1914 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Jun 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Deutsches Neich.

Bekanntmachung.

Der Fe g arte nr ist eröffnet worden zwischen Berlin und den deutschen Orten Chrosczüß, Dingolfing, Geisenhausen, Pfeffenhausen, Poppelau (Kr. Oppeln), Rotten- burg (Laaber) und Wörth (Jsar) gewöhnliche Gesprächs- gebühr je 1 M4 —.

Berlini C. 2, den 20. Juni 1914.

Kaiserliche Oberpostdirektion. Vorbeck.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

die Bauräte Georg Loßzin in Cottbus, Wilhelm Meyer in Osnabrück und Friedrich Wichmann .in Erfurt zu Regie- rungs- und Bauräten «zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem- Baumschulenbesizer Carl von Ehren in Nienstedten das Prädikat eines Königlichen Hoflieferanten zu verleihen.

M inisterium für Handel und Gewerbe.

‘Dem Régierungs- und Baurat Loößgin ist unter Verseßung nah Frankfurt a. O. die Stelle des meliorationstechnischen Régierúngs- und Bâurats für den Regierungsbezirk Frank- furt a. O. mit dem Amtssige in Franfkfurt- a. O., dem Regierungs- und Baurat Meyer ist unter Verseßung nah Lüneburg die Stelle des meliorationstechnischen Regierungs- und Baurats für die Regierungsbezirke Lüneburg, Stade und Aurich mit dèm Amtssiße in Lüneburg, dem Regierungs- und Baurat Wichmann ist unter Verseßung nah Potsdam die Stelle des meliorationstehnishen Regierungs- und Baurats sür den Regierungsbezirk Potsdam mit dem Amtssige in Potsdam übertragen worden.

Infolge Schaffung einer neuen (zweiten) meliorations- technischen Regierungs- und Bauratsstelle für die Provinz Hannover wird der-Geschäftsbezirk des Regierungs- und Bau- rats, Geheimen Baurats Recken in Hannover auf die Regierungsbezirke Hannover, Hildesheim und Osnabrück be- schränkt. Dem Jnhaber der neuen Stelle mit dem Amts- siße in Lüneburg sind die Regierungsbezirke Lüneburg, Stade und Aurich als Geichäftsbezirk zugeteilt worden.

_ Versetzt sind die Negierungsbaumeister: Rothe, bisher Vorständ des Meliorationsbauamts in Lühneburg, in gleicher Amtseiaenschaft an das Meliorationsbauamt Tilsit, von Reiche, bisher Vorstand des Meliorationsbauamts ] in Oppeln, in gleicher Amtseigenshaft an das Meliorationsbauamt in Cottbus, Mayburg, bisher beim Meliorationsbauamt T in Düsseldorf, nah Celle als Vorstand des dortigen Meliorationsbau-

Dockendorf, bisher bei der Generalkommission in

orft s dortigen Meliorations-

8 teliorationsbauamt in

urg als Vorstand des dortigen Meliorations- L,

dgen, nach - bauamts, ens bisher - beim Meliorationsbauamt in Aachen, nah Oppeln als Vorstand des dortigen Meliorations- bauamts I, Boesch, bisher im Ministerium für Landwirt- haft, Domänen und Forsten, näh Stargard i. Pomm. als Vorstand des dortigen Mesliorationsbauamts, Stader- mann, bisher beim Meliorationsbauamt in Hannover, nah Osnabrück als Vorstand des dortigen Meliorationsbau- amts, Barthol di, bisher beim Meliorationsbauamt Stolp, nah Landsberg a. W. als Vorstand des dortigen Meliórations- bauámts, Haas, bisher beim Meliorätionsbauamt in Frank- furt a. O., an das Meliorationsbauamt T1 in Düsseldorf, Kröcher, bisher beim Meliorationsbauamt in Stettin, an das Meliorationsbauamt in. Stargard i. Pom., Karl Schulz, bisher beim Mesliorationsbauamt in Lüneburg, an das Meliórationsbauaint in Celle, Jacob, bisher beimMeliorations- bauamt IT in Oppeln, nah Bréslau als Hilfsarbeiter des meliorationstehnischen Regierungs- und Baurats für die Pro- vinz S@hlesien.

Den Regierungsbaumeistern des Wasser- und Straßen- baufaches Gustav Erhardt beim Meliorätionsbauamt in Erfurt, Malter S{chmude in Hannover, zugeteilt dem Oberpräsidenten in Hannover (Oédlandskulturstèlle), Hans Kosack beim Meliòörationsbaúamt I in Königsberg, Arthur Liczewski in Oppeln, zugeteilt dem Oberpräsidenten (Oderstrombauverwaltung) in Breslaù, Friedrih Brey beim Meliorationsbauamt in Briesen, Karl Frank beim Meliorationsbauamt 11 in Oppeln, YFohannes Wölfert beim Meliorationshauamt in Neumünster ist je eine etatsmäßige Negierungsbaumeisterstelle in der land- wirtschaftlichen Verwaltung verliehen worden.

Der Regierungsbaumeister des .Wasser- und Straßenbau- fas Arnóld Müller aus Bremen ist dem Meliorationsbau- amt in: Trier überwiesen worden.

Der Regierungsbaumeister des Wasser- und Straßenbau- fahs Rudolf Hennings, bisher beim Meliorationsbauamt in Danzig, ist auf seinen Antrag aus dem Staatsdienste entlassen worden.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 17 der Preußischen Geseßsammlung enthält unter Nr. 11 355 das Eisénbahnanleihegesez, vom 10. Juni 1914. Berlin W. 9, ‘dén 22. Juñi 1914. Königliches Geseßsammlungsamt. Krüer.

| Abgereist: Der Direktor im Reichsshaßamt Herz mit Urlaub.

Nichtamlliches.

Deutsches Reich.

Preufeen. Berlin, 22. Juni 1914.

Das Königliche Staatsministerium trat heute einer Sizung zusammen.

