übersandt und dieses hat es nicht beanstandet. Dr Mugler i} aber troßdem die Erlaubnis zum Erteilen des Unter: richts entzoaen worden. ibre

Es erschien ein Aufruf von 50 Eltern, die ibn

volle Sympathie und ihren Dank aussprachen. Das ist erfreu lich, am erfreulichsten ist, daß au eine Anzahl seiner früberen Schüler auch Juristen und andere Wissenschaftler, diesen Aufruf unterschrieben Der Mann ift jeßt nur noch für Geschihte und Französis{ tätig Das Unerfreuliche bei dem Fall ist, daß ein Vorgeseßter die Schüler mehrmals zu sih bestellte und den Oberlehrer der Irrlehre bezichtigte. Das war ein großer Mangel an Takt, Das Provinzialschulkollegium trägt für den Ausgang der Sache die Schuld, es hat sih als zu nat giebig erwiesen. AUerdings hat es das Fecht, einem Oberlehrer seinen Unterricht zuzuweisen; es gibt hier keinen Rechtsweg: ih vermisse aber die Billigkeit. Herr Mugler hat seine vorgeseßte Behörde um Schuh gebeten, erhält ihn aber nit, sondern ein Monitum. Der (Entscheid erfolgte ledigalih auf Grund eines Geheimberits ves Superintenden ten. Das Provinzialshulkollegium hat es versäumt, . zu zeigen, daß es ein selbständiges Urteil hat. Man konnte ihn ja verseßen, aber es ist grausam, daß man ihn ungehört maßregelte. Ich glaube nit, daß Dr. Muglers Unterricht angreifbar war. Eine Beschwerde au zu- ständiger Stelle ist darüber nicht erfolgt. Den Anstoß zu der ganzen Sache gab seine Tätigkeit im Verein Christliche Freibeit. Etwas Be- denkliches ist ihm aber niht nachgewiesen worden. Die Entziehung des Meligionsunterrihts war eine Strafe, denn

Seit Jahr und Tag if 4

Dem Neligionslehrer Df zur Grteilung des Neligionél

sein Hauptfach war Religion, er hatte sib als Religionslehrer um die Stelle beworben: er ift jeßt gewissermaßen zum pädagogischen Tagelöhner gemacht wor- den. Die gegebene Lösung wäre nun eigentlich die Uebergabe des Me ligionsunterrihts an den Pfarrer. Von diesem Gesichtspunkt aus bes trachtet verdient der Konfirmandenerlaß eine aanz besondere Bede ütung, und die preußischen Neligionslehrer baben alle Beranlassung, auf deml Posten zu sein. Wie nirgends heißt es hier: principiis obsta! Bis-| her bestand die Möglichkeit, den Konfirmandenunterriht der Anage- hörigen höherer Schulen mit dem der Volks\chüler zu verbinden. D Konfirmandenerlaß würde dies unmöglih machen, was i für dur-f aus bedenklih halte. Außerdem stellt dieser Erlaß geradezu eine Prämie auf die Aushorhung der Schüler über den Neligionslebrer dar. Es besteht auch die Gefahr, daß Kinder, die zwei Jahre hindur in Religion allein dur den Stadtpfarrer unterrichtet werden, \carf gemacht werden gegen den Unterricht anderer Lehrer in höheren Klassen. Denn es ist unter den gegebenen Verhältnissen wobl nit denkbar, daßf auch vielleicht ein liberaler Geistlicher zu diesem Unterricht herange-?t zogen wird. Führt man dieses System wirklich ein, dann könnte man ebensogut für den Turnunterriht tüchtige Offiziere und für den (Be-| sangsunterriht berühmte Opernsänger heranziehen. Darunter müßte|l natürlich die Einheit der Methodik leiden.

Unterricht irgendwie beschränkt wird, er liegt geradezu im Interesse einer nationalen und sittlichen Jugenderziehung.

D. De von Trottzwu Sol: Meine Herren!

bin dazu sehr gern bereit und habe mi deshalb auch Wort gemeldet, um diesen Vorgang in Siegen in das|

sagen. Jch alsbald zum

einseitigen oder unrichtigen Weise dargestellt hätte; er hat aber, glaube i, die Tatsachen doch nicht so aufgefaßt, wie sie aufgefaßt werden müssen, um zu dem richtigen Urteil über diese Vorgänge zu kommen.

