1895 / 189 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Aug 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Sachsen-Weimar-Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großher zog hat sich gestern mit seiner Tochter, Doe Hoheit der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, zu längerem Auf- enthalt nah Scheveningen begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Die ungarische Regierung hat, dem „W. T. B.“ zufolge, die Abhaltung des Nationalitäten-Kongresses genehmigt unter der Bedingung, daß derselbe im Sinne des Geseßes als eine Volksversammlung mit öffentlihem Charafter betrahtet werde, und daß die Veranstalter des Kongresses für die Nichtbesprehung verfassungs- und gesezwidriger Angelegenheiten auf demselben sowie für Aufrechterhaltung der Ordnung haften. Die Polizei ist angewiesen, für Polizeiorgane, welche die betreffenden Sprachen verstehen, sowie für Dolmetscher und Steno- Ie zu sorgen. Der Kongreß soll heute seine erste Sißung halten. Gestern sind bereits 150 Theilnehmer ein- getroffen. Im Laufe des Tages fanden Besprehungen der

ührer der betheiligten Nationalitäten statt. Bisher ist es edoch nit gelungen, die bezüglih eines gemeinsam aufzu- fellenden Programms entstandenen Differenzen zu beseitigen. Der „Pester Lloyd“ bezeichnet den Nationalitäten - Kongreß als Privatunternehmung einiger Herren, welhe um jeden Preis eine Rolle spielen möhten. Der Kongreß sei das Werk der A en in Bukarest, welhe an Stelle der Szegediner Märtyrer die Führung der rumänisch-nationalen Bewegung übernommen haben.

Spanien.

Madrider Blättern zufolge wäre die english-spanische Flottendemonstration in Tanger dur die Frage über die Errichtung von Konsulaten in Fez veranlaßt. England und Spanien befänden sih hierbei in ungünstiger Lage im Vergleih zu Frankreich, welches das Recht erlangt hätte, in Fez einen Konsul zu bestellen.

Der spanische Gesandte in Japan hat, wie „W. T. B.“ berichtet, die Meldung nah Madrid gelangen lassen, daß das Protokoll unterzeichnet sei, in welhem der dur den Baschi- Kanal gehende Breitengrad als Grenze zwischen Japan und den spanischen Besizungen festgeseßt wird.

Rumänien.

Der Thronfolger Prinz Ferdinand ist nah einer Mel- dung des „W. T. B.“ in das Ausland abgereist, um mit Jeiner Gemahlin zusammenzutreffen.

Serbien.

Zur Feier des Geburtstags des Königs findet, dem „W. T. B.“ zufolge, am 14. August ein glänzendes Ballfest bei der Königin Natalie statt, zu welhen 400 Einladungen ergangen sind. :

Wie bereits gemeldet wurde, hatte die serbishe Regierung durch ihren Vertreter in Sofia Aufklärung verlangt über cine Wendung in? dem Wortlaut der Note des bulgarishen Ministers des' Auswärtigen Natschovits ch an die Großmächte, derzufolae sich das Eindringen aufrührerisher Banden in die Türkei über eine weniger ut bewahte Grenze als die bulgarishe vollzöge. Der ulgarishe Minister Natschovitsh hat nun darauf geantwortet, daß sih dieser Ausdruck nicht auf die serbische Grenze beziehe, weil die bulgarishe Regierung Kenntniß habe von den wirk- samen Maßregeln, welche die serbishe Iegierung zur Ver- binderung einer derartigen Grenzübershreitung seitens bewaff- neter Banden getroffen hätte.

Bulgarien. Wie die „Agence Balcanique“ meldet, bestätigen von der

Grenze in Sofia einlaufende Nachrichten, daß die revo- lutionäre Bewegung in den Grenzdistrikten Macedoniens nahezu vollständig erloschen ist. Der e von sechs bulgarishen Reserveoffizieren, die nach Macedonien ge- gangen waren, Unter-Lieutenant Sarafow, konnt: ih mit eiwa 30 Begleitern in das Kloster Rilo flüchten, wo dieselben die Waffen niederlegten; sie wurden in das Jnnere des Landes abgeführt. Ein Trupp von etwasehzig Personen, welcher pon zwei Kompagnien der Garnison von Küstendil verfolgt wurde, zog an die Grenze; es gelang ihnen, diese zu erreichen ; aber etwa einen Kilometer weiter wurden sie von türkischen Truppen zurückgeworfen und hierauf von einem bulgarischen Detachement entwaffnet. Der Unterpräfekt von Dubnißa meldet, daß vor zwei Tagen eine Bande von etwa 60 Mann unter dem Woiwoden Jwan Athanasow bemerkt wurde, die eaen die Grenze zog. Die Garnison von Dubniza machte 1ch sofort daran, fie zu verfolgen.

Afien.

Nach einer Meldung des „Reuter’shen Bureaus“ pro- testierten die in Shanghai ansässigen Amerikaner telegraphish bei dem Präsidenten Cleveland gegen die Ein- willigung des amerikanishen Gesandten in China, Denby, daß der britishe Konsul die Vereinigten Staaten bei der Untersuchung über die Gemaltthätigkeiten in der Provinz Szetschuen vertreten solle. Die Amerikaner empfehlen für die Untersuchung die Bestellung eines amerikanischen Delegirten und die Aus]cließung der betheiligten chinesishen Behörden ; auch wünschen sie dringend, daß ein Geschwader die Untersuchungs- fommission begleite.

Afrika.

Der französische Gesandte ist, wie der „Köln. Ztg.“

aus Tanger gemeldet wird, von Fez abgereist.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur wirthschaftlichen Lage der Arbeiter im Jahre 1894.

Den „Jahresberihten der Königlih preußischen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbehörden für 1894“ (Verlag von W. T. Bruer in Schöneberg bei Berlin} sind folgende weiteren Mittheilungen (vgl. Nr. 188 d. BL) entnommen:

