1914 / 137 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Jun 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Preußischer Landtag-

Haus der Abgeordnetejn.

92. Sigung vom 12. Juni 1914, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.) Ueber den Beginn der Sigzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet tvorden. In der ersten Beratung Familienfideikommisse und nimmt zuerst das Wort der

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Bei Beginn der Verhandlungen über den vor- liegenden Geseßentwurf möchte ih mir gestatten, die Gründe und Er- wägungen, welche die Staatsregierung zu dieser Geseßesvorlage ge- führt haben, wenigstens im allgemeinen darzulegen.

Das alte deutsche Institut der Familienfideikommisse hat im Laufe der Zeit eine sole Entwicklung erfahren, daß die Ergebnisse zu idt leichten Bedenken geführt baben. Es ift ja bekannt, daß schon seit Jahren die Forderung aufgetreten ist, Vorschriften zu erlassen, welche die hervorgetretenen Bedenken beseitigen. Bekannt ist auch, daß schon bei Beratung des Bürgerlichen Geseßbuches die Frage er- wogen worden ist, wie weit man dieses privatrechtliche Institut dort regeln solle. Man ist aber damals zu der Ueberzeugung gekommen, daß es nicht angezeigt sei, die Regelung durd Reichsgeseß eintreten zu lassen, sondern ‘den Einzelstaaten überlaffen bleiben müsse, durch die Landesgeseßgebung da, wo sie es für erforderlich hielten, Wandel zu schaffen.

Die Uebelstände, welche hauptsächlich

folgende:

Die Ausdehnung, welche

ist sehr groß und namentlich au gestiegen, sodaß es angezeigt if

Treten zu lassen. Die zw weitgehende darin, daß manche Fideikom

fassen, anderseits darin, daß in gem kfommisse errihtet worden find, sodaß wmidcklung auf wirtschaftlichem Gebiete zu beforgen ist. régiérung ist deshalb der Meinung, daß einer folche Ausdehnung der Fideikommisse vorgebeugt wer links.)

Sie ist aber ferner auch der Auffassung, daß

biete Aenderungen erforderlich sind, weil zurzeit eine Unsicherheit und eine zu große Vielseitigkeit des Rechts besteht. Wir haben bekannt- lich drei große NRechtsgebiete, die für das Fideikommiß in Frage kom men, dás landrechtlibe, das gemeinrechtliche und rheimsche; von diesen weisen aber das des Landrechts und das des gemeinen Rechts in sih noch provinzielle Verschiedenheiten auf. Auch bestehen überall, namentlih im Gebiet dès gemeinen Rechts, vielfah noch Sonder- bestimmungen, die an Unfklarheiten leiden, sodaß sih für die prak- tische Handhabung große Unzuträglichkeiten ergeben haben, wie wir ja hier in der Zêëntralstele am besten übersehen können. Der reihsreWtliche Vorbehalt ‘im Einführungsgeseß des Bürger- lichen Geseßbuchs gibt der préußischèn Geseßgebuig freie Hand, das Fideikommißwesen zu regeln, wie sie es für richtig halt. Von dieser Ermächtigung will nunmehr der Jhnen vorgelegte Entwurf Gebrauch inâwen.

Die Staatsregierung steht auf dem Standpunkt, daß für die AU- gemeinheit die Fideifommisse heutigentags ihre Bedeutung vornehmlich darin finden, daß sie die Erhaltung eines leiftungéfähigen Groß- grundbesißes fördern. Sie geht davon aus, daß derartige Bésißungen für die gesanite Landwirtschaft in ihrem Umkreise von hoher Bedeu- tung sind, weil der fahgemäß geleitete Großbetrieb in der Hand eines mit reihlichem Kapital ausgetüsteten Besißers, der. sich bemüht, das Gut moglichst pfleglih zu bewirtschaften und es möglich} leistungs- fahig zu mäWen, in der Lage ist, die neueren Erfahrungen, die neueren Erfindungen auf ‘landwirtschaftlihem Gebiete zu verwenden und da- mit ‘den kleineren Besißern im Umkrêis ein Vorbild zu werden, die fëlber nit die Mittel ‘haben, alle vbièésé Dinge zu erproben.

Damit der Fideikommißbesißer diese Aufgabe erfüllen kann, ist es erforderlich, däß er mögltichst selbständig steht, damit er in der Be- wirtschaftung freie Hand hat, und sie so gut führen kann, wie es im Interesse dêr Allgemeinheit liegt. Es muß aber auch Vorsorge ge- troffen wérden, daß die Fideikommisse nicht zu großen Umfang an- nehmen, weil mehrere fleine Fideifommisse in dem Sinne wie ih es erwahnte, entschieden mehr leisten fönnen als éin großes. Ein über- aroßer Besiß in der Händ eines Einzelnen wird fast nie in einer solchen inteüsiven Wirtschaft vom Besißer selbs verwaltet werden können, ér wird regelmäßig mindestens zum Teil durch Verpachtung odér Administration genußt werden müssen. Vor allen Dingen muß aber auch darauf Bedacht genommen werden, daß sih nicht in éinzelnen Gegenden die Fideikommisse zu sehr häufen.

Von diesen allgemeinen Erwägungen aus möchte ich auf die Einzelheiten des Géseßes übergehen und mich, wenn auch nur in großen Zügen, darüber äußern, was mit den vorgeschlagenen Bestim- mungen bêézweckt werden soll. Zuerst wird es darauf ankommen, den Gegenstand der Fideikommisse dur das Geseh so festzulegen, wie es näch der Auffassung der Regierung das Richtige ist. Danach fordert ber Grundgédanke des Gesetzes, daß zu dem Fideikommiß ländlicher Besiß gehörén \oll, wenn auch nicht in dem Sinne, daß das Fidei- kommiß aus\chließlich auf folhen Besiß beschränkt sein soll. Denn vie Vortéile, welche die Regierung in dem ganzen Institut erblickt, beruhen eben darauf, daß ländlicher Besiß gebunden werde. Es ist zwar nah dem Geseß nicht ausgeschlossen, daß Zustiftungen anderer Gegenstände erfolgen: es fann Geld zugestiftet werden, allerdings nach den Bestimmungen des Entwurfs nur in beschränktem Maße, weil der Entwurf auf dem Standpunkte steht, daß reine Geldfideikommisse nicht im staatlichen Interesse liegen. Es können zugestiftet werden auch städtishe Grundstücke, Fabriken, Kunstgegenstände, wissenschaftliche Sammlungen, kurz älle Dinge, die für ein Fideikommiß angezeigt sein Tonnen. Aber alle diese Gegenstände sind nur Nebenbestandteile, Die Haluptksache soll der rein ländliche Grundbesiß sein. Natürlich verstebe ih unter ländlihem Besiß hier niht Alerflächen, sondern auch Wald. (Fs kommt nun darauf an, ein Maß zu finden für den Umfang der zu

bindendèn Fläche. Das kann natürlich ja immer nur mit einer ge- wissen Willkür geshehen; denn niemand kann sagen, daß dieser oder jener Umfang der ábsolut richtige sei. Der Entwurf hat die Größe von 2500 ha für angemessen erahtet, aber nur für den landwirtschaft-

