1914 / 122 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

____ Die Herren Dr. von Dziembowski und Graf von Ballestrem beantragen außerdem :

die Regierung zu ersuchen, zur Erhaltung des bäuerlichen Famtilienbesißes neben dem Ausrau der Bestimmungen über Anerben- recht und Höferolle, Entshuldung und Besißfestigung möglichst bald einen Geseßentwurf vorzulegen, der die Widmung kleinerer ländliher Besißungen zu Fideikommissen unter finnentsprechendèr Uebertragung der Grundlagen des vorliegenden Fideikommißgesezes, aber unter Anpassung an die Rechtsverhältnisse und wirtsastli n Lebent bedingungen des bäuerlichen Besißes zu er- möglichen bestimmt ist.

Ferner liegt der folgende, genügend unterstüßte Antrag des Grafen zu Rantau vor: Das Herrenhaus wolle beschließen :

1) Der Entwurf is in die Kommission zurückzuverweisen, mit folgenden Direktiven :

a. Die Aufsicht über die Fideikommisse ist in die staatliche Instanz (Oberlandesgericht) zu legen.

b. Der Familie ist keinerlei Einfluß auf dio Funktionen des Fideikommißbesißers einzuräumen, weder direkt noh durch eine Vertretung.

Die Zuständigkeit der Familie ist auf die Fragen der N1ch- folgeordnung 1 nd der Familienzugebörigkeit zu beshränken. Bei Ab- änderung der Stiftung oder bei Aufhebung des Ftveikommisses ist die Familie zu hören.

c. Als Zwischenglied zwischen der Aufsihtsbehördz- und dem Fideikommißbesißer find sahkundige Männer mit beratender Stimme einzushieben (Fideikommißpfleger, Kuratoren, Erekutoren). Diese Sahkundigen sind von der Aufsichtsbehörde vor thren Ent- scheiduncen oder an höhere Instanzen zu erstattenden Berichten gutachtlih zu hören. Sie haben außerdem dem Fideikommißbesißer mit Nat und Tat zur Seite zu stehen. Ste baben es der Aufsichts- bebörde zu melden, falls Mängel in der Verwaltung des Fidet- fommisses zu ihrèr Kenntnis gelanaen. Sie können s\tiftungsmäßig oder îm Einverstänadnis mit dem Fideikommißbesißzer mit bestimmt begrenzten, weitergehenden Befugnissen (wie Mitverwaltung von Kapitalien, Rechnungslegung, Zustimmung zu längeren Pacbtverträgen) b:traut werden, welche fie dann aber als Organe und unter der Ober- auffiht der Aufsichtsbehörde auszuüben haben.

2) Eventuell, für den Fall der Ablehnung von 1 :

Das Geseg ist als Provinzialgeseß zu gestalten durch Hinzu- fügung eines leßten Paragraphen folgenden Wortlauts:

„Dieses Gese wird für die einzelnen Provinzen auf Antrag oder mit Zustimmung des Provinziallandtags durch Königliche Verordnung in Kraft gesetzt.“

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Da der Geseßentwurf, welcher in der Kommission durcberaten worden ist, hier im Plenum bisher noch nicht besprochen worden ist, so wird es angezeigt sein, von seiten der Regierung mit einigen Worten das Geseß vor dem Hause einzuführen.

Meine Herren, ih muß mi hierbei insofern kurz fassen, als es unmöglich ist, das große Material, welches verarbeitet wurde, im ein- zelnen darzulegen. Die leitenden Gesichtspunkte allein werden es sein Tonnen, die ih mir vorzutragen erlauben werde.

Meine Herren, die Fideikommisse sind in ihrem Entstehen auf das Bestreben zurückzuführen, welches sich von altersher in den Familien geltend gemacht hat, den Familiengrundbesiß festzuhalten, damit ein Mittelpunkt für die Familie zur Wahrung und Hebung ihrer wirt- \chaftlihen und sozialen Stellung geschaffen werde. Diesem Zweck entsprechend tritt das Familienfideikommiß ursprünglich in der Form des Grund fideikommisses auf, wenn {hon von vornherein neben dem Grundbesiß noch andere Gegenstände in die Bindung einbezogen wurden. Allein wenn auch die Berechtigung der Interessen, die das Mechtsinstitut des Familienfideikommisses geschaffen und dur allen Wandel der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis in die Gegenwart lebensfähig erhalten haben, nit verkannt werden soll, so Iäßt sih doch anderseits nicht in Abrede stellen, daß die Entwicklung, welche das Institut im Laufe der Zeit genommen hat, zu allerhand Er- \cheinungen geführt hat, die doch erhebliche Bedenken hervorgerufen haben, Bedenken, die nicht erst'in den neuesten Zeit entstanden aber neuer- dings in wachfendem Maße laut geworden sind. Die Regierung konnte sich nicht dem verschließen, daß diese Bedenken, wenigstens zum Teil, nicht unbegründet sind, und daß eine durchgreifende Neuordnung des altüberlieferten Rechtsinstituts unabweislich set.

Wir sehen, daß die Fideikommisse zum Teil einen ‘außerordentlich großèn Umfang gewonnen haben, und daß auch da, wo die einzelne Be- fißung nicht übermäßig ausgedehnt ist, dennoch durch die steigende Zahl der Fideikommißgründungen ein unverhältnismäßig großer Teil des landwirtschaftlich nußbaren Bodens gebunden ist. Ein Uebermaß fideitfommissarisher Bindung aber birgt eine doppelte Gefahr in fi. Ist es auch gewiß nicht erwünscht, daß der Grund und Boden zur Handelsware wird, so muß doch auch dem freien Verkehr in Groß- gütern ein gewisser Spielraum gelassen werden. Dieser würde durch

eine unbegrenzte Ausdehnung der Fideikommisse leicht allzusehr beengt werden. Vor allem aber würde der Staat durch unbeschränkte Zu- lassung der Fideikommißbildung sich in Widerspruch seßen mit der wichtigsten Aufgabe der inneren Kolonisation, die do beute im Mittel- punkt des Interesses steht und unbedingt erfordert, daß genügend Land für ihre Zwecke zur Verfügung bleibt. Gegen die übergroßen Fidei- Tommisse spriht auch die Erwägung, daß dem Interesse des Staates besser gedient wird durch die Bildung mehrerer Fideikommisse von mäßiger Ausdehnung, die einer größeren Zahl von Familien die Er- haltung eines leistungsfähigen Grundbesißes ermöglichen, als dur die Anhäufung zahlreicher Güter in einer Familie.

