1914 / 109 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

in erster Linie an die Jugend von 15 bis 21 Jahren. Sie wissen, daß der Abg. Liebkneht wegen seiner Schrift „Militarismus und Anti- militarömus“ 1907 wegen Vorbereitung hochverräterischer Unternehmen u 1% Jahren Festung verurteilt worden ift. 1907/08 war nun die Putaldeubkratisce Jugendorganisation ins Leben gerufen worden. Man ist dagegen eingeschritten. Der Abg. Liebknecht hat selbst zugegeben, daß das Bestreben der Sozialdemokratie dahin gerichtet sein müsse, das stärkste Bollwerk der nationalen Sicherheit zu unterwühlen. In seiner SOn wo von dem Militärstreik die Rede ift, sagte er, daß der N e Geist zerseßt werden müsse. Ebenso wie an die Jugend wendet si die Sozialdemokratie an die Landwehrleute und Reservisten. Deshalb ihr fanatischer Kampf und ihre Hete gegen die Kriegerver- eine. Die Erfolge dieser Tätigkeit sind wahrlich ernst genug. Jch will mich in einen Streit über die von dem Abg. Schulz vorgebrachten Zahlen nit einlassen. Jedenfalls ist die Tatsache ernst genug, daß eine

so’ leidenschaftlihe und mit so gewaltigen Mitteln betriebene Pro- paganda existiert, die an den Grundlagen unseres Heeres zu rütteln sucht. Diese Tätigkeit trägt auch einen großen Teil der Schuld daran, wenn im Heere wieder und wieder diese traurigen Soldatenmißhandlun- gen vorkommen. Diese ernsten Folgen Ihrer antimilitärischen Propa- ganda stellen uns alle vor eine ernste Aufgabe. Jn erster Linie ist natür- lich die Heeresverwaltung, sind die Kommandobehörden vor eine solche Aufgabe gestellt. Aber au wir haben bereitwillig mitgearbeitet bei der leßten Wehrvorlage, das Los der Mannschaften und Unteroffiziere zu ver- bessern. Neben der Fürsorge für die Mannschaften, Unteroffiziere und Öffi- ziere 1 es die vornehmste Pflicht der Heeresverwaltung, der Koms- mandobehörden dafür zu sorgen, daß die vorschriftswidrigen Mißhand- lungen der Soldaten aus dem Heere immer mehr und mehr ver- \{winden. In der Fürsorge für unsere Armee läßt sich meine Partei von keiner Partei, von niemandem im Lande übertreffen. Jedenfalls ist es aber die Aufgabe der Militärverwaltung, alles zu tun, um die antimilitärische Propaganda vom Heere fern zu halten. Der Abg. Stücklen meinte, die Rede des Kriegsministers von vorgestern sei von den bürgerlichen Blättern mit Freude begrüßt worden, und der Kriegsminister wird als ter starke Mann hingestellt, der endlich dic Sozialdemokratie niederwerfen würde. Das leßtere ist nicht die Auf- gabe des Kriegsministers, aber er hat seinerseits dafür zu sorgen, daß das Heer rein bleibt von der Sozialdemokratie. Wenn mit großer CEmphase und Entrüstung die Entscheidung in bezug auf den Ein- ¡ähriafreiwilligen Stödter getadelt worden ift, so stehen wir auf dem Standtpunkt, daß hier grundsäßlich. von der Militärverwaltung durch- auch das Nichtige getroffen worden ist. Wer sich dazu entschließt, sich der Disziplin des Heeres zu fügen, wer sich dazu entschließt, dem ge- leisteten Fahneneide gemaß in ein persönliches Treueverhältnis zu treten, von dem muß man verlangen, daß er sih der Aufgaben be- wußt ist, die er als Vorgeseßter im Heere eventuell zu erfüllen hat. Jemand, der als sozialdemokratisher Agitator an diesen sitt- lihen Grundlagen des Heeres rüttelt, hat niht die besonderen moralischen Qualitäten, die für einen Vorgeseßten 1m Heere erforder- lich sind. Die Behörden sind verpflichtet, das abzuwehren. (s geht nicht an, daß die Behörden und Gerichte dem antimilitärischen Tretben der sozialdemokratischen Agitatoren mit verschränkten Armen zusehen. Was soll man dazu sagen, daß Frau Rosa Luxemburg nah ihrer Verurteilung im Lande herumreist, neue Versammlungen abhält und sich ihrer Verurteilung rühmt? Gegen einen solchen Unfug muß mit aller Schärfe eingeschritten werden, die bestehenden Geseße müssen mit aller Schärfe angewendet werden. Neben dieser Abwehrtätigkeit hat die Allgemeinheit auch die Aufgabe positiver Fürsorge. An die Jugend müssen wir heran, wir müssen ihr die Auf- fassung beibringen, daß auch sie ihre Kräfte für das deutsche Vater- land einzuseßen hat. Ich begrüße mit Freuden die Jugendorganifa- tionen, und 1ch stehe im Gegensaß zu der Meinung der linken Seite, die da sagt, der Kriegöminister möge fich gegen bese

SJugendorganisationen einseßen. Ich habe die Hoffnung und bestimmte Grwartung, daß der Kriegsminister diese nationale Jugendbewegung durchaus j, würdigen welß, sie {üßen und fordern wird, und 1h

sage im Gegensaß zu der sozialdemokratischen

rveiter pflegen werden. Abg. von Trampczynski (Pole):

fein Glück haben.

Unteroffizier zur Node gestellt und antwortete auf die Frage, ob er sprechen, nur die Worte:

nicht wisse, daß es verboten sei Polnisch zu

Jawohl, aber nur im Dienst. Er wurde dafür von der ersten Instanz zu 4 Monaten Gefängnis, von der zweiten, die menschlicher dachte, zu „nur“ 29 Tagen strengen Arrestes verurteilt! Das Kriegsministertum ; \ aber dieser Fall Miälitärjustiz nie- Mie konnte man eine so harte Strafe nur dafür verhängen, daß der Musketier das betreffende Berbot nicht kannte? Der Kriegsminister erklärt, generell sei das Verbot mt erlassen, aber im Dienst und in der Kaserne und in Gegenwart von Vorgeseßten In den Zuchthäusern wird es als eine der \{limmsten Strafen angesehen, wenn den Insassen ver- l (Fs liegt hier eine moralishe Schinderei ärgster Sorte vor, wie es keine andere Urmee, nicht einmal die russische, kennt; ja General Dragomirow hat der gegen einen polnishen Soldaten vorging, t. Wir er- des nationalistischen Systems, wie es in den Ostmarken betrieben wivd. Der Boykott polnischer MWirtschaften und Kaufleute ist durch die Militärverwaltung von dem Kriegsminister dankenswerterweise desavouiert worden, aber die Tat- sache bleibt bestehen, daß die bezügliche Eingabe des Ostmarken- Selbst die Privatkorrespondenz pol-

Die Resolution, die der Abg. Behrens eingebraht hat, wonach die Vergütungssäße für s warmite unterstüßen. Diese Säße sind viel zu niedrig und stellen keine Ent- schädigung für die Aufwendung dar, die den Gestellern in den Manö- ill man {on einen Unterschied in der der Landwirtschaft gemacht Weiter ift eine Beschleunigung der Abschäßung der Flur-

hat auf die Kriegsgerichte formell keinen Einfluß; ist ganz besonders geeignet, folhe Auswüchse der driger zu hängen.

sei die polnische Sprache verboten.

boten wird, bei der Arbeit mit den anderen zu sprechen.

sogar einen Offizier, gei l weil er außerdienstlih Polnisch spra, deswegen bestraft.

blicken in diesem Verbot einen Ausfluf

pereins weitergegeben worden ist. nischer Soldaten wird überwacht. : Abg. Rupp - Marburg (wirtsch. Vgg.):

Vorspannleistungen erhöht werden sollen, kann ih nur auf

vern auferlegt werden. | Vergütung machen, so muß er zugunsten werden.

