1895 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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- Königreich Preußen.

Scine Majestät der König haben Allergnädigft geruht : dem Berg: Assessor a. D. Wilhelm Ludwig zu Bochum den Charakter als Bergrath zu verleihen.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Der Kreis - Bauinspektor für den Baukreis Hofgeismar, Baurath Loebell ist von Hofgeismar nach Cassel verseßt worden.

Ministerium der geistlihen, Untetrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der bisherige Seminarlehrer Wacker is zum Kreis- Schulinspektor ernannt worden.

Justiz-Minifterium.

Der Amtsrichter Eich sta edt in Gollup ist an das Amits- geriht in Marienwerder verseßt. i L

Dem Landrichter Dr. Fervers in Elberfeld ist behufs Uebertritts in die Verwaltung der indirekten Steuern die Ent- lassung aus dem Justizdienst ertheill

Dem Notar Roedenbeck in Köpenick ist die nahgesuchte Entlassung aus dem Amt ertheilt. x

Jn der Liste der Rechtsanwalte find gelöscht: der Rechts- anwalt Scheff bei dem Landgericht T in Berlin, der Rechts- anwalt Wilke bei dem Landgericht IT in Berlin und der Rechtsanwalt S chelenz bei dem Amtsgericht in Kalscher.

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen : der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Albrecht aus Neu-Ruppin bei dem Ober-Landesgericht in Naumburg a. S., der Rechts- anwalt Scheff vom Landgericht T in Berlin bei dem Land-

ericht IT in Berlin, der Rehtsanwalt Volkmer aus Franken- tein bei dem Landgericht in Glaß, der Gerichts-Assessor Dr. Emil Abrahamsohn bei dem Landgericht T in Berlin, der Gerichts-Assessor Daltr op bei dem Landgericht in Bres- lau, der Gerichts-Assessor Kuhn bei dem Landgericht in Görliß und der Gerichts-Assessor Dr. Lautenbach bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Halberstadt.

Der Landgerichts-Rath Greiß in Köln und der Amts- gerihts-Rath Krüger in Kolberg sind gestorben.

Angekommen:

Seine Excellenz der General der Jnfanterie von Winter- feld, General - Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs und kommandierender General des Garde-Korps.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König begaben Sich heute früh 7 Uhr 50 Minuten mittels Sonderzugs von der Wildparkstation über Magdeburg und Halle nah Leipzig, um der feierlihen Schlußsteinlegung im Neichsgerichtsgebäude daselbst beizuwohnen.

Die Feier der Schlußsteinlegung im neuen Reichsgerichtsgebäude zu Leipzig ist feu Mittag in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Seiner Majestät des Königs von Sachsen vollzogen worden. Nachdem die Chefs der Reichsämter, die Bundesraths-Mit- glieder und die anderen Eingeladenen auf dem Berliner Bahn- hofe bereits um 8/4 Uhr Vormittags mittels Sonderzugs an- gekommen waren und sih nah dem Reichsgerichtsgebäude be- geben hatten, traf Seine Majestät der König vonSachsen mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg und der militärishen Begleitung um 11 Uhr 20 Minuten auf dem Dresdner Bahnhof ein und erwartete dort die Ankunft Seiner Majestät des Kaisers. i Auf dem Bahnhof war eine Ehren - Kompagnie des 7. Infanterie-Regiments Nr. 106, mit der Generalität und dem Offizierkorps auf dem linken Flügel, aufgestellt. So- wohl bei der Ankunft des Königs als auch beim Eintreffen des Kaisers präsentierten die Maritihalten der Ehren-Kompagnie. Nah herzlichjter gegenseitiger Begrüßung der Beiden Monarchen erfolgte das Abschreiten der Front und gleich darauf der Vor- beimarsh der Ehren-Kompagnie in Sektionskolonnen. Dann fuhren Jhre Majestäten durch die herrlich geshmüdckte Fest- straße, unter einer Eskorte von zwei Zügen des Königin- Husaren-Regiments Nr. 19 und von ebenfalls zwei Zügen des Karabinier-Regiments nah dem Reichsgerichtsgebäude. Jn der Feststraße bildeten Mannschaften des 106., 107. und des 134. Jnfanterie - Regiments sowie zahlreiche Militärvereine, Korporationen, Schulen u. \. w. Spalier. Auf dem ganzen Wege vom Bahnhof bis zum Neichsgerichtsgebäude wurden die Monarchen mit endlosem Jubel und Hurrahrufen begrüßt. Im Reichsgerichtsgebäude hatten sich inzwischen die Ein- geladenen im Vorraum und der Halle bereits um -11 Uhr versammelt und entsprechende Aufstellung genommen. Die Anfahrt Jhrer Majestäten des Kaisers und des Königs von Sachsen erfolgte um 12 Uhr über die Rampe am Haupt- portal des Gebäudes. Zum Empfange waren anwesend: der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der sächsische Minister des Innern und der auswärtigen Angelegenheiten von Meßsch, der Staatésekretär des Reichs-Justizamts, Wirk- lihe Geheime Rath Nieberding und der Präsident des Reichs- gerichts, Wirklihe Geheime Rath von Oehlschläger. Unter den Klängen einer Fanfare betraten Jhre Majestäten Bi Halle und nahmen die für Allerhöchstdieselben hergerichteten äße ein. Der Reichskanzler Fürst zu Po hentode bat nunmehr Seine Majestät den Kaijer um die Erlaubniß zum Beginn der “lp und verlas nachfolgende, zur Aufnahme in den Schluß- ein bestimmte Urkunde: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c., thun kund und fügen hiermit zu wissen : Das Haus, zu welhem Wir am 31. Oktober des Jahres 1888