Meine Herren, in Siegen waren in der Meinungsverschiedenheiten auf religiösem Gebiete stellt worden. Es fanden Versammlungen statt; dort wurden tem= peramentvolle Neden von beiden Seiten gehalten, Die Oeffentlichkeit in der Stadt Siegen beschäftigte sich lebhaft mit diesen Fragen, die in jenen Versammlungen aufgeworfen wurden. Die Meinungen waren geteilt; die einen vertraten diese, die anderen jene Meinung. Jedenfalls war eine erhebliche Beunruhigung in den Kreisen der- jenigen hervorgetreten, die sih für religiöse Fragen interessierten. In dem Vordergrunde dieser religiösen Bewegung um mi einmal fo auézudrücken; ih weiß, daß der Ausdruck niht ganz zutreffend ist stand auf der einen Seite ein Pfarrer, auf der anderen der Lehrer,

Oeffentlichkeit die zur Diskussion ge-

Wir wollen nicht, daß derl

Minister der geistlihen und Unterrichtsangelegenheiten|

Der Herr Vorredner ist sehr ausführlich auf f einen Vorgang eingegangen, der sih in S i egen zugetragen hat. Erf hat aus diesen Vorgängen gewisse Besorgnisse für die Stellun af der Neligionslehrer an unseren höheren Schulen! entnommen und mich ersuchbt, hier do ein beruhigendes Wort zu!

richtige Licht zu stellen. Jch kann zwar dem Herrn Vorredner keines | wegs den Vorwurf machen, daß er die tatsächlidhen Borgänge in ciner |

welcher in der Religion an der dortigen Schule unterrichtet. Beide, der Pfarrer und der Oberlehrer, unterrichteten zum Teil dieselben Schüler in der Religion, der. eine „index. Schule, der andere im Konfirmandenunterricht, und" “diese Beiden Männer, die dieselben Schüler unterrichteten, standen im Vordergrunde dieses öffentlichen religiösen Streites in der Stadt Siegen.

(Fortseßung in der Zweiten Beilage.)

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

Peine Herren, es ist selbstverständlih dem Religionslehrer un- benommen, seiner religiósen Ueberzeugung auch außerhalb der Schule Ausdruck zu geben. Aber es wird sih für ihn doch empfehlen, darin eine gewisse Zurückhaltung zu beobachten, sih von einem öffentlichen Streit in diesen Dingen nah Möglichkeit fernzubalten, und in einem folhen Kampfe nicht gerade im Vordergrunde zu stehen. Er hat in der Schule den Kindern von Eltern verschiedener religiöser Richtung Unterricht zu erteilen; er muß darauf eine gewisse Nücksiht nehmen,

eine gewisse Zurückhaltung üben und, wie ih sagte, vor allen Dingen vermeiden, in den öffentlihen Streit über diese Frage ge- rade im Bordergrund zu stehen.

Ich will nun dem Oberlehrer Mugler nicht den Vorwurf machen, daß er sich selbst in den Vordergrund dieser Debatten gedrängt habe; tatsächlich hat er aber dort gestanden. Jch will nicht untersuchen, wen dabei hauptsählih die Schuld trifft; darauf kommt es bei der Be- urteilung dieses Falles nicht an; die Tatsache genügt, daß er im Vordergrunde dieser Kämpfe in Siegen gestanden hat, das der Herr Vorredner selbst als ein heißes Pflaster für diese Fragen bezeichnet at. Es war also dort für den Oberlehrer doch wohl besondere Vor- ficht geboten. Und, meine Herren, hier ift der Grund zu suchen, der } Provinzialshulkollegium bestimmt hat, da die Dinge nun einmal agen, den Oberlehrer mit einem anderen Unterricht zu be-

en, als mit dem Meligionsunterriht. Daß das Provinzial- hulfollegium dazu berehtigt war, das hat auch der Herr Vorredner