Am 1. April 1894 if auch in der Provinz Hannover die Neugestaltung des Gewerbeaufsihtédienstes zum Abschluß gebracht worden durch Theilung der biébher einen Aufsichtébezirk bildenden s in 2 Bezirke. Der erste Auffichtsbezirk umfaßt jeßt

ie Regierungébezirke Hannover, Stade, Osnabrück und Aurich und zerfällt in 5 Gewerbeinspektionébezirke, der zweite die Regierungébezirke Hildesheim und Lüneburg. Für den Regierungs- bezirf Hannover find 2 Gewerbeinspektionen mit dem Siye in Hannover und Nienburg, für den Regierungsbezirk Stade eine mit

dem Sitze in Stade, für den Regierungsbezirk Oënabrück mit Aus- nahme der Stadt Papenburg eine mit dem Siße in Oënabrück und für den Regierungsbezirk Aurih und die Stadt Papenburg eine mit dem Siße in Leer errihtet worden. Im Ganzen wurden in dem erften Aufsichtébezirk 1464 Revisionen gewerblider Anlagen wvor- genommen; daneben sind 894 Dampfkesseluntersuhungen ausgeführt. Bei den Arbeitgebern hat die Thätigkeit der Gewerbeaufsihtsbeamten in- den meisten Fällen das rihtige Verständniß und bereitwilliges Ent- gegenkommen gefunden. Beziehungen zu den Arbeitern bilden ich nicht von felt, sondern müssen recht mühsam gesuht werden. Die Hauvtursahe dafür dürfte darin zu suchen sein, daß den leitenden Stellen der Arbeiterorganisationen weniger an einer Beseitigung vor- bandener Mißstände gelegen ist, als an einer möglihft großen Zahl von Klagen über angeblich bestehende Ungehörigkeiten und Verstöße gegen die geseßlichen Bestimmungen. Im ersten Aufsichtsbezirk waren 2978 jugendlidhe Arbeiter in gewerblichen Anlagen beshäftigt. Im Alter von 14 bis 16 Jahren standen 2968, davon 2363 männlichen und 605 weiblichen Geschlechts ; die Zabl der Kinder unter 14 Jahren betrug 10, darunter 9 Knaben und 1 Mädchen. Der größte Theil der jugendlichen Arbeiter ent: fällt auf die Textilindustrie, die 750 annähernd 25/0 der Gesammtzahl beschâftigte, darunter 406 männliche und 343 weibliche über 14 Jahre. Die durch die Bestimmungen der Gewerbeordnung vorgeschriebene Arbeitsdauer hat für die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter erhebliche nachtheilige Wirkungen bisher nicht zur Folge gehabt; nur wenige Auênahmen sind bekannt geworden, wo die Arbeitgeber die Beschäfti- gung jugendlicher Arbeiter aufgegeben haben. Von den in 328 An- lagen des Aufsichtsbezicks beschäftigten 8971 Arbeiterinnen über 16 Jahre standen 2840 im Alter von 16 bis 21 Jahren, 6131 waren über 21 Sahre alt; 4527 davon 1483 unter 21 und 3044 über 21 Jahre alt —, also über die Hälfte der Gesammtzahl, waren in der Textilindustrie beschäftigt. Die Löbne der Arbeiterinnen sind entsprehend der verminderten Ar- beitszeit zurückgegangen, da Accordarbeit namentlich in der Tertil- Industrie die Regel bildet und die Arbeitsleistung der eingearbeiteten Arbeiterin wesentlich von der Arbeitsdauer abhängt. Die Beschrän- fung der Arbeitszeit der Arbeiterinnen hat auf die regelmäßige Ar- beitédauer und die Löbne der männlichen Arbeiter keinen Einfluß aus- e Von den Arbeitern im allgemeinen heißt es: Eine merkliche ershiebung in der Arbeiterzahl ist in den einzelnen Industriezweigen nicht bemerkt worden, da Entlassungen oder Neuein- stellungen in größerem Umfange nicht bekannt geworden sind. Die Dauer der Arbeitszeit beträgt in den größeren Betrieben durch- \hnittlih zehn Stunden, in den kleineren eine Stunde mehr; erheb- lide Abweichungen sind nur in den Saifonbetrieben bemerkt worden. Im Laufe des Berichtéjahres sind folgende Arbeitseinftellungen vor- gekommen: In einer Knüpfteppichfabrik in Linden waren, angebli ohne Wissen des Besißers, die Vor- und Nahmittagspausen in Fort- fall gekommen. Als auf Grund von Klagen darüber der vorgeschriebene Zustand hergestellt wurde, und infolge der nunmehr fortfallenden einen Arbeitéstunde tägli den Arbeiterinnen ein entsprehender Lobnausfall erwuchs, forderten sie eine entsprehende Erhöhung der Accordsäge, die von der Fabrik als unbegründet abgelehnt wurde. Darauf legten 115 Arbeiterinnen die Arbeit nieder. Der Ausstand dauerte etwa zehn Tage und verlief erfolglos. In einer Eisengießerei in Geeste- münde wurde ein Former wegen ungetührlihen Benehmens gegen den Arbeitgeber entlassen. Als der Arbeitgeber si weigerte, den Ent- lassenen wieder anzunehmen, legten sämmtlihe 16 Former der Gießerei die Arbeit nieder. Die Firma stellte den Betrieb für einige Wochen ein. Als später die Wiedereinstellung der Ent- lassenen verweigert wurde, erklärten die Arbeiter den Ausstand zwar für beendet, verhängten aber über die Eisengießerei die Sperre, die bis jeßt völlig wirkungslos geblieben ist. Klagen über Arbeits- losigkeit find niht laut