Sasen, den Grundstein gelegt haben, ist mit Gottes Hilfe vollendet. Dem obersten Gerichtshofe des Reichs is damit für seine Thätigkeit eine bleibende und würdige Stätte bereitet. An dieser Stätte wird, wie Wir erwarten, das Reichsgericht, als gewissenhafter Hüter der deutshen Rechtseinheit, auch ferner für die Wohlfahrt und für den Ruhm des Reichs zu wirken bemüht sein.

Die von Uns bei der Feier der Grundsteinlegung kund gegebene Hoffnung, daß dem Verlangen des deutschen Volks nach größerer Einheit seines Rechts dur ein gemeinsames Bürgerliches Gesetzbuch in nit zu ferner Zeit entsprochen werde, geht ibrer Erfüllung ent- gegen. Es gereicht, Uns zur Genugthuung, daß zugleih mit dem Ein- zug in dieses Haus dem obersten Gerichte die bestimmte Aussicht erwächst auf eine weitere Entfaltung seines Wirkens im Sinne der großen, ihm bei seiner Begründung dur die verbündeten Regierungen und den Reichstag gestellten Aufgabe.

Durchdrungen von der Bedeutung, welche der energischen und gerechten Handhabung der Geseße für die Erhaltung des inneren Friedens und für die Hebung des Wohlstandes der Nation zukommt, haben Wir beschlossen, im Namen der, verbündeten Fürsten und freien Städte in dem neu errihteten Bau gemeinsam mit Seiner Majestät dem König von Sachsen, als dem Gebietsherrn, und unter Mit- wirkung von Vertretern des Reichstags den Schlußstein zu legen. Gottes Segen ruhe auf diesem Hause! Möge die Rechtsprehung, die si hier vollziehen wird, dazu helfen, daß Recht und Gerechtigkeit überall zur Geltung gelange, und daß die Treue in allen deutschen Landen wadhse!

Gegenwärtige Urkunde haben Wir in zwei Ausfertigungen mit Unserer Allerhöchfteigenhändigen Namensunterschrift vollzogen und mit Unserem größeren Kaiserlichen Insiegel versehen lassen.

Wir befehlen, die eine Ausfertigung in den Schlußstein des Ge- bäudes niederzulegen, die andere in Unserem Archiv aufzubewahren. Gegeben Leipzig, ten sechs und zwanzigsten Oktober Eintausend

achthundert fünf und neunzig. (L. S.) Wilhelm. k. R. Fürst zu Hohenlohe.

Die für den Schlußstein bestimmten Gegenstände wurden hierauf in cine Kapsel verschlossen und diese in den Stein versenkt.

