1895 / 176 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Salzsteuer 10 525 012 M (+ 395 820 6), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 4848955 H (— 825114 4), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu der- Jelben 25 250 Á (+ 786 325 A6), Brausteuer und Ueber- gangsabgabe von Bier 6 778 551 Æ (+ 170 861 Æ); Summe 152253785 M (+ 8151211 M). Spielkartenstempel 385 158 M (+ 57 969 M6).

Der General-Lieutenant Edler von der Planißt, General-:Jnspekteur der Fuß-Artillerie, ist hierher zurückgekehrt.

Der Königliche Gesandte in Weimar, Geheime Legations- Rath Raschdau is von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nah Weimar zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Görliß, 25. Juli. An Stelle des verstorbenen Grafen

von Fürstenstein haben die Landstände heute den Landrath von Seydewiß- Görliß zum Landeshauptmann der

Ober- Lausitz gewählt. Württemberg.

Júre Majestät die Königin is gestern zum Besuch Allerhöchstihrer Eltern von Bebenhausen nach Ratiboriß in Böhmen abgereist.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Jn der vergangenen Nacht ist die Prinzessin Cle- mentine von Sachsen-Coburg, heute früh der Prinz und die Prinzessin Ferdinand in Coburg eingetroffen, um der Trauerfeier für den verstorbenen Prinzen August beizu- wohnen.

Reuß j. L.

Die Neuwahlen zum Landtag sind auf den 17. Sep-

tember angeseßt worden. Elsaß-Lothringen.

In der am 24. d. M. ausgegebenen Nr. 15 des „Geseß- blattes für Elsaß - Lothringen“ werden die Geseße, betreffend die Sparkassen und betreffend die Gebäudesteuer, ver-

offentlicht.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kaiserin is vorgestern Abend von Bartfeld in F\chl eingetroffen. : l

In der gestrigen Sihung des österreihischenHerren- hauses (über die bereits. gestern unter den nah Schluß der Nedaktion eingetroffenen Depeschen kurz berichtet wurde) nahm vor dem Grafen Falkenhayn der Abg. Unger das Wort und verlas namens der Verfassungspartei eine Erklärung, worin die Einstellungdes Budgetpostens Cilli bedauert wird. Den pädagogisch- praktischen Rücksichten hätte dur die Errichtung eines sloveni- schen Gymnasiums an einem andern Orte entsprochen werden Fönnen. Ebenso bedauere die Partei, daß weder das Votum des steierishen Landtages noh der Umstand beachtet worden sei, daß die Regierung dem steicrishen Landesausshuß in dieser Angelegenheit kein Gutachten abverlangt habe, zumal dadurch die Annäherung beider Volksstämme gestört und die gegenseitige Erbitterung und Anfeindung gesteigert würden. Gleichwohl beantrage seine Partei nicht die Streihung des Budget- postens, im Bewußtsein der patriotishen Pflicht, die Erledigung des Budgets nicht zu verzögern. Nach der bereits gemeldeten Rede des Grafen Falkenhayn erklärte der Abg. Graf Meran im Namen der Mittelpartei, daß sich diese vollinhaltlih der Erklärung des Abg. Unger anschließe.

Der frühere Finanz-Minister Dr. von Plener, welcher sein Mandat als Abgeordneter der Egerer Handelskammer niedergelegt hat, verabschiedete sich gestern von derselben in einer längeren, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Rede, worin er die Entstehung und die Auflösung der Koalition erörterte. Der Angelegenheit des slovenischen Gymnasiums in Cilli sei anfangs

‘von der deutsch-liberalen Partei nicht die Bedeutung bei-

gelegt worden, die sie im Laufe der Zeit erhalten habe. Da es der Partei nicht geglückt sei, eine befriedigende Lösung der Cillier Frage herbeizuführen, sei es ihm richtiger erschienen, an der weiteren EntwiÉlung der gegenwärtigen Lage nicht mehr theilzunehmen. Wenn er bei dem Ausscheiden aus dem Parlament ein Staatsamt annchme, welches der Kaiser ihm ver- liehen habe, so entspreche dies mehr seiner Vergangenheit als ein änzlihes Zurückziehen in das Privatleben. Redner erklärte erncr, er blicke mit Freuden auf seine ministerielle Thätigkeit zurück, und berührte dann die Steuer- und Valuta-Reform. Zum Schluß verabschiedete er sih dankend von der Handels- kammer und sagte, er gebe die Hoffnung nicht auf, das Heil, das er Oesterreih wünsche, noch lebendig und wirklich vor si zu sehen. /

Die Handelskammer zu Eger hat eine Adresse an Dr. von Plener angenommen, worin ein Rüblick auf desscn 23 jährige, erfolgreiche und ruhmvolle parlamentarische M geworfen wird. Freund und Feind, so heißt es in der Adresse, seien einig in der Anerkennung seines makellosen Charakters. Die Wähler hofften, daß das politishe Wirken Dr. von Plener's nicht abgeschlossen sei, und daß - seine be- währte Kraft dem öffentlichen Leben baldmöglichst werde zurückgegeben werden.

Großbritanuien und Jrland.

Bis gestern Abend 11 Uhr waren gewählt: 393 Unio- nisten, 156 Liberale, 10 Parnelliten, 62 Anti-

Been und 2 Kandidaten der Arbeiterpartei.

ie Unionisten gewannen 101, die Liberalen 20 Sigze.

Rußland.

Das Ministerium für Volksaufklärung beab- sichtigt, den St. Petersburger Blättern zufolge, demnächst den obligatorishen Elementar-Schulbesuch in den Gou- vernements Charkow, Poltawa, Kursk und Woronesh versuchsweise einzuführen.

Der „Tiflißky Listok“ verzeichnet das Gerücht, der gegen- wärtig zum Kurgebrauch in den nordkaukasishen Bädern weilende Emir von Buchara habe die russishe Regierung ersucht, ihm wegen seiner zerrütteten Gesundheit zu Gostáiten, daß er in einem Orte des Kaukasus beständig seinen Auf- enthalt nehmen dürfe. Bucyara, so wird hinzugefügt, werde von den Ministern unter Leitung des Emirs regiert werden.