seirera , wenngleich das Angebot von Arbeitern stets die Nachfrage überwogen hat. Im Laufe des Berichtsjahres wurden 3625 Unfälle gemeldet. Die Ernäbrungsweise der einheimischen Arbeiter ist recht gut. Der durchschnittlihe Verdienst der Arbeiter steht zu den Lebenêmittelpreisen in solhem Verhältniß, daß die Ernährung niht mangelhaft zu sein braucht und bei verständiger Lebensführung thatsächlich auch nicht ift. In dem zweiten Aufsichtsbezirk, der ‘die Regierungsbezirke Hildesheim und Lüneburg umfaßt, erstreckt sih die Bericht- erstattung in der Hauptsache auf die Zeit vom 1. April 1894 an, also über 9 Monate; bei Angaben, die sih auf das ganze Berichtsjahr beziehen, ist dies besonders hervorgehoben. Die Gesammtzahl der in beiden Regierungsbezirken ausgeführten Revisionen beträat 761, die der besuhten Anlagen 713. Die Zahl der unter der Aufsicht der Gewerbeinspekftoren stehenden gewerblihen Anlagen mit Ausnahme der bandwerkêmäßigen Betriebe beträat nah den von den Polizei- bebörden aufgestellten Uebersihten im Ganzen 4663. Mit den Arbeit- gebern fonnten im allgemeinen recht gute Beziehungen unterhalten werden. Dagegen 1st es noch nicht gelungen, mit den Arbeitern die wünschenêswerthe Fühlung zu gewinnen. Die Zahl der in Fabriken und diesen gleihstehenden Anlagen beider Regierungsbezirke beschäftigten Kinder ist auf 47, 21 Knaben und 26 Mädchen zurückgegangen, und zwar werden gegen 1893 12 Knaben und 4 Mädchen weniger beschäftigt. Die Zahl der Arbeiter im Alter von 14 bis 16 Jahren betrug 1948, davon 1573 männliche und 375 weibliche: gegen das Vorjahr ist die Gesammtzahl um 139 oder 6,9 9% zurüdckgegangen. In beiden Regierungsbezirken wurden im Berichtsjahre 5732 Arbeiterinnen über 16 Jahre, davon 1703 im Alter bis zu 21 Jahren beschäftigt. Die Zunahme gegen das Vorjahr is unerheblich und beträgt im Ganzza 141 Ar- beiterinnen. Die Anzahl der Fabriken, worin erwachsene Arbeiterinnen beschäftigt werden, hat sich um 8 vermindert und beträgt 284. Die Durhhführung der geseßlichen Beschränkungen scheint nach den bereits am Eingang dieses Abschnitts aufgeführten zahlenmäßigen An- gaben für die Beschäftigung der erwahsenen Arbeiterinnen nit auf solhe Schwierigkeiten zu stoßen, wie für die der jugendlichen Ar- beiter. Auf das Verbot der Nachtarbeit ist vorzugsweise die Ab- nabme der Zabl der Arbeiterinnen zurüczufüßhren, während der frühere Arbeitsshluß an den Sonnabenden verschiedentlih eine Verminderung des Arbeitsverdienstes herbeigeführt hat. Ein Vergleich der Löhne der Arbeiterinnen vor und nach Erlaß der einshränkenden geseßlihen Bestimmungen ergiebt, daß die Löhne im Dur@schnitt sämmtlicher Industriezweige nur ganz unerheblich gefallen sind. In den einzelnen Industriezweigen zeigen sih jedoch mehrfach Unterschiede in der Lohnhöhe. Die Arbeitszeit der erwahsenen männ- lichen Arbeiter hat fich außer an den Sonnabenden fast gar nicht geändert. Für die männlichen Arbeiter hat in den meisten Industrie- zweigen eine Steigerung der Löhne seit dem Jahre 1891 stattgefunden. Veber die Arbeiter im allgemeinen wird berihtet: Nah den am Gnde des Berichtsjahres von den Orts-Polizeibehörden eingegangenen Nach- weisungen wurden in Fabriken und diesen gleihstehenden An- lagen in beiden Regierungsbezirken 49298 Arbeiter gezählt. Im Regierungsbezirk Hildesheim find vier Arbeitseinstellungen vor- amen IÎn einer Tuchfabrik in Hildesheim legten 54 Weber und eberinnen, ohne die Kündigungéfrist einzuhalten, die Arbeit wegen Lobnstreits nieder. Die Firma konnte jedoch, da an dem Ausstand nur ein Theil der Arbeiter betheiligt war, den Betrieb aufrecht er- halten; hon nah Ablauf einiger Tage bat die Mehrzahl der Weber um Wiedereinstellung. Ein zweiter Ausftand betraf eine Formstecherei bei Hildesheim, in der 14 Arbeiter infolge einer angekündigten Lohn- herabseßzung die Arbeit verließen. Der Arbeitgeber ließ sih nah furzer Zeit zum Nachgeben bestimmen. In einem dritten Falll [egten 10 Tischler einer kleinen Möbelfabrik die Arbeit nieder. In einer Wollwaarenfabrik in Osterode kündigte ein Theil der Arbeiter unter Beobachtung der festgeseßten Frist die Arbeit wegen Lohnstreits. Die Bemühungen des Aufsichtsbeamten, eine Einigung herbeizuführen, blieben erfolglos, worauf 23 Weber die Arbeit verließen. Nach etwa 14 Tagen nahmen einige von ihnen die Arbeit zu dem niedrigen Lohne wieder auf, denen allmählich die übrigen bis auf wenige Ausnahmen folgten. Im allgemeinen scheint das Angebot von Arbeitskräften die Nachsrage zu übersteigen. In beiden Regierungébezirken wurden 1774 Unfallanzeigen mitgetheilt ; im Vorjahre belief fih die Zahl auf 1651, die Zunahme beträgt also