Abgesehen von den volkêwirtschaftlichen Uebelständen, die ih kurz streifte, is auch nit zu verkennen, daß das ganze Fideikommißre cht niht mehr den heutigen Anforderungen entspriht. Es ist nicht mit- gegangen mit der Entwicklung auf wirtschaftlihem und rechtlihem Gebiet. Es leidet vor allem auch an einer übergroßen Zersplitterung in zahlreiche, von Landesteil zu Landesteil wechselnde Rechtsnormen. Jch darf ja nur verweisen auf den Abschnitt des Gesetzes, in dem die jeßt geltenden Vorschriften aufgehoben werden. Aus der großen Zahl dieser Vorschriften werden Sie sehen, wie unübersihtlih ih der MRechtszustand gestaltet hat und wie \chwierig demgemäß die Hand- habung des Fideikommißrechts geworden ist. Diese Schwierigkeiten kann man nirgends besser übersehen als in der Zentralstelle, wo die Hauptfragen aller Fideikommißangelegenheiten zusammenlaufen. Ich will nur kurz erwähnen, daß wir im Fideikommißreht drei große Rechtssysteme haben: das landrechtlihe, das aber . auch provinzielle Verschiedenheiten aufweist, das gemeinrechtlihe und das des Rheini- hen Rechts. Daneben aber gelten, namentlich im Gebiet des Ge- meinen Rechts, noch zahlreiche besondere Bestimmungen und Rechts- übungen. Diese Fülle von, zum Teil obsolet gewordenen und wenig bekannten, Rechtsnormen gibt eine Unsicherheit des Rechtsverkehrs,

tretende Publikum zu erfragen ist. Daher Hat sch der Gesehentwurf, wie er Ihnen vorgelegt ift, zur Aufgabe gestellt, ein einheitliches Fidei- kommißrecht für den ganzen Umfang des Staates zu schaffen, welches dem altüberlieferten Réchtsinstitut unter Wahrung seiner geschicht- lichen Grundlage eine den beutigen wirtschaftlichen Verhältnissen ent- sprechende Ausgestaltung geben soll, aber auch den oben berührten volkêswirtschaftlichhen Bedenken Rechnung tragen will. Nach diesen einleitengen Bemerkungen, die erforderlichenfalls im Laufe der Ver- handlungen noch näher ausgeführt werden Fönnen, will ich mir kurz erlauben, die Grundlagen des Geseßes im einzelnen darzulegen.

Jch habe schon erwähnt, daß die geschichtlich begründete Form des Familienfideikommisses die des Grun d fideikommisses ist. Nur an der Erhaltung dieser Fideikommißform ist auch heute noch ein staat- liches Interesse gegeben. Die Staatsregierung steht auf dem Stand- punkt, daß das Familienfideikommiß heute vor allem seine Recht- fertigung findet in der Tatsache, daß es besonders geeignet ist, einen leistungsfähigen Großgrundbesiß zu erhalten. Das Fideikommiß soll mit dazu helfen, sahgemäß bewirtschaftete land- und forstwirtschaft- lihe Großbetriebe zu schaffen, die dem kleineren Besißer, welcher nicht in der Lage ist, jeden technischen ein wertvolles Vorbild geben können. Demgemäß \tellt der Entwurf den Grundsaß an die Spißbe, daß für die Fideikommißbildung land- wirtschaftlicher oder forstwitrschaftliher Besiß die Grundlage sein foll ung daß andere Gegenstände, namentlich Kapitalien, wenn es auch nicht ausgeschlossen sein soll, sie mit solhem Grundbesiß zu einem Fideitommiß zu vereinigen, doch immer nur gewissermaßen Neben- bestandteile sein sollen. Mit anderen Worten: reine Geldfideikommisse hält die Staatsregierung niht von Nußen für den Staat; will man Geld binden im Intersse der Familie, so ist hierfür der Weg der Familienstiftung gegeben, die das Geseß in seinem leßten Abschnitt regelt. Wohl aber soll es auch nah dem Entwurf wie nach geltendem Necht zulässig sein, daß mit einem Landgut auch andere Gegenstände verbunden werden können, zum Beispiel eine Fabrik oder ein städtishes Hausgrundstück, namentlih auch Kunstsammlungen und Sammlungen wissenschaftliher Art. Die Zustiftung von Gegenständen, die einen künstlerischen, geschihtlihen oder wissenschaftlihen Wert haben, kann sogar nur erwünscht sein. Aber die Hauptsache muß der ländliche Besiß bilden.

Nun der Umfang. Jch erwähnte {hon, Fideikommißbildungen von zu großem Ümfange sind nicht im Interesse des Staates. Aber auch für Besißungen von zu kleinem Umfange will der Entwurf

der Art, wie es vom Entwurf gedacht ist, keine geeignete Nechtsform für den Kleinbesiß. Die Grenze nah oben und unten hin wird freilih immer mehr oder weniger willkürlih gezogen werden müssen. Man hat als obere Grenze 2500 Hektar gewählt, also eine recht große Fläche. Daß diese Fläche für alle Landesteile ausreichen wird, um berechtigten Interessen zu genügen, darüber dürfte kein Zweifel sein. Jch bemerke, daß es \sih hier um die landwirt\chaftliche Fläche handelt, und daß die Bindung von Forsten unbeschränkt zu- lässig bleiben soll. Für die Forsten ist eine Höchstgrenze nah der Meinung der Regierung nicht erforderlih, weil anerkanntermaßen die Fideikommisse für die Forstwirtshaft vorzügli geeignet sind und deshalb eine möglichst weitgehende fideikfommissarishe Bindung forstwirtschaftlih genußten Bodens im Landeskulturinteresse nur er- wünscht erscheint.

__ Soll der Fideikommißbesißer, wie es der Entwurf erstrebt, ein selbstwirtschaftender Großlandwirt sein, so muß der zum Fideikommiß gewidmete landwirtschaftlihe Grundbesiß im wesentlichen eine wirt- schaftliche Cinheit bilden. Wenn dieser Besiß so groß ist, daß ihn der Besißer nicht selbst verwalten kann, dann shwindet das persön- liche Wirken und damit ein großer Teil des Nutens, den das Fidei- fommiß dem Gemeinwohl gewähren soll. Aus diesem Grunde finden sie die Bestimmung, daß der landwirtschaftlibe Grundbesiß des Fidei- kfommisses in der Regel so liegen soll, daß eine einheitliche Wirtschaft möglih ist. Diese Vorschrift ist nicht so zu verstehen, das jedes Grundstück unmittelbar an das andere angrenzen muß. Aber die Leitung der Wirtschaft muß von einer Stelle für das Ganze erfolgen können.