Jtalien.

Jn der gestrigen Vormittagssißung der Deputirten- kammer beantwortete der Minister des Auswärtigen Baron Blanc zahlreiche Me über Afrika, welche der Be- rathung des Budgets der auswärtigen Angelegenheiten voraufgingen. Baron Blanc gedachte zunächst der bevor- stehenden Ankunft des Gouverneurs der Erythräischen Kolonie, Generals Baratieri, und theilte mit, daß derselbe Ms Rom komme, um sich zu erholen und mit der Regierung zu konferieren. Was die Anfrage über den Vertrag von Uccialli anbelange, so bemerkte der Minister, daß Deutsch- land, England esterreih - Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, die Niederlande, Portugal und Schweden von der ihnen in Gemäßheit des Berliner Ver- trages gemachten Notifizierung des Artikels 17 des Vertrages von Uccialli Kenntniß genommen hätten. Was Rußland betreffe, so habe es den Empfang der Notifikation vom 30. November 1889 in einer Note des damaligen Ministers des Aeußern von Giers bestätigt, der hinzugefügt habe: „Da diese Mittbeilung dem Kaiserlichen Kabinet Anregung zu einigen Bemerkungen gegeben hat, so wurde Nußlands Botschafter ermächtigt, der italienishen Re- gierung hiervon Kenntniß zu geben.“ Der Minister Blanc ver- wics auf das Grünbuch, dem zufolge fesistehe, daß si dicse Bemerkung einfach auf den vom Vertreter der Türkei bei der Berliner Konferenz mit Bezug auf die Besißungen des Sultans ge- machten Vorbehalt bezogen habe. Rußland habe keinerlei sonstige Bemerkungen gemacht; somit sei die rehtlihe Stellung Ftaliens in Aethiopien auch gegenüber den anderen Völkern rechtsfräftig hergestellt. Als später Jtalien der russischen Re-

ierung die zwischen Jtalien und Großbritannien vereinbarten Msbarenautigs- Protokolle mitgetheilt habe, habe Rußland erklärt, daß es der Uge fremd bleiben wolle. Jtalien habe diese Er- klärung der Nichtantheilnahmezur Kenntniß genommen, soweit die Vergangenheit in Frage komme. Hinsichtlich der derzeitigen Position Jtaliens sagte der Minister, daß Rußland der italie- nischen Regierung erklärt habe, in Aethiopien nur religiöse Interessen zu dettolgen, Demgemäß habe sich die italienische Regierung, welche mit aufrichtiger Genugthuung die aposto- lische Präfektur in der erythräishen Kolonie begrüße, darauf beshränkt, den Lazaristen keinerlei Vortheile gegenüber den Popen einzuräumen. Der Minister erinnerte weiter daran, daß Menelik es nur der bewaffneten Unterstüßung der Ftaliener danke, wenn er Negus sei: einer Unterstüßung, welche ihm unter der Bedingung gewährt worden sei, daß er die Geseße gegen die Sklaverei respektiere und immer- währende Freundschaft für Jtalien bethätige. Jtalien habe den Negus auf der Brüsseler Konferenz vertreten, und an- gesihts der gehörig notifizierten Verträge von Uccialli hätten die Launen Menelik’'s keinen Werth. Der Minister wies die Legitimität der Situation Jtaliens in Aethiopien nach und erklärte, Jtalien habe Beweise für den Ver- rath Menelik’s in dessen Korrespondenz mit Bathagos und Ras Mangascha. Niemand könne zwishen Menelik und Jtalien intervenieren. Der Minister legte darauf ein Grünbuch vor, welches alle Fragen hinsichtlih Ftalienisch- Afrika, auch in dessen Beziehungen zu anderen Mächten be- handelt. Er sagte, daß er ein weiteres Grünbuch im No- vember vorlegen werde, und ersuchte die Kammer, ihm zu gestatten, bezüglich der ferneren Unterhandlungen Zurückhaltung zu beobachten. Der Minister theilte ferner mit, daß ein Abkommen mit den anglo - egyptishen Behörden unterzeihnet worden sei, welhes eine praktishere Ab- steckung der Nordgrenze bezwecke, um die Wiederholung von Zu- \sammenstößen zwischen den dort ansässigen Stämmen zu ver- hindern. Er theilte weiter mit, daß England sowohl als Deutschland Maßnahmen getroffen hätten, um den Uebergang von Waffen aus ihren Besißungen nah Acthiopien zu ver- hindern, und fügte hinzu, daß, nachdem er den Signatar- mächten der Brüffeler Akte die Wiederaufnahme des Sklaven- handels seitens Menelif’s notifiziert habe, Belgien, der Congo- staat, Spanien, Holland, die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika, Dänemark und Portugal den Empfang der Notifikation bestätigt hätten. Endlich habe die französishe Regierung, deren Besizungen in Obok an die italienishen grenzten, nahdem sie zu wiederholten Malen erklärt habe, den privaten Jntriguen jener Jndividuen vollkommen fern zu stehen, welhe sich die Miene gäben, die Politik Frankreihs durch eine Spekulation auf Menelik zu kompromittieren, zu Beginn des Feldzugs in Madagaskar ein Verbot erlassen, in Frankreih Waffen und Munition für das Ausland anzukaufen, und der italienishen Re- gierung gegenüber versichert, daß sie es sich in ihrem eigenen Jnteresse zur Richtschnur mache, soweit die Geseß- gebung es ermöglihe, Verfügungen zu treffen, damit Aethiopien keine Waffen oder Munition über Obok erhalte. Jtalien seinerseits, bemerkte der Minister, hab in loyaler Weise für seine freundnachbarlihen Beziehungen zu Frankreih in jenen Regionen die Haltung angenommen, welche der- jenigen analog sei, die es in der handelspolitishen Frage eingenommen habe, als es erklärte, daß es vollständig von Frankreih abhinge, wieder die gegenseitige Behandlung als meistbegünstigte Nation herzustellen. Ebenso hänge es ganz und gar von Frankreih ab, jet die französischerseits vor- gee und italienischerseits im Mai 1891 acceptierten renzen auszuführen. Der Minister entwarf sodann ein befriedigendes Bild von der Lage der italienishen Kolonie von allen Gesichtspunkten aus, indem er beispielsweise anführte, daß die Zolleinnahme sich um 600 000 Lire erhöht habe, und erörterte sodann in eingehender Weise die Kolonisationsfrage, wobei er seinem vollen Vertrauen in die Zukunft der Kolonie Ausdruck gab und erklärte, daß die Ftaliener bereit seien, die gegen die erythräishe Kolonie gerichteten Angriffe durch ihr wirtt\chaftliches System zurückzuweisen und ihnen dur dasselbe vorzubeugen. Schoa werde bei der Auflösung, in der es sich befinde, isoliert bleiben; Jtalien könne es sich selbst überlassen und abwarten, wie jenes Tih selbst zu Grunde richte; dies sei auch gegenüber der Auflösung der Herr- haft des Mahdi im Sudan der Fall, wo Truppen- bewegungen italienischerseits von Kassala oder britisherseits: von Wadi-Halfa und Suakim nothwendig gewesen seien. Es handele sih hier um ein Problem, welches internationale Elemente in sih begreife. Mit der Beseßung von Kassala sei dessen Lö- sung vom politishen Gesichtspunkt der Gutmachung der früheren Weigerung Ftaliens, mit England thatsächlih zu kooperieren, aal Man könne in der That , schreibe Lord Cromer, die Ruhe im Sudan hauptsächlich der Be- segung von Kassala zurechnen. Da {loß der Minister Großbritannien, mit dem Jtalien bezüglih des Nils solidarisch sei, auch nah Zeila und Kismayo operiere, so gehe daraus hervor, daß vom Atbara zum Tuba, vom Rothen