\chäden, die durh die Truppenübungen und bei den Manövern ver-

Ie der ländlichen Bevölkerung dringend notwendig. Die Berechtigung des Wunsches, den Soldaten wenigstens einmal im Jahre freie Fahrt zu einer Ürlaubsreise zu gewähren, wird von uns ganz besonders betont; in dieser Beziehung bestehen noch Bezüolich des Ernte- urlaubs is ja die Militärverwaltung den Wünschen der ländlichen Bevölkerung son entgegengekommen, aber es könnte sehr wohl noch ein weiterer Schritt aeshehen, da es immer s{chwieriger wird, in der Die Kontrollyer- sammlungen sollten nur einmal im Jahre abgehalten werden, das läge nit nux im Intersse der ländlichen Bevölkerung, sondern auch des Es gibt Orte, wo die Leute stundenlang marschie- ren müssen, um an ihre Arbeitsstellen zu kommen; da ist die Forde- rung do berechtigt, wenn es im Interesse des Dienstes irgend angeht, , Bei Vergebung von per anlagen Arbeiten muß jedenfalls anerkannt werden, daß

tung den gerehtfertigten Wünschen der Handwerker Troßdem macht man den einzelnen Hand- Gegen- mal zur Abänderung zurückgeschickt, troßdem die Arbeiten mindestens gut angefertigt worden sind. Es mag für die Be- einem Großunternehmer gu arbeiten, als- zu gleicher Zeit mit 40 oder 50 kleinen Handwerkern.

ursacht werden, im Intere Beschränkungen, die abgestellt werden sollten.

(rntezeit Arbeiter auf dem Lande zu bekommen. Arbeiterstandes.

nur eine Kontrollversammlung im Jahre abzuhalten.

die Militärverwa entaegengekommen ift, 1 | ( werkern 1mmer noch Sckwiertigkeiten; so werden manchen die stände fünf bis ses

fleidunasämter bequemer fein, mit

kurrenz der Militärhandwerker. Sergeant, der früher Tischler war, ausübt und den Privathandwerkern Konkurrenz macht. die Konkurrenz der Fahnenschmiede wird Vielfach empfehlen sich sogar die Militär viel billiger als die Zwilhandwerker arbeiten können. Bei -der gro- ben Last, die das Volk durch die Wehrvorlage auf sih genommen hat,

nationale

Meinung, die in den Kriegervereinen Kriecherei und Gesinnungs|\chnüffelei findet, daß die Kriegervereine den Geist des Gehorsams, der Disziplin pflegen. Ich hoffe, ta sie troß der Hebe der Sozialdemokraten denselben Geist

Mit dem Abstreiten der von uns Polen vorgebrachten Klagen wird die Heeresverwaltung Wir sind in der Lage, alles, was wir hier an Klagen vorbringen, auch {warz auf weiß zu beweisen. Cin Muske- tier, der mit einem Kameraden Polntsch sprach, wurde von dem

Mir i} erzählt worden, daß ein auch jeßt noch sein Handwerk Auch über ¡roße Beschwerde geführt. Lieder damit, daß sie

ollte man auch der Handwerker gedenken. Ich will nicht bestreiten, daß auch unsere jüdishen Mitbürger in mancher Beziehung ihre Vorzüge haben. iese liegen aber vielfah in anderer Fchtung als beim deutshen Volke. Das sehen selbst verständige Juden ein. Der Abg. Gothein fragte nah dem Namen der jüdischen Neserveoffiziere. Ich möchte einmal fragen, woher es kommt, daß unter den aktiven Ünteroffizieren gar keine Juden vorhanden find, Ss ann nicht daran liegen, daß sie ih vielleicht scheuen, nach 12jähriger VDienstzeit ein geringes Cinkommen zu haven. Sie halten ih dafür wahrscheinlich nicht für geeignet. Auf einer zionistischen Versammlung in Berlin hatte ih einmal Gelegenheit, oie Anschauungen offener, ehrlicher Juden zu hören, Ein jüdischer Professor meinte damals, eine Ver- \{melzung mit dem deutschen Volke fei nicht gut für die Juden, aber auch nicht gut für das deutsche Volk.

Generalmajor von Schöler: Die Beschwerden über die Unzulänglichkeit der Entschädigung für Borspannleistungen hat den Antaß gegeben, daß die verbündeten Regierungen einer Aenderung des bisherigen Verfahrens nähertreten. Vazu nd jedoch noch ziem- lich umfangreiche Grhebungen nötig. Was die Flurschäden anlangt, so steht auch die Militärverwaltung auf dem. Punkte, daß das Ver- c 4 2 y ? c. (O V

fahren möglichst beschleunigt werden muß. chXr Abg. Nupp hat dann Einzelheiten und Wünsche des Handwerkerstandes verührt. VDem- gegenüber will ih bemerken, daß die Heeresverwaltung noch immer auf dem Standpunkt steht, den im vorigen Fahre der Kriegs- minister von Heeringen hier geäußert hat. Wir wollen durchaus die gute Stellung zum Handwerk beibehalten, und die Hilfe, die wir ibm angedeihen lassen können, soll ihm au werden.

