1895 / 227 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

E E E E E Ee E E L Cr i E

E a S S S R H S Gt ee p D S E: s eie Rie G dg gie r Pr E

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1) Die Bestimmung darüber, ob und in welcher Höhe eine Sicherheitsleistung für erforderlih zu erachten, sowie die Ent- scheidung, ob eine von den Betheiligten angebotene Art der Sicherstellung als annehmbar erscheint, steht dem zur Entgegen- nahme der Auflassung beziehungsweise zur Vornahme der Ein- tragung im Grundbuche berufenen Richter zu.

9) Als hinreichende Sicherstellung ist stets anzusehen :

a. die vorläufige Einzahlung eines die Kosten und Stempel deckenden Baarbetrags zur Gerichtskasse;

b. die Niederlegung von Werthpapieren nebst den dazu ehörigen Zinsscheinen und Anweisungen, welche in bin für den Gerichtssiß maßgebenden Handelsplaß oder in Berlin einen Borsenkurs haben, sofern der Kurawerth den sicherzustellenden Betrag um zehn Prozent übersteigt ;

». die Niederlegung von Sparkassenbüchern deutscher öffentlicher, obrigkeitlih bestätigter Sparkassen, auf welche mindestens der E Betrag ein- gezahlt ist und die auf den Namen des Niederlegers lauten;

. die Uebernahme der Kosten und Stempel seitens einer dem Gericht als zahlungsfähig bekannten Person durch eine vor Gericht abgegebene oder dem- selben mitgetheilte Erklärung (S 4 N. G.-K.-G.).

Im übrigen (z. B. hinsichtlih der Frage, ob eine ange- botene Kautionshypothek als ausreihende Sicherheit zu er- achten ist), entscheidet das Ermessen des Gerichts ; dasselbe kann auch Werthpapiere oder Sparkassenbücher, welche den Anforderungen unter b und c nicht entsprehen, als Mittel der Sicherstellung zulassen. E

3) Erklärt sich der Schuldner zur vorläufigen Einzahlung des erforderlichen Baarbetrags (Z. 2 a) bereit, so ist vom Gerichtsschreiber eine Berehnung des zu erlegenden Betrags aufzustellen. j :

Der eingezahlte Betrag ist ebenso wie ein Kostenvorshuß zu behandeln, dessen Berechnung und Erhebung auf dem Geseß beruht (8 14 Nr. 7 der Kasseninstruktion).

4) Wird die Sicherheit durch Werthpapiere, Sparkassen- bücher (Z. 2b und c) oder durch Urkunden über sonstige Forderungsrechte bestellt, so hat der Besteller die nah den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu einer rehtêwirksamen Verpfändung erforderlichen Erklärungen abzugeben.

Die Werthpapiere, Dokumente 2c. sind mit einem in doppelten Exemplaren einzureihenden Verzeichniß der Gerichts- kasse zur Verwahrung zu übergeben. Das Verzeichniß muß eine genaue Angabe der Werthstücke, bei Werthpapieren au die Angabe der Nummern der Stücke, enthalten und mit der Unterschrift des Niederlegers verschen sein. Die Kassen- beamten haben auf Verlangen der die Sicherheit bestellenden O dieser bei Aufstellung des Verzeichnisses behilflich

u sein. : Die Gerichtskasse hat die übergebenen Papiere in einem Umschlag, welcher genügend überschrieben und mit der Nenn- werthsangabe versehen ist, einzusiegeln und zu den Asservaten zu legen. Die Nummer der Eintragung in der Affservatenliste

wird sowohl auf dem Verzeichniß, als auf dem Umsÿhlage

vermerkt. Das eine Exemplar des Verzeichnisses wird, mit Empfangsbescheinigung versehen, dem Niederleger zurückgegeben.

Für die größeren Gerichtskassen kann von dem Ober- Landesgerichts-Präsidenten die Führung einer besonderen Asser- vatenliste, unter Einfügung geeigneter Spalten, angeordnet werden.

5) Bei Erlaß der Anordnung wegen vorgängiger Sicher- stellung der Staatskasse ist den Betheiligten zu eröffnen, daß die Sicherslellung in einer der in Ziffer 2 unter a bis d be- eichneten Weisen erfolgen könne. Geeignetenfalls sind die Betheiligten auch noch auf andere, vom Gericht für aus- reichzend erachtete Mittel der Sicherstellung hinzuweisen.

6) Von den erlassenen Anordnungen ist die Gerichtskasse in Kenntniß zu seßen. Dieselbe hat von der Niederlegung von Urkunden (Z. 4) zu den Grundakten Nachricht zu geben.

7) Die Berechnung und Einforderung der Kosten für die Auflassung oder die Eintragung des Eigenthümers erfolgt im gewöhnlichen Verfahren. Auf der Kostenrehnung und im Kostenregister ist auf die Sicherheit zu verweisen.

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nah den allgemeinen Vorschriften; auf Antrag des Zahlungspflichtigen ist jedoch die A O zunächst in die von ihm bestellte Sicherheit zu richten.

/ 8) Ueber die Rückgabe einer geleisteten Sicherheit hat der Kafsenkurator zu entscheiden. Berlin, den 15. September 1895. Der Justiz - Minister. Schönstedt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. September.

Der General der Jnfanterie von Nau, Chef der Land- gendarmerie, ist bier eingetroffen.

Der Kaiserliche Botschafter in Wien Graf V Eulen- burg, welcher sich auf der Manöverreise Seiner Majestät des Kaisers und Königs im Allerhöchsten Gefolge befunden hatte, hat sich auf Allerhöchsten Befehl nunmehr auch nah Rominten begeben, um sich während des dortigen Aufenthalts Seiner Majzeftät dem Allerhöchsten Gefolge für den Dienst des Aus- wärtigen Amts anzuschließen. Während der Abwesenheit desselben von Wien fungiert auch weiterhin der Legations-Rath Prinz von Lichnowsfky als Geschäftsträger.

