1895 / 226 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Welände würde abgesperrt für jeden Verkehr und das Betreten bestraft. „Nun mögen sich“ so heißt es wörtlih weiter „die Landleute fünf Tage auf die faule Haut legen zu einer peil, wo ihnen jede Minute kostbar 1st. Dem Bcueriaud werden auf diese Weise die Segnungen des Militarismus in einer Weise beigebracht, die ihnen aller- dings große Verluste bringt, ihnen aber auch für immer die

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Nach dieser Darstellung sollte man annehmen, daß die pturze und bündige“ Bekanntmachung des Kreisamts Gießen den Bewohnern der betheiligten Gemarkungen ganz unerwartet En wäre und daß fie aus Anlaß der Stiekäbungen Verluste erlitten hätten.

Eingehende amtliche Feststelungen ergeben das gerade Gegentheil.

Mit den betheiligten Gemeinden war seitens des betreffen- den Jnfanterie-Regiments lange, bevor die Bekanntmachung erschien, mündlih und schriftlich verhandelt worden; sie hatten fih sämmtlich mit der Abhaltung des Schießens vorher ein- verstanden erklärt. Da am 23. Juli, dem beabsihtigten Be- ginn des Schießens, die Aberntung der Felder noch nicht ge: nügend vorgeschritten war, wurde die Uebung auf die Zeit vom 30. Juli bis 3. August vershoben. Jn diesen Tagen war das abgesperrte Gelände zum größten Theil abgeerntet ; der verursachte Flurshaden 1st so, wie er von den Be- treffenden selbst angemeldet war, ohne Abzug bezahlt worden. Die Besißer haben, nachdem während des Schießens shlechtes Wetter eingetreten war, auf Befragen geäußert, daß sie sehr froh seien, die Frucht schon jeßt eingeerntet zu haben, da sie sonst, wenn sie sie länger draußen gelassen hätten, erheblihen Nachtheil gehabt haben würden. Das Verhältniß zwischen Landbevölkerung und dem Regiment ist sowohl r der Vorverhandlungen, ‘als auch während der Uebung selbst und nachher in jeder Beziehung ein gutes gewesen. : l

Hiernach zitieren wir noch den Anfangsfaß des Artikels aus dem „Landboten“. Derselbe lautet: „Der Militarismus wh mit rücfsihtsloser Hand in das Erwerbsleben der Volks-

eise ein“.

Der General-Arzt erster Klasse Dr. Großh eim, Abthei- lungs-Chef im Kriegs-Ministerium, ist hierher zurügekehrt.

Kiel, 20. September. Die Panzerschiffe erster Klasse „Kurfürst Friedrih Wilhelm“, „Wörth“, „Weißen-

burg“ und „Brandenburg“ sind heute früh durch den Kaiser Wilhelms-Kanal nah Wilhelmshaven abgegangen.

Hefen. Jhre Durchlaucht die verwittwete Prinzessin von Battenberg, geb. Gräfin von Hauke, die vorgestern von einem Schlaganfall betroffen wurde, ift gestern Abend gestorben.

Schwarzburg-Sondershausen.

Der Landtag ist gestern durch den Staats-Minister Petersen im Auftrage Seiner Durhlaucht des Fürsten eröffnet worden. Einige kleinere Vorlagen wurden auf ein- stimmigen Beschluß der nächsten Landtags-Session vorbehalten. Die Hauptvorlage: der Regierung zum Erwerbe der en Glau aus dent Berixägen vom. 26. Juli und 20. November 1892 zur Verfügung stehenden 250 Kuxe der Gewerkschaft „Glückauf“ zu Sondershausen und zur Beschaffung der hierzu nöthigen Geldmittel im Wege der An- leihe gegen einen 31/ E nicht übersteigenden Jahreszins die verfassungsgemäß erforderlihe Genehmigung zu ertheilen, wurde der Finanz-Kommission überwiesen.

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarishe Minister-Präsident Baron Banffy hat ih gestern Abend von Budapest nah Klausenburg begeben und wird daselbst in der Umaebung des Kaisers und Königs, Allerhöchstwelher am nächsten Sonntag zu den Manövetn nah Klausenburg kommt, bis zum 25. d. M. ver- bleiben.

Im Namen der amnestierten Rumänen begaben sich gestern Lukacs und Corojan zu dem Minister-Präsidenten Baron Banffy, um ihm für seine Fürsprache zu danken und zugleih eine Dankadresse aller Amnestierten an den Kaiser und König anzumelden, um deren Unterbreitung sie den Minister-Präsidenten baten, wobei sie erklärten, daß die Gnade des Herrschers keinen Unwürdigen zu theil geworden sei. Dr Minister-Präsident versprah, die Dankadresse an den Kaiser und König gelangen zu lassen.

Frankreich.

___ Gestern hat auf dem Plateau Puzieux bei Mirecourt die Parade über die Truppen, welche an den großen Ma- nôvern theilgenommen haben, stattgefunden. Der Minister des Aeußern Hanotaux traf in Begleitung des russischen Ministers des Aeußeren Fürsten Lobanow-Rostowsky, der General Dragomirow in Begleitung des Generals T ne egen 9 Uhr auf dem Paradefeld ein. Die Ankunft des sidenten Faure erfolgte um 9 Uhr. Derselbe fuhr, geleitet von einer Kürassier - Eskorte, die Front ab, worauf der Vorbeimarsh erfolgte. Hierauf verließ der Präsident den Wagen, unterhielt sich mit jedem der fremden Offiziere und begab sich auf die Tribüne. Dort stellte der Minister des Aeußeren Hanotaux den “Fürsten Lobanow- Rostowsky dem Präsidenten vor, der mit ihm eine kurze, herzlihe Unterhaltung führte. Nah der Parade fand das von dem Präsidenten Faure gegebene Dejeuner statt. Zur Rechten des Präsidenten saß der Prinz Nifolaus von Griechenland, zur Linken der Minister des Aeußeren Hanotaux, gegenüber der Minister - Präsident Ribot, neben welchem rechts der Kriegs - Minister General Zurlinden und links der General Dragomirow saß. Der Präsident Faure brachte zuerst die Gesundheit des Königs von Griechen- land und des Kaisers von Rußland aus, worauf die Musik die griechische und die russishe Nationalhymne spielte. Sodann begrüßte der Präsident Faure die fremden Offiziere und gab seiner Befriedigung über die Manöver Ausdruck, welche In glänzender Machientfaltung die Anstrengungen eines Viertel- zahrhunderts und den Willen des Volkes bekundet hätten, mit