Abg. Freiherr von S chel e (Welfe) bringt verschiedene Be- schwerden vor über \chlechte Behandlung eines althannoverschen Kriegervereins aus Anlaß der Beerdigung eines seiner Kameraden, über Zurückseßung althannoverscher Beteranen in bezug auf Beteranen- beihilfe und Unterstüßung aus dem hannoverschen Stiftungsfonds und über ungenügendes Gntgegenkommen der Militärverwaltung gegenüber den Gesuchen bedürftiger Eltern um Beurlaubung threr Söhne vom Militärdienst. Die Altpensionäre müßten mehr berücksihtigt werden als bisher, das Vaterland sei dies den alten Invaliden schuldig. Hoh anzurechnen sei, daß die Mißhandlungen in der Armee wesentlich ab- genommen haben, dies würde noch mehr geschehen, wenn die Bor- geseßten, namentlich die Unteroffiziere, möglichst aus denselben lands- mannschaftlichen Kreisen sammten, wie die Leute selbjt, und wenn geistig zurückgebliebene Mannschaften rechtzeitig entlassen würden. Die ziffermäßige Ueberlegenheit, die sih in der Zahl von 38 000 Veberzähligen dokumentiere, dürfe für uns nicht den Ausschlag geben. Der Wehrverein, den der Kriegsminister verteidigt habe, treibe in diejer Beziehung eine nicht zu billigende Propaganda. Der Vergleich mit ¿Frankreich und Rußland set nicht beweiskräftig. Frankreich könne seine afrikanishen Truppen mcht gegen uns verwenden; ähnlich liege es bei Rußland mit seinen asiatifhen Truppenteilen. Der Feldherr, der vor dem Feinde die Truppen zu zählen beginne, statt_zu handeln, sei von vornherein verloren. Um der Üeberalterung des Vffizierkorps vorzubeugen, empfehle es sich, die Unteroffiziere innerlih und außerlich zu hoben, ihnen den Zitel Ünterleutnant zu gewähren, sie aber durch ein Abzeichen von den anderen OÖffizieren zu unterscheiden.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Fa l- kenhayn:

Meine Herren! Von dem zwditen Aufgebot der Herren Redner aus dem Hause (Heiterkeit) find éinige so wichtige Punkte berührt worden, daß ih es für nötig halts, jeßt dazu Stellung zu nehmen. Vorher möchte ich allerdings einige kleinere Angelegenheiten berühren, die hier soeben besprohen worden sind.

Der Herr Abg. Freiherr von Schele bemerkte soeben, ih hätte den Wehrverein verteidigt. Meine Herren, ih habe nichts außerhalb der Heeresverwaltung Stehendes verteidigt, sondern ih habe die Heeresverwaltung gegen Versuche verteidigt, sie zur Einwirkung auf den Wehrverein zu gebrauchen.

Der Herr Abg. von Trampczynski sprach sodann von polnischen Soldaten. Nach meiner Ansicht gibt es keine polnishen Soldaten (ODho! bei den Polen) im deutschen Heere, sondern nur deutsche Soldaten. (Sehr richtig! rechts.)

Wenn der Herr Abgeordnete gemeint hat, ih hätte mit Scherz- worten über das gesprochen, was neulih der Herr Abg. Dombek ausführte in bezug auf Schwierigkeiten, die Eltern, welche 1hre Kinder im Lazarett besuchen, in den Weg gelegt würden, so bedaure ich, daß er meine Worte so aufgefaßt hat; von Scherz war bei mir keine Rede.

(Fs ist sodann heute von dem Herrn Abg. Graf Westarp und gestern glaube ih, von dem Herrn Abg. Stücklen und in der ersten Lesung von verschiedenen Herren Nednern aus dem Hause u. a. von dem Herrn Abg. Ledebour, wenn ih mich recht erinnere die Frage der Miliz gestreift worden. Von seiten der Herren Sozial- demokraten wird uns empfohlen, unser Wehrsystem mehr. milizartig auszubauen. Nun beruht ja unsere deutsche Wehrverfassung auf dem Hauptmerkmal der Miliz, nämlich darauf, daß jeder waffenfähige Mann auch waffenpflihtig zur Verteidigung des Vaterlandes ist. Wenn in dieser Beziehung das Ideal nicht erreiht wird, so liegt das an den Einschränkungen, die durch die Handhabung des Budget- rechts dur die geseßgebenden Körperschaften der Heeresverwaltung aufgelegt werden müssen. Wir haben eigentlih eine Miliz, freilich eine Miliz, die unseren Verhältnissen angepaßt ist. Die Herren, die uns hier immer raten, wir möchten unsere Heeresverfassung mehr im Sinne der Miliz aushauen, haben sich deswegen ganz einfach ein Milizideal aus dem Auslande geholt, das natürlich den dortigen Ver- hältnissen angepaßt is die Schweizer Miliz nämlih —, und sagen, wir sollten sie akzeptieren. Nun unterscheidet sih die Schweizer Wehrverfassung von der deutshen Wehrverfassung wesentlich dadurch, daß einmal die Leute nicht längere Zeit hinter- einander bei der Fahne gehalten werden, sondern daß ver- sucht wird, sie in Wiederholung häufiger, kurzer Uebungskurse aus- zubilden, und zweitens dadur, daß im Frieden vershwindend geringe Friedenskaders für die Truppen erster Linie bestehen. Die ganz flare Folge für jeden Sachverständigen damit beabsichtige ih nicht etwa, an der Schweizer Verfassung Kritik zu üben ist, daß der Uebergang aus dem Friedens- in den Kriegszustand, die Mobilisie- rung schr viel langsamer als bei unserem System und den Systemen unserer Nachbarn erfolgen muß, mit denen wir doch möglicherweise ih will hoffen: noch lange nicht einmal re{chnen müßten. Die zweite Folge ist, daß eine Truppe, die auf Grund eines derartigen Systems ausgebildet i}, niht so geeignet zu {nell entscheidenden Schlägen im feindlihen Lande is wie eine Truppe, die in unserem System und in dem System der vorhin erwähnten Nachbarn aus-

gebildet if}t.

Troßdem behaupten die Herren von der äußersten Linken, wir

gleih ihnen ebensowenig unbekannt sein kann wie sonst irgend jemans dem, daß die Wehrverfassung eines Volkes dem Charakter des Volkes und des Landes, in dem das Volk wohnt, angepaßt sein muß, und daß das Schweizer Volk wie das Schweizer Land in dieser Beziehung ganz verschieden von uns sind. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das Schweizer Volk nicht!) Der größere Teil, glaube ih do, Herr Abgeordneter. Sie behaupten es, obgleich sie ganz genau so gut wissen müssen, wie ih es weiß oder sonst irgend jemand, daß Deutschland infolge seiner militärish-geographisch-politischen und auch wirtschaftlichen Lage unbedingt gezwungen ist, jeden ihm aufge- drungenen Krieg mit blißschneller Offensive zu führen, und dennoch Truppen haben muß, die auch Nückschläge ertragen können. Sie be- haupten es endli, meine Herren, obwohl Ihnen, ich glaube, an dieser Stelle hon nachgewiesen ist, daß irgendwelche finanziellen Grleich- terungen durch den Uebergang zu diesem System bei uns in Deutsch- land nit zu erhoffen sind, sondern im Gegenteil Erschwerungen. Hiernach könnten eigentlih die Befürworter dieses Üeberganges dar- über niht im Zweifel sein, daß ein solches Experiment für Deutsch- land unhbeilvoll wäre. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Benn Sie es trobdem empfehlen, so können Sie das natürlich nicht aus militärishen Gründen tun, denn die gibt es nicht; Sie können es eigentlih auch nicht aus politishen Gründen, denn ein Politiker im rechten Sinne, d. h. einer, der das Ganze des Vaterlandes im Auge hat, kann doch die Erreichung seines Zieles nicht damit an- bahnen, daß er dieses Vaterland in seiner Wehrhaftigkeit beeinträch- tigt. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Es ge- sieht lediglih aus parteipolitischen Gründen lediglich; das ist meine Ueberzeugung. Um den Einfluß der Partei zu heben, ver- sucht man die Stüße des Staates zu erschüttern, legt man die Art an die Wurzel der Macht des Reiches. (Lebhafte Zustimmung rechts und bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, ein solches Beginnen muß ih von meinem Stand- punkte aus verwerflih, muß ih verderblich nennen, und angesichts dessen, daß bei Nachbaren, von denen ich vorhin sprach, gerade jeßt die Dienstzeiten schr erheblich verlängert sind, die Kaders der ersten Linie sehr erheblich weit über das Maß dessen hinaus, was wir getan haben, verstärkt worden sind, muß ich ein solhes Ansinnen auch ge- radezu unbegreiflih nennen. (Sehr richtig! rechts und bei den National- liberalen. Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ja, Theoretiker und Fanatifker vertreten ja manchmal unbegreiflihe Dinge. (Sehr gut und Heiterkeit rechts und bei den Nationalliberalen.) Aber, meine Herren, davon bin ich überzeugt: unser gesundes Volk wird sih auf die Dauer nicht in den Bann dieser Anschauungen spannen lassen; ih bin ganz fest überzeugt, daß schon der Tag anzubrechen beginnt, wo in diesem Punkte jedenfalls man im Volke fühley wird, daß ihm hier Phan- tastereien und Hirngespinste vorgemacht werden. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen. Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, der Herr Abg. Gothein ist dann eingegangen auf die Frage der Beförderung israelitisher Mitbürger zu Offizieren des