Der Königliche Gesandte in Hamburg, Geheime Legations- Rath von Kiderlen-Waechter, welcher sich auf der Manóverreise Seiner Majestät des Kaisers und Königs im Allerhöchsten Gefolge befunden hatte, ist auf seinen Posten zurücgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Zur Untersuchung des Eisenbahnunfalls auf der Station Oederan der sächsishen Staatsbahnen hat fih der vortragende Rath im Reichs-Eisenbahnamt, Geheime Regie- rungs-Rath Semler gestern an Ort und Stelle begeben,

Der Regierungs-Rath Dr. e zu Gumbinnen ist an die Direktion der Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin verseßt, s der bisher im Ministerium des Jnnern kommissarish beschäftigte Regierungs- Assessor von Puttkamer mit der fommissarishen Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Usedom-Wollin, Regierungsbezirk Stettin, vom 1. Oktober d. f ab beauftragt, und : der Regierungs - Assessor Jacob zu Raßeburg an die Königliche Regierung in Trier e und ihm die Stelle als Hilfsarbeiter des Vorsigenden der inkommensteuer - Veranla- gungsfkommission für den Stadtkreis Trier übertragen worden.

Nach telegraphisher Meldung an das Ober-Kommando der Marine ift S. M. S. „Sperber“, Kommandant Kor- vetten-Kapitän Walther, am 19. September in Sao Thomé eingetroffen und wird heute die Reise nah Togo fortsetzen.

Oefterreich-Ungarn.

Der Kaiser ist gestern Abend um 8/7 Uhr von Wien zu den Manövern nah Ungarn abgereist und hat fih zu- nächst nah Zenta begeben. j i

Ein gemeinsamer A des ungarischen Epi- sfopats ermahnt die Gläubigen, ihre Ehe-Absicht zuerst dem zuständigen Geistlichen mitzutheilen, damit derselbe etwaige Hin- dernisse beseitigen und die Kopulierung vorbereiten könne, dann erst solle diese Absicht bei dem Standesamt angemeldet werden. Nach der Zeremonie im Standegamt solle das Braut- paar sofort die firhlihe Trauung verlangen und sich vorher nicht als Ehepaar betrachten. Diezenigen, welche die kirhlihe Trauung nicht verlangten, würden von allen Safkramenten, dem kirhlihen Begräbniß und den fkirhlihen Aemtern ausgeschlossen werden. Die Gläubigen werden auch an die Unlösbarkeit der Ehe erinnert; die Wiederverehelihung Geschiedener ver- stoße gegen Gottes Gebot. Bezüglih der Eheschließung im Standesamt werden die Gläubigen darauf hin- gewiesen, daß auch in anderen katholishen Ländern die Katholiken die vom Gese geforderten Förmlichkeiten erfüllten, um ihrer Ehe die staatlihe Gültigkeit zu sichern.

Großbritannien und Frland,

Wie amtlih bekannt gemacht wird, hat Chile den Handelsvertrag mit Großbritannien gekündigt.

Frankreich.

Der Minister-Präsident und Finanz-Minister Rib ot wird, dem „W. T. B.“ zufolge, beim Beginn der nähsten Kammer- session Nachtragskredite im Gesammtbetrage von mehr als 13 000 000 Fres. verlangen, woran sämmtliche Ministerien be- theiligt sind. Der Nachtragskredit für Madagaskar ist in dieser Summe nicht inbegriffen. i

Der Minister des Auswärtigen Hanotaux ist gestern Abend aus Contrexéville wieder in Paris eingetroffen.

Ein von dem Militär-Gouverneur von Paris, General Saussier, der bei den großen Manövern den Oberbefehl führte, erlassener Tagesbefehl stellt fest, daß die bei den Manövern im Osten zu Tage getretenen Fortschritte die Er- wartungen übertroffen hätten. Die Truppen hätten sich durch Energie, Ausdauer und Disziplin hervor- gethan. Man habe empfunden, daß zwishen ihnen und den Offizieren jenes gegenseitige Vertrauen bestehe, welhes auf der einen Seite Fürsorge, auf der anderen Er- gebenheit und Selbstverleugnung erzeuge. Auch die übrigen Dienstzweige hätten befriedigend funktioniert und die Ostbahn sih durhaus auf der Höhe ihrer Aufgabe gezeigt.

Ftalien.

Jn Rom maren gestern zur Feier des jährigen Jahres- tages der Besezung der Stadt die Häuser auf das reichste beflaggt. Auch aus der Provinz sind Nachrichten eingetroffen, welche von der überall herrschenden Begeisterung Zeugniß ab- legen. Jn allen Orischaften waren die Häuser beflaggt, die Läden und Werkstätten geschlossen und Volksbelustigungen sowie JUuminationen beabsichtigt.

Der König verlieh gestern Vormittag dem General Cadorna, welher die Truppen bei der Beseßung von Rom kommandierte, den Annunziaten-Orden und theilte dem General diese Verleihung in einer Depesche mit, deren Wortlaui von der „Agenzia Stefani“ veröffentliht wird. Es heißt darin, der König wolle dem General Cadorna dur die Verleihung des Annunziaten-Ordens eine Ehrenbezeugung für die von dem General dem Vaterland geleisteten Dienste erweisen.

