1895 / 169 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Ausdehnung glänzend illuminiert, während die „Hohenzollern“ die E, Prer elektrishen Scheinwerfer gegen den Strand und die dort versammelte Menge richtete. i

Am Mittwoch Morgen um 91/5 Uhr erfolgte programm- deute die Weiterreise Seiner fidicfelbe nach

ernösand. eute früh 7 Uhr sind Allerhöchstdieselben nach sehr guter ahrt im besten Wohlsein vor Gefle eingetroffen.

Der General - Lieutenant Edler von der Planig, Inspekteur der 2. Kavallerie-Jnspektion, hat Berlin mit Urlaub verlassen, desgleichen der General-Lieutenant von Klißing, Kommandeur der 1. Garde-Jnfanterie-Division.

Der Kaiserlihe Botschafter am Königlich italienischen Hofe Bernhard von Bülow hat einen ihm Allerhöchst be- willigten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Rom fungiert der Erste Botschafts-Sekretär, Legations-Rath von Müller als Geschäftsträger.

Der am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte Groß- herzoglih mecklenburgishe Gesandte von Oerßgzen hat einen längeren Urlaub angetreten.

Der hiesige Herzoglih braunshweigishe Gesandte Freiherr von Cramm-Burgdorf hat Berlin mit Urlaub verlassen.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober - Kommando der Marine ist S. M. S. „Cormoran“, Kommandant Kor- vetten-Kapitän Brinkmann, am 17. Juli auf den Seychelles angekommen und beabsichtigt, am 21. d. M. von dort aus wieder in See zu gehen.

Anhalt. Jhre Hoheit die Herzogin und Jhre Durchlaucht die Prinzessin Alexandra find am 16. d. M. aus Neu- streliß wieder in Dessau eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Das óösterreichishe Abgeordnetenhaus erledigte gestern den Etat des Handels-Ministeriums. Der Be- richterstatter Mez nik sprach scine Zustimmung zu dem Eisen- bahnprogramm des Leiters des Handels-Ministeriums aus und erklärte, daß sih die Verwaltung der Staatsbahnen in den besten Händen befinde. Meral begann die Berathung des Bud- gets des Ackerbau-Ministeriums. Jm Laufe der Debatte wurden verschiedene Wünsche und Beschwerden bezüglich der Landwirthschaft vorgebraht. Eine sehr große Anzahl der Redner klagte über den Niedergang des Bauernstandes. Der größte Theil der Redner protestierte gegen die im Laufe der Verhandlung vorgebrachten Angriffe auf die Politik des früheren Ministers Grafen Falkenhayn; auch der Leiter des Ackerbau- Ministeriums von Blumfeld kam auf die gegen den Grafen Falkenhayn gerichteten Angriffe zurück, hob dessen Verdienste hervor, gab die Berechtigung der Klagen über die zur Ver- fügung stehenden geringen Mittel zu und erkiärle, im nächsten Budget nah Maßgabe der Staatsfinanzen eine Erhöhung der- selben in Aussicht nehmen zu wollen. Jn der gestrigen Abend- sizung beendete das Haus die Berathung über die Zivil- prozeßreform. Der Präsident sezte wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes die Abstimmung auf heute an.

Großbritannien und Frland.

Bis heute früh waren als gewählt gemeldet: 270 Unio- nisten, 65: Liberale, 6 Parnelliten/ 29 Anti- Parnelliten und 2 Mitglieder der Atbeiterpartei. Die Unionisten haben 54, die Liberalen 10 Siße gewonnen. Unter den Gewählten befinden sich Sir Charles Dilke, Baron Rothschild, der frühere Sekretär für Schottland Sir G. Trevelyan, Gerald Balfour, John Nedmond, Herbert Gladstone, der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen Amts Curzon und der frühere Unter-Staatssekretär des Kolonialamts Buxton.

Frankreich.

Der Minister des Auswärtigen Hanotaux tritt, dem „W. T. B.“ zufolge, heute einen längeren Urlaub an.

NRuß:land.

Die „Russishe Telegraphen-Agentur“ berichtet aus St. Petersburg, der „Regierungsbote“ melde, daß die in St. Peters- burg befindliche bulgarische Deputation mit dem Metro- politen Clement an der Spige sih in Peterhof dem Kaiser habe vorstellen dürfen. Es habe sich mithin um eine einfahe Vorstellung, niht um eine Audienz bei dem Kaiser gehandelt. Die Blätter brähten auch keine nähere Beschreibung des Empfangs. Ueberhaupt werde der bulgarischen Deputation gegenüber eine gewisse Zurückhaltung beobachtet. Gleichwohl erfreue sich der Metropolit Clement einer sympathischen Aufnahme, namentlich in geistlihen Kreisen. So habe der Metropolit gestern nah der Vorstellung beim Kaiser sih an einem Fest im Sergiuskloster bei St. Petersburg betheiligt, woselbst er mit der hohen russishen Geistlihkeit und dem Bischof von Harrar ein Mahl eingenommen habe.

Die abessinishe Gesandtschaft nahm gestern im Lager zu Krasnoje-Selo an cinem Diner theil, welches das Preobrashenski’ sche Garde-Regiment gab. Als der Ober- Kommandant der Truppen Großfürst Wladimir gestern einen Umritt durch das Lager hielt, hatten sih die Abessinier

an der rehten Flanke des Preobrashensli shen Regiments auf-.

gestellt.

Leontjew, der Leiter der soeben aus Abessinien zurü gekehrten wissenschaftlihen Expedition, dementiert die Nach- riht der „Nowoje Wremja“ (siehe Nr. 166 d. Bl.) von der angeblich bevorstehenden Ausrüstung einer zweiten Expedition nach Abessinien, da das auf der ersten Expedition ge- wonnene wissenschaftliche Material noch gar nicht verarbeitet sei. Der „St. Petersburger Zeitung“ zufolge wird auf Anregung von hochgestellter Seite unter den Spißen der russischen Handelswelt ein Kapital aufgebracht, um Leontjew die Kosten der von ihm unternommenen Forschungsreise bis zur Höhe von 30 000 Rubeln zurückzuerstatten.