Ich erwähnte hon, daß, wie die übermäßige Ausdehnung des einzelnen Fideikommisses, so nicht minder auch die unbegrenzte Häufung zahlreicher mittlerer und kleinerer Fideikommisse \chädlich wirkt. Aus dem Grunde muß Vorsorge getroffen werden, daß nicht in einzelnen Gegenden alles landwirtshaftlih nußbare Land fidei- fommissarisch gebunden wird, daß sih nit ein Fideikommiß an das andere legt. Das würde gegen die Grundlagen, die das Geseß für richtig hält, verstoßen. In dieser Hinsicht ist im Entwurf durch die Bestimmung Vorsorge getroffen, daß, wenn bereits 10 v. H. der land- wirtschaftlich genußten Fläche eines Kreises durch Fideikomm oder als Lehen oder als Hausgut gebunden ist, die Widmung weiteren landwirtschaftlichen Grundbesißes zu einem Fideikommiß grundsäßlich In der Kommission hat diese Bestimmung eine Aenderung nach zwei Seiten hin erfahren, die nicht ganz unbedenklich ist. Die Kommission hat einmal die Kontingentierungsgrenze all- gemein erweitert, indem sie die Begrenzung der 10 v. H. nicht mehr auf den einzelnen Kreis, in dem der zu bindende Grundbesiß liegt, er- strecken, sondern die angrenzenden Kreise einbeziehen will. Wenn auch zuzugeben ist, daß der Kreis eine willkürlih gewählte Fläche ist, so bildet er doch wenigstens in der Negel ein geschihtlich abgegrenztes Gebiet mit einheitlichen Wirtschaftsverhältnissen. Die Einbeziehung der angrenzenden Kreise, wie sie die Kommission vorgeschlagen hat, wird dagegen nicht selten zur Folge haben, daß Gebiete mit ver- schiedenen wirtschaftlihen Verhältnissen willkürlich zusammengefaßt werden, und ist in ihren Wirkungen nicht zu übexsehen. Noch bedenk- licher ist es, wenn die Kommission den Vorschlag gemacht hat, es sollten zugunsten des Besibes, der sich 50 Jahre im Besiß des Mannesstammes der zum Fideikommiß berufenen Familie befindet, über die Grenze, die das Geseß ziehen will, hinaus noch weitere Bin- dungen erfolgen können. Dadurh würde \{ließlich der Zweck der Vorschrift vereitelt werden.

Sind so die wirtschaftlihen Grenzen gegeben, innerhalb deren die Fideifommißbildung nah dem Entwurf als mit dem Gemeinwohl ver- träglich und nüßlich zugelassew werden soll, so entsteht nun die weitere Frage, wie die Rechtsverhältnisse des einzelnen Fideikommisses zweckmäßig zu ordnen sind.

Der Entwurf geht davon aus, daß immer nur einer der Fidei-

die auf die Dauer weder für die fideikommißberehtigten Familien noch für das mit den Fideikommißbesißern in wirtshaftlihe Beziehungen

kommißbesißer sein soll. Besißgemeinschaften mit einer Mehrheit von

Fortschritt selbst zu erproben,-

kunft niht mehr zulässig \eïn.— Das Fideikommißvermögen \oll ïn einer Hand liegen, und dieser Eine soll der Eigentümer sein, ein Eigentümer eines Familiensondergutes, welches ihm anvertraut ist zur treuen Verwaltung in seinem und der Familie Jnteresse. Für das geltende Necht ist es bestritten, wie die rechtlide Stellung des Fideikommißbesißers zu fonstruieren ist. Als einfacste Lösung er: scheint die, welche der NRegierungsentwurf vorschlägt, daß der Fidei- kommißbesißer der Eigentümer des Fideikommißvermögens ist, ein Eigentümer freilih, der beschränkt ist durh die Nechte der Familie, aber immerhin« der Eigentümer. :

Allerdings muß der Fideikommißbesißer, soll anders der Fidei- kommiß seinen Zwet erfüllen, bei Ausübung seines Herrschaftsrechts am Fideikommißvermögen stets die Aufgabe vor Augen haben, die ihm die Fideikommißstiftung gegenüber der Familiè auferlegt. Deshalb sind in dem Geseß auch Vorkehrungen zu treffen, die ihn nötigenfalls auf diese Pflicht hinweisen, und der Familie die Stellung sichern, die ihr dem Besißer gegenüber gebührt. Selbstverständlih muß aber der Besißer, wenn er unbefangen und frei wirtschaften \oll, freie Hand in der Verwaltung haben, eine freiere, als es heutzutage der Fall ift. (ine der wesentlich\sten Aufgaben des Entwurfs war es daher, die Nechte des Besißers in dieser Hinsicht auszugestalten. Der (Entwurf

“ist in dieser Hinsicht erheblih weiter gegangen als jedes bisherige Fideikommißrecht. Die ganze laufende Verwaltung, alles, was der Wirkschaftsbetrieb gewöhnlich mit sich bringt, sei er landwirtschaftlich, sei er fabrikmäßig, wird dem Besißer ohne weiteres in die Hand gelegt, und da, wo weitergehende Maßregeln nötig sind, soll in der Negel die Zustimmung der Familienvertretung ausreichen. Auch können durch die Stiftungsurkunde die Befugnisse des Fideikommiß- besißers noch über das geseblihe Maß hinaus erweitert werden, wie überhaupt dem Selbstbestimmungsrecht des Stifters und der Familie in den meisten Hinsichten noch ein weiter Spielraum gelassen ist.

Der Fideikommißbesißer wird dur seine Wirtschaftsführung not- wendigerweise in rechtliche Beziehung zu dritten, außerhalb der Familie stehenden Personen treten müssen. Daraus ergeben sich obligatorische Verhältnisse, Schuld- und Gläubigerverhältnisse. Auch diese müssen im Geseß geregelt werden. Dabei wird man daran festzuhalten haben, daß diejenigen Gläubiger, deren Forderungen in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhange mit der Verwaltung des Fideikommiß- vermögens stehen, die Fideikommißgläubiger aus den Erträgen dieses Vermögens vor den Gläubigern befriedigt werden müssen, die dem Fideikommißbesißer nur für seine Person Kredit gewährt haben, den Allodgläubigern, daß aber auch die Fideikommißgläubiger entsprechend Den DILCGE Des VrCISIIIEIULS Ra Legataßid Nür Ai Die Cinkünsfie und nur ausnahmsweise an das Stammvermögen halten dürfen.