Die „Agenzia Stefani“ veröffentliht ferner die Depesche, welche der König gestern an die Minister richtete, die am 20. September 1870 im Amt waren. Jn der Depesche heißt es: „Jhnen, die an dem Tage, welcher Jtalien seine Hauptstadt gab, die Regierung meines Königlichen Vaters bildeten, und die Sie durch Jhre weisen Rathschläge das Ge- lingen der glorreichen, unverleßlihen Erwerbung förderten, sende ih heute meinen Gruß und den des Vaterlandes, welches sih in Dankbarkeit Jhrer erinnert.“

Die Enthüllung des Garibaldi-Denkmals auf dem Janiculus erfolgte gestern Vormittag unter unbeschreib- lihem Enthusiasmus. Dre Vereine, welche auf dem Wege zum Janiculus mit Musik und Fahnen durch die Stadt zogen, und eine große Anzahl Garibaldianer in rothen Ls wurden von der Volksmenge lebhaft begrüßt. Um den Janiculus waren mehr als 100 000 Menschen versammelt. Jeder Verkehr war unmöglich. Die Ankunft des Königs, der Königin und des Kron- prinzen rief eine begeisterte Kundgebung hervor. Die Menge umringte den Wagen des Königs und haschte unter Ausbrüchen des Enthusiasmus nach den Händen des Herrscher- paares und des Kronprinzen. Die Allerhöchsten Herrschaften betraten, umgeben von den Ministern, den Zivil- und den Militärbehörden, niht ohne Schwierigkeit, den für fie reservierten Pavillon. Kurz nach 11 Uhr gab ein Trompetensignal das Zeichen zur Enthüllung des Denkmals. Als die Hülle fiel, ertönte donnernder Beifall. Zahlreiche Garibaldianer stürzten fich mit Kränzen und Fahnen auf das Denkmal, erkflommen die Stufen desselben und bildeten auf dem Denkmal dichte Gruppen. Hierauf hielt der Minister- Präsident Crispi eîne Rede, die Mgen Beifall erregte und für welche er von dem König und der Königin beglück-

Die Rede hatte, dem „W. T. B.“ aidiae,

wünscht wurde. Hadlhenden Jnhalt:

Der Getenktag des 20. September 1870 könne niht beffer ge- feiert werden, als durch die Campe gg bem Denkmals Garibaldi's, des treuen und ergebenen Freundes Victor Emanuel's in Rom. „Letzterer hatte 1860 den Schwur geleistet, Rom zu befreien, indem er das Plebiscit annahm. Die Römischen Bürger konnten nicht Heloten der Einheit, Sklaven des kosmopolitischen Fanatismus sein; ibre Knehtschaft war eine Minderung der nationalen Souveränetät, auf welche Jtalien kraft seines Bestandes ein Recht hatte. Dieser Tag, dieser Ort erinnere an die ruhmvollsten, furhtbarsten Kämpfe der Freiheit gegen die Tyrannei. Die Jahre, welche zwishen dem 4. Juli 1849 und dem 20. September 1870 lagen, waren die leßte Probe für die weltlihe Herrschaft der Kirche. Dieselbe hatte sh unvermögend gezeigt, aus eigenen Kräften zu leben, und bedurfte, um si zu erhalten, der ausländischen Bajonette, deren vollständiger Sklave sie ihrerseits wurde. Hier \{chlug Garibaldi am 30. April 1849 nach blutigem Kampf den Eindringling zurück, welcher, ohne provoziert zu fein, die barbarishe Mission Übernommen hatte, die Tbaten wiederherzustellen. Nach der Wiedereinstellung der

eindseligkeiten mußten die Vertheidiger des Rechts der Gewalt weichen, indem sie geduldig den Tag der Wiederauferstehung, den 90. September 1870, abwarteten. Die Feinde der Einheit möchten das beutige Fest als eine gegen den Papst gerihtete Beleidigung hin- stellen,’ aber der gesunde Sinn des Volks weist diese künstliche Deutung zurück. Alle wissen, daß das Christenthum, seiner göttlichen Natur na, zu seiner Existenz der Unterstüßung der Kanonen nit bedarf." Nachdem der Redner diesen Gedanken weiter ausgeführt hatte, fubr er fort: „In der That verlangen unsere Gegner die Wiederherstellung der welilihen Macht des Heiligen Stuhls, niht zum Schutze des An- sehens der Religion, fendern aus menshlichen Gründen. Sie überlegen nicht, daß ein weltlidber Fürst nichr heilig, nit unfehlbar sein fann. Die durh die Staatscaison als berechtigt ersheinenden materiellen Waffen und geseßlihen Zwangemaßregeln stören den Frieden der Seele des Halbgottes, rauben ihm fein Ansehen und erstiden jedes Gefühl der Verehrung für den Statthalter Christi auf Erden, welcher eingeseßt ist, um den Frieden zu predigen und die Kinder Adam?s dur Gebete und Ablaß zu entsündigen. Die Religion is und foll keine staatlide Funftion sein. In keinem Staate genoß die katholische Kirche eine solhe Freiheit und geseßlihe Ahtung wie in Italien, welches allein unter den Nationen das Beispiel h, auf alle Befugnisse in firhlichen Angelegenheiten zu verzihten*. Nach ausführlicher Begrün- dung dieses Ausspruchs bemerkte der Minister-Präsident weiter: „Die von uns geshüzte und verbürgte geistige Freiheit sol eine Festung fein, in welche der Papst sich einschließen soll und in welcher er niht ange- griffen werden fann. Ihm gehören die Seelen. Er regiert sie derart, daf alle Mächte der Erde ihn beneiden können. Auch die protestan- tischen Herrscher, ja selbst diejenigen, welche niht an Chriftum glauben, beugen sich voc ihm und nehmen sein Urtheil ahtungsvoll auf. Durch das Maigesetz von 1871 hat der italienishe Genius das Problem gelöst, wels zu anderen Zeiten unlöéëbar ershienen wäre. Dem Papst wurde innerhalb des Kreises seines Priesteramts unbeshränkte Frei- heit gesichert, sodaß er nur Gott über sich hat und feinerlei Giensdide Gewalt an ihn heranreihen fann. Als weltliher Fürst hätte der Papst eine geringere Autorität, weil er allen übrigen Fürsten gleichgestellt wäre und nit deren erster sein könnte. Alle werden mit ibm fämpfen, wie sie durch Jahrhunderte zum Schaden des Glaubens gegen ihn gefämpft haben. Die geistige Autorität des unabhängigen Herrschers, zu dem wir ihn gemacht, überragt alle; in ihr liegt seine Macht; die katholishe Welt follte Jtalien für den dem römischen Pontififate erwiesenen Dienst dankbar sein. Nach 1870 vermochte Pius 1X. gegen Biémarck zu kämpfen und ihn fühlen zu lassen, wie groß die Kraft der geistlichen Waffen ist. Alles dies is unser Werk, das Werk des Parlaments und des Königs; ich sage [0- aar, daß es in Erfüllung des Willens Gottes geschah, wie es des Höchsten Wille war, daß Stalien zu seiner Einheit gelangte. Es mangelt nicht an Vermessenen, welche im Widerspruhe mit dem ewigen Geseß sch Gott widerseßen. Wir müssen mit Bedauern sagen, daß es diejenigen sind, die si seine Diener nennen. Allein sie werden nit die Oberhand gewinnen, denn Jtalien ist stark und setner zu sicher, als daß es Anstrengungen der Rebellion fürchten müßte. Sie werden nit die Oberhand gewinnen, vielleicht aber tlug werden. Die Diener des Kultus wissen, daß fie unverleßlih sind, solange sie innerhalb des Rechtskreises bleiben. Sie wissen, daß, wenn fie Rebellion gegen die Gesetze predigen, ihr Werk den Anarchisten nützen würde, welche Gott und den König verleugnen. Dieses Werk könnte niht ungestraft bleiben. Stören wir nicht diese Feier, zu welcher ganz Italien herbeigeströmt ist! Dieser nationale Jubel foll uns an die Pflicht erinnern, die moralishen Siege zu vertheidigen, welche durch lange Jahre der Opfer errungen wurden und welche wir späteren Generationen intaft übergeben müssen. Dieses Denkmal fFonnte eben zu feinem anderen Zwette errihtet werden als zu dem, uns zur Pflicht zu weisen, die uns von der Vergangenheit auferlegt wird. Es lebe der König! Es lebe Italien !“