Jtalien.

Der Senat verhandelte gestern über den Geseßentwurf, wonach der 20. September zum bürgerlichen Feiertag erklärt werden soll. Es knüpften sih daran längere Debatten, in deren Verlauf der Senator Negri eine Tagesordnung bean- tragte, durch welhe der Geseßzentwurf als überflüssig und inopportun bezeichnet wurde. Der Minister-Präsident Crispi erinnerte daran, daß es sich um ein aus der Jnitiative des Parlaments hervorgegangenes Gese handele, welches, ein- mal eingebraht, auch angenommen werden müsse. Es sei kein Repressaliengeseß. Die Regierung wolle weder ein Konkordat, noch einen fkirchenpolitishen Kampf. Man könne niht von einem Konkordat mit dem geistlihen Oberhaupt der Kirche, sondern nur mit dem Papst - König sprehen. Die Re- gierung habe das Garantiegesep nicht nur durch- geführt, sondern dies auch in einer Weise gethan, die Lob verdiene. Der Papst, welcher das geistlihe Ober- haupt der Kirche sei, werde sich über die Regierung niemals zu beklagen haben, in Zan frei habe er dies auch nie gethan. Jn Ztalien sei der Papst freier als in Frankreich und anderen Ländern. Der Minister-Präsident erinnerte an den Kampf zwischen dem Papstthum und dem Deutschen Reich und sagte, der Papst habe triumphiert, weil Jtalien die Stellung des Papstthums unangreifbar gemacht habe. Durch die Frei- heit sei der Friede zwishen Staat und Kirche ermöglicht worden. Schließlich erklärte der Minister-Präsident, die Tages- ordnung Negri nicht annehmen zu können; denn gegenüber der Kurie, welhe mehr als das Papstthum die weltliche Herrschaft verlange, würde dic Verwerfung des Geschentwurfs als eine Schwäche erscheinen. Die Tagesordnung wurde sodann durch Erheben von den Sigzen abgelehnt. Der in Rede stehende Ge- seßentwurf wurde in geheimer Sißung mit 87 gegen 28 Stimmen angenommen. i

In der Deputirtenkammer legte der Kriegs-Minister Mocenni den vom Senat abgeänderten Geseßentwurf, be- treffend die Einberufung der Altersklasse von 1875, vor und beantragte die Verweisung an dieselbe Kommission, welche den Geseßentwurf zum ersten Male vorberathen habe. Der Antrag wurde genehmigt.

Spanien.

Der Königliche Hof ist gestern Abend 79/4 Uhr von Madrid nah San Sebastian abgereist; cine zahlreihe Menge brachte bei der Abfahrt Hochrufe aus.

Schweiz, Die Bundesversammlung is auf den 18. August

‘behufs Natifizierung des französisch - s{weizerischen

Abkommens zu einer außerordentlihen Session einberufen worden. ; Sérbien.

DerFinanzausschuß hat gestern derSkupschtina einen Bericht der Majorität und einen solchen der Minorität über die Konversionsvorlage vorgelegt. Der Bericht der Majorität wird durch den Deputirten Necic, derjenige der N durh den Deputirten Stanojewic vertreten werden.

Bei Eröffnung der gestrigen Sißung der Skupschtina interpellierte der Deputirte Krezewic den Minister-Präsidenten über das Schweineeinfuhrverbot nah ODesterreich- Ungarn, welches vertragswidrig sei, da selbst der ungarische Thierarzt das serbische Borstenvich seuchenfrei gefunden habe. Der Minister-Präsident erwiderte, die Negierung habe in dieser Beziehung Schritte gethan, außerdem seien Delegirte nach Budapest entsandt worden. Die Deffnung der Grenzen werde in zwei bis drei Tagen erhofft. Die Skupschtina nahm die Antwort zur Kenntniß und trat sodann in die Generaldebatte über die Konversionsvorlage ein. Bei Berathung des Berichts des Finanzausschusses empfahl der Referent der Majorität Necic die Annahme der Vorlage mit ciner un- bedeutenden Aenderung, welhe auch die Regierung billigte. Der Minoritätsvertreter Stan ojewic stellte cinen motivierten Gegenantrag. Das fortschrittlihe Mitglied des Ausschusses Guduric erklärte die Nichtannahme der Vorlage seitens der Mi- norität mit politishen Gründen und die Nichtannahme seiner- seits mit dem Umstande, daß zu den Mitgliedern der Monopol- regie zwei Ausländer gehörten. Hierauf wurde die Debatte von dem Abg. Stanojewic eröffnet, welher seine Aus-

führungen mit der Erklärung {loß, das Arrangement sei ein

„finanzielles Slivniza!“ Die Aeußerung rief großen Unwillen bei der Majorität hervor, welche dagegen Verwahrung einlegte. Der Referent der Majorität ver- langte, Stanojewic möge seine Behauptung zurückziehen. Der Präsident Garaschanin erklärte, die Aeußerung Stanojewic's sei viel zu sehr aufgebausht und könne nicht ernst genommen werden. Der Referent der Majorität Necic sprach für die Vorlage. Der Finanz-Minister erwiderte auf die von Stanojewic vorgebrachte Behauptung eines Defizits, dieselbe sei irrig; das Budgetdefizit sei bis zum 1. Mai cr. in die Konversion einbezogen. Die Sißung dauerte bis 121/, Uhr und wurde fodann auf Nachmittag 4 Uhr vertagt. In “der Nachmittagssißung identifizierte der Minister- Präsident die gegenwärtige Forderung der Opposition mit der früheren Forderung in Betreff der Eisenbahnbauvorlage. Die von der Opposition vorgeführten Schreckensbilder seien wie die damaligen leere Phantome. Die liberalen Ab- aecordneten opponierten entschieden gegen die Vorlage. Die Debatte wird heute fortgesezt werden. i

Art. 21 der Konversionsvorlage, wonach die Kupons, sowie die ausgeloosten Obligationen der neuen Anleihe bei allen Staatskassen als baares Geld angenommen werden sollten, ist von dem Finanz-Minister zurückgezogen worden.

