1914 / 114 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamlliches.

Deutsches Rei. Preußen. Berlin, 15. Mai 1914.

__ In der am 14. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab- gehaltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde dem An- trag wegen Prägung von Fünf- und Dreimarkstücken in Form von Denkmünzen aus Anlaß des Regierungsantritts Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Ernst August zu Braun- \{hweig und Lüneburg die Zustimmung erteilt. Zur An- nahme gelangten ferner der Salzsteuerverwaltungskojten- etat für Schwarzburg-Rudolstadt, die Bekanntmachung über die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben usw., der Antrag Bremens, betreffend die Reife- zeugnisse der städtishen Studienanstalt (Oberrealshule für Mädchen) in Bremerhaven, der Entwurf für Aenderungen der Bestimmungen zur Ausführung des Weingeseßzes, betreffend Herstellung von Malzwein, die Vorlage, betreffend Anrehnung der Hilfsbedienstetenzeit als pensionsfähige Dienstzeit bei Be- amten der Reichseisenbahnverwaltung, und die Aenderung der Verordnung über die Tagegelder usw. von Beamten der Be- trieb8verwaltung der Reichseisenbahnen. Demnächst wurde über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt.

Der Königlich norwegishe Gesandte von Ditten hat Berlin - verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der

Legationsrat Huitfeldt die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Wirkliche Geheime Oberkonsistorialrat D. Koch ist zur Kur nah Karlsbad abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 13. Mai S. M. S. „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision auf der Jnsel Thira (Cycladen), S. M. S. „Leipzig“ mit dem Chef des Kreuzergeschwoaders in Nagasaki und S. M. S. „Sleipner in Gibraltar eingetroffen.

Jn der Vierten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigu ngsurkunde, betreffend eine Anleihe der Stadtgemeinde Char lottenburg, veröffentlicht.

VBayeru.

Die Kammer der Abgeordneten genehmigte in der gestrigen Sißung, wie „W. T. B.“ meldet, die Nachtrags- forderung der Regierung in Höhe von 2031 817 6 für den bereits gebildeten bayerischen Rheinschiffahrtskonzern zur Sicherung der Jnteressen des pfälzischen und aschaffen- burgischen Umschlagsverkehrs. Die Eisenbahnverwaltung über- nimmt hiervon den Betrag von 677 272 M: der Rest von 1 354 544 (6 wird durch Anleihen auf Rechnung der Ministerien des Aeußern, des! Jnnern und der Finanzen gedeckt.

Sachsen. ) Erste Ständekammer hat sich gestern, wie . T. B.“ meldet, gegen die Stimmen der beiden Ober- bürgermeister Dr. Beutler-Dresden und Dr. Dehne Plauen (Vogtland) für die Verlegung der Tierärztlichen Ho ch - schule nah Leipzig entschieden.

Baden. Seine Königliche Hoheit der Groß herzog empfing

T

gestern mittag in Gegenwart des Ministers des Aeußern Dr. von Dusch den neuen sächsishen Gesandten von Stie gliß.

Oesterreich-Ungarn.

Neber das Befinden des Kaisers wird einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge bekanntgegeben, daß der Hustenreiz während des gestrigen Tages etwas geringer und der Katarrh etwas lockerer war. Das subjektive Befinden war gut.

Der Kaiser überreichte gestern vormittag dem Chef der Militärkanzlei Freiherr Bolfras von Ahnenburg anläßlich seines 25 jährigen Jubiläums als Generaladjutant und Chef dèr Militärkanzlei die Verdienstmedaille und eine große Reiter statuette des Kaisers mit einer überaus freundlichen Widmung. Der Deutsche Kaiser und der Erzherzog Franz Ferdi- nand sandten Glückwunschdepeschen.

Großbritannien und JFrlaundv.

Die Regierung . ist gestern nachmittag im Unterhause bei der Abstimmung über eine Resolution, betreffend den Arbeitsplan des Parlaments, knapp einer Niederlage entgangen. Wie „W. T. B.“ mitteilt, war die Resolution rein formal und eine Abstimmung über fie wurde nicht erwartet. Die Opposition, die sehr stark an Zahl war, verlangte* die Abstimmung über die Resolution, die indessen mit 255 gegen 234 Stimmen angenommen wurde.

Spanien.

Jn der vorgestrigen Sizung der Deputiertenkammer erklärte der Abg. Nodes (Republikaner), Spanien habe nicht die Macht, in Marokko vorzugehen, und solle auf seine Rechte verzichten und die internationalen Verträge einer Revision unter- ziehen. Darauf entgegnete der Minister des Aeußern Marquis de Lema laut Bericht des „W. T. B.“:

Gs liege feinerlei Grund vor, auf die spanischen Nechte in Marokko zu verzichten. Spanien müsse sich dort behaupten, und sei es auch nur um der Würde willen. Die Regierung hätte es nicht zuiasscn können, daß sih Frankreih g-genüber der spanischen Küste in Marokko festseßte. Die marokta: iche Angelegenheit erfordere un- ershütterlihe Geduld. Di- Eisenbah Tanger—Fez werde, soweit es sih um die spanishe Strecke hand: le, gebaut werden, fobald die Cortes die Vorlage angenommen bhâ!ten, die von ber Negterung zu einer ihr günstig ersheiuenden Zit vorgelegt werden würde.

Belgien.

Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, das Schulgeseß mit 68 Stimmen der Mehrheit angenommen. Liberale und Sozialisten verlasen vorher Protesterklärungen gegen das Gese und verließen den Saa! vor der Abstimmung.

Schweden.

Der König hat gestern auf Schloß Drottningholm einen Minifterrat abgehalten und die Regierung wieder über- nommen.

Türkei.