Nach der Rede des Minister-Präsidenten übernahm der Ober-Bürgermeister von Nom Fürst Rus poli das Denkmal mit von Patriotismus durchglühten Worten. Die Königliche Familie wollte hierauf das Denkmal besichtigen; die Menge war aber so dicht gedrängt und die Kundgebungen zu Ehren des Herrscherpaars nahmen einen so frenetishen Charakter an, daß jede Bewegung unmöglih wurde. Unter den begeisterten Zurufen des Publikums begrüßte der König einen neunzig- jährigen Garibaldianer, dessen Brust mit Medaillen bedeckt war. Um 12 Uhr verließen die Majestäten unter nicht enden wollenden begeisterten Zurufen der Menge den Festplaß.

Am Nachmiitag fand die Enthüllung der an der historishen Bresche bei der Porta Pia errichteten Denksäule und der Erinnerungstafel zum Gedächtniß der jährigen Jubelfeier des 20. September 1870 statt. Schon von 2 Uhr Nachmittags an staute sih eine ungeheure Menschenmenge in der Umgebung der Porta Pia. Um 4 Uhr wurden vom Quirinal her in langem Zuge, von den Zuschauern mit leb- haftem Zuruf begrüßt, die Fahnen der Regimenter getragen, welche an den Kämpfen von 1870 theilgenommen hatten; in dem Zuge befanden sich die Vertreter des Heeres, der Ober- Bürgermeister Fürst Ruspoli, die Stadt-Adjunkten und zahl- reiche Abordnungen. Trompetenstöße gaben das Zeichen zur Enthüllung der Denksäule und der Erinnerungstafel. Unter E Begeisterung der angesammelten Menge P der

ber-Bürgermeister Fürst Ruspoli die Festrede. Nach der- selben wurden zahlreihe Kränze am Fuße der Denksäule niedergelegt. Gegen 5 Uhr war die Enthüllungsfeier beendigt. Die Fahnen der Regimenter wurden, von den Abordnungen begleitet, unter lautem Jubel der Be- völkerung zurücgebraht. Nah 5 Uhr fam der Zug der Vereine, welcher um 31/2 Uhr von der Piogza del Popolo abgegangen und über den Corso und die Via Nazionale durch die Stadt gezogen war, bei der Porta Pia an. Jn dem uge waren über 1000 Fahnen und eine große Anzahl von Musikkapellen. Auf dem ganzen Marsche wurde derselbe von der Menge in den Straßen und von den dichtbeseßten Fenstern aus lebhaft begrüßt. Sodann begann der Vorbeimarsh der Vereine vor der Denksäule, der um 7 Uhr noch nicht be- endet war.

Abends fand im Quirinal ein Galadiner statt, welhem der König, die Königin, der Prinz.von Neapel, der Minister - Präsident Crispi, die Ritter des Annunziaten- Ordens, die Minister, die Präsidenten des Parlaments, die Generalität, der Präfekt, der Ober - Bürgermeister und die Spigzen der Behörden, darunter der Fürst Felix Borghese in

C Eigenschaft als Präfident des Provinzialraths, bei- wohnten. Die Zllumination am Abend war prächtig. Beson- ders glänzend erleuhtet waren das Königliche Schloß und der Königlihe Garten, die Via Venti Settembre, die äußerste Esplanade der Porta Pia, die Via Nomentana, der Plat der Thermen und die Via Nazionale. Eine ungeheuere Menschenmenge machte den Verkehr in den Straßen fast un- möglih. Die Musikkapellen spielten allerorts patriotische Weisen. Außer den öffentlihen Gebäuden und den Minister- palais waren auch eine große Anzahl Privatgebäude erleuchtet. Der Vatikan zeigte gestern das gewöhnliche Aussehen ; es herrshte vollklommene Ruhe. Das Museum und die Galerien des Vatikans waren stark besuht. Der Papst wollte sih gestern Abend nah St. Peter begeben, um daselbst bei verschlossenen Thüren ein Gebet zu verrichten.

Dänemark. Der Reichstag ist auf den 7. Oktober einberufen worden.

Asien.