Meer zum Jndischen Ozean eine international gesicherte Po tion vorhanden sei, welche das auf dem eroberten Plate begonnene Kolonisierungswerk sicher stellen werde. Die Rede wurde mit lebhaftem Jateresse angehört und zu wiederholten Malen sowie am Schluß mit Zustimmung begrüßt. Die Erwiderungen der Fragesteller wurden auf die heute Vor- mittag ftattfindende Sißung verschoben.

Der Generàl Baratieri ist gestern Nachmittag in Brindisi vent! t uud von den Behörden empfangen worden. Mehrere Vereine mit Musikkorps und eine große Volksmenge begrüßten den General auf das lebhafteste.

Spanien.

Der Kriegs-Minister hat, wie „W. T. B.“ aus Madrid berichtet, dem Marschall Martinez Campos telegraphish seine Glückwünsche zu dem Siege über die Auf- ständishen zwischen Bayamo und Manzanillo ausgesprochen.

Belgien.

Wie die Brüsseler Blätter melden, soll die Bürger- garde für nächsten Sonntag einberufen werden, um jeder Eventualität bei der großen Kundgebung seitens der Liberalen gegen das Schulgeseß vorzubeugen. Die Truppen sollen in den Kasernen konsigniert werden. Jndessen befürhte man keinerlei Unordnung.

Türkei.

Aus Ueskueb (Macedonien) in Belgrad eingetroffene Meldungen versichern, die türkishen Truppen hätten die in Macedonien eingedrungenen Banden auf bul- garishes Gebiet zurückgedrängt.

Dänemark.

Die Abreise der Kaiserin-Wittwe von Rußland nah Dänemark ist, wie „W. T. B.“ aus Kopenhagen be- richtet, bis zum 30. d. M. E AP worden. Die Kaiserin- Wittwe wird von dem Großfürstên-Thronfolger, dem Großfürsten Michael und der Großfürstin Olga be- gleitet sein.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing hat nach einer Meldung des „W. T.B.“ aus Christiania in seiner gestrigen Abendsizung den Antrag des Militär-Comités, betreffend die außerordentliche Be- willigung für die Marine von 12 Millionen Kronen, davon 8 Millionen zum Bau zweier neuen Panzerschiffe, an- genommen.

Amerika.

Der amerikanishe Schooner „Carrie Lane“ hat nah Philadelphia gemeldet, daß am 24. d. M. in-Höhe von Kap Antonio auf Cuba ein spanishes Kanonenboot auf ihn gefeuert, ihn überholt und durchsucht habe.

Aus Rio de Janeiro wird gemeldet, daß gestern in den Straßen Kundgebungen gegen die Beseßung der im Atlan- tischen Ozean unter dem 30. Grad westlicher Länge von Greenwich und dem 20. Grad südlicher Breite gelegenen Jnsel Trinidad durch England stattgefunden hätten. Die Polizei habe troß der jafkobinischen Heßpercien den Ausbruch von Ruhestörungen ver- hindert. Jn Sao Paulo hätten gestern erregte Volksmassen einen Angriff auf das britishe Konsulat versucht.

Asien.

Dem „Reuter schen Bureau“ wird aus Shanghai von aëstern gemeldet, daß die Hauptbestimmungen des neuen Vertrages über die Handelsbeziehungen zwischen den südchinesishen Provinzen und den angrenzen- den französischen Besißungen, wie folgt, lauten: „Frank- reih unterhält einen An in Tiengheng und einen Konsul in Hokkow, welhes ein offener Hafen sein soll. Dunchow, Kwangsi, die Provinz Mengtse, sowie Shemao, zwischen den Flüssen Mekong und Namtse gelegen, sind dem französisch-annamitishen Handel zu eröffnen. Jn Shemao dürfen sih französishe Staatsangehörige nieder- lassen und Einrichtungen für Waarentransport auf den Flüssen Losoban und Mekong sowie auf der Mandarinenroute herstellen. Die französishen Jngenieure haben das Vorreht zur Aus- beutung der Bergwerke in den drei chinesishen Südprovinzen Kwanting, Kwangsi und Yünnan. Frankreich darf die Eisen- bahnen über Annam hinaus weiter bauen und Shemao telegraphisch mit Mu - Anghahin. am Namuflusse verbinden. Die früheren Verträge werden durch das vorstehende Ueber- einkommen nicht abgeändert, welhes möglichst bald zu rat! fizieren ist.“