Gestern nahmitiag fand in Gegenwart des Sultans

Muhammed, des Thronfolgers Prinzen Jussuf Jzgeddin, der Prinzen Wahid Eddin und Salah Eddin, des Zivil- und Militärkabinetts des Sultans, sämtlicher Mitglieder des Kabinetts einschließlich Talaat Beis, der gestern früh aus Livadia, und Enver Paschas, der aus Anatolien zurückgekehrt war, sowie des gesamten diplomatishen Korps die feierliche Eröffnung des neugewählten Parlaments statt. Die vom ersten Sekretär des Sultans verlesene Thronrede er- innert zunächst an die am 4. August 1912 auf Beschluß des Senats unter der Bedingung der Vornahme von Neuwahlen verkündete Schließung des Parlaments und fährt dann laut Meldung des „W. T. B.“ fort: G Die Veränderungen und Umwälzungen im Inneren, die der Schließung des Parlaments folgten, haben eine Koalition der auf eine Gelegenheit lauernden nationalen Feinde und einen. glel{chzeitigen Einfall in unser Grenzgebiet zur Folge gehabt. Die Durchführung der Wahlen wurde daher notwendigerweise verzögert. Die Verwirk- Tihung unseres Wunsches, die Eröffnung der Nationalversammlung vorzunehmen, wurde infolgedessen bis auf den heutigen Tag hinaus- geshoben. 3ch preise den Allerhöchsten, der die Möglichkeit gewährte, die Nationalversammlung nach einer langen, [{chmerzvollen Zwischen- zeit wiederzueröffnen, und heiße alle willlommen. Der Angriff der Feinde, der von allen Setten auf unser Vaterland in einem Augen- blick erfolgte, da das Reih kaum den Krieg mit Italien und die rebolutionäre Krise überstanden hatte, brachte unser Land in die [hwierigste Lage. Nach der Verkündung der Verfafsung hatte man um den Prets großer, von unseren Völkern auf si genommener Opfer mit Fleiß und Eifer daran gearbeitet, nach Möglichkeit die zer- stôrenden Wirkungen der Vergangenheit zu beheben, indem die Equipierung und Ausrüstung der Armee mit Rücksicht auf einen möglihen Angriff vorbereitet und ergänzt wurde. Zu unserer außerordentli petnlichen Ueberrashung mußten wir wahrnehmen, daß troß all dieser patriotishen Anstrengungen und Vorbereitungen unsere Armeen unterlagen. Tausende von Soldaten, unsere Söhne, wurden von dem Schicksal erreiht, in dle Gefangenschaft des Feindes zu geraten, und felbst vor den Toren der Hauptstadt lagerten Yungernde und Entblößte. Ih habe daher fofort die Bildung eines Obersten Militärgerihtshofes angeordnet, damit er nach den Ursahen des Unglücks und nach den hierfür Verantwortlichen fahnde und über sie Strafen verhänge, die geeignet wären, eine wirksame Lehre zu bilden. Ich hege die feste Hoffnung, daß der Gerichtshof die ihm übertragenen wichtigen Aufgaben in den Grenzen der Gesetzes und der Gerechtigkeit erfüllen wird.

Die Thronrede gedenkt dann des heldenmütigen und erfolg- reichen Widerstandes der ottomanischen Armee gegen die wieder- holten heftigen Angriffe, die der Feind auf die Befestigungs- werke von Tschataldscha in der Hoffnung unternommen habe, in die Hauptstadt einzudringen, und fährt fort:

Auf die Note der Mächte vom 17. Januar 1912 beschloß die Pforte, den Mächten die endgültige Entscheidung über das Schicksal Adrianopels und der Inseln zu überlassen, und eine in diesem Sinne ge- haltene Note follte überreicht werden, als Kiamil Pascha fiel. Im zweiten Kriege hat die von unseren Truppen bewtesene Tapferkeit und Wider- standskraft der Welt gezeigt, daß unsere Nation die von den Vor- fahren ererbten männlichen Tugenden erhalten hat. ‘Mahmud Schefket Pascha hat mit der ihn charakterisierenden Gnergie feine ganze Tätig- keit darauf gerichtet, die Armee einzuüben und auszubilden und die Ausrüstung und Verpflggung der Armee in dem notwendigen Maße zu ergänzen, als er einem tüdishen Attentat zum Opfer fick.

Die Thronrede erwähnt sodann den Krieg zwischen den Balkanverbündeten und sagt:

Unsere Truppen rückten vorwärts, vertrieben ben Feind von den Ufern des Marmarameeres und konnten Adrianopel wieder erobern. Die moralischen Konsequenzen dieser Ereignisse übertrafen an Wichtig- keit ihre materiellen Vorteile. Das Innere unseres Reiches fühlte sih wieder aufleben, voller Hoffnung und Begeisterung, und die UVeberrashung des Auslandes wich vollständigem Vertrauen. Durh das Londoner Protokoll war das Schicksal der Archipelinseln der Entscheidung der Großmächte gemäß ihrem Wunsche unter dem Vorbehalt überlassen worden, daß der gesicherte und friedlihe Besiß Anatoliens berücksichtigt bleibt. Aber der Inhalt der späterhin von den Großmächten der Pforte überreihten Note ließ mit Bedauern feststellen, daß man Griechenland Inseln überließ, deren Besiß uns am notwendigsten ist, um die Ruhe und Sicherheit zu genteßen, deren wtr zur Entwick- lung und zum Fortschritt Anatoliens bedürfen. In dex Antwort auf diese Note hat meine Regierung die Gründe aus- einandergeseßt, die es unmöglih machen, diese (Entscheidung anzunehmen, und sie hat bekanntgegeben, daß, obwohl fie den Wert der Aufrecht - erhaltung des Friedens in unserem Reiche anerkenne, fie ketnerlei An- strengungen unterlassen werde, um zur Erlangung ihrer Rechte zu ge- langen. Ich hoffe, daß es gelingen wird, dte Frage in friedlicher Weise, entsprehend unserem Standpunkte und unseren wesentlichen Interessen, zu lösen. Es ist niht zu zweifeln, daß Italien dem- nächst die Inseln zurückstellen wird, deren Räumung und Uebergabe an uns der Lausanner Vertrag ihm auferlegt.