Der Entwurf konnte sih aber nicht darauf beschränken, die ver- mögensrechtliche Stellung des Fideikommißbesißes zu regeln. Grhaltung des Fideikommißvermögens soll erfolgen für eine Fa - milie. Diese Bestimmung des Fideikommißvermögens weist sie auf den familiengenossenschaftlihen Zweck des Nechtsinstituts, der Fa- miliengemeinschaft in einem beständigen Familienvermögen einen wirt- schaftlichen Nückhalt zu geben. Dieser Zweck führt aber folgerihtig zu dem Grundsaß, daß ein Fideikommiß immer nur für eine bestimmte Familie gebildet werden darf. Die Rechte der Familienmitglieder sind im Geseße bestimmt geregelt. Durch die Einseßung einer ständigen Familienvertretung ist dafür Vorsorge getroffen, daß die Rechte der Familienmitglieder, vornehmlih die Anwärterrechte, ge- wahrt werden und daß, wenn eine Gefährdung des Fatnilienguts zu besorgen ist, durch rechtzeitiges Eingreifen einer Schädigung vorgebeugt werden fann.

In den Abschnitt über die Familienrehte gehört auch die Ne- gelung der Nachfolge. Der Entwurf will für die Zukunft nur die Grstgeburtsfolge zulassen und beschränkt die Nachfolge grundsäßlich auf den Mannesstamm. Er gibt indes au bier na verschiedener Richtung einer abweichenden Regelung durch die Stiftungsurkunde Naum, insbesondere gestattet er, daß hinter dem Mannesstamm auch der Weiberstamm berufen wird.

Zu einer zeitgemäßen Ausgestaltung des NRechtsinstituts nach der familienrechtlihen Seite hin gehört vor allem auch die Einführung einer obligatorishen Versorgung derjenigen Angehörigen des Fidei- fommißbesißers, welche infolge des Grundsaßes der Einzelnachfolge von dem Besiß des Fideikommißvermögens ausgeschlossen sind. Es ist zwar nicht zu bezweifeln, daß in vielen Fällen schon jeßt eine aus- töommliche Versorgung gewährt wird, namentlih, wo mit dem Fidei- kommiß eine Geldstiftung verbunden ist. Aber eine geseßliche Jegelung fehlt bisher. Jhre Kommission hat das vom Ent- wurf vorgeschlagene System der Negierung nicht gebilligt, aber wenigstens den Grundsaß angenommen, daß auf jeden Fall eine angemessene Versorgung gewisser nächster Angehöriger des Fidei- kommißbesißers gewährleistet werden muß. Damit ist der Absicht des Entwurfs im wesentlichen Genüge geschehen. Die Regierung hält freilih auch jeßt noch an der Meinung fest, daß ihr Vorschlag den Borzug verdient.

Besonders wichtig i} ferner eine zweckmäßige Gestaltung des Familienschlusses, als desjenigen Instituts, das der Familie ermöglicht, Willenserklärungen für alle gegenwärtigen und künftigen Mitglieder abzugeben. Er bildet gewissermaßen das NRückgrat der Organisation des Verbandes der fideikommißberechtigten Familie. Für alle ver- fassungsändernden Familienschlüsse ist die Genehmigung des Ministers, für den Beschluß auf Aufhebung des Fideikommisses ebenso wie bei der Begründung die Genehmigung des Königs erfordert.

Kommt in dieser Mitwirkung der Staatsgewalt bei der Be- gründung, der Aenderung und der Aufhebung des Fideikommisses das erhebliche Interesse zum Ausdruck, das der Staat an diesem Rechts- institut hat, so ist doh troßdem das Fideikommiß kein Institut des öffentlichen Rechts, es ist und bleibt ein Jnstitut des Privatrechts. Deswegen ist es auch in einem privatrehtlihen Geseß zu regeln, und deswegen müssen auch die Vorschriften über die Fideikommißaufsicht so gestaltet sein, wie es dem privatrehtlihen Charakter des Rechts- instituts entspricht.

Wir haben bisher. als staatlihe Fideikommißbehörde in der Provinzialinstanz die Oberlandesgerichte gehabt. Der Geseßentwurf will dies aufrecht erhalten. Die Oberlandesgerichte haben si in ihrer Tätigkeit als Fideikommißbehörden durchaus bewährt. Die den Fidei- kommißbehörden zugewiesenen Entscheidungen sollen auch nah dem Ent- wurf ganz überwiegend rechtlicher Natur sein. Soweit wirtschaftliche (Erwägungen dabei in Frage kommen, ist den Fideikommißbehörden Gelegenheit geboten, durch Zuziehung von Sachverständigen \ih die

Die

Fideikommißbesißern, wie sie hier und da vorkommen, sollen in Zu-

erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Dabei haben sich bisher niemals

M ftungen hinsichtlih der Staatsaufsicht im wesentlichen den

R 1 Königlicher Genehmigung abhängig zu machen.

Mie mitgéwirkt haben, kann ih wohl behaupten, daß auch sie

But h-rehtlihen Auffassung beitehenden Unterschied und bemerkt

lig ausgesaltet werden.

eiten ergeben, und werden. si, wie zu erhoffen steht, au

{ ergeben. Die Oberaufsicht soll in die Hand des Minifters,

es Justizministers, gelegt werden, weil cs sich regelmäßig fceidung von Nechtsfragen handelt. Wo aber wirtschaft- „litische Fragen mit in betrat kommen, ist der Minister F {shaft, Domänen und Forsten berufen, bei den Entschei- ir wirken. So glaube ich, daß der Entwurf auch in dieser 2 mögli, Vorsorge getroffen hat, daß das ganze Institut d entwicklungsfähig bleibt und wohltätig und nüßlich

tiqat wirken fänn. | as inem 2. Teil behandelt das Geseß die Familienstiftungen.