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Es ist richtig, daß gegen die Art und Weise der Erteilung seines Unterrihts Beschwerden nicht eingegangen sind (Hört, hört! bei den Itationalliberalen!), daß eine Revision des Unterrichts durch den (Generalsuperintendenten seinerzeit stattgefunden hat, und dieser gegen ihn keine Finwendungen gehabt hat. (Hort, hört! bei den National liberalen.) Gewiß, meine Herren, die Art und Weise, wie er seinen lnterriht in der Schule erteilte, ist auch niht der Grund gewesen, warum er einen anderen Unterricht bekommen hat, sondern seine prononzierte Stellung in der Oeffentlichkeit (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen), die Tatsache, daß er in öffentlihem Kampf über rel¿oióse Fragen im Vordergrund gestanden hat, während er den Unter- ridt in der Sdule in Religion zu erteilen hatte. Das, glaube i, muß ein Oberlehrer, der diesen Unterricht erteilt, zu vermeiden wissen. Da kommt er in Konflikte, und die muß er vermeiden; er muß sich sagen: wenn ih Religionsunterriht in der Schule erteile, bin ich nah dieser Richtung hin nicht so frei wie ein anderer. Darin muß mir jeder récht geben.

So hatten sih denn die Dinge in Siegen zugespißt, und um diesen Verhältnissen Rechnung zu tragen, hat das Provinzialschul- kollegium über die Verteilung des Unterrichts in der dortigen Schule cinders disponiert, wozu es durchaus berechtigt war.

Das Provinzialschulkollegium is auch nicht etwa unmittelbar eingeschritten, hat dem Oberlehrer Mugler nicht etwa sofort den Re- ligionsunterricht entzogen, fondern es hat den Ablauf des Semesters abgewartet, und dann bei dem beginnenden neuen Semester, bei der neuen Unterrichtéverteilung angeordnet, daß dem Oberlehrer Mugler ein anderer Unterricht als der Neligionsunterricht gegeben werden soll. Das ist an und für sih einwandfrei, und ih glaube, wie die Dinge nun einmal lagen, wie sie sich leider in Siegen zugespißt hatten, hat das Provinzialschulkollegium recht getan, wenn es diesen Verhältnissen Mechnung trug und den Oberlehrer Mugler einen anderen als den MNeligionsunterricht erteilen ließ.

Abg. D. Traub (fortshr. Volksp.): Wir bekämpfen jedes zwangsweise Einschreiten der Staatsgewalt in die geistliche Unterrichts- erteilung, auch in der Schule. Das Konsistorium stellt sich ja in leßter Zeit in dieser Sache dem Provinzial\shulkollegium gegenüber, und bringt seine Auffassung zur Geltung. Der Oberlehrer Mugler hat die Angriffe, die als Anklagen gegen ihn eingereiht worden sind, über- haupt nicht gesehen. Er hätte aber die Möglichkeit haben müssen, sich verteidigen zu können. Nun hat der Minister von einem MReligions- lehrer eine doppelte Vorsicht verlangt, seiner religiösen Veberzeugung Ausdru zu geben. Jch stelle demgegenüber die Frage: Wer haît diesen Streit angefangen? Der Oberlehrer ist in Siegen öffentlich heraus- gefordert worden, und da fann man sih doch nicht wundern, wenn er darauf einaegangen ist. Nur das hat er getan. Der Minister hat selbst zugegeben, daß er dazu gedrängt wurde; und das entschuldigt doch gerade sein Auftreten. Es hat bedenkliche Konsequenzen, wenn man vom Standpunkte des Ministers aus an die Sache herangeht. Ich möchté däáran erinnern, daß der MNektor der Straßburger Universität in seiner Universitätsrede im Jahre 1911 gesagt hat, daß die Neligionslehrer nah foltii Wissen und Gewissen den Schülern die Wahrheit sagen sollen, und daß es nur so möglich ist, daß das Volk in allen seinen Ständen bei der Religion erhalten wird. Was hier der Nektor der Straßburger Universität gesagt hat, das sollte aud für die preußische Schulverwaltung beachtenswert sein. Jch bitle, daß die Freiheit in unserem Neligionsunterricht von seiten der Negierung mit allen Mitteln aanz energish gewahrt wird.