_Die Thronrede erwähnt sodann die Errichtung der sechs Inspektionszonen, die Gewährung von Eisenbahn- und Hafenbau kfonzessionen und fährt fort:

Es ist notwendig, in mögli{st kurzer Frist die Verluste gutzu- machen, die unsere militärishen Kräfte dur die Unglücksfälle des Krieges erlitten haben. Dieser Krieg hat au gezeigt, welche Not- wendigkeit und Wichtigkeit für unser Neich der Besiy etner mächtigen Flotte ist. Jch wünsche, daß die Nation die Opferwilligkeit und die Bemühungen des Kriegs- und Marineministers unteritüßen wird. Um den Fortschritt unserer Armee und unserer Flotte zu sichern, haben wir \remdländishe Offiziere berufen; Fahmänner, die wir für andere staatlihe Zweige erheten haben, treffen nah und näch ein. Die finanzielle Lage des Reiches ist durch die sih über zwei Fahre erstreckenden Feindseligkeiten hart in Mitleidenshaft gezogen. Nichts- destowentger rechtfertigen die in den staatlihen Einnahmen sogar während der Kciseperiode erzielten Uebershüsse die besten Hoffnungen für die Zukunft. Mit freundshaftlicher Unterstüßung der französischen Regierung ist eine bedeutende Anleibe in Paris abgeschlossen worden, um die während des Krieges auf „enommene Schuld zu liquidteren. Die Anleihe muß mit besonderer Befriedigung als Mittel zur Stärkung des Kredits des Neichs vermerkt werden. Die Thron- rede hebt die Bemühungen hervor, die zur Einschränkung anderer Ausgaben und zur Verringerung des Defizits gemacht worden sind; troßdem fei es nicht mögli, das erwünshte Gleichgewicht zu erzielen. Jch wünsche, sagte der Sultan, daß man sih hüte, Maßnahmen einzuführen, die das Gleichgewicht unmöglih machen könnten. Damit das Reich Cinnahmequellen ge- nteßen kann, die es bisher entbehren mußte, find Verhandoölungen mit einigen Großmächten angeknüpft worden. Diese Verhandlungen, die mit Frankreih zum Abschluß geführt und mit England etnem be- friedigenden Abschluß nahe find, werden, wie man hoffen darf, dem- nächst mit De.tshland und Rußland zum Ziele führen. Infolge dieser Abkommen wird es uns mögli fein, das Budget vom nâchsten Jahre ab ins Gleichgewiht zu bringen und es “zu fkonsolidieren. Die politishen Beziehungen des Reichs werden, wte ih hoffe, dazu beitragen, den Fortschritt und die wirtshaftliße Entwicklung in Frieden und RNuhe zu fichern. Unsere auswärtige Politik beruht auf dem Grundsaß der

vollständigen Aufrechterhaltung ur serer Rechte und Beachtung der Rechte anderer und gestattet, wie in der Vergangenheit, herzliche Bs, ziehungen mit den befreundeten Mächten. Da die Gefühle gegen» seitiger Eintracht und des Friedens sich auf allen Seiten bemertbar aben, stellt sich die Lage vom auswärtigen Standpunkt friedlich und befriedigend dar. Da der Kriegszustand ein Ende genommen hat, sind die diplomatishen Beztehungen mit den benachbarten Mächten wieder aufgenommen worden.

Die Thronrede ließt mit dem Wunsche, daß die Kammer vor allem die Abänderung der Verfassung erledige, um ein volllommenes Gleichgewicht zwischen der gejeßzgebenden und der exelutiven Gewalt zu sichern, das Budget annehme und die Berträge, die provisorischen Gesetze und andere zur Unterbreitung gelangende Geseßentwürfe ratifiziere. :

Serbien.

öh Jn der Skupschtina wurde gestern die Verhandlung über die Jnterpellationen wegen der Unzufriedenheit im Offizierkorp s fortgeseßt.

Wie „W. T. B.“ meldet, teilte die Regierung mit, daß der Offiziersverein in Belgrad setnen Verpflichtungen gegen eine Bank in St. Petersburg nit nachgekommen set, und daß eine Untersuchungs, kommission Passiva von 700 000 Dinars festgestellt habe, denen die Kommission noch nachgehe. Der Abg. Nibarat\ch betonte die Not, wendigkeit einer Abänderung der Verordnung über den Vorrang derx Zivilbehörden vor den Militärbehörden in den neuen Gebieten. Der Minister des Innern Protitsch erklärte, angesihts der Tat. sahe, daß nah erfolgreihen Kriegen der militärische Geist si fräftiger rege, müßten demokratishe Regierungen die Zivilgewalt besonders in Schuß nehmen. Der Abg. Timotitijew it\ch bemerfte, die Verordnung über den Vorrang der Zivilgewalt sei in tendenziöscr Absicht erlassen worden, um die Militärbehörde an einer Kontrolle der Borgänge in den neuen Gebteten zu verhindern.

Albanien.

Jn den Verhandlungen zwischen der Jnternatio nalen Kontrollkommission und den Vertretern der epirotishen Bewegung in Korfu ist der „Albanischen Korrespondenz“ zufolge insofern ein Fortschritt zu verzeichnen, als es bereits gelungen ist, in mehreren Punkten eine Eini- gung zu erzielen. Ueber die noch ungelösten Fragen werden die Verhandlungen fortgeseßt.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ besagt ein Bericht des amerikanishen Admirals Mayo, daß Tampico ge fallen sei. Die Jnsurgenten seien vorgestern bis in die Mitte der Stadt vorgedrungen. Auf der Plaza habe ein seh1 heftiger Kampf stattgefunden. Ueber die Verluste an Menschen- leben und über den Sachschaden meldet der Bericht nichts. Die aus Tampico flüchtenden Bundestruppen suchen mit dex Eisenbahn Pachuca zu erreihen. Die Jusurgenten halten die Eisenbahn von Tampico nach Monterey beseßt. Weiteren Meldungen zufolge sind in der Stadt selbst keine Gebäude beschädigt, die Erdölanlagen sind gleichfalls unversehrt. Die Ausländer werden aufgefordert, nah Tampico zurück zukehren, da der General Gonzales ihnen vollen Schutz ver- bürgt. Der Admiral Mayo ist mit dem Kreuzer „Desmoines“ und dem Depeschenboot „Dolphin“ den Fluß Panuco hinauf- gefahren und hat vor Tampico Anker geworfen. Das Staats- departement in Washington wird Verhandlungen mit den Jnsurgenten beginnen, um den Ausländern die Erlaubnis zu erwirken, zu den Oelquellen zurückzukehren.