Der vom Reichsamt des Jnnern berufene Sachver- ständigenausschuß zur Schaffung einer deutschen Einheitskurzschrift, bestehend aus 23 Vertretern von neun stenographischen Schulen, hat, wie „W. T. B.“ meldet, am 20. und 21. Juni im preußischen Kultusministerium unter dem Vorsiß des Geheimen Regierungs- und Provinzialschulrats Prof. Tiebe getagt und den von seinem Unterausshuß vor- aelegten Entwurf nah eingehendster Beratung in seinen

, Grundlagen einstimmig angenommen sowie die Vorlage mit

den von ‘ihm beschlossenen Aenderungen dem Unterausschuß zur Ueberarbeitung überwiesen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 19. Juni S. M. S. „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision in Port Said und S. M. S. „Nürnberg“ in Salina Cruz, am 17. Juni S. M. S. „Dresden“ in Tampico eingetroffen.

Hamburg.

Seine Majestät der Kaiser und König ist mit Gefolge vorgestern nachmittag im Automobil von Hannover in Hamburg eingetroffen und hat sih unter lebhaften Kund- gebungen der Bevölkerung fofort an Bord der Jacht „Hohen- zollern“ begeben, die an den Landungsbrücten lag. Am Ein- gang zu den Brücken hatten sih zum Empfang der Regierende Bürgermeister Dr. Predöhl, der Bürgermeister Dr. Schröder, der preußische Gesandte von Bülow, der Legationsrat von Bonin, der Generaldirektor Albert Ballin und andere eingefunden.

Deutsche Kolonien.

Der Gouvernementsrat von Deutsch Ostafrika ist am 19, Juni in Daressalam zusammengetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, beleuchtete der Gouverneur Dr. Schnee in öffentlicher Sizung die Entwicklung der Handelsziffern und der Finanzen, die sih troß der durch die Kautschukkrise ent- standenen Schwierigkeiten günstig gestaltet hätten. Das Rechnungs- jahr 1913 s{hließe mit einem veträchtlichen Uebershuß ab. Für die in Deutschland behauptete Abnahme der Eingeborenen- bevölkferung des Schußgebiets fehle jeder Nachweis. Ausreichendes statinishes Material zur Beurteilung der Frage sei überhaupt noch nicht vorhanden. Die Bekämpfung der Schlafkrankheit biete ein günstiges Bild. Auch am Tanganjikasee sei in zwei bis zweieinhalb Jahren ein voller Erfolg zu erwarten. Die Rinderpest sei wesentlih zurückgegangen. Für die Landes- ausstellung sei ein guter Erfolg zu erhoffen. Das Schußtzgebiet bedauere lebhaft, daß Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die Teilnahme nicht „mögli sel. - In erster Lesung wurde sodaun die Wafsserrehtsverordnung, . die Sprengstoffverordnung, die Gebührenordnung - für Aerzte und die Abänderung der Pflanzenshußverordnung angenommen. Dagegen wurde der Entwurf, betreffend die Nückzahlung der früher vom Reich für den Eisenbahnbau geleisteten * Garantiezahlungen durch das Schußgebiei, von den außerordentlichen Mitgliedern des Gouvernemenisrats einstimmig abgelehnt. Darauf trat der Gouvernementsrat in die Vesyrehung des Etats für 1915 ein.

Oesterreich-Ungarn. Der Kaiser Franz Joseph hat gestern den albanesischen Gesandten Sureya Bei Vlora zur Ueberreichung seines Be- glaubigungsschreibens in Audienz empfangen.

erankreich.

Der Senat beriet in der vorgestrigen Sißung das An- leihegeseß.

Wie „W. T. B.“ meldet, erwiderte der Finanzminister Noulens auf verschiedene Fragen, daß die neuen Renten befreit seien von den Steuern, die die Mobtliarwerte treffen, außer von der Einkommen- steuer von 4 %. Sie würden also auch nicht den Stempelsteuern und Umsabsteuern unterliegen, selbst dann niht, wenn diese Steuern in eine Einkommensteuer als Ergänzungésteuer zur vierprozentigen Einkommensteuer umgewandelt würden.

Darauf wurde die Generaldiskussion geschlossen und das Geseg im ganzen einstimmig von den 281 anwesenden Senatoren angenommen.

Der Marineminister Gauthier hat beschlossen, ein Geschwader von Wasserflugzeugen zu errichten, das gleih den Torpedobooten und Unterseebooten einen inte- grierenden Bestandteil der Kriegsflotte bilden soll.

Rußland,

Der König von Sachsen wohnte vorgestern vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, in Begleitung des Kaisers Nikolaus einer Parade über die Truppen von Zarskïoje Selo und Pawlowsk bei. Nach der Parade war Kaiserliche Frühstücks8- tafel, an der auch der deutshe Botschafter, der Kriegsminister und der Minister des Neußern teilnahmen. Abends fand zu Ehren des Königs in Pawlowsk beim Großfürsten Konstantin ein Festmahl tatt. Gestern morgen traf der König von Sachsen mit Gefolge und den seiner Person attächierten rufsishen Offizieren in St. Peters- burg ein. Zur Begrüßiung hatten sich die höheren Zivil- und Militärbehörden, der ‘Kommandant des XVIII. Armeekorps, General der Kavallerie von Krusenstern, der Divisionsgeneral, Generalleutnant Freimann, der Gouverneur von St. Peters- bürg Graf Adlerberg, der Vertreter des Polizeipräfidenten Generalleutnant ‘Wendorf, der deutshe Botschafter Graf Pourtalès, der bayerische Gesandte Freiherr von Grunelius, diè Mitglieder der deutschen h und Abgesandte der Stadt, an ihrer Spize der Bürgermeister von St. Petersburg Graf Tolstoi eingefunden. Eine Kompagnie des Bielomorsfy- Regiments erwies die militärischen Ehren. Nach der Be- grüßung durch den Grafen Tolstoi, der dem König auf einer silbernen Schüfsel Salz und Brot darbot, begab fich dieser zum Gottesdienst in die fkatholishe Bonifatiuskirche. Nach der Messe besü@hte der König das Winterpalais und die Erentitage und empfing sodann eine Abordnung des Aus- \husses für den Bau eines Denkmals auf dem Schlacht- felde von Leipzig sowie Vertreter der sächsishen Kolonie in St. Petersburg. Am Nachmittag machten der König, die ihm attachierten Offiziere, der Marineminister, der Kommandant der Kaiserlichen Yacht „Polarstern“ und der deutsche Militärattahé eine Fahrt die Newa abwärts zum Meere, wo sie die Panzerschiffe „Sebastopol“ und „Petro- päwlowsk“ besichtigten. Abends gab der deutsche Botschafter Graf Pourtálès zu Ehren des Königs ein Mahl in der deutschen Botschaft. Danach kehrte der König nach Zarskoje Selo zurü.