Abg. Heckenroth (kons.): Jch muß entschieden bestreiten, daß niht durch Herrn Mugler, sondern von der pesitiven Seite, von Herrn Pfarrer Blewer Beunruhigung und Erregung in die Bevölkerung getragen worden ist. Eine ganze Neibe von Jahren hindurch sind yon den Anhängern des Herrn Traub Vorträge gebalten worden, um eine Ortéguppe der Freunde der: religiösen Freiheit in Siegen zu gründen. Bei der Gründung der Ortsgruppe hat dann Herr Mugler ein Wort ausaesprochen, das als ein Aufruf zum Kampfe gegen die positive Nichtung_ auLg:legt werden konnte. Dadurch ist in weiten Kreisen der Bevölkerung eine begreiflihe Beunruhigung entstanden. Nach den Normativbestimmunrgen für den Religionêunterriht an böberen Schulen soll der Religionsunterriht das Ziel verfolgen, die Schüler durch Gottes Wort zu charaktervollen Mey schen heran- zubiiden. Ein Flugblatt der Evangelischen Freiheit läßt aber die Befürchtung aufkommen, daß die Anhänger der religiösen Fre'beit cine ganz andere Auffassuna über die Heilstatsaben und über die Hellige Schrift haben und daß, wenn diese Auffassung den Schülern vorgetra. en wird, diese in etn:n Zwiespalt hincingedrängt werden. Das, was Herr Mualer in seinen NReligionsstunden lehrt, reißt unseren Kindern daéjenige aus dem Herzen, was sie von thren Eltern und von der Schule her bekommen baben, und als etwas _Heiliges ansehen. Es ist daber selbstoerständlih, daß durch den L unterricht des Herrn Mugler eine große Erregung bet den Eltern

Zweite Veilage A zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

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Berlin, Freitag, den 1.

hervorgerufen wurde. Hecr Mugler reißt burch seine Lehren das- jeuige ein, was unfer Katehismus aufzebaut hat. Wir haben volles Vertrauen zu unferen evangelischen Pfarrern, und wir fönnea ihnen nur dankbar sein, wenn sie aus voller Ueberzeugung und mit warmem Herzen für das Evangeltum eingetreten sind. So fehr wir auch _ein- verstanden find mit den Zielen, die dem Keligionsunterriht gesteckt sind, so sehr müssen wir abec au darauf dringen, daß diese Ziele wirklich erreiht werden, und daß tein Neligioneunterricht erteilt wird, der von diesen Zielen abweicht.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Den Ausführungen des Vorredners kann ih nur zum geringsten Teile zustimmen. Jh muß energische Verwahrung dagegen einlegen, daß der Aba. Heckenroth hier die Grenzen dec Lehrfreiheit festiegen will. Wie kommt denn dec Abg. Heckenroth eigentlich tazu, hier sür alle Anyänger des evangelisch.n Glaubens diejenigen Grenzen in der Leh: freiyeit zu ziehen, an die sie ih unbedin,t halien müssen? Der Minister hat aus den Darlegungen meines Freundes (Tampe ganz falsche Schlußfolgerungen gezogen. Er hat allerdings zugeg:bcn, daß der betre fende Reltgioaslehrer im guten Neht war, wenn er außerhalb seiner Amtztätigkcit seine religiôse Ueberzeugung tn einem Buche zum Ausdruck brachte. Und der Minister hat ferner erwähnt, daß der Unterricht in voll- ständig einwandfreiec Weise erteilt wurde. Aus „den Ausführungen des Ministers geht hervor, daß Herr Mug!er vollständig unschuldig ist an den unangenehmen Zwischenfällen, aber nmchtsdestoweniger 7 Dos ist die Schlußfolgerung des Ministers muß Herr Mugler die Zehe bezahlen. Nun hat der Abg. Heckenroth uns das Buch des Herrn Mugler als etwas ganz EnlsezliŸes hingestellt. Jch weiß niht, ob der Kultusminister geneigt ist, dem Abg. Hecken roth darin zu folgen. Aber“ in dem, was Herr Mugler in seinem Buche ausgeführt hat, ist cin gewisser Geist zu spüren, der doch an gewihtiger Stelle eine gewisse RoUe spielt: der Geist Harnacks. Wre ist es denn möglich, etnen so hervorragenden Mann wie Harnack als Lehrer zu belafsen, wenn die von ihm beeinflußten jungen Geistlichen nicht in seinem Sinne lehren dürfen ? Will ter Abg. Heckenroth etwa verlangen, daß auch Herr Harnack vom L.hrestuhl entseint wird? IS weiß nicht, ob. dexr Minister, „wenn er die Personalakien tes Pfarrers Blecher Tennte, diesen so unbedingt stüßen würde, | Dem sel, wie. ihm wolle, der Mininer fommt ohne weiteres zu dem Schlusse, daß Herr Mugler die Zeche zu zahlen habe. Der Kultusminister l Jd G8. b fonservativen Partei hervorgegangen, aber bisher haken wie keinen Anlaß gehabt, daran zu zweifeln, daß er objektiv verfährt. Der vorliegende Fall ist der erste, in dem es uns scheint, als ob er eine gewisse Objekuvität vermissen lteße. Ich hoffe aker, daß es zuglei der leute fein wird.

