1895 / 167 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Abgereist:

Seine Excellenz der General-Oberst der Kavallerie Frei-

von Loë, General-Adjutant Seiner Majestät des Kaisers Und Königs, Ober-Befehlshaber in den Marken und Gouverneur von Berlin;

Seine Excellenz der Staats-Minifter und Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Hammerstein-Loxten, nah den Provinzen Westpreußen und Posen ;

Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des Königlichen Ober - Verwaltungsgerihts Persius, nach Wiesbaden.

Nichtamtliches. Deutsches Reid.

Preußen. Berlin, 16. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König sind, wie „W. T. B.“ meldet, nach siebenstündiger Fahrt an Bord der Met „Hohenzollern“ gestern Nachmittag 4 Uhr im bejten ohlsein vor Wisby eingetroffen.

Obwohl in dem Befinden Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin eine fortdauernde Dele in der legten Zeit zu fonstatieren und dasselbe augenblicklich als ein durch- aus zufriedenstellendes zu bezeihnen is, so sind do über eine Reise Jhrer Majesiät nah Saßniz noch keinerlei feststehende Bestimmungen getroffen. Anders lautende Zei- tungsmittheilungen sind hiernach richtig zu stellen.

Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin Friedrich

dinand zu Schleswig - Holstein - Sonderburg - Glücksburg,

öchstwelche einige Zeit zum Besuch Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin im Neuen Palais verweilten, haben heute mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 11 Uhr 53 Minuten von der Wildparkstation die Rückrcise nah Glücksburg angetreten.

An Stelle des zum 1. Juni d. J. in den Ruhestand ge- tretenen Ministerial-Direktors, Wirklihen Geheimen Ratys Dr. Droop ift der vortragende Rath im Justiz-Ministerium, Wirkliche Geheime Ober-Justiz-Rath Dr. Küngel vom 1. Juli d. J. ab zum Mitgliede des Gerichtshofs zur Ent- scheidung der Kompetenzkonflikte ernannt worden.

Der General der Jnfanterie von Grolman, Gouverneur des Jnvalidenhauses, ijt von Berlin mit Urlaub abgereist.

Der General - Lieutenant Edler von der Planiß, Inspekteur der 2. Kavallerie- Jnspektion, ist hierher zurück- gekehrt.

Der Direktor beim Rehnungshofe des Deutschen Reichs, Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Raffauf ist nah Süddeutschland abgereist.

Der Präsident des Kammergerihts, Wirklihe Geheime Ober-Justiz-Rath Drenkmann hat sich nach der Schweiz begeben.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Militärbevollmächtigte, General-Major von Haag hat Berlin mit Urlaub verlassen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem- bergisher Regierungs - Direktor von Schicker und Königlich württembergi)her Direktor von Fischer sind von hier ab- gereist.

Sachsen.

Jhre Majestät die Königin hat sih gestern zu längerem Aufenthalt nah dem Jagdschloß Rehefeld begeben.

Schwarzburg-Rudolftadt.

Seine Durchlaucht der Fürst ist am 14. d. M. nah Beendigung der Kur von Kissingen nah Schwarzburg zurück- gekehrt.

Reuß: ä. L.

Seine Durchlaucht der Fürst ist am 14. d. M. zum Kurgebrauch nach Ostende abgereist. Jhre Durchlauchten die Prinzessinnen Emma, Marie und Karoline haben sich am 15. d. M. nah Heiligendamm i. M. be- geben, während Seine Durchlaucht der Erbprinz gleichzeitig abgereist ist und Jhre Durhlauchten die Prinzessinnen Hermine und Jda nah Jagdshloß Waldhaus übergcsiedelt sind.

Lübeck. Die Bürgerschaft hat gestern den Rechtsanwalt Dr. Fehling zum Präsidenten gewählt.

Deutsche Kolonien,

o wird dem „Deutschen Kolonialblatt“ berichtet :

eui ber“ hat am 14. Mai d. F. die Rhede von Klein-Popo ange und ift von dort am 16. Mai nah Lome ge- fabren. Im ganzen Schutzgebiet berrscht vollständige Ruhe, und der Handel zeigt erfreulihfte Gedeihen. Nach einem vorläufigen Ueterihlag die Einfuhr in der Zeit vom 1. April 1894 bis 1. April einen Werth von 2607180 s, während die Auéfuhr auf 2871314 A gesckäßt wird. Im Vorjahre betrug die Einfuhr 2558 744, die Auéfubr 3211433 4; die leztere bat aber damals infolge des Dabomev-Feldzuges eine bis dabin nie erreichte Höbe gehabt, die hêchfte Ziffer im Jahre 1892/93 betrug nur 2214772 A Die Summe der im leßten Jahre unter nor- malen Verhältniffen ftattgehabten Auéfuhr iff daber sehr erheblich und beweist, welden segenéreiden Einfluß die MWegebauien im Togogebiet auf die Föcterung der Zu- fuhren vom Innern an die Küste geübt haben. Besonders erfreulich ift, daß; die Summe der Einfuhr der der eigentlichen Kulturarbeit dienenden Gegenstände immerfort mät. 1893/94 wurden Baumwollenwaaren im Werthe von 577 000 Æ nach Togo eingeführt, im leßten Gtatse- jahre ift dieser Betrag shon auf 677 000 M, also auf beinahe ein

Viertel des Werths tes gesammten Imvorts, gestiegen.