Dié Budgetkommission der Reichsduma hat dent Kredit für den Bau eines Holzhafens an der Weichsel nahe der deutschen Grenze angenommen.

Portugal.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ ist vorgestern eine Ministerkrisis ausgebrochen. Einzelheiten über die Vor- gänge, die zu der Ministerkrisis geführt haben, fehlen.

Türkei.

Die Botschafter in Konstantinopel haben vorgestern eine Konferenz abgehalten und beschlossen, einzeln der Pforte eine gleichlautende Note zu überreichen. Die Note, die gestern überreicht wurde, besagt laut Meldung des „W. T. B.“:

Da die ausländische Presse über Unruhen in gewissen Teilen Kleinasiens Berichte gebracht hatte, die dem Ansehen der ottomanifschen Regierung schaden könnten, hat die Pforte um Gntsendung von Ver- trauensmännern der Botschafter ersucht, die den Minister Talaat Bei begleiten und über den wirklichen Sachverhalt berihten follen. Dieser Einladung entsprechend, hat die Botschaft mit dieser Mission (hier folgt der Name des Dragomans) betraut, dem es auch freistehen wird, h dorthin zu begeben, wo er es für nötig erachtet.

In der Note wird verlangt, daß die Behörden der Mission die nötigen Begünstigungen zuteil werden lassen. Die deutsche Botschaft entsendet den zweiten Dragoman Dr. Schönberg, die österreichish-ungarishe Botschaft den dritten Dragoman Coglievina, die russishe und die französische Botschaft entisenden ihre ersten Dragomane, die englische und die italienishe Bot- haft ihre zweiten Dragomane.

Nach vorgestern in Konstantinopel eingetroffenen offiziellen

Telegrammen des Ministers des Junern Talaat Bei meldet der Mutessarif von Balikesri, der mit der Jnspektion der Gegend von Burhanie und Aiwali betraut ist, telegraphisch, daß die Ordnung in Aiwali andauere und die Bevölkerung sich \hon wieder beruhigt habe. Der Wali von Brussa telegraphiert, daß 6000 Griechen, die sich in Syghi an der Küste des Marmarameeres gesammelt hätten, um auszu- wandern, durch Gendarmerieabteilungen in ihre Dörfer zu- rückgebraht worden seien. Die Jndividuen, die in Artaki den Griechen Vieh gestohlen hätten, seien verhaftet und das ge- stohlene Vieh den Besißern zurückgegeben worden. Ein von vorgestern abend datiertes Telegramm Talaat Beis be- sagt, der Minister habe Tschesme besucht und festgestellt, daß die Bevölkerung der Stadt und der Umgebung, ohne daß irgend ein Druck ausgeübt worden wäre, vollständig ausge- wandert sei; es seien nur einige Bewohner zurückgeblieben, die erklärten, die Bevölkerung sei hauptsächlich unter dem Eindruck der unter den Frauen herrschenden Furcht geflohen, es sei aber kein Angriff auf die Bevölkerung erfolgt. Seit einigen Tagen habe sich im Wilajet Smyrna Fein Zwischenfall ereignet.

Einer offiziellen Meldung zufolge hat die Auswande- rungsbewegung im Sandschaë Adrianopel vollständig aufgehört.

Griechenland.

Der türkische Gesandte Ghalib Bey hat vorgestern dem Minister des Aeußern Dr. Streit eine schriftlihe Mit- teilung überreicht, in der die türkishe Regieruna, wie „W. T. B.“ meldet, exklärt, sie habe bereits mit der Wieder- einseßzung der gegenwärtig an den Küsten Kleinasiens befind- lichen Griechen aus dem Wilajet Aidin in ihre Heimstätten begonnen und werde darin fortfahren. Ein Vorschlag, den die türkische Regierung bezüglih des Austausches der griechischen und der mohammedanischen Bevölkerung und deren Eigentums mache, umfasse alle, die bereits die in Betracht kommenden Gebiete verlassen hätten. Jhr Eigentum werde von gemischten Kommissionen abgeschäßt werden.

Rumänien.

In der vorgestrigen Sizung des Senats richteten die Konservativen bei der Prüfung der Mandate heftige An- griffe gegen die Negierung und die Mehrheit.

Laut Bericht des „W. T. B.“ behaupteten die Konservativen, daß im Bezirke Valkea Wah1beeinflussungen vorgekommen jeien, und legten zum Beweise ein Protokoll des dort amtierenden Poslizet- ess auf den Tisch des Hauses nieder. Der Winister des Innern erklärte, daß èr die Angelegenheit untersuchen lassen werde. Der Umstand jedoch, daß sich dieses Protokoll in den Händen der Opposition befinde, bedeute für ihn, daß hierbei entweder Leichtfertigkeit oder eine Handlung im bösen Glauben vorliege. Hierauf |prang Filtyescu auf und rief: Sie sind ein Elender, wenn Sie nicht beweisen, was Sie soeben behauptet haben. Es entstand im ganzen Hause großer Lärm. Alle Senatoren sprangen von ibren Siyen auf und verlangten, daß Ftiltpetcu setne Aeußerung zurüziehe oder zur Ordnung gerufen werde. Filipescu lehnte es ab, seine Aeußerung zurückzuziehen. AUlmählich beruhigten fih die Senatoren und die Berhandlung konnte fortgeseßt werden.

_— Die Kammer hat vorgestern Pherekyde wieder zum Präsidenten gewählt.