Nr. 30 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 26. Juli, hat folgenden Inhalt: Konsulatwesen: Ernennung; Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstands-Aften. Marine und Schiffahrt: Erscheinen des Nauti]/hen Jahrbuchs für das Jahr 1898. Finanz wesen: Nachweifung der Einnahmen des Reihs vom 1. April 189 bis Ende Juni 1895. Polizeiroesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Entscheidungen des Reichsgerichts,

Der Inhalt der Anzeige des Veräußerers eines bypo* thekarish belasteten Grundstücks an den Gläubiger von der Schuld- übernahme seitens des Erwerbers, wodurch gemäß § 41 des Preuß. Eigenth.-Erwerbsgef. der Veräußerer von feiner persönlichen Verbind lichkeit frei wird, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivil- fenats, vom 25. Mai 1895, an keine besondere Förmlichkeit geknüpft; die Anzeige muß nur deutli ersehen lassen, daß der Er“ werber die Hypothek in Su auf das Kaufgeld übernommen hat. Auch ist die an den General-Agenten des Gläubigers, inf- besondere einer Hypothekenbank, welher den geschäftlichen Verkehr zwischen Gläubiger und Schuldner zu vermitteln, Gelder einzuziehen und die pünktliche Zahlung ter Zinsen zu kontrolieren hat, gerichtete An- zeige von der Schuldübernahme wirksam, wenn der eneral-Agen? sodann diese Anzeige dem Gläubiger übermittelt hat. Der Grund- eigenthümer S., dessen Grundstück mit einer Hypothek der X.’\ches Hypothekenbank belastet war, verkaufte sein Grundstück an Z,, welcher jene Hypothek in Anrehnung auf das Kaufgeld übernahm, und tr* klärte sodann dem General-Agenten L, von der X.’schen Hypotheken- bank, unter Ueberreihung einer Abschrift des Kaufvertrags: na Zie halt des Vertrags vershulde er der Hypothekenbank nicht mehr, er werde auch die Zinsen nicht mehr zayten und wolle überhaupt mit der Hypothekenbank nichts mehr zu thun haben. Der General - Agent L. übermittelte diese Erklärung der Hypothekenbank. Nah mehreren Fahren fam das betr. Grundftück zur Subhastation, und ein Theil der Forderungen der Hypothekenbank fiel dabei aus. Sie erhob die persönliche Hage gegen den Vorbesißer S. auf Zahlung dieses Ausfalls. S. erho

den Einwand, daß er dur seine Anzeige an den General-Agenten L. und dur die in der Folgezeit von der Hypothekenbank unterlassene Kündigung und Einziehung der Hypothek von seiner persönlichen Ver- A rblichkeit befreit worden sei. In der Berufungsinstanz wurde der Beklagte verurtheilt, indem das Gericht annahm, daß die ge- cehene Erklärung an den General-Agenten L. nit die vor- geshriebene Schuldübernahme-Anzeige erfülle, und daß sie auch deshalb unwirksam sei, weil L. zur Efgegrana me dieser Anzeige namens der Bank garniht bevollmächtigt gewesen war. Auf die Revision des Beklagten hob indessen das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „. . . Die Ecflärung des S. läßt eine andere Deutung als die, daß der Käufer die Hypothek in Anrehnung auf den Kaufpreis übernommen habe, nicht zu. Weiter verlanzt das Geseß aber nihts, insbesondere legt es feinen Werth auf die Gemüthsstimmung des Erklärenden und ebenso wenig darauf, ob der Erklärende von der Wirkung der Schuldüber- nahme auf den Fortbestand seiner persönlichen Schuldverbindlichkeit cine rechtlich zutrefende Ans{hauung gehabt hat. Mit Recht rügt aker die Revision auch, daß der Berufungsrichter die rechtlihe Stellung des General-Agenten L. den Parteien gegenüber unrichtig beurtheilt habe. Richtig ift freilih, daß L. nit in dem Sinne Bevollmächtigter der Klägerin war, daß er in deren Namen Verträge abschließen oder rechtsgesckäftlihe Erklärungen abgeben durfte; abêr nah dem Inhalt der in den Vorinstanzen bezogenen Geschäftsinstruktion hatte er den geshäftlihen Verkehr der Parteien zu vermitteln, Gelder einzuziehen, die pünktliche Zahlung der Zinsen zu kontrolieren. Seine Vermittelungs- thätigkeit war also niht mit der Entgegennahme und Weiterbeförde- rung des Beleihungsantrags beendet. Mi1 Rüdsiht auf diese weit- gehende und dauernde Vertrauens- und Vermittlerstellung des L, muß die Auffassung des Beklagten, daß jener alle auf die Hypothek bezüglihe Erklärungen behufs Weiterbeförderung an die Klägerin entgegenzunehmen hatte, für berechtigt erklärt werden, und Klägerin würde sih dem Vorwurf der Arglist ausfeßen, wenn sie dies nicht anerkennen wollte. Es kommt hinzu, daß auch L. selbst nah seiner eidlihen Bekundung der Auffassung is, daß es zu seinen Obliegenheiten als General-Agent gehört habe, Anzeigen im Sinne des §41 des Eigenthums-Erwerbsgeseßes entgegenzunehmen und der Klägerin zu übermitteln, zumal er verpflichtet gewesen sei, Eigenthums- veränderungen der beliehenen Güter der Klägerin mitzutheilen, um dieser die Grundlage für die Entscheidung zu geben, ob die Hypo- thefendarlehne gekündigt werden follen.“ (427/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltung8gerichts,