Bulgarien.

Stambulow ist, wie „W. T. B.“ meldet, nahdem sich sein Zustand gestern Abend plöplich vershlimmert hatte, heute früh um 3 Uhr 35 Minuten gestorben. Von 10 Uhr an lag Stambulow in Agonie, ohae ein Wort zu sprechen. Einige Vertreter auswärtiger Mächte waren bei setnem Tode anwesend.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg sandte von Karlsbad folgendes Telegramm an Frau Stambulow:

„Die \chrecklihe Nachricht von dem Attentat, dem Ihr Gemahl zum Opfer gefallen ist, hat mich mit tiefster Entrüstung erfüllt. Es drängt mich, der Gemahlin desjeniger, der während langer Jahre mein Mitarbeiter roar, gleichzeitig mit dem Abscheu, den das \hre#iche Berbrech?en in mir erregt, die voile lebhafte Sympathie auszusprechen, mit der ih ihren furhtbaren Scherz theile. Ferdinand“

Unter den übrigen zahlreichen telegraphischen Beileids- fundgebungen, welhe der Gattin Stambulow's aus dem Auslande zugingen, befindet sich auch eine solche des österreichish- ungarischen Ministers des Aeußeren Grafen Goluch o wski.

Wie die „Agence balcanique“ meldet, konstatiert ein authentisher Bericht über die Verhaftung des Bedienten Stambulow's, daß der vor dem Unionklub postierte Gendarm wie gewöhnlih dem Wagen Stambulow's von weitem folgte. Als er den Schuß hörte, lief er hinzu und sah den Wagen im Galopp davonjagen, während ciù von einem anderen Manne, welcher einen Revolver in der Hand shwang, Verfolgter in eine Seitengasse cinbog. Der Gendarm gab das Alarmzeichen auf der Signal: pfeife und folgte den Flüchtigen in die Straße, in welche sie eingebogen waren, die von der „6. Septemberstraße“ gekreuzt wird; an der Kreuzung befindet sih das Ministerialgebäude. Da der Hofmarschall Farras sich gerade beim Minister: Präsidenten Stoilow befand, wartete am Thor des Ministerial: «ebäudes ein Gendarmerie-Unteroffizier, der, durh das Alarm- signal aufmerksam gemacht, auf die beiden Flüchtigen zulief, während ein anderer Gendarm in demselben Augenblick aus der „6. Septemberstraße“ herbeikam. Alle drei Gendarmen nahmen nunmehr den Bedienten Stambulow's fest, in dem Glauben, daß er der Angreifer sei. Selbst der vom Union- klub gekommene Gendarm sagt aus, er habe nihts von dem Attentat geschen; er habe geglaubt, es handle sich um cine A zwishen den beiden fliehenden Personen. Kapitän Morsow und zwei andere Personen, deren eine der Generalsekretär Benew war, sahen den Vorfall vom Fenster eines Hauses mit an. Morsow begab sih auf die Straße, ohne eine Ahnung von dem Attentat zu haben. Als er den Bedienten Stambulow's, den die drei Gendarmen sih zu ent- waffnen bemühten, erkannt und ohne Erfolg einige Fragen an denselben gerichtet hatte, befahl er, ihn nach der Polizeistation abzuführen. Erst cine Viertelstunde später erhielt man im Präsidium des Ministerraths Kenntniß von dem Mord- anfall. Morsow bestreitet auf das Entschiedenste, daß er auf den Bedienten Stambulow's losgeshlagen habe. Die Gendarmen stellen ferner in Abrede, daß leßterer, wie er vorgiebt, gesagt habe, er verfolge die Mörder, und Kapitän Morsow versichert, daß der Bediente allen an ihn gerichteten Fragen gegenüber stumm geblieben sci.

Ucber das Attentat meldet das „Neue Wiener Tag- blatt“ noch Folgendcs: Vor dem Unionklub war außer dem gewöhnlih dort postierten Wachmann noch cin berittener Polizist aufgestellt; beide hatten den Auftrag, dem Wagen Stambulow’s thunlichst zu folgen. Als Stambulow und Petkow den Klub verließen, war der berittene Polizist merkwürdiger Weise verschwunden, was der Untersuchungs- richter JZikonomow hervorhebt. Mehrere Augenzeugen haben eine Ziemlich genaue Beschreibung von den Moördern gegeben, welche aber niemand früher gesehen haben will. Wie Petkow bestimmt behauptet, befand Fch der ihm bekannte Tüfektschiew nicht unter den Mördern. Der Haupt- verdacht ist auf Halew gerichtet und zwar nicht lediglich des-

halb, weil ihn Stambulow als einen der Mörder bezeichnete. .

Entgegen der allgemeinen Ansicht, daß die Mörder unent- deckt bleiben dürften, hofft der Untersuhungsrichter Jikonomow zuversichtlich, dieselben ermitteln zu können.

Aus Belgrad meldet dasselbe Blatt: nah einem Bericht aus Sofia wäre die Polizei einem der Mörder Stambulow's auf der Spur, derselbe sei über Serbien nach Agram ge- flüchtet: ein Jndividuum, welches vorgestern Nachmittag von Sofia kommend, diese Route genommen habe, sei von der serbischen Polizei niht angehalten worden, da cs mit einem ordnungsmäßigen bulgarischen Paß versehen gewesen sei.

In London sind Berichte aus Sofia eingegangen, wo- nah Radoslawow eincn Drohbrief des russophilen Comités erhalten habe, worin ihm das Schicksal Stambulow's angedroht werde, wenn er bei seiner Russenfeindschaft beharre.

Schweden und Norwegen.

Der König hat unter dem 12. d. M. den Legations-Rath Grafen Lewenhaupt zum s{hwedish-norwegishen Gesandten in Wien ernannt. i

Der deutsche Gesandte Graf von Bray-Steinburg gab am Dienstag zu Ehren des Prinzen Ludwig von Bayern ein Abschiedsdiner, welchem die höheren Offiziere des Schulschiffes „Stein“ beiwohnten. Darauf reiste der Prinz nah Wisby ab.