Oesterreich-Ungarn.

Das óösterreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern den Voranschlag des Finanz-Ministeriums an und begann die Berathung des Etats des Handels-Ministeriums. Der Leiter des Ministeriums Ritter von Wittek beschränkte sich auf kurze sach- lihe Aeußerungen und führte vershiedene Mittel auf, um die Institutionen zur Förderung des Handelsgewerbes thunlichst auszubilden. Die Regierung sei niht in der Lage, eine bindende Zusage über die Vorlegung von Gewerbenovellen in diesem Sessionsabschnitt zu geben. Jn der Frage der Sonntagsruhe ständen sich die Interessen der Gewerbeinhaber und der Hilfsarbeiter gegenüber. Hierbei sei genau zu erwägen, daß das Gewerbe selbst nicht leide, was einen großen, allgemeinen , volkswirthshaften Schaden zur Folge haben würde. Redner bezeichnete es als seine Aufgabe, die bisherige Thätigkeit des Handels-Ministeriums fortzuseßen. Betreffs des Mühlengewerbes würde eine Einigung mit der ungarischen Regierung angestrebt. Seine, des Redners, Pflicht sei, den großen sozialpolitishen Ressortaufgaben gerecht zu werden. Ueber die Eisenbahnangelegenheiten zu \prehen, be- hielt fich der Minister für einen späteren Zeitpunkt vor.

Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge hat sich der ungarishe Minister : Präsident Baron Banffy gestern zu kurzem Aufenthalt nah Wien begeben.

' Großbritannien und Frland,

Bis gestern Abend waren gewählt: 172 Unionisten, 923 Liberale, 4 Parnelliten, 4 Antiparnelliten und 1 Kandidat der Arbeiterpartei. Die Unionisten ge- wannen 24, die Liberalen 5 Siße. Unter den geschlagenen Kandidaten befinden sih der bekannte Leiter der Arbeiter- partci Keir Hardie und der chemalige Minister Sha w- Lefevre: unter den Gewählten sind zu nennen: Lord Cranborne, Stanley, der Arbeiterführer J. Burns und der Präsident des Handelsamts Ritchie.

Nußland.

Die Großfürstin Xenia Alexandrowna is, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Abend im Schlosse Peterhof von einer Prinzessin entbunden worden, welhe im heiligen Gebet Jrena genannt wurde. . :

Der Minister des Jnnern Durnowo empting gestern die bulgarishe Deputation. Den Meldungen der St. Petersburger Blätter zufolge werde dieselbe auch von dem Chef des Generalstabs Obrutshew empfangen werden.

Der Kaiser hat dem Konig Menelik den Alexander- Newsky-Orden in Brillanten, dem Negus Ras-Maconen den St. Annen-Orden erster Klasse in Brillanten, dem außerordentlihen abessinishen Botschafter Prinzen Damto den Stanislaus-Orden erster Klasse in Brillanten, ferner den Mitgliedern der Botschaft, dem PrinzenBela cio den Stanislaus- Orden dritter Klasse mit dem Stern, dem General Ganemie den Annen-Orden zweiter Klasse mit dem Stern, dem Bischof von Sharar ein Bildniß der heiligen Jungfrau mit Brillanten und den anderen Mitgliedern der Suite den Stanislaus-Orden dritter resp. vierter Klasse verliehen.

Ftalien.

Bei der gestern in der Deputirtenkammer fort- gescßten Berathung über die finanziellen Maßnahmen wurde das von Pantano und anderen Deputirten zu dem Alkoholgesez gestellte Amendement mit 161 gegen 68 Stimmen abgelehnt; 14 Mitglieder enthielten sh der Abstimmung.

Schweiz.

Das schweizerishe Bundesheer zählt, der „Straßb. Post“ zufolge, nah dem Bestande vom 1. Mai 1895 rund 8700 Offiziere. Darunter sind 3685 solhe, die vom Bundesrath ernannt sind, wie Generalstab 112, Jnfanterie 322, Kavallerie 115, Artillerie 564, Genie 289, Aerzte 1074, Apotheker 98, Veterinäre 222, Verwaltung 636, Militärjustiz 83, Stabssekretäre 75; 5015 solche, die vom Kanton ernannt hind. Von diesen leßteren entfallen 3235 auf den Auszug, 1780 auf die Landwehr, und zwar Jnfanterie-Auszug 2591, -Landwehr 1597 ; Kavallerie-Auszug 158, -:Landwehr 47 ; Artillerie-Auszug 486, -Landwehr 136. Die Zahl der Lieutenants ist im Ganzen 2014, ohne Landwehr; die der Ober-Lieutenants 2225, ohne Landwehr; die der Hauptleute 1812, ohne Landwehr; die der Majore 506, die der Oberst-Lieutenants 246 und die der Obersten 160.

Belgien.