Gefeßentwurfs übér Familien stiftungen

des

bervorgeboben werden, find

[B Y : A T2 ur 7 T; orr G5 aur rechBtitcwem Wes

Die Regierung ist der Meinung, daß für die Waldkultur die Fidei- fommissé besonders geeignet sind, und daß also kein Anlaß vorliegt, die fideikommissarishe Bindung forstwirtschaftlich genußten Bodens zu beshränken. Dann aber ist es von Bedeutung, daß der gebundene Güterbesiß sih nit in einzelnen Gegenden zusammendrängt, wie ih vorhin {hon kurz erwähnte. Deshalb ist in dem Gesehentwurf VBor- sorge getroffen, dem entgegenzutreten in der Weise, daß bestimmt? Nayons abgegrenzt werden der Geseßentwuxf sieht als solche die Kreise vor —, und für sie ein bestimmter Prozentsaß. festgeseßt wird, bis zu dem die Bindung vorgenommen werden darf. Der Entwurf seßt diese Höchstgrenze auf 10 vom Hundert fest, Wenn in dieser Weise der übermäßigen Anhäufung der Fideikommisse und der über- großen Ausdehnung des einzelnen Fideikommisses vorgebeugt wird, und wenn in dieser Art der ländliche Besiß in den Vordergrund gesteut wird, so glaubt die Regierung, damit einen wesentlichen Schritt zur Besserung des gegenwärtigen Nechtszustandes zu tun.

Nun fragt es si, welche Rechtsstellung der Fideikommißbesißer haben soll. Rechtlihh war bisher streitig, wie man seine Befugniss- aufzufassen habe. Der Entwurf steht auf dem Standpunkt, daß der Fideikommißbesißer der Eigentümer des Fideikommißvermögens sein soll, eines Vermögens, das freilih ein Sondergut darstellt, an dem auch andere, nämlich die Mitglieder der Familie, berechtigt sind, und daß der Fideikommißbesißer kraft seiner Stellung als* Eigentümer möglichst weitgehende Befugnisse in der Verwaltung haben sol. Das ist nötig; denn ein selbst wirtschaftender Besißer muß in der Lage sein, alle Geschäfte des täglihen Lebens, die die Verwaltung des Fidei- fommißbermögens und insbefondere der Betrieb der Land- und Forst- wirischaft mit sih bringt, selbständig abzuschließen; da würde es, wenn der Fideikommißbesiber erst die Zustimmung anderer einholen eine übergroße Beschwernis für ihn bedeuten. Um ihn nun

da, wo es sih um weitergehende Maßnahmen handelt, möglichst

zu stellen, soll in vielen Fällen die Zustimmung einer für die

nilie auftretenden Vertretung genügen. Die Vertretung wird als

ligatorish für alle Fideikommisse gedacht, und soll die Interessen

der Familie in der Weise wahrnehmen, daß sie den Fideikommiß- befißer bei allen Bestrebungen zur Förderung der Wirtschaft unter- stüßt und an Stelle der Familie die erforderliche Zustimmung erteilt. die Zustimmüng der Familienvertretung niht ausreichen sollte, tt nah dem Entwurf der Familienschluß ein, der jede Art von Ver- fügung über das Fideikommißvermögen ermöglicht. Der Fidetkommißbesißer tritt notwendigerweise durch seine Stellung in rechtliche Beziehung zu vielen außerhalb des Fidei- Fommißverbandes stehenden Personen. Der Entwurf hat Vorsorge getroffen, daß fein Verhältnis zu diesen sahgemäß geregelt werde. Festzuhalten ist immer, daß die Verpflichtungen, die der Fideikommiß- besißer eingeht, nur dann als Fideikommißschäden erahtet werden dürfen, wenn sie im Jnteresse des Fideikommisses eingegangen sind, während seine Allodschulden das eigentliche Fideikommißvermögen nicht berühren sollen. Aber auch die Fideikommißgläubiger sollen si in der Regel nur an die Einkünfte des Fideikommisses halten können und nur in besonderen Fällen ist vorgesehen, daß das Stammvermögen angegriffen werden darf. Wie die Stellung ‘des Fideikommißbesißers bedarf aber auch die der Familie der Regelung. Der Entwurf steht auf dem Standpunkt, daß das Fideikommiß sich bloß auf eine bestimmte Familie erstrecken sell, niht, wie es wohl ges{ehen. is, auf mehrere Familien. führt zu weit und entspricht niht dem Gedanken des Fideikommisses, dessen Zweck es is, das Familienvermögen zur Erhaltung der wirt- schaftlichen Stellung einer Familie zu binden, und dieser damit einen Mittelpunkt zu \caffen, an dessén günstiger Entwicklung ihre Mit- glieder auch ein maäterielles Interesse haben, sei es als Besißer, sei s Anwärter, sei es durch gewisse Versorgungsansprüche, welche

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es als billigerweise den von der Nachfolge in den Besiß ausgeschlossenen Hin- terbliebenen des Besißers eingeräumt werden müssen.

Diese Versorgung ist von großer Bedeutung für das Geseß, denn es wird mit Recht als unbillig empfunden, daß die nächsten Ange- hörigen des Fideikommißbesißers vermöge des Grundsabes der Etnzel- nachfolge von der Teilnahme an dem Genuß des Familienvermögens gänzlich ausgeschlossen werden. Der Geseßentwurf wollte deshalb eine feste Versorgungsmasse schaffen. Ob statt dessen eine andere Form der Versorgung vorzuziehen fei, darüber wird man verschiedener Mei- nung sein können. Jedenfalls ist aber eine Versorgung in dieser oder in einer anderen Form dringend geboten.

Die Nachfolge ist in dem Geseß so geregelt, daß sie im Mannes- stamme in der Ordnung nach Linien nah dem Vorrecht der Erst- geburt stattfinden soll, mit der Einschränkung, daß, wo durch die Stiftungsurkunde auch die Weiberlinie berufen werden kann und der Stifter eine gewisse Latitude hat.

Nun habe ih noch mit einigen Worten die Stellung der staat- lichen Organe gegenüber den Fideikommissen zu erwähnen. Die Not- wendigkeit der fstaatlihen Kontrolle ergibt si aus dem wesentlichen Interesse, das der Staat daran hat, die Entwicklung des Fideikommiß- wesens so zu gestalten, daß die Interessen der Allgemeinheit zur Gel- tung kommen.