Das Storthing hat nah ciner Meldung des „W. T. B.“ den Antrag der Budgetkommission, die Apanagen des Königs und des Kronprinzen unverändert beizubehalten, mit 58 gegen 56 Stimmen angenommen. Die Rechte hatte be- aniragt, die Apanagen auf den ursprünglichen Betrag zu er- höhen, den sie vor der Herabseßung im Jahre 1893 gehabt hatten.

Amerika.

Eine in Madrid eingetroffene amtlihe Depesche auz Havanna meldet, daß mehrere Haufen von Rebellen auf der Landstraße zwishen Santiago und Bayamo mit großen Ver- lusten auseinandergesprengt worden seien.

Ueber diescs Gefecht wird dem „Neuter'shen Bureau“ aus New-York noch gemeldet: Nach einem Telegramm aus Havanna wurden zwishen Bayamo und Manzanillo 3000 Aufständische von 209 Mann Kavallerie unter Füd- rung des Marschalls Martinez Campos in die Flucht geschlagen. Auf Seite der Jnsurgenten wurden viele getödtet und verwundet ; auf spanisher Seite fil der General Santocildes, dre! Offiziere wurden verwundet. Der Führer der Aufständischen Antonio Maceo wurde verwundet und gefangen genommen. Nag einer Depesche aus Santiago sollen die spanischen Truppen bei dem Gefecht große Verluste erlitten haben, jedoh würden von den Behörden die Einzelheiten nicht bekannt gegeben.

Afrika.

Eine vom 13. d. M. aus Suberbiev ille (Madagaskar) datierte Depesche des Generals Duchèsne meldet, daß die 400 m lange Brücke über den Betsiboka fertiggestellt und der Etappenweg bis Berißzoka fahrbar gemacht sei. ‘Der General gedenkt den Marsh auf Ampasiry am 14. d. M. langjam-, aber jictig wieder fortzuseßen und erwartet, daß derselbe keine Unterbrehungen mehr haben werde.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der Ersaßwahl zum Hause der Abgeordneten im 9. Potsdamer Wahlbezirk (Teltow, Charloitenburg- Beeskow-Storkow) erhielten nah vorläufiger Feststellung Bau meister Fehlisch (fkons.) 639, Landrichter Karsten (nl) 177 Stimmen. Ersterer is mithin gewählt. Bei der Ersaßwahl im 2. Magdeburger Wahlbezirk (Osterburg-

ndal) erhielten Regierungs-Präsident von Jagow (konf. e Melimer-harlottenburg (dfr.) 62 Sihe Gen ist also wiedergewählt.

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Nr. 29 ter „Veröffentlibungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts*, vom 17. Juli, hat folgenden Inhalt: &esundbeitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Gesundheitéstand in Heften, 1894. Weitere Mittheilungen aus Britisch - Ostindien. Geseyt- gebung u. s. w. (Preußen. NReg.-Bez. Königsberg.) Nahrungs- mittel 2c. (NReg.-Bez. Gumbinnen.) Arzneimittel. (Reg.-Bez. Posen.) ausirerpferde. (Neg.-Bez. Bromberg.) Kindbettfieber. (Neg.-Bez. Sigmaringen.) Tuberkulose in den Volksschulen. (Baden). Leichenöffnungen in Unfallversicherungsfachen. (Mecklen- burg - Schwerin.) Desinfektoren. (Sachsen - Meiningen.) Thier- seuhen. (Sachsen: Altenburg.) Milzbrand A Gang der Thierseuhen in den Niederlanden, 1. Vierteljahr. Desgl. in Dänemark. Desgl. in Bulgarien, 1. Januar bis 24. März. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Serbien.) Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften. (Preußen) Berliner Vieh- und Schlachthof. Vermischtes. (Frankreich, Mar- seille.) F Eta (Großbritannien, Londoner Hafen.) Berichte der Gesundheitsbeamten, 1894. Oesterreichische Krankenhäuser, 1894. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auélandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, Juni.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Substanztheile eines Gebäudes oder einer anderen Haupt- sahe können, nach einem Urtheil des Neichsaerichts, V. Ziviljenats, pom 6. Februar 1895, im Gebiet des Preußishen Allg. Landrechts ohne thatsählibe Lösung ihrer Verbindung mit der Hauptsache in der Regel niht Gegenstand des Sonderbesißzes sein, noch in den Besitz eines anderen, als des Besitzers der Hauptsache, dur consti- tutum possessorium (d. h. dur die E:klärurg des biéberigen Be- sigers, die Sache nunmehr für cinen anderen in feinem Gewahrsam zu halten) übergehen. „Die Vorschrift des § 71 Tit. 7 Th. L des Allg. L.-R., wonach die Uebergabe des Béesißes auch alédann für vollzogen zu erachten, wenn der biêherige Besißer "einen Millen, die Satte nunmebr für einen anderen in seinem Gewahrsam zu halten, rechtsgültig erflärt hat, gewährt, wenn man sie von den folgenden Paragraphen loslöst, die Möglichkeit, die körperlicte Uebergabe durch bloße mündlide oder sriftlihe Erklärung zu erseßen. Dieser ersahrungêmäßig vielfach zum Nachtheil Dritter in Schein- geshäften auêgebcuteten Möglichkeit tritt die höchstrichterliche Necht- \vreœung entgegen. In den vom Obertribunal entschiedenen Fällen ist die Uebergabe hängender Früchte, stehender Bäume, ungeschorener Wolle dur constitutum possessorium wegen der besonderen Natur dieser Gegenstände, ihrer ‘organischen Verbindung mit der Sache, auf der sie gewa(sen, für rechtsunwirksam erklärt. Der Besißerwerb dur constitutum ist nur an folchen Sachen zulässig, welche des Besißerwerbes durch Uebergabe fähig sind. Es kann nit gestattet fein, in Fällen, wo eine Uebergabe überhaupt nicht möglih ift, folhe durH constitutum zu erseßen. Da, wo die Uekergabe der Sache zum Besißz und die demnäcstige Rückgabe derscibcz in ven Gewahrsam des Uebergebenden thats\äch- lich und rechtlich möglich sind, mag es „als eine unnötbige Er- s{hwerung bes Geschäfteve: kehrs und ein uneriräglicher Formaliêmus erscheinen“, wenn man fich nicht mit den entsprehenden Willens- erklärungen begnügen, fondern die Auéführung zweier körperlichen Mengen verlangen woüte, deren eine die andere ia ihrer äußeren