Ein großer Zug, der aus den liberalen Vereinen von Brüssel und den Vorstädten, aus dem Syndikate der Lehrer und Lehrerinnen, aus Universitäts-Vereinen, mehreren Bürgermeistern und Gemeinderäthen der Vorstädte zusammengeseßt war, durhzog gestern Abend in Brüssel unter Vorantritt von Musik und unter Vorantragung von Fahnen und Transparenten die Hauptstraßen der Stadt, um gegen das neue Schulgeseßz zu protestieren. Mehrere sozialistishe Abgeordnete und Mitglieder der liberalen Pariei nahmen an dem Zuge theil. An der Kundgebung betheiligten sich etwa 20 000 Personen. Abends fand im flämischen Theater eine öffentlihe Versammlung stait, welhe dur Acclamation und unter Beifallsrufen eine Tagesordnung an- nahm, worin gegen das neue Schulgeseß protestiert und die Zurücziehung der Vorlage sowie die Demission des Ministe- riums gefordert wird. Ferner verlangt die Tagesordnung die Annahme eines Geseßzes, welches obligatorishen Unterricht, unentgeltlihes Schulbesuch sowie die politische und philo- sophishe Unabhängigkeit der Lehrer bestimmt.

Der „Moniteur belge“ veröffeniliht heute die König- lihen Erlasse, durch welhe der 24. Juli als Tag des Inkrafttretens der durch das neue Zollgeset bestimmten Einfuhrzölle festgeseßt wird. Ausgenommen hiervon find die Zolle auf Bauholz, Tischlerholz und Stangen, für welche die neuen Säte erst am 1. Januar 1896 in Kraft treten.

Türkei.

Am lehten Donnerstag soll, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, eine bewaffnete Bande aus Griechenland auf Kreta gelandet sein; die Ankunft einer zweiten Bande sei angekündigt. Karatheodori Pa}jcha habe Truppen zur Verfolgung entsandt.

Griechenland,

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkamme wurde mit 85 gegen 31 Stimmen bei 11 Stimmenenthaltungen beschlossen, die weitere Berathung der Vorlage , betreffend die Eindehaltung von 20 Proz. der Korinthenernte, zu vertagen.

Serbien.

Die Konversionsvorlage wurde im Finanz-Aus- \chusse der Skupschtina nah langer Debatte mit 12 gegen 5 Stimmen angenommen. Heute Nachmittag findet eine Sizung des Klubs der Forischrittspartei statt, in welcher der Skupschtina-Präsident Garaschanin, der zugleih Vorsißender des Klubs ist, für die Annahme der Vorlage sprechen wird. Die Annahme scheint mit großer Majorität gesichert.

In der heutigen Sißung der Skupschtina wird die Negierung einen Gelehentouet, betreffend das Haidukenthum, vorlegen. Morgen gelangt der Bericht des Finanzausschusses Über die Konversionsvorlage zur Verhandlung.

Bulgarien.

Stambulow is, wie „W. T. B.“ aus Sofia meldet, gestern Abend 8 Uhr, als er sich in Begleitung Petkow's auf der Heimfahrt vom Union:Klub befand, von vier Personen ange- griffen und dur Revolvershüsse und Messerstihe verwundet worden. Der Zustand Stambulow's, der am Kopf und beiden Armen {wer verleßt wurde, is ein sehr ernster. Beide Arme mußten amputiert werden. Stambulow if bewußtlos, und es. ist wenig Hoffnung vorhanden, ihn zu retten. Die Unter- suhung wurde die ganze Nacht hindurch fortgeseßt. Am That- ort wurden ein türkisher Handjar, ein starkes Messer und zwei Revolver vorgefunden. Auf die Angaben des Dieners Stambulow's* und diejenigen Petkow’'s wurden einige Ver- haftungen vorgenommen, doch fehlt bisher jede Spur von den Moördern. Man vermuthet, daß der eiter des Wagens, in welhem sich Stambulow befand, Mitschuldiger des Aiten- tâters ist ; der Kutscher wurde deshalb verhaftet.

Die „Agence Balcanique“ meldet: Eine von Philippopel kommende, unter Führung vonNicolas Stojanow stehende bewaffnete Bande wurde entwaffnet und zerstreut. Außer Stojanow wurde noch eine große Zahl anderer Jndividuen, welche mit Manrlicher - Gewehren bewaffnet waren, ver- haftet. Die von Sofia aus in das Ausland ver- breitete Nachriht, wonach ein Theil ‘der Garnison von Sofia nah Kuestendil abgesandt worden sei, wo die seitens der Behörden getroffenen Maßnahmen gegen die Agitation und Gefangennahme von Banden einen shlechten Eindruck auf die Bevölkerung gemacht hätten, ist, wie die „Agence Balcanique“ versichert, gänzlich aus der Luft ge- griffen. Es ist keinerlei Militärmaht nach Kuestendil ab- gegangen. Ebenso unwahr ist die Meldung, daß außer den beiden Offizieren, die, wie gemeldet, den Dienst verlassen hatten, um die Grenze zu überschreiten, noch andere Offiziere ihre Stellen niedergelegt hätten. -

Schweden und Norwegen.