Die staatliche Einwirkung ist in- erster Linie darin zu erblicken, daß nah dem Entwurf für alle Fideikommisse die Königliche Genehmi- gung gefordert wird, was bekanntlich bis heute nicht der Fall ist. Diese Königliche Genehmigung is von großer Bedeutung, weil sie die Ein- heitlihkeit der Staatsprarxis am besten garantiert, und weil fie au in der Lage ist, die Staatsinteressen am wirksamsten wahrzunehmen. Die eigentliche Beaufsichtigung der Fideikommißangelegenheiten ist dagegen in die Hände der Oberlandesgerichte gelegt oder foll ihnen vielmehr bleiben; denn sie haben sie hon. Da die Einrichtung sich wohl bewährt hat, empfiehlt sich nit, daran irgendwie zu rütteln. Die Handhabung der Aufsicht ist nach den Grundsäßen über die frei- willige Gerichtsbarkeit geregelt, derart, daß gegen die Entscheidungen der Oberlandesgerichte als Fideikommißbehörden eine Beschwerde an den zuständigen Minister zulässig ist. Das muß in erster Linie der Justizminister sein, weil es sih im wesentlichen um Rechtsangelegen- heiten handelt. Da, wo das nicht der Fall ist, wo wirtschaftliche In- teressen mit in Frage konmnien, ist im Geseß vorgesehen, daß neben dem Justizminister der Landwirtschaftsminister berufen sein soll, bei der (Fntscheidung mitzuwirken.

Nun fragt es sich, wie es mit den Fideikommissen werden soll, welche jeßt {hon bestehen. Da ist grundsäßlih davon ausgegangen, daß auh sie den neuen Bestimmungen unterliegen sollen, aber aller- dings mit so weitgehenden Ausnahmen, daß im großen und ganzen

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„ich einer Aenderung auf diesem Gebiete ganz

bleibt, Nur in einzelnen Punkten, wo eine alsbaldige Neuregelung unerläßlich is, wird das neue Geseß zwingend in Wirksamkeit treteßt müssen.

Neben den Fideikommissen behandelt das Geseh auch die Familien stiftungen. Das hat seinen Grund vornehmlich darin, daß, wenn dis Familienstiftungen in ihrer bisherigen Gestalt verbleiben, das ganze Fideikommißgeseß in seiner Wirkung gefährdet ist. Es hindert heut: zutage nichts, daß zu einer Familienstiftung aub große Gutsfkomplexe, überhaupt alle Gegenstände, welbe zur Fideikommißbildung dienen können, berangezogen werden. Da heutigen Tages für Fanmili-n- stiftungen eine staatlihe Genehmigung, im Sinne einer Prüf ing nah der Zweckmäßigkeit, nit erforderli ist, würde es in die Hand einkr ¡Familie gegében sein, ein Gebilde zu schaffen, das virtuell vollständig einem Fidcikommiß gleich steht. Es könnte also, wenn eine Familis nicht in der Lage wäre, ein Fideikommiß zu stiften, weil dazu die Vor: ausseßungen fehlen, ohne staatlide Kontrolle dur eine Familien: stiftung ganz dasselbe erreiht werden. Dem entgegenzutreten, it ein Hauptzweck der Bestimmüngen, die über die Familienstiftungen in den jeßigen Geseßentwurf aufgenommen sind.

Es kommt hinzu, daß die Familienstiftungen deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil sie sih besonders eignen zur Festlegung von Kapitalsvermögen, die, wie erwähnt, bei Fideikommissen, nur in ge wissem Umfange statthaben soll. Da ist die Familienstiftung am Plaße. Wir haben aus der Praxis erfahren, daß aud Familien stiftungen oft größe Käpitalien in si{ aufnehmen. Es erscheint deshalb auch gerechtfertigt, bei solchen Stiftungen ebenso wie bei sogenannten gemischten Stiftungen die Königliche Genehmigung lassen. i

Die Kommission des Herrenhauses hat, wie Sie aus der vorliege! den Zusammenstellung ersehen, in vieler Hinsicht Aenderungen Entwurf vorgenommen. Sie betreffen im großen und ganzen keine wesentlichen Punkte, die Hauptgrundlagen des Fideikommißkgesek-nt wurf find dabei gewahrt. zu der

eintreïen zu an dem

Bei einzelnen Bestimmungen namentli des § 5 Abs. 2 über die Kontingentierungsarenze, is das Herrenhaus allerdings soweit gegangen, daß der Grundgedanke des Entwurfs nicht festgehalten ist. Die Regierung hat ihre Bedenken gegen diese Abschwächung eines sehr wichtigen Prinzips nicht verhbeblt, aber andererseits wiederum sagen können, daß den Aenderungen, die das Herrenhaus vorgenommen hat, eine erhebliche praktische Tragweito wohl nicht zukommt.

Jch möchte mich auf diese kurzen Ausführungen beschränken. Die Beratung beginnt eben erst, und ih darf als sicher annehmen daß

z DET Geseßentwurf einer Kommission überwiesen werden wird, wo über alle Einzelheiten sehr eingehend zu sprechen sein wird. Aber ich darf auch der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Geseßentwurf so, wie er jebt vorliegt, im großen und ganzen die Zustimmung dieses hohen Hauses finden wird. (Bravo! rets.) Abg. von Gescher (kons.): Meine politischen Freunde erkennen an, daß eine Neuregelung des gegenwärtig geltenden Fideikommißrechts eine unbedingte Notwendigkeit ijt, und zwar sowohl in formeller wie in materieller Beziehung. Wir halten ferner den Geseßentwourf in der Fassung, die er 1m Herrenhause erhalten hat, für eine geeignete Grunt lage für unsere Beratungen, abgesehen von einer rotwendigen reckcht bedeutsamen Ergänzung, auf die ih noch zurückommen werde. - (r gibt dem Fideikommißreht eine dem Bedürfnis entsprechende andere Gestalt, und er hat im Herrenhaus eine vortreffliche Üéeberarbeitung: er- sahren. 2b im Abgeordnetenhause eine gleihe (inmütigkeit be- züglich der Würdigung des Entwurfs zu erzielen sein wicd wie im Derrenhause, is mir zweifelhaft, aber jedenfalls wird sich für di große Veehrheit ein Boden der Verständigung finden. lassen. ein durchaus konfervativer Gedanke.

Familienfideikommißgedanke ift

¿Fur die Bestrebungen auf Wahrung und Erhaltung alles dessen, : in dieser Zeit, wo alles fließt, den ruhenden Pol in der Erscheinungen ¿lucht bildet, fommen ganz vorzüglich diejenigen Fami die mît dem Grund und Boden verwachsen sind, bei denen die Tradition von Geschleht zu Geschlecht überliefert it, die den Heimatsinn der Väter überkommen haben, die in {weren Zeiten dem Vaterlande von großem Nußen gewesen sind. Der leitende Grundgedanke des Gntwourfs in diesem Sinne wird, wi l micht bloß auf der echten Anerkennung finden. nißgedanke ift aber auch ein durchaus deutsch-nationaler, ein urgerma jer. In der leßten Z

ist das Schlagwort aufgekommen, es handle si bei den fommissen um eine welsbe Imbportware. Das it ein JIrrtum;: ¿5ideiktommißrecht is bei uns nit als eine fremde Ware eingeführt worden, jondern umgekehrt. Wir haben die fremden | benußt, um unser altes deutsches Necht festzulegen.