seinem Jdeal der Brüderlichkeit die Anforderungen zu ver- einigen, welche ihm seine gebieterishste Pflicht auferlege. Das friedlihe und seiner Macht sichere Frankreich vertraue mit Zu- versicht seine Geschicke dem Se seiner Söhne an. Der Präsident sprach dann dem General Saussier seinen Dank aus und erhob sein Glas auf das Wohl der Armee, welche die Stärke und den Ruhm Frankreichs bilde. Der Kriegs-Minister, General Zur- linden brachte hierauf die Gesundheit des Präsidenten Faure aus. Gestern Abend um 10 Uhr traf der Präsident Faure wieder in Fontainebleau ein. /

Der König der Belgier gedenkt morgen dem Präsidenten Bcäside in Fontainebleau einen Besuch abzustatten, den der Präsident am Montag in Paris erwidern wird.

Der Kreuzer „Lalande“ hat Befehl erhalten, von Toulon nah Marokko zu gehen.

; Rußland.

Der Großfürst Thronfolger, der ELE Alex- ander Michaïlowitsch und die Großfürstin Xenia Alexandrowna trafen gestern früh in Batum ein und seßten alsbald die Reise fort.

Ftalien.

Die „Agenzia Stefani“ theilt mit, daß Marchese Maffei, bisher Gesandter in Madrid, als Botschafter nah St. Peters- burg, de Renzis di Montanaro, bisher Gesandter in Brüssel, als Gesandter nah Madrid, Pansa, bisher General- Konsul in Kairo, als Botschafter nach Konstantinopel, und Cantagalli, bisher Gesandter in Tanger, als Gesandter nah Brüssel gehen werde.

Gestern Abend fand im Senatspalast auf dem Kapitol ein Bankett zu 400 Gedecken zu Ehren der Bürgermeister und Abgeordneten der italienischen Gemeinderäthe statt. An dem Bankett nahmen der. Minister - Präsident Cris pi, die Minister Saracco, Baccelli und Boselli, sowie die Spigzen der Behörden theil. Es wurden mehrere Reden ge- halten. Die Theilnehmer an dem Bankett besuchten später die glänzend erleuhteten Museen des Kapitols.

Niederlande.

Das der Kammer gestern von dem Finanz-Minister vor- gelegte Budget für 1896 schäßt die Staatsausgaben auf 1381/2 Millionen Gulden und berechnet einen Fehlbetrag der Einnahmen von 71/9 Millionen. Der Fehlbetrag der ordentlichen Ausgaben beläuft sih auf 2 Millionen Gulden. Zu passendem Zeitpunkt foll eine Anleihe von 15 Millionen Gulden behufs Deckung der Fehlbeträge der vorausgegangenen Jahre aufgenommen werden. 6

Rumänien. __ Der König und die Königin sind gestern Nachmittag in Sinaja eingetroffen und von der am Bahnhofe zahl- reih versammelten Menschenmenge auf das herzlihste be- grüßt worden.

Serbien.

Nach den bisherigen Bestimmungen wird der König Alexander am nächsten Freitag in Belgrad eintreffen.

Bulgarien.

Wie die „Agence Balcanique“ meldet, hat der Minister- rath, welcher gestern den Kommissionsentwurf für den Handelsvertrag mit Desterreih-Ungarn berieth, diesen Entwurf als Basis für die Verhandlungen angenommen und die Instruktionen für die Delegirten, welche sih demnächst nah Wien begeben werden, festgestellt.

Amerika,

Aus Havanna wird gemeldet, daß alle Verstärkungen nunmehr daselbst eingetroffen seien. Der Marschall Martinez Campos befinde fih in Santiago.

Das amerikanische Küstenwachtshiff „Winona“ hat den nah Cuba bestimmten Schooner „Laik“ festgenommen: an Bord der „Laik“ befanden fih 35 Flibustier und Waffen.

Eine Depesche der „New-York World“ bestätigt den Tod des Nebellenführers Jose Maceo.

Afien.

Jn Goa ist es, dem „Reutershen Bureau“ zufolge, zu

einer ernsten Soldatenmeuterei gekommen, weil der Ver- walter der Kolonie die von den nach Afrika abgehenden portugiesishen Truppen geforderten Bürgschaften hinsichtlich ihres Soldes verweigerte. Mehr als 500 Mann mit ihren Offizieren widerseßten sich der Einschiffung und erschossen zwei Wachtposten. Darauf marschierten fie mit Waffen und Schießvorrath in die Provinzen der Novas Conquistas. Es ist nicht genügende Mannschaft zur Unterdrückung der Meuterei vorhanden. ___ Die „Times“ meldet aus Hongkong, daß der Aufstand im Gebiet von Swatau sowohl gegen die Dynastie als auch gegen die Ausländer gerichtet und als ein Wiederausbruch der aufrührerischen Bewegung im April d. J. zu betrachten sei. Den in den Swatau-Distrikt gesandten Truppen sei es nicht gelungen, die Leiter des Aufstandes gefangen zu nehmen; sie seien nunmehr zurückgezogen worden. Eine Baseler Misstans- station, üge 70 Meilen westlih von Swatau, sei am Montag zerstört worden.

Nr. 38 der „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Ge- sundheitsamts“, vom 18. September, hat folgenden Inhalt: Personal-Nachriht. Gesundheitsstand und Gang der Volks- frankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Desgl. gegen Pest. Erkrankungen und Sterbefälle im italienischen Heere, 1893. Sterblichkeit in Moskau, 1894. Gesetzgebung u. f. w. (Deutsches Reich.) Shweineseuhe 2c. Impfgeseß. (Hessen). Apothekergehilfen. (Oesterreih. Kärnten.) Hebammenwesen. (Schweiz. Kanton Neuchätel.) Beerdigungen. (Großbritannien.) Rinderpest. (Dänemark.) Fleischausfubr. Gang der Thierseuhen in Großbritannien, 31. März bis 29. Juni. E Maßregeln gegen Thierseuhen. (Preuß. Regierungsbezirke Trier, Aachen, Baden, Lübeck, Niederösterreih, Belgien.) Wer- mischtes. (Bayern.) Untersuchungéanstalten für Nahrungs- und Genußmittel, 1894. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40000 und mehr Einwohnern. Deëgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken, Witterung. Beilage: Gerichtlihe Ent- scheidungen auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege (Kur- pfuscher, Heilmittel).