Nachdem Seine Majestät der Kaiser und Seine Majestät der König von Sachsen an den Schlußstein herangetreten waren, überreichte der bayerishe stimmführende Bevoll- mächtigte zum Bundesrath, Justiz - Minister Dr. Freiherr von Leonrod Seiner- Majestät dem Kaiser unter folgender Ansprache die Kelle:

Eure Kaiserlihe und Königliche Majestät geruhen heute in Gemeinschaft mit dem Landesherrn, Seiner Majestät dem König von Sachsen, Eurer Kaiserlichen Majestät hohem Bundesgenossen, in weiser Fürsorge für die Pflege des Rechts und zur allgemeinen Freude des ganzen Volks den Schlußstein an dem Gebäude zu legen, das nun, nah siebenjähriger Bauzeit als prächtiger Monumentalbau fertiggestellt, eine Zierde sür das historish berühmte Leipzig und das s{öne Sachsenland und eine würdige Stätte für den höchsten Gerichtshof des Deutschen Reichs geworden ist. /

Meôge dem Einzug des Reichsgerichts in sein neues Haus in Bâälde, wie zu hoffen steht, das Bürgerliche Geseßbuch folgen au gleihsam ein S&lußstein in dem mächtigen Aufbau der deutschen M 0enO und ein unzerreißbares Band deutscher Zusammen- ehörigfeit.

y Wollen Eure Kaiserlihe Majestät geruhen, aus meiner Hand die Kelle entgeaenzunehmen, die ich im Namen des Bundesraths ehrfurchtsvollst überreiche.

Nach der Einseßung des Schlußsteins überreihte der Präsident des Reichstags Freiherr von Buol-Berenberg Seiner Majestät dem Kaiser mit folgenden Worten den Hammer:

Gure Kaiserlihe Majestät wollen als Oberhaupt des Reichs heute geruhen, unter Mitwirkung Allerhöd)stibres Hohen Bundes- genossen, Seiner Majestät des Königs von Sachsen, in dessen Lande dies stolze Werk erstanden, den Schlußstein zu legen zu einer monumen- talen, des erhabenen Zwecks würdigen Heimstätte für die Hüter und Wächter einbeitlicher deutsher Nechtsprehung.

Der Anregung des Hochseligen Königs Johann von Sawsen folgend, hier einen bleibenden Mittelpunkt zunächst für deutsches Handelsreht zu schaffen, woraus unter dem Hochseligen Gründer des Reichs das Neichsgericht hervorgegangen ist, hat der Reichstag seit mehr denn einem Jahrzehnt das nunmehr vollendete Bauwerk in feiner Ent- widcklung mit lebhafter Sympathie begleitet und opferbereit stets zu fördern gesucht. / O |

Heute sehen wir unsere Wünsche in einer Zeit verwirklicht, in der wir uns eben anschicken, die deutshe Nechtsgesegebung ihrem end- gültigen Ausbau entgegenzuführen. '

Möge die Festigkeit dieses Baues in Versinnbildlihung des ge- meinsamen Rechts das Ihrige dazu beitragen, die deutshen Stämme immer inniger zu verbinden und au das Rechtsbewußtsein im deut- {en Volke für alle kommenden Zeiten zu vertiefen und zu stärken!

Gott s{hüße das Deutsche Reich!

Seine Majestät der Kaiser vollzogen hierauf die drei Hammerschläge mit den Worten:

„Im Namen des Dreieinigen Gottes! Recht foll Recht bleiben !“

Es folgtenSeine Majestät der König vonSacsen, Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen, als- dann der Reichskanzler Fürst zu A Denlobe, der Staatssekretär des Reichsamts des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boet- tiher, sowie die Staats-Minister der einzelnen Bundes- staaten: Freiherr von Leonrod, von Meßsch, Dr. von Heim, von Helldorf, von Strenge, Dr. von Koseriß, Petersen, von Starck, der Präsident des Reichstags Freiherr von Buol- Berenberg, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts, Wirk- lihe Geheime Rath Nieberding, der RONs des Reichs- gerichts, Wirkliche Geheime Rath von ODehlschläger, der Ober- Bürgermeister von Leipzig Dr. Georgi, die Mitglieder der Baukommission und die mit der Leitung des Baues beauf- tragten Baubeamten.

Nach Beendigung aller Hammerschläge hielt der Präsident des Reichsgerichts, Wirkliche Geheime Rath von Dehlschläger nachfolgende Ansprache: è :

Allerdurhlauchtigster Kaiser und Schirmherr des Reichs! Allerdurhlauchtigster König und Herr dieses Landes !