jenes Schlagwort allerdings. seine Berechtigung, als dat el Einzélfolge eine Importware, tin Bestandteil des romischen Rechts ist. Aber diejenigen Kreise, die es eigentlich angeht, die Bauern, sehen die Cinzelfolge durchaus nicht als einen Nachteil an, sondern sie würden entschieden widerseßen. In den Zeiten der Revolutionen, wo „Fretheit und Gleichheit“ Losung war, hat man die Fideikommisse abgeschafft, weil man das Vo1 recht des einzelnen als ein Unrecht hinstellte; aber sobald der Nauscß der Revolution einer nühternen Erwägung wieder Plaß gemacht hatte, hat man sie überall, mit ganz geringen Ausnahmen, wieder eingeführt. Fur die Würdigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Fideikommisse wird ich hier sicher ein gemeinsamer Boden finden. Aus den wert voller | Begründung beigegeben sind, geht die außer-

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Statistiken, die der ordentlich wohltätige Wirkung der Fideikommisse, namentlich aber ibre hervorragende Bedeutung für den deutschen Wald, überzeugend hervor. Der Wert des deutschen Holzes und des deutschen Waldes würde noch erheblih höher sein, wenn der Wald in seiner Gesamtheit so bewir! schaftet würde wie die Fideikommißforsten. Nicht minder bedeutend ist das Fideikommiß für den technischen Fortschritt in der Landwirt- [haft. Hier hat der Großbesiß geradezu bahnbrehend gewirkt, schon aus dem einfachen Grunde, weil dem Fleineren niht genügende Mittel zur Durchführung von Versuchen zur Verfügung stehen. Für die Kultur von Heide- und Moorländereien hat der Großbesiß und haben die ¿idettommisse ganz besonders Großartiges geleistet. Die Statistik widerlegt auch in bündigster Form die Legende, daß die Fideikommiß- besißer ganz besonders das Bauernlegen betreiben. Für die Zeit voin 1895 bis 1912 fommen als Vergrößerung der preußischen fideikommif sarisch gebundenen Flächen durch solchen Zuwachs jaährlih nur einige hundert Hektar in Betracht; im gleichen Zeitraum aber ist auch ein beträchtlicher Teil des Fideikommißbesißes in bäuerlichen Besiß um- gewandelt wordén, sodaß das Bauernlegen auf ein Minimum zu- sammenschrumpft. Der wirtschaftliche Nußen der Fideikommisse steht außer Frage, aber eine allzu große fideikommissarische Bindung des Bodens würden wir für eine Gefahr halten, Jin Namen meiner Freunde kann ich ausfprechen, daß wir sehr befriedigt sind über die Art, wie der Geseßentwurf seine Aufgabe auch im einzelnen lösen will. Allerdings vermissen wir zu unserem großen Bedauern die Megelung der Bildung der bäuerlichen Fideikommisse, denn die Erhaltung eines tüchtigen Bauernstandes ist ebenso wichtig wie die des Großgrundßesißes. Erwünscht wäre auch ein näherer Nachweis darüber, welhe Schadi- gungen durch die bestehende Lage des Rechtes auf dem Gebiete der Fideikommißgesebgebung sih ereignet häben. In der Kommission werden wir uns näher darüber unterhalten. Wir erkennen auch die Notwendigkeit der Bestimmungen über die Familienstiftungen an. (ine Megelung dieser Angelegenheit war dringend notwendig. Im Namen meiner Freunde béantrage ih die Ueberweisung der Vorlage

lihen Gründbesiß; wegen des Waldés sind keine Grenzen gezogen.

sür die alten Fideikommissé es wohl bei dem bestehenden Zustande yer-

an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Wir werden dort eifrig

| werden wir uns ja in der Kommisson noch näher auszusprechen

mitarbeiten, und wir hoffen, daß möglichst bald eine befriedigente Fassung gefunden werden wird.

Abg. Dr. Bitta (Zzentr.): Namens meiner Freunde ¡ich mich dem Antrage des Vorredners auf Ueberweisung der Vorlage an cine Kommission von 28 Mitglietem an. Ich habe im Namen meiner Freunde diesem Antrag noch einen Zusaß hinzuzufügen der dahin geht, daß die Kommission beauftragt wird, das Fideikommikß- ret auch auf bäuerlihen Besiß auszudehnen. Wir halten die Vor- lage für einêè geeignete Grundlage zur weiteren Beratung. Daß eine Neuregelung des Fideikommißresens notwendig ist, wird allgemein an- erfannt. Die Frage, ob nit eine reisrechtliche Regelung vorzu- nehmen sei, ist schon bei der Beratung des Bürgerliches Geseßbuches entschieden worden. Mit Rücksicht auf die sozialen Verschiedenheiten hat man es vorgezogen, die Regelung der Materie der Landesgeseß- gebung zu überlassen. Das Fideikommißrecht ist kein neues Recht, fon-

{ließe

dern entspricht altgermanishen Anschauungen. Erft das römische Recht hat hier die germanishen Sonderheitenr verwischt. Es ift ein durch- aus richtiger Standpunkt, wenn die Regierung in der Begründung schreibt, daß die Fideikommisse dazu dienen sollen, bestimmte Familien in threm Besiße zu erhalten. Von Bedeutung ist es, daß hier auch die Éhéfrauen und Pächter berücksichtigt werden. Je mehr infolge des wasendèn Grundstückshandels der landwirtschaftliche Besib der Bin- dung entzogen wird, desto mehr empfieblt es si, daß er von leistunas- fáhiger Händ aufgekauft und festgelegt wird. Es muß allerdings in der Kommissiow geprüft werden, ob die Grenze von 2500 Hektar richtig ift, Meine Freunde stehen auf dem Standpunkte, daß es met ange- racht ist, eine fideikommissarische Bindung auszusprechen bei zerstreut iegenden Grundstückten. Wir halten den Gesichtspunkt für richtig, 1 das Herrenhaus in den Geseß rf bineingebracht hat, daß an dem ten werden foll, während die Regterungs- ge vorsah, daß eine Auswak 1 Kindern stattfinden könnte. ¿ ist wünschenswert, daß neben dem Vo in eines Landbesißes ucch ein bestimmtes Kapital aufgewiesen wird. ie Landfklucht werden vir angesichts der zunehmenden Industrialisierung und angesichts der

fonnen, aber es

1D zunehmenden Genußsucht nur s{chwer hintan erden immer Menschen bleiben, die Lust und Liebe zur Landwirtschaft haben. Es gilt, diese Menschen in ihrer Existenz zu sichern. Es ist natürlich, daß nur der Großgrundbesiß in Lage ist, vorbildlih im sandwirtschafklichen Betriebe zu wirken. enn thm der Vorwurf ge- inackcht wird, daß er weniger Pferde und weniger Ninder halt, so erklart ich das sehr einfach dadur, daß durch die Einführung von Maschinen | und Minder überflüssig gemacht werden. Der kleinere und ere Besiß beschäftigt sehr viele Arbeitshände, im Verhältnis etwa

elt so viele wie dèr Großgrundbesiß. Vas ist l

(§rif

r wichtig ange- er Tatsache, daß 400000 ausländische Landarbeiter gebraucht Ta fann die Bedeutung dèt zunehmendenw Verwendung von

n den Großbetrieben niht übersehen werden, weil dadurch

Ç Le E R Wichtiger

hat die Regierung auh anerkannt. Die Rechtsgaran- entwurf statuiert, halten wir für ausreichend; aber wir n, daß absolute Schranken notwendig sind, daf nicht richtig wie es der Entwurf verlangt, alles dem Ermessen der Bestätigungs- de zu überlassen. Der Entrourf will möglichst shuldenfreie Fidel-

se erreichen, eine Bestimmung, die das Herrenhaus etwas abge- cht hat. Die Bestimmung des Entwurfs, daß ein Fideikommiß c