Deutsch - Nordische „Handels- und Juduftrie - Ausstellung in Lübe.

F. 8, Die Deutsch-Nordishe Handels- und Induftrie-Aus- stellung, welhe in diesem Sommer in der alten Hansestadt Lübeck veranstaltet wurde, dürfte nah der Statistik der Aussteller und Größe des Areals zu den bedeutendsten provinzialen deutschen Berau latten der Art zählen. Dabei ift sie mit geradezu amerikanischer Schnelligkeit ins Leben gerufen. In ungefähr fünf Monaten wurde die ganze Arbeit, in zwei und einem halben Monat die Bauausführung bei etwa 26 000 qm bebauter Fläche vollendet. Der Oberleitung des Unternehmens gebührt wegen der hierbei bewiesenen Energie und Umsicht besondere Anerkennung. «a j

Die Ausftellung liegt au einem Plateau an der ziemlich breiten Außenwackniy und wird von der Stadt aus über eine Brüdcke erreicht, die zugleih den Eingang zum Ausftellungsterrain bildet. Am Ende der Brücke erhebt sich eine Nachbildung des 1851 abgerifsenen Mühlenthors mit den {hon früher verschwundenen Seiten- baulihkeiten und zaubert ein reizvolles Bild aus dem alten Lübeck vor die Augen des Eintretenden. Dahinter sieht man in lustiger nordisher Polyhromie die Hallen und Restaurants weit auéeinandergebaut in der Sonne blißen mit weißen Wänden, rothen Dächern und blauen Traufen und Balkenlagen. Hier flattert von dem blauen Himmel der rothe Danebrog mit dem weißen Kreuz, dort weht von dem dunkelgrünen Wäldchen des Hintergrundes der lübishe Adler in Weiß und Roth, und von den weißen Riesen- wänden der Hauptgebäude wogt es von deutschen, s{wedischen, nor- wegishen und finnishen Fahnen, Flaggen und Wimpeln,

Den Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Illustration der lübish-nordischen Handelsbeziehungen. N

Der alte Handel mit Schweden und Dänemark ift in Lübeck ge- blieben, troß aller Noth der Zeiten, und hat feit den 60er Jahren fogar wieder eine bedeutende Höbe erreicht. In den leßten Jahr- bunderten ist noch Finland dazugekommen und scheint einen großen Play in dem Gesammtbild des Lübecker Handels einzunehmen.

Im Hauptauéstellungsgebäude (10,515 qm) sind die ausländischen Prcedukte aufgebaut : aus Schweden vor allen Dingen Eisenerze, sehr bedeutende Metallwaaren, Leder, Fischkonserven und Thran, Bier und Tinte, Papier und Stoffe, Möbel, Wolle und Hülsenfrüchte, welche über Malmö, Göteborg und Stockholm expediert werden. Schwedens Handel ungefähr glei ist derjenige Finlands.

Lübeck bezieht, wenn die Ausstellung ein rihtiges Bild giebt, aus Finland Butter in Holzfässern verschickt, eine Waare, die si sehr gut halten soll —, Holz, vor allen Dingen Fichten- und Tannenhclz, Getreide, Oele der verschiedensten Arten, Theer, Leder, Gewebe, Boote für Sportzwecke und für Gebrauch, Eisenerze und Tabak.

Schweden uud Finland haben in ihren fkunftgewerblißen Er- zeugnissen einen eigenartigen Stil bewahrt, der noch nit so von der Hochfluth der wiederaufgelebten Renaissance beeinflußt ift, wie die südliheren Länder, Norwegen, das in dieser Ausstellung mit Schweden zu einer gemeinsamen Gruppe verbunden ift, hat den eigen- thümlich nordishen Stil am reinsten bewahrt. Aber es hat auhch nicht den Hayndelsverkehr mit dem Ausland, wie die beiden anderen Länder. Es führt zumeist nur Fishkonserven, Holz und Stein, Seife und Thran aus.

Bei Dänemark wird die Kultur {on merkbarer. L sind bereits Käselab-Extrakte, Butterfarben und Margarinen ausgestellt, außerdem Seifen, Spirituosen, verarbeitetes Leder, Stoffe und Möbel, Glas- malereien, Papierarbeiten, Honig und Fruchtweine und einige nautische Instrumente. Doch scheint Dänemark wenn diese Ausstellung ein rihtiges Bild giebt nach Rostock und übers Kattegatt nah Ham- burg billiger zu exportieren als über Lübe.

Was nun Lübecks eigenen Handel bLetrifft, so pas: man bei dieser Ausstellung wohl unterscheiden zwishen Erporthandel und Iokalem Handel.

Der Exporthandel, mit dem der Import immer mehr oder weniger verknüpft ift, ist sehr beachtenswerth. Es befindet sich in der Marinehalle der Ausstellung eine Le Darstellung der Sta- tistik über Export und Import in Lübeck seit ungefähr einem halben Jahrhundert. Daraus fol:t, daß im Jahre 1894 Lübeck in beiden den bisher höchsten Stand erreiht hat: wunderbarerweise in beiden Statistiken die gleihe Zahl, 220 099 kg ein- und ausgeführter Waare. Die größten Werthe werden in Kohlen, Eisenerzen, Holz, Wein, Getreide, Fetten und Oelen umgeseßt. Man kann sich vor- stellen, daß Lübeck bei diesem Handelsgebiet alles daran sezt, ih durch den Elbe-Trave-Kanal das Hinterland der Elbe- und Weser- striche aufzushließen.

Vom Handel ist die Industrie kaum zu trennen, denn die Mehr- zahl der ausgestellten Gegenstände sind {hon bearbeitete Rohstoffe. In der Maschinenhalle sind viele der für Lübecks Handel in Betracht On Fabrifeinrihtungen dem Auge des Laien zugänglich gemacht.