Bulgarien,

Jn der Sigzung der Sobranje am Dr. Ghenadiew laut Meldung des „W. T. Erklärung ab:

Er und die Negierungspartei würden an der Schaffung eines starken Heeres arbeiten, das ti: einzige Bürgschaft für die Un- abhängigkeit Bulgariens sei. Er weise mit Nachdruck jeden Verdacht des Nevanchegelüstes zurückl. Da er in dem Augen- blid der größten bulgarisWen Waffenerfolge zu dem Abschluß des Friedens geraten habe, der für die Türkei ehrcnvolle und vollkommen maßvolle Bedingungen enthalten hätte, die felbst die Ab- tretung Adrianopels ausges{lossen hätten, fo sei er angesihts der neuen Lage ein Gegner jedes Yevanchegedankens oegenüber den Nachbarn Bulgariens; er erinnere aber an die Worte Miljukows in der Duma- sißuñg vom 5. Oktober, in der dieser erklärt habe, daß die Lage auf dem Balkan unbeständig werde und daß das Feuer folange glühen werde, bis der Bukarester Friedensvertrag revidiert fei.

Albanien.

Vorgestern nahmittag hat in Durazzo eine Versammlung der mohammedanischen Bevölkerung stattgefunden, worauf eine Abordnung von vier Hodschas in das Rebellenlager nah Schiak fuhr, um die Aufständischen zur Unterwersung und zum Nieder- legen der Waffen zu bewegen. Bei den Verhandlungen mit den Hodschas, die der „Agenzia Stefani“ zufolge in vollem Ein- verständnis mit der Regierung im Namen der Stadt über den Frieden verhandeln sollten, verlangten die Aufständischen Be- freiung vom Militärdienst und den Steuern sowie die An- nahme anderer geringfügiger Forderungen, die sie schon ge- stellt hätten. “Außerdem verlangten sie einen dreitägigen Waffenstillstand, Da die Regierung auf die Forderung des dreitägigen Wasffenstillstandes nicht eingehen zu können ertlärte, wurde schließlich vereinbart, daß, wenn bis

Freitag gab B.“ folgende

Sonntag nachmittag 5 Uhr 30 Minuten keine Ant- wort erteilt werde, sämtlihe Verhandlungen abgebrochen sein sollten. Einer Meldung der genannten Agentur vom heutigen Tage zufolge hat die Regierung, obgleich die geseßte Frist bereits abgelaufen war, zwei Parlamentäre zu den Aufständischen geschict, um den geforderten dreitägigen Waffenstillstand abzuschließen, damit eine Zusammenkunft von Vertretern beider Parteien vereinbart werden könne; diese soll am 23. Juni an der Brücke über die Lagune stattfinden.

Ueber die Ereignisse am 19. und 20. d. M. berichtet das „Wiener K. K. Telegraphen-Korrespondenzbureau“, wie olgt: | alm Freitag um 12 Uhr 30 Minuten früh fielen in Durazzo selbst 11 von nit sicher festgestellten Individuen abgefeuerte Gewehr- schüsse, die in verschiedene Häuser einshlugen, ohne jedo jemanden zu verlegen. Kurz darauf begann in der Vorpostenlinie ein starkes, immer heftiger werdendes Gewehrfeuer, in das auh Geschüße eingriffen. Nach etwa einer halben Stunde verstummte das Feuer auf der ganzen Linie. Die Naht verlief ruhig ohne weitere Zwischenfälle. In der Stadt wurden die Schüsse darauf zurückgeführt, daß es fich um ein Komplott von in der Stadt lebenden Mohammedanern mit den Rebellen handeln müsse, das den Zweck hätt-, unter der Stadtbevölkerung Panik hervorzurufen, die sich die Betreffenden zu nuße machen wollten. Im Zusammenhang mit dem nächtlichen Zwischenfall wurde im Laufe des Tages der vor etwa 20 Jahren etngewanderte moham- medanische Großkaufmann Hadschi Suleiman verhaftet. Bei der Haus- suchung wurden vter Mausergewehre und viel Munition vorgefunden. Ver- hafiunaen anderer verdächtiger Personen stehen bevor. Um weiteren ähn- lichen Versuchen vorzubeugen, wurde in der Stadt eine 120 Mann starke Nattonalgarde zu dem Zwede organisiert, daß jeder zinzelne einen Nayon von 5 Häusern genau beobahte. Der österrethisch-ungarische Dampfer „Herzegowina“ ist untér albanesisher Flagge von Durazzo abgefabren und hat Kawaja am Freitag früh bombardiert. Um 4 Uhr Morçcens wurde die Beschteßung. wiederholt; sechzig Mirditen wurden gelandet. Das Schiff i um sechs Uhr nach Durazzio zurückgekehrt. Der Grfolg des Vorgehens ijt noch nicht bekannt.

Fn der Nacht zum Sonnabend lief die „Herzegowina“ abermals aus und beschoß die feindlihen Stellungen in der Nichtung von Porta Nomana und Kawaja. Da in der vorgestrigen Nacht in Durazzo abermals Gewehrschüsse von Unbekannten abgegeben wurden, erließ der holländische Kommandant Kroon die Anordnung, daß jedermann, ver in der Stadt Schüsse abfeuert, mit fünf Jahren Gefängnis bestraft wird. Der Tag verlief vollkommen ruhig. Um etwaigen abermaligen Ueberrumpelungsversuhen vorzubeugen, wurden an sämtlichen einigermaßen gefährdeten Punkten Verschanzungen und Drahtzäune errichtet, sodaß ein Eindringen des Feindes in die Stadt selbst tim Falle eines unerwarteten überrashenden Angriffes aué- ges(lossen erscheint. Hinter den Verschanzungen liegen überall starke Ahteilungen der Mirditen und Malissoren auf Wachposten. Vor- gestern hat fich das freiwillioe Artilleristenkorps organisiert. Es wählte den preußisben Rittmeister von der Lippe zurn Kommandanten, der seinerseits den Befehlen der holländischen Offiztere untersteht.