Das „Reuter she Bureau“ meldet aus Bombay: Nach den leßten dort cingetroffenen Nachrichten aus Goa wären feine Offiziere an der gestern aemeldeten Meuterei betheiligt gewesen, die lediglih durch den Widerwillen der Mannschaften gegen den Dienst in Afrika hervorgerufen worden sei. Große Aufregung herrsche in Panjim, wo zur Sicherung der Haupt- straßen Geschüße aufgefahren seien. Der General-Gouverneur sci dort eingetroffen; dic meuternden Truppen hielten die Festung Naruz beseßt, hätten jedoch hon um Pardon gebeten unter der Bedingung der Auslieferung von Waffen und Munition. Der Gouverneur habe sie abschläglih beschieden.

_Der „Newoje Wremja“ wird aus Japan über Wladi- wostok telegraphisch gemeldet: Das japanische Parlament habe neben anderen außerordentlihen Ausgaben für die Flotte einen Kredit von 200 Millionen Yen zum sofortigen Bau neuer Kriegsschiff bewilligt. Es sei beshlosFen worden, die Flotte um 4 Hochseepanzer, 10 Küstenpanzer, 30 Torpedo- kreuzer und 50 Torpedoboote zu vergrößern.

Parlamentarische Nachrichten.

Oels, 21. September. Amiliches Resultat der am 17. d. M. im Wahlkreise Groß-Wartenberg - Oels statt- gehabten Reichstags - Ersaßwahl. Abgegeben wurden insgesammt 13254 Stimmen. Hiervon erhielt von Kardorff (d. Np.) 6873, Puchstein (dsoz. Refp.) 3865, Dr. Doormann (fr. Volkspartei) 2306 und Gießmann Soz.) 206 Stimmen. Zersplittert sind 4 Stimmen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutschlands Nohbeisenproduktion.

_Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller belief ih die Nohbeisenprodufktion des Deutschen Reichs (eins{ließlich Luxemburgs) im Monat Auguft 1895 auf 490 985 t; darunter Puddelrobeisen und Spiegeleisen 116 866 t, Bessemerroheisen §6 608 t, Thomasroheisen 259 952 t, Gießereiroheisen 77559 t. Die Produktion im August 1894 betrug 489211 t, im Juli 1895 472 003 t. Vom 1. Januar bis 31. August 1895 wurden produziert 3 798 352 t gegen 3 615 176 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Mülhausen i. E. berichtet die „Str. P.* nach dem Polizeiberiht über den Ausstand in der Kammgarnspinnerei von Lae deri u. Co. (vgl. Nr. 226 d. Bl.), daß - am Donnerstag 200 von 700 Arbeitern ausftändig waren.

Hier in Berlin beschäftigte si eine Bildbauerversammlung am Donnerstag mit dem Ausstande der Steinbildhauer (vergl. Nr. 221 d. Bl.). Wie die „Post“ berichtet, wurde von der Ausftands- fommission mitgetheilt, daß verschiedene Aueständige Berlin verlassen haben, und daß jeßt noch 108 Mann zu unterstüßen seien. Sämmt- lihe Innungsmeister verhielten sih gegenüber der Forderung der fiebenstündigen Arbeitszeit nach wie vor ablehnend; auch von den übrigen Meistern habe sich den s\echs Arbeitgebern, welche gleich zu Beginn des Ausftandes die Forderung bewilligten, keiner an- geschlossen. Ein Ausstand der e aoreler wird nah demselben Blatt vorbereitet; am 24. d. M. soll eine Versammlung die Forderungen: Erhöhung bes Lohnes, Fortfall der Ueberstunden u. . w. formulieren. Die Schraubendreber, deren es in Berlin gegen sechshundert giebt, gehören zum größten Theil der sozialdemokratischen Organisation an.

Aus Gent meldet „W. T. B.*, daß heute in allen hiesigen Werkstätten eine Benachrichtigung angeshlagen werden follte, der zu- folge die Arbeitgeber beschlossen haben, nahdem die von den Ausê- ständigen der Vandenkerhove schen Werkstätten vorgebrachten Be- {werden von dem Industrierath als unbegründet erklärt worden sind, sämnitlihe Bauwerkstätten in Gent am 28. September zu \{chließen.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin find bei den Pesuen Standesämtern in der Woche vom 8. September bis infl. 14. September cr. zux Anmeldung gekommen: 895 Lebendgeborene, 266 EGheschließungen , 762 Sterbefälle.

28 Todtgeborene,

unft und Wissenschaft.

Zur Erlangung von Entwürfen zu einer Denkmünze, die die Stadt Dresden zu Chrenpreisen für hervorragende Leistungen bei Dresdener Ausstellungen, Festlichkeiten und dergl. Anläfsen ver- wenden will, ist vom Rathe der Stadt ein Wettbewerb auêsge- {rieben worden, für welchen je drei Preise von 500 4, 300 M und 200 Æ zur Verfügung gestellt sind. Der bis zum 2. Dezember d. F. einzuliefernde Entwurf hat sih auch auf die künstlerisch aus- zustattende Urkunde zu erstrecken, durch welhe die Verleihung der Denkmünze dem Empfänger bestätigt werden sol. Das Preis- geriht besteht aus dem Ober-Bürgermeister, zwei Stadträthen, darunter der Baurath Richter, dem Stadtverordneten-Vorsteher, zwei Stadtverordneten und den Sachverständigen Hofrath Dr. Erbstein, Direktor des Königlichen Münzkabinets, Hofrath Prof. Graff, Direktor der Königlichen Kunstgewerbeshule, und Bildhauer Geheimer Hofrath Prof. Dr. F. Schilling, sämmtlich in Dresden. Das Programm ift im Dresdener Rathhause, Zimmer Nr. 15, zu erhalten.

Die 67. Versammlung der deutshen Naturforscher und Aerzte zu Lübe (vgl. Nr. 222 u. folg. d. Bl.) wurde gestern nah den Vorträgen von Professor Credner-Greifêwald und Professor Ostwald-Leipzig durch den Vorsißenden, Professor Dr. Wislicenus mit einer Dankesrede an die Stadt Lübeck geschlossen.