B es

an die Neichszuaehörigkeit aecbunden ift, ist bezüglich der Fideikommisse, deren Besißer Oesterreicher sind, eine Unbilligkeit. Bezüglich des Ver- langens des Vorhandenseins eines Sondervermögens schließen wir uns den Bestimmungen des Entwurfs an. Der Entwurf verlangt, daß Pacht- und Dienstverträge unter den landesüblichen Bedingungen ab- geschlossen werden müssen. Wir halten diese Bestimmung für unklar. Die Unterscheidung zwischen Vermehrungen und Berbesserungen und wischen baulichen Verbesserungen halten wir für zweckmäßig. Ueber die Frage der Pfleger, der Aufsichtsbehörde und der Nachfolge wird sich die Kommission. besonders zu unterhalten haben. An sich scheint es 1d ¡juristisch haltbar, wenn man auth die Familienstiftungen so behandelk vie vie Fideikomtmisse. (Eine Gleichstellung mit den öffentlichen Stiftun- gen ist natürlich nicht angängig. Ueber die Regelung der Stempelfragé

haben. Mit der grundsäßlichen Art der Regelung settens des Herren- hauses kann man sich ja einverstanden erklären. Hoffentlich fuhren 2 Kommissionsberatungen zu einem gedeihlihen Abschluß.

Dr. Lohmann (nl): Es ist ja richtig, daß dem Herren-

f 1 Z l , Rerdienst gebührt, diesen Gesehentwurf mit veranlaßt zu

D* h ute das

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5 j r auc das Abgeordnetenhaus hat ja immer die Forderung iner geseßlichen Regelung der ge]amten Mueciterie erhoben.

1 esel Wáäh-

d im Herrenhause der Wunsch in den Vordergrund gestellt wurde, Stemvel und die Gebühren einheitlih zu regeln, hatte das Ab- rdnetenbaus eine einheitliche Regelung der ganzen Frage 1m Auge. allen Perioden unserer Geschichte hat man, wenn es sich daruni

j die Mechtsgleihheit berfa||ungsmaßtg sestzulegen, die Ab- der Fideikommisse vorgesehen. So ist es noch in der preußl- (sung von 1850. Wie im Herrenhause hervorgehoben wor- der Fideikommiß eine intensivere Bewirtschaftung érmöog-

; » Herren schuldig geblieben. &benso

ur die fideikommissarishe Bindung der Scholls festgehalten werden. Die Untersuchung hat im Gegenteil gezeigt, daß durd die Schaffung von Fideikommissen die Dichtigkeit der betreffen- Bevölferung niht wächst. Dann wurde auch darauf hingewtie}en,

die fideifommissarische Bindung den _Familienzusammenhang ¿rdert. Das is zweifellos. Aber diesen Anspruch können doch auch dere. Bevölkerungsschichten als gerade die Derren vom Großgrund- besi erheben. Wir erkennen die Vorteile an, die die Erhaltung des Grundbesibes für besonders hervorragende Familien hat. Ghrenämler fónnen bei dem Verwachsen der betreffenden Familien mit den Ber- vältnissen der Gegend besser verwaltet werden. Als weiterer Beweis wurde die Notwendigkeit angeführt, den landwirtschaftlichen Besiß möglich unabhängig zu machen. Bie}en Anspruch fönnen doch aber auch andere Berufszweige erheben. Graf Yorck wies auf die wertvollen Leistungen des gebundenen Grundbesißes bei Schullasten und bei der

L I n Beweis find uns die der Behauptung, daß d di 1m ucbt verhindert wird und verhetratete Arbeiter an

Fürsorge für die Landarbeiter hin. ist die Frage, ob die fidel- fommissarishe Bindung geeignet und nowwend1g ist, dann muß man die einzelnen Momente diefes Entwurfes. genauer prufen. Aber dieser Geseßentwurf, der den Grundbesiß zu- fammenfassen will in geselte Ziele; man wird | issen, 1 nan diese bi je Tota das Fideikfommißgeseß spricht einer- leits die schon vorhandene Ausdehnung des Bodens noch in anderer Weise gebunden ist. Schwer ins Gewicht ist, Ge- ganz riesige Besiß sich auf 1160 Personen und 1277 Güter verteilt. Drittel auf den Besiß des niederen, des sog. neuen Adels, und merk- fich um 11,5 % vermehrt hat, hat sich der Besiß des niederen, des der Vortrag des verehrten. Professors Sering in der Gesellschaft für

Das ist doch aber auh bei dem anderen Grundbesiß der Fall. einen leistungs- fähigen Großgrundbesiß dem Unleugbar hat der Groß- grundbefsiß in Fideikfommisse, steht im Gegensaß zum Par- zellierungsgeseß. ill j de sassen und ; s in Vorkaufsrecht einraumen. Das sind entgegen- \trebungen vereinen kann. Gegen mmi ]pricht_ | Fideifommißbesißes, und anderseits sein progressives Wachsen in den leßten fällt auch noch, daß der gebundene Besiß sich meistens 1m Osten der fi [ Fideit _17+. 08 2 dio Mufs rade das progressive Anwachsen der Stdetfommi}se ist es, was die Auf a j j F Ip{i v U GPons Standos« Davon entfällt ein Drittel auf den Besiß der ¿Fürsten- und Standes würdigerweise entfällk das Wachstum nicht auf die Fursten und neuen Adels um 29 % vermehrt, Die Tendenz des Es liegt also ‘onisati t diese Frage mit leidenschaftsloser Dffenheit innere Kolonisation hat diese ¿Frage mit leiden] V

von seiten des neuen Adels datiert aus der fapitalistisGen Entwidlunt. Diese Familien wollen ungeheute Werte feftlegen, fie wären ja au töriht, wenn sie nit einen Téil thres Vermögens der Gefahr der Zer- stôrung entzogen, und es ni{t in Grund und Boden anlegten. Dazu fommt das pfychologishe Moment, das ‘von Tadel vollständig frei ift, daß cin Anreiz beseht, das sozidlé Anfehen der Landdriskokrätie zu er- halten. Dieses Großkapilal ftellt große Summen dar, infolgedessen háben diese Besther nicht nôtïg, ihr ganzes Geld in Grundvermögen anzulegen, sondern sie behalten einen Teil ihres Geldes flüssig und brauchen deshalb nicht auf so große Rentabilität ihres Grundbesthes zu fehen. Ein Redner hielt die Proztefsivi der Fideikommtsse nicht für so stark, aber wir haben in den Tebten fünf Jahren eine Zunahme um jährlich 2600 ha gehabt, und wie 1ch hôre, will man noch vor ’In- frafttreten dieses Gesebës recht viele Fideikommisse unter Dach bringen. Daß die Vorlage dadürch bedenklich stimmt, daß fie gestattet, daß in Zukunft mehr als das Doppélte bon denr, was jeßt fideikommissarish