d derartige Stiftungen, die nur zum Besten bestimmter richtet waren, in mancher Hinsicht freier gestellt gewesen f en, die ganz oder zum Teil offentlichen Zwecken dienten. Eier im Laufe der Zeit erfahren, daß in den Familien- fich pielfah so große Kapitalien finden, daß eigentli kein htlich ift, weshalb sie nicht ebenso behandelt werden ie die andern Stiftungen. Deshalb ift vorgeschlagen, die

Stiftungen gleichzustellen, insbesondere auch ihre Er-

die Üebergangsbestimmungen war sowohl hinsichtlih der .deifommisse wie der Familienstiftungen der Gedanke ß; diejes Geseß zwar auch auf die bestehenden Fideikommisse 1nstiftungen Anwendung finden soll, aber unter tunlichster

siens : E des vorhandenen Rechtszuftandes und Wahrung wohl-

Rechte.

enc ein paar Worte über die Stempel sagen darf, „x Entwurf hier zwei wesentliche Erleichterungen: einmal Staffelung des Stempels für den land- und forstwirtschaft- undbesiß, die den kleineren Fideikommissen zugute kommt, n durch die Ermäßigung des Stempels auf die Halfte der die Forsten, die dem besonderen Interesse des Staats an der issarishen Bindung des Waldes Rechnung trägt. ins möchte ih am Schluß noch hinweisen. Ein so großes e dieses, das so eingreift in die verschiedensten Interessen bie verschiedensten Verhältnisse, kann unmöglih zustande venn nicht alle Einzelwünsche zurückgestellt werden und wenn nur von dem einen Streben geleitet werden, ein gutes Geseß

u bringen. i Kommission hat mit anerkennenswerter Hingabe und mit en Sachkunde gearbeitet. Auch für die Vertreter der Be-

wesen sind, etwas zustande zu bringen, was Anklang finden von Nuben sein wird. Ich gebe mich deshalb der Hoffnung nud die Beratung im Plenum dieses hohen Hauses von dem- hreben geleitet sein wird, (Lebhaftes Bravo.)

hterstatter Dr. Graf Yorck von Wartenburg nach dem Vortrage des Justizministers auf einé genautre 2 des Inhalts der Vorlage und geht dafür näher auf die gen ein, welhe die Kommission an dem Entwurf vor- hat. Er bezeichnet diefe als. das Mindestmaß dessen, was Mehrheit als notwendig erahtet habe, und eine Ablehnung hwächung dieser Aenderungen im andeten Hause würde das è Zustandekommen des Geseßes gefährden. Er erläutert den h) der Familiénfideikommißidee zwischen der römisch- und

der deutsde Fideikommißgedanke auch seine nationale Pal und in diefer erhalten bleiben folle. Die Kommission orlage von dem Grundgedanken aus umgearbeitet, daß die deé Fideikommißwesens prinzipaliter der Familie selyst zu- l; der Staat habe nur das Interesse, sich zu vergewissern, nteressen auf diesem Gebiete gewahrt sind, und in dieser häben ihm die Kommissionsbeschlüsse -genügendé Garantien. rehend seien dié in der Vorlage vorgesehenen staatlichen nftanzen und -befugnisse eingeschränkt worden. Für die châfte, bei denen es i um die Substanz oder um eine dauernde g über Einfünfte handele, solle die Familie bezw. im Falle gung über Revenuen die Familtenvertretung haften. berihterstatter Graf von Reichenbach - Goschüß: Fideikommisse eine für den Staat scädliche oder gleich- ahe seien, - diese Frage verneint der jeßige Entwurf, hon derjenize von 1903 getan hat; die Negterung Fideifommißwesen für eine dem Staate nüglihe ng, die nur den Zeitverhältnissen angepaßt werden müsse. gegen die Beibehaltung der bisherigen geseßlihen Be- en und der bisherigen Verwaltungspräxis, insbésondere auf \haftlihem Gebiete, baben zur Vorlegung des neuen Gnt- führt. Die Kommission hät gerade nah dieser aarar Seite hin den Intentionen der Regierung in weitem Maße kommen gezeigt. Eine Rethe von Abänderungen war aber unumgänglih; die eigentlihen Grundlagen dcs (Entwurfs dadur nach keiner Seite hin wesentlih vershoben. Bei der lâhe soll von einér ftriftèn Ziffer abgesehen und nur eine sene" Fläche als Bedingung vorgeschrieben werden ; ziffer- estsezungen haben immer e'was Mechanisches und Willkür- sich; deshalb, ist die Mindestflächenzabl von 300 ha worden. Die Entslehung neuer Fideikommisse größten darf als ausges{lossen gelten, womit die Auffassung pon siven Tendenz der Fideikommisse überhaupt auf das richtige üdgeführt wird. Daß der inneren Kolonisation aus den mißbildungen Hemmungen erwahsen können, muß eben- eine unbégründete Behauptung zurückgewiesen werden. Um zu verhindern, daß der Grundbesiß noch mehr als bisher Marktware wird, bat die Kommission beslesen, jt s{lechthin, wie die Vorlage wollte, neue Fideikommiß- in einem Kreise, wo {hon 1009/9 der landwirtscha\tlich lähe gebunden find, nur dann zuläsfig setn sollen, wenn deten öffentlichen Zwecken dienen, fondern dann, wenn den angrenzenden Kreisen eine Bindung in dieser Höhe son be- d diese Beschränkung soll nit nur dann nicht gelten, ena die \mißstiftung besonderen öffentlihen Zween dient, sondern aud enn der Grundbesitz si bereits mindestens 50 Jahre im Besiß nebstammes der zum Fideikommißbesit berufenen Familie befindet. innere Kolonisation sich großenteils untèr Minderung des gé- Besißes vollzieht, muß das Necht, den leyteren gelegentlich en etne auf diesem Wege erfolgende Minderung zu \ r so größerem Nachdruck tn Ansp uch genommen werden. Für erung des ländlichen Arbeiterwesens, für die Erhaltung eines t ländlichen Arbeiterstandes ist gerade der fideifommissarische ß ein ganz unentbehrliher Faktor. Die innere Kolonifatton t Besonnenheit betrieben, und tendenzióse Bestrebungen müssen

nzu Salm-Salm: In der Frage der Fideikommisse stehe "em anderen Standpunkt Cu die Regierung. Ich muß erklären, ier nur in meinem eigenen Namen spreche. Die Demokratie natürlich die Stügen. des monarchischen Staates iu X Deshalb suht sie au die öffentliche Meinung gegen ee isse {arf zu machen, Die Fideikommisse gi in an er t Landwirtschaft und damit auch der Allgemeinheit. an ine Beweise für die Schädlichkeiten des Fideikommiswesens