Nach einer Meldung vom Panzerkreuzer „California“ vor Magzatlan haben die Flugzeuge der Zapatisten abermals Bomben auf die Verschanzungen der Bundestruppen herahb- fallen lassen. /

Asien.

Wie das „Reutersche Bureau' erfährt, übermittelt die chinesishe Regierung der Fünf-Mächte-Gruppe eine Note, in der sie eine Anleihe von 71/, Millionen Pfund Sterling zum Rückkauf kurzfristiger Anlehen anregt und vor- schlägt, die Währungsanleihe auf ein Jahr zurückzustellen.

Der japanische Ministerpräsident Okuma hat einen Neberblick über das Programm des neuen Kabinetts veröffentliht. Einer Depesche des „W. T. B.“ zufolge sichert das Programm eine strengere Beobachtung des konstitutionellen Prinzips zu, die Annahme einer auswärtigen Politik, die im fernen Osten dauernden Frieden sichern soll, und die strengste Disziplin unter den Beamten. Die Regierung erklärt, daß die Grundlage der nationalen Verteidigung auf der Einmütigkeit in den Grundsäßen des Finanzdepartements und der Militär- und Marineverwaltung beruhen werde. Das Programm ver- spricht ferner eine Förderung der produktiven Unternehmungen und eine Gesundgestaltung der Finanzen durch Einschränkung der Steuern und durch Vermeidung neuer Regierungsanleihen,

Afrika. Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Depesche hat sich

der General Lyautey am 13. Mai mit der Kolonne Gouraud vereinigt. Von fast allen Stammesverbänden der ZUl treffen Erklärungen ein, daß sie sich unterwerfen, besonders von denjenigen, die an der Straße von Taza ansässig sind. Die Kolonne wird heute den Vormarsch nah Taza fortsetzen, wo auch die Kolonne Baumgarten eintreffen soll.

- Nach einer amtlichen Meldung aus Tetuan haben die Eingeborenen eine in Alcazaba stehende Ab teilung an- gegriffen und Handgranaten auf die Soldaten geworfen, von denen acht verwundet wurden. Der Feind hat eines der vor den Stadtioren aufgeschlagenen Lager angegriffen, ist aber bald zurückgeworfen worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißzungen des Neichs- tags und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (258.) Sißung des Neichstags, welcher der Staatssekretär des Reichs- shaßamts Kühn und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Jagow beiwohnten, stand zunächst die folgende Anfrage des Abg. Trimborn (Zentr.): ;

Die Arbeitgeber derjenigen Ver)icherungspflichtigen, die Mit- glieder einer zugelassenen Ecsaßkasse sind, haben nah § 517 N.-V.-O. ihren Beitragsanteil weiter an die Krankenkasse einzits zahlen. Der Bundesrat i aber nach Maßgabe des § 518 er- mächtigt, anzuordnen, daß die Krankenkassen diese bei ihnen etn- gebenden Beträge zu vier Fünfteln an die betreffenden Ersaßkassen abzuführen haben, und verschiedene Ersatzkassen haben bereits den erforderlichen Antrag gestellt,

Ist der Herr Reichskanzler in der Lage, in Ergänzung der auf die frühere Anfrage des Abg. Dr. Blunck (Nr. 129) erteilten Antwort vor dem Ausetinandergehen des Neichstags noch cine weitere Auskunft darüber zu erteilen, ob und welche Anordnungen gemäß 518 der Bundesrat bereits beshlossen hat oder zu erlassen beabsichtigt und bis wann solche Anordnungen zu erwarten sind?

Direkior im Reichsamt des Innern Dr. Caspar: Der Bundes- rat hat inzwishen auf Grund des § 518 Abs. 2 der Neichsversicherungs- ordnungallgemeine Bestimmungen über eine einheitlihe Durchführung des 8518 Abs. 1 erlassen. Diese Bestimmungen dienen au zur Vermeidung von Streitigkeiten zwishen Krankenkassen und folchen Ersaßtzkafsen, zu deren gunsten der Bundesrat von der Befugnis des § 518 Abs. 1 Ge- brauch machen wird. Die Bundesratsverordnung wird in den nächsten Tagen im Zentralblatt für das Deutshe Reich veröffentlicht werden. Bezüglih der Anträge, die die einzelnen Erfaßkassen auf Grund des § 518 Abs. 1 gestellt haben, sind die erforderliden Ermittlungen der obersten Verwaltungsbehörden noch nicht beendigt. Etne Beschlußfassung des Bundesrats über folche Anträge konnte daher bis jeßt noch nicht erfolgen. Die Angelegenheit wird jedoch nah Möglichkeit beschleunigt werden.

Die Verlängerung des Han dels- undSchiffahrts- vertrages mit der Türkei und das Abkommen mit Japan über den gegenseitigen Schuß des gewerhb- lihen und geistigen Eigentums in China wurden in dritter Beratung ohne Diskussion unverändert endgültig ge- nehmigt.

Darauf seyte das Haus die zweite Lesung des Reichs haushaltsetais für 1914, und zwar die Spezialberatung des Etats für das Auswärtige Amt fort.

(Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (81.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach beiwohnte, wurden zunächst die Abgg. Huéé (Soz.), Knabe (freikons.) und Wachhorst de Wente (nl.) in der üblichen feierlihen Weise auf die Verfassung vereidigt.