rund 7,5 9/0; 27 Unfälle hatten den Tod zur Folge. Die Löhne s

reichten in feinem Industriezweige eine auß?rgewöhnlihe Höhe, aber auch nirgends so weit herab, daß die Möglichkeit einer ausreiden, den Ernährung in Frage gestellt worden wäre.

Invaliditäts- und Altersversicherung.

Die Invaliditäts- und Altersversicherung8ansta[+ Berlin hat ihren Verwaltungsberiht für 1894 erstatte; Demselben if Folgendes entnommen: Dem Vorstand der Anstalt ge hôren zwei beamtete und vier niht beamtete Mitglieder, dem Ays, \chuß je zehn gewählte Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten an. És fanden sieben Sißungen des Auëschufses stait, darunter ein in Gütergcß zum Zweck der Besichtigung und Pachtung des Herren: hauses Gütergoß, welches bekanntlih im Jahre 1894 zu einen Sanatorium für die Versicherungsanstalt Berlin eingerihtet und an 14. August v. I. als solches eröffnet worden ist. Die Anstalt beshâftigt 35 Bureau- und Kanzleibeamte. Außerdem waren 16 Ver, trauensärzte und ehrenamtlich 90 Vertrauensmänner (je die Hält: aus dem Kreise der Arbeitgeber und der Versicherten) für die Anstal thätig. Schriftstücke gingen bei der Versicherungéanstalt ein 40 042. 44 927 wurden abgesandt. Es lagen 625 Altersrentenanträge uri 1294 TSnbvaliditätëanträge vor. Hiervon sind 448 Alters- und 75; Invalidenrenten bewilligt worden. Seit Inkrafttreten des Gesegez wurden überhaupt 2680 Alterêrenten mit jährlih 421 781 Æ ein, {ließli des Reichszuschusses und 1468 Inbvalidenrenten mit jährli 177 733,80 A infl. zugesproGen. Von den Invaliden, renten entfielen auf. die Jahrgänge 1810/1820: 7, 1821/1839: 447, 1831/40: 3991, 1841/50: 282, 1851/60: 201, 1861/70 117 und 1871/1873: 15. 433 Alters- und 272 Inbvaliditätsrentner schieden im Laufe der Zeit durch Tod oder aus andern Gründen wieder aus, Der Bestand an Altersrenten betrug am Jahress{hluß 2247, der an Invalidenrenten 1196. Die Anstalt zahlte auf ihren Antheil nach Ausscheidung des Reicbszuschusses im Jahre 1894 240 704,48 4 Altersrente und 102 962,79 #4 Inbvalidenrente. In 120 Fällen wurde von der Anstalt die Krankenfürsorge übernommen. Dieselbe bestand in 38 Fällen theils in ambulanter, von der Anstalt be, zahlter ärztliher Behandlung, in Lieferung von orthopädischen Apparaten, Bädern 2c., theils in Krankenhaus- oder Heimftättenpflege, während 82 Paiienten bis Ende 1894 in das Sanatorium Gütergoß aufgenommen werden sind. Von diesen 82 Patienten wurden 26 als geheilt bezw. gebessert und erwerbsfähig, 17 als ungeheilt entlaffen: 39 blicben in Behandlung. Das Sanatorium hatte im ersten Be: rihtéjahre 4806 Verpflegungstage, die durdschnittlihe Verpflegungs- dauer betrug für den einzelnen Kranken 49 Tage. Nach dem Dafür- halten des Vorstandes werden die Ergebnisse im nächsten Jahre bei weitem günstiger sein. Das anfangs nicht voll belegte Sanatorium machte zunädst die Aufnahme au solcher Patienten möglich, bei welchen ein Heilerfolg zweifelhaft ershien. Seit einiger Zeit aber ift das Sanatorium beständig voll besezt, sodaß bereits zahlreihe Vornotierungen haben stattfinden müssen. Es wird daher gegenwärtig bei der Auswahl der Patienten strenger ¿zu Werke gegangen, und es können nur folche Ver- sicherte Aufnahme finden, bei welden ein Heilerfolg mit einiger Sicherheit zu erwarten steht. Die ärztlihe Oberleitung des Sanatoriums is dem biesigen Professor Dr. Renvers übertragen, als dirigierender Arzt fungiert der bisherige Assistenz-Arzt beim Krankenhause Moabit Dr. Pielede. An dem Sanatorium sind außerdem beschäftigt 2 Schwestern des Viktoriahauses, 1 Oberwärter, 1 Wärter und das nothwendige Haus- und Küchenpersonal. Die Kosten der erften Ein- rihtung beliefen sich auf rund 115 00046, die Betriebékosten für 1894 auf rund 31000 # Gegen die Entscheidungen der Anstalt in Rentensachen wurde in 376 Fäklen Berufung an das Schiedsgericht eingelegt. In 241 Fällen ist der Bescheid der Anstalt bestätigt, in 82 Fällen der Bescheid völlig oder zum theil abgeändert, der Rest theils durch Vergleih oder Zurücknahme der Berufung erledigt, theils unerledigt auf das Jahr 1895 überncmmen. In 60 Fällen wurde gegen Urtheile des Schiedsgerichts Revision beim Reichs-Versicherungsamt eingelegt, und zwar von der Anstalt in 10, von Rentenbewerbern ü 48, vom Staatsfommissar in 2 Fällen. Hiervon find 6 für begründä erachtet, 30 verworfen worden und 24 unerledigt geblieben. 77 Bei tragsstreitigkeiten, bei welden die Anstalt Partei war, wurden an- hängig. Die Kontrolbeamten nahmen in 27 355 Betrieben bezw. Haushaltungen Revisionen bezüglih der rechtzeitigen und richtigen Markenverwendung vor. In 692 Fällen mußten Orduungé- strafen gegen Arbeitgeber festgeseßt werden. 423 742 Quittunge- farten wurden für Versicherte ausgefertigt. Bei der Karten- verwaltung gingen ein 394 239 mit Marken verschene Karten, darunter 47 977 Karten Nr. 1, welhe zugleich den Zugang an neuen Ver- sicherten für Berlin im Iahre 1894 darstellen, Insgesammt wurden am 31, Dezember 1894 bei der Anstalt 1 015 384 im Verkehr gewesene Karten aufbewahrt. Der Erlös aus Beitragskarten belief ih 1894 auf 4746 386,72 4 Das Vermögen der Anstalt betrug am Jahre®- \chluß 18 448 254,20 Æ

Zur Arbeiterbewegung.

__ In Magdeburg ist, wie die „Mgdb. Ztg.“ mittheilt, in der Ufer’schen Feilenfabrik ein Ausstand ausgebrohen. Als Ursache wird angeführt, daß die Feilenhauer die Entlassung eines Arbeiters forderten, der aus Hannover zugereist und neu eingestellt war. Als der Arbeitgeber auf diese Forderung nicht einging und eine bei dieser Gelegenheit gestellte Forderung der Feilenhauer, eine Lohnerhöhung von 20% eintreten zu laffen, ebenfalls abgelehnt wurde, legten sämmtliche Feilenhauer die Arbeit nieder. 4 In Bielefeld legten, wie im „Vorwärts“ berihtet wird, sämmtlide Zwicker und Maschinenarbeiter der Schub- waaren-Fabrik von Steinrück u. Krögel die Arbeit nieder. Als Grund wird „unpassende Behandlung“ angeführt. Alle übrigen Arbeiter der Firma {lossen sich dem Ausstande an.

Aus Kattowitz wird dem „W. T. B.“ gemeldet : 700 Berg- arbeiter auf den der Sosnowicer Aktiengesellschaft gehörenden Gruben zu Zagorze (vgl. Nr. 188 d. Bl.), die vor aht Tagen wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt hatten, haben nach Bei- legung dieser Lohnfragen am Donnerstag die Arbeit wieder aus genommen. E ;

Aus Mons wird der „Köln. Ztg.“ berichtet, daß die aus\tändigen Bergarbeiter in Flenu, Cameries und Cuesmas (vgl. Nr. 187 d. Bl.) die Arbeit wieder aufgenommen haben.

Kunst und Wissenschaft.

Jm Säulenhofe des Egyptischen Museums sind zur Zeit die wesentlichsten Erwerbungen des leßten Jahres aus gestellt, die zum größten Theil den Bemühungen des Herrn Dr. Reinhardt zu Kairo zu verdanken sind. Die älteite uns bekannte Epoche der egyptishen Geschichte (etwa 2800 bis 2500 v. Chr.) is durch die Doppelstatue cines Eh& paares aus einem Grabe zu Memphis vortreffli vertreten. Dem sogenannten „mittleren Reih“, d. ?- etwa der Zeit von bis 1800 v. Chr., gehören die interessanten Modelle eines Wohnhauses und eines Korr/ speichers mit seinen Arbeitern an; das leßtere entstammt einen der im vorigen Jahre entdeckten Gräber zu Siut, das unserer Sammlung auch die hölzerne Nachbildung eines Soldaten- schildes geliefert hat. Das „neue Reih“, . die große Zeit er egyptishen Geschihte hat uns einen stattlichen Ver-

treter in dem mehr als 3 m hohen Obelisken aus

schwarzem Granit gesandt, der zur Zeit in der Vor

halle des Neuen Museums aufgerichtet wird.

ist von Namses I1., dem bekannten großen Könige (um 1300

v. Chr.), in den Tempel zu Athribis im Delta roten er

worden, wo ihn sein Sohn enptah und dessen Nachfolger Sethos 11. mit weiteren Jnschriften versehen haben ; seint Spißbe, die heute fehlt, bestand vielleicht einst aus Metall.