Einen Hauptanziehungspunkt der Ausstellung bildet ferner die Marinehalle. Man sieht hier die Kriegsmarine mit Schiffsmodellen neuer Typen, Kojen- und Kombüseneinrihtungen, Flaggen, Geschüßen, Torpedos und Minen veranscaulicht, auch ist eine Kaiferlihe Staaté- barke von 12 Rudern ausgestellt, deren vornehme Pracht sebr an- spricht; ferner sind Gruppen von Navigationsinstrumenten, Schiffs=- ausrüstungen, Booten, Bekleidungen und Schiffskonserven, Plänen, Zeichnungen und Photographien zusammengestellt, die einem aufmerk- samen Beschauer ein recht deutlihes Bild von den- Erfordernissen der Schiffahrt geben können. Ein eigener Katalog mit vorzüglicher Einleitung erleichtert zudem das Verständniß. Auch die kleine Kolonialausstelluna mit dem großartigen Panorama des Kilimandscharo von Hellgrewe weist, obwohl man fie in den nordishen Rahmen nicht einzupafsen vermag, doch sehr interessante Einzelheiten auf, aus denen man lernen fann.

Ein glückliher Gedanke war es, in dieser Ausstellung eine be- fondere Abtheilung für die Industrie der Frauen einzurihten. Das wird sicherlih bald Nachahmung finden und segens8reiche Folgen haben. Denn das, was die Damen geleistet haben (besonders die Hamburger Gewerbeschule), steht im Durchschnitt künstlerish höher wie die Fabrik- arbeit der Fabrikanten. Das liegt daran, daß in den Arbeiten der Frauen immer noch ein Stück Persönlichkeit liegt; die Sachen find mit Lust und Liebe gearbeitet und bei den beflen Stücken fogar felbst erfunden und empfunden.

__ Noch eine andere Abweichung von der üblichen Ausstellungstechnik ist bei der Lübecker hervorzuheben.

Im Land- und Forstwirth\chaftsgebäude sind Einzelausstellungen eingerichtet, die sih je nah der Jahreszeit ablösen. Augenblicklich ist dort eine Molkereiaus\telung, die von den Landleuten Mecklenburgs und Holsteins fleißig besuht und beshidckt wird.

er Besuch der Ausstellung war im allgemeinen niht fo be- deutend, wie man gehofft hatte; das Ausland stellte ein verhältniß- mäßig großes Kontingent zu der Besucherzahl. Und doch wäre bei den mannigfahen Anregungen, die das Unternehmen bietet, zu

wünschen, daß die materiellen Ergebnisse desselben im Verhältniß zu der aufgewandten Mühe und Arbeit stehen möchten.

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Statiftik und Volkswirthschaft. Der Schiffsverkehr im Danziger Hafen

umfaßt während der Monate Mai. Juni und Juli an eingegangenen Schiffen 500 mit einem Nettogehalt von 178 762 t gegen 556 Schiffe mit 186 204 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres, is also um 56 Schiffe und 7442 t zurückgegangen. Ausgelaufen sind 521 Schiffe mit 183741 t gegen 546 Schiffe mit 187 024 t, die Anzahl der Schiffe ist also um 25 zurückgegangen, ihr Tonnengehalt um 1717 t gestiegen. Unter den eingelaufenen Schiffen befanden sich 339 Dampfer mit 156434 t gegen 369 Dampfer mit 160732 t im Vorjahre, unter den ausgelaufenen

Schiffen 350 Dampfer mit 161 649 t gegen 369 Dampfer mit

64 894 t im Vorjahre. Unter der Gesammtzahl der eingelaufenen Schiffe befanden sich 283 (gegen 306) deutsche ; R EE ist ferner die Zahl der dänischen, schwedischen und amerikanishen Schiffe, wogegen die Zahl der englischen, norwegischen, holländischen, betgisMen und spanischen Sciffe gestiegen ist. Unter den ausgelaufenen Stviffen befanden sich 303 deutshe mit 101 883 & geaen 290 mit 96 366 t im gleihen Zeitraum des Vorjahres; ihre Zahl hat demnach um 13, ihr Tonnengehalt um 5517 t zugenommen.

Die vorläufigen Ergebnisse der Berufs- und Gewerbe- P S O AblaRa vom 14. Juni 1895 im Großherzogthum Baden.

Am 14. Juni 1895 betrug die Gesammtbevölkerung des Groß- herzogthums Baden nach den vorläufigen Ermittelungen 1713 844 Köpfe gegen 1 657 867 am 1. Dezember 1890; es ist mithin eine Zu- nahme von 5b 977 Personen oder 3,38 9/9 zu verzeichnen. Die Ver- theilung der Bevölkerung nah dem Geschleht ergiebt 842003 männ- lie und 871 841 weiblihe Personen; erstere machen alfo 49,1 9/6, leßtere 50,9 9/9 der Bevölkerung aus. Da am 1. Dezember 1890 die Antkeile der beiden Geschlechter 48,9 bezw. 51,1 0/6 betrugen, so hat das männlihe Geschlecht eine etwas stärkere Zunahme erfahren als das weiblihe. Die Zahl der Haushaltungen belief sich auf 359 081, d. st. 13 932 oder 4,09/0 mehr als am 1. Dezember 1890. Landwirth- schaftlihe Betriebe wurden 237 167, gèwerblihe Gehilfen- und Mo- torenbetriebe 42 132 ermittelt; erstere haben gegen 1882 um 4880 oder 2,1 9/o zu-, leßtere um 1716 oder 3,9 9/0 abgenommen,

Die bedingten Begnadigungen gerihtlich bestrafter

Personen im Großherzogthum Hesfen.