den israelitischen Mitbürgern beklagt wird, wird jeder begreifen; ich beklage ihn au. Indessen handelt es sich um einen tatsählihen Zu- stand. Daß dieser Zustand an sih verfassungswidrig scheint, muß ih natürlich zugeben; daß er aber durch irgendwelche verfassungswidrigen Maßnahmen veranlaßt ist, daß er durch irgendwelche solche Maß- nahmen aufrecht erhalten wird, das bestreite ih. (Widerspruch und Unruhe links.) Meine Herren, ih kann hinzufügen, nachdem ih mih informiert habe, daß nicht der leiseste Zweifel daran bestehen kann, daß ein Israelit, sobald er die für alle Reserveoffizieraspiranten ganz gleihmäßig vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt, anstandslos zum Offizier befördert werden würde. (Widerspru und Lachen links.)

Meine Herren, der Herr Abg. Graf von Westarp ist dann hier auch auf die Jugendbewegung eingegangen, die bei der ersten Lesung eine größere Nolle gespielt hatte; er hat diese Frage aber im entgegen- geseßten Sinne behandelt. Wenn ih mich recht erinnere, hat damals gegen die Jugendbewegung von dieser Seite des Hauses (zu den Sozialdemokraten) derselbe Herr gesprochen, der der Ansiht Ausdruck gegeben hat, ich sei 100 Jahre zu spät geboren, es wäre besser gewesen, ih wäre 100 Jahre früher geboren. (Heiterkeit.) Ich verstehe den Wunsch. (Große Heiterkeit.) Ob die Behauptung des betreffenden Herrn, der, beiläufig bemerkt, 20 Jahre, glaube ich, jünger ist als ich; zutrifft oder nicht, kann sich ja erst in der Zukunft erweisen. Er hat eben infolge des Altersunterschiedes mehr Aussicht, es zu erleben, als ih. Eins aber kann ih ihm heute schon versichern: ih würde aller- dings gern 100 Jahre früher geboren sein unter verschiedenen Ge- sichtspunkten. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Es wäre mir wirk- lih lieber gewesen, vor 100 Jahren zu Füßen Fichtes sißen und dessen von glühender Vaterlandsliebe durhwehten „Reden an die deutshe Nation“ laushen zu können, als jeßt Reden anhören zu müssen, denen nicht diese Eigenschaft allein fehlt, um \{chmackhaft zu sein. (Sehr gut! rehts. Lachen "bei den Sozialdemokraten.) Ih wäre wirklih lieber vor hunderk Fahren mit der deutshen Jugend, mit Friesen und Körner, hinaus- gezogen zu offenem Kampf gegen den Dämon, der damals das Vater-

keit. Bravo! rechts.) Aber, meine Herren, wenn mich in dieser Gegen- wartsmisere etwas tröstet, dann ist es der Blick auf die Bewegung, die jeßt dur die deutsche Jugend geht. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.) Sie fühlt, daß wieder ein Dämon an der Arbeit ist (Zurufe von den Sozialdemokraten.), das Haus, in dem sie geboren ist, und das einst alles {üßen soll, was das Leben lebenswert macht, zu unterwühlen, ihr die Kraft auszusaugen, deren sie bedarf, um einst den Herd der Väter zu verteidigen, und die Ideale, die seit Jahr-

Beurlaubtenstandes. Er hat sich bei dieser Gelegenheit auf eine Rede des Generals von Einem bezogen, „und, ih glaube, au auf eine des Generals von Heeringen, um daraus zu beweisen, daß eine Antwort, die der Bundesrat auf eine Resolution des hohen Hauses erteilt hat, sih mit der Wirklichkeit nicht deckt. Er hat leider nur vergessen, einen Say aus dieser Rede weiter vorzulesen, in dem nämlich steht, daß der Zustand, daß schon seit langen Jahren kein israelitisher Soldat, wenn er sonst tüchtig ist, zum Reserveoffizier befördert wurde, gegen die Allerhöchste Bestimmung verstößt. Ih meine, das ist doch sehr wichtig. Meine Herren, daß der gegenwärtige Zustand mit Necht (Zurufe von den Sozialdemokraten.), darf ich bitten, ausreden zu dürfen —, daß der gegenwärtige Zustand mit Recht von

N den Schluß des Krieges von 1870/71 hin.

M auch im Namen des deutschen Bürgertums. } minister glaubt, wir wollten mit unseren Angriffen auf das heutige

land zu erdrosseln suchte, als jeßt hier RNedeübungen halten zu müssen, die feinem unangenehmer sein können als mir felbst. (Große Heiter- Mauch sehr scharf gegen den König ausgesprochen.

That sich zwar gegen die Soldatenmißhandlungen ausgesprochen, hat

Rie aber \chließlich aus der [ | : RShwäche heraus entschuldigt. Einen Erlaß wie den des bayerischen

hunderten die deutshen Herzen erfüllt haben, hämish in den Staub

(Fs ist das, meine Herren, der Dämon des verschwommenen Welt- bürgertums (Sehr richtig! rechts; Oh! bei den Sozialdemokraten.), des unklaren Internationalismus und des Materialismus, und die Jugend beginnt sih dagegen zu wehren. Sie macht ihr Naturrecht auf Freude an dem herrlichen Land, in dem sie geboren ist, geltend gegen alle Versuche, es ihr dur systematische Verunglimpfung zu ver- efeln. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Sie sollten Professor wer- den!) Ich bin ja leider schon Kriegsminister! (Heiterkeit.) Sie zieht hinaus, meine Herren, ins Freie, in Feld und Wald, zum Wett- bewerb, zum Sport, zum Kampf und Spiel, um Körper und Seele zu stärken gegen die Versuche, sie durch Betonung einseitigsten geistigen Fortschritts zu knebeln und zu verweichlichen, und sie verlacht die falchen Propheten der internationalen Verbrüderung auf Kosten der Stärke des eigenen Landes. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Endli, meine Herren, findet sie sih auf ihrem Wege zu den alten deutschen Jdealen zur Armee. Und diese Jugend sollten wir von uns stoßen? Wenn wir sie nicht hätten, so müßten wir sie schaffen! Gott sei Dank haben wir fie aber. In ihrer Gesundheit und Frische, in ihrem natio- clen Fühlen und Denken, in ihrem Streben nah JIdealen gehört se zur Armee, wie die Armee zu ihr gehört. (Lebhafter Beifall. Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.)