Bei Ausmittelung des Ertrages eines \teuerpfli{tigen Gewerbes fommt, nah einer Entscheidung des Ober - Verwaltungsgerits, VI. Senats, 1. Kammer, vom 17. Januar 1895, der Mieths- werth der dem Gewerbetreibenden gehörigen (niht ge- mietheten) gewerblihen Räume ‘nicht in Abzug. „Nach § 22 des Gewerbesteuergeseßes vom 24. Juni 1891 find außer den hier nit interessierenden Abschreibungen nur die Betriebskosten ab- zugsfähig. Hierzu gehört ohne Zweifel die von dem Gewerbetreibenden für die gemietheten geshästlihen Räume zu entrichtende Miethe, nicht aber der Miethêswerth der ihm selbst gehörigen geschäftlichen Räume. Leßterer kann {on deshalb nicht Betriebs- kosten darstellen, weil der seine eigenen Räume benutende Gewerbe- treibende für die Geschäftsräume keine Miethsausgaben zu entrichten hat, vielmehr solhe Kosten erspart. Die eigenen Geschäftsräume des Gewerbetreibenden gehören zum Anlage- und Betriebskapital. Ebenso- wenig, wie hierfür nah der ausdrücklihen Vorschrift des § 22 a. a. D.

insen in Abzug gebracht werden dürfen, kann nach der Ab- iht des Geseßes der Abzug entsprehender Geldwerthe, wie des Miethswerths der eigenen Geschäftsräume, gestattet sein. Die Zulassung [des Abzugs der Miethszinsen im Gegensatz zu der Verweigerung des Abzugs des Miethswerths hat allerdings eine Verschiedenheit in der steuerlihen Behandlung der Pflichtigen zur Folge, die unter Umständen als Härte empfunden werden mag. Indessen kann es hierauf bei der deutli erkennbaren Absicht des Gesetzes niht ankommen.“ (V1. G. 220/94.)

Statistik und Volkswirthschaft,

Zur Arbeiterbewegung, :

In Düsseldorf baben, wie der „Vorwärts“ berichtet, die Terxtilarbeiter bei der Firma Gesellschaft für Baumwollen- Industrie vorm. Ludwig und Gustav Cramer wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt.

In Kelheim in Bayern haben einer Mittheilung desselben Blattes zufolge 36 Steinmeten die Arbeit wegen Lohnstreits nieder- gaaat Sie fordern einen Tarif oder einen Mindestlohn von 40 S pro Stunde.

In Durlach ist, wie der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert wird, ein Ausstand der Maler- und Tünchergehilfen ausgebrochen.

Zum Maurerausstand in Plauen i. V. wurde in einer Maurerversammlung in Leipzig, über welche die „Lpz. Ztg.“ be- richtet, mitgetheilt, daß der Auéstand troy großer Bauthätigkeit für die Gehilfen ungünstig stände. 500 Gehilfen sind ausständig, 400 arbeiten weiter. Die Arbeitaeber empfangen zahlreiche Arbeitskräfte aus Böhmen, (Vgl. Nr. 167 d. Bl.) '

Kunst und Wissenschaft.

Die Arbeiten zur Einrichtung des Observatoriums, welches der Astronom Janssen auf dem Mont Blanc gegründet hat, find vor einigen Tagen in Angriff genommen worden und werden mit folem Eifer betrieben, daß die astronomishen Beobachtungen wahr- \cheinlih noch im Laufe dieses Jahres werden beginnen können. Das hauvt\ächlichste Instrument if ein Polarsiderostat von 30 em Durch- messer, dex die sonst gebräuchlihen astronomifchen Fernrohre erseyen soll, Dieser Siderostat is in Chamonix angelangt; dort wurde er zerlegt, um in Stücken von höchstens 25 kg durch Führer auf den Gipfel des Berges geschaft und dann wieder zusammengesezt zu werden. Ein Mitarbeiter Janfssen's, der Physiologe Dr. Maurice de Thierry, begiebt sich auf den Mont Blanc, um die nöthigen Vor- fehrungen dazu zu treffen. In einigen Tagen folgen ihm der gro Bigourdan mit seinem Assistenten und bald au Janssen elbft. i

,

» Literatur.

Rechts- und Staatswissenschaf t.

Die strafrechtlichen Nebengeseye des Deutschen Reich s, bearbeitet von Reichsgerichts-Rath Dr. M. Stenglein. erlag von Otto Liebmann in Berlin. Von dem bekannten, in seiner zweiten Auflage einer gründlihen Umarbeitung unterzogenen Werk liegen jeßt die zweite und dritte Lieferung vor, in welchen das Preßgeseß und die strafrehtlichen Bestimmungen der den Geldverkehr, die Verkehrsanstalten, das Gesundheitswesen und die Lebensmittel, die Abwehr von Viehkrankbeiten, die militärischen Verhältnisse und das u betreffenden Geseßze fommentiert sind. Der Inhalt ist also ein sehr reihhaltiger. Nicht Veniger als 40 Gesetze sind darin bearbeitet. Auf Einzelheiten einzugehen, erscheint hier nit der Ort; doch muß anerkannt werden, daß, zumal bei den größeren und wichtigeren Gesegen, die Bearbeitung eine so gründliche und forgfältige ist, daß sie im allgeme inen die Benußung jedes Sonder- ommentars entbehrlich machen wird. E Geschichte des gemeinen Privatrechts und Zivil- pr ozef fes. Ein Hilföbuch für Referendare und Studierende von R Ed. Heilfron, Amtsrichter in Nauen. 1. Abtheilung: Römische ehtsgeschicte ; Zivilprozeß; Konkurs. Zweite, umgearbeitete und ver- mehrte Auflage. Berlin 1895. Speyer u. Peters. Daß bereits

nach zwei Jahren eine zweite Auslage erforderlich wurde, if der sichere Beweis dafür, daß das Buch brauhbar befunden worden ist. Sebr beachtenswerth if, daß mit besonderer Sorgfalt auf Stölzel’s „Schulung für die zivilistishe Praxis“ hingewiesen wird; damit giebt der Verfasser zu erkennen, daß er den dort vertretenen Grundsäßen au in seiner Arbeit weitere Verbreitung geben will: nicht für das Bestehen einer Prüfung soll gearbeitet werden, fondern es foll gelernt werden, um das Verstandene zu verwerthen und anzuwenden.