Unter den anderen Alterthümern der älteren egyptischen Epochen, die im Säulenhofe ausgestellt find, beahte man noh die hübschen, freilih vielfach ergänzten Stühle, die s{önen Gefäße aus buntem Glas, aus Fanence und aus Stein, das Kleid von feinstem Leinen - (Geschenk des Herrn Dr. Carl Schmidt), das bronzene Rasiermesser und die zierlihen Salb- lóffel u. #. w. _Auqch die griechish - rômische Zeit Egyptens ist dur viele Stücke vertreten, so z. B. durch die reich verzierte Nahre einer Kindermumie, dur die chône Todtenmaske eines Priesters, durch Terrakotten, Shmucssachen u. a. m.

Der frühere Vorsteher des Stenograpbishen Bureaus des

Herrenhauses, Lektor der Stenograpbie an der biesigen Universität,

rofessor Dr. Gustav Michaelis if gestern im 83. Lebenéjahre fer verstorben.

Land- und Forstwirthschaft,

Ernteaussichten in Rußland.

Einer in dem russishen „Regierungs-Anzeiger“ vom 31./19, v. M. reröffentlihten Uebersiht über den Saatenstand vom 13./1. v. M, atnebmen wir folgende Angaben :

Was die Auésichten in Betreff des Ertrags von Winterkorn anbelangt, so wird fast überall in den westlichen, zentralen und der Mehrzahl der nördlihen Gouvernements eine ungenügende, in dem ¡brigen Gebiet im allgemeinen eine Ernte nicht unter mittel und im nördlihen Kaukasus fowie im Zentrum des Schwarzerdestrißs eine sehr befriedigende Ernte erwartet. Der Stand des Sommergetreides hat \sich bedeutend ge- bessert, sodaß mit Ausnahme des Südostens und einiger Gegenden des Weichselgebiets, wo anhaltende Dürre Schaden verursacht hat, eine Ernte über mittel in Aussicht steht. Am besten steht das Sommerkorn in den westlichen und den sich daranschließenden zentralen und nördlichen Gouvernements. i: :

Die Heuernte hat unter der regnerishen Witterung bedeutend zu leiden gehabt, sodaß das Ergebniß hinter den Erwartungen zurüd- bleiben wird. Günstigere Ergebnisse find nur im Süden zu ver- zeichnen, wo die Ernte vor Eintritt der Regenzeit beendet werden konnte.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln. Portugal. : Durch Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern ift der Hafen von Hongkong für von der Pest verseucht erklärt worden, während der Hafen von Makao als derselben Krankheit ver-

dâchtig gilt.

Gesundhbeits- und Sterblihkeitëverhältnis}e während des Monats Juni 1899.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind im Monat Juni cr. von je 1000 Einwohnern, auf das Iahr be- rechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 17,6, in Breslau 29,9, in Altona 16,8, in Frankfurt a. M. 16,3, in Hannover 19,9, in Cassel 19,8, in Köln 19,6, în Ne 24,9, in Magdeburg 20,3, in Stettin 421, in Wiesbaden 17,6, in München 21,3, in Nürnberg 19,5, in Augsburg 23,7, in Dresden 17,9, in Leipzig 17,8, in Stuttgart 18,8, in Karlsrube 17,6, in Braunshweig 22,7, in Hamburg 19,4, in Straß- burg 24,3, in Met 15,0, in Amsterdam 15,6, in Brüssel 18,7, in Budapest 24,6, in Christiania 18,2, in Dublin 21,9, in Edinburg 18,0, in Glasgow 19,5, in Kopenhagen 18,9, in Krakau 36,2, in Uverpool 23,8, in London 15,3, in Won 16,6, in Moskau 42,3, in Odessa 23,9, in Paris 18,5, in St. Petersburg 26,9, in Prag 266, in Rom ?, in Stockholm 20,8, in Triest 24,3, in Turin (Mai) 90, in Venedig ?, in Warschau 24,0 in Wien 22,8, in New- orf 20,1. (Für die nihtdeutshen Städte ist der Zeitraum von 1 Wochen, vom 2. bis einschließli 29. Juni, zusammengefaßt worden.)

Der Gesundheitszustand im Monat Juni blieb in der überwiegenden Mehrzahl der deutshen sewohl wie der nicktdeutsen Orte ein günstiger und auch die Sterblichkeit blieb im allgemeinen cine glei günstige wie im Mai. Die Zahl der deutschen Orte mit sehr geringer Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer unter 15,0 pro Mille) stieg von 19 im Vormonat auf 38 im Juni und führen wir aus der Zahl derselben hier nur Allenstein, Barmen, Bielefeld, Elberfeld, Eupen, Geestemünde, Hagen, Iserlohn, Krefeld, Mülbausen i. Th., Mülheim a. R., Neuß, Rheydt, St. Johann, Siegen, Wilhelmshaven, Annaberg, Meißen, Wurzen, Heilbronn, Konstanz, Pforzheim, Schwerin i. M., Weimar, Oldenburg, Zerbst, Lübeck und Bremen an. Die Zahl der deutschen Orte mit hoher Ster b- lihfeit (Sterbli(hkeitsziffer über 35,0 pr. M.) stieg auf 8 von im Mai und zwar war dies. in den Vororten Berlins Lichtenberg und Weißensee sowie in Grabow, Herne, Inowrazlaw, Stettin, Ludwigs- hafen und Passau, von ausländischen Städten in Krakau und Moskau der Fall. Das Sterblichkeitsmaximum unter den deutschen Orten, das im Vormonat 44,1 pr. M. betrug, erreihte im Juni Lichtenberg mit 46,1. Etwas kleiner als im Mai war die Zahl der deutschen Orte mit günstiger Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer 15 bis 20 pr. M.); sie sank von 106 im Mai auf 91 im Juni und er- wähnen wir aus der Zahl derselben hier nur Altona Berlin, Schöne- berg (bei Berlin), Bromberg, Celle, Dortmund, Duisburg, Erfurt, Flenétburg, Frankfurt a. M, M.-Gladbah, Glogau, Greifswald,