Die Gewährung von Straferlassen im Gnadenwege ist im Groß- herzogthum Hessen seit einer Reihe von Jahren häufig an die Be- dingung geknüpft worden, daß die Verurtheilten während einer mehr- jährigen Zeitdauer ih keines im Strafgeseßbuh vorgesehenen Ver- brechens oder Vergehens {uldig machen. Nachdem diese bedingten Begnadigungen in der Erfahrung sich bewährt hatten, wurde zu Anfang des Jahres 1891 die allgemeine Anordnung getroffen, daß bei allen in dem Landeszuchthause, sowie in den Gefängnissen aufge- nommenen Sträflingen nah Verbüßung von drei Vier- theilen der zuerkannten Strafe die Frage, ob denselben der Strafrest, bedingt oder unbedingt, im Gnadenwege zu erlassen sei, von Amtswegen geprüft werde. Dabei wurden die Sirafvolistreckungebehörden angewiesen, folhe Gefangene, welhe dem angegebenèn Zeitpunkt ihrer Strafverbüßung entgegensehen und einer Berücksichtigung niht von vornherein als unwürdig erscheinen, zu protofkollarish aufzunehmenden Straferlaßgesuhen zu veranlassen und die erwachsenden Protokolle mit gutachtlihen Berichten an das Ministerium des Innern und der Justiz einzusenden. Es blieb den Strafvollstreckungébehörden überlassen, in solhen Fällen, die sih nach den Vorleben des Sträflings, seinem Verhalten in der Strafanstalt und der Strafthat hierzu eigneten, das vorerwähnte Verfahren auch {hon nah Verbüßung der Hälfte der Strafzeit einzuhalten. Dies wurde namentlich auch bei jugendlichen Personen empfohlen, denen vielfach, besonders dann, wenn sie in Erziehungs8anstalten Auf- nahme fanden, die volle erkannte Strafe bedingung8weise auf dem Gnadenwege erlassen wurde. Jn ähnlicher Weise wie bei Zuchthaus- und Gefängnißstrafen wurde bedingte Begnadigung auch bei Haft- und Geldstrafen gewährt. / : :

Aus den für die Zeit vom 9. Mai 1891 bis Mitte März 1895, also für einen Zeitraum von rund vier Jahren, hierüber stattgehabten Aufzeicbnungen sind in den „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Zentralstelle für die Landeéftatistik®" (Juli 1895) Uebersichten für die drei Provinzen aufgestellt, denen wir nachstehende interessante Zahlen entnebmen : | :

Die Gesammtzahl der in dem genannten Zeitraum bedingt begnadigten Personen betrug 723. Von diesen waren ver- urtheilt wegen Körperverletzung 185, wegen Diebstahls und Unterschlagung 177, Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit 84, Urkunden- fälshung 70, Verbrechen und Vergehen wider das Leben 33, desgl. im Amt 31, wegen Betrugs und Untreue 27, Verbrechen und Vergehen wider die öffentlihe Ordnung 14, Beleidigung 11, Münzverbrechen und Münz- vergehen 8, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie gemein- gefährlicher Verbrechen und Vergeben je 7, Begünstigung und Hehlerei sowie strafbaren Eigennußzes und Verleßung fremder Geheimnisse je 6, wegen sonstiger Verbrehen und Vergehen 24, überhaupt wegen Ver- brehen und Vergehen 690, wegen Uebertretungen 21, Forstfrevels 11, Feldfrevels 1. Hierbei sind bedingt erlassene Strafen s 2 oder mehrerer, unter vershiedene Deliktsgruppen fallender Verbrehen und Vergehen 2c. nur bei einer Gruppe, und zwar in der Regel bei der- jenigen gezählt, welher das in den Aufzeihnungen zuerst genannte Delikt angehört. ; f

Nach den Strafarten, auf welche der bedingte Erlaß sich be- zogen hat, waren von den 723 bedingt begnadigten Personen 33 zu

uhthaus-, 655 zu Gefängniß-, 28 zu Haft-, insgesammt 716 zu

reiheitsstrafen und 7 zu Geldstrafen verurtheilt. Von jenen 716 zu Freihcitéstrafen verurtheilten Personen betrug in 406 Fällen die er- lassene Strafe bis zu 6 Wochen, in 253 Fällen mehr als 6 Wochen bis 6 Monate einschließlich, mehr als 6 Monate bis 1 Jahr ein- ließli in 42, mehr als 1 Jahr in 15 Fällen. Die Bedingungen waren gewöhnli Nihtbegehung eines Verbrechens oder Vergehens 2c. innerhalb 2 bis 5, ausnahmêweise bis 10 Jabren oder Aufenthalt in der Arbeiterkolonie und gute Führung in derselben.

Widerrufen wurden im Ganzen 65 Begnadigungen oder 9 9%/o. In den weitaus meisten Fällen wurden die Widerruse dur Neetung einer neuen strafbaren Handlung feitens der Begnadigten innerhal der für den Widerruf festgeseßten Zeit veranlaßt. Diese neuen \traf- baren Handlungen waren in 26 Fällen gleihartig mit denjenigen, wegen welcher die bedinat erlassene Strafe erkannt war, in 35 Fällen verschiedenartig; in 4 Fällen gab das sonstige Verhalten der Be- gnadigten zu den Widerrufen Veranlassung. In Prozenten der in den einzelnen Deliktsgruppen bedingt Begnadigten ausgedrückt, ent- fallen Widerrufe auf folgende Gruppen: _

Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit 11,9%, Körperverletzung 7,9 Diebstahl und Unterschlagung ¿ Betrug und Untreue Urkundenfälshun Verbrechen und : Sonstige Delille. (.. » 4,0 Die meisten Widerrufe der Begnadigung kamen hiernach bei Diehb- ahl und Unterschlagung vor. | j :

Bezüglich der Zeit, welche zwischen der bedingten Begnadigun und der den Widerruf begründenden Thatsache lag, ergiebt sich, das 27 Widerrufe innerhalb des ersten Jahres von der bedingten Be- gnadigung an, 25 innerhalb des zweiten Jahres, 12 innerhalb des dritten und 1 innerhalb des vierten Jahres erfolgten.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Mülhausen i. E. wird der „Frkf. Ztg." unter dem 18. d. M. zum Ausstand in der Kammgarnspinnerei Laederich u. Co. (vgl. Nr. 225 d. Bl.) weiter geschrieben, daß die Zahl der Ausständigen zugenommen hat. Das gesammte Ansegzerpersonal, 90 Mann, hat die Arbeit niedergelegt. Seinem Beispiel folgten die Spinner : von 30 Spinnern sind nur zwei zur Arbeit ershienen. Nur vier Maschinen konnten demzufolge betrieben werden, die 54 übrigen stehen vorläufig ill. Grund der Arbeitseinstellung find, wie erwähnt, die Lohnverhältnisse» Die Fabrikleitung verhält sich den Forderungen der Arbeiterschaft gegenüber durhaus ablehnend.