Prenk Bibdoda befindet sih mit seinen Leuten noch immer eiwa vier Stunden hinter Durazzo und scheint zu zögern, den Vor- marsch gegen Schijak zum Angriff auf die Aufständischen anzutreten. Auch herrscht keine Klarheit, wie Ahmed Bei Mati, der über Tirana vorrücken und den Krets utn die Aufständischen enger ztehen söllte, id verhält. Ueber die Stellungnahme Aziz Paschas Vrioni, der zu dem gleihen Zwecke von Süden über Fieri heranrücken sollte, liegen feine günstigen Nachrichten vor. Sonnabend abend ging ireiwillige Artillerie mit dem von der albanesishen Regierung gleichfalls ge- darterten Dampfer des Oesterreichischen Lloyd „Gisela“ nach Norden zu den Stellungen Prenk Bibdodas, um die Bedienung der Geschüye zu übernehmen und Bibdoda die Notwendigkeit des Bormarsches nabezulegen, mit dem gleichzeitig eine Gegenbewegung gegen das Lager der Aufständischen von Durazzo aus ausgeführt werden würde

Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, wurde gestern bei dem Dorfe Carbonara in der Umgebung von Suskina bis zur Abenddämmerung gekämpft; man alaubt, daß der Kamps| heute wieder aufgenommen wird. Elbassan ist von den Auf- ständischen eingeschlossen.

Amerika.

Die Erklärung der amerikanischen Delegierten in Niagara Falls, daß die Einseßung eines Präsidenten in Mexiko, der aus den Reihen der Rebellen hervorgegangen wäre, das einzige Mittel sei, den Feindseligkeiten ein Ende zu seßen und weiteres Blutvergießen zu verhindern, war, wie „W. T. B.“ meldet, ein Ultimatum. Falls die Delegierten Huertas nicht auf die amerikanishen Forderungen eingehen, wird die Vermittlungskonferenz beendet.

Carranza hat den Vermittlern auf eine ihm zugegangene Note eine Antwort erteilt, in der er obiger Quelle zufolge wiederholt, daß er bereit sei, an der Verm ittlungs- aktion teilzunehmen, daß es ihm aber unmöglich sei, über einen Waffenstillstand, die Landfrage und die Wahl eines vorläufigen Präsidenten zu verhandeln. Seiner An- sicht nah hätten die Vermittler einen Jrrtum begangen, als fie versuchten, diese Fragen zu lösen, die für die Mexikaner von überragender Wichtigkeit seien. Die Konstitutionalisten müßten entscheiden, was für die Jntere)jeun ihres Landes das beste sei. Zum Schluß erklärt Carranza, er glaube nicht, daß die Konferenz in Niagara Falls die von den Vermitilern erwarteten Ergebnisse haben werde. A L : i

Der mexikanische Minister des Fnnern teilt mit, daß er beabsichtige, der Kammer vorzuschlagen, die Präsfidenten- wahlen, die am 4. Juli stattfinden sollten, bis zur Beendigung der Konferenz in Niagara Falls zu verschieben. :

Der Angriff auf Zacatecas ist unter dem direkten Oberbefehl Villas wieder aufgenommen worden. Die Bundes-

truppen sollen drei Positionen verloren haben. E Carranza hat den Kriegssekretär in feinem Kabinett,

General A ngeles, wegen Ungehorsams abgeseßt.

Kunst und Wissenschaft.

In der lebten Sißung der Gesellschaft für deutshe Vor- gesGtchte sprach fee Üniversitätsprofessor Dr. Kosjinna über die Sonnengötterdretheit Und das Bruderpaar des Sommer- und Wintergottes in der germanishen Bor- zeit. An der Hand zablreicher, in Lichtbildern vorgezeigter Aus- giabungsfunde ‘und Steinbilder von der vorwegishen Küste führte er den Ncchweis, daß die aenannten, Gestalten uralte De- standteile der gerwmanishen Mythologie gewesen find, dte einzeln, wie in Beziehungen zu einander gebracht, {hon 1500 Jabre vor Christi Geburt von germanischen Bildnern dargestellt worden sind. Die früher oft aufgestellte ¡Behauptung Ws jene Göttergestalten aus der griechishen und römischen Ny ge in die germänische übernommen seien, muß demna als endgül g widerlegt gelten. Den zweiten Vortrag des Abends hielt der L des ostprignitshen Hetmatmuseums Paul Quente - Heiligengrabe über die Ausgrabung eines germanishen Dorfes aus der vorrömischen Eisenzeit bei Veblow. Die Siedlung lag dicht hinter dem jeßigen Dorfe am Bache, der zu jener Zeit etwa 200 v. Chr. bis 200 n. Chr. erheblich breiter gewesen sein