rsheinung wieder aufhebt; wo aber die Évörperlide Ueber- gabe unmöglih ist, würde das constitutum sich [ediglih als ein willtürlihes Surrogat derselben darstellen. Gerade weil „der et agung durch constitutum pPpossossorium als einem Vesißerwerb durch Stellvertretung die völlige Gleichstellung mit der Tradition eingeräumt* wird, kann sie auch uur an solhen Sachen stattfinden, die überhaupt Gegenstand tes Besißerwerbes sein können.

. Sachen, welche ihce eigene selbständige Existenz dadurch verloren haben, daß fie in der Weise zu Theilen einer anderen Sache gemacht sind, daß leßtere ohne fie niht das sein kann, was sie vorstellen foU, Substanztheile, können ohne thatsählide Lösung dieser Verbin- dung der Regel nah nit Gegenstand des Sonderbesißes sein, noch in den s eincs Anderen als des Besitzers der Hauptsache über- gehen." (297/94.)

Die unbeeidigte Vernehmung eines geisteskranken Zeugen fann, nah cinem Urtheil des Reicbsgerichts, 11. Straf- senats, vom 12. Fcbruar 1895, vom Nichter niht ohne weiteres ab- gelehnt werden. „Die Vernehmung geisteëkranker Personen ist nicht \{lechthin ausgeschlossen, kann vielmehr, selbstversiändlih unter Beob- ahtung des § 56 Nr. 1 Str.-Pr.-Ordn. selbst in der Hauptverhand- lung erfolgen, wenn die Möglickeit vorhanden ift, durch die Aus- lassung der betr. Person oder dur die Art ihres Auftretens eine Auf- ärung zu erzielen. Das Gericht hat besondere, im vorliegenden Fall vorhandene Gründe, weshalb: ein Ergebniß von der Vernehmung der X. unter keinen Umständen zu erwarten wäre, niht dargelegt, tondern sich mit der allgemein gehaltenen Auskunft des Sachver- ständigen begnügt, ohne daß irgend welwe Angaben über den gegen- wärtigen Zustand und die Vernehmungsfähigkeit der X. vorgelegen hâtten, Dies war um fo weniger auéreihend, als mit Nücksicht darauf, daß ein unmittelbarer Beweis für die Schuld des Angeklagten fehlte, befonderer Anlaß vorbanden war, kein Mittel der Aufklärung unbenußt zu lassen.“ (364/95.)

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Entscheidungen des Ober-Verwaltung®sgerichts,

18 Nach § 11 Abs. 3 Z. 1 des Einkommensteucrgeseßes vom 24. Juni 391 sind selbständig zu veranlagen Ehefrauen, wenn sie dauernd von dem Ehemann getrennt leben. Diese Bestimmung findet, nach einer Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichts, VI. Senats, & Kammer, vom 21, Dezember 1894, keine Anwendung auf den Fall, in welchem der Ehemann eine Freiheitsstrafe von ingerer Dauer verbüßt. „Eine Ehefrau kann überhaupt nicht zur Staats- Einkommensteuer herangezogen werden, es sei denn, daß E von ihrem Ehemanne dauernd getrennt lebt. Bei reler Beurtheilung fällt ins Gewicht, daß die Zensitin in

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¿er Berufung bemerft hat, daß ihr Ehemann feit zwei Jahren si n q elánquiy befinde und sie selbst das Geschäft führe. Eine Tren- lieat der Eheleute man könnte auch annehmen, eine tauernde Fa fonah vor; sie foll aber (val. Entsch. d. O.-V.-G. in Staats- geuersahen Bd. 1 S. 252) herbeigeführt sein, „in der erkennbaren ebt die Trennung vorzunehmen und diesen Zustand für längere t is festzuhalten*. Eine solche Absicht fehlt im vorliegenden Falle; eide vielmehr anzunehmen, daß sie durchaus gegen den Willen aupt Eheleute besteht. Ist das der Fall, so kann die Chefrau über- da s veranlagt und muß ihre Veranlagung aufgehoben werden. félker B Ehemann is der Steuerpflichtige; die Frau mag ihn bei erhinderung vertreten“. (VI-B. 3392/93.)

„7 Ein Bücher - Revisor, soweit er nit als i i i Revifor, : gerihtlicher Bücher-Revifor oder als Angestellter anderer Gewerbetreibenden