Dann fand die Gesamtabstimmung über den Gese - entwurf, betreffend die Dienstvergehen der Beamten der Orts-, Land- und Jnnungskrankenkassen, statt; die Vorlage wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten endgültig angenommen.

Hierauf wurde die zweite Beratung des Entwurfs des Staatshaushalt3etats für 1914 bei dem auf den Neubau des Königlichen Opernhauses in Berlin be- züglichen Titel im Extraordinarium des Etats der Bau- verwaltung fortgeseßt. :

Der Etat fordert eine erste Rate“ von 500 000 46 für den Neubau des Opernhauses.

Die Budgetkommission beantragt die Bewilligung mit dem Zusaß folgender Bemerkung:

„Der Bau auf Grund des Hoffmannschen Entwurfs darf nit begonnen werden, bevor a. die Königliche Akademie des Bauwesens über wesentlihe Einzelheiten des Entwurfs gehört ist, b. die Vor- ausseßungen festgestellt sind, an welche die Stadt Berlin ihre Be- teiligung geknüpft hat, c. eine Verwertung der durch diese Beteili- gung dem Staate zufallenden, in der Alsenstraße und am Kletnen Köntgesplaß gelegenen Grundstücke in Höhe von mindestens sechs Millionen Mark festgestellt is, 4. die Verwendung des alten Opernhauses unter wesentlicher Erhaltung seiner Architektur zu Universitätszwecken sichergestellt ift."

Die Kommission beantragt ferner, über eine Petition um Beurteilung des Entwurfs des Architekten Koch in Berlin zum Opernhausneubau zur Tagesordnung überzugehen, über Petiti onen um öffentlihe Ausstellung der Entwürfe zum Opernhausneubau und um Prüfung der Entwürfe durch die Akademie des Bauwesens, soweit sie die Begutachtung durch die Akademie verlangen, gleichfalls zur Tagesordnung über zugehen, im übrigen sie für durch die Erklärung der Re- gierung erledigt zu erklären.

Berichterstatter Abg. Dr. Newoldt (freikons.) berichtet kurz über die Kommissionsverhandlungen.

Die Abgg. Fritsch (nl.) und Genossen beantragen:

l) die zum Neubau eines Königlichen Opernhauses in Berlin als 1. Nate angeforderten 500 000 46 abzuseßen, 2) die Regierung zu ersuhen, in beshleunigter Weise den vorgelegten Bauentwurf der Königlichen Akademie des Bauwesens zur Abgabe eines Urteils zu unterbreiten und im Falle eines Placets der Akademie im Wege des Nachkredits eine ‘erste Nate für den Neubau von neuem anzu- fordern.

Abg. Freiherr von Maltahn (kons\.): Meine Freunde werden für den Antrag der Budgetkommission eintreten und den Antrag Fritsch ablehnen. Der Wunsch der deutshen Künstler nah einem allgemeinen Wettbewerb war seinerzeit durchaus berechtigt. Der Wettbewerb hat 68 Entwürfe ergeben, die im vorigen Jahre dem Hause vorgelegen haben. Der fernere Wunsch der deutschen Künstler nah einer unparteiishen Jury für die Beurteilung threr Wettbewerbtentwürfe ist auch erfüllt worden. Man ist zu dem Er- gebnis gekommen, daß keiner der eingereihten Entwürfe so \pruchreif wäre, daß auf ihn allein der Bau sih stüßen könne. Wenn der Bund deutscher Architekten nun in einer Eingabe behauptet, daß die Regierung dem Wunsche des Abgeordnetenhauses nah Heranziehung eines freien Künstlers nicht entsproßen habe, so muß dem von der Tribüne dieses Hauses aus widersproh:n werden. Der freie Künstler, der herangezogen worden ist, steht in gar keiner Abhängtgkeit von der Regierung oder von diesem Hause. Ich bin dec Auffassung, daß der deutshen Künstlershaft mit einem weiteren Wett- bewerb gar nicht gedient wäre. Ein derartiger weiterer Wettbewe1b würde aber in Frage fommen, wenn der Akademie des Bauwesens die Prüfung der Entwürfe übertragen würde. Auch einem Teil meiner Freunde gefällt manches an dem Hoffmannschen Entwurfè nit. Die Budgetkommission hatte do den Etindruck gewonnen, daß der Hoffmannsche Entwurf im wesentlichen der Programmsfkizze der Regterung entspricht, und daß er die außere Architektonik dem inneren Zweck würdig angepaßt hat. Meine Freunde find in Uebereinstimmung mit der Mehrheit der Kommission der Auffassung, daß nun ein Schluß gemacht und dch der Hoffmann\che Entwurf zur Grundlage der wetteren Arbeiten gewählt werden muß E35 wäre vielleicht richtiger (ewesen, solange etn in jedec Beziehung reifer Vorschlag noch nicht vorhanden war, die Summe für den Beginn des Baues noch gar nicht anzufordern. Deshalb hat die Budgetkommission verlangt, daß ¿war an dem Hoffinanischen Entwurfe festgehalten werden soll, daß aber, ehe mit dem Bau begonnen wird, die Akademie des Bau- wesens erst noch über wesentlihe Einzelheiten gehört werden muß. Ich möchte hier gern anerkennen, daß dite Stadt Berlin in der Frage der Finanzierung des Opernhaue neubaues großes Ent- gegenkommen bewiesin hat. Die Vearkehrsfrage, die bei allen Berhandlungen eine große Rolle gespielt hat, kann nur unter der dankerswerten Mitwirkung der Stadt Berlin gelöst werden, indem du1ch die Linienführung der Untergrundbahn der Verkehr nah und von dem neuen Opernhause von dieser aufgenommen wird. Da den großen Kosten erhebliche Gegenwerte gegenüber stehen, brau@t jeßt nur noG mit einem Kostenaufwand von rund 113 Millionen Mark gerechnet zu werden, wenn das freiwerdende Grundstück an der Alsenstraße in einer Höhe von mindestens 6 Millionen Mark verwertet wird. Dazu kommt aber noch, daß das alte Opernhaus nicht von der Stadt angekauft und verwertet wird, sondern im Eigentum des Staates bleiben soll, Die Bedingungen, die von der Budgetkommisfion festgestellt