Land- und Forstwirthschaft, -

Saatenstand und Ernteshäßgung um die Mitte des Monats September 1895. Nach den Ermittelungen des Königlichen Statistishen Bureaus be- rehtigte um die Mitte des Monats September die Ernte sowie der

Stand der jungen Saaten in Preußen zu folgenden Erwartungen (Nr. 1: fehr gut, Nr. 2: gut, Nr. 3 : mittel (durchs{hnittlich), Nr. 4: ering, Nr. d: fehr gering): Kartoffeln 2,6 (im August 2,5), Klee auch Luzerne) 2,9 (im August 2,7), Wiesen (Grummet) 2,9 (im August 2,7), junger Winterweizen 2,8, Winterspelz 2,7, Winterroggen 2,8, junger Klee 2,9. Als Ertrag der leyten Ernte ergaben sih auf Grund von Probedrüshen für Winterroggen 1302 kg vom Hektar (im Jahr 1894: 1325), für Sommerroggen 854 (im Jahr 1894: 950),

Diesen Zahlen sind in der „Statist. Korr.“ die folgenden Be- merkungen beigefügt :

Einer kurzen Regenperiode folgte Mitte August große, mit un- aewöhnlicher Hitze verbundene Trockenheit, welche sih über das ganze Staatsgebiet erstreckte und bis in das erste Drittel des September anhielt. Erst seit einigen Tagen ist die Temperatur wesentlich gefallen, jedoch ohne daß nennenêwerthe Niederschläge eingetreten wären. Am s\{chwersten von der Dürre hatten größere Strecken von Ost- und Westpreußen zu leiden, ferner die Provinzen Posen, Schlesien, Hessen-Nassau und einzelne Gebiete der Rheinprovinz. Der dadurch hervorgerufene Schaden ist um fo größer, als dem Boden in den genannten Provinzen auch während des Früh- jahrs und Sommers wenig- oder keine ausreichende Feuchtigkeit zugeführt worden war. In dem Regierungsbezirk Bromberg wird sogar über Wassermangel geklagt; es finden sich dort Berichtsbezirke, in denen, da die Brunnen ausgetrocknet sind, das Wasser für Menschen und Vieh aus benachbarten Seen herbei- gebolt werden muß. Insbesondere shädigend hat der Mangel an Nieder- {lägen auf Zuckerrüben und Grünfutter gewirkt; erstere sind vielfa klein geblieben. Wegen Mangels an Grünfutter aber mußte in einigen Bezirken der öftlihen Provinzen zur Winterfütterung über- gegangen werden. Besser haben die noch stebenden Früchte in den Provinzen S{hlet wig-Holstein, Hannover und Westfalen die Trocken- beit vertragen, und bier ift auch Grünfutter reihlich vorhanden. Als günstige Folge des andauernd s{höônen und trockenen Wetters ist hervorzuheben, daß die Ernte, welche Ende Juli und Anfang August mehrfach durch Regen gestört wurde, \chnell und gut eingebracht werden konnte. Die Sow merung ift durchweg eingeerntet; nur vereinzelt sind in einigen westlihen Bezirken noch kleine Theile von Grummet zu bergen. In den Regierungsbezirken Liegnitz, Merse- burg und Erfurt treten die Mäuse in solher Menge auf, daß sie die jungen Saaten gefährden. Vereinzelt wurden Futterkräuter und Hackfrüchte durch Raupen des Kohlweißlings und Erdflöhe, junger Klee durch Schnecken beschädigt.

Die Kartoffeln, welche nah vielen Berichten reihlich Knollen angeseßt batten, sind infolge der Trockenheit in der Entwickelung zurück- geblieben. Je nah der Widerstandéfähigkeit der einzelnen Sorten und der Beschaffenheit des Bodens ist die Neigung zur Fäule größer oder geringer. Für Frühfkartoffeln und feinere Speisekartoffeln werden die erkrankten in einigen Gegenden, besonders auf lehmigem oder tief- gründigem Boden, bis zu 30 vom Hundert beziffert; doch hat auc hier das trockene Wetter dem Umsichgreifen der Krankheit Einhalt ge- than. Auf leihterem Boden und höher gelegenen Aedckern sind die Kartoffeln durchgehend gesund, sodaß voraussichtlih der Antheil der kranken Kartoffeln an dem Gesammtertrage derselben in diesem Jahre ein bedeutend geringerer als im Vorjahre sein wird. Mit dem Aus- nebmen der Kartoffeln ift größtentheils begonnen.

Der Klee und die Luzerne haben meist noch einen mittleren Ertrag ergeben. Da die Wurzeln der Luzerne tiefer in die Erde geben, so hat sie die Trockenheit besser überstanden als der Klee. Unter dem Mittel bleibt der Ertrag in der Mehrzahl der östliche Regierungsbezirke; am geringsten ist der zweite Schnitt in den Be- zirken Posen, Bromberg und Breslan ausgefallen. Soweit die Be- richte fich darüber äußern, ist das Kleeheu überall unbeshädigt und in guter Beschaffenheit geborgen, mehrfach auch ein vorzüglicher Klee- samen gewonnen worden,

Auch die Wiesen haben an Grummet bessere Erträge geliefert, als nach den Juli- und Augustberihten der Vertrauen8männer er- wartet werden konnte. Es wurde, einige hannovershe Berichtsbezirke ausgenommen, auch gut eingebraht. Die Menge des geernteten Heues wird den vorjährigen hohen Ertrag zwar nicht erreichen, die Be- shaffenheit desselben jedo in diefem Jahre voraussichtlih allgemein eine bessere sein.