Minister der geistlihen und Unterrichtsangelegenheiten D Don TLotl gu S

Meine Herren! Jch bin entgegen den Ausführungen Abg. Dr. Friedberg der Ansicht, daß, wenn ich in einem Fall meine Objektivität bewiefen habe, es in dem vorliegenden geschehen ift, wie ih mich überhaupt bemühe, objektiv zu sein, so habe ih es auch im vorliegenden Falle getan. Darstellung, die Herr Abg. Dr. Friedberg von meinen Ausführungen gegeben hat, trifft eben nicht zu; er hat mir eine Ausführung zugewiesen, die ih in dem Sinne, wie er es darstellte, niht gemacht habe, und er hat daraus dann seine Schlüsse gezogen. |

Jch habe keineswegs gesagt, daß der Herr Oberlehrer niht an den öffenilihen Diskussionen in Siegen beteiligt wäre. Er ist sehr lebhaft daran beteiligt gewesen, hat in Vordergrund dieser religiösen Debatten von Siegen gestanden. Jh habe nur gesagt: ih wollte niht untersuchen, ob er das aus freiem Antriebe getan habe oder ob er durch die Verhältnisse gedrängt in diese Nolle geschoben worden sei. Das sei aber in diesem Falle gleich- gültig, die Tatsache genüge, daß er im Vordergrund dieses Streites gestanden hat, und ich habe gesagt, daß ein Oberlehrer, der Neligions- stunden gibt, in diefer Beziehung Zurückhaltung üben müsse (Sehr richtig! rechts.), weil er sonst seinen Schülern gegenüber in Konflikt kommt. :

Ich habe gesagt: ih will nit untersuden, wie weit der Herr Oberlehrer Mügler selbst daran {uld hat; es genügt die Tatsache, und diese Tatsade war bestimmend für die Entschließungen des Provinzialschulkollegiums. :

Daß das Provinzialshulkollegium berechtigt war, eine solche An- ordnung zu treffen, wird von keiner Seite bestritten werden. Herr Muügler ist nicht als Neligionslehrer angestellt; er ist als Lehrer angestellt, und es ist durchaus innerhalb der Zuständigkeit des Pro- vinzialshulkollegiums, über die Verteilung der Unterrichtsgegenstände zu befinden. Es hat das mit Nücksiht getan, hat nicht etwa sofort eine Aenderung angeordnet, sondern erst bei Beginn des nächsten Semesters, um eben der großen Aufregung die kann von keiner Seite bestritten werden —, die in Siegen war, Rechnung zu tragen, und ich glaube, das ist auch eine ganz verständige Maßnahme einer Schulbehörde.

Daß das dem Lehrer unangenehm ist, begreife ih. Aber \{chließ- lih muß das allgemeine Interesse vorgehen, und er muß es sich gefallen lassen, daß er dur die Entwiklung der Dinge vielleicht geschädigt wird. Daß läßt sih niht ändern; die anderen Interessen, die da zu vertreten sind, sind größer und wichtiger als die seinen, und daß die anderen vorgehen müssen, das werden mir die Herren au zu- geben.

Ich glaube also, daß man, wenn man diesen Fall objektiv an- sieht, ilm gar niht anders ansehen kann. Wenn Sie ihn anders ansähen, dann würden Sie ihn im subjektiven Interesse des Herrn Oberlehrers Mügler ansehen. Jch sehe ihn im objektiven Interesse der Allgemeinheit an, und ih glaube, daß es rihtig getan war, ihm den Unterricht zu nehmen, und das ist nicht in \{roffer Form ge- \{ehen, sondern in rüdsihtsvoller Weise für Oberlehrer Mügler.