worden find, daß mit dem Bau nicht begonnen werden darf, bevor noch dke Akademie des Bauwesens über CEinzelhetten gehört worden, bevor dte Beteiligung Berlins endgültig festgestellt ift, bevor die Verwertung des Grundstücks an der Alsenstraße festgestellt und bevor die Ver- wendung des alten Opernhauses unter wesentlicher Erhaltung feiner Architektur zu Universitätszwecken \ichergestellt ist, müssen in erster Linie erfüllt werden. Wir müssen in dieser Beziehung bindende Erklärungen bekommen. Ich hoffe, daß der Minister der öffentlihen Arbeiten, der sich um das Zustandekommen die größte Mühe gegeben hat, in der Lage sein wird, bald den Grundstein zu dem neuen Hause zu legen. Ich hoffe, daß das Haus sowohl seiner inneren Ausgestaltung als au seiner äußeren Architektur nah einen würdigen Bau darstellen wird.

Abg. Linz (Zentr.): Wir sind nicht in der Lage, dem Antrag der Budgetkommission beizustimmen. Es hätte ein erneuter staatli®er Wettbewerb um das Projekt des Opernhauses aus- geshrieben werden müfsen. Ih erkenne die Verdienste des Herrn Hoffmann voll und ganz an. Von Mißtrauen kann gar keine Rede sein. Das Projekt hat keinen allgemeinen Beifall gefunden; wir haben es mit großer Neserve aufgenommen. Herr Hoffmann hat das Projekt ausgearbeitet auf Wunsch des Staates ; er ist nit als Sieger aus einem Wettbewerbe hervorgegangen. Die organishe Geschlossenheit des Projekts erkennen wir an, ebenso, daß es in seiner äußeren Gestalt ein monumentales Gebäude ist, das jeder deutschen oder ausländischen Groß- stadt zur Ehre gereihen würde; es ist ein s{chöner Bau. Ist aber das Projekt der künstlerishe Sieg des architektonischen Könnens auf dem Gebiete des Theaterbaues? Ich sage: nein! Es könnte ein Parlamentsgebäude, ein Staatsgebäude sein, aber ein typishes Opernhaus ist es nicht. So sagen die Laien. Wie ist aber das Urteil der Architekten? Es steht fest, daß die Mehrheit der Architekten in thren Berufsvertretungen das Projekt ab- lehnt; die Feuersicherheit lasse zu wünshen übrig, die einzelnen Zugänge seien zu eng, und die Einrichtung der Bühne sei mangelhaft. Das sagen die Leute, die auf dem Gebiete des Theaterbaus sehr erfahren sind. Der Minister hat demgegen- über in der Budgetkommission ein Gutachten vorgelegt, das sich für das Projekt ausspricht. Ich bitte den Minister, das Gutachten sämtlißen Abgeordneten zugänglich zu maden. Das Gutachten bewegt sich mehr oder weniger in konventionellen Formen, ohne sehr auf das Wesen der Sache einzugehen. Die Verantwortung für unsere Haltung können und wollen wir tragen. Auch der Minister will die Verantwortung übernehmen. Wir wollen aber, daß die berufenste Stelle, die rechte Hand des Ministers, die Akademie des Bauwesens, fh über das Projekt äußert. Wenn die Mehrheit der Akademie zustimmt, dann können auch wir das Projekt annehmen. Auch die Architekten ordnen ih der Akademie unter. Ein springender Punkt ist, daß die Ausführung des jeßigen Projektes 18 Mill. Mark koftet, während die frühere mit 12 Millionen aus\tand. Es wäre an der Zeit gewesen, während der langen Monate, in denen die Verhandlungen in der Kommission geruht baben, das Projekt genau zu prüfen, Was dte Finanzierungsfrage betrifft, so ist zu bemerken, daß der alte Opernhausbau einen Zuschuß von ungefähr 7,15 Millionen erfordert hat, während der neue einen solhen von 17,46 Millionen Mark verlangt. Das ift eine Differenz von über 10 Millionen. Erfreulih ist, daß die Stadt Berlin thr Entgegenkommen gezeigt hat und bereit is, sch an den Kosten zu beteiligen. Das erkennen wir mit Dank an. Wenn wir eine nochmalige Revision des Entwurfs fordern, so gehen wir niht auf Schleihwegen, machen auch ketne Winkelzüge, \ondera wenden uns an die Stelle, die der Minister als seinen Stolz, als seine rechte Hand bezeichnet hat, an die Königliche Akademie des Bauwwesens.

(Schluß des Blattes.)

Kunft und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 7. Mai unter dem Vorsiß ihres Sekretars Herrn Waldever eine Gesamtsißzung, in der Herr Waldeyer über das Ostium pharyngeum tubae las. Im Anschluß an die Besprechung eines Falls von ungewöhnlih großer pharyngealer Tubenöffnung mit divertikelartiger Aussackung der Tube werden die beim Menschen und bet verschiedenen Tieren vorkommenden Formen des Ostium pharyngeum tubae dargestellt und durch Abbildungen und Präparate erläutert. j / Ï

Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von Herrn W. Schulze in der Sitzung der phtlosophis{h-historishen Klasse vom 90. April vorgelegten Abhandlung des Professors Or. Friedrich Delißsch in Berlin: Sumerisch-akkadish-hettitishe Bocabularfragmente in die Abhandlungen des Jahres 1914. Unter den Funden von Boghazköi {find 26 Tontafelbruchstücke, die sih dem Verfasser als Teile sumerish-akladish-hettitisher Voca- bulare erwiesen haben. Sie lieferten ihm etwa 130 hettitische Wörter (Pronomina, Nomina, Verba, Partikeln); bei etwa 70 läßt sich die Bedeutung vollkommen oder nahezu sicher fest- stellen. Die \{chon seit längerer Zeit nicht mehr zweifelhafte Identität der Sprache der beiden Arzawabriefe des El-Amarna- Fundes mit dem Hettitishen wird durch die Vocabularfragmente bestätigt. Der indogermanische Charakter des Hettischen aber scheint troß der bestehenden Wörter für „mein“, „dein“, Ha S, Ui, JFis (Nom.); mi, ti, si (Dat.); min, tin, sin (Acc.) im Hinblick auf den sonstigen hettitishen Wortshay äußerst fraglich. Verwandtschaft mit der in Mesopotamien gesprohenen Mitanni-Sprache hält der Verfasser für ausgeschlossen. Herr Koser erstatiete den Jahres- beriht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica für 1913/14.