__ Die Bestellung der Aecker zur Wintersaat vollzieht sih unter \chwierigen Verhältnissen. Der s{hwere Boden i} durch die Hiyze fo fest geworden, daß sein Beakern unmöglih ersheint. Dadurch hat ih auch die Aussaat der Winterung verzögert, sodaß zur Zeit erst wenige Saat aufgegangen if und über den Stand des Winter- roggens und Winterweizens nur vereinzelt ein Urtheil ab- gegeben wurde. d E

__ Der junge Klee ist im Osten stellenweise vertrocknet; am un- günstigsten lauten die Berichte aus dem Regierungsbezirk Bromberg und dem angrenzenden Theile von Mari-nwerder, wo bereits größere Flächen haben umgepflügt werden müssen. Im Westen sind die Kleefelder ausnahmélos gut bestanden, zum Theil üppig entwickelt. 7 Was den Ertrag des Noggens antketrifft, so wird voraus- si@tlih die Gesammtmenge des Winterroggens infolge der theilweise recht bedeutenden Auéwinterungen und Umackerungen hinter der des Vorjahres zurückbleiben. Die Beschaffenheit des Roggens ist, abge- sehen von einigen s{leswig-holsteinishen und hannoverschen Bezirken, in welchen derselbe nur mit Auswuchs oder doch mehr oder weniger feucht geerntet werden konnte, im Gegensaß zum Vorjahre all- gemein eine bessere. Da der Roggen eine günstige Blüthezeit hatte, fo hat er meist gut gelohnt; die Aehren sind ausreichend beseßt, die Körner voll und {wer. Von 2509. bis zum 19. d. M. eingegangenen Berichten haben 2239 Berichterstatter Schäßungen des Ertrages nah Probedrüschen angegeben. Cin großer Theil der übrigen Vertrauens- männer begründet das Unterlassen der Ertragëangabe damit, daß bisher ein Erdrush nicht ecfolgt, eine Schäßung also auch niht mögli sei. Für Sommerroggen, welcher nur in geringem Umfang angebaut wird, lagen aus 786 Berichtsbezirken Angaben vor. Für Winter- roggen hatte der Regierungsbezirk Düsseldorf mit 1865 kg den höchsten, der Regierungsbezirk Köslin mit 917 kg den niedrigsten Hektar- ertrag. Bei Sommerroggen schwankten die Erträge zwischen 1500 kg im Regierungsbezirk Köln und 661 kg in den beiden west- preußischen Bezirken. Nach den vorläufigen Schäßungen dürfte eine Roggenernte zu erwarten sein, welhe gegen die des Vorjahres um 2 Hunderttheile zurückbleibt, eine Mittelernte wie sie nah den Éreisweisen Schäßungen der landwirthschaftlihen Vereine aus dem Fahre 1892 unter Berücksichtigung der Anbauflächen der einzelnen Regierungsbezirke nah 10 jährigem Durchschnitt ermittelt worden ist aber um 2,5 vom Hundert übertrifft.

Ernteergebniß in Dänemark.

Die Ernte ist, begünstigt durch die trockene und warme Witte- rung der lezten Wochen, außer in einigen Gegenden des nördlichen und westlihen Jütland, nunmehr überall beendigt.

Der Ertrag der einzelnen Kornarten darf im Großen und Ganzen als einer Mittelernte entsprehend bezeihnet werden.

Die Heuernte hat ein recht gutes Ergebniß geliefert, und auch die Kartoffeln und übrigen Wurzelgewächfe versprechen bei fortgejeßt günstiger Entwicklung ein befriedigendes Erträgnif:.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungê- Maßregeln.

Ftalien.

Durch Verfügung des Königlih italienishen Ministeriums des Innern vom 11. d. M. sind die in der seesanitätspolizeilihen Ver- ordnung vom 11. November 1892 enthaltenen E B eaea be- treffend ärztliche Untersuhung und Desinfektion gewisser Gegenstände, für Herkünfte - aus den Hüsen Marokkos in Kraft geseßt worden. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 270 vom 14. November 1892.)

i Spanien. ; f,

Durch Königliße Verordnung vom 14. d. M. ift ggen Her- fünfte von Tanger Quarantäne angeordnet worden.

Gleichzeitig gelten alle Häfen Marokfos, wezlhe nicht über 165 km von Tanger entfernt sind, als choleraverdähtig. (Vergl. „Reichs-Anzeiger“ Nr. 221 vom 14. d. M.)

Marokko.

ufo Beschluffes des Gesundheitsraths in Tanger haben sih Schiffe aus Tanger in den anderen marokfanishen Häfen’ einer drei- tägigen Quarantäne zu unterwerfen.

Handel und Gewerbe,

Täglihe Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. _An der Ruhr sind am 20. d. M. gestellt 11 377, nicht recht- ¡eitig gestellt 1404 Wagen. : __In Oberschlesien sind am 19. d. M. geftellt 4067, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Aus Essen berihtet die „Rhein.-Westf. Ztg." : In der O Sitzung des Rheinisch - Westfälishen Kohlen - yndikats erstattete der Vorstand den Geschäftsberiht. Im Juli und August war der Absay in Hausbrandkohle till, in Industriekohle gut. Im September drückten Wagenmangel und s{chlechter Stand des Nheinwassers auf die Förderung. Betheiligungsziffer im Juli: 3560211 (3229941 t), im August 3566313 §6 (3349637 Abl: Suli 3051524 6 (2910532 Y; August 31417496“ b (3067317 t). Einschränkung Juli 14,29, August 12,58, vom Versand 91,68 9/0, rund 91,94 9%/,. Für Syndikatsrehnung als verkauft ge- bucht vom 28. Iuli bis 15. September im Inland 2284181 t, ins Auëland 280115 t. Der Gesammtverkauf vom 1. Januar bis 15. September betrug im Inland 20230489 t, ins Ausland 4 364 189 t. Der Beirath seßte die Umlage für das 3. und 4. Quartal alf Go fell Der Kohlensyndikats-Vertrag wurde einstimn:ig be- stätigt. „Wiesch* und „Richradt“ sind beigetreten, die Verhandlungen mit „Langenbrahm“, „Westende“ und „Roland“ werden als aus\ihts- voll bezeihnet. Diesen genannten Zechen, sowie der Zeche „Fried- liher Nachbar“ bleibt der Beitritt bis zum 1. November 1895 ofen.