Eure Kaiserlihe Majestät wollen huldvoll geruhen, zum Ab-

e bia kir Feier noch das Reichsgericht zum Wort zu verstatten. amens desselben kann ich Besseres niht vorbringen als ehr- erbietigsten Dank für die Gnade, die uns zu theil wird, indem Eure Kaiserlihe Majestät im Verein mit Sciner Majestät dem König und Dn dieses Landes durch Allerhöhstihre Gegenwart dem heutigen age die Weihe geben! s

Aber nit dem Reichögericht allein darf ih diesen Gnadenbeweis zurechnen; er gilt Allen, die in Deutschland zur Rehtsprehung be- rufen sind; er gilt der hohen Bedeutung, welche die Rechtspflege

regnorum! Im Sinne und in Bestätigung dieses Saßes haben Eure Majestäten Sich bewogen, wie vor sieben Jahren den Grund stein, so heute den Schlußstein AllerLöchstselbs# segnend einzufügen in diesen Bau. Ju diesen Bau, der si darstellt als die Nechtsbur des Deutschen Reichs! Wo immer im Reich richterliche Urtheile gesprochen werden vom Memelstrom bis zu den Vogesen und von der Bayerischen Aly bis zu den Gestaden der Nordsee hierher ge- langen sie zu ihrer Läuterung und einheitlihen Gestaltung!

Die Kuppel, die über dieser Stelle sich wölbt, sie weist darauf hin, daß deutshe Vielgestaltigkeit hier chwindet, und alles Recht in Einen Punkt zusammenstrebt ; und jenes eherne Bildniß, das über der Kuppel die Fackel hält, es verkündet allwärts, daß hier das Licht der Wahrheit unauslös{lich leuten soll! i:

Möge diese bildlihe Weissagung fort und fort \ih erfüllen! Das ist das Gebet, womit ih in ernster Stunde dieses Hauses Hut übernehme. Und im Namen Aller. die mit mir als Hüter des Rechts hier eingesetzt find, ges ih an eben geweihter Stätte: wir werden getreulih Wacht halten, daß das Recht hier sicher und gut geborgen sei, und daß das Unrecht keinen Einlaß finde!

Darauf wird unser eifriges Streben gehen. Und daß uns die Kraft und die Weisheit dazu nicht fehle,

das walte Gott !

Der erste Jubelgruß aber, den diese Stelle vernimmt, klinge aus in den freudigen Nuf :

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König Wilhelm von Preußen und :

Seine Majestät der Gebietsherr, König Albert von Sachsen

Sie leben hoh! hoh! hoh!

Die Versammlung stimmte begeistert in das Hoch ein, während die Musik „Heil Dir im Siegerkranz“ intonierte.

Nah Schluß der E traten die Majestäten unter Führung des Präsidenten des Reichsgerichts, Wirklichen Ge- heimen Naths von Oehlschläger einen Rundgang durch die Haupträume des Gebäudes an, bei welhem Allerhöcst- dieselben in dem großen Sißungssaale, wo si inzwischen die Mitglieder des Reichsgerichts und der Reichsanwaltschaft, sowie die Rechtsanwalte bei dem Reichsgerichte versammelt hatten, die Vorstellung des höchsten Gerichtshofes durch per- sönlihe Vorstellung der Senats-Präsidenten und des Vor- sizenden der Anwaltskammer entgegennahmen.

Alsdann fand in dem Festsaal eine e zu etwa 100 Gedecken statt, während in den Nebenräumen noch für etwa 80 ias gedeckt war. Neben Seiner Majestät dem Kaiser saßen an der Tafel Seine Majestät der König Sachse und Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von

achsen.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober - Kommando der Marine ist S. M. S. „Stosch“, Kommandant Kapitän zur See Thiele (August), am 23. Oktober in Las Palmas (Canarische Jnseln) angekommen und beabsichtigt, am 3. November nah St. Thomas (Westindien) in See zu

gehen.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten hat gestern nah mehrtägiger Berathung gçinstimmig die durch die Fuchsmühler Vorgänge hervorgerufenen Anträge der Abgg. Wagner und Daller auf Abänderung des Forstgesezes ange nommen. Darauf folgte die erste Berathung der Anträge der Abgg. Grillenberger (Sozialdemokrat) und Dr. E (Bauernbund) auf Einführung des direkten Wahl- rechts. Auch die Liberalen brachten einen Antrag ein, worin die Regierung aufgefordert wird, einen neuen Landtagswahlgeseßentwurf nah Analogie der Reichsverfassung vorzulegen, welcher, auf dem allgemeinen direkten Wahlrecht beruhend, Garantien zum Schuße der Wahlfreiheit und des Wahlgeheimnisses biete und die gerer Vertretung auf Grund der Bevölkerungsziffer gewährleiste. Nachdem die Abgeordneten Grillenberger und Dr. Raßinger den Antrag begründet hatten, wurde die weitere Berathung auf heute vertagt.