Bundesratsbevollmächtigter Generalmajor Wild von Hohen - born: Ih möchte auf die erste Anfrage des Abg. Freiherrn von Zchele wegen Abschwenkens der Musik bei dem Begräbnis eines Kriegerveretnsmitgliedes kurz antworten. (Es sollte der Gestorbene mit friegeri\chen Ghren beerdigt werden. Im leßten Moment wurde bekannt, daß ein angeblih vom Herzog von Cumberland gestifteter Kranz vor der E hergetragen werden sollte. Der Vorsibende des Vereins war der Ansicht, daß damit Agitation getrieben werden sollte und daß es besser wäre, daß der Kranz hinter der Musik getragen werden sollte. Damit war der Sohn des Verstorbenen nicht einverstanden, und das Ende vom Liede war, daß der Kriegerverein überhaupt darauf ver- zichtete, seinem Kameraden die leßte Ehre zu erweisen. Da der Verein als solcher nicht an dem Gefolge teilnahm, blieb nichts übrig, als daß die Musik sich zurückzog. Der Regimentskommandeur hat von der ganzen Sache nihts gewußt. )

Generalmajor Freiherr von Langermann-Erlenkamp: Die Bewilligung der Veteranenbeihilfen ist Sache der Landesbe- hörden, in Preußen des Ministers des Innern; das Kriegsministerium hat nur zu entscheiden in zweifelhaften Fällen, ob der Betreffende Kriegsteilnehmer ist oder nicht. Jch habe darüber mich schon bei der Beratung des Gtats des Neichsschaßamts ausgelassen. Ob es zweck- mäßig wäre, die Veteranenfürsorge auf das Kriegsministerium zu übertragen, ist noch nicht Gegenstand der Erwägung gewesen und ich kann darüber nichts sagen. Der zweite Punkt der Beschwerde des Freiherrn von Schele betrifft den Fonds, der vom Generalkommando des 10. Armeekorps verwaltet wird. Jch werde Gelegenheit nehmen diesen Fall dem Generalkommando mitzuteilen. A i

Abg. Schöpflin (Soz.): Die schweizerische Miliz ist keines- wegs das, was wir uns unter einer deutschen Miliz vorstellen, wie sie unser Fdeal 19t, wenn das schweizerische Beispiel auch diesem unserem Zdeal sich nähert. Der Kriegsminister meinte dann, wir müßten Truppen haben, die zu blißschneller Offensive geeignet sind. Darin

O unter|cheiden wir uns eben von ihm; wir halten eine Rüstung zur Î Berteidigung für das Nichtige. Der Kriegsminister meint, die Armee

müsse ferner so beschaffen sein, daß sie auch Nückschläge ertragen könne. Aus der Geschichte wird der Kriegsminister wissen, daß stehende Heere Nückschläge, Niederlagen viel schwerer ertragen haben als Heereseinrichtungen, die der Miliz näher standen; ih weise nur auf den Schluß rieges ; Unsere Forderung der Miliz 1} eine sogialistishe, demokratische, aber wir verlangen sie Wenn dèr Kriegs-

Militärsystem die Art an die Wurzel der Macht des Neiches legen,

iso 1 das nichts als eine Kriegervereinsredentart; die Macht des F Neiches würde bei unserem System wesentlich wachsen.

Seit 1869 haben wir xmal und oft viel s{höner zu hören bekommen, daß wir dem Volke Phantastereien vormachen, die an dem gesunden Sinne des Volkes zerschellen werden. Für die körperlihe Ertüchtigung der Jugend sind wir, wie er, er soll aber auch dafür sorgen, daß die soziale Geseßgebung so gestaltet wird, daß ein wirksamer körpevlicher Schuß der Jugend durchgeführt werden konn; er foll einsehen, wie nohwendig ein folher Schuß angesichts der industriellen Entwiklung Deutschlands is. Wenn wir aber etwas dazu tun, dann kommt die Polizei und hindert uns daran. Sie wollen eben mt die körperliche Grtüchtigung der Jugend, Sie wollen die Gesinnung der Jugend ein- fangen, die Jugend soll eine Gesinnung haben, wie sie die hohe Polizei und der Kriegsminister für die einzig richtige hält. Woher stammt nun das Material, das der Kriegsminister der Kommission vor- legte, um die Entziehung der (Finjahrigenberechtigung gegenüber dem Nedakteur Stöcker zu rechtfertigen? Die Cöluer Polizer hat es ge-

M liefert, dieselbe, wo soeben ein großes MReinemachen sich als not- Î wendig erwiesen hat. M ist in leßter Zeit wie kaum je eine Behörde, das ist gerade die | richtige Stelle für solhe Informationen!

Diese Cölner Polizei, die so blamiert worden

Der jeßige Kriegsminister hat am 5, November 1913 an die Korpskommandeure einen Erlaß herauêîgegeben, der die Aushebung vorbestrafter Leute von vorn herein als Arbeitsfoldaten betrifft; der Kriegsminister will von den Kom- mandierenden Generalen genaue Nachweisung über jeden einzelnen Fall haben und meint dann, auf geseßlichhem Wege werde eine solche Grweiterung der Befugnisse nicht leiht zu erlangen sein, weil es sehr schwer , sein würde, eine einwandfreie Fassung dafür zu finden nach dem, was wir beim Falle Stöcker erlebt haben; nah der schiefen und krummen Auffassung des Kriegsministers über die Sozialdemo- kratie bürgt uns nihts mehr dafür, daß nicht junge Leute, die als sozialdemokratish gesinnt bekannt sind, ohne weiteres als Arbeitssol- daten eingestellt werden. Ich bitte den Minister hierüber um Auskunft. Wie steht es ferner mit der Pensionierung des nach der Türkei abkommandierten Generalleutnants Liman von Sanders? Auch heute wieder sind die \{chon hundertmal widerlegten Behauptun- gen vorgebracht worden, G: wir das Militär hassen. Wir wenden uns aber nur gegen den Militarismus, unter dem nur solche Zu- stände wie Soldatenmißhandlungen möglich sind, ohne daß sie ab- geschafft werden. Wo bleibt die Disziplin und der Gehorsam, wenn selbst hohe Offiziere gegen das Verbot des Kaisers und der Generale ih weiter so vergehen. Eine Moral mit doppeltem Boden haben wir nicht. Meinungsverschiedenheiten sind nur der Beweis einer leben- digen Partei. Graf Westarp hat von einer interessanten Blutmischung bei meinem Parteifreunde Liebkneht gesprochen, troßdem er während der leßten Wahl einem jüdischen Lehrer in Meseriß geschrieben hat, daß er keine antisemitishen Neigungen habe. Wenn Graf Westarp damit meint, daß die preußishen Junker und der preußische Adel reines arishes Blut haben, dann verweise ih auf die vielen Ghen mit Jüdinnen. Wie würde es übrigens in unserer Aristokratie aussehen, wenn niht manchmal ein kräftiger Kammerdiener oder Leibjäger da- gewesen wäre. Wenn man uns vorwirft, daß wir uns gegen das mon- arhishe Heer wenden, dann sind wir in guter Gesellschaft. Scharn- horst und Blücher haben sich vor hundert Jahren in dieser Beziehung \ Der Kriegsminister