uben, Ae inover: Hirschberg. Cassel, Kiel, Koblenz, Köln, Köslin, Kolberg, Kottbus, Kreuznah, Lüneburg, Merseburg, Münster, Nord- hausen, Osnabrück, Potsdam, Stralsund, Trier, Viersen, Wesel, Wies- baden, Amberg, Kaiserslautern, Nürnberg, Pirmasens, Baußen, Dresden, Leipzig, Zittau, Zwickau, Cannstatt, Eßlingen, Stuttgart, Karlsruhe, Darmstadt, Mainz, Güstrow, Rosto, Wismar, Apolda, Eisenach, Altenburg, Gotha, Cöthen, Hamburg, Colmar, Mey, Mülhausen i. E. und von nicht deutschen ‘Orten Amsterdam, Brüssel, Christiania, Edinburg, Glasgow, Kopenhagen, London, Lyon und Paris. Auch die Zahl der deutshen Orte mit mäßig hoher Sterblichkeit (Sterb- lihkeitsziffer bis 23,0 pro Mille) war etwas fleiner als im Vormonat, 51 gegen 54, und wollen wir aus der Zahl derselben hier nur Beuthen O.-S., Brandenburg, Charlottenburg, Düsseldorf, Elbing, Essen, Frankfurt a. O., Görlitz, Halberstadt, Marburg, Neiffe, Oppeln, Paderborn, Stendal, Tilsit, Bamberg, Bapreuth, Fürth, Hof, München, Crimmitschau, Plauen, Reutlingen, Ulm, Freiburg i. Bad., eidelberg, Mannheim, Braunschweig, Coburg, Bernburg, Dessau, Hreiz, Bremerhaven, und von nicht deutschen Orten Dublin, Turin, Wien und New-York nennen. Die Theilnahme des Säug- lingsalters an der Gesammtsterblihkeit war im allgemeinen eine etwas prbhere als im Mai. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr erechnet, in Dresden 63, in Berlin 65, in Stuttgart 71, in Hamburg 7, in München 85 Säuglinge. Diese Steigerung beruhte baupt- sèdlih auf dem zahlreiheren Vorkommen von akuten Darmfrank- beiten mit tôdtlihen Ausgängen, die in fast allen größeren Orten Alufiger auftraten, besonders aber in Berlin und seinen Vororten Lihtenberg, Rixdorf und Weißensee, sodaan in Breslau, Danzig, Düsseldorf Effen, Halle, Hannover, Köln, Königéberg, Magdebucg, Stettin, Augéburg, Ludwigshafen, München, Dresden, Leipzig, Mannheim, Gera, Hamburg, Straßburg, Budapest, Kopen- hagen, London, Paris, Moskau, Odessa, St. Petersburg, Warschau, Wien, New-York zahlreihe Opfer forderten. Dagegen hat die Sterblichkeit in den höheren Altersklassen abgenommen, zumeist wohl infolge des allgemein selteneren Vorkommens von akuten Ent- ¿ündungen der Athmungsorgane, die in den meisten Städten des In- und Auslandes weniger Todesfälle hervorgerufen haben. So war in Altona, Berlin, Breslau, Frankfurt a. M., Hannover, Köln, München, ggernberg, Dresden, Braunschweig, Hamburg, Sap eue, Ae Stel, Budapest, Kopenhagen, London, Lyon, Moskau, Odessa, aris, a Petersburg, Prag, Stockholm, Triest, Warschau, ien,

ew-York die Zahl der Sterbefälle eine erheblich kleinere, nur in Valle, Königsberg, Leipzig eine rößere als im Mai. Auch Er-

ankungen und Todesfälle an Grippe wurden seltener. Mehrfache

Todesfälle an Grippe kamen nur aus Leipzig, Weißenfels, is

und New-York (je 2), aus Forst (3), aus Dresden und Kopenhagen

(ie 4), aus Stockholm (6), aus Berlin und Moskau (je 7), aus

St. Petersburg (15) und aus London (26) zur Mittheilung. Sterbe-

fälle an Lungenshwindsuht wurden gleichfalls seltener beritet. e

_Die vorliegenden Nachrichten über die Cholera bestätigen das

weitere Erlöschen der Epidemie in Rußland, nur in Wolhynien kamen

au im Juni noch eine größere Zabl von Todesfällen zur Feststellung.

Dagegen hat in dem asiatischen Theile der Türkei die Cholera in

mehreren Vilajets im Juni größere Auédehnung gefunden. So war besonders das Vilajet Adana von der Epidemie stark heimgesucht ;

namentlichß waren es die Ortschaften Tarsus und Umgegend, Adana, Sis, Hatschin, Pajaft, Mesis, Karatash, Kara Jéêdali,

wo die Zahl der Todesfälle eine größere war, während in Jumurtalik,

Bulanik, Mersina nur P Fälle festgestellt wurden. Zu Ende des Monats war jedo eine Abnahme der Epidemie ersihtlich. Im Vilajet Aleppo kamen in Marash und Dijabul einige Fälle, in Aleppo selbst nur einige Cholerinefälle zur Feststellung. In Konstantinopel wurden am 20. Juni 2 Erkrankungen, davon 1 tödtlich, beobachtet. In Arabien kamen in Mekka bis Mitte Juni 17 Todesfälle an Cholera vor. Vom 15. Juni ab wurden weitere Todesfälle nit beobachtet. In Taif wurden, jedoch nur unter der militärishen Besatzung, 24, in Kamerau unter den rückebhrenden Pilgern 16 Todesfalle festgestellt. In Tor war der Gesundheitsstand günstig. Aus Ostindien wurden aus Kalkutta vom 2. bis 22. Juni 66 Todesfälle an Cholera be- ribtet. In Japan und Korea berrshte Cholera unter den Truppen ; auch aus Singapore wird vom 10. Juni der Ausbruch der Epidemie gemeldet. In Havana, Santjago de Cuba, Vera Cruz und Maracaibo zeigte sih das Gelbfieber in beschränkter Zahl.