Reuß ä. L. —+ Seine Durchlaucht der Fürst ist am 24. d. M. von Schloß B urgk, wohin Höchstderselbe sih zur Abhaltung von Jagden begeben. hatte, nah Greiz zurückgekehrt.

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski ist von Budapest nah Wien zurückgekehrt.

Nach dem amtlichen Ausweis des Ertr 8 der direkten und indirekten Steuern in den „ersten dret Quartalen 1895 betrug der Reinertrag der direkten Steuern 81 722 443 Fl. oder 2 818 462 Fl. mehr als in dem entsprechenden

eitraum des Vorjahrs. Die Verzehrungssteuern ergaben 3 864 064 Fl. oder 5 724 887 Fl. mehr ; die indirekten Steuern ergaben insgesammt einen Mehrertrag von 10 543 798 Fl. Der gesammte Mehreingang aus den Steuern und Abgaben beträgt 13 362 250 Fl. Die Gesammtsumme der Zolleinnahmen des österreichish-ungarishen Zollgebiets vom 1. Januar bis 31. August belief sich auf 41 720830 Fl. Nach Abzug des Pauschals für die Regiekosten der beiden Reichshälften und des Zollaversums an Bosnien und die Herzegowina verbleibt ein reiner Uebershuß von 40 087 496 Fl. : i

Das österreichische Abgeordnetenhaus seyte geitern die Debatte über das Regierungsprogramm fort. Der Abg. Dr. Forregger begrüßte die Erklärung des Minister- Präsidenten Grafen Badeni, daß die Regierung die Führer- rolle übernehmen wolle, mit Befriedigung. Der unparlamen- tarishe Charakter der Regierung verlange eine objektiv zu- wartende Haltung. Der Abg. Burgstaller gab namens des liberalen Zentrums die Erklärung ab, der Regierung Vertrauen entgegenbringen zu wollen. Der Abg. Dr. Steinwender erklärte, die Deutsh-Nationalen würden sih der Regierung gegenüber von saclihen Motiven leiten lassen und würden die Aktion der Regierung niemals absichtlich ershweren. Der Abg. Ruß betonte, daß alle Grundlagen des modernen Staatslebens das Werk der liberalen Partei seien. Dieselbe werde streng über die Handhabung der im Staatsgrundgeseß ausgesprochenen Gleichberechtigung aller Staatsbürger wachen. Das sittlich-religiöse Moment entspreche den alten Grundsägzen der liberalen Partei; dieselbe werde entschieden die Interessen des deutschen Volks wahren. Der Redner führte weiter aus, da nicht die Parteien von der Regierung, sondern jede Regierung au eine unparlamentarishe mindestens von der Ma-

in Gegenwart Unseres erhabenen Verbündeten, des Königs von

überhaupt im Staatenleben einnimmt. Justitia fundamentum

jorität abhänge. Seine, des Redners, Partei habe in der

gefunden

Koalition loyale Freunde gefunden, aber auch Elemente, mit denen eine Verbindung jederzeit ausgeschlossen sei. Gegenüber den Ausführungen des Abg. Herold sagte der Redner, die nationale Befriedigqung müsse werden, ‘in staatsrehtlihen Bestrebungen sei aber ein Zugeständniß unmöglih. Der Abg. Stransky führte aus, die Regierung müsse Fortschrittlich, freiheitlih und

erecht gegen alle Nationalitäten regieren oder sie werde zu Grunde gehen. Die Abgg. March et, Janda, Tausche und Funke traten für den SQUE der Jnteressen der Landwirth- schaft und der produzierenden Klassen ein. Damit wurde die Verhandlung abgebrohen. Die Regierung legte sodann einen Geseßentwurf, betreffend das Rekrutenkontingent für das Jahr 1896, vor. Der Unterrichts-Minister Freiherr von Gautsch beantwortete hierauf die Jnter pellation des Abg. Ebenhoch betreffs der vorgestrigen Vorgänge an der Wiener Universität dahin, daß er einen Erlaß an das Rektorat um Einsendung. eines eingehenden Berichts gerihtet und zugleich den Rektor aufgefordert habe, gegen die Schuldigen auf das snellste das Disziplinarverfahren einzuleiten.

