1895 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

tr d ree P ME en ct R E O S A P R Geis

E E E N

währte der Viktoriapark den hberrlihsten Anblik. Vor allen Dingen war es den wenigen, welche die Höhe am Denkmal erklommen hatten, beschieden, ein unvergleidliches Bild zu schauen: ganz Berlin

in Feuer getaucht zu Füßen. Ein unvergeßlihes Bild. Auch der Lustgarten nahm f\ich sehr wirkungsvoll aus. Die Säulen- hallen des Neuen Museums und der National-Galerie wurden

von bengalishem Licht übergofsen, in den Fenstern des Museums brannten Kerzen. Auf den Straßenkandelabern längs der im Kerzenliht erstrahlenden Börse leuchteten bunte Kaiserkronen. Das Zeughaus war gleich der Neuen Wache mit unzähligen Lichtern illuminiert. Am Balkon der Kommandantur waren ein Gas- adler und zwei Sterne angebracht. In den Fexstern des Palais der Kaiserin Friedrih und des Prinzessinnenpalais, bei leßterem selbst in den nah dem Garten zu belegenen Fenstern waren Kerzen entflammt. Uater den Säulen und auf dem Dach des Opernhauses wurden bengalishe Feuer angezündet. Die Königliche Biblio- thek war mit dichten Reihen weißer Glaslämpchen ges{chmüdckt. Zu beiden Seiten der Auffahrt zum Palais des Heldenkaisers loderten Flambeaux, das Palais felbst wurde nicht erleuchtet, dagegen zeigte das Niederländische Palais in der ganzen Ausdehnung reihen Lichtershmuck. Universität und Akademie hatten alle Fenster mit Kerzen illuminiert. Das Denkmal Friedrichs des Großen war mit Gas- fandelabern umstellt, von denen die an den vier Ecken Sternpyramiden, die übrigen farbige Kaiserkronen trugen. Die Halleschen Thorgebäude gehörten zu den Baulichkeiten, deren wirkungsvolle Illumination sich die Stadt besonders zur Aufgabe gemacht hatte. Ein recht hübscher

Effekt wurde hier durch aht große bengalishe Flambeaux erreiht, die aus den Vasen auf den Zinnen beider Gebäude emporloderten. Ueberhaupt zeihnete sch die Halleshe Vorstadt

durch eine allgemeine Betheiligung aus. In der Königgrägerstraße waren viele Häuser von oben bis unten \trablend erleuchtet. Am Anhalter Bahnhof war eine Fülle von Gaskörpern angebracht, in der Mitte des Vorbaues, als besonderer Glanzpunkt, ein gekröntes W. Am Rundbau des Völker-Museums prangten ein Riesen-Gasadler und Sterne. Der Potsdamer Bahnhof hatte in den fünf Bogen des Mittelbaues Sonnen und andere Gaskörper entflammt. Die Fenster waren mit Lichtern besezt. Die Ministerien am Leipziger Plaß hatten wie alle übrigen Häuser des Platzes Lichter-Illumination gewählt, sodaß der Plaß einen vornehmen einheitlichen Eindruck machte. In der Leipzigerstraße überwog das elektrishe Licht in seinen mannig- fachen originellen Verwendungen ; daneben waren aber auch mit Gas ret \chône Wirkungen erzielt. Die Königliche Porzellanmanu- faftur hatte ibre s{önen Schaufensterdekorationen dur das ruhige Kerzenliht wirkungsvoll zu heben gesut. - Das Portal des Reichs- postamts war von einer doppelten Reibe bunter Gaslampen um- fäumt, über die ein Adler seine Schwingen breitete. Am Zivil-

fabinet des Kaisers leuhtete das von Lorbeer umgebene Kaiserliche Monogramm. Aus dem Nordwesten Berlins ver- dienen die Berg - Akademie, das Museum für Naturkunde

und die Landwirthschaftlihe Hohshule und aus dem Norden der Stettiner Bahnhof besondere Erwähnung. Ein Glanzpunkt der &F[lumination war auch die Potédamerstraße : insonderheit fielen die ochs{ule für Musik und das Johanniter-Ordenshaus durch ihren ‘erzenglanz auf. Die städtishe Gasanstalt in der Gitschinerstraße, Nr. 48, batte Gasëkörper anbringen lassen, die in großem Bogen das Portal übersvannten. Am Görlißer Bahnhof waren alle Fenster mit Uchtern illuminiert, ebenso am Dienstgebäude des Königlichen Eisen- bahnkommifsariats in der Görlißerstraße, Nr. 72. Ueber dem Haupt- portal der Kaserne des 3. Garde-Regiments in der Wrangelsiraße leudteten rotbe Glasfugeln, auch hier waren alle Fenster mit Lichtern bestellt ; ebenso in der Pionierkaserne und im benahbarten Gebäude der Telegraphenshule in der Köpeniderstraße. Am Landsberger Platz umstanden fortgeseßt dicte Menschenmengen das Calandrelli’sche Kriegerdenkmal, vor dem zwei Gaëflambeaux und zwei mächtige Gaë- kugeln leuhteten. In allen Fenstern des Polizeipräsidiums am Klexanderplaß brannten Lichter. Von der Einzelschilderung der un- zähligen Geschäftshäuser, Läden und Privatgebäude, die fich zum theil in glänzendster Weise an der Illumination betheiligt haben, dürfte abgesehen werden fönnen, da die besceidenste zur Feier des Sedan- tags entzündete Kerze derselben Anerkennung werth war, wie die mächtigsten Gas- und elektrishen Glühfkörper.