gebunden is, gebunden werden fann, wérden Sie verstehen. Bis jeßt

sind landwirtschaftlih rund 5 % der Fläche gebunden, der Entwurf

läßt in jedem Kreise 10 % zu, ohne das Uebermaß wegzunehmen

das kann er ja auch gar nicht —, sobaß die einzelnen Kreise {on bisher

über 5 % haben. So werden wir insgesamt zu einem fideikommissari-

\chen Besiß von 12 % kommen. Das is gegenüber den anderen An-

sprüchen, die von unserer Landwirtschaft geltend gemacht werden, über-

aus bedenklih. Es is eingewendet worden, daß mit der inneren Koloni-

fation Mißbrauch getrieben werden fann, aber wenn wir uns ganz unter

uns ernsthaft fragen, so wird niemand von uns leugnen, daß die innere

Kolonisation von der äußersten Bedeutung und Wichtigkeit ist, denn

wir arbeiten mit Hunderttausenden von fremden Arbeitern, die uns

im Kriegsfalle gesperrt werdén, fodaß die Ernte auf dem Halm ver-

faulen kann. Als Abhilfé gegen diese Bedenken sind allerlei Vorschläge

gemacht worden, z. B. man möge mit der Neubildung von Fideikom-

missen Halt machen und fie nur noch für den Wald zulassen, wobei man

auf die wirtschaftlichen Erfolge der Fideikommißwaldungen gegenüber den Privatwaldungen hinweist. -Tatsächkih haben aber die Privat-

waldungen bessere Erfolge erzielt. Es kann auch nit einerlei sein, welche Persönlichkeiten dieses soziale Ansehen genießen, und wir wün- \hen deshälb, daß auch für die Fideikommißwaldungen eine staatliche Oberaufsicht eintritt. Es ift weiter vorges{lagen, man solle die Bin- dung des landwirtschaftlihen Bodens nur noch folchen Familien ge- statten, die 1hn schon seit geräumer Zeit, seit 50 - Jahren, im Besiß haben und ihm durch ihre Tätigkeit größeren Wert gegeben häben. Wir ftehen diesem Gedanken durchaus freundlich gegenüber. Damit fallen wir niht in konservative Anschauungen, sondern wir erkennen - nur an, daß, wer mit Erfolg einen Besiß 50 Jahre bewirtschaftet hat und so mit dem Boden verwacsen ist, größeren Anspruch auf Bindung des Besibes hat als ein neuer Besißer. Diesem Grundgedanken stimmen wir schon aus dem Grunde zu, weil dadurch die ungesunde Kon- furrenz des industriellen Großfapitals bis zu gewissem Grade ausge- räumt wird. Daß der fideikommissarish gebundene Besiß eine wirt- \haftlihe Einheit bilden soll, dämit find wir einverstanden. Am Niederrhein z. B. hat das Großkapital viele Parzellen aufgekauft, die Hälfte davon wird von Pächtérn bewirts{haftét;, ‘das find “Un- erfreuliche Gigenschaften, und fle würden sich noch fteigêtn, wenn dieser Besitz fideikommissaris{ gebunden wäre. Wir werden also im Westen etne Einschränkung der Fideikommisse erzielen. Im Osten werden wir allerdings eine solche Wirkung nicht er- zielen und müssen uns dazu nah anderen Einrichtingen umsehen. Die Latifundienbildung ift für Deutschland ebensowenig wünschenswert wie anderwärts. Es ist bedenklich, wenn ein einzelner Landwirt den Besiß nicht mehr einheitlich bewirtschaften fann und fremde Kräfte héran- ziehen muß. Daher erscheint mir die in der Vorläge gezogene Höhst- grenze für von 2500 ha bedenklih hoch * ge- griffen. Niefenflähe mit einem so großen Netnertrag, daß es keinem moöglih ist, sie einheitlich zu be- wirtfhaften. Wir müssen diese Grenze etwas herunter- seben, viellercht auf 1500 ha. Im Herrenhause hat Fürst Salm gegen die vermeindlihe Gefahr der Latifundien energische Töne gefunden und gemeint, es sei höchst merkwürdtg, daß man tmmer nur von den Latifundien in der Landwirtschaft, gber niht von denen im Handel und Industrie spricht. "Er hat übersehen, daß eit großer Unterschied zwischen mobilem und immobilem Kapital besteht, und "daß das mobile Kapital feine geseßliche Bevorzugung tin.Anspruch nimmt, Die Gründe dieses Ned- ners zeichneten fich nicht durchTiefgründigkeit und scharfes Nachdenken aus. Wenn man sich vergegenwärtigt, welche Gründe Fürft Salm für seine Behauptungen angeführt hat, so muß man sagen, daß ungefähr däs Gegenteil von dem richtig ist, was er angeführt hat, Ob die fidéi- fommissarishe Bindung an fich geeignet ist zur Erhaltung des Grund und Bodens, is einé -strittige Frage. Daß sie der Belastung des Grund und Bodens eine Grenze zieht in der Form, wie es in diesem Gesekentwurf geschieht, scheint mir klar zu sein. Wir wollen jeden- falls eine weitere Bindung des landwirtschaftlichen Grund und Bodene nach Möaglichkeit erslweren, Wir glauben, daß sie in den östlichen Provinzen bereits einen Umfang angenommen bat, der mit dém dringend erforderliwen Bedürfnis des preußishen Staates und der Landwirts{aft unvereinbar ist. weitere Bindung

Wenn aber einé ! in eintreten fol man kann ja über die ziffernmäßige Beteiligung verschiedener Ansicht fein (J