Anlage der allgeméinen menschlichen

Kriegsministers gibt es bei uns nicht. Wollte man bei uns so ver- fahren, daß ein Offizier, der Soldatenmißhandlungen begeht oder duldet, aus der Armee entfernt wird, dann würde es bald besser werden. Der Kriegsminister hat zwar keinen Einfluß auf die Armee. Aber er würde pflichtgemäß handeln, wenn er beim Vortrage dem Kaiser erklärte, er könne es mit seinem Gewissen nit verantworten, länger im Amte zu bleiben, wenn nicht energisch eingeschritten würde, Daß

monatelang und immer an derselben Stelle Mißhandlungen vor- kommen, zeugt von einer Pflichtvergessenheit der Vorgeseßten. Auf diese Agitation verzichteten wir gern, wenn wir die Gewißheit hätten, daß in den deutschen Kasernen nicht so gehandelt werde, wie man es selbst im Mittelalter nicht kannte. i

Abg. Dr. Müller - Meiningen (fortshr. Volksp.): Jch muß bestreiten, daß ein Gegensaß zwischen der deutshen und der jüdischen Bevölkerung besteht. Jch kenne nur deutsche Staatsbürger, die gleiche Pflichten und Rechte haben. Der Abgeordnete Rupp führte eine törichte Behauptung in einer zionistishen Versammlung an. Zionis- mus und Antisemitismus sind Früchte von demselben Baum der kon- fessionellen Trennung und des Fanatismus. Der Zustand daß Juden keine Offiziere wecden dürfen, ist unzweifelhaft verfassungöwidrig. Die Verwaltung hat uns keine Antwort gegeben, was sie tun will, um diesen Zustand zu beseitigen. Der Einfluß des obersten Kriegsherrn kann doch nicht so gering sein, daß es ihm nicht möglih wäre, das Vorurteil im Offizierkoxps gegen etwaige jüdische Kameraden zu be- seitigen. Jüdishe Offiziersaspiranten läßt man als Offizierstell- vertreter im Kriege zu. Im Frieden sind sie nicht gleichberehtigt. Die Erklärungen des Kriegsministers, daß er keinen Einfluß auf den Wehrverein habe, aber seine Ziele billige, muß doch wie eine Ermunte- rung wirken und auf das Ausland eine merkwürdige Anschauung von der Einheitlihkeit unserer Politik erwecken. Dieser Gegensaß ist un- erträglich, und der Reichskanzler follte dagegen Front machen. Ich muß auch bei meiner Behauptung bleiben, daß unser jeßiges Militär- ehrenreht fein modernes Recht is, Der (Erlaß über den Waffen- gèbrauch hat für das ganze Bolk Interesse. Die Affäre des Pan- durenkellers zeigt, daß es fich um das Leben, die Ehre und die Erei. heit aller Staatsbürger handelt. Gerade die Erklärungen des Kriegs- ministers beweisen scharf, wie notwendig die geseßliche T rennung der Zivil- und Militärgewalt ist. Der Kriegsminister hat gesagt, daß er keinen Geheimerlaß wegen Unterdrückung innerer Unruhen heraus- gegeben hat. Ein solcher soll aber schon vor ihm eristiert haben, und in 1hm sollen Bestimmungen über das Verbot des Hochanschlages Unterdrückung der Presse usw. vorhanden sein. Jch glaube daß es dem Kriegsminister mit der Unterdrückung der Soldatenmißhandlun- gen Ernst ist, und er möchte wohl ebenso gern wie sein bayerischer Amtskollege vorgehen. Aber er is} staatsrehtlich nicht dazu in der Lage. Der bayerishe Kriegsminister ist nicht bloß oberster Ver- waltungsbeamter, fondern auch Vertreter der obersten Kommando- gewalt und Chef des Militärkabinetts. Wie in Württemberg und Sachsen, werden auch in Bayern die Ernennungen von Offizieren vom Kriegöminister gegengezeichnet. Dadurch hat doch sicher das Ver- hältnis der Offiziere zum obersten Kriegsherrn nicht gelitten. Was die staatsrechtliche Stellung des Kriegsministeriums anbetrifft, so ist dem preußischen Kriegsminister nicht nur das Militärkabinett, sondern auch die Generalkommandos und der Generalstab bei wenn nicht übergeordnet. (s müßte eigentlich eine parlamentarische Kommission über die Stellung des Kriegsministeriums Klarheit schaffen, nicht nur dem Militärkabinett und den Generalkommandos gegenüber, fon- dern auch gegenüber dem Meichskanzler selbst. Jch bitte die Parteien alle, um einem WVerfassungskonflikt vorzubeugen, diesem Gedanken näherzutreten. Eine jolche Kommission müßte im Herbst zusammen- treten. Jch habe die persönliche Erfahrung gemacht, daß die Kriegs- minister ungefähr jede Legislaturperiode wechseln: sie haben ein un- angenehmes, undankbares Amt. Trat ein neuer Kriegsminister hier auf, so trat er mit einer riesigen Forschheit auf, auch gegenüber dem Miilitärkabinett. Je älter ein Kriegsminister wird, desto stiller wird er in seiner Stellung gegenüber dem Miilitärkabinett. Wenn die Minister ihren Abschied nehmen, sagen sie sich, eigentlih waren doch die Kerle, die gegen das Militärkabinett auftraten, gar nicht so dumm. ie gestrige Erklärung des Kriegsministers kannte ich schon aus- wendig. Die Kriegsminister reden eigentlich an uns vorbei. Der Abg. Gothein hat einwandsfrei festgestellt, daß die ministerielle Haf- tung und Verantwortlichkeit für die Anstellung auch der Offiziere auf Grund der preußischen Verfassung unzweifelhaft gegeben i\t, daß die Grnennung der Offiziere ein Negierungsaft ist. Vie Beispiele von Bayern und Sachsen usw. zeigen, daß diese Ernennung als Negierungs- akt angesehen wird. Graf Westarp {ob wieder alles auf die Kom- mandogewalt. Art. 47 stellt aber Beamte und Offiziere vollkommen gleih. Es bedarf in diesem Falle der Gegenzeichnung der Minister. (Zurufe rechts: Beamte!) Beamte und Offiziere sind nah der Ver- fassung vollständig gleichgestelt. Durch eine Kabinettsorder können nicht klare Bestimmungen der Verfassung außer Kraft geseßt werden. Der springende Punkt ist die stets wachsende Bedeutung und Er- weiterung der Zuständigkeit des Militärkabinetts ohne jede geseß- liche Grundlage. Jch frage den Kriegsminister: Gibt es eine milt- tärische Angelegenheit, in der nicht im leßten Effekt das Militär- kfabinett die Entscheidung hatte? Auch Fragen der Organisation unterliegen dem Militärkabinett. Es ist aus einem einfachen Setr& tariat eine Macht geworden. Hier liegt der Keim einer Ge- fahr für unser ganzes Verfassungsleben. Es gibt eine Fülle von An- gelegenheiten, zu deren Erledigung das Militärkabinett zuständig ist, auf das der Minister nicht die mindeste Einwirkung hat. Sie ver- kennen Ihre Stellung, Herr Kriegsminister! Sie sind kein Löwe. Sie sind das andere Tier, wenn ich in dem Vergleichsrahmen bleiben soll, das aufgefressen wird, Sie kommen nicht einmal zum Wanken. Ehe Sie dazu kommen, sind Sie vom stärksten Löwen ganz und gar aufgefressen. Das Vertrauen zu der Kraft und Zuverlässigkeit des deutschen Volkes möge der Kriegsminister beibehalten, Er hat an Fichte und die Jugendbewegung von 1913 erinnert. Das freut uns besonders, denn Fichte trat auch für die Gmanzipation der Armee ein gegenüber einer mächtigen feudalen Klasse. Halten Sie sich fern von allen unklugen Scharfmachereien, seßen Sie Ihre ganze Persönlichkeit dafür ein, daß die Wünsche des opferwilligen Volkes erfüllt werden, die wir hier vertreten haben. Nicht mit s{önen Worten kann das Vertrauen zum Volke ausgedrückt werden, sondern durch Taten; und diese Taten wollen wir von Ihnen, Herr Kriegsminister, sehen.