é

durfte. Frishes Wasser war, da es Brunnen noch nit gab, für jede damalige Ansiedlung eine Vorausfezung. Die Entdeckung wurde au in diesem Fall durch das Freilegen fchwarzer Stellen beim Aufpflügen des Akers eingeleitet. Der Redner ging kurz auf die Technik solcher Ausgrabungen eîn und führte in zahlreichen Licht- bildern die typis{en dunklen, in die tieferen Erdschichten binabreihenden Stellen vor, die die in ibrem Holze völlig aufgelösten und ver- gangenen Holzpflôcke der alten Häuser nah Form und Lage anzeigen. Beim vorgaeschichtlichen Hausbau wurden, wie si zwetfellos ergeben hat, die Pfosten eingegraben; die Pfosten fanken durch thr eigenes Schwergewicht noh etwas tiefer, als die Grube für fie ausgegraben war, sodaß derartige Gruben heute bei ihrer Aufgrabung im Quer- schnitt eine gerade untere Fläche mit einer Vertiefung zetgen, die der Stärke des verwitierten Pfostens entspricht. Oft erkennt man die‘Lage und Gestalt der Pfosten auch aus den in der Erde zurückgebliebenen Steinen, mit denen sie wie das auch in Veblow mehrfach der Fall ist zur sichereren Festlegung vollständig verkeilt wurden. Der Durch- messer des Pfostens ergibt ich dann aus der Entfernung der Steine. Wo der Boden aus weißem, leihtem Sand betitand, wurden die Pfosten wohl auch auf eine Rundholzunterlage gestellt, die fh im Boden noch heute gut markiert. Die Zeit derartiger Siedlungen {ließt man aus den Schexben, die \ich in den Pfostenlöchern finden und die seinerzeit zur Zuschüttung der Gruben mitbenugt wurden. Bei dem bis jeßt bei Vehlow ausgegrabenen Teil des vorgeschichtlichen Dorfes handelt es fich um eine Gehöftanlage mit Stallungen, deren Wobnhaus wtederholt Er- weiterungen erfahren hat. Der Vortragende beschränkte sh vorerst auf die Ekíärung und Rekonslruktion des ursprünglichen Wohn- bauses, dessen Pfostenlöher keine oder nur sehr wenige Scherben aufwiesen. Dieser ursprünglihe Bau bestand aus einem rechteckigen Hause von etwa 8 m Brette, 12 m Länge und besaß einen sechseckigen Vorbau. Von den Wänden fanden sich zwei Schwellen noh vor. Die eine hatte die ganze Länge der Wand, die zweite nur etwa die Hälfte. Da dieses ältere Haus so gur wie feinen Lehmbewurf batte und die starken Schwellen vor- handen waren, so {ließt der Vortragende auf. Blo@thaus- bau. Die späteren jüngeren Anbauten jedoch müssen Lehm- wände gchabt haben, da sich dort viel Bewurf und auth einige Scherben mit durch Töpfertädchen h?rborgebrahten Verzierungen fanden. Das Innere des Hauses war durch eine Wand in Kammern geteilt. Der Herd lag fo, daß beide Kammern Wärme er- halten konnten. Er war aus Steinen aufgebaut únd ganz mit Lhm ausgestrihen, sodaß die Flamme in einer Höhlung brannte. Die Tür des Hauses, deren Rekonstruktion der Vortragende in etnem Lichtbilde zeigte, bewegte sih zwischen zwei Pfosten auf einer Schwelle um ihre wah1\{einlich hölzerne Türahse. Ein zwisGen zwei Pfosten befestigter \{chwerer Niegel dürfte thren Vershluß dadurch bewirkt haben, daß er în eine an der Tür befindliche Klammer griff. Wurde von außen gegen die Tür gedrückt, um sie zu öffnen, so klemmte sih der Niegel gegen die beiden Pfosten und ein Oeffnen der Tür war nicht mögli. Das ift ein Türvershlnß, wie ihn auc die Hausurnen zeigen, nur daß er bet diesen, da sie ja Gefäße sind, nach außen verlegt ist, um ihn sichtbar zu machen. Auch zur NRekonstruktion des Berhalknisses der Hauswand zur Dachhöhe haben Herrn Quente die Hausurnen, besonders die von Aschersleben gedient. Nach diesem Verhältnis würde die ganze Höhe des Hauses 7 m, davon 450 m das Dach, 2,50 m die Hauswand, betragen haben, wenn man die Höhe der Hauüswand mit 250 m an- nimmt. Das rekonfiruterte Haus, das tm Lichtbilde vorgeführt wurde, macht einen geschmackvollen Eindruck troß der einfachen Bauart. Das Dach war abgewalmt, wie eine im Hau!'e und tm Vorbau befindliche Walindachstüte, die beim Haufe sehr stark mit Steinen verkeilt ift, bewetit. Nach der Nükseite wac das Dach nicht abgewalmt, *sondern fiel glatt ab. Aus den späteren Anbauten zeigte der Vortragende ein großes, 25 cm langes Stück der Wand, das aus vielen fleinen Stücken zusammengeseßt war und durh seine Eindrü@&e von senkrehten Nundhölzern auffiel. Au Stückte mit Eindrücken von Spaltbökzern, die auf eine ogen. Kleiwstakwand deuten, wurden vorgewiesen. Am auffälligsten is es aber, daß sehr viele Lehmbewurfstücke cinen starken Kalkberourf aufweisen, der an der Oberfläche bet einigen Stücken gefärbt scheint und zwar rot und \{chwarz. Ob es fch hier aber um Farben handelte, erklärte der Vortragende nicht entscheiden zu können, fondern der chemishen Unter- suhung überlassen zu wollen. Eine Schmelstätte mit über 70 z. T. sehr großen Sclackestücken fañd sich auch noch im Anbau. Darüber sowie über die das Gehöft ums{hließenden Zäune gedenkt der Bor- tragende später zu berichten. Die Benvßung des vorgeschicht- lihen Dorfes von der Zeit um 200 v. Chr. bis 200 n. Chr. beweist uns, daß die hier wohnenden Sweben niht am Zuge des Arlovist teilgenommen haben können. Nachdem dann noch einige Ucltbilder von Fundstücken aus dem zugehörigen Friedbofe vor- gezeigt waren, unter denen besonders ein Gérmanenshädel auffiel, der mit dret andern Skelettgräbern sh auf dem Friedhote fand, erwähnte der Vortragende, daß alle Arbeit und Hilfe beim Ausgraben, auch seine eigene, umfonst geleistet worden ist, sodaß dem Heimatmuseum in Heiligengrabe eine gute Ausgrabung ohne Kosten zugeführt werden fonnte. Professor Dr. Kossinna dankte dem Herrn Quente für seinen interessanten Bericht und wies hinsichtlich der gefärbt scheinenden Sczerben auf Tacitus hin, der von bemalten germanischen Häusern zu erzählen weiß.