olitishem Wert. Das erkennt der Entwurf niht einmal ers{chöpfend S B V t over dem Vorurteil neue Nahrung. ‘Die Großbetriète in Handel und Jadustrie vermehren \sich ungemessen. Dem Fidei- fommißwesen fann man aber nicht den Vorwurf 1mahen, daß es der Latifundienbildung Vorschub leistet. Es verhindert sie geradezu. Das würde noch mehr der Fall setn, wenn man eine weitere Ausdebnung des Fideikommißwesens für den mittlerea und kleineren Grundbesi gestattete. Dte Bindung auf 300 ha halte ih für viel zu gering. Viele Kreise sind gegen die Fideikommisse, weil sie Güter dem Handel entziehen. Aber der Handel ist toh nicht Selbstzweck, dem alles zum Opfer fallen muß. Das Volk, dessen Nachkommen-am meisten in bezug auf den Handel als das augerwählte gelten dürfen, hat darum gegen das Geseß Front gemaht. Der Grundbesig darf doch nur im Ausnahmefalle Handelsobjekt sein. Ein Gut, das an Handelswert zunimmt, verliert an Produktionswert. Ein Landmann muß doch tas Gefühl haben, daß die Opfer, die er für seinen Besi bringt, auch \chließlich scinen Kindern und Enkeln zugute kommen. Kaum nachzuweisen dürfte es wohl auch sein, daß in Preußen die Fideikommisse s{chlechter bewirtshaftet werden. Die Bindung des Grund und Bodens ist um \o notwendiger, jemehr die Bevölkerung zunimmt. Sonst leidet die Wehrfähigkeit unseres Volkes. Eine Auftetlung des Grund und Bodens vermindert die Bodenständigkett. Die Gebunden- heit des Grundbesißes muß deshalb die Neyel fein. Ganz irre- führend ift deshalb au der an sih fonst rihtige Grundsaß, daß durch die Fideikommisse Gütec dem freien Verkehr ohne Gegenwert entzogen werden. Aber die Güter sind doch niht dazu da, um mit ihnen Handel zu treiben. Die Handelsfreiheit is zurzeit ein unantastbares Dogma. Fast 90 9/9 des gesamten Grundbesißes sind von der fidei- fommissarischen Bindung befreit. Das ist aus volkswirtschaftlichen Gründen geradezu g-meinschätlich. Dadurch ift der größte Teil des Besiß-s der Spekulation pretsgégeten. : L

Graf zu Nanyzau: Im Gegensaß zu meiner Fraktion und der Kommission will ih mich als einen Gegner des ganzen Geseges be- kennen. Auch ich bin selbstverständlih von der Notwendigkeit der Fideikommisse durchdrungen. Ich kann k-inen Grund dafür einsehen, daß jeut, im Jahre 1914, das ganze Fitcikommißwesen für den ganzen preußischen Staat » einheitlich geregelt werden soll. Fcüher find im Herrenhause derartige Wünsche geäußert worden. Wäre ich damals {on Mitglied gewesen, dann hätte ich mich damals s{on dagegen ausgesprohen. Gewiß hat die gegenwärtige Gesetzgebung ihre Mängel. So überaus dringend dür\te eine Regelung aber wohl nicht sein, sonst hätte sie die Regierung ficher hon früher vorgenommen. Es würde fider genügen, einzelne Mänael, die sich herautg?tellt haben, durch Speztalvorschrift-n zu äntern. Man könnte beispieléweise Neu- begründungen von Fideikommissen völlig der Königlichen Genehmigung vorbehalten. Ich bin auch dagegen, das ganze Fideikommißwc]en für die ganze Monarchie einbeitllch zu regeln. Das mag für die Behörden, aber nicht für die Untertanen bequemer sein. Cine solche einheitliche Negelung muß für einzelne Gegenden eine schwere Be- läftigung mit sih bringen. Man tarf doh nibt die Bedingungen ver- gessen, unter denen die einzelnen Teile zu Preußen gekommen find. Deshalb eianet sih das Fideikommißwecsen am allerweniasten für eine einheitlihe Regelung. Früher waren in bezug auf diese Frage das La1ndwirtschaftsministeriuum und das Juslizministerium verschiedener Meinung. Jett hat die Regierung uns einen Entwurf vorgelegt, und dite Kommission hat etwas ganz Neues daraus gemacht.- Jch bin ¿uerst dafür, daß das ganze Gesetz fällt oder, wenn das nicht angeot, daß es nicht auf dicjenigen Provinzen ausgedebnt wid, ih tente da zunächst an meine Hetmat Schleswig-Holst in, für die es eine Berschlechterung bedeutet. Was dte Vorlage seibst betrifft, so ist mir auch die Fassung ter Kom- misfion insofern unannebmbar, als fie das Familteninteresse vor das VInteresse des Staates stelli. Es ist ja zuzugeben, daß in den öôst- licheri Provinzen Familienfideikommisse als B-lohnung für patriotische Verdienste gegründet worden find, wodurch es verständlich ist, daß der Familie gewisse Vorrechte eingeräumt wurden. Liese Entwicklung gehört aber der Ge|hihte an. Jeyt hat der Staat ein vebensinteresse an der Erhaltung auch * des Großgrundbesißes neben dem kleinen und mittleren Besiy. Der Grundbesiß hat im Krieg und Frieden für die Versorgung des Volkes mit Lebensmitteln zu sorgen, die Remonten zu liefern. Gr li:fert auch die besten Soldaten, er ist der Jungbrunnen für die Bevölkerung. Das sind alles \taatliche Aufgaben, und um thnen zu g?nügen, ist eine Gliederung in Große, Klein- und mittleren Besi notwendig. Aus diesen Gründen tarf der Grundbesiß auch nicht zu einer Ware werden. Als Villen- und Gartenbesiß darf er scinen eigentlichen Aufgaben nicht entfremdet werden. Dacum hat der Staat ein über- wiegendes Interesse auch an der Erbaltung - der Fideikommisse, und darum muß er auch über sie eine Kontrolle haben, damit der Grund- besi nicht devastiert wird. Die Vorlage, wie sie legt, stellt zwei Parteien ernander gegenüber : den Fideikommißbesißzer und di? Fa- milie. Das muß zu Zwistigkeiten führen, wenn der Staat nicht „die Oberaussiht hat. Der Fideikommißbesiger soll zwar nah der Vor- lage der Eigentümer seln, aber seine Befugnisse werden zugunsten der Familie so eingeschränkt, daß eigentlich die Familie die Cigen- tümerin ist und der Fideikommißbesizer nur der Verwalter. Die Kom- mission hat zwar eine Verbesserung herbeigeführt dur den Crsaß des Pflegers durch die Familienv rtretung ; diese hat aber ten Be- sitzer so zu kontrollieren, daß der Vorteil wieder wett gemacht wird. Pein Antrag will nun die Oberlandesgerichte zu Aufsichtebehörden machen. Cin Sprung ins Dunfkle wäre dieje Regelung nicht. Sie besteht hon in Schleswig-Holstein und hat {h dort bewähit. Man fönnte nun bestimmte praktische Vorscläae bei meinem Antrage ver- missen. Nach den Erfahrungen, die ih in der Kommission gemacht habe, halte ich es aber für unprafktisch, mit solchen Vorichlägen hervorzutreten. Es bleibt nur übrig, die Vorlage an die Kommishion zurückzuverweisen, die eine bewundernswürdige Tätigkeit entfaltet, aber zu grundsäßlich anderen Mesultaten gekommen ist wie ih Einig war ih mit meiner ganzen Fraktion, daß die Erhaltung des mittleren und klcinen Grundbesißes mindestens ebenso wichtig fur den Staat ist wie die E:hal!ung des Großgrundbesiges. Um den bäuerlichen Besitz zu binden, müssen analoge Bestimmungen getroffen werden wie beim Großgrundbesit. - Ih hatte vor, das Gesetz in diesem Sinne umzuarbeiten, und hatte son entsprehende Anträge vorbereltet, ih habe mich aber dur meine Freunde davon überzeugen lassen müssen, daß die Verhältnisse in den verschiedenen Provinzen außerordentlich verschieden liegen, und daß eine besondere geseuliche Aktion nötig ist. Ich habe deshalb meine Ant:äze zugunsten der Resolution von Dziembowski zurückgestellt. Jch kann nur wünschen, daß diese Resolution angenommen und von der Regierung möglichst bald in die Praxis übergeführt wird.