Abg. Gröber (Zentr.): Der Abg. Gothein hat uns vorge- worsen, daß wir mit der unbefriedigenden Antwort des Bundesrats über die Trennung der Konfessionen zufrieden seien. Die Ent- schließung unterliegt noch dem Bericht der Kommission. Sollte sie durh Schluß der Kommission verzögert werden, so werden wir darauf zurücfommen. Der Bundesrat hat geantwortet, wegen seiner religiösen Ueberzeugung wird niemand zurückgeseßt. Wäre es \0, #0 fönnten wir zufricden sein. Aber der Kriegsminister muß selber zu- geben, daß auf diesem Gebiete nicht alles in Ordnung ist. Seit den 1880 er Jahren is kaum mehr ein israelitisher Einjähriger zum Meserveoffizier ernannt worden. Der Kriegsminister hat wohl an die bekannten Wahlen des Offizierkorps gedacht, aber es gibt doch Fälle, wo die Klippe der Gefährlichkeit der Offizierswahl um- iff worden ist. So könnte es auch hier sein, nicht alle Offiziere lind antisemitish gesinnt. Es mag im einzelnen zutreffen, im ganzen nicht, und wenn die Offiziere wissen, daß nur eine auf sa{lihen Gründen beruhende Wahl von oben gewünscht wird, so werden sie anders wählen, Aber nicht die Juden allein haben sch über Zurü- seßung zu beklagen, sondern die Offiziere aller christlichen Konfessio- nen, wenn es sih um ihre ablehnende Stellung zur Herausforderung zum Duell handelt. Solche Offiziere erhalten ja einen ehrenvollen Abschied; das ist aber kein Trojt. Sie müssen es als die schwerste Kränkung empfinden, daß sie, obwohl sie mit Leib und Seele Soldat sind, deshalb, weil fie hrem Gewissen gefolgt find, die Armee ver- lassen müssen. Was die Mißhandlungen betrifft, so liegt uns ja die Novelle zum Militärstrafgeseßbuch vor, die in den wenigen Tagen die uns noch bleiben, doh noch erledigt werden sollte; wir müssen da dringend wünschen, daß wir von dem, was die verbündeten Negier rungen an den Besclüssen zweiter Lesung. als unannehmbar bezeich- nen werden, son vor der dritten Lesung Kenntnis erhalten um nicht erst in leßter Stunde vor-eine sofortige Entscheidung gestellt zu wer- den. Die Gegenzeichnung der Ernennung der Offiziere dur den Kriegsminister erklärt dieser niht für notwendig; er hat aber dafür nicht Nechtsgründe, sondern nur politishe Erwägungen vorgetragen. Der Abg. Gothein hat die Frage sachlih erörtert und überzeugend die Notwendigkeit der Gegenzeichnung dargetan. Graf Westarp hat nur politische Gesichtspunkle, aber keinen einzigen NRechtösgrund vorge-

tragen. Diese Lücke müßte doch ausgefüllt werden, wenn nit heute, dann später, denn wir werden uns ja wohl noch öfter darüber unter. halten. Jn Preußen war bis 1861 die Praxis der Kriegsminister schwankend; in diesem Jahre erging ein S über die Armeebefehle, auf den man sich aber nicht berufen kann, weil er selbs Vorbehalte in dieser Beziehung enthält. Ausdrücklich steht in diesem Erlaß, daß weder (die Slteellung des Kricgsministers, noch wverfassun smáäßige Normen dadur alteriert werden sollen. Die N ino abe auf Bornhak fördert die Sache auch nicht, denn er zitiert den Erlaß von 1861 und sagt, es werde hier eine Ausnahme von der Verfassung statuiert; wo aber das Necht zu einer solchen Ausnahme \tatuiert ift, darüber sagt er nichts; es bleibt immer wieder bei diesem Proton- pseudos. Vie preußische Verfassung aber besagt mit größter Deutlich- leit: Der König beseßt alle Stellen im Heere sowie in den übrigen Staatsämtern. In den anderen deutschen Ländern hat man bis heute die Grnennung der Offiziere an die Gegenzeichnung des Kriegs= ministers gebunden erachtet. Die Marine wird aué\ließlich nah Jreichsreht behandelt, und in der Reichsverfassung steht fein Wort von Ausnahmen gegenüber den sonstigen Vorschriften über die Er- nennungen, Der Kriegsminister betont, der Mangel der Gegenzeich- nung bedeute ein besonderes Treueverhältnis zwischen dem Ernannten und dem Kontingentsherren. Das bätte ih an seiner Stelle nicht ge- sagt; das heißt doch, sich selbst herabseßen. Jst es denn bloß eine Spielerei der Staatsrechtler, einen verantwortlichen Minister zu ver- langen? (58 ist mit dieser Bestimmung bitterer Ernst. Welche Rei- bungen haben zwischen den preußischen Kriegöministern und dem Militärkabinett stattgefunden! Wenn die Herren Minißer außer Amt sind, werden sie darüber sehr gesprächig. Und wie stehen denn die sächsischen, bayerischen und württembergischen Offiziere zu ihrem Könmge? Ist thr Verhältnis weniger zuverlässig, weil die Kriegs- minister dort die Ernennung gegenzeichnen? Daß zur Vorbereitung der Geschäfte der Ernennungen Beamte notwendig snd, ist selbstver- ständlich; das muß dem Könige vorgelegt werden mit einem Vorschlag. Wer soll das tun? Muß es nicht der tun, der die Verantwortung für den gesamten Betrieb der Heeresverwaltung hat, oder soll es ein Unverantwortlicher tun? Genügt die Vorschiebung einer namenlosen Kulisse? Wir stehen vor der Frage: Ist es politis richtig, eine so ernste, so verantwortungsvolle politishe Sache dur jemand be- handeln zu lassen, der jeder Verantwortung ledig is? Nicht aus rlebhaberei und nicht aus Herrssucht fordert der Reichstag auch in Preußen die Kontrasignatur des Kriegsministers bei Offizierser- nennungen. Die Zeit, die Frage zu lösen, ist jeßt niht mehr gegeben; später wird aber die Prüfung dieser hochernsten Frage durch eine besondere Kommission nicht länger aufzuschieben sein.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Fa l- kenhayn:

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Müller-Meinigen hat an mich die Frage gerichtet, wie es mit dem Geheimerlaß stehe. Jch kann dazu nur erklären, daß es irgendeinen Erlaß, der in Ergänzung der jeßigen Vorschriften für den Waffengebrauch den Zeitpunkt des inschreitens der militärishen Macht oder die Bedingungen für das (Finschreiten der militärischen Macht regelt, nicht gibt.

Der Herr Abgeordnete Gröber hat eben bezweifelt, daß ih recht- liche Gesichtspunkte geltend gemacht hätte bei meinen Darlegungen über meine Stellung gegenüber dem Herrn Chef des Militärkabinetts. Jch gebe zu, daß ih nicht sehr eingehend geworden bin: aber i glaube doch einige rechtliche Hinweise, die für mih durschlagend waren, hier vorgetragen zu haben. Jch habe vor allem dargelegt, daß die preußische Verfassung, der Zustand in Preußen, wie er zur Zeit des Eintretens der Reichsverfassung bestand, noch heute maß- gebend sein muß, und es wird mir auch der Herr Abgeordnete Gröber nicht bestreiten wollen, daß der Zustand, den ih {fizziert habe, im Moment des Inkrafttretens der Noichsverfassung in Preußen wirkli bestand. (Zurufe: Aber nicht als Rechtszustand!) Es haben sih der Herr Abgeoronete Gröber hat auch darauf hingewiesen über den Punkt so viel Juristen den Kopf zerbrochen, 1ch habe versucht, mich durch diese Juristen hindurhzuarbeiten (Heiterkeit) —, mir ift es mt gelungen. (Erneute Heiterkeit.) Jch fürhte ih glaube das aus den Worten des Herrn Abgeordneten Gröber herauslesen zu dürfen —, daß es auch ihm nicht gelungen ist, zu diesem Wust von Ansichten (Lebhafte Rufe links: Nein! nein!) eine ganz klare juristische Stellung einzunehmen.

Dann hat der Herr Abgeordnete Gröber hier gemeint, ih hätte

das Verhältnis zwischen dem Chef des Militärkabinetts und dem Kriegsminister als Säule der preußischen Macht bezeihnet Das ist mir nicht eingefallen, und ih möchte bei dieser Gelegenheit wenig- stens mit einem Wort die Ausführungen des Herrn Dr. Müller- Meinigen auf seine anderen Ausführungen möchte ih nicht ein- gehen streifen: es handelt sih nicht um Organisationsfragen, Herr Abgeordneter Müller-Meiningen, bei dieser Abgrenzung der Befug- nisse des Kriegsministers und des Chefs des Militärkabinetts, sondern es handelt sih um inneren Dienst. Das is} etwas ganz anderes, glaube ich. j Aber, meine Herren, ih wollte darauf zurückommen, daß der Herr Abg. Gröber gemeint hat, ich hätte dieses Verhältnis als die Säule der preußishen Macht bezeichnet, Nein, meine Herren, als die Säule und die Grundlage der preußischen Macht, der preußischen Armee habe ih bezeichnet die Verfassungsbestimmungen, die dem König freie Verfügung über das Heer innerhalb der Geseße geben (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen; Zurufe links), und, meine Herren, auf diesem Standpunkt muß ih stehen bleiben (Bravo! rechts), davon werde ih nicht zurückgehen. (Zurufe links.) __ Abg. Freiherr von S cel e (Welfe): Das Kriegsministerium ist über den Begräbnisfall falsch unterrichtet worden. Der Kranz war mit dem vollen Namen des Herzogs von Cumberland bezeichnet, und von diesem seinem ehemaligen Negimentskameraden E g

Das Gehalt des Kriegsministers wird bewilligt.

Die Resolution Behrens, betreffend die Erhöhung der Durchschnittssäße für Vorspannleistungen wird angenommen, ebenso die Resolution Graf Westarp, Schult - Bromberg, betreffend die Anrechnung der Militär- und Marinedienstzeit der Militäranwärter auf das Besoldungsdienstalter und ihre An- rechnung im Kommunal- und sonstigen Verwaltungsdienst.

Bet den Ausgaben für die Offiziere des preußi?chen Kriegsministeriums hat die Kom- mission die Neuforderung für einen Stabsoffizier und zwei Hauptleute für das neu einzurichtende Pressereferat im preu- zischen Kriegsministerium gestrichen. Es liegen Anträge auf Biederherstellung von dew Abgg. Graf Westarp (dkons.) und Genossen und Bassermanm (nl.) und Genossen vor.

__ Abg. Dr. Derte l (dkons.): Unser Antrag deckt si fast inhalt- lih mit dem der Nationalliberalen. Unser Antrag wird nicht über- raschen. Die Notwendigkeit ist in der Presse allgemein anerkannt. Als der Haushaltungsaus\chuß, verzeihen Sie mir diese Néeubezeich- nung, beshloß, diese Forderung abzulehnen, da hat es allgemein in der Presse überrascht. Dieses Referat ist von der gesamten Presse aller ürgerlichen Parteien und von vielen Herren hier im Reichstag ge- fordert worden. Man verlangte eine Stelle im Kriegsministerium, wie sie jeßt eben das Pressereferat ist und künftig sein soll. Man

hat auch wiederholk verlangt, das Kriegéministerium möge deu Spuren

Aber diese Unbequemlichkeit sollte man doch auf sih nehmen. Dann beschweren fich inden Garnisonstädten die Handwerker über die Kon-

fönnten dieses Schweizer System annehmen. Sie behaupten es, ob- | zu ziehen, (Lachen und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

ois d