Der außerordentliche Gesandie und bevollmächtigte Minister in London Akerman ist zurückberufen und der ehemalige Minister des Aeußern Graf Lewenhaupt zu seinem Nachfolger ernannt worden. x |

Das Storthing hat, wie „W. T. W.“ aus Christiania meldet, gestern mit 59 Stimmen der Linken gegen 55 Stimmen der Rechten für die Bewilligung des Universitäts-Budgets die Bedingung gestellt, daß die Beseßungen der vakant werdenden Professuren dem Storthing vorgelegt werden sollen. Der Staats-Minister Stang hatte diese Bedingung als verfassungs- widrig und s{hädlich bezeichnet.

Asien.

Aus Hongkong meldet das „Reutershe Bureau“, eine „apanishe Streitmacht von 700 Mann sei von

!Tuatutia (?) in Nordformosa abgegangen, um die Schwarz-

flaggen in Taiwanfu anzugreifen; es dürfte am 20. d. M. zum Kampf kommen. Ein starkes japanishes Geschwader unterstüße die Landtruppe. Nach Berichten aus Takao sei dort alles ruhig.

Entscheidungen des ReichsLgerichts,

Die „Zebn Gebote“ bilden, nah einem Urtheil des Reich5- gerihts, I1I. Strafsenats, vom 4. Februar 1895, weder eine Einrichtung noch einen Gebrau, sondern eine Zusammen- stellung wichtiger rein sittliher Grundsäße und Lehren der bristlihen Kirchen und der jüdishen Religionsgesellschaft: ihre öffentlihde Beschimpfung ist demnah nicht ohne weiteres als Neligionêvergeben zu bestrafen. „Als réchtsirrthümlich muß die An- nabme des ersten Richters bezeibnet werden, baß die zehn Gebote eine Einrichtung der cristlihen Kirche und der jüdishen Religion®- gesellshaft darstellten. Denn die zen Gebote bilden na ihrent inneren und äußeren Wesen nit eine allgemeine Ordnung einer die Eristenz, die Erbaltung und gedeiblihe Entwickelurg der christlihen Kirche oder der jüdischen Religionégesellshaft betreffenden Angelegen- heit dieser Kirhe oder Religionégesellshaft als solcher, fie wollen niht deren Aufgaben, Interessen, Rechte und Pflichten, sowie ibr Verbältniß zu ihren Mitgliedern und nah außen regeln und festfezen, sondern sie sind nihts Anderes als ein Inbegriff, eine Zufammench« stellung wichtiger rein sittliher Grundsäße und Lehren der christlihen Kirhe und der jüdishen Religionsgesellshaft. Der S 166 Strafgesepbuhs will ader nach seiner Fassung und Ent” stehung8sgeshihte niht die religiöse Lehre oder einzelne Sâße der- felben als solche, als Dogmen, gegen beshimpfende Angriffe süßen, sondern nur die chriftlihen Kirhen und die im Gesetze erwähnten Religionsgesells haften als solche und deren Einrichtungen und Gebräuche. Eine Beschimpfung der Lehre oder einzelner Säße derselten fällt daher unter die Strafvorschrift des § 166 Strafge]ep- buchs nur dann, wenn der Thäter durch diesen Angriff die kec- treffende Kirche oder Religionsgesellshaft selbst beshimpfen wollte. Ob im vorliegenden Falle genügender Anhalt für die Unter- stellung gerte daß der in Rede stehende Artikel die zehn Gebote mit der christlichen Kirche oder der jüdischen Religionsgesellschaft identifiziert babe, kann hier nichi unterjucht werden. Jedenfalls hätte der erte Nichter, wenn er glaubte, zu einer folchen Annahme gelangen ¿u können, eingehend erörtern und feststellen müssen, ob der Vorsaßz des Verfassers des fraglichen Artikels dahin ging, dur den inkriminierter Abschnitt die chriftlihe Kirhe oder die jüdishe Religionsgesellschaft als solche, als idealen Organismus gedacht, zu beshimpfen, nicht aber bloß einzelne Lehren derselben herabzuwürdigen, und nur wenn diese Frage bâtte bejaht werden können, würde die angefohtene Ver- fügung, falls au die sonstigen gefeßlihen Vorauëseßungen zutrafen, für geredtfertigt angejechen werden Tönnen. Der vorige Richter bat aber cine Feststellung- nah dieser Richtung hin niht getroffen.“ (4610/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Das Darbieten eines für die Schiffahrt hergestellten und unter- haltenen Kanals zur Schiffahrt gegen Entgelt ist, nah einer Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 6. Dezember 1894, ein steuervflichtiger Gewerbebetrieb. Bezweckt aber die Herstellung und Unterhaltung des Kanals haupt- sählih die Förderung der Landwirthschaft durch Entwäfferung 2X-,

so bildet seine nebensählihe Verwendung zur Schi fabrt gegen keinen fteuerpflihtigen Gewerbebetrieb. „Der es