in Fideikommiß as 11+ Eme

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dürfte nur ein folber Besiß be- zichungsweise sol@e Personen zur fideikommissarisbèn Bindung zU- aelassen werden, die bereits dur eine langjährige landwirtschaftliche Tätigkeit gezeigt haben, daß sie tatsächlid mit dem Gründ und Böden verwachsen sind. Weiter haben wir den dringenden Wünsch, daß den Fideifommißkbesikern eine Mesidenzpflicht auferleat wird. Es witd ja {wer sein, diesen Vorschlag in einé législatorische Form zu bringen. Vielleicht verpflhten sid die betreffenden Fideikommiß- besitzer freiwillig dazu. Für éine Privilegierung, eine Bevorzugung der Fideikommisse sind meine Freunde nicht zu haben. Jh bedautte, daß 1ch meine Mede mit einem Mißklang {ließen müß. Jn bézuüg auf das Stempel- und Kostenwesen hat män im Hêrrenhause einén höchst eigentümlichen Standpunkt eingenommen, Wenn män bedenkt, daß der kleine landwirtschaftliche Besiß mit einem Umsaßstémpel von 1 % belastet is, so müß eigentümlih anmuüten, wenn im Heétren- hause der Vorschlag gemacht wörden ist, die Schulden vom Stempel abzuziehen. Die Herren hätten am liebstên den Stempel gänz be- seitigt, da die Fideikommisse etwas Verdienstvolles seièn. Alle diése Gedanken seinen aus einer ganz anderen Welt zu kommen, Wir haben für sie kein Verständnis. Anderseits treten wir der Votläge ohne Voreingenommenheit gegenüber und sind bereit, sie in der Kom- mission so zu bearbeiten, daß für das Vaterländ und für die Lañd- wirtschaft, dexen Wert wir nicht verkennen, eiwas Bräuchbares u- stande kommt. L Aba. Dr. Schrock (freikons.): In bezug guf die geschäftliche Behandlung der Vorlage schließen wir uns dem Antrage n, sie etner 928 gliedrigen Kommission zu überweisen. Jm Auftrage meiner Freunde möchte ich ausdrüdcklih auf die unheilvollen Folgen hinweisen, die stich daraus ergeben, daß dem Landtage so wichtige geseßqéëberische Aufgaben erst in einem so späten Stadium gestellt worden sind. Gs ift doch im höchsten Grade wünschenswert, daß die Mitglieder der Kommission mit den übrigen Mitgliedern des Hauses in steter Fühlung bleiben. Das gesonderte Tagen dét Zwischenkömmission et- \chwert dies in hohem Grade. Jch will mich auf ällgemeinere Be- trahtungen für und wider die Fideikommisse niht einlassen. Man betrachtet sie als eine Einrichtuna, dazu béftimmt und geeignet, späteren Sprossen einer Familie für unabsehbäté Zeit das zu er- halten, was thre Vorfahren êrworben häbën. "Es ist nicht zu be- streiten, daß der Grund der Entstehung der Fideikommisse wesentlich darin gelegen hat, ihren Glanz den Nachfahtên zu éthalten. "Das il@ein Bestreben, das nicht bloß ‘in jenèn Kretsen vorhanden ift, A es ist allgemein menshlich und kann nit entbehrt werden; es ist eines der besten Mittel, um die “tnénshlihe Tatkrafk angu- \pornen. Dieser ursprüngliche Gefichtspunkt muß aber ‘zurütreten dahinter, daß die Fideikommisse einen Teil einér Besrhfestigung des Grundbesißes bilden, wie er für eine richtige Bestkmtfchung er- wünscht is. Wenn wir die Fideikommisse als ein Mittel der Be- sißfestigung ansehen, so stehen wir-vór der Frage, ‘daß die Fibei- fommisse ic auf dem Boden allerdings nur“ des größeren Besißes

es feine: Fideikfommisse gäbe? Wenn nun Fer Auiray I unf Genessen in ‘ünktte er Verbindung eine analoge Einrichtung in diesem Geseß du für den leinen bäuerlichen Besihß fordert, um auch den kleineren Besibþ zu festigen, so stehen wir diesem Gedanken durch- gus sympathisch gegenüber. Es handelt sid hier aber wesentli um die technisde Frage, ob im Rahmen der Beratung dieses Gesetzes die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit vorhanden if, eine weiter- gehende Aufgabe zu erfüllen. Wir befürchten, daß, wenn wir an èle Losung einer wesentli andersartigen Aufgabe herangehen, sließ;- li gar nichts herausfommt. Wir haben aber den dringenden Wunsch, mit der uns gestellten geseßgeberischen Aufgabe positiv fertig zu werden. Wir wollen das Gelingen des Gesebes nit gefährden. Wir halten es aber aub gefhäftésotdnungêsmäßig nicht für angangig, der Kommission außer ihrer eigentlichen Aufgabe noch die aufzutragen, einen neuen, ganz andersartige Verhältnisse behandelnden Abschnitt in das Geseß einzuführen. Dem sachlichen Ziele, das die Antrag- steller im Auge haben, stimmen wir ohne Vorbehalt bei; aber zur Grledigüng dieser Aufgabe bedarf es zunächst der vorbereitenden Arbeit der Regierung, die ja auch versprochen worden ist. Für den Geseß- geber ift der Vorlage gegenüber der richtige Stanepunkt durch die (rwägung gegeben, mie die Fideikfommisse der Gunst und dem Hasse der Partéien mehr oder weniger entrückt werden können. Seit Jahrhunderten find Fideikommisse entstanden; in den verschiedensten Landesteilen und mit den verschiedensten Rechtsgrundklagen; in den leßten Jahrzehnten hat sich ihre Zahl erhöht und ihre “Ausdehnung erweitert. In manchen Landesteilen bestehen gar feine oder nur formelle Bestimmungen darüber, roie der Ausbreitung entgegenzutreten ist. Wir sind nun in dieser Beziehung absolui nit radikal gesinnt; wir würden die Aufhebung für eine Gewaltmaßregel halten: die Natur macht keiné Sprünge; wir haben es mit erworbenen Rechten zu tun, die fortgebildet werden fönnen und müssen. Das Inftituÿ joll also bestehen bleiben, aber es soll reformiert werden, soweit es sich als versteinert, verrottet, zurückgeblieben erweist; auch hier foll die salus publica das oberste Geseß fein. Die Vorlage steht im allge- meinen auf dem Boden dieser Anforderungen, und das Herrenhaus hat fie noch erhbeblih verbessert. Im allgemeinen stimmen wir der Festlegung eines Höchstmaßes im Veseb zu; doch erscheint uns die Grenze von 2500 ha zu hoch, wir behalten uns vor, herabmindernde Anträge zu stellen. Wir {stimmen ferner zu der unbedingt erforder- lichen staatlihen Genehmigung. Der Entwurf konstruiert sie als Könialihe Genehmigung. Es könnten Gründe dafür sprechen, die Entscheidung der Krone der Erörterung durch die Parlamente usw. zu entziehen und die Genehmigung durch einen Verwaltungöakt der beteiligten Minister zu erseßen, Nachdem das Mindestmaß Bon 300 ha durch das Herrenhaus beseitigt ift, fragt es fich, ob: es bei dem Mindesteinkommen von 10000 Æ# sein Bewenden haben soll. ill man die Fideikommißbildung auch den kleineren Besißformen zugänglih machen, so würde man doch wesentli von diesem Saß berunterzugehen haben. Weiter werden wir nach Wegen suchen müssen, die Zulassung zur Begründung von Fideitommissen grund- säßlih auf altangesessene Familien zu beschränken und nur unter aanz besonderen Bedingungen Ausnahmen zuzulassen. Auch in bezug auf die Bindung von Bauernland werden Garantien gefordert werden müssen. Es wird fernèr zu erwägen sein, ob man nit eine eigene Behörde schaffen soll, die beruflich und sachkundig nach allen Seiten hin die Interessen der Landéékultur wahrzunehmen hat, und der auch das Einspruchsrecht zu übertragen wäre. Ob die Verhältnisse von Schleswig-Holstein eine besondere Behandlung verlangen, wird auch noch besonders zu erörtern sein. Wir werden entsprechende Anträge stëllen, um einzelne ‘Bedenken, die wir noch gegen diejen Entwurf baben, zu beseitigen. Jm allgemeinen find wir aber bereit, auf der Grundlage des Entwurfs des Herrenhauses eifrig mitzuarbeiten, um etwas Braucbbares zu schaffen. Wir find uns voll bewußt, daß rir mit diésem Geseßentwurf eme neue Rechtsgrundlage für eine fernere Zukunft geben wollen.