Hier in Berlin hat gestern wegen des Ausstandes der Sattler in der Militär-Effektenfabrik von Loh u. Söhne (vgl. Nr. 210 d. Bl.) vor dem Gewerbegeriht ein Sühnetermin \tattge-

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funden, zu welhem etwa 40 Sattlergehilfen, sowie der Vertreter der g erschienen waren. Der Vertreter der Firma bestritt die Be- auptung der Arbeiter, daß sie nur zehn Tornister wöchentlich fertig- stellen könnten, und legte Bücher vor, nach denen jeßt arbeiten- dén Sattler vierzehn Stück wöchentlich anfertigten. Die Verhandlung sollte, wie die Zeitung , Die Post* berichtet, zur Anstellung weiterer Erhebungen heute fortgeseßt werden. as

Aus Glasgow meldet ,„W. T. B.": Dem Beispiel der Eisenarbeiter in Belfast folgend, verlangen die hiesigen Wer f t- arbeiter 109% Lohnerhöhung. Die Arbeitgeber erklären, eher die Betriebss\tätten {ließen zu wollen, als die Forderung zu bewilligen. Der Ausstand von 30 000 Arbeitern in Glasgow ist daher sehr mahr-

sceinlich.

Kunst und Wissenschaft.

Die zweite Sitzung der 67. Versammlung deutscher

Naturforscher und Aerzte zu Lübeck (vergl. Nr. 222 u. folg. d. Bl.) begann am Mittwoch mit der Bekanntgabe des Dankes Seiner Majestät des Kaisers auf das Allerhöbstdemselben übersandte Be- egn: dem huldvollen Danke war der Wunsch segens- reichen Erfolges der Berathungen beigefügt. Hierauf hielt Hofrath Dr. Riedel-Jena den ersten Vortrag über das Thema „Chirurgische Operationen im Gehirn.“ Unter Zuhilfenahme großer LTa- feln, die Lings- und Quershnitte des Menschenhirns zeigten, gab er zunähst in großen Umrissen ein Bild von Bau und Funktion des Gehirns, um auch die nicht medizinish gebildeten Anwesenden einigermaßen zu orientieren. Mit großer Bestimmtheit vertrat er die Lehre von der Lokalisation der Ai in bestimmten Zentralstationen und verglich die Thätig- eit des Gehirns mit einem Haupttelegraphenamt, das seine Depeschen erst an Nebenämter und von da an die Adressaten weiter fendet, wie es ebenso auch Meldungen von zahllosen Orten wieder hereinbekommt. Durch die Lebre von der Lokalisation in bestimmten Zentren sei der chirurgishen Operation in vielen Fällen erft ein sicherer Anhalt für das Eingreifen gegeben. Operationen im Gehirn feien zwar {on in ältester Zeit gemacht worden; man besize Inkaschädel mit deutlihen Spuren von Trepanation. Aber naturgemäß habe man sich auf die Operation bei äußeren Verleßungen des Schädels beschränken müssen. Auch heute noch sei dies die erste und nächstliegende Indication zum Eingriff des Chirurgen, dessen Arbeit unter Anwendung der antiseptischen Mittel hier {chöne Erfolge auf- weise und der leidenden Menschheit viel Segen schaffe. Die ohne äußere Verleßung des Schädels angezeigte Operation im Gehirn, wofür die pbysiologishe Vorarbeit zur Bestimmung des Sitzes der Erkrankung immer neue Beiträge liefere, werde kenntlih durch Blut- erguß, Entzündungen im Mittelohr, Eiterungsprozesse als Folge anderer Krankheiten, Geshwulste und Epilepsie. In den meisten Fällen sei hier die Diagnose mehr oder weniger \chwierig, der Erfolg der Operation unsiher; fo weinte der Redner nur 3°%/% Heilungen bei Gehirntumor- Operationen annehmen zu dürfen. Immerhin aber seien doch Fort- \hritte und günstige Ergebnisse zu verzeihnen, und wenn man bedenke, welch furchtbare Qualen Hirnerkrankungen verursachen könnten, wie ferner der tôdtlihe Ausgang dur kein anderes Mittel zu vermeiden sei, so dürfe der Chirurg bei aller Vorsicht hier doch nicht ohne Hoff- nung für die Zukunft sein. Hofrath Niedel erzählte eine Reihe von Krankheitsgeshihten, wo er felbst kühne Operationen vorgenommen hat, niht selten mit staunenswerthen Ergebnissen, allerdings öfter auch ohne dem Uebel wehren zu können. Der frisch und lebendig gesprohene Vortrag mag den Aerzten nicht allzu viel Neues ge- braht haben, für die Naturforsher und Laien eröffnete er einige Ausblicke in ein Gebiet, das auch allgemeines Interesse beansprucht. Sodann sprach der bekannte Chemiker Professor Dr. Victor Meyer über „Probleme der Atomistik®. Ausdrücklich betonte er, daß er als Experimentator sich streng an die beobachteten Thatsachen halten werde. Man kenne jeßt 70 chemische Elemente, die anscheinend streng gesondert neben einander ständen. Und doch dränge ih immer stärker die Ansicht auf, daß man es in ihnen nicht mit wirklihen Urstoffen zu thun habe, fondern nur mit verschieden- aradigen Verdichtungen einiger weniger Grundstoffe. Ein sicherer Beweis für diese Annahme sei bisher aicht elungen, troßdem aber sprächen viele Gründe dafür. Mets Versuhe hätten zu der Gruppierung gewisser Elemente geführt, in der je drei Elemente sih sowohl durch chemische Ver- wandtschaft wie durch bestimmtes Wachsthum des Atomgewichts zu- sammenstellen ließen. So bildeten z. B. Lithium, Natrium, Kalium, dann Chlor, Brom, Jod, ferner Schwefel, Selen, Tellur und andere Elemente mehr, solche Triaden, in denen höchstwahrscheinlih ein noch unbekannter Urstoff in verschiedener Gestalt und Art sich darstelle. Sichere Aufschlüsse versprehe hier nur das Experiment. Zerlegung und Aufbau der Elemente das sei das Ziel, dem namentli die Pyro- chemie zustrebe. Hier hat der Redner selbit ein neues Verfahren ermittelt. In einer Hitze von 1700 Grad Cels. haben Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und andere Elemente in ihrer Dampfdichte keine Verände- rung erblicken lassen ; wohl aber Jod, Chlor und Brom, deren Dampf- dichte bei zunehmender Erwärmung bis auf die Hälfte kleiner ge- worden ist. Im Feuer zeigen sich diese leßteren und andere Elemente veränderlih, sie sind also keine Urstoffe. Mit Steigerung der Hite- grade, die bis iet an dem Mangel feuerbeständiger Apparate (Defen und Gefäße) gescheitert ist, hofft der edner, da er die mechanischen Schwierigkeiten überwinden zu können glaubt, in der Analysis der Ele- mente noch weitere Fortschritte zu machen, ebenso wie auch in der Synthese einige, wenn auch noch {wache Anfänge zu verzeihnen sind. Jedenfalls aber, so {loß der Vortrag, dürfe man freudig vorwärts bliden in der Erwartung, werthvolle Einblicke in das Wesen des Stoffs zu gewinnen, wenn au vor den letten' Dingen der Forscher mit einem „lgnorabimus“ Halt machen müsse. In der gestrigen, dritten Sitzung, wählte die Versammlung Frankfurt am Main als Ort der nähstjährigen Zusammenkunft.