Die 150 Gemälde von Vincent van Gogh, die im Salon Cat} sirer ausgesteUt sind, entstammen der Zeit von 1884 bis zum Todesjahr 1890. Sie umfassen die gesamten sc{ch8s Jahre seines künstlerisdhen Schaffens. Bis 1884 war van Gogh nach- einander als Kunsthändler, Lehrer und Prediger tätig, batte aber immer s{chon setne Gedanken auf die Malerei gerihtet. Main muß ih dieser Lebensumstände angesihts der vielen Gemälde und Zeich- nungen deutlich bewußt werden, um die Kraft und Heftigkeit der auf ein paar Jahte zusammengedrängten künstleitschen Produktion ret würdigen zu fönnen. In diesen 6 Jahren macht van Goghs male- riser Stil fo gewaltige Wandlungen dur, wie sie son!t nur im Verlaufe von Künstlerleben anzutreffen find, die viele Jahrzehnte um- spannen. Daß diese rashe Wandlung und Klärung troßdem nicht in mächtigen Sägen sprunghaft vor sih aing, sondecn fich folgerichtig {nell entwidelte, beweisen die Werke dieser reihen Aus- stellung aufs deutlihste. Es find “alle Jahre mit be- zeichnenden Schöpfungen vertreten. Zunächst malt van Gogh in dunklen \{chwärzlichen Tönen, und der Gesamteindruck® der trüben Frühbilder des Jahres 1884, die zumeist figürlihe Szeaen zeigen, ift \{hwer und hart. Man spürct aber allerthälben 1s die kraftvolle SeN des Meisters. Au} diese holländische Periode folgt in den Sahren 1886 und 1887 des Künstlers Aufenthalt ‘in Paris. Der Ton der Gemälde, unter denen die Stilleben überwiegen, hellt ih allmählih auf und die Färbung wird bunter. Die Ausführung is oft noch ziemlich ängstlich, befangen und unsicher. Dke Charafterisierung des Stofflichen glüdckt selten, es wirkt alles noch gleichmäßig ölig. Während der drei lehten Jahre, die der Künstler in Arles, St. Remy und \{lteßlich in Auvers verbrahte, entstehen seine persónlihst.n und reisten Werke: Bildnisse, Stilleben und viele Landschaften. Man beobachtet, wie er über eine ziemli ein- förmig und s{ematish behandelte pointillistishe Technik, die flaue Ergebnisse liefert, zu setner ausdrucksvollen Formensprahe ge- langt, die malerishe und zeichnerische, farbige und lineare Elemente zu geschlossener Einheit verbintet. Seine Leidenschaft steigert sich in diesen Jahren zur NRaseret und {lägk zuleßt in Wahnsinn um. Seine Linien, die anfangs noch ungeordnet und ruhelos im Bilde hin und her laufen, werden immer mehr traf und küapp zusammengefaßt, sodaß die Oberfläche seiner nächsten Zeichnungen ünd Gemälde ein logishes Gewebe fonstruktiver Strihe und Linien datstellt, die fih zulezt immer mehr vom Naturvorbild entfernen, immer absoluter werden und \{ließli4 im Ornament enden. Vtese ornamentálen Spätwerke, mit denen van Gogh dem Kunstgewerbe nahekommt, und die meisten Bilder der drei ersten Jahre scheiden bet einer Betrachtung aus, die nur nah dem dauernden, nah dem rein künstlerischen Wert

der Dinge fragt. Was bleibt, sind Landschaften wie die „Boote ki Saintes-Maries" (1888), mit ihrer kühnen . und sicheren Farben«- zusammenstellung, die weite, gut gegliederte „Landschaft bef Arles* (1888), die aus dem gleichen Jahre stammende „Ebene von Arles“, die ganz auf Grün gestimmt # und infolge der vielen Abstufungen grüner Töne reih und farbig wirft, Die „Brücke in Arles“ (1888), ein paar ia starken Farben auf lodernde Blumenstilleben Und die Bildnisse der Arlesierin sind als weitere Werke zu nennen, deren Kraft und künstlerisher Gehalt vielleicht ein paar Generationen lang standbalten wird. Vielleicht ! Denn wir stehen diesem seltsamen Menschznschicksale von Gogh heute noch zu nahe, sein- menschliche Leidenshast schlägt für unser Auge in vielen Bildern noch so stark durch, als daß wir hon. klar entroirren könnten, was an diesen Werken nur Form und Kunst ist, und daß wir wirklih noch nit wissen, ob es einzig und allein malerische Dinge sind, die uns hier packen. Dr. P.

In Wien ist gestern die bekannte, mit dem Nobelpreis aus gezeihnete Vorkämpferin der Friedca2bewegung, die Schriftstellerin Baronin Bertha von Suttner im 71. Lebensjahre nah kurzer Krankheit gestorben.

Land- und Forstwirtschaft.

Die diesjährige, XXI. Deutsche Gersten- und Hopfen ausftellung in Berlin, die der Verein „Versuchs- und Lehr anstalt für Braueret in Berlin“ unter Mitwirkung der Deutschen Landwirtschaftsgesellshzft und des Deutschen Hopfenbauvereins wie alljährlih veranstaltet, wird gleichzeitig mit der Oftobertagung und der Brauereimaschinenausstellung des genannten Vereins vom 6. bis 11. Oktober d. I. in dem Ausstellungësgebäude des Instituts für Gâärungs8gewerbe, Berlin N., Seestraße, stattfinden. Ausgeskellt werden deutsche Braugersten, Brauwetzen, Malze und Hopfen sowie Kultur- und Lehrmittel und GerätsWaften für den Gersten- und Hopfen- bau. Die Bedingungen für die Zulassung zur Ausstellung und zu tem mit ihr verbundenen Preisbewerb für Bcaugersten, Brauwei en und Hopfen sowte für den Siegerpreisbewerb der mit I. Preisen aus gezeidneten Braugerften und Hopfen sind im allgemeinen die gleichen wie in früheren Jahren. Für die Prei3verteilung werden wieder vom Königlih yreußishen Landwirtschaftsministerium zwei silberne Staatsmedaillen erbeten werden. An Geldpreisen werden außerdem inêgesamt wieder gegen 10 000 4, gestiftet von Staats behörden und maßgebenden Körperschaften der Landwirtschaft und des Braugewerbes, zur Verfügung stehen. Mit der Versendung der Sazungen und der fonstigen Ausstellungsdrucksachen wird demnächst begonnen. Alle die Ausftellung betreffenden Anfragen und Sendungen sind an die Adresse des Instituts für Gärungsgewerbe, Berlin N. 65, Scestraße, zu richten.