Der gestrige Zapfenstreich vollzog sich auf der Lust- gartenseite des Königlichen Schlosses in der üblichen Form, welche indessen durch die Großartigkeit der leuchtenden Um- gebung und die patriotische Begeisterung eine Stimmung erweckte, die sih kaum wiedergeben läßt. Es war 81/2 Uhr, als die etwa zwölfhundert Mann der Musikkorps von Berlin, Potsdam und Spandau sich unter dem Schein grünlich leuhtender Magnesiumfackeln von dem Denkmal Friedrih's des Großen her dem Schlosse näherten. Unmittelbar vor dem Schlosse hatten die Offiziere mit ihren Damen und die übrigen ge- ladenen Personen Aufstellung genommen. Mit Spannung sah man dem Anmarsch entgegen. An der E riit der Adjutant des General-Kommandos dcs Garde-Korps Hauptmann Freiherr von Stein. Dann folgte, für sich allein marschierend, der Regiments-Tambour des 1. Garde - Regiments z. F. Hinter ihm marschierten in einer Linie die drei Bataillone- tambours des 1. Garde-Regiments. Auf sie folgten in drei Zügen, jeder Zug zu drei Gliedern, die gesammten Spielleute des Garde-Korps. Rechts und links von jedem Zug schritt ein Bataillons-Tambour. An die Spielleute schlossen sih in einer Linie die Träger der 10 Schellenbäume an. Hinter diesen ging der Armce-Musikinspizient Roßberg, gefolgt von dem gesammten Schlagzeug der Infanterie. Hierauf kamen die Re- gimentsmusiken der Fußtruppen, nicht korpsweise, sondern nah Stimmen gestellt, dann die Trompeterkorps der Artillerie und der Kavallerie, die korpsweise, jedes Korps in einem Gliede, marschierten. Der Anmarsch vollzog fich unter den Klängen des non“ allen Korps gespielten Yorkmarsches von Beethoven. Nach Ueberschreiten der Schloßbrücke \{hwenkten die Tambourkorps nah halblinks ab und stellten ih in einer Linie, Front nah dem Schlosse, gegenüber dem Denkmal Friedrich Wilhelm’'s IIl. beim Podium des Regiments - Tambours des 1. Garde - Regiments z. F

F. auf. Um 8/4 Uhr ließ derselbe den lang verhallenden Wirbel anshlagen. D:nn spielten die Trompeterkorps der Kavallerie und Artillerie zwei Fanfaren von Roßberg, komponiert für die Einweihung der Lutherkirche in Wittenberg, darauf die gesammten Musiker den Hohenfriedberger Marsh von Friedrich dcm Großen, das Finale des 1. Akts der Oper „Lohengrin“ von Wagner, den Fehrbelliner Reitermarsh und die Kreuz- ritterfanfare von Henrion, mit Trommelshlag den Armee- marsch Nr. 13, und den Sebastopolmarsch. Hiernach lockte das Tambourkorps zum Zapfenstreich der Jnfanteriemusik, dem die Retraite der Kavallerie folgte. Der langverhallende Wirbel leitete alsdann das Gebet ein: „Jh bete an die Macht der Liebe“ von Bortniansky. Nach dem Signalruf wurde auf besonderen Befehl Seiner Majestät des Kaisers von allen Korps das „Heil Dir im Siegerkranz“ gespielt. Mit der Nationalhymne {loß die militärishe Feter ab. Unter den Klängen des Zapfenstreihs rücckten, wie sie ge- fommen maren, in Begleitung von Magnesiumfaelträgern die Musiker nah der Neuen Wache zu ab, wo der Zu R auf- löste. Erwähnt sei noch, daß die amerikanishen Veteranen

mit ihren Damen dem Zapfenstreih beiwohnten. Man hatte ihnen innerhalb abgesperrten Vierecks an der Kaiser Wilhelmstraße einen Plaß angewiesen.

Das von dem Magistrat und den Stadtverordneten zur Feier des Tages von Sedan den Veteranen gegebene Fest- madi im Rathhause náhm einen glänzenden Verlauf. Die Tafel wies 380 Gedecke auf. Unter den Veteranen hatten niht weniger als 30 Ritter des Eisernen Kreuzes 1. Klasse Einladungen erhalten. Bürgermeister Kirschner, der den beurlaubten Ober-Bürgermeister vertrat, und der Stadtverordneten-Vorsteher Dr. Langerhans empfingen die Gäste am Eingang der Bibliothek, durch deren Räume der Weg in den shöôn dekorierten Festsaal führte. An der Spitze der Ver- treter der Generalität ershien der General-Ober|st Freiherr von Loë, Gouverneur von Berlin, welher ruhmreichen Antheil an dem leßten Krieg als Kommandeur des Königs-Husaren-Regi- ments Nr. 7 genommen hat, dessen Uniform er auch gestern trug; ferner hatten der General von Strubberg, der General der Jnfanterie von Grolman, der General-Major von Berg- mann und andere höhere Offiziere der Einladung der Stadt Folge geleistet. Unter den Klängen des Einzugsmarsches aus „Tannhäuser“ betraten die Gäste die festlihe Halle, um ihre Pläße einzunehmen, welhe die niht an der Ehrentafel Sitzenden an zehn langen Tischen fanden, die reht- winklig an die Haupttafel gerückt und mit Jardinièren, Tafel- aufsäßen und Blumenarrangements reich ges{chmüdckt waren. Den Toast auf Seine Majestät den Kaiser brachte der Bürger- meister Kirschner aus. Begeistert stimmten die Anwesenden in das Hoh auf Seine Majestät ein und sangen darauf stehend die Nationalhymne. Auf die Veteranen trank der Stadtver- ordnetenvorsteher Dr. Langerhans. Der General-Oberst von Loë antwortete im Namen der alten Kampfgenossen auf die An- sprachen der beiden Redner und {loß mit einem Hoch auf Berlin. Hierauf gedahte Stadtrath Namslau in warmen Worten der im Feldzuge Gefallenen und beschloß damit die Reihe der offiziellen Reden.

Aus dem Reich wie aus dem Auslande, wo Deutsche wohnen, liegen auch heute zahlreiche Festberichte vor, von denen wir die nachstehenden folgen lassen:

Hannover, 2. September. Die Sedanfeier verlief hier unter außerordentlicher Theilnahme der Bevölkerung. Am Nachmittag zogen 8000 Schüler nah dem Waterloo-Plaß, wo ein Massenturnen mit Festrede und gemeinsamem Gesang stattfand. Abends bewegte sich ein langer Fadelzug nach dem Kriegerdenkmal ; in vershiedenen Lofalen wurden Kommerse abgehalten. Bei dem offiziellen Kommers brahte Stadt- Direktor Tramm das Hoch auf Seine Majestät den Kaijer, Ober- Präsident von Bennigsen den Trinkspruch auf das Vaterland- aus. Die abendliche Festbeleuchtung der Stadt bot ein glänzendes Bild; eine große, patriotisch begeisterte Menschenmenge durchwogte die Straßen.