Uebrigens ist das Provinzialshulkolleguum das möchte ih doh auch noch hier hervorheben mit der Angelegenheit dur eine Eingabe des Oberlehrers Mügler felbst befaßt worden. Diese hat erst dem Provinzialschulkollegium den Anlaß gegeben, sih mit den Dingen zu beschäftigen. Er wurde sehr stark angegriffen und suchte nun Schuß beim Provinzialschulkollegium. Das hat dann den Fall unter- suht und konnte feststellen, daß eine hohgradige Beunruhigung auf religiöósem Gebiete in Siegen entstanden war, und hat dann die Maßnahme getroffen, über die Sie sih beschweren. Es ist also nicht vom Konsistorium ausgegangen, daß das Provinzialschulkollegium sich

des Herrn

Die

Mügler gewesen dem

dern eine Eingabe det das läßt und 1ch glaube in derx

daß kein Grund zur Beschwerde vorhanden ist. (Bravo! rechts.)

auch

og. Wildermann (Zeutr.): An die Privatmädchenschulen werden von den Provinzialschulfoüegien viel zu große Anforderungen gestellt. Von den Provinzialsc{ulkoll i wird erclärt, daß man diese Anforderungen stelle, weil das Minisierium das so roünsche, daß man gegenüber den Priva!shulen schärfe! orgehe as gegenüber dea“ öffentlichen Schulen. Ich hoffe, Minister uns hier mitteilen wird, daß dies nit feinen Intentionen entspricht. Den Oberlehrern wurten früber nur diejenigen Jahre ihrer Htifslehrer- zeit auf ihr Pensionsdien/s angerechnet, in denen sig unindistens zwölf! wöhentliße Unterri jtêstunden

i -Crtelt . batters SchlieR lih wurde dann aber verfügt, daß bet ten Oberlehrern, die nach 1892 angestellt worden sind, au die Jahre anger: chaet werden sollten, in denen sie roeniger Unterrichtsstunden gegeben batten, aber bei früher angesteUten Oberlelrern nicht. Durch eine Neichsgerichtsentscheidung ist nun die Zwöifstundenklausel für ungültig erflärt wo den, und auch die vor 1892 angestellten Oberlehrer haben cinen Anspruch auf AnreGnung ter Jahre, in denen sie weniger Stunden erteilt haben. Dadurch ist den Oberlehrern, die nah der RNetchsgerichts- entsheidung #iH pensionieren laßen, geholfen worden, aber niht tenen, die vor dieser Entsheidurg Pensioniert und vor 1892 angestellt worden sind. In dieser Beziehung muß im Interesse der Gerezligkeit ein Ausgleih geschaffen werden. Ich bitte den Minister, den Wünschen des Abg. Traub über das Provinzialschulkollegium niht na{zugeb-n. Fn einem rheinischen Gymnasium snd Werke eingeführt, t find, nit nur die religiösen Gefühle der falholishen Schüler zu verletzen, jondern auch den konfessionellen Frieden zu stören. Diese Bücher gehören au zu den fulturkämpferischen Schriften, zu denen, die ungerechtfertigt die fatholishe Kuche bekämpfen. Es geht nidt an, wenn Vertreter des geistliben Standes, die sich etwas baben zu {Gulden fommen lassen, als typische Fâlle hingestellt werden. Man sollte aber au diese Bücher nit evangelishen Schülern in die Hände geben. : Sowohl die evangelisWen wie die fatholisWen Geistlichen hâtten die Pflicht, geaen dié Angriffe von auß, de auh diesen Tagen hier erhoben worden sind, zusammenzusteßhen. Ich ridte an die Negterung die Bitte, die Einführung solcher Bücher nicht zu ge- statten. Ein solches Verlangen ist uns vom zuständigen Provinzial« schulkollegium atgelehnt worden. Ih möchte auch die Reglerung bitten, eine Versügung an die Provinztaischulkollegien zu erlassen und die Einstellung dieser Bücher in die Schulbibliotheken zu untere sagen. Ich bitte die Eltern, darauf zu achien, daß den Kindern niht Jugeodzeitschriften in die Hände fallen, die einen ungünstigen Cinfluß auf sie ausüben müssen. Solche Zet!schriften sind in vielen preußis{hen Gymnasien verbreitet. JFhr Geist erinnert an das Pro- gramm der Sozialdemokratie. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Sie (nah links) wollen keine Jugend, die an Vaterland und Gott Freude hat, die {h unterordaet unter die Autorität. Aus Liebe zum Baterlarde müssen diese Bestrebungen bekämvst werden, aber auch aus Liebe zur Jug: nd. Der Miaister möue alles tun, was in seinen Krästen steht, um diese Bewegung zu ersticken. Mini Î geistlichen und Unterricht8angelegenheiten Dr Von Eo U S Meine Herren! Die Bewegung în der deutsGëtn Ibstverständlich auch mir und meinem Ministerium nicht unbekannt geblieben. Es find in ihr zur Zeit vielfache Kräfte tatig. Auf diesem Gebiet wird neuerdings sehr viel geleistet, und man kann sagen, daß hier auch viel Erfreuliches geleistet wird, Die ganze Frage ift in das Interesse der Allgemeinheit gelangt und in den getreten. Daß sich dabei auch radikale, destruktive zur Geltung zu bringen suchen, das kann nit verwundern. Bertrauen, daß es diesen