Ernteaussichten in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Ernteaucsihten in Missouri haben fich im Laufe des vere gangenen Monats zufolge ungünstiger Witterung und tur das massen: hafte Auftreten der hesfi\hen Fliege (hessian fly, mayeticla destructer) und neuerdings auch des Heerwurms erheblich ver|chlechtert. Fast alle B2zirkc, ausgenommen einige Grafschaften im Südwesten und im Norden von Missouri, leiden unter der Trockenhzit. In Columbia, Nc., find im Monar Mai nur,3,47 ecm Regen gefallen, während der Durchschnitt fonst 1234 cm beträgt. Die niedrigste Temperatur war am 9. v. M. 40 0°, die höchste am 26. y. M. 910° Fahrenheit.

Weizen. Der Stand des Weizens is von 101,8 auf 82,6 Punkte, also um 192 Puntte oder beinahe !/;, zurückgegzangen. In den Grafschasten Franklin, Gaeconade, St. Louis, Marien, Lincoln, Montgome1y, Pike, Ralls, St. Charles, Warren, Czllaroay, Chariton, Cooper, Howard, ODsage, Saline, Carroll, Lafayette, Livingston und Ray, die im vergangenen Jahre 14 238 000 Bushels (1 Bushel = 27,21 kg) herborgebraht haben, find nah den vor.iegenden Berichten sogar 36 v. H. der Saaten durch die hessische Fliege beschädigt und die Aussichten um 28 v. H. s{le{chter geworden. Für den ganzen Stat wird der Ausfall gegenüber dem Stand vom 1. Mat d. J. auf 8 Millionen Bushel geschäßt. Etwa 8 v. H. der Anbau- flädhe werden ketne Ernte ergeben; ein Teil der betroffenen Gebtete ist bereits wieder mit Mais bepflanzt worden. Obwohl die Aussichten der Weizenernte sich dana bedeutend verringert baben, fo sind fie doch immer noch besser als der Durchschnitt der leßten 5 Jahre mit 76,6 Punkten. Am 1. Juni 1912 ftand der Missouriwetzen auf 64,2 Punkten. Die Ernte betrug damals 21 564 000 Busbel, int Durchschnitt 12 6 Bushel für den Aker. Nach der jeßigen Schäßung steht der Weizen im Nordosten des Staates auf 80, im Nordwesten auf 74, in den mittleren Teilen auf 82, im Südwesten auf 92, im Südosten auf 85. Die Ernte wird etwa 10 Tage früher als gewöhnli beginnen, in einzelnen Grafschaften {on am 15. d. M. Mais. Die Aussichten für die Maiternte werden auf 85 Punkte bewertet. Sie sind um 5 Punkte besser als der Durschnitt der leßten 5 Jahre- Die Anbaufläche ist annähernd ebenso groß wie im vergangenen Jahr, etwas mehr als 7 500 000 Acres (1 Acre = 40,46 a). Hafer. Die Anbaufläche war etwa 10 v. H. größer als im lezten Jahr. Die Ernteauéfichten sind zufolge der Trockenheit nit günstig; fie werden auf 63 Punkte geschäßt. Sonstiger Anbau. Futterkcäuter haben durch die Hige und durch das Auftreten des Heerwurms sehr gelitten. Tmothy steht auf 58, Klee auf 63 Punkten. Dagegen wurde Alfalfa auf 87 v. H.,, Roggen auf 88, Gerste auf 80 ges{äßgt. Der Stand der Baumwolle und des Flachses entspriht der Menge nah annähernd den legtjährigen Shäßungen. Obst. Die Aussichten der Apfelernte beziffern sh auf 67 y. H. einer Volletnte, Beeren auf 72 und Pfirsihe auf 64 v. H. Die Verteilung ist im ganzen Staate gleihmäßtag.

Was dte übrigen Staaten des Konfsulatsbezirks anlangt, so scheinen sfih nah den vorliegenden Nachrichten die Avssichten der Weizenernte in Oklahoma wieder gebessert zu haben. Ein weiteres Umsihgreifen der hessishen Fliege hat niht stattgefunden. Die Weizenernte in Kansas ist, wie gemeldet, überhaupt nicht beschädigt worden, sie verspricht äußerst günstige Ergebnisse, nah den vorläufigen Schäßuüngen rund 145 Millionen Bushel. Für das gesamte Gebiet der Bereinigten Staaten werden dite Aussichten nach dem neuesten Bericht von Clemens Gurtts wie folgt angegeben: Winterweizen: 90,2 Punkte; 4,8 Punkte weniger als ‘im vergangenen Monat, nah den Angaben des Landwirtschastsamis 52 weniger; voraussihtlißhe Ernte: 622 312 000 Bushel, Frühitahrsweizen: Anbaufläche 95 v. H. der letztjährigen Fläche; Stand: 94,1; vorausfihtliWe Ernte 254 688 000 Bushel. Gesamte Wetzenernte: 877 Millionen Bushel gegen 744 Millionen nach dem Stand vom 1. Juni v. F. und gegen 763 380 000 Bushel tatsächlihes Ergebnis. Hafer: Anbaufläche 98,9 v. H. der leßtjährigen Fläche; Stand: 85,5 Punkte gegen 87 im Vorjahr ; vorautfihtlicher Ectrag : 1 165 454 000 Bushel. (Bericht des Kaij}erlihen Konsulats in St. Louis vom 8. Junt 1914.)

Das Internationale Landwirtschaftsinstitut in Nom veröffentlicht, wle „W-: T. B.* berichtet, folgende Ernteshäßungen : Italten: Weizen 49000 000 àz (gleich 16% weniger als im Vorjahre), Hafer 5 000 000 dz (20,89% weniger). Europätsches Rußland: Weizen 80842000 dz (0,50%/ mehr), Winterroggen 236 876 000 dz (3,3 9/o weniger).

St. Petersburg, 20. Juni. (W.T. B.) Nah der Schä inks des Zentral igt gen Komitees, die sich auf 63- oiver eia bezieht, beträgt der DAna It e F LLOTas an Winter E E au e 1446 Millionen, an inter: gérste 12 Millionen Pud. Ver endqullige Grirag des vorigen I war 491, 1496 und 10 Millionen Pud. G R