ierauf nimmt der Minister für Landwirtschaft, Domänen

und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer zu längeren Ausfü

rungen das Wort, die wégen verfpäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wort- laut wiedergegeben werden.

Fürst zu Ysenburg-Wächtersbach: Avch ih halte es vit für möglich, dieses Geseß ohne große Härten für weite Kreile

der Monarcie in Kraft tréten zu lassen. Auf jeden Fall fsolte man den Forst, Oedländereien von der Bindung aanz aus\ch{ließen. Wir brauen noch mehr Wald, wit haben viel Oedländereten, die auf- geforsiet werden müssen. Wir geben Millionèn für Talspeiren avs, um der Ueberschwemmungsgetahr vorzubeucen. Das kann man billiger durch vermehrte Aufforstung erreihen. Deshalb müssen die Fideikommisse in der Lage sein, folbe Landfläch-n zu er- werbea. Gbenso sollte man den Grundstlicksaustaush von kleinen Flächen erleichtern. Hier könnte es genügen, wenn ter Gtrund- buchrihter sh davon amlich überzeugt, daß dadurW feine bedeutinde Vergrößerung des Fitcikommißbesißes stattfindet. Das NRecbtsgefühl des Volkes sagt, daß jeder das Net hat, das, was ihm von Familien wegen zusteht, zu erben. Man d@ä@f deshalb“ niht danach fragen, wieviel schon der einzelne hat. Dir Reichètag hat si ja deshalb gegen eine Beschränkung des Erbrechtes gewandt. Hier in dieser Vorlge foll das Erbrecht geändert werden

demselben Rehte könnte man verbieten, daß jemand, der son ein großes Vermögen hat, niht mehr erben darf. Wir kämen dann \hließlih zu dem soztalistishen Grundsay, daß überhaupt keia Mensch mehr erben darf. Freiherr von Rihthofen-Damsdorf: Der größte Teil meiner polinishen Freunde ist gegen die Nückverweisung des Gesepy- entwurfs an die Kommission. Der Gesetzentwurf entspricht einem lang- jährigen Wunsche des Hauses. Wir folltea der Regierung dafür danken, daß sie so weit den Wünschen des Hauses entgegengekommen ift. Der gewählte Zeitpunkt ist keineswegs zu früh. Wic können nicht wissen, ob ein gleih gecianeter Zeitpunkt wiederklommt. Auch dieser Gesichtépunkt der Opportunität spriht geen jede Ver- zögerung unserer Beratung. Wir wollen ein Aufdielangebank- \chieben vermeiden. Ih will dem Borwurf entgegentreten, als ob wir hier. einseitig für den Großgrundbesiß eintretez. Wir wollen nur in gewissem Umfange und in gewissem Verhältnis das Fideikommißgesetßreht zusammenfassen. Die Mehrheit meiner politi- \hen Freunde muß s\ich auch g-gen den Gventualantrag des Grafen NRanyau aus\prehen. Wir leugnen nicht, daß der Geseß- eatwucf in vieler Beziehung von den Verhältnissen der Provin des Ostens ausgeht. Das gereiht dem Gesetzentwurf ader nicht zum Schaden. Wir wissen, daß in anderen Gegend?n bisher andere Nechtszustände bestehen, so in Schleswig-Holstein. Wenn gesagt ist, daß auch ‘alle bestehenden Bestimmungen nah diesem Entwurf ge- regelt werden müßten, dann fönnte vielleiht eine Gefährdung der eigenartigen «mderweitigen Bestimmungen eintreten. Hiec handelt es ih aber nur um die N-»ubegründung von Fideikommissen. Die Hideikommisse werden tm Interesse der Familien und des Staates gewünscht. Ich meine nit, daß die Provinziallandtage gee'ganeter find, die Interessea des Staates zu wahren, als dieses Haus. Dieses Interesse wird am besten von der Zentralstelle aus gewahrt. Alle Gesichtspunkte, die für die Befestigunz des Besißzes sprechen, fónnen einhbeitlih für die ganze Monarchie festgelegt werden. Herr Dr. von Dziembowski: Man versuht hier, auf historischer G undlage unter Erhaltung.des bestehenden Rechtszustandes neue Bestimmungen darüber einzuführen, wie tas Fideikommißwesen mit den Anforderungen der neuen Zeit in Eiskl1ng zu bringen ist. Der Entwurf hat sih auf den Stantcpunkt einer RNechtseinheitlichkeit im Staate gestellt. Dabei find auch die Guünde in klarer Weise ausgeführt, die für die Erhaltung der Fideikommisse \sprehen. Ein erhebliher Besiy mehrt ja auch die Steuer- kraft des Staates. Jch kann mir feinen berufsfreudigen Fabrik- arbeiterstand obne das Vorhandensein großer blühender Indusftrie- inftitute denken. Ebenso fo:dert aber auch eine zufriedene ländlihe Arbeitersckaft das Vorhandensein großer Betriebe, in denen sie ihre Eristenzbzsis finden kann. Der Minister hat ja selbst zugegeben, daß, man mit der Schaffung von Arbeitercentenstellen niht den gewünschten Erfolg gehabt hät. Die Ardeiter {euen sich, ihre klcinen Ersparnisse für den (Erwerd von zwei b s dret Morgen herzugeben. Mon wird deshalb die Lösung der Ackteiterfragz für die Landwicischaf:t nicht außerhalb, sondern ianerhz1b des Rahmen8 des Großgrundbesißes suhen müssen. Die große Menge der fremden Arbetter nötigt ja geradezu zu Maßnahmen, um eine einheimische ländliche Arbeiterbevölkerung im entiprebenden Umfange zu erbalten. Gbeuso notwendig ist aber au die Echaltung des bäuerlichen Besiz-s. Auch hiec bleibt ja der Besiy vielfah jahhundertelang®* in denselb.n Händen. Damit ließt die Generaldiskuffion. Nah dem Schlußworte des Berichterstatters Dr. Grafen Yorck von Wartenburg wird zunächst der präjudizielle Antrag des Grafen zu Rangau, der die Vorlage an die Kommission zurücverweisen will, gegen eine kleine Minderheit abgelehnt. Das Haus tritt in die Spezialberatung ein.