Von den anderen Infektionskrankheiten kamen Todesfille an Masern, Scharlach, Unterleibstyphus bäufiger, an Diphtherie, Keuch- busten und Poden seltener zur Mittbeilung. So waren Todes- fälle an Masern in Berlin, Halle, München, Chemnitz, Hagenau, Liverpool, London, Paris, New - York häufiger, in Straßburg, Ludwigshafen, Glaëgow, Moskau, Wien seltener. Erkrankungen famen aus Berlin, Breslau, Budapest, Edinburg, Kopenhagen, St. Petersburg, Wien und den Regierungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf, Hannover, Hildesheim, Posen in großer Zahl zur Anzeige. Das Scharlachfieber forderte in Ber- lin, Poien, Zaborze, München, Leipzig, Liverpool, Warschau etwas mebr, in Ckarlotitenburg, London, Moskau, Paris, Wien, New-York weniger, in St. Petersburg die gleiche Zahl von Opfern wie im Mai. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Breslau, München, Krakau, Liverpool etwas gesteigert, in Köln, Magdeburg, Leipzig, Hamburg, Budapest, Edinburg, Glasgow, Kopenhagen, London, Moskau, Paris, St. Petersburg, Prag, Triest, Warschau, Wien, New-York vermindert. Erkrankungen kamen aus Berlin, London, Paris, St. Petersburg, Wien und aus den Regierungs- bezirken Arnsberg, Düsseldorf, Hannover, Schleswig nech immer zahlrei zur Meldung. Das Borkommen von Unterleibstyphus blieb in den meisten Großstädten ein beshränktes; doch war die Zahl der Sterbe- fälle in Berlin, Kopenhagen, Liverpool, Moskau, Paris, St. Petersburg, New-York eine etwas größere als im Mai. An Flecktyphus kamen aus Kopenhagen, London vereinzelte, aus Petersburg 2, aus Moskau 3 Todesfälle, aus Lübeck, St. Petersburg und dem Regierungsbezirk Düsseldorf vereinzelte Erkrankungen zur Anzeige. An Genickstarre wurden aus Fserlobn und Kopenhagen je 1, aus Moëkau 2, aus New- Vork 22 Sterbefälle, aus Breslau, Hambura, München, Kopenhagen und den Regierungsbezirken Düsseldorf und Schleswig ver- einzelte Erkrankungen berihtet. Dem Keuchhusten erlagen in Berlin, Glaségow, Liverpool, London, Paris weniger Kinder. Todesfälle an Poten kamen aus Glasgow, Liverpool, Moskau, Paris, New-York je 1, aus Antwerpen, London, St. Petersburg je 2, aus Budapest, Odessa je 4, aus Warschau 5, aus Dublin 9 zum Bericht; Er- franfungen wurden aus Breslau, Wien und dem Regierungsbezirk Posen vereinzelt, aus Berlin 4, aus Antwerpen 6, aus Budapest 11, aus Paris 39, aus London 40 gemeldet. An Tollwuth kam aus St. Petersburg 1, an Milzbrand aus Moskau 1, an Roß aus St. Peters- burg 2 Todesfälle zum Bericht.

Handel und Gewerbe.

Nach einer Bekanntmachung der Regierung der Ver- einigten Staaten von Venezuela vom 12. Juli, abge- druckt in der „Gaceta oficial“ Nr. 6453 vom 13. Juli, sind „flüssige oder pulverförmige Desinfektions- mittel (desinfectante liquido ó en polyo)“ na Analogie des Kreolins in die dritte Zollklasse mit einem Eingangszoll von 025 Bolivares pro Kilogramm eingereiht worden. Eine weitere Verfügung vom 18. Juli, die in der „Gaceta oficial“ Nr. 6457 vom 18. Juli ver- öffentlicht ist, bestimmt, daß Legierungen aus Blei und Aluminium zum Gebrauh bei der Stereotypie sowie präpariertes Papier zur Herstellung von Schrift- Matrizen (pasta para hacer matrises) zollfrei eingeführt werden können.

Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 7. August weist bei einem gesammten Kassenbestand von 1 051 145 000 Æ der Vorwoche gegenüber eine Abnahme von 3 763 000 4 auf; der Metallbestand allein hat #ch nur um den kleinen Betrag von 11 000 4 vermindert. Der Bestand an Wechseln hat sich um 22239000 # auf 551 839 9000 A und der Bestand an Lombardforderungen um 4 206 000 A auf 74 702 000 Æ ermäßigt; auf diefen beiden Anlage- fonten zusammen hat also ein Rückgang um 26 445 000 statt-

efunden. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden

Noten mit 1 076 173 000 A eine Abnahme um 17 322 000 Æ; die sonstigen tägli fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) haben sich weiter um 13 461 000 M auf 492 971 000 Æ vermindert.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 11771, niht recht- zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 8. d. M. gestellt 4447, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Aus Mailand wird der „Frkf. Ztg.“ gemeldet: Infolge der Krisis in der Shwefelindustrie beschloß die Firma Frezza in Cesena ihre Minen zu schließen. Tausende von Familien werden dadur brotlos. Man befürchtet ernste Unruhen.

Magdeburg, 9. August. (W. T. B.) Zuckerbericht. Korn- ucker, erfl., von 92% —, neue —,—. Kornzucker erfl., 88 %%o MaSeinent —,— , neue 10,30—10,50. Nachprodukte extl., 75% Nendement 7,10—7,90. Ruhig. Brotraffinade 1 22,75— 23,00. Brotraffinade 11 2250. Gem. Raffinade mit Faß 22,75—23,00. Gem. Melis I mit Faß 22,25. Ruhig. Nobzucker 1. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. August 9,80 bez., 9,824 Br., pr. Sep- tember 9,95 bez., 9,974 Br. pr. Oktober-Dezember 10,324 G., 10,35 Br., pr. Januar-März 10,622 Gd., 10,65 Br. Schwächer. Wochenumsaß im Rohzuckergeshäft 173 000 Ztr. i

Leivzig, 9. August. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. August 3,10 Æ, pr. September 3,10 4, pr. Oktober 3,124 4, pr. November 3,122 , pr. Dezember 3,15 4, pr. Januar 3,15 #, pr. Es 3,174 M, pr. Mârz 3,20 4, pr. April 3,20 4, pr. Mai 3,20 4, pr. Juni 3,20 #4, pr. Juli 3,20. Umsay 25 000 kg.

Bremen, 9. August. (W. T. B.) Börsen - Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum-Börse.) Fest. Loko 6,20 bez. Baumwolle. Stetig. Upland middl. loko 35 . Schmalz. Besser. Wilcox 34 , Armour shield 335 „4, Cudahy 344 4, Fairbanks 285 4. Wolle. Umsay 105 Ballen. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 31. Taback. Umsay 61 Faß Kentucky.

Hamburg, 9. August. (W. T. B.) Kaffee. (NaSmlta beriht.) Good average Santos pr. September 75è, pr. Dezem 741, pr. März 734, pr. Mai 733. Ruhig. Zuckermarfkt. Ae Rüben-Robzucker 1. Produkt Basis 88 9/9 Rende- ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Ae 9,774, pr. Oktober 10,20, per Dezember 10,40, pr. März 10,70. Matt. j

Wien, 9. August. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche Fn 30. Juli bis 5. August 855 720 Fl., Mehreinnahme 11 170 F.

London, 9. August. (W. T. B.) An der Küste 8 Weizen- ladungen angeboten. : .

960% SJavazucker 12 ftetig, Rüben-Rohzucker loko 9 matt. Zentrifugal 118. Chile-Kupfer 45è, pr. 3 Monat 453.

Liverpool, 9. August. (W. T. B.) Baumwosllen- Wocenberiht. Wochenumsaß gegenwärtige Woche 39 000 (vorige Woche 52 000), do. von amerikanishen 36 000 (48 000), bo. für Speku- lation (1000), do. für Erport 2000 (4000), do. für wirklichen Konsum 34 000 (43 000), do. unmittelb. ex. Schiff 39 000 (52 000), wirkliher Export 4000 (6000), Import der Woche 3000 (19 000), davon amerikfanishe (10 000), Vorrath 1 366 000 (1406 000), davon amerikanische 1231 000 (1 270 000), s{wimmend nah Großbritannien 39 000 (30 000), davon amerifanische 21 000 (15 000).