didiert, sondern die Revision faufmännisher Bücher als selbst än-

gen Grwerbszweig mit der Absicht der Gewinnerzielung für

„ei ; chet ne Rechnung ausübt, betreibt, na einer Entscheidung des

Ober - Verwaltungs8gerihts, V1. Senats, 1. Kammer, vom 20. De- zember 1894, ein steuerpflichtiges Gewerbe im Sinne des Gewerbesteuergeseßes vom 24. Juni 1891. „Was die außer- gerichtliche Thätigkeit eines Bücher-Revisors betrifft, so kann hier von der Ausübung eines amtlichen Berufs nicht die Rede sein, auch wenn es sich um einen als gerichtlihen Sachverständigen ein für alle Mal vereidigten Bücher - Revisor handelt; denn au ein solcher übt bei außergerichtlihen Revifionsanträgen nur eine reine Privatthätigkeit aus. Im übrigen fönnte überhaupt nur in Frage fommen, ob si die Revision kaufmännischer Bücher als „Aus- übung einer wissenschaftlichen Thätigkeit“ darstellt. Diese Frage muß im Gegensay zu der Meinung des Beshwerdeführers verneint werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit eine solche Revisionsthätigkeit wissenshaftliße Vorbildung und Kenntnisse er- fordert. Denn das Gefeß verlangt für die Begründung der Steuer- freibeit, daß der in Rede stehende Beruf als „Ausübung einer wissenschaftlihen Thätigkeit“ erscheint; es genügt also nicht etwa eine mehr oder weniger entfernte Beziehung zu einem Zweige der „Wissen- schaft“, sondern die Beschäftigung muß eine unmittelbare wissenshaftlihe Thätigkeit darstellen. Als eine derartige Thätigkeit läßt sich die Revision kaufmännisher Bücher zweifellos niht auffassen, und hiermit ist die Anwendung des § 4 Nr. 7 des Gewerbesteuergeseßes auf diesen Beruf auêges{lossen. Es bleibt also nur noh zu prüfen, ob sich die Revision kaufmännischer Bücher, wenn sie als selbständiger Erwerbszweig, also als berufs- mäßige Thätigkeit mit der Absicht der Gewinnerzielung für eigene Rechnung ausgeübt wird, ei n tebeubes Gewerbe im Sinne des § 1 Absag 1 des Gewerbesteuergesezes bildet. Diese Frage ist zu bejahen. da alle Merkmale des Gewerbebetricbes zutreffen. Der Bücher-Revisor, der niht als Angestellter andererGewerbe - treibenden fungiert, sondern seine Dienste einem Jeden, der sie begehrt, also dem Publikum zur Verfügung stellt, is selbs Gewerbe- treibender. Wenn man ihn mit anderen Gewerbetreibenden vergleichen will, so braucht nur auf Patentanwulte, Rechtskonsulenten und ähn- liche Personen hingewieïen zu werden, deren Eigenschaft als Gewerbe- treibende keinem Zweifel unterliegt“. (VI. G. 439/94.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur wirthschaftlichen Lage der Arbeiter im Jahre 1894.

Den „Jahreéberihten der Königlih vreußishen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbehörden für 1894* (Verlag von W. T. Bruer in Schöneberg bei Berlin) sind folgende weitere Mittheilungen (val. Nr. 168 d. Bl) entnommen: Mit dem 1. April 1894 wurde für die Provinz Westpreußen die Neuregelung der Gewerbe- aufsiht durchgeführt. Der Regierungsbezirk Danzig wurde in zwei, der Regierungsbezirk Marienwerder in drei Gewerbe-Inspektionen ein- getheilt. Der Negierungs- und Gewerberath besichtigte an 120 Nei!e- tagen 263 gewerblihe Anlagen, überhaupt betrug die Zahl der vor- genommenen Besichtiaungen bei den 5 Gewerbe-Inspektionen 1040. Die Zahl der jugendlichen Arbeiter betrug im Ganzen 1643 (1893: 1752). Hierunter befanden s 9 Arbeiter unter 14 Jahren. Von den Arbeitern über 14 bis 16 Jahre waren 1098 (1893: 1147) männlih und 536 (1893: 601) weiblich. In 100 Fällen, wovon 43 auf Ziegeleien entfallen, wurde vorscriftéwidrige Beschäftigung festgestellt. Die Zahl der Arbeiterinnen einschlicßlich der jugendlichen betrug 4950 (1893: 4962). Ueber 16 Jahre alt waren 4414 (1893: 4361) Arbeiterinnen, und von dicsen ftanden im Alter von 16 bis 21 Jahren 2091 (1893: 2005); über 21 Sahre alt waren 2323 (1893: 2356). Durch die Einstellung der Hechelei in einer Flachs8- spinnerei und den Brand einer anderen Fabrik in Elbing wurden zahlreidze Arbeiterinnen vorübergehend beshäftigungslos, sie fanden aber in anderen dortigen Betrieben alébald wieder “Arbeit. In 66 Anlagen wurden Zuwiderhandlungen gegen die Schutzgeseße und Verordnungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen ermittelt. In den Gewerbe-Inspektionsbezirken Elbing und Danzig wurde infolge des Verbots der Nachtarbeit die Zabl der Arbeiterinnen- in Zucker- fabrifen vermindert und zwar in Elbing um 25. Nach dem Bericht des Gewerbe-Inspektors in Elbing haben von den zahlreichen Ziegeleien nur fünf die Frauenarbeit beschränkt und vier andere haben dies für das Jahr 1895 in Aussicht genommen. Jn allen anderen Industriezweigen hat das Gesetz keinen bemerfenêwertben Einfluß auf die Beschäftigung der Arbeiterinnen ausgeübt. Einzelne Fabriken nehmen allerdings grund- fäglih keine Frauen mebr an, die einen Hausstand zu besorgen haben. Der Verdienst der Arbeiterinnen hat si überall verringert, wo Accord- oder Stundenlohn gezahlt wird, was bei den meisten Betrieben der Fall ist. Was die Arbeiter im allgemeinen anbetrifft, so fanden in den Industrie- städten Danzig und Elbing umfangreiche Arbeiterentlassangen und Verkürzungen der täglichen Arbeitszeit statt. Wiewohl die Industrie diesen Anlaß im allgemeinen niht zu Lohnkürzungen benußte, so hat sih doh die wirthschaftlihe Lage felbst folher Arbeiter in Danzig, die nit der Arbeitélosfigkeit vei fielen, vers{chle{htert, da die Preise der nothwendigsten Lebensmittel eine geringe Steigerung erfuhren. Im Regierungsbezirk Marienwerder ift eine erbeblihe Zu- oder Abnabme der beschäftigten Arbeiter nirgends bemerkt worden. Im Monat Mai stellten die Zimmergesellen in Danzig die Arbeit cin, um auf diese Weise die Arbeitgeber zur Gewährung ihrer Lohnforderungen zu zwingen. Eine Verständigung wurde dadurh erschwert, daß die Ge- fellen auf ter Forderung eines Mindeststundenlohns bestanden. Im Juni wurde der Ausstand für beendet erklärt, und die Gesellen nahmen die Arbeit unter Gewährung eines Stundenlohns ven 38 4 wieder auf, ohne daß fie die Forderung des Mindestlohns durhgeseßt hätten. Bei der ungünstigen Lage der Industrie haben die Lohnverhältnisse keine Aufbesserung erfahren.