Säqhsishes Archiv für bürgerlihes Necht und Prozeß, herausgegeben von Ober- Justiz-Rath S. Hoffmann und Dr. Friedrich Wulfert. Roßberg'she Hofbuchhandlung in Leipzia. Band V, Heft 4 bringt folgende Abhandlungen : Korreal- obligation und Verwandtes nach der zweiten Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Geseßbuhs für das Deutshe Reih. Von Professor Dr. Ernst Hruza in Czernowiß. Ueber das Zwangsvollstreckungs- verfahren wegen Leistung des bürgerlichen Offenbarungseides. Von Ober-Landesgerihts-Rath Tränker in Dresden. Der Verfasser ge- langt hier zu folgendem Ergebniß : 1) Zur Abnahme des judikat- mäßigen Offenbarungseides des bürgerlihen Rechts is in der Regel der Prozeßrihter erster Instanz 774 Z.-P.-O.) zuständig; 2) nur ausnahméweise kann ein solcher Eid von dem Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit abgenommen werden, wenn beide Parteien über die Norm des Eides einverstanden sind und die Abnahme vor diesem Richter beantragen. Den Schluß bilden Urtheile sächsisher Ge- riht8höfe und des Reichsgerichts. [ “1

Annalen des Deutschen Reichs für Geseßgebung, Ver- waltung und Statistik, herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max von Seydel. Verlag von G. Hirth in München und Leipzig. Heft 6 des 28. Jahrgangs enthält einen Aufsaß von Rechts- anwalt Dr. Ludwig Fuld in Mainz: Das Geseß über die Waaren- bezeichnungen ; ferner den Entwurf eines Geseßes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs nebs Denkschrift ; die Entwürfe zur Reichs- finanzreform von 1895; endli die Denkschrift, das Ergebniß der Verhandlungen des preußischen Staatsraths über Maßregeln zur Hebung des Getreidepreises betreffend. In Heft 7 beginnt der Münchener Universitätslehrer Freiherr von Stengel unter der Ueberschrift: „Die deutshen Schußgebiete, ihre rehtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung“ eine längere, be- ahtenswerthe Abhandlung, in welher das geltende deutsche Kolonialstaatsreht mit Berücksichtigung desjenigen anderer euro- pâisher Staaten zur Darstellung gelangt. Die vorliegen-

. den ersten 80 Seiten enthalten die Einleitung und einen Theil des

ersten Kapitels. Jn der Einleitung werden der Begriff der Kolonien im Sinne des öffentlichen Rehts und die Gründe der Kolonisation und Auswanderung dargelegt, ein Ueberblick über die Geschichte der Kolonien und der Kolonisation und insbesondere eine Schilderung der brandenburgish-preußishen Kolonialunternehmungen gegeven, die ver- schiedenen Kolonialsysteme, das Verbot des Sklavenhandels und die Antisklaverei-Bewegung und endli die Kolonialpolitik des Deutschen Reichs besprochen. In dem dann folgenden ersten Kapitel erörtert der Verfasser eingehend die geographishen, ethnographischen und “wirthschaftlichen Verhältnisse sämmtlicher deutshen Schußtgebiete. Eisenbahnwesen. :

Encyklovädie des gesammten Eisenbahnwesens in alphabetischer Anordnung, unter Mitwirtung hervorragender Fach- männer herausgegeben von Dr. Viktor Nöll, General-Direktions- Rath der österreichischen Staatébahnen. Sieben Bände (Pr. je 12 4) mit 2213 Original-Hol;shnitten, 89 Tafeln und 18 Eisenbahnkarten. Verlag von Karl Gerold's Sohn in Wien. Ein Werk, welches das ganze Gebiet des Eisenbahnwesens umfaßt und über das Wesent- liche einer jeden einshlägigen Frage in einer die rasche A E ermöglihenden Form verläßlihen Aufshluß giebt, ist ein Bedürfni nicht nur für den außerhalb des Eisenbahnberufs Stehenden, der vorkommenden Falls über bestimmte Eisenbahnfragen fich Belehrung holen will, sondern auch für den Fahmann, welcher seine Kenntnisse über die engere Berufssphäre hinaus auf ihm ferner liegende Gebiete des Eisenbahnwesens auszudehnen bestrebt ist. Ein solches, allen gerechten Anforderungen entsprehendes Werk ist die vorliegende Ency- flopädie. Sie umfaßt alle Gebiete des Eisenbahnwesens, behandelt sowohl die Gründung, den Bau, die Ausrüstung und den Betrieb der Eisenbahnen in allen seinen Zweigen, als au das Eisenbabnrecht, die CEisenbahnpolitik und -ODekonomik, das Eisenbahn-Finanzwesen, die Eifenbahngeschihte, Geographie und -Statistik, sowie biographische Skizzen der um das Eisenbahnwesen besonders verdienten Männer. Bei der engen Bezichung der Technologie sowie der Baukunde zu einzelnen Zweigen des Eisenbahnwesens ist ferner in die Encyklopädie eine Reihe allgemein tehnisher Abhandlungen über solhe Materien einbezogen, deren Nußanwendung im Eisenbabümwesen besonders häufig ist. Die Artikel sind durhweg selbständige Arbeiten. Bei der Wahl der Sch(hlagworte ist das praktische Bedürfniß hinreichend berücksichtigt; überdies wird durch zahlreihe Hinweise sowie dur ein More welhes am Schluß des siebenten Bandes folgt, das rasche Nach- {lagen wesentlih erleihtert. Jn den einzelnen Beiträgen find nicht nur die Verhältnisse Deutschlands und Oesterreihs, fon- dern au jene der anderen Staaten berücksichtigt, be- ziehungsweise in Vergleich gezogen. Den tehnischen Artikeln sind zur Er- läuterung des Textes zahlreiche, sorgfältig ausgeführte Abbildungen (Tertfiguren und Tafeln) beigegeben; ebenso bringt die Encyklopädie zu den Beiträgen, welche größere Bahnkomplexe behandeln, Eisen- bahnkarten. Bilden in textlicher Hinsicht eine kurze und klare Aus- drucksweise, die Vollständigkeit und Verläßlichkeit der Angaben, welche durchweg auf den neuesten Quellen beruhen, eine meisterhafte Behand- lung des riesigen Stoffes und eine lichtvolle Darstellung der einzelnen Disziplinen den größten Vorzug des Werks, fo ist auch jede der sorg- fältigst gezeichneten bildlihen Darstellungen eine wirkliche Muster- leistung der heutigen graphishen Kunst; das leßtere läßt sich au von den sauber ausgeführten kartographishen Beigaben sagen.