Köln, 2. September. Gestern wurden in allen Kirhen Ge- dächtnißfeiern zu Ehren der gefallenen Krieger abgehalten und an den Kriegerdenkmälern Kränze niedergelegt. Abends fand in der festli® ges{müdckten Stadt Illumination und Zapfen- streih ftatt. Heute begann die Sedanfeier mit einem Festgotteê- dienst im Dom, an welchen sih der offizielle Festakt im Gürzenich \hloß, wo der Ober-Bürgermeister Becker in einer urzen Ansprache das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser ausbrachte. Nach den Vorträgen etnes Sänger{ors von 500 Mitgliedern hielt der Re- gierungs- und Baurath Stübbe die eigentliche Festrede, wele in ein Hoch auf das deutshe Vaterland ausklang. Nachmittags begab sich ein imposanter Festzug aller Vereine und Innungen nah dem Neuen Markt, wo heute Abend bei bengalisher und eleftrisher Beleuchtung ein großes Volfsfest stattfindet.

Rüdesheim, 3. September.

2 Die Squlfeiern am Niederwald- Denkmal, an denen Tausende von Kindern aus Rhein-

und Nahe-

Orten theilnahmen, sind glänzend und erbebend verlaufen. Auf Seine Majestät den Kaiser und den Fürsten Bismark

wurden Hochs ausgebraht; an Seine Kaiserliche Hoheit den Kron- prinzen, auf welchen ebenfalls ein Hoh ausgebraht wurde, sandte die jugendlihe Schaar ein begeistertes Bezgrüßungstelegramm. München, 2. September. In der großartig geschmüdckten Fest- balle des Bürgerbräukellers fand heute Abend eine imposante Sedan- feier statt, an der etwa 5000 Personen, darunter zahlreihe Kriegs-

veteranez, theilnahmen. Der Feier wohnten der Justiz- Minister Freiherr von Leonrod, der Minister des Innern Freiherr von Feilißsch, der Staatêrath Dr. von Mayr

als Vertreter des Minister - Präsidenten Freiherrn von Crailsheim sowie Vertreter der anderen Ministerien bei; Bürger- meister Brunner war namens der Stadt München erihienen. Kurz nach 8 Uhr erschien Seine Königliche Hoheit Prinz Leopold und wurde mit begeisterten Hochrufen empfangen. Nach dem Vortrag verschiedener Musikstücke und Festhöôre hielt Ober - Ingenicur Loën die Festrede, in welher er, ausgehend von der gewaltigen Be- deutung der Schlaßt und der Kapitulation von Sedan, das Deutsche Reich als Friedenéhort feierte. Redner {loß mit der Aufforderung, allezeit mit Wort und That dafür zu forgen, daß die Treue zu Fürst und Vaterland, deutshe Sitte und deutscher Opfer-

muth erbalten bleiben, und brachte ein Hoch aus auf das Wittelsbaher Haus, auf Kaiser und Reich, in das die Versammelten begeistert einftimmten. Hierauf wurde die

Wacht am Rhein angestimmt, und gleiczeitig enthüllte fih_ ein lebendes Bild, das die Wiedergeburt des Deutschen Reichs versinn-

lihte. Bürgermeister Brunner brachte sodann die zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten heute gewechselten Depeschen (f. u. „Bayern“) zur Kenntniß, deren Verlesung mit Jubel aufgenommen

wurde. Die Versammlung beschlcß hierauf die Absendung von Huldigungstelegrammen an den Kaiser und an den Prinz- Regenten Luitpold. Das gleichzeitig im Löwenbräukeller von der Stadt gegebene Fest vereinigte Tausende von Theilnehmern an dem Feldzuge von 1870/71. Zahlreihe weitere Festveranstaltungen in München und in allen bayerishen Städten find unter großer Theil- nahme und in hoher Begeisterung verlaufen. Der Sedanfeier in Augsburg wohnte der kommandierende General des I. Armee-Korps, Seine Könioliche Hoheit der Prinz Arnulf von Bayern bei. Bremen, 2. September. Die Sedanfeier wurde heute früh 7 Vhr durch Glodckengeläute von allen Kirchen eingeleitet. Die ganze Stadt prangt im reisten Flaggenschmuck. Das Wetter ist prachtvoll. Um 10 Uhr nahm die Feier ihren Anfang. Der Senat und das NRichter- follegium hatten sih auf dem Rathhause, die Mitglieder der Handelé- kammer x. auf der Tribüne vor der Börse versammelt. Um 104 Uhr begann der Aufmarsch des Festzuges, welcher aus Vereinen, Innungen, Korporationen, Schulen bestand und einen großartigen Eindruck her- vorrief. Der allgemeine Gesang des Chorals „Nun danket alle Gott“ leitete die Feier ein, dann folgten Gesangsvorträge * hiesiger Gesang- vereine. Nachdem das Hoch auf Kaiser und Reich ausgebracht worden war, fang die Volksmenge die Nationalhymne. Unter Glockengeläute sämmtlicher Kirchen und dem Donner der Geschütze erfolgte der Abmarsch des Festzugs durch die Hauptstraßen zum Kriegerdenkmal, wo Lorbeer- kränze niedergelegt wurden. Um 24 Ubr fand ein großes Festmahl

zu Ghren der Veteranen von 1864, 1866, 1870/71 ftatt. Um 35 Uhr

inn das Volksf t ü E Sluß î bildete eine M I E Des QARs ves Festes

Hamburg, 2. September. Di? Sedanfeier in Hambur g -und Altona nahm einen glänzènden Verlauf. An dem gestrigen Ham-

burger Fadckelzug betheiligten sch 3000, an dem heutigen Festzuge über 10000 Perfonen, deren Vorbeimarsch 2 Sas, den dauerte. Der Feslgottesdienst auf dem Heiligengeift-

felde mate einen großartigen Eindruck. Der Altonaer Festzug war sehr prunkvoll ausgestattet. Beide Städte fowie die Schiffe im Hafen prangen in überreihem Flaggenichmuck. Die Illumination und der Fadelzug fämmtliher Turnbereine Hamburgs wversprehen äußerst glänzend zu werden.