ührer bestreitet mit Unrecht, daß in der Dar-

ng des Kanals zur Schiffahrt gegen Entgelt überhaupt

n Gewerbebetrieb enthalten sein könne. Denn die von ihm in Abrede tellte Thätigkeit besteht in der Herstellung und Unterhaltung des 2ls in einem zur Benußung durch Schiffahrt geeigneten Zustande uad in der Darbietung des Kanals zu diesem Zwecke. Uebte er diese Thätigkeit in der Absicht aus, um sih dur die von den Schiffahrt- treibenden für die Benußung des Kanals zu zahlende Vergütung eine dauernde Erwerbsquelle zu eröffnen, so würde einer derartigen fortgeseßten, auf die Erzielung von Gewinn geriteten Thätigkeit der Charakter des Gewerbebetriebes und dem Kanal die Eigenschaft einer gewerblichen Anlage nit unbedingt abgesprohen werden können. Aber ebensowenig besteht eine rechtlihe Nothwendigkeit, in der bloßen Gestattung der Be-

nußung des Kanals zur Schiffahrt gegen Entgelt unbedingt einen Gewerbebetrieb zu erblifen. Ein ifolher liegt vielmehr nur unter der Vorauésetzung vor, daß der Hauptzweck des Unternehmens auf die Erzielung des Gewinns gerichtet ist, niht aber auch in dem Falle, wenn der Hauptzweck des Unternebmens ein ganz anderer ist und dabei die Erzielung eines Gewinns nur zufällig erfolat oder nur beiläufig und nebensächlich erstrebt wird. Dixsen für die Entsheidung der Sache wesentlihen Gesichtepunkt übersieht die Regierung, wenn sie den Be- \{werdeführer unter allen Umständen, alfo auch unter der Voraus- seßung für gewerbesteuerpflichtig erachtet, daß er, wie er ausdrüdcklich einwendet, den Kanal in erfter Linie zu Entwäfserung8zwecken an- gelegt habe und unterbalte. Denn, wenn dies richtig ift, so dient der

anal in der Hauptsahe landwirthschaftlichen Zweden; seine Her- uns und Unterbaltung gehört daber nah seinem Hauptzweck zum Betrieb der Landwirthschaft .….“ (VI. G. 528/94.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Ernteertrag der wichtigsten Nährfrüchte für Menschen und Vieh / im Jahre 1894.

Zusammengestellt im Kaiserlihen Statistisen Amt.

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S C R Staaten

Im Jahre 1894 betrug die Gesammt-Erntemenge von

und No: Weizen

Spelz | Gerste Kartoffeln Hafer | Wiesenheu

andes tbheile

117 695,4 110 520,5 71 947,9 90 547,0 81 666,5 268 148,2 324 573,8

431457,7 |

Prov. Ostpreußen

. Oen E E vis : Prov. Brandenburg . . 880,0 |

Donne |

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Ol...

502 806,6 | 181 389,5 559 201,0 | 348 349,7 | 193 270,2 | 416 184,8 | 973,6

4 995 190,0 | 712 702,4 | 84 997.2 | 797 699,6 333 541,9 52 349,5 5 64 735,0 | 55 947;0 125 811,3 | 571201 195 403,1 43 044,0 26 217,6 72 809,3 10 524; 660908 | 773 25 096,3 | 130 31071, 143 19 440, 15 427, 31 677,

Schleëwig- Holstein Hannover ¿Va 4 Wen Hessen-Nafsau Rheinland . ,

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Bayern rechts des Rheins

Bayern l. Rb. (Reg.-Bez. Königr. Bayern .

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707 408,1 340 401,9

1 360,0 909 9338 694 934,9 483 042,9 817 213,3

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8 651,3 124 521, 13 902 3 114 402,5 21 978,9 134 497,2 39 576,9 225 203,0 10 961,1 63 137,7

5 657,3 93 999,9

631,4 34 881,0

2 548,1 16 330,2 4749,1 46 074,9 612,0 19 201,4

2 024,3 70 523,3 620,6 6 756,0 922,3 12 764,0 151,1 10 518,0 78 638,4 931 130,2

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S C I O A

Deutsches Neich Dagegen im Iabre 1893

: Die deutsche überseeishe Auswanderung iber deutshe Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich nah den Ermittelungen des Kaiserlihen Statistishen Amts im Juni 1895 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen:

Es wurden befördert im Juni

über 1895 Bremen 1204 Hamburg 1122 1504 Deut sche Häfen zusammen. . 2326 2784 Antwerpen 307 416 Rotterdam 72 119

9 22

Veberhxupt. . 2714 3341 Aus deutschen Häfen wurden im Juni d. I. neben den vor- genannten 2326 dentshen Auswanderern noch 8450 Angehörige sremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 5171,

Hamburg 3279.