Patriotisches.

Bilder aus unserer Könige Häusern für die er- wachsene weiblihe Jugend von A. Wendland. Hannover 1895. Verlag von Carl Meyer (Gustav Prior). Preis 1,80 4, in Pracht- band 3,50 (6 Die Verfasserin s{ildert mit lebhaften On die Wohrstätten der hervorragendsten Familienglieder des Hohenzollern- hauses und knüpft daran Betrachtungen über das Leben ihrer einst- maligen Bewohner und Bewohnerinnen, die wohl geeignet sind die Verehrung für das angestammte Fürstenhaus in einem empfänglichen jugendlihen Mädchengemüth zu erwecken und zu steigern. Das gut ausgestattete und mit sieben trefflihen Abbildungen versehene Werk kann deshalb warm empfohlen werden.

-— Ein neues ,Sedanbüchlein ‘, verfaßt vonRN. von Restorff, einem aktiven Offizier, ist vor kurzem im Verlage des Christlichen Zeitschriftenvereins, Berlin, Alte Jakobstraße 129, erschienen. (Preis fart. 40 4.) Bei hübscher äußerer Ausftattung und reihem Bilder- {mudck bietet dieses Werken alles, was zu einem Volksbuch gehört : es ist in frischer, volfsthümliher Sprache geschrieben und von patrio- tisher Begeisterung und gesundem, nationalem Empfinden erfüllt. Ein \{chwungvolles Vorwort fordert zu einer würdigen Jubelfeier des vater- ländishen Gedenktags auf. Dem kleinen Buch is die weiteste Ver- breitung zu wünschen.

Ein Reis von altem Stamm, Roman aus dem Leben von Heros von Borcke. Erste Abtheilung: Junges Blut. Berlin 1895. Verlag von Paul Kittel. Der am 10. Mai d. J. in Berlin verstorbene vormalige Rittmeister Heros von Borde, der dur seine Stellung als N General-Inspekteur der Kavallerie der Armee von Virginien und Chef des Stuark’shen Hauptquartiers während des amerikanischen Krieges in den weitesten Kreisen bekannt

eworden ist und sich auch einen sehr geahteten Namen durch die Veröffentlichung der Schriften „Studie über die Reitershlacht bei Brandy Station am 9. Juni 1863“ und „Mit Prinz Friedrich Karl“ gemacht hat, hat in dem jeßt vorliegenden Werk einen Roman geschaffen, der treu nah dem Leben Jenes und M an wechsel- vollen Ereignissen und spannungsvollen Momenten. Er berichtet mit gewissenhafter Wahrheitstreue eine Fülle von Thatsachen aus einem wechselreichen, oft wildbewegten Leben und versteht es in hohem Maße, das Interesse des Lesers zu erregen und bis zum Schluß zu fesseln.

Handel und Gewerbe,

Der Zentralausshuß der Reihsbank war auf heute Vormittag 10 Uhr zu seiner Monatsfißung berufen. Nach dem Vortrage des Reichsbank-Präsidenten, Wirklihen Ge- heimen Raths Dr. Koch is die am Schlusse des vorigen Vierteljahrs ungewöhnlih gestiegene Anlage seitdem um 146 Millionen Mark gefallen, aber doch höher als zur gleichen geit der Jahre 1894, 1892, 1891, 1890; 1893 war sie um 80

illionen größer als jeßt. Der Metallvorrath hat sich gegen ultimo Zuni um? 20 Millionenfvermehrt, ist auch im Vergleich mit den 5 vorangegangen Jahren größer. Dasselbe gilt in noh stärkerem Maße von dem Goldvorrath, obgleih seit Anfang 1895 nur circa 151/ Milliónen angekauft worden sind. Die fremden Gelder sind seit ult. Juni um 25 Millionen gewachsen, auch stärker als 1894, 1893, 1891 und 1890, während sie 1892 39 Millionen mehr betrugen. Der Privatdiskont hat im Juli eine allerdings nur wenig steigende Richtung eingeschlagen. Eine Erhöhung des amtlihen Satzes ist aber einstweilen nicht in Ausficht zu nehmen.

Die Wodtenübersiht der Reichsbank vom 23. Juli ergiebt be einem gesammten Kassenbestande von 1 067 010 000 ( der Vorwotbe gegenüber eine Zunahme um 17 318 009 4; der Metallbestand allein ist um 15 971 000 (A angewachsen. Der Bestand an Wechseln hat ih um 22 250 000 Æ auf 566 644 000 Æ, der Bestand an Lombard- forderungen um 4 100 000 Æ auf 75 110 000 M ermäßigt, sodaß auf diesen beiden Anlagekonten ein Rückgang um 26 350 000 Æ ‘eingetreten ist. Auf passiver Seite zeigte der Betrag der umlaufenden Noten mit 1076758 000 A der Vorwoche gegenüber eine Abnahme - um 49 912 000 Æ, während die sonstigen täglih fälligen Verbindlichkeiten bei einem Betrag von 527 675 000 Æ eine Zunahme um 40 516000 #6 erkennen laffen.