__ London, 3. September. Den Glanzpunkt des Sedantages dur die Deutschen Londons bildete der gestern Abend im. Deutschen Athenäum“ Spe Eene Festkommers, dem über 200 Personen beiwohnten. Den Vorsitz führte Alexander Siemens ; die deutshe Botschaft war dur denBotschafts- Nath Grafen Metternih vertreten. Die Festreden und Trinksprüche wurden von der Versammlung begeistert aufgenommen. Gefang vater- ländischer Lieder vershönte die Feter. -

Ce w/ -York, 2. September. In den meisten Städten der Ver- einigten Staaten begingen gestern die Deutschen den Sedantag dur feierlide Veranstaltungen.

Weitere Meldungen über den glänzenden Verlauf der Sedanfeier liegen noh vor aus: Aachen, Bingen, Caffel, Erfurt, Glagz, Gotha, Halle a. S., Kiel, Königs- berg i. Pr., Neustreliß, Nordhausen, Paderborn, Pojen, Schleswig, Swinemünde, Stettin, Stral- sund, Weißenfels u. \. w.

Die Nr. 9 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs- Versicherungsamts“ vom 1. September 1895 enthält folgende Rekurs-Entscheidungen:

__ Ein Unfall bei der Abtorfung eines Moores“ zur Ge-

winnung kulturfähigen Bodens ist als ein landwirthschaftlicher Betriebsunfall angejehen worden. __ Die seitens eines Landwirths unternommene Verarbeitung selbstgewonnener Milh zu Buiter 2c. stellt fich, gleichviel, ob sie sich im Klein- oder Großbetrieb, im Hand- oder Motoren- betrieb vollzieht, als ein Theil des landwirthschaftlichen Be- triebs dar und bleibt dies auch dann, wenn neben der selbst- gewonnenen Milch gelezgentlich oder in verhältnißmäßig geringem Umfang auch zugekauste Milch verarbeitet wird.

__Der Entschädigungsanspruch eines Landwirths, welcher auf dem Heimwege von dem Amtsgericht verunglückt war, woselbst er über die Grenzverhältnisse seines landwirthschaft- lichen Besizes verhandelt hatte, ist zurückgewiesen worden, da seine Thätigkeit lediglich der Wahrung seiner vermögensrecht- lihen Jnteressen gedient, mit seinem landwirthschaftlihen Be- tricbe aber sonst in keiner Beziehung gestanden hatte.

Dagegen ist ein Gang, den ein Landwirth zu dem Zwecke unternommen hatte, um bei dem Agenten einec Vieh- Versicherungsgesellschaft die fälligen Prämien zu entrichten und den Verficherungsvertrag zu verlängern, als dem landwirth- schaftlihen Betriebe zugehörig erachtet worden, weil die Vieh- versicherung nit bloß eine Thätigkeit zur Wahrung vermögens- rehtliher Interessen darstellt, sondern au einen Schug gegen etwaige Betriebshindernißse bildet.

Der Nückweg vom Ankauf von Gegenständen, die der Landwirthschaft dienen, ist grundsäßlich als Theil des land- wirthschaftlihen Betriebes anzusehen.

__ Der Unfall eines Landwirths, der gefallen war, als er bei einer seinem landwirthschaftlihen Betriebe dienenden Fahrt einen Zweig von einem auf dem Nachbargrundstück stehenden Baum zum Antreiben der Pferde abreißen wollte, ist als Betriecbsunfall anerkannt worden.

In einem Einzelfalle sind für die Annahme eines Haus- gartens im Sinne des S 1 Abs. 5 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgeseßzes nicht allein der geringe Umfang des Grundstücks von ungefähr 3 a und der unbedeutende.

Werth der gezogenen Erträgnisse, sondern insbe- sondere auch die Thatsahen entscheidend gewesen, daß die Parzelle unmittelbar an die mit dem

Wohnhause des Eigenthümers verbundene Scheune angrenzte, daß die Nußung derselben wesentlich in einer Obstbaumzucht bestand, wie sie fonst regelmäßig in Hausgärten üblich ist, daß bisweilen eine Verwendung des Grundstücks als Bleichplaß stattfand, und daß die Erzeugnisse vorzugsweise zum eigenen Bedarf verwendet worden find.

In dem nichtamtlihen Theil ist ein Preisausschreiben des Vorstandes der Sektion ŸY der Rheinisch - Westfälischen Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft in Remscheid für eine Schußzvorrichtung an Excenter-Schrauben- und Friktionspressen sowie an Fallhämmern mitgetheilt.

Der General der Kavallerie von Krosigk, à la suite des Leib - Garde - Husaren - Regiments und FJnspekteur der 1. Kavallerie-Jnspeftion, der General-Lieutenant Edler von der Planig, General-Jnspekteur der Fuß-Artillerie, und der General-Lieutenant Kuhlmann, Inspekteur der 1. Fuß- Artillerie-Jnspektion, haben Berlin verlassen.

(5 ZANE Königlich bayerische General-Lieutenant Ritter von Xylander ist hier eingetroffen.

Kiel, 3. September. Die ganze Manöverflotte is

heute früh in See gegangen.

Bayern.

Anläßlih der Sedanfeier hat Seine Majestät der Kaiser an Seine Königliche Hoheit den Prinz-Regenten, dem „W. T. B.“ zufolge, nachstehendes Telegramm gerichtet :

„Ich kann Mir nitt versagen, Eurer Königlichen Hoheit guszu- sprehen, daß Ich an dem heutigen 25. Jahrestage der Schläaht von Sedan des heldenmüthigen und entsheidungsvollen Eingreifens des bayerishen Armee-Korps und der unter {weren Opfern errungenen Siegeslorbeeren in besonders herzliher Dankbarkeit Mich erinnere.