1894 1280

Zur Arbeiterbewegung. i Der diesjährige sozialdemokratishe Parteitag wird vom Parteivorstand durch eine Bekanntmachung im „Vorwärts“ für die Tage vom 6. bis 12. Oktober d. J. nah Breslau berufen. Die chageéordnung foll später bekannt gemaht werden. Vorläufig ver- Mentliht nur die auf dem vorjährigen Parteitag in Frankfurt a. M. gewählte Agrarkommission eine Reibe von Zusägen zu dem Partei- vrogramm, deren Annahme sie bei dem dieéjährigen Parteitag be- antragen wird. In Königsberg i. Pr. ist ein Ausstand der Maler- gebilfen ausgebrochen. Die Arbeiter beanspruchten, wie der „Vor- warts“ berihtet, bei einem Mindestlohn von 35 4 für die Stunde, Bglih eine 94 stündige Arbeitszeit statt der bisherigen 104 Arbeits- ltunden bei 33 Lohn für die Stunde. Da die Meister auf diese Forderung nicht eingingen, so legte der größte Theil der Gehilfen die rbeit nieder. i „Aus Halle a. S. wird der Rig geschrieben: Zur Bei- daung, des Maureraus standes (vergl. Nr. 164 d. Bl.) hat sich es hiesige Gewerbegeriht ‘bereit erklärt, als Einigungêamt zu @ngleren, und die Arbeitnehmer haben \ich bereit erklärt, das twerbegerißt als Einigungëamt anzuerkennen. Von den Tbeitgebern dürfte ebenfalls eine Zustimmung zu erwarten sein. Zin Tbeil der ere hat nach und nach übrigens bereits die Srderungen der Gehilfen bewilligt. In den Ausftand eingetreten find Da aurer, von denen bisher 130 den geforderten Lohn auf die its ¡ugesagt erhalten haben, s etwa 350 Maurer-Arbeits- 86 M, 200 Zimmerer. Nicht theilgenommen am Ausstand haben s rer. Fa Aus Plauen i. V. berichtet die „Geraer Ztg.": Der Aus- Zahl - der Maurer nimmt einen immer größeren Umfang an. Die der Ausständigen beträgt {on über 400. Die Agitatoren ver-

| 38, 32 912,7 | 29 049 237,8 1

| 24 5 250 152,2 | 18 970 258, 423 151,6 | 1946 943,8 | 32277 851,0 | 7

3 242 313,2 | 11 490 787,7

suchen die Zimmerleute und Handarbeiter mit in den Ausstand herein- zuziehen.

Hier in Berlin fand am Sonntag eine Maurerversamm- lung stait, die, einer Mittheilung der „Voss. Ztg.“ zufolge, nohmals untersuchen follte, ob es möglich sei, zur Erringung besserer Lohn- und Arbeitsverhältnisse in etnen größeren Ausstand einzutreten. Da nur etwa 120 Personen erschienen waren, wurde in eine Erörte- rung der Lohnfrage gar nit eingetreten, vielmehr beschlossen, die Mißstände auf ten einzelnen Bauten in einem Flugblatt zu ver- öffentlihen und späteren Versammlungen die Bestimmungen über einen allgemeinen Ausstand vorzubehalten.

In Grottau in Böhmen haben über 400 Arbeiter der mechanishen Weberei von Siegmund Golds{Gmiedt wegen niedriger Löhne die Arbeit niedergelegt.

Kunft und Wissenschaft.

Durch die Munifizenz Seiner Majestät des Kaisers und Königs ist das biesige Königlihe Zeughaus in den Besiß der Waffen- sammlung des Herrn von Berthold in Dresden gelangt. Die Aufstellung if derartig angeordnet, daß dem Publikum die Ent- wicklung der einzelnen Waffenarten an der Hand der beigefügten Er- läuterungen vorgeführt wird. Die Hauptstücke dec Sammlung bilden drei fkostbare Rüstungen von fsilberglänzendem Eisen. Da ist zunähst ein ganzer Feldharnish, wie er um 1550 in Deutschland üblich war. Die wundershön hberausgetriebene Brust zeigt oben einen reih ornamentierten Fries, darunter einen Kruzifirus mit betendem Ritter, in der Art des Lucas Cranach. Diesem reiht \ich eine Dreiviertelrüstung mit gerippter Kugelbrust früßester Form an, ein bervorragend |\chönes Stück von silber- glänzendem Eisen aus der Zeit um 1500. Der dritte Feldharnish ilt von blankem Eisen mit getriebenen Wülsten und Cannelüren an allen Rändern ; die Brust ist mit E a ihrer Bedeutung nah noch nit fest- gestellten Wappen und einem Kruzifixus nebst kniendem Nitter geziert. Bon den Eisenkappen ist ein Morion mit aus zwei Theilen zusammen- gesetztem übergroßem Kamm zu erwäßnen (17. Jahrhundert) ; weiter eine Eisenkappe von orientalis{er Form, wie solde über Polen nach Deutschland kam und in allen Heeren von der leichten Reiterei ge- tragen wurde, während alle übrigen Panzertheile bereits abgelegt waren ; eine Sturmhaube mit Halskragen, bei der das Scheitelstük sehr \{chöôn in eine Spitze ausgetrieben ist, die Nänder mit gebügeltem Ornament: eine Sturmhaube mit hohem Kamm und wunderbar geäßten Ornamenten, Blumen, Trophäen und Köpfen. Es folgten eine Anzahl gothisher Schwerter, darunter zwei mit achtkantigem bezw. birnenförmigem Knauf; “ein wvenetianisches Schwert und ein Korbschwert aus dem 16. Jahrhundert. Sehr s{ön ist ein Schwert mit ziseliertem, vergoldetem Bronzegriff ; die ausge- zeichnete Klinge mit tiefen Blutrinnen und durchbrochen, trägt die Inschrift: Vienna me fecit. 1600. Besonders reich ift die Samm- lung an s{önen Helmbarten (Hellebarden). Unter den italienischen Stücken dieser Art befindet sich (aus dem Besiy des Grafen Borghese