Folgende Druck\chriften wurden vorgelegt: F. Weege, Das goldene Haus des Nero (Berlin 1913), bearbeitet mit Unterstüßung der Eduard Gerhard-Stiftung; von Herrn Haberlandt die englische Ueber- seßung der 4. Auflage seiner Physiologischen Pflanzenanatomie (London 1914), von Herrn Hellmann seine Beiträge zur Geschichte der Meteorologie, Nr. 1—5 (Berlin 1914), endlich zwei von kor- respondierenden Mitgliedern eingesandte Werke: P. Foucart, Les mystères d’Eleusis (Paris 1914) und G. Perrot et Ch. Ghipiez, Histoire de l’art dans l’antiquité. Tome 10 (Paris 1914).

Das ordentlihe Mitglied der philosophish-historischen Klasse

Herr Marx Lenz hat im Laufe des Monats April seinen Wohnsiß

nah Hamburg verlegt und ist damit gemäß § 6 der Statuten in die Zahl der Ghrenmitglieder übergetreten.

Ausstellung von Werken alter Kunft. (Königliche Akademie der Künste.)

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Diese Ausstellung des Kaiser Friedrih-Museums-Vereins enthält, von ein paar Ausnahmen abgesehen, nur fsolhe Kunstwerke, die von den Mitgliedern innerhalb des leßten Jahrzehnts erworben worden sind. Van muß si diese Tatsache vor Augen halten, um den Eifer und den hochentwickelten Qualitätsfinn der Berliner Privatsammler vcllkommen würdigen zu können. Binnen zehn Jahren sind so viele und so bedeutende Kunstwerke in die privaten Berliner Galerien gekommen, wie man sie in Europa fonst nur in berühmten Privat- sammlungen sieht, an deren Zustandekommen ih mehrere Generationen betätigt haben. Dem Tempo entspricht die Qualität. Man hat nit krttiflos belanglose Bilder mit großen Veisternamen zusammengerafft, sondern immer ist der künstlerisWe Wert auss{chlaggebend gewesen. Es finden sich daher auch unter den ausgestellten Werken einige bedeutende Objekte, deren Schöpfer nicht näher zu _be- stimmen sind, die allein um ihrer hohen Schönheit willen

von ihren Besißern erworben wurden. Zu diefen anonymen Werken gehört vor allem das große Bildnis eines stehenden Schauspielers in ganzer Figur, in dem man ein Gegenstück zu dem fogenannten Borro im Kaiser Friedrih-Museum erblickt (Besiger: Leopold Koppel). Die Kunstforschung neigt neuerdings dazu, das früher dem Velasquez zugeshriebene Porträt etnem italienischen Meister (Bernini ?) zuzuerkennen. Charakteristishe Werke der großen Künstler findet man in der Ausstellung natürli auch in reicher Fülle. Die Niederländer stehen der Zahl und der Be- deutung nach obenan. NRembrandt is mît 10 Werken ver- treten, die aus allen Pertoden setnes Schaffens stammen. Aus der Frühzeit ist das Bildnis eines Jünglings da (W. von Pannwigt), das ih früher in der Sammlung Weber befand, aus seinem Todesjahr sieht man etn ergreifendes Selbstbildnis mit silberweißem Haar (M. Kappel). Das in tiefen, glühenden Goldtönen gehaltene, breit und überlegen gemalte Bild , Christus und die Samaritin* aus dem Jahre 1655 steht unter den übrigen Rembrandtwerken obenan. Wer hätte vermutet, daß Berliner Privathäuser von Nubens so prachtvolle Museumsbilder bergen, wie man fie in hervorragender Qualität in dieser Ausstellung sieht? Besonders reich an Meisterwerken des Künstlers ift die Sammlung L. Koppel, in der si das große, um 1615 gemalte Bild „Der Zinsgroschen“, ein in ungebrochener Frische und Farbenkraft leuhtendes Werk, ferner eine ganz etgenhändige, über 23 m hohe Madonnenkomposition der dreißiger Fahre und eine durch den leuhtenden goldenen Ton und die temperamentvolle Malweise bestehende Skizze „Der Friede und der Ueberfluß“ befinden. In der Zeit, als Antonius van Dyck in Antwerpen in engsten Be- ziehungen zu Rubens stand, mag defsen frisches, lebendiges Bildnts etnes Mannes entstanden fein, das in der kräftigen Malerei und in den Farben deutlihe Einflüsse des vlämischen Großmeisters verrät. Die Legende, daß Aelbert Cuyp nur in England recht erkannt unñd geschäßt werden kann, wird dur die herrlichen vier Werke seiner Hand auf dieser Ausstellung glänzend widerlegt. Nie sah man auf einer Kunstshau fo untereinander gleih- wertige, reife Meisterschöpfungen Cuyps zusammen wie die Landschaften aus den Sammlungen von Pannwitß, Huldschinsky und Koppel, denen \sich noch in der breiten „Ansicht von Dordrecht“ ein höchst beahtens8wertes Jugendwerk zugesellt. Unter den übrigen Landschaftsmalern Hollands ragt Jan von Goyen mit sechs seiner troß des ziemlih einförmigen Mottves immer neuartig, geistreih und fris wirkenden Marinen und Flußlandschaften hervor. Ruisdael und Hobbema, Aert v. d. Meer und der Meister des holländischen Marinebildes, I. v. d. Capelle, sind ihrer Bedeutung und ihrer Etgenart entsprehend würdig vertreten. Auffallend gut kommt I. v. d. Heyden mit einer seiner Amsterdamer Grachten und der entzückenden Ansicht eines Landguts zur Geltung. Die großen Meister des holländishen Genrebildes sind durhweg mit erlesenen Stücken da. Von Delster Vermeer ist die berühmte Briefszene der Samm- lung J. Simon, von Gabriel Mezu außer einer graziösen Interieurszene setner Amsterdamer Zeit sein Meisterwerk, die „Mutter mit dem kranken Kinde“ aus der ehemaligen Steengracht- galerie (D. Huldschinsky) ausgestellt. Die malerischen Fetn- heiten und der wählerishe Geshmack eines Terborch, die Bravour im Vortrag und der fröhlihe Sinn Jan Steen s kommen an arakteristishen Werken aus den Sammlungen Kappel, Huldschinsky, von Pannwtß und Bromberg zur vollen Geltung. Von Pieter de Hooch interessiert vor allem eine {lite Hofansicht mit einer Frau, eine ungemein natürlihe und sonnige Arbeit aus seiner besten Delfter Zeit (v. Hollicher). Diesem ungekünstelten kraftvollen Jugendwerk gegenüber erscheint die „Gesellschaft auf einer Terrasse“, die aus der New Yorker Sammlung Borden in die Berliner Galerie Huldschinsky gelangte, gespreizter und oberflähliher. Immer- hin find an sh die Qualitäten des in warmen Farben gehaltenen Bildes so bedeutend, daß man es den allerbesten Schöpfungen aus Pieter de Hoochs später Amsterdamer Zeit zuzählen darf. Ihm verwandt erscheint in der Auffassung die „Frau am Waschfaß"“ von Esaias Boursse (Frau Schoeller), ein reizendes Bild, das diesen zu wenig ges{häßten Künstler von der besten Seite zeigt. Unter den Genremalern ist noch der Leidener Guringh Brakelenkamp mit * vier seiner Eletnen bürgerlißen In- terieurszenen außerordentliß gut vertreten. Dieser kurz an- deutende Ueberblick über einige der wichtigsten hollän- dishen Gemälde des 17. Jahrhunderts foll nicht abge- {lossen werden, ohne daß die beiden Frauenbildnisse des Frans Hals genannt sind, von denen die kleine joviale Dar- stellung der Maria Vernatti, ein Spätbild, der Sammlung von Hollitscher und das große, farbigere Porträt der Catherina Noosterman der Galerie Kappel gehört.