Manchester, 9. August. (W. T. B.) 12r Water Taylor d 30 r Water Taylor 64, 20r Water Leigh 55, 30 r Water Clayton bt, 329r Mock Brooke 6. 40r Mayoll 65, 40r Medio Wilkinson 7F, 32 r Warpcops Lees 5, 36r Warpcops Rowland 64, 36r Warpcops Wellington 7, 40r Double Weston 7, 60r Double courante Qua- lität 104, 32* 116 vards 1616 grey Printers aus 32 r/46r 144. Fest.

Gla8gow, 9. August. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen fih auf 282 462 Tons gegen 305 794 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betrieb befind» lien Ho chöôfen beträgt 75 gegen 7 im vorigen Jahre.

St. Petersburg, 9. August. (W. T. B.) Produkten- markt. Weizen loko 8,00. Roggen loko 5,50. Hafer loko 3,30. aab loko 11,50. Hanf loko 44,00. Talg loko 50,00, pr.

ugust —,

St. Petersburg, 10. August. Das Tarifcomité des Finanz- Ministeriums berieth, wie verschiedene Blätter melden, die Frage wegen Erleichterung des Exports russisber Fabrikate und Produkte nah dem Ausland. Der Agent des Finanz- Ministeriums in Paris und der russishe Minister-Resident in Hamburg bestätigen, daß der Gedanke, den Ueberfluß russisher Produkte in das Ausland, namentlich auf ferne überseecishe Märkte zu bringen, rihtig und durhaus aus- führbar sei, wenn die Sache regelrecht organisiert werde. Vor allen Dingen müsse auf die Beschaffung billiger Frachten Bedacht genommen werden. Das Tarifcomité erkannte die Nothwendigkeit an, die betreffenden Eisenbahntarife zu ermäßigen. Da in dieser Frage auch ausländische Eisenbahnen interessiert sind, wird fie der im September zusammentretenden internationalen Konferenz für den direkten russisch - deutsch - niederländishen Eisenbabnverkehr vor- gelegt werden. :

Amsterdam, 9. August. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 553. Bancazinn 39t.

Brüssel, 10. August. Der „Moniteur“ veröffentliht einen Negierungserlaß, daß vom nächsten Montag die Einfuhr von Hammeln nah Antwerpen zum Zweck ihrer Abschlahtung und demnächstigen Wiederausfuhr aus diesem Hafenplaß auf dem Schienen- Wegs La TES sei.

New-York, 9, August. (W. T. B.) Die Bör f e eröffnete träge, später trat Erholung ein. Der Schluß war recht fest. Der Umsay der Aktien betrug 151 000 Stück.

Statt der erwarteten großen Goldausfuhr werden morgen nur 362 000 Dollars verschifft.

Weizen eröffnete träge. Das dringende Angebot für New- York, welches gestern \{chon einen erheblichen Preisdruck ausübte, dauerte auch heute noch fort und beeinflußte die Preise für nahe Ter- mine nachtheilig, sodaß diese gegen gestern noch etwas nachgaben. Entfernte Termine leisteten jedoch Widerstand und konnten sich gut behaupten; der Schluß war im allgemeinen stetig. Mais anfangs fest, nahm bald nah Eröffnung eine steigende Tendenz an. Umfang- reihen Verkäufen gelang es nicht, die Hausse, die durch reichliche Käufe e Exrporteure unterstüßt wurde, zu besiegen. Der Schluß war fest.

Waarenbericht. Baumwolle-Preis in New-York 7}, do. do. in New-Orleans 63, Petroleum Stand. white in New-York 7,10, do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. Juli 130 nom., Schmalz Western steam 6,55, do. Noßbe u. Brothers 6,80, Mais per August 46è, do. per September Gn do. per Oktober 443, Rother Winterweizen 73%, Weizen per August 724, do. per September 733, do. pr. Oktb. 73, do. per Dezember 75k, Getreidefraht nah Liverpool 2, Kaffee fair Nio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 per September 15,50, do. do. per November 15,35, Mebl, Spring-Wheat clears 3,00, Zucker 3,00, Kupfer 12,00.

_Baumwollen-Wo enbericht. Zufuhren in allen Unions- häfen 2100 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 7000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 6900 Ballen, Vorrath 334 000 Ballen.

Chicago, 9. August. (W. T. B.) Für Weizen herrschte infolge ungünstiger Witterungsberihte recht animierte Stimmung. Bessere Kabelmeldungen regten eine lebhafte Betheiligung am Geschäft an; besonders waren es Käufe für den Export, die zur Entwickelung einer Preissteigerung wesentli beitrugen, welhe fih auch bis zum Schluß bebauprete. Mais wurde infolge ungünstigen Wetters und guter Plaßnathfrage böber bezablt.

Weizen pr. August 678, pr. Dezember 70#. Mais pr. August 392. Speck short clear nomin. Pork pr. August 9,70.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande.

24. August, 11 Uhr, im Kaffeehaus „Koophandel & Zeevaart“ zu Dordrecht: Lieferung von deutschen Maschinen-Steinkohlen für Dampfmühlen auf der Insel Dordreht für den Zeitraum von einem Jahr vom 1. September d. J. ab. Die Offerten müssen gestempelt, vershlossen und durch den Offerenten und Bürgen unterzeichnet ein- geliefert werden : Freitag, den 23. August, 10 bis 1 Uhr, und Sonn- abend, den 24. i 9 bis 10 Uhr Vormittags, bei dem Sekretär der vier Polders A. A. Mol zu Dordrecht, groote Kerksplein Nr. 2, woselbst auch die näheren Bedingungen erhältlich.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite englische Post über Ostende vom 9. August ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England.

Burg-Dithmarschen, 9. August. (W. T. 2 Am heutigen Abend erglänzte zum ersten Mal der Kaiser Wilhelm-Kanal von der Elbe bis Rendsburg in elektrischer Beleuchtung. Die Apparate scheinen gut zu funktionieren.

Bremen, 10. August. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Mark“ ist am 9. August Morgens auf der Weser angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Hohenstaufen“ is am 9. August Vormittags in Colombo angekommen. Der Reichs- Mee „Gera“ hat am 8. August Mittags Gibraltar passiert.

Hamburg, 9. August. (W. T. T2 Hamburg- Ameri- lanishe Padcketfahrt- Aktiengesellschaft. Der Postdampfer „Dania“ is heute Morgen in New-York eingetroffen. er Schnelldampfer „Normannia* is heute Morgen in New-York eingetroffen.

London, 9. August. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Arundel Castle“ hat gestern auf der Heimreise die Canarischen Inseln, der Castle-Dampfer „Garth Castle“ auf der Aus-

reise die Canarischen Inseln passiert.