direkt - erworben) cine kofibzre Glefe der Trabanten des Papftcs Paul V. von überaus \{öner Golt- und Silbertauschierung, verziert mit dem Waxpen der Borghefe, päpstliken Insignien, Kronen und feinsten Goldmauresfken ; ferner eine Gleve der Trabanten des Rektors der Nepublik Ragusa mit dem granierten Stadtwappen aus dem 16. Iahrbundert. Weiter ist eine solhe mit vergoldeten Ornamenten und der berühmten Waffenmarke des Mailänder Skorpion zu erwähnen, dann ein Spieß mit Streit- kolben und drei Kriegshelmbarten, darunter eine mit dem Zeihen von Basel, aus dem 15. bis 16. Jahrhundert. Unter den Spießen findet man einen Trabantenspieß aus der Zeit Kaiser Ferdinands I.; er zeigt auf dem Spießblatt den Reiché- adler, das goldene Vließ, das burgundishe Kreuz und die Buchstaben K. F. 1558. Zwei deutsche Helmbarten, sogenannte „Kriegébippen“, aus dem 15. Jahrbundert, sind mit \pießförmig auslaufendem Beil und Stachel versehen, um den Reiter vom Pferde zu ziehen; eine Helmbarte mit blattfêörmigem Dovpelkeil, zwei Streitäxte mit langen, zungenartigen Messern; drei Streitäxte, von denen eine einen Kelch und den hussitis schen Feldruf: bug s nami (Gott mit uns) zeigt. Hervorzuheben sind dann noch drei Tichinken, die um 1550 berum auftreten, mit Kurländer Schloß, dem älteften Radshlosz, Schaft und Kolben mit Gold, weißem und grüngefärbtem Perlmutter ausgelegt, die. Lâäufe mit Messing plattiert und garniert; weiter eine Pulverprobe in Pistolenform, zwei Pulverbörner und eine Pulverflasche. Ein merkwürdiges Stük is eine Lanzenspißze vom feinsten Stahl in der Art der fog. Lanze des beiligen Mauritius im Kron- hat des österreihischen Kaiserhauses; ferner ein höchst seltenes Stück aus dem 17. Jabrbundert, ein kurzes, wundervoll gearbeitetes Schwert, dessen Klinge mehrere lateinische Inschriften und Gravierungen trägt. Interefsant sind noch ein gothischer, fünfkantiger Dolch mil der Anse: Sancia Maria hf mr, aus bem 14.—15. Jahbrbundert, drei italienishe Spißdolhe, ein türkischer Dolch (Handjar) mit treffüih ziselierten Silberornamenten, ein altes Dolchmesser mit Klinge, ein Panzerbrecher als Waffe für das Handgemenge aus dem 14. Iahrbundert und zwei Feuersteinärte von ungefähr 1500 v. Chr. Nicht minder endlih die Sammlung der Sporen und Steigbügel, welhe deren Entwicklungsgang von den Uc- anfängen an vor Augen führt.