Die Einnahmen der Königlich württembergischen Staatseisenbahnen betrugen im August d. J.: 3776076 (+ 299 561) und vom 1. April bis Ende August d. J. 17 499 440 (+ 1125 464) 4

Essen a: d. Rubr, 20. September. (W D BY Dex „Rh.-Westf. Zta.“ zufolge, wird das hiesige Bankgeschäft Levi Hirsch- land zum 1. Oktober von der Essener Kreditanstalt über- nommen.

Glasgow, 20. September. (W. T. B.) Die Vorräthe von Robeisen in den Stores belaufen sih auf 297 471 Tons gegen 298 395 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betrieb befind- lien Hochöfen beträgt 76 gegen 2 im vorigen Jahre.

New- York, 21. September. Nach einer Meldung der ,World“ aus Washington hätten mehrere Banquiers der größeren Städte auf Veranlassung des Schaßamts die Zusage gegeben, falls es noth- wendig sein würde, dreißig Millionen Dollars Gold dem Schay - amt gegen „Legal tenders“ zur Verfügung zu stellen.

Verdingungen im Auslande.

Oesterreih-Ungarn.

15. Oktober, 1 Uhr. K. K. General-Direktion der Oesterreichischen Staatsbahnen in Wien: Lieferung von Kesseleifenblehen bester Qualität, Kupferplatten für A n Achsen aus Tiegel- gußstahl, Achsen aus Martinflußstahl, Radreifen aus Tiegelgußfstahl, desgleihen aus Martinflußstahl und Siederohre aus Eisen oder Stahl pro 1896. Näheres bei der K. K. General-Direktion, Unterabthei- lung 3, und beim „Reichs-Anzeiger“. \

Niederlande.

3, Oktober, 10 Uhr. Städtische Armenverwaltung in Rotter- dam: Lieferung von braunen Bohnen, grünen Erbsen und Kartoffeln. Bedingungen sind von 9 bis 12 Uhr iw Bureau der ftädtishen Armenverwaltung, ODude Mannenhuis, Hoogstraat Nr. 125, zur Kenntnißnahme ausgelegt.

10. Oktober, 1 Uhr im Gebäude des Ministeriums des Innern: Lieferung von verschiedenen Sorten Papier für die allgemeine Landes- druckerei für die Jabre 1896 und 1897, Muster, sowie Bedingungen liegen im obengenannten Ministerium, sowie bei den Greffiers der verschiedenen Provinzen zur Einsicht aus und sind kostenlos bei dem Direktor der allgemeinen Reichédruckerei, sowie bei den Greffiers der Provinzen erhältlich.

Verkehrs-Ansftalten,

Breméên, 21. Sipteinber (W. D B): NordbEutsGer Lloyd. Der Schnelldampfer „Werra“ isst am 20. September Vormittags in Neapel angekommen. Der Postdampfer , Weimar * hat am 20. September Nachmittags Dover passiert. Der Reichs- Postdampfer „Prinz Heinrich“ hat am 19. September Nachts Gibraltar passiert. Der NReichs-Postdampfer „Prinz-Regent Luitpold“ hat am 19. September Nachmittags die Reise von Port Said nah Neapel fortgeseßt. Der Postdampfer „Graf Bismarck“ hat am 19. September Nachmittags St. Vincent passiert. Der Postdampfer München" is am 18. September Nachmittags vou Baltimore nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Neckar“ ist am 19. September Nachmittags von New - York nah der Weser abgegangen.

Hamburg, 20. September. (W.T. B.) Hambura -Amerì- flanishe Padletfahrt-Aktiengesellshaft. Der Postdampfer „Dania“ ist gestern Nachmittag in New-York eingetroffen. Ver Postdampfer „Phönicia“ ist gestern Abend in Cuxhaven an- gekommen.

London, 20. September. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Athenian®* ist am Freitag auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Theater und Mufik.

Theater Unter den Linden.

Der geringe Erfolg, den die italienishe Opern-Stagione aus Mai- land mit dem Werke Samara?s erzielte, veranlaßte den Leiter derselben, Sonzogno, bei der General - Intendantur der Königlichen Schauspiele zur Aufführung von Mascagni’s „Cavalloria rusticana“ und Leoncavallo?s „Pagliacci“ die Genehmigung nachzusuchen, die A zuvorkommender Weise ertheilt wurde. Gestern, an dem 25jäh- rigen Jubiläumstage der Wiedereinnahme Noms, fand die Vorstellung in Anwesenheit zahlreicher Mitglieder der hiesigen italienishen Kolonie mit überrashend glücklihem Gelingen statt. Leoncavallo’s Werk eröffnete den Abend. Daß man die Wiedergabe gerade dieser Oper von seiten unserer einheimischen Künstler als tadellos bezeihnen darf, ist allgemein bekannt, man konnte also mit Recht auf diese Aufführung gespannt sein. Die Mitglieder des lyrischen Theaters Sonzogno verlegten in der Lösung ihrer Aufgaben denSchwerpunkt nicht auf den gefangliten, sondern auf den darstellerishen Theil und erzielten vermöge ihres lebhaften Temperaments manche überraschende realistische Wirkung. Gesanglih ragten Herr Barbieri (Tonio) und Herr Laura (Canio) über die Vebrigen hervor. Fräulein Storhio (Nedda) vermochte nur schau- spielerish zu fesseln ; ihr Gesang war leider häufig unrein und ver- rieth auch empfindlihe technishe Mängel. Das Urtheil über die „Cavalleria rusticana“ lautet ungefähr ebenso, doch mit dem Unterschied, daß hier auch der vokale Theil Anerkennung verdient. Sowohl Fräulein Frandin (Santuzza) als auch Herr Bieletto (Turiddu) waren stimmlich und dar- stellerish interessante Vertreter ihrer Nollen, denen sie ein durchaus eigenartiges Gepräge zu geben verstanden. Dié flache und unferem Ohr unedel klingende Tonbildung darf man italienishen Sängern