Berlin, den 1. Séptember 1895. Wilhelm.“

Hierauf erging aus Hohenshwangau am gleihen Tage nachstehende Antwort Seiner Königlichen Hoheit des Prin z- Regenten:

„Tief gerührt durch die Anerkennung, welche Eure Majestät die Gnade hatten, dem tapferen Verhalten des bayerishen Armee-Korps bei der Entscheidungsshlaht bei Sedan angedeihen zu lassen, bitte ih Eure Majestät überzeugt zu scin, daß meine. Bayern au in Zukunft ihrer angestammten Tapferkeit Treue bewahren werden. . Luitpold."

j von innen kommen ; daß fie treu stehen werden zu Kaiser und Reich,

E ß n Gart Dresd Bei der am Sonntag im Großen Garten zu Dresden veranstalteten Feier des Gedenkta es der Schlacht von | Sed an (siche die gestrige Nummer d. Bl.) hielt, dem „Dr. Journal Wfoge, Seine Majestät der König folgende Ansprache an die M rue alte Soldaten und Kriegskameraden ist der heutige Tag, der wirkliche Schlachttaa von Sedan, immer der wirkliche Sedantag gewesen, und es freut Mich, an diesem Tage Mich von fo vielen alten und bewährten Kameraden umgeben zu sehen und Ibnen danken zu Fônnen für das, was Sie alle vor 25 Jahren dem Feind gegen- über geleistet und gethan haben in Treue, Gehorsam, Dis- zivlin und Tapferkeit ; Ihnen, auch zu gleicber Zeit zu danken für die treue Gesinnung, die Sie am beutigen Tage Mir gegenüber gezeigt haben. Ich hoffe und erwarte, daß diele Gesinnung sich von den alten Kameraden auf die neuen Kameraden übertragen wird, daß sie fest stehen werden in_ Noth und Gefahr, sie mag von außen oder

u König und Vaterland? - E M Die Rede Seiner Majestät wurde von begeistertem, si

immer wiederholendem Jubel der Anwesenden begleitet.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg hat sich am Sonntag Vormittag über Görliß und Breslau nach Dels, Ohlau und Neisse begeben, um „in seiner Eigerschaft als General- Inspekteur der 2. Armee-Jnspektion am _2., 3. und 4. Sep- tember verschiedenen Uebungen von Truppentheilen des V]. Armee-Korps beizuwohnen.

Baden.

Der Präsident des Landgerichts in Freiburg i. Br. Kiefer tin der Naht zum 2. d. M. infolge eines Schlag- anfalls gestorben. Derselbe gehörte dem badischen Landtag seit 1865 ohne Unterbrehung bis zu seinem Tode an und wirkte namentli für die Vereinigung Badens mit dem Norddeutschen Bunde. Von 1871—1873 und von 1877—1881 war Kiefer

auch Mitglied des Deutschen Reichstags.

Oldenburg.

Geleitet von Seiner Königlichen Hoheit dem Erbgroß- Herzog, traf gestern mittels Extrazugs die Leiche weiland Jhrer Königlichen Hoheit der Erbgroßherzogin auf dem Bahnhof in Oldenburg ein, wo ste von Seiner Königlichen Hoheit dem Groß hêrzog und Seiner Hoheit dem Herzog Georg empfangen und in feierlicher Weise zur Aufbahrung nah dem Schlosse überführt wurde. Die Bestattung findet am Donnerstag um 101/32 Uhr ftatt.

Deutsche Kolonien.

Aus Deutsh-Ostafrika meldet das „Deuische Kolonial- blatt“, daß der Kaiserlihe Gouverneur, Major von Wissmann in Dar-es-Salam eingetroffen ist. E

Nach cinem Bericht des Kompaagnieführers Johannes ist es demselben gelungen, mit Unterstüßung der mächtigsten Häuptlinge die unbotmäßigen Bewohner von Usferi nah kurzem Kampfe zu unterwerfen und die Aus- [ieferung des Rombo - Häuptlings Leitturu zu erzwingen. Leßterer hat seine Schuld an der Ermordung der beiden Gelehrten der Kilimandjarostation eingestanden und ist am 29. Juni d. J. in Moschi durch den Strang hinge- richtet worden.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser begab sich gestern früh von Budweis nach dem Manöverfelde und nah Beendigung der Manöver nach Kaplit, wo die Bevölkerung ihm einen begeisterten Empfang bereitete. Vor dem Diner in dem Erzherzog Albrecht’ schen Speisezelte, welches der Erzherzog hon auf dem Schlachtfelde von Custozza benußt hatte, hielt der Kaiser folgende Ansprache:

„Heute, wo ih zum ersten Mal als Gastgeber die Herren an dieser Stelle um mi versammelt sehe, wollen wir vor allem in webhmüthiger Erinnerung dessen gedenken, der früber an diefem Plaß saß, und Alle feierli geloben, im Sinne des Dahingescbiedenen weiter zu wirken. Fortschreiten müssen wir, aber der Geist bleibt der alte.“ '

Dem Diner wohnten der Erzherzog Rainer, der Kriegs- Minister General von Krieghammer, der Landesvertheidigungs- Minister Graf Welsersheimb, der Generalstabs- Chef Freiherr von Beck mit der gesammten Manöveroberleitung und der Statthalter von Böhmen Graf Thun bei. Nach dem Diner kehrte der Kaiser nah Budweis zurück. .

Die Kaiserin ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern Vor- mittag in Aix-les-Bains eingetroffen.

Für die verschiedene Erbgroßherzogin von Olden- burg is vom 4. d. M. ab eine sechstägige Hoftrauer an- geordnet worden.

Großbritannien und Frland. Das Unterhaus hat gestern die zweite Lesung der Bill angenommen, durch welche die 13. Sektion des Boden- anfaufgeseßes von 1891 erneuert wird.

Frankreich.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Bayonne haben daselbst am Sonntag Abend vor der Präfektur und der Mairie heftige Kundgebungen gegen das Verbot der Abhaltung von Stierkämpfen stattgefunden. Die Gendarmerie griff die Menge an und verwundete drei Per- sonen unerheblich.