Der „Auzeiger“ des Germanishen National-Museums in Nürnberg theilt über neu angemeldete Jahresbeiträge und Stiftungen für die Anstalt Folgendes mit: Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich hat die seither gewährten Jahresbeiträage von 1000 Æ für die allgemeinen Zwecke des Museums und von 1000 A für die Beschaffung von Denkmälern des Habsburg - Lothringishen Kaiserbauses auf fünf Jahre weiter bewilligt. Fürst Karl Egon zu Fürstenkterg hat seinen Jahresbeitrag von 50 auf 100 Æ erhöht. Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin übersandten einen einmaligen Betrag von 200 #: Kommerzien- Nath Ludwig Gerngros in Nürnberg spendete die Summe von 625 M zum Ankauf eines sehr seltenen Ornamentftihes von M. Schongauer, und Fabrifbesiker Joseph Bach in Nürnberg den Betrag von 200 A eben- falls zu Erwerbungen für die Sammlungen. E. Bafsermann-Jordan, Kommerzien-Rath und Gutsbesitzer in Deidesheim, hat auch für 1895, wie {on seit einer Neibe von Jahren, dem Museum die Summe von 200 M gespendet. Ferner baben, gleichwie fürzlih in Freiburg, jeßt auch in Pforzheim und Straßburg sich eine Anzabl Freunde des Museums zusammengethan und in befonderen Aufrufen ihren Mit- bürgern die Förderung der nationalen Anstalt ans Herz gelegt. Sämmts- liche Sammlungen des Museums haben durch Ankäufe und Geschenke in den leßten Monaten mannigfahen Zuwachs erhalten. Für das Archiv wurden zahlreihe Originalurkunden angekauft, darunter cin Diplom Kaiser Otto?s Il. für die bischöflihe Kirche zu Parma, wo- durch er derselben Borgo S. Dennino, die Abtei Berceto, die Stadt Parma und die Nechte eines Königsboten in ibren Besitzungen be- stätigt (datiert Quitiliniburg, 5. April 989), ferner ein Privileg Kaiser Heinrih's V1. für Bischof Aldebrandus von Volterrae, betreffend die Wahl eines Vogtes (datiert Mediolani, 2. November 1187). In den dem Anzeiger“ für Mai-Juni 1895 (Nr. 3) beiliegenden „Mittheilungen“ wird ein interessanter Brief Sebastian Schertlin?s von Burtenbach an den Kaifer Karl V. zum erften Mal veröffentlicht. Der Inhalt beziebt sih auf die Thätigkeit des berühmten Landsknehts- führers im \chmalkaldishen Kriege, wegen welcher der Kaiser ibm aufs bôchste grollte, und sucht in Form einer Bittschrift den Kaiser zu veriöhnen. Ein zweiter Beitrag betrifft das dem Museum gehörige Gemälde, welhes die Krönung Friedrih's II1I. durch den Papst Nikolaus V. (19. März 1452) darstellt. Das in seiner Art seltene und kulturgeshichtlich wichtige Werk wird durch eine beigefügte Lichtdrucktafel veranshauliht. Weder über den Autor noch über den Besteller hat sich bisber etwas er- mitteln laffen; wahrscheinlih ist das Gemälde der Schule des Dirk Bouts zuzuweisen. Der leßte Aufsaß sucht einen Einblick in die umfangreihe Sammlung (3800 Blätter) alter Stadtpläne, Prospekte und Ansichten zu geben, welche im Kupferstihkabinet des Germanischen Museums aufbewahrt werden.

Handel und Gewerbe.

Täglihe Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Nuhr sind am 15. d. M. gestellt 11 117, nit rechtzeitig gestellt 155 Wagen. In Oberschlesien sind am 13. d. M. gesellt 2839, niht rets ¡eitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Scchlachhtviehmarkt vom 13. Juli 1895. Auftrieb und Markt- preise nah Scchlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welhe nah Lebendgewiht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3257 Stück (Durchschnittépreis für 190 kg ) T. Qualität 120—122 A, IL. Qualität 110—116 Æ, III. Qualität 94—106 M, IV. Qualität 86—90 M Schweine. Auftrieb 6779 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 #4, Landschweine: a. gute 90—92 Æ, b. geringere 84—88 e, Galizier —,— , leihte Ungarn —,— Æ bei 20 #/9 Tara, Bakonyer F bei kg Tara pro Stück. Kälbèr. Auftrieb 1416 Stäck. (Durcbschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,10—1,20 #, IT. Qualität 1,02—1,08 M, III. Qualität 0,94— 1,00 A Schafe. Auftrieb 22929 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,04—1,14 Æ, II. Qualität 0,96—1,00 , ITI. Qualität —,— M

Die „NRhein.-Westf. Ztg." berihtet vom rheinisch-west- fälishen Eisen- und Stahlmarfkt: Die festere Haltung des rheinish-westfälishen Eisenmarkts hat in der leßten Wohe ange- dauert, und die Stimmung ist im Ganzen eine zuversihtlihe. Man glaubt, daß, wenn der jeßige flottere Absay anhält, binnen kurzem auch die Preise einen Anlauf nehmen werden. Bis jeßt ist es noh fehr {chwer, Mehrforderungen durhzuseßen. Es gelingt dies nur für sehr wenige Artikel. Im Absaß von Eisenerzen ist bisher keine Aenderung eingetreten; die Nachfrage in einheimishen Eisen- erzen ist noch ziemlich s{chwach, dagegen kommt jeßt mehr aus- ländishes Erz auf den Markt. Luremburg-Lothringer Minette hält sich bei stetigem Absaz ziemlih gut im Preise. —— Das Roheisen - geschäft ist noch ziemli ill; einzelne Sorten find zwar verhält- nißmäßig lebhaft gefragt, doch if im allgemeinen die Kauflust noch nicht sehr groß. ie feste Haltung des Walzeisenmarktes hat nihts- destoweniger günstig auf die Stimmung eingewirkt, und es ist möglich, daß, wenn die Nothwendigkeit, den Bedarf für das letzte Vierteljahr zu decken, an den Markt tritt, kleine Preiserhöhungen durchgeseßt werden können. Die Lagervorräthe haben in leyter Zeit keine weitere Zunahme erfahren. Auf dem Walzeisen markt ist die Lage im Ganzen unverändert geblieben. Die Preise sind für einige Erzeugnisse noch fester geworden, hie und da wird auch etwas mehr erzielt ; aber es besteht noch das frühere Mißverhältniß zwischen den Notierungen und den Gestehungskosten. Der Absatz hat sich seit der abzelaufenen Woche

ziemlich auf der gleichen Höhe gehalten. Stabeisen war in der