Zar Arbeiterbewegung.

Aus Halle a. S. wird der „Mgdb. Ztg.“ geschrieben: Im Ausstande der Maurer und der Arbeitsleute im Baufach ift cine Aenderung ncch nidt eingetreten. Die Ausftändigen wollen das Gewerbegeriht als Eintgaungsamt zuerst niht anrufea (vgl. Nr. 167 d. Bl.); wenn es die Meister thun, so werden fie niht dagegen sein.

Aus Fürth wird dem „Vorwärts* berichtet, der Ausstand der dortigen Metallschläger (vgl. Nr. 161 d. Bl.) fei nah Bewilligung der Arbeiterforderungen beendigt worden.

In Leipzig verhandelte, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, eine Ver- sammlung der Zimmerer wieder über die Lohnfrage. Es wurde mitgetheilt, daß die Mitglieder des Bauarbeitgeberbundes den ver- \fprehenen Stundenlohn von 49 4 bezahlten und daß nur einzelne Arbeiter aus eigener Schuld niedriger entlohnt würden. Die Lohn- bewegung scheint daher hon ihr Ende erreiht zu haben. Die Ver- sammlung beschloß, die nachgesubte Unterstüßung der ftrifenden Hallenser Berufsgenossen dem Verbande zu überlassen. (Vgl. Nt: 157 0 Bl) :

Hier in Berlin haben, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, die bei der hiesigen Taxa meter-Gesell schaft beschäftigten Mechaniker und Uhrmacher angeblich wegen Verkürzung des bisher gezahlten Accordpreises die Arbeit eingestellt.

In Basel haben ciner Mittheilung des „Vorwärts* zufolge die Tischler in der Möbelfabrik von Zehnle, Businger u. Co. wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt.

Kunst und Wisseuschaft.

Im Saale des Kaiserhauses zu Goslar sind Professor Wislicenus und Maler Weinack gegenwärtig mit der Ausführung zweier weiterer Wandgemälde beschäftigt. Das Thema des einen, auf der nôrdlichen Wiebelroand, lautet: „Luther auf dem Reichstage zu Worms“, das des anderen auf der füdlichen : „Karl der Große zerstört die JIrminsäule“. Ersteres geht mehr und mehr seiner Vollendung entgegen und ist, wie alle anderen Bilder, äußerst farbenprächtig. Unter den zahlreidßen Personen dieses Gemäldes -sfieht man den Neformator in \ch{lichter Ordenstraht, die jugendlihe Gestalt Kaiser Karl's V., ferner Dr. Eck und den Kurfürsten Friedrich den

Weisen von Sahsen. Das andere Gemälde zeigt Karl den Großen zu Pferde, nicht als Greis mit langwallendem Bart, sondern in jugendlih kräftiger Gestalt mit kleinem Schnurrbart, nah einigen kürzlich zu Rom und Paris aufgefundenen Bildnissen. Vor ihm liegt die gestürzte Jrminsäule, neben der ein Priester mit dem Kreuze steht. Auf den Gesichtern der Sachsen ist Furht und Entsezen zu Ei im Hintergrunde sieht man die auf einem Berge thronende Eresburg.

Das in Worms am Montag enthüllte Denkmal für den verstorbenen Großherzog Ludwig IV. von Hessen ist in Obeliskenform gehalten und mit einer Brunnenanlage verbunden. Als Material wurde grauer Muschelkalk aus den Steinbrüchen in Marktbreit a. M. genommen, der an Härte dem Granit sehr nahe kommt, durch Moosbildungen leiht grün wird und dur seine \{höne Farbe und derbe Struktur von vornherein ein alterthümlihes Gepräge zeigt. Der bis zur Walmspiße 24,30 m hohe Obelisk wird von zwei in feinerem Muschelkalk au38geführten Lwen flankiert. Auf der Vorderseite des Obelisken ist das gut getroffene Reliefbild des ver- storbenen Großherzogs in Bronze angebracht. Der senkrehte Schaft unter der Pyramide zeigt auf der Vorderseite die Widmung „Wdwig IV., dem siegreihen Führer im Kriege 1870/71, die dankbare Stadt Worms“. Die drei übrigen Seiten ver- zeichnen die 33 Schlahten, an denen die hessishen Truppen theilgenommen haben. Der Entwurf zu dem Denkmal rührt von dem Stadt-Baumeister Hofmann, die Modelle zu den Bildhauer- arbeiten von dem Wormser Bildhauer J. Hirt her. Auf der Nük- seite {ließt sich dem Denkmalsokel eine durch zwei Frei- treppen zugänglihe Plattform mit ciner durchbrohenen steinernen Brüstung an. Eine gärtnerishe Anlage umschließt das Denkmal, desen Kosten einschließlich der Anlage sich auf etwa 50000 # elaufen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

i Cholera.

__ Niederlande. Einer dem „Staatskurant" Nr. 154 vom 4. Juli beigefügten Nachweisung zufolge sind im Jahre 1894 229 Personen an asiatisher und 52 an einheimisher Cholera verstorben.

Nußland. Dem Medizinal-Departement wurden bis zum 22. Juni folgende Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: in dem Gouvernement Wolhynien vom 26. Mai bis 1. Juni 42 (9), vom 2. bis 8. Juni 37 (11).