Rußland. __ Wie den „Nowosti“ aus Odessa gemeldet wird, hätten 500 kaufkasishe Muhamedaner, die sih dem russischen Militärdienst entziehen wollten, für die Türkei optiert. Jhnen würden in der Umgegend von Konstantinopel Wohn- iße angewiesen werden. JFtalien. Die „Tribuna“ macht bezüglih einiger bevorstehenden Veränderungen in den diplomatischen Vertretungen folgende Angaben: Der Gesandte in, Madrid Marchese Maffei werde nah St. Petersburg gehen, der Gesandie in Brüssel de Rentis di Montanaro den Gesandtschaftsposten in Madrid erhalten und der General-Konsul und diplomatische Ver- treter in Kairo Pansa Botschafter in Konstantinopel werden.

Schweiz.

__ Der Bundesrath hat, wie „W. T: B.“ meldet, in seiner E Sitzung beschlossen, dem neu gn Bundes- rath Müller das Departement der Justiz und Polizei und dem bisherigen Jnhaber desselben Bundesrath Ruffy das Departe-

Serbien. L Die Errettung des Königs Alexander aus Lebens- gefahr in Biarriß (der König war beim Baden von einer Sturzwelle fortge(hwemmt worden, doch gelang es ihm, nch unter äußerster Anstrengung zu retten, während der ihn be- gleitende Bademeister ertrank) hat im ganzen Lande tiefen Eindruck gemacht. Jn allen Kirhen wurden Dankgottes- dienste abgehalten, und zahlreihe Glückwunsch-Telegramme sind an den König abgesandt worden, nachdem eine Extra-Ausgabe des Amtsblatts den Vorfall bekannt gegeben hatte, den der Minister des Jnnern allen Landesbehörden telegraphisch mittheilte. Heute um 11 Uhr findet in der Kathedrale der offizielle Dankgottesdienst statt, an dem das diplomatische Korps theilnimmt. Dasselbe stattete in einem gemeinschaftlichen Telegramm dem König seine Glückwünsche ab, für welche der König dem französishen Gesandten Patrimonio als Doyen dankte. Ebenso fand zwischen dem König und dem Minister- rath ein Austaush von Telegrammen statt.

Bulgarien. Das Programm Zankow's ) wird außer von der „Swoboda“ auch von der „Narodni prawa“, dem Organ Radoslawow'’s, zurückgewiesen. „Narodni prawa“ erklärt, die Entsendung einer neuen Deputation sei schon deshalb unnüß, weil man das Resultat der erjten nicht kenne. 2 a , Drei oppositionelle Reserveoffiziere vereinigten, wie „W. T. B.“ berichtet, im Departement Burgas ungefähr 30 Individuen in der Absicht, eine Bande zu bilden und in die Türkei einzutreten. Jn der Nähe der Grenze wurde die Bande von Truppen zersprengt,- die 3 Offiziere, fowie einige andere Jndividuen wurden verhaftet und den Behörden überliefert.

(siehe Nr. 207 d. Bl.)

Dänemark. Die Königin von Griechenland ist gestern an Bord der Yacht „Polarstern“ von St. Petersburg in Kopenhagen eingetroffen; die Königliche Familie war Allerhöchstderselben auf der „Danebrog“ entgegengefahren.

Varlamentarische Nachrichten.

Die Ersaßwahl zum Hause der Abgeordneten im Wahlkreis Prenzlau-Angermünde an Stelle des ver- storbenen Haupt-Ritterschafts-Direktors, Landraths von Nissel- mann-Krussow ist auf den 17. Oktober festgeseßt worden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Der Check- und Clearingverkehr der österreihishen Postsparkasfen. A In den „Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik“ (3. Folge, 10. Band, 2. Heft) äußert sh Professor I. Conrad-Halle in bemerkenswerther Weise über die Entwicklung der österreichishen Postsparkassen und den kei ihnen, eingeführten Chedck- und Clearingverkehr. Bei den im Jahre 1883 eingeführten P oft - sparkassen waren am Swhluß des Jahres 1894 im Ganzen vor: handen Gutbaben:

Noléaa Höhe At % O bis 1 Fl. 274 593 31,03 242 423 0,62 von 1— 3 Fl. 145 228 16,41 314 046 0,81 O E 55993 6,32 242 379 0,62 O 10€ 80 559 9,10 717 553 1,86 40 50. 176616 19,96 5915808 1539 50— 100 , D911 6,75 5 640 059 - 14,65 100-— 200 , 44 334 5,01 6509 622 16,93 200— 500 , 35 207 3,19 9473144 24,60 500—1000 , 14 753 1,67 9443686 24,52 zusammen 884994 100,— 38 498 720 100,—

Von sämmtlichen Einlegern befanden ih rund 26% im Alter bis zu 10 Jahren und rund 27° im Alter von 10 bis 20 Jahren. 39 9% waren weiblihen Geshlechts. Bei einer derartigen Zusammen- seßung der Sparkassen-Einleger und -Guthaben hat fich die Zahl der Theilnehmer im Checkverkehr von Ende 1883 bis Ende 1889 von 167 auf 25 834 gesteigert. Unter leßterer Zahl befanden fich 4948 Fabrikanten, 779 Advokaten, 222 Aerzte, 254 Avotheker,

316 Architekten, Bauunternehmer u. dergl., 166 Lehrer und Künstler, 1651 kleinere Gewerbsleute, 9717 Kaufleute u. f w. Auh 1244 Vereine und Korporationen, 250