In Konstanz tagt gegenwärtig die 30. General- versammlung des Gesammtvereins der Deutschen Geschihts- und Alterthumsvereine. In seiner Sißung vom 18. September, an der auch Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden theilnahm, sprach u. a. Professor Dr. Brecher über „die Hohenzollern und das Konstanzer Konzil* Er schilderte zunächst die politischen, gesellshaftlißhen und fkirhlihen Verhältnisse, welche der Zeit des großen Konstanzer Konzils 1414—1418 voraus- gingen. Das Bild, das er entwarf, war klar und deutlih. Sehr interessant war au die kurze, aber packende Schilderung der Cha- raktere König Sigismund's und des Burggrafen Friedrich von Nürn- berg, des ersten Kurfürsten und brandenburgishen Markgrafen. Die Zustände waren allenthalben in deutshen Landen niht rosig, in der Mark aber sier trostlos. Verzweifelnd {auten die Brandenburger nah Hilfe aus und baten den König um einen Mann, der ihnen helfen fönnte. Diesen Wunsch zu erfüllen, war nicht leiht ; denn erstens erforderte dieser Posten einen ganzen Mann, und an folchen war Deutschland damals arm. Sodann bot die Uebertragung der Mark wegen der berechtigten Ansprüche des Hauses Luxemburg auch weitere Schwierigkeiten, Aber Sigismund wagte es do, dem Hohen- zollern die Aufgabe zuzuweisen. Und er_hatte den allein richtigen Mann gefunden. Der Vertrag zwischen Sigismund und Friedrih mit der Regreßpflichtigkeit und Vervfändung von 400 000 Goldgulden, die Friedrih herauszuzahlen wären, falls man von feiten des Hauses Luxemburg die Mark wieder haben wolle, gab Breer Gelegenheit, seine eigenen Auffassungen aufzustellen, die für Schärfe 1eines Denkens zeugen, aber doch niht von allen Fahhleuten getheilt werden. Sodann ging Redner auf das Konzil selbst über und benußte diese Gelegenheit zu einem fkleinen Fehdegang in Betreff der Hus’schen Angelegenheit, der ihm den Beifall eines roßen Theils der Zuhörer o, Nach Ulrich Richental wurde Pbann der hocfeierlihe Akt der Belehnung des Kurfürsten durch den Kaiser in anschauliher Weise geschildert. Mit einem warmen Hinweis auf alles, was die Hohenzollern seit jenem wichtigen Tage geleistet, £\chloß der Redner seinen sehr fesselnden Vortrag.

Land- und Forstwirthschaft.

Ernteergebniß Rumäniens. : Ueber das diesjährige Ecnteergebniß wird folgende auf vorläufigen Ermittelungen beruhende Uebersicht aufgestellt : : Anbaufläche Ergebniß in ha in hl Noten .… 217516 3 261 130 Weizen r LAIS'ODO 24 139 870 Ge. 952690 7 889 570 E, SAO D20 3 655 970 GPfen 93 900 1 180 650

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs8- Maßregeln.

Portugal. A Durch Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern sind die russischen Häfen der Ostsee seit dem 1. d. M. für rein von Cholera erflärt* worden. (Vergl. „NR.-Anz.“ Nr. 138 vom 12 U D I) Malta.

ufolge Verfügung dtr Lokalregierung in Malta vom 7. d. M. unterliegen Herkünfte von Tanger einer fünftägigen Quarantäne.

Handel nund Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr unv (n Oberswlellen

An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 11 320, niht reht- zeitig gestellt 1348 Wagen.

In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 4106, niht recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen am 19. September d. I. die nachbezeihneten Grundstücke zur Ver- steigerung: das im Grundbuch von Schöneberg Band 36 Blatt N«c. 1373 auf den Namen des. Maurermeisters Friy Maanus zu Berlin, Borsigstraße 34, eingetragene, zu Schöneberg, Sieg- friedstraße 6, belegene Grundstü; Fläche 9,80 a, mit 12900 #4 Nugzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt; mit dem Gebot von 173 000 #Æ# blieb der Kaufmann Wilhelm Wolff zu Berlin, Behrenstr. 52, Meistbietender. Das im Grundbuch von Groß-Lichterfelde Band 21 Blatt Nr. 632 auf den Namen des Hof-Schlächtermeisters Karl Maaß zu Schöneberg, Barbarofsastr. 80, und des Restaurateurs Hermann Schulz zu Groß-Lichterfelde, Chausseestr. 106, eingetragene, zu Groß-Lichterfelde, Chaussee- straße 111, belegene Grundstück; Flächenraum 68,93 a; Nugzungs- werth zur Gebäudesteuer 1710 4; mit dem Gebot von 36 000 blieb der Rentier Neinhold Gen\ch zu Zehlendorf Meistbietender.