Türkei. Einer Mittheilung vom 1. Juli zufolge wurden in Konstantinopel am 20. Juni 2 Erkrankungen (mit 1 Todesfall) festgestellt. Die Epidemie im Vilajet Adana ist noch im Stei- gen begriffen und hat sich nach Nordsyrien ausgedehnt. In Tarsus und Umgegend wurden vom 9. bis 29. Juni 41 Er- krankungen (mit 34 Todesfällen) festgestellt, in Adana vom 10. bis 29. Juni 180 (105), in Sis vom 10. bis 29. Juni 87 (58), in Hatichin vom 10. bis 18. Juni 9 (6), in Pajast vom 16. bis 29 S O M Dee Don 17, De 29 Su 20407 int Karatas\ch vom 17. bis 29. Juni 89 (44), in Kara Isdali vom 17. bis 24. Juni 17 (4), in Jumurtalifk vom 18. bis 24. Juni 1 (1), in Bulanik vom 21. bis 22. Juni 5 (5), in Mersina vom 28. bis 29. Juni 3 (2). In Marasch (Vilajet Alep p o) wurden am 10. Juni 2 Todesfälle beobachtet, ferner vom 18. bis 23. Junt 15 Erkrankungen (mit 10 Todesfällen), vom 24. bis 30. Juni 7 (10), Dab vom 26. Sun bis L Su 15 0) Sn Ae vo: AnD im Monat Juni 7 Fälle von Cholerine mit 2 Todesfällen, am 30. Juni 2 Todesfälle festgestellt worden.

Arabien. In Mekka ereigneten sich vom 9. bis 14. Juni 17 Todesfälle; Neuerkrankungen sind dort vom 15. Juni bis 1. Juli niht beobachtet worden. In Taif wurden 24 Todesfälle festgestellt, welche aussließlih die militärische Besatzung betrafen, ferner kamen unter den am 18. Juni in Kamaran an Bord der „Memphi“ an- gekommenen 90s arabischen Pilgern vom 19. bis 21. Juni 17 Er- krankungen mit 16 Todesfällen vor. Die erste Abfahrt der Pilger nah dem Norden erfolgte aus Djeddah am 11. Juni; die Gesammt- zahl der auf fünf Dampfern in guter Gesundheit eingeschifften türkischen Pilger betrug 3456, darunter 1725 nah Beirut bestimmte. Die Ankunft in Tor erfolgte vom 19. bis 20. Juni. Unter der Besatzung des „Hodeyda“ wurde ein verdähhtiger Fall festgestellt, und fand man auch bei der Leichenöffnung einzelner an „Pilgerruhr“ Ver- Menn den Kommabazillus. In Tor war der Gesundheitszustand gunifitg.

Ostindien. Kalkutta. Vom 26. Mai bis 1. Juni und vom 2. bis 8. Juni starben 45 bezw. 16 Personen an Cholera.

Argentinien. Einer Mittheilung vom 4. Juni zufolge sind in Buenos Aires während des Mai 9 Erkrankungen mit 6 Todes- fällen, und zwar ausscließlih in dem am Hafen gelegenen Stadt- theil, vorgekommen.

Gelbfieber.

In Havana wurden dem „Abstr. of sanit. rep.“ zufolge vom 17. bis 23. Mai 3, vom 24. b1s8 30. Mai 4 Todesfälle bei etwa 8 bezw. 10 Neuerkrankungen festgestellt, in Vera Cruz vom 10. bis 23. Mai 4 Todesfälle, ferner in Santos vom 17. März bis 27. April 185, in Mio. dée Janeiro bom 14. bis 20, Al 41 bom 21; bis 27. April 28, vom 28. April bis 4. Mai 18 Todesfälle, in San Juan, Porto Nico, vom 18. bis 24. April 1 Todesfall.

Berschiedene Erkrankungen.

Erkrankungen an Masern {find in der Woche vom 30. Juni bis 6. Juli îin Berlin 75, Breslau 132, in den NRegierungs- bezirten Arnsberg 313, Hildesheim 106, Posén 132, Wiesbaden 179, in München 62, St. Peiersburg 85, Wien 215 gemeldet worden desgl. an Scharlach in Berlin 112, Breslau 38, Hamburg 28, Edinburg 46, Kopenhagen 28, London 311 (Krankenhäuser), Paris 113, St. Petersturg 53, Wien 83 desgl. an Diphtherie und Croup_in Berlin 122, Breslau 27, Hamburg 33, Kopenhagen 41, Paris 69, St. Petecsburg 50, Wien 69 desgl. an Unterleibs- typhus in St. Petersburg 47.

Der Gesundheitsstand in Berlin hat sh in der Wohe_ vom 30. Juni bis 6. Juli d. J. ungünstiger gestaltet, und auch die Sterb- lihkeit war eine größere als in der Vorwoche; von je 1000 Ein- wohnern starben, aufs Jahr beredhnet, 21,5 (gegen 18,1). Insbesondere waren es akute Darmkrankheiten, die infolge der anhaltend höheren Temperatur der Luft, die während der ersten Hälfte der Woche vorherrschte, in sehr erheblih gesteigerter Zahl zu Tage traten und eine große Zahl von Todesfällen (250), meist Kinder im Alter von unter 2 Jahren, bewirkten. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war infolge dessen eine vermehrte; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 108 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der Athmungsorgane wurden etwas mehr beobachtet und endeten etwas häufiger mit dem Tode. Erkrankungen und Sterbefälle an Grippe sind niht zur Meldung gekommen. Unter den FInfektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Typhus vereinzelt, Erkrankungen an Masern, Scharlah und Diphtherie wurden in größerer Zahl gemeldet, und zwar kamen Er- kungen an Masern aus der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt und aus dem Wedding, an Scharlach aus der jenseitigen Luisenstadt, der Nofenthaler Vorstadt und aus Moabit, an Diphtherie aus der jenseitigen Luisenstadt, dem Stralauer Viertel und dem Wedding am zahlreihsten zur Anzeige. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 7 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden seltener beobachtet, eine weitere Erkrankung an Pocken ift niht bekannt geworden. Erkrankungen an Keuchhusten, die ihren äußerst milden Verlauf behielten, kamen in beschränkter Zahl zur ärztlihen Behandlung. Rheumatishe Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vor- ommen.

Handel und Gewerbe,

__ Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 15. Juli zeigt bei einem gesammten Kassenbestande von 1 049 692 000 4, der Vorwoche gegenüber eine Zunahme von 13 900 00) 4; der Metallbestand allein