Versicherungéanstalten, 172 Zeitungen und Fachschriften haben an dem Checkverkehr der Postsparkasse theilgenommen. Die Zabl der Transaktionen betrug im letzten Jahre 12,3 Millionen, im Tages- durshnitt 33 654. Der Umsatz belief fih 1894 auf 2731 Millionen Gulden. Allein 549% davon wurden beim Postsparkassenamte Wien umgeseßzt. Die Einlagen bezifferten sih auf 1366 Millionen Gulden. Der dur(schnittlihe Betrag einer Einlage war 138 Fl., und auf ein Checkfonto famen im Durchschnitt 368 Einlagen mit 50939 Fl. Die Anzabl der Einlagen, die auf ein Checkonto entfallen, hat seit Einführung des Checkverkehrs stetig zugenommen, während der dur- \cnittsbetrag der einzelnen Einlage sich stetig vermindert hat. Dieses \priht nah des Berichterstatters Ansicht dafür, daß aus denjénigën Kreisen der Geschäftswelt, bei welchen sh der Geldverkehr nur in geringen Grenzen bewegt, immer mehr und mehr Theilnehmer binzu- kommen, und daß selbst die kleinsten Ausstände im Wege des Eheck- verkebrs einfließen. 81,5 9% der Einlagen entfallen auf Beträge bis zu 150 FLl., 16 9/0 auf Beiräge von 150 bis 1000 Fl., 2,9 9% er- reichen eine Höbe von über 1000 Fl. Die Gebühren für die Checks, welche mit 2 Kr. erhoben werden, ergaben im leßten Jahre eine Ein- nahme von 47 848 Fl. Nur in sieben Fällen wurde Checkbuch- besißern die Berechtigung entzogen, weil sie, ungeahtet vorauêsgegan- gener wiederholter Erinnerungen, Checks ohne genügende Deckung in Verkehr geseßt hatten. In 6 Fällen wurde den Betreffenden der Ein- tritt na einiger Zeit wieder gestattet. Am 1. September 1884 wurde bei den Postsparkassen ein Clearing verkehr eingerichtet, d. h. die Uebertragung von Forderungen zwischen Einlegern von einem Konto auf das andere durch das Postsparkafsenamt gestattet. Es nehmen daran theil 18 259 Personen, d. i. 70,6% aller Checkbuchbesißer. Im Jahre 1894 wurden für die Theilnehmer am Clearingverkehr 1 805 000 Transaktionen mit einem Umsaß von 890 Millionen Gulden vollzogen. Der Durchschnittêbetrag einer Gutschrift belief sich auf 493 F1., die Anzahl der Gut- bezw. Lastschriften, welhe für einen Theilnehmer am Clearingverkehr vollzogen wurde, betrug 48 und der Durhschnittsbetrag, welher auf ein Konto gut- bezw. abgeschrieben wurde, 23 751 Fl. Profesor Conrad sieht in der Einführung des Checksystems bei den Postsparkassen die zweckmäßigste Maßregel, um die Bevölkerung überhaupt an den Ge- brauch des Checks zu gewöhnen, und darin wieder das wirksamste Mittel, die Ursachen des „Borgsystems*“ in Handel und Wandel, unter dem auch in Deutschland die kleine Geshäftswelt besonders leide, zu beseitigen. Die Bevölkerung, meint er, gewöhne fih dadur daran, stets eine baare Reserve bei der Bank zu halten, und sei da- durch in der Lage, in jedem Moment vermittels des Checks alle präsentierten Rechnungen und sonstigen Forderungen sofort zu berichtigen. Da diese Reserven dem Gesammtverkehr fort- dauernd zugänglich blieben und nit, wie in den Privatkafsen, dem

ment des Jnnern zuzutheilen. Ein weiterer Wechsel der De- partements findet nicht statt.

Umsatz entzogen seien, fo werde dadurch zugleih der Bedarf des

Landes an Umlaufsmitteln vermindert. Die Einlagen bei der Poft- sparkafse seien absolut gesichert, sie könnten in fleinften E ohne Unkosten vorgenommen werden, ja, es finde noch eine Verzinsung der Einlagen statt, und in jedem Moment könne über dieselben in größeren oder fleineren Beträgen Zahlung an Ort und Stelle, wie an ent- legenen Orten geleistet werden, und zwar niht nur durch Aushändi- gung des Betrags, sondern auch dur Uebertragung auf das Konts eines anderen Einlegers.“

Zur Arbeiterbewe?qung.

Hier in Berlin haben der „Voss. Ztg.“ zufolge die Stein - bildhauer in einer Versammlung am Sonntag beschlossen, daß den hiesigen Arbeitgebern der Steinbranhe_ am gestrigen Montag die Forderung der siebenstündigen Arbeitszeit für die Steinbildbauer vor- geleat und bei Nichtbewilligung sofort in eine Arbeitsniederlegung eingetreten werden follte. Bei der Firma August Loh Söhne sollen, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, 28 Sattler die Arbeit eingestellt haben.

Kunst unnd Wissenschaft.

Am Sonntag ist in Eutin der Landschaftsmaler Karl Benne- wiß von Loefen im Alter von 69 Jahren plöglih gestorben. In den Kunstausstellungen war er ein ständig wiederkehrender Gast, und seine zart beobachteten, feingestimmten Landschaften, deren Motive Wald und See bildeten, fanden viele Freunde. Seine Spezialität war die märkishe Landschaft, in deren Wescn Und melancholifhe Eigenart er sih besonders tief versenkt hatte. Die gegenwärtige Kunstausstellung enthält drei Werke von ihm: „Vorfrübling*, „Waldesteih*, „Herbstabend“. An dem letzteren Bilde wurde gestern ein Lorbeerkranz mit Trauerflor angebracht.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln.

Cholera. Tarnopol, 2. September. Nah dem amtlichen Cholera- bericht farb am 31. August eine bereits früher erkrankte Person. Am 1. Sevtember kam eine neue Erkrankung an Cholera vor.

Handel und Gewerbe.

Bei den Abrehnungs|itellen der Reichsbank wurden im Monat August 1631 036 100 Á# abgerechnet gegen 1 959 246700 im Juli d. J., 1364 547 500 A im August 1894, 1 491 730 600 /6 im August 1893, 1 368 347 100 Æ im August 1892 und 1 370 674 100 K im August 1891.