Der Raum, in dem ih die primitiven Niederländer und Deutschen befinden, zeigt, daß die Berliner Sammler _für diese sprôde Kunst feinsinniges Verständnis besißen. Man bewundert hier Seltenheiten, wie eine lebensgroßke Madonna des Geertgen tot Sint Jans (von Hollit|her), Porträt- stüde von Rogier v. d. Weyden (von Kaufmann) und Memling (von Hollitsher) und man begegnet sogar einem köstlihen Originalwerk des alten Pieter Brueghel, einer Szene aus dem Schlaraffenland, die sich ehemals in der Kaiserlichen Galerie zu Prag befand. Die Zartheit und seelenvolle Jnnigkeit der alten Meister strömt die herrlihe „Maria, dem Kinde die Suppe reichend* des Gerard David aus, die in der Farbe juwelenhaften Glanz besitzt und unendlich sorgsam und fein ausgeführt ist (Sammlung von Pannwigtz). Dr. P.

Die Internationale Vereinigung für Rechts- und Wirtschaft sphilosophie hält ihren diesjährigen Kongreß vom 2. bis 5. Juni d. J. in Frankfurt a. M. Aus dem reihen Arbeits- programm heben sich die Vorträge über den Wert des english- amecrikanischen Privatrechts für die Rechtswissenschaft, Rechtsstaat und Wohlfahrtsstaat, die kommunalpolitishen Aufgaben für Wohnungsreform, die wirtshaftlißhe Bedeutung der Hypothek, die Emisfion von Wertpapieren, Industrie und Wett- bewerb, Verminderung der Zollshcanken Uno E Qi Cinführung des Weltmarkensystems (Erstreckung einheitlihen Marken- \hußes über die Kulturstaaten) besonders hervor. Eine Reibe an- gesehener Nechtslehrer, praktisher Juristen und Nationalökonomen des In- und Auslandes find zu erwarten. Die Stadt Frankfurt a. M. gibt am 2. Juni einen Begrüßungsabend im Nöômer, die Handels- kammer einen Abend am 3. Juni im Palmengarten. Am 5. Juni nahmittag findet gemeinsamer Ausflug nah der Saalburg statt. Der Vorsißende des Arbeitsaus\{usses ist Oberbürgermeister Voigt in Sans a. M. Kongreßmeldungen sind an das Bureau des Vor- sigenden (Adresse: Stadtkanzlei in Frankfurt a. M.) zu richten.

Bauwesen.

Einen Wettbewerb für Entwürfe zu etnem Gebäude, in dem Turnhalle und Badeanstalt veretnigt sind, schreibt der Verein der Badefahmänner mit Frist bis zum 25. Juli d. F. aus. Die Anftalt soll während der Unterrichtszeit den Volks\{hulen, in ver übrigen Zeit der öffentlihen Benußung gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden; zu ihrer besseren Ausnußzung würde es sih empfehlen, Wannen- und Braufebadeinrihtungen anzugliedern. Verlangt werden Zeichnungen tm Maßstab von 1 : 200, die Beigabe eines Schaubildes ist erwünscht, aber nicht erforderlih. Vorgesehen sind drei Preise von 600, 450 und 300 #, bei etwa vorhandenen größeren Mitteln behält fch der Verein vor, diese Preise zu erhöhen und weitere Gntwürfe für je 200 4 anzukaufen. Die näheren Bedingungen sind für 4 4 vom Direktor der städtishen Bäder Kühnel in Cöln a. Nh. zu beziehen.

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