Abg. Waldsein (forlshr. Volksp): Ich frage dew Vor- rednér, warum er die Geftaltung dieser Materie nt mnerhalb des Rahmens ber deutshen Retchbsgesebgebung anstrebt? Er verspricht fich wahrsceinlich vön der Reaelung der Materie hier im Abgeord- netenhause atößere barteipolitishe Vorteile. Im Retcbsfkage ift ‘vor einem Jahre auf Antrag meinèr Pärtei ein Besbluß gefaßt worden, durch den die Néegierung aufgefotdert wurde, dafür zu sorgën, daß eine zu weitgehende fideifommiffarisce Bindung des Bodens aus- aes{lossen werde, und ih habe damáls zu meiner Genuügtiung Ton- statiert, daß an diesem Beschlusse auch die nationalliberale Partei œis- näbimslos mitbéteiligt war. Die Stiftung eines Fideikommisses rwvill eine lex in perpetuum valitura schaffen. Dagegen haben wir doch einige Bedenken. Die Stiftung eines Fideikommifses ist ge- rechtfertigt worden teils aus Gesichtspunkten der Familie selbst ind tels aus Gesichtspunkten „allgemeiner Natur. Man hat dävon gesprochen, man wolle durch die fidéikommissarishe Bindung den splendor familiae erhalten. Dagegen wärén ja im ällgemeinen fetne erheblichen Bedenkên geltend zu machen, aber bedenklich ift bo für uns, daß es sich hier zweifellos um eine Ausnahmegeleßgebung auf dem Gebiëte des Privatrehts für einen gewissen Komplex bon Menschèn bandelt. Wenn es der Zweck des Gesehes is, wie ‘es ausgesprochèn wurde, die alten angeséssenen Familien zu erhalten oder ihren Bestand zu erhalten, so ist däs ein Mißtrauen gegèn die anderen, die fein Fideikommiß besißen. Der Staät ruht nicht auf den Schultern di&fer wenigen Fämilien. Die Fideikomimifibkldung ist die Folge des Großgrundbesibes. Die Negterung hat oft erklärt, daß eine richtiae MisGBung des größen, mittleren ünd kleinen Grundbesibes vorhanden scin müßte, Jch frage dén Minister, welches die rnlbtiae Mischung ist: denn wenn die Megierung s êtwväs sagt, muß sie si{ doch über das Verhältnis dér richtigen Misthung des Grundbesibes klär geworden sein. Jh möchte auch frägen, was än fideikommissarischer Bindung des Grundbesißes in äbsehbarer Zäil zu etwarfen i. Die Regierung brinat hiër éin Géseß ein, welches aecignèt is, die Schäden, die dié Fideikommißbildüng im Gefolge hat, niht zu mildern, sondern durch Bildung weiteret Fideikommisse zu verehren. Das Herrenhaus hat die Vorlage der Regierung im Interesse des Großgrundbesites verschlechtert. Das ist ein Vorgang óhnealeichen, Sie bedeutet zugleih eine fteuerliche Erleichtetunge des Größagrundbesibes, denn fie hat eine aanz wesentlihe Hertabsehuñg des Stempels bis auf die Hälfte im Gefolgê. Das Geseh ift nicht geeignet, die Binduna des Grund und Bodens zu verringern. Mar aat, man wolle durch die Fibeikommißbildung verhindern, daß der Grund und Boden zur Ware berabsurkt, und verlangen, taß enr be» ftimmter Prozentsaß fideïkeommissaris gebunden wird. Jedermann werk aber, Laß es fein besseres Mittel qgubt, eine Preissteigerung einer Ware zu erreichen, als wenn maw einen Teil ieser Ware hier den Grunb und Boden aus den Verkebr zieht. Dur die Fideikommißbildung tvird also mik innerer Notwendigkeit eine aanz ungeheure Preissteigerung des Grund und Bodens hervurgerufem. Dazu kommt, Laß die aœcbundenen Güter 30! bis 40 % der aroßen Güter überbaupt ausmnaßen, wenn aub nur etwa 10 5 des gesamten Grund und Bodens. Es entsteht also ein rièsftaer Anshurm auf die noch vorbandènten* nit geŒüntenten Güter. Wir Babên bier däs beste Beispiel dafür, wie man e& mat, um: eine Ware int Prèife zu steigern. Die Verdienste der Fideikbmmisse um die Erhaltung: dés Waldes find ja unbestreitbar. Diese allein aber können mt an Grund zw ihrer Erhaltung: sein, wenn ste sor hält find, uns der Forst ebenso gut, ja sogar besser durch andere Wittel erhalten werdew kann. Sdeale Zustände haben aud: die Fideikfommisse auf dem Ge= biete des Forstwesens mhk erreicht. Im erster Linie kömmt" e& im auf die Qualität des Bodens an. Der Fibeitoimtsnäld ftebt arößtenteils au nur auf soldem Boden, der für “dere J nicht genüßt werden: kmn. Dieser Wüld wird au ohne kommissarische Bindung erhalten bleiben. 13,8 % bes Waldes in ‘Preußer fidetommissatis{ gebunden Zur Eehaltütwy Pleinen Dice, e E E anders! verwertbar braucht der pre i wirklich: Veute e iu Geseß sieht vor, baß: das einem Familienmitglith"* als” solchem“ stehende: Met rußen: soll, wenn äs mit ‘orgen

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Der wichtigste Grund für das Geseß, mit dem der ganze Entwurf steht und fällt, Staate zu erhalten. Bejaht man dieje Frage, wie ich ès zu tun geneigt bin, der wirtschaftlichen Gliederung des Volkes eine große Aufgabe zu erfüllen. Gerade das leßtere will ja Grundstücke schaffen und vem Staate )ogar e orfa: el [ ind ent l ih fragen müssen, wie man dieje beiden VBe- Î Jahren. Dazu fommt noch, daß ein großer Teil des Grund und Monarchie befindet, wo die Bevölkerungödichtigkeit sowieso [chon nicht allzugroß mertsamkeit des Staates in Anspruch nimmt. Dazu kommt, da} die}er herren, ein weiteres Drittel auf den Besiß der Grafen und das leßte [0 6 C R Z G8 1g D Standesherren; während der Besiß der Gräfen von 1899 bis 1912 namentlich in der dritten Kategorie. Die Gründe hierfür sind klar; uach allen Seiten hin beleuchtet. Dieser Zudrang zum Fideikommiß

entwidelt haben. Wie würde es mit unserem Wald ausfehen, wenn

lofen: oder unsfittlichen Lebenöwandels: vow der