Die Wochenübersit der Reichsbank vom 31. August weist bei einem gesammten Kassenbestand von 1 026 341 000 A der Vor- woche gegenüber eine Abnahme um 30838 000 4 nach; der Metall- bestand allein hat um 32104000 ( abgenommen. Der Bestand an We(feln hat sih um 23 269 000 4 auf 561 802 900 4 und der Bestand an Lombardforderungen um 6 471 000 4 auf 79 055 000 4 vermehrt: auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist alfo ein Zugang um 29 740 000 A eingetreten. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1 073 886 000 eine Zunahme um 33 205 009 4, während die fonstigen täglih fälligen Verbindlich- feiten (Giroguthaben) um 31 446 000 Æ auf 483 514 000 zurüd« gegangen sind.

äglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien. M. gestellt 5099, nicht recht-

T An der Ruhr sind am 2. d. M. eitig gestellt keine Wagen.

Berlin, 31. August. (Monats-Bericht der ändigen Deputation der Woll-Interessenten.) Im abgelaufenen Monat erhielt \sih die Frage nah deutschen Wollen, wenn auch die Umsätze diejenigen des Juli nit erreihten. Der Umstand, daß Käufer sih nicht ent- schließen konnten, den Forderungen der Eigner mehr gerecht zu werden, bemmte in vielen Fällen das Geschäft. @8s wurden etwa 3500 Ztr. Rüdcenwäshen und etwa 3800 Ztr. ungewashene Wollen ver- kauft. Die Lage des Artikels ist eine gesunde, Preise sind feft und stellten sich bei den stattgehabten Verkäufen für Rüdtenwäschen 4—5 M und für, ungewashene Wollen 2—4 A höher gegen leyte biesige Juni-Marktpreise. Gute Auswahl is vorhanden, die Vor- rätbe sind jedoch Éleiner als voriges Jahr um dieselbe Zeit. In Kolonial-Wolle hat die im vorangegangenen Bericht erwähnte lebbaftere Nachfrage auch im abgelaufenen Monat im vollen, eher noch verstärkten Ut:nfang angehalten; es wurden etwa 5000 Ballen, zur Hälfte Kap-, zur anderen Hälfte Buenos Aires- und Austral-Wolle zu langsam anziehenden Preisen verkauft.

8 erlin, 31. August. (Wochenbericht für Stärke, Stärkes- fabrikate und Hülsenfrüchte von Max Sabersky, Berlin W. 41). Ia. Kartoffelftärte 16; 17 H,

[a. Kartoffelmebl 165 —17 , ] e 16

IIa. Kartoffelmebl 13 —15 #, feudte Kartoffelstärke Fracht- parität Berlin —,— s, gelber Svprup 184—19 K, Kap.- Svruy 194 20 #4, Kay. - Export 203—21 K, Kartoffelzucker

gelber 184—19 #, do. Kap. 203—21 #6, Rum-Kuleur 33—34 M, Bier-Kuleur 32—34 #, Dextrin, gelb und weiß, Ia. 23—24 4, do. setfunda 20—22 #, Weizenstärke (kleinft.) 32—33 #6,

Weizenstärke (großst.) 37—38 #, Halleshe und Sw@lesische 38—39 M, MNeisftärke (Strablen) 49—50 #, do. (Stüdten) 47—48 M, Maisstärke 33—34 F, Schabestärke 34—35 s, Niktoria-Crbsen 15—19 H, Kocherbsen 14—19 &, grüne Srbsen 14—19 #, Futtererbsen 12—125 #, inländishe wei Bohnen 22—24 4, weiße Flahbohnen 23—25 #4, ungarische

Bohnen 19—21 4, galizishe und russishe Bohnen 17—19 M, große Linsen, neue 34—45 #4, mittel do. neue 20—34 #, kleine do. neue 16—20 Æ#, Mohn, blauer nom. 28—40 #4, do. woetßer nom. 40—954 M, Hirse, weiße 18—20 H, gelber Senf 16—24 Æ, Hanfkörner 22 bis

93 #4, Winterrübsen 17,20— 174 A, Winterravys 17}—18 A, Buchweizen 14—16 A, Widen 12—13 Æ, Pferdebohnen 12—121 M, Leinsaat 21{—22 A, Mais loko 11—115 ,

Kümmel 50—58 Æ, Leinkuchen 125—14 4, Rapskuchen 9I7—105 , pa. marseill. Erdnußkuchen 12—13§ M, pa. doppelt gefiebtes Baum- wollensamenmebl 58 9/9 104—12} Æ, pa. helle getr. Biertreber 28 bis 30 9/9 8—9L Æ, pa. getr. Getreideshlempe 31—34% 11—12 M, pa. getr. Mais-Weizenshlempe 35—40 9% 112—125 A, pa. getr. Maisslemve 40—42 9% 113—12} M, Malzkeime 7—83 #, Roggeu- fleie 72—8 #4, Weizenkleie 77—84 Æ (alles per 100 kg ab Bahn Berlin bei Partien von mindettens 10 000 kg).

Der Stettiner Mashinen-Bau-Aktiengesellschaft „Vulkan“ ist vom Norddeutschen Lloyd der Bau zweter großen Damvfschiffe für transatlantishe Fahrt übertragen worden.

Wien, 2. September. (W. T. B.) Gewinnziehuna der Oesterreihishen Kreditloose von 1858: 150000 Gulden Serie 157 Nr. 67. 30000 Gulden Serie 2070 Nr. 1. 15 000 Gulden Serie 3228 Nr. 8. Sonst gezogene Serien: 157 291 415 1039 1299 1416 1475 2070 2178 2840 2858 3187 3228 3286 3352 3353 3506 4012 4115. O

London, 2. September. (W. T. B.) An der Küste 5 Weizen- ladungen angeboten.

969% Javazucker 113 ruhig, Rüben-Robzucker loko 97 ruhig. Chile-Kupfer 471/16, pr. 3 Monat 47/16.

Glasgow, 2. September. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 3050 Tons gegen 2087 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. L :

Bradford, 2. September. (W. T. B.) Wolle fest, obglei Umsäße Sepee Garne und Stoffe fest.

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etersburg, 2. September. (W. T. B.) Rußlands Getreide - Export. In der Woche vom 29. August bis 30. August cr. sind“ über die Haupt-Zollämter 6 130 600 Pud Getreide ausgeführt worden. Davon entfielen auf Weizen