Täglihe Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 25. d. M. geftellt 11 724, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 24. d. M. gestellt 3776, n‘cht rets zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs8-Versteigerungen. Beim Königlihen Amtsgeriht I! Berlin standen am 23. und 25. Juli die nachbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Die im Grundbuch von Stegliß Band 30 Blatt Nr. 932, 933 und 941 auf den Namen des Bauunternehmers Joseph Schrade eingetragenen, zu Stegliß, Schildhornstraße, Parzelle 3, 4 und d, be- legenen Grundstücke; Flächenraum 10,25 a, 10,24 a und 10,25 a; das geringste Gebot wurde mit je 212 Æ festgeseßt. Mit dem Gebot von 11701 M, 11550 A und 11701 Æ blieb der Restaurateur Wilhelm Müller zu Glogau, Markt 43, Meistbietender. Das im Grundbuch von Stegliß Band 30 Blatt Nr. 920 auf den Namen des Privatiers O Thiele eingetragene, zu Steglitz, Schildhorn-Allee 7, belegene Grundstück; Fläche 8,91 a; Nutungsroerth zur Gebäudestener 5700 #4; das geringstz Gebot wurde auf 3127 M. festgeseßt; mit dem Gebot von 3127 46 blieb der Wirkliche Geheime Kriegsrath H. Pomme zu Berlin, Burggrafen- straße 6, Meistbietender. Das im Grundbuche von Schöneberg Band 42 Blatt Nr. 1564 auf den Namen des Pensionärs Karl Barth eingetragene, zu Schöneberg, Menzelstraße 22, belegene Grundstück; Flächenraum 11,59 a; das geringste Gebot wurde auf 1478 6 festgeseßt; Meistbietender blieb der Baumeister Wendt Ie die Aktiengesellshaft Schöneberg - Friedenauer errain - Gesellshaft zu Schöneberg, Dürerplaß 1. Das im Grundbuhe von Schöneberg, Band 36 Blatt Nr. 1386, auf den Namen des Maurermeisters Jacob Jacoby eingetragené, zu Schöneberg, Coburgstraße 4, belegene Grundftü ; Flächenraum 6,56 a; das geringste Gebot wurde auf 754 M fest- eseßt; Meistbietende wurde die Preußische Hypotheken-Aktien- Geells aft zu Berlin mit dem Gebot von 118 200 4 Das im Grundbuche von Stegliß Band 37 Blatt Nr. 1152 auf den Namen des Kaufmanns Frit Jolowicz eingetragene, zu Stegliß, an der Straße 15, belegene Grundstück; Flächenraum 5,91 a; das geringste Gebot wurde auf 896 4 festgeseßt; mit dem Gebot von s M bleib die Baugesellschaft Bellevue zu Berlin, Meist- ietende.

«Wie „W. T. B.“ aus Köln meldet, is der Kommerzien- Me F Deichmann vom Bankhause Deichmann u. Co. gestorben.

Die näâbhste Börsenversammlung zu Essen findet am 29. Juli cr. im Berliner Hof statt.

In Zürich hat gestern die Gründung der „Bank für elekftris{cheÜnternehmungen“ stattgefunden. Das Grundkapital der Bank besteht aus nominal 30 Millionen Franks, eingetheilt in 30 000 In- haberaktien zu 1000 Fr. mit vorläufig 25 9/6 Einzahlung. Die Bank ist, wie „W. T. B.“ meldet, befugt, Obligationen bis zum doppelten Betrage des jeweilig eingezahlten Aktienkapitals auszugeben. Zu Mit- gliedern des Verwaltungsraths wurden gewählt: Präsident Abegg- Arter, Oberst H. Landis, Direktor Spühler, Präsident C. Widmer- gee Präsident Robert von Muralt-Loher, General-Direktor

. Rathenau, Direktor Dr. G. Siemens, Direktor Carl ürstenberg, Banquier Ludwig Delbrück, Direktor Julius

tern, Kommerzien-Rath Hugo Landau, Banquier Rudolph Sulzbah. Zu stellvertretenden Mitgliedern des Verwaltungsraths wurden gewählt : Vize-Präsident Wunderly-Muralt, Spinnereibesizer F. Ienny-Dürst, Direktor Dr. Jul. Frey, Direktor Wilh. Escher, Ed. von Orelli, Bauinspektor Kolle, Direktor Arthur Gwinner Justiz-Rath Winterfeldt, Banquier Königs, Regierungs - Rath Magnus, General - Konsul Eugen Landau, Dr. Karl Sulz- bah. Zum Präsidenten des Verwaltungsraths wurde Abegg- Arter, zu Vize - Präsidenten wurden Direktor Dr. Georg Siemens und Generaldirektor E. Rathenau gewählt, zu Dele- irten des Verwaltungsraths Präsident Abegg- Arter und Direktor S ühler. Der Zweck der neuen Bank ist die Uebernahme und Durch- führung von Finanzgeschäften, insoweit dieselben auf Unternehmungen im Gebiet der angewandten Elektrotechnik Bezug haben. Dem Ver- nehmen nach steht bereits in Aussicht, daß die Bänk größere, von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellshaft in Berlin und der Deutschen Bank abgeschlossene italienishe Geschäfte dieser Art übernehmen wird.

Magdeburg, 25. Juli. (W. L. B.) P! Kornzucker exkl, von 92% —, neue —,—. Kornzucker exkl, 889/60 Rendement —,—, neue 10,35—10,45, Nachprodukte exkl., 75 9/9 Rendement 7,10—7,85. Ruhig. Brotraffinade I 22,75, Brot- raffinade 11 22,50. Gem. Raffinade mit Faß 22,75—23,00. Gem. , Melis l mit Faß 22,25, Ruhig. Rohzucker l. Produkt Transito f, a. B. Hamburg pr. Juli 9,85 Gd.,, 9,8747 Br., pr. August 9,90 bez. u. Br., pr. September 10,027 Gd., 10,074 Br., pr. Ok- tober-Dezember 10,40 Gd., 10,45 Br. Ruhiger.

Frankfurt a. M., 25. Juli. Getreidemarktberiht von Joseph Strauß. Spekulationsinteresse mangelte, und aus den Kreisen der Händler und Bäckereien gab sich nur s{hwache Bethei- ligung kund. Die Tendenz trug troßdem keinesfalls den Stempel der Mattigkeit. In Weizen war der Verkehr beschränkt ; die Mühlenbe Rer traten aus ihrer durch den fortwährend \{chlep- penden ehlabsaß bedingten Zurückhaltung nicht heraus. Weizen ab Umgegend etwa 144 F; frei hier p M nominell; Redwinter etwa 153 A; Kansas und russischer 153—16 A Für Roggen war die Stimmung ruhig; nach keiner- Richtung trat eine ausgesprochene Tendenz hervor. Hiesiger etwa 124 M nominell, russischer ebenso, neuer dürfte für nächste Woche unter 125 M nicht erhältlih sein. Gerste: Brauergerste je nah Qualität und Herkunft 13—15 H, auf Herbstlieferung noch nichts