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Jugend if

Bordergrund cSlemente Aber ih habe zu unserer Jugend doch das radikalen, destruktiven Elementen niht gelingen wird, unter thr die Vorhand zu gewinnen. Schon jeßt machen sih deutliche Zeichen bemerkbar, daß von diesen Einflüssen und Versuchen abgerückt wird. (s ist meiner Ansicht nah hocherfreulih, wenn eine gesunde Reaktion aus der Jugend selbst kommt und diese: selbst einsieht, daß das eigent- lich alles nur dummes Zeug ist, was ihr vielfah vorgeseßt wird. So ist wirklih der Zeitschrift „Der Anfan g“ zuviel Ehre angetaän, daß sie hier mit solchem Ernst behandelt wird. (Na, na! im Zentrum.) Man sollte sie doch der Lächerlichkeit preisgeben, wohin sie gehört. Sie hat auch schon eine andere Zeitschrift bervorgerufen, die betitelt ist „Das Ende“. Jch weiß, daß noch kürzlih ein Herr versucht. hat. sih der Wissenschaft wegen diesen „Anfang“ zu verschaffen, Darüber sind jeßt {hon 3 Wochen hingegangen, und er hat noch keine Antwort bekommen; ih glaube, der „Anfang“ hat in der Tat schon sein Ende gefunden, und deshalb sehe ih diese Tendenzen doch nicht für \o ge=- fährlih an, weil ih nit glaube, daß sie von Erfolg sein werden. Das hindert aber nicht, daß man allen diesen Angelegenheiten au von der Unterrichtêsverwaltung aus die größte Aufmerksamkeit zuzu- wenden hat. Das ist bisher geshehen und wird auch in Zukunft geschehen. Jch glaube aber doc, daß diejenigen Herren, die diesen Dingen ebenfalls ihre Aufmerksamkeit zugewendet haben, mir recht geben werden, wenn ich gesagt habe, daß son jeßt die verständigen Kreise in unserer Jugend sih von den radikalen Strömungen ab- wenden.

Deshalb, glaube i, kann id es unterlassen, auf diese einzelnen Erscheinungen hier noch näher einzugehen. Jch kann es auc unter. lassen, noch auf den fo viel genannten Tag auf dem Hohen Meißner näher einzugehen, der dort im vorigen Oktober statt- gefunden hat. jon Schülern waren überhaupt nur wenige dort. Die Mehrzahl der Besucher war shon aus der Schule entlassen, und eine einmütige Stellungnahme der dort Versammelten ist dabei ja auch nicht herausgekommen. Auch dort sind unzweifelhaft Leute ge= wesen, die vom besten Willen für die Jugend beseelt sind, die : hobe Ideale für die Jugend in ih bergen, neben anderen, die radikale, destruktive Tendenzen dort verfolgten. Jch glaube aber, daß bie Klärung schon eingetreten ist und immer mehr eintreten wird.

Damit kann ih wohl diesen Teil der Ausführungen meinës Herrn Vorredners verlassen. Wenn er zu Beginn seiner Ausführungen die Forderung aufgestellt hat, daß bei den Schülerbiblio- theken auf die Gefühle der Katholiken Nücksicht genommen weérdên müsse und solche Bücher in die Bibliotheken niht aufgenommen werden dürften, die katholishe Empfindungen verlebten, so bin i darin durchaus seiner Meinung. Jch kann ihm auch versichern, daß

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