Neis Uber det Verlebr auf ven Deiner Scchlachtviehmarktvom18 September1895. Auftrieb u.Markt- preise nah Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 448 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— #, 11. Qualität —,— Á, III. Qualität 90—104 A, IV. Qualität 80—86 M Schweine. Auftrieb 9731 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 4, Landschweine : a. gute 90—92 A, þ. geringere 82—88 46, Galizier —,— M, leichte Ungarn —,— 44, bei 20 9/6 Tara, Bakonyer —,— s bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1403 Stück. (Durchschnittspreis für 1 ke.) 1. Qualität 1,22—1,30 M, II. Qualität 1,14—1,20 Æ, III. Qualität 1,00 -— 1,12 A Schafe. Auftrieb 1583 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) T. Qualität 1,10—1,28 Æ, II. Qualität 0,96—1,04 M, IIT. Qualität —,— M

Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Kursberiht vom 19. September, aufgestellt unter Mitwirkung der Börsenkommission von den vereideten Maklern.) Die Lebhaftigkeit des Cisenmarkts macht weitere Fortschritte. Der Absay auf dem Kohlenmarkt if} sehr flott, leidet jedoch unter dem Wagenmangel. Kohlen und Koks. 1) Gas- und Flammkohlen: Gaskohle für Leucht- gasbereitung 10,00 11,00 A, Genueratorkohle 10,00 11,00, Gasflammförderkohle 8,00 9,00; 2) Fettkohlen: Förderkohle 7,50—8,50, melierte ne Kohle 8,50 9,50, Kokskobhle 6,50 —7,00; 3) magere Kohlen: Förderkohle 7,00 8,00, melierte Kohle 8,00—10,00, Nußkohle Korn 11 (Anthracit) 18,00—20,00 ; 4) Koks: Gießereikoks 13,00—14,50, Hochofenkoks 11,00, Nußkoks, gebrochen 13,75—15,90; 5) Briquettes 8,50—11,00. rze: 1) Rohspath 7,00, 2) Spatheisenstein 9,50 10,50, 3) So- morrostro f. o. b. Rotterdam E 4) nafauisher Rotheisenstein mit etwa 50 9% Eisen 8—8,50, 5) Rasenerze franko —. Roh- eisen: 1) Spiegeleisen Ta. 10—12 9/6 Mangan 50,00, 2) weiß- strahliges Qualitäts - Puddelroheisen: a. rheirrisch - westfälische Marken, b. Siegerländer und 3) Sstkahleisen mit Fracht ab Siegen, 4) englishes Bessemereisen ab Verschiffungs- hafen —,—, 95) spanishes Bessemereisen Marke Mudela cif. Rotterdam —,—, 6) deutsches do. —,—, 7) Thomaseisfen frei Verbrauchs\telle 48,00, 8) Puddeleisen (Luremburger Qualität) 38 40, 9) englishes Roheisen Nr. II[1 ab Ruhrort 58,00, 10) Lurem- burger Gießereieisen Nr. IIT ab Luxemburg 46,00, 11) deutsches Gießeretetfen Nr. 1 65, 12) do. Nr. IT —, 13) do. Nr. IIl 56, 14):do. Hämatit 65, 15) spanishes Hämatit Marke Mudela ab Ruhrort 71—72. Stabeisen: Gewöhnl. Stabeisen 105. Bleche: 1) Gewöhnlihe Bleche aus Flußeisen 110—115, 2) Kesselblehe aus Flußeisen 120—125, 3) Kesselblehe aus Schweißeisen 150—165, 4) Feinblehe 120—130. Draht: 1) Eisenwalzdraht —,—, 2) Stahl- walzdraht 101—103. 7 :

Die Einnahmen der Pfälzischen Eisenbahnen betrugen im August d. J. 2055 420 (+ 58 628) Æ und seit dem 1. Januar d. I. 14 470 898 (+ 181 762) M

Verkehrs-Anstalten.

Zur Beförderung von Briefen und Postpacketen nah Deutsh-Südwest-Afrika bietet der am 30. September von Ke dorthin abfahrende Postdampfer eine günstige Gelegenheit.

ie betreffenden Sendungen müssen mit dem Leitvermerk „über Hamburg mit direktem Dampfer“ versehen sein. Postpackete . sind bis zum Gewicht von b kg zur Mitbeförderung zulässig; das Porto beträgt 3 M 50 „\ und muß vom Absender vorausbezahlt werden. A

Der vom 1. Oktober d. J. ab gültige Fahrplan der König- lihen Eisenbahn-Direktion zu Berlin zeigt folgende wih- tigen Aenderungen gegen den bisherigen Fahrplan: A. Neue Züge bezw. neue Anschlüsse: Die Züge ab Schlesisher Bhf. 1111 und ab Nirdórf 1132 werden zwishen Schlesisher Bhf. und Nirdorf neu eingelegk. Die Züge 659, 663, 811 und 843, ab Zehlendorf 847, 907 5904 und 11,4L* sowie die üatt 658, L 16 und 846, ‘ab Berlin 8,00, 8,20, 8,42 und 11,12 werden zwishen Berlin und Zehlendorf neu eingelegt. B. Ausfallende Züge: Die zwischen 7,22 und 8,22, sowie zwischen 8,32 und 9,22 für den Sommer eingelegten 5 Minutenzüge fallen zwischen Berlin und Zehlendorf aus, C. Sonstige Zugänderungen: Der bisher vom Nordbahnhof um 10,22 abgelassene Vorortzug wird erst um 10,22 und der vom Stettiner Bahnhof um 11,32 abgelassene Zug erst um 12,22 nah Oianienburg abgelassen. Der bisber um 10,18 nah Gr.-Lichterfelde abgelassene Zug wird erst um 10,1L abfahren.

Die „Zeitschrift für den internationalen Eisenbahn» transport*, welhe von dem Zentralamt in Bern berausgegeden wird, hat in der Nr. 9 des 111. Jahrgangs vom September 1895 folgenden Inhalt: Amtlicher Theil. Internationales Uebereinkommen,