Die 88 werden nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen. Zum §5 bemerft

Graf zu Nanßau: Ih bitte Sie, die Bestimmungen dieses Paragravhen, die sich auf die Kontingentieruna beziehen, abzulehnen. Man wollte damit die Gefahr der Latifundien- bildung in Preußen beseitigen. Eine folhe Gefahr besteht nicht, und soweit sie bestehen sollte, kinn sie auf diesem Wege doch nicht beseitigt werden. Sie i auch zur Förderung der inneren Kolonisation nicht notwendig. Es gibt heute \s{chon blübende Dörfer, in denen Bauern 25 bis 50 ha oepachtet haben. Diese Pactbauern sind viel besser daran wie die Eigentümer, weil sie der Gefahr der Verschuldung entzogen sind, und keinerlet Real- und Kommunallasten zu tragen haben. Die Linke spielt ja die Bauern gegen die Gutsbesiteer aus, und deshalb \cpreibt fie die innere Kolonisation auf ihre Fahne. Die innere Kolonisation kann am besten durch Aufschließung der weiten Flächen der Moore und Heiden gefördert werden. Die von der Kommission vorgeschlagene Kontingentierung ist in ihrer Begrenzung willkürlih und ungerecht. Warum man gerate 10 9% gewählt bat, wird kein Mensch beweisen fönnen. Jch erkläre also für meine Person, daß ich diese Bestimmung ablehne. i: , 5

Herr Dr. Lönjing: Das Wertvolle und Bedeutsame an dem Entwurf ist doh gerade, daß er der Ausdehnung dec Fideikommisse eine geseßlihe Grenze zu ziehen gesuht hat. Es fann allerdings nicht bestritten werden, daß jede derartige Grenz- bestimmung etwos Willkürliches hat. Aber damit müssen wir uns nun einmal abfiúden. Bedauerlicherweise ist die Regierungsvorlage in der Kommission dadur abgeschwäht worden, daß die Kontm- gentierung nit gelten soll, w.nn der Grundbesiß sich bereits min- destens 50 Jahre im Besiy des Mannesstammes der zum Fidei- fommißbesiß berufenen Familie befiadet. Wenn beantra t würde, daß neue Fideik-mmisse nur gebildet werden können, wenn der Grandbesitz im Besitz ders-lben Familie ist, so wärde ih einem solchen Anträge durchaus zustimmen fönnen. Der Vorschlag dec Kommission da- gegen ist eine Privilegierung des alten Besißes, der i& "iht zu-

immen fann.

B Berichterstatter Dr. Graf Yorck von Wartenburg: Auch uns hat die mechanishe ziffermäßige Abgrenzung nicht besonders zugesagt, aber ang: sihts der allgemeinen politishen Lage und weil die egierung es als conditio sine qua non htnstellte, haben wir im Inter sse des Zustandekommens des Ge seyes geglaubt, diefes Opfer bringén zu müssen. S

8 5 wird unverändert nah den Kommissionsvorschlägen angenommen.

Zum 3. Titel : Veränderungen im Bestande, beantragt und begründet

Fürst zu Ysenburg-Wächters ba ch folgenden Zusaß : Soll ein Fideifommißg1undstüuck gegen ein anderes vertauscht werden, von welchem keines jedo größer als einen halben Hektar sein darf, fo ist die Einholung einer Geneh-nigung nicht exforderlih, wenn der Geundbuchrichter sich davon übeczzuat hat, daß hierdurch keine Ver- größerung des Fideikommisses bewirkt wird.

Justizminister Dr. Beseler:

Mine Herren! Ich bitte um die Ablehnung des Antrags. Die Grundbuchrihter sind nit in der Lage, solche wirtschaftlihen Fragen zu prüfen. Jh glaukße auch, daß dur die Bestimmungen des § 169 des Gesctzentwurfs dem Bedürfnis nah tunlihster Erleichterung kleinerer Bestandsveränderungen im weitesten Maße Rechnung ge- tragen ist. /

Der Antrag wird abgelehnt. A

8 22 des zweiten Abschnittes (iben E stellt fest, was als Reineinkommen aus dem Fideikommißvermögen

- Gegen dieses sprechen nur Vorurteile. Sie sind im Gegen- Mnent nugliches Suslitut von wirtschaf:lihèm und sozial-

wegen einer nicht wünschettweiten Kinnulation des Besißes. Mit

zu gelten hat.