Fn der gestrigen Sißung des ungarischen Unter- hauses beantwortete der Minister-Präsident Baron Banffy die Interpellation über die Vorgänge in Agram. Der Minister-Präsident führte aus: der Kaiser sei auf den Nath und in Begleitung der ungarishen Regierung nah Agram ge- gangen, und diese übernehme auch die Verantwortung für das, was geschehen sei und noch zu geschehen habe. Das Verbrechen gegen die ungarische Trikolore werde nah der Strenge des Ge- seßes geahndet werden, welches die Achtung der ungarischen Staatsfahne auch auf froatischem Gebict sichere. Eine andere Genugthuung als die Bestrafung der Schuldigen sei unthun- lih, weil die Beleidigung niht im Auslande, sondern im Jn- lande geschehen sei, und von der gesammten gebildeten Be- völkerung ohnehin |harf verurtheilt werde. Sowohl der Kaiser wie auch die Militärbehörden, welche die bei den Ausschreitungen betheiligten Studenten, soweit sie einen Rang in der Armee ein- nähmen, ihrerseits bestraft hätten, verdammten den Bubenstreich, welchex nunmehr nur noch die Gerichte beschäftigen solle. Nachdem auf Anfrage der Opposition der Minister für Kroatien Josipovic erklärt hatte, daß es nur ein ungarisches Staatsbürgerreht und nur einen ungarishen Adel, kein kroatishes Staatsbürgerrecht und keinen kroatischen Adel gebe, trat eine Pause ein. Die Opposition hatte während der Ant: wort des Minister-Präsidenten tumultuarishe Scenen ver- anstaltet. Nah Wiederaufnahme der Sigung beklagten sich die Jnterpellanten unter weiteren lärmenden Kundgebungen darüber, daß die Nationalfahne keine Genugthuung erhalten habe. Die Tumulte erreihten ihren Höhepunkt, als der Minister-Präsi- dent Baron Banffy erwiderte, solhe Fragen dürften nicht zu Parteizwecken mißbrauht werden. Der Abg. Graf A pponyi antwortete, aufs höchste erregt, die Regierung ver- zichte auf die Genugthuung, um sih in der Macht zu er- halten. Jn namentlicher Abstimmung wurde schließlich von der Antwort des Minister - Präsidenten mit großer Mazorität Kenntniß genommen. Hierauf beantwortete der Finanz- Minister Lukacz die Jnterpellation des Abg. Vifontai über Placierung der Kassenbestände dahin, daß er thatsählih aus den Kassenbeständen zehn Millionen bei ungarishen Geldinstituten angelegt, ebenso zehn Millionen der Oesterreichish-Ungarishen Bank aus allgemeinen volkswirthschaftlihen Gründen angesihts der großen Gelcknappheit übergeben habe, um cinem weiteren Steigen des Zinsfußes vorzubeugen. Er habe nicht angefragt, ob auch Oesterreih der Bank Geld übergeben werde, da die Verwen- dung der Staatsgelder cine vollständig interne Angelegenheit a h ierungen sei. Das Haus nahm die Antwort zur tenntniß.

Frankreich. Der Großfürst Alexis von Rußland ift gestern von Biarriy in Paris eingetroffen.

Der Deputirte Jaurès sehte gestern in der Depu- tirtenkammer seine Ausführungen über den Ausstand in Carmaux fort. Er behauptete, die Ausständigen hätten die Freiheit der Arbeit respektiert, bis die Noth sie völlig ge- brochen habe. Die Regierung sei unrechtmäßiger Weise zu Gunsten des Direktors Resseguier cingetreten und habe zur Zeit des Mordanschlags gegen diesen jozialistishe Abgeordnete mehrere Stunden lang gefangen gehalten. Der Redner {loß mit dem Antrage, die Fraze dieses Ausstandes dem Schieds- spruch des Kammer- Präsidenten Brisson zu unterbreiten. Der Präsident Brisson erklärte sich zur Annahme des Schiedsrichteramts bereit, wenn die Kammer sich davon Nugzen verspreche. Der Minister des Jnnern Leygues erklärte, daß er diese Lösung der Frage niht annehmen könne. A wurde die Sizung unterbrohen. Nach deren ieder- aufnahme sprach sih der Minister des Jnnern Leygues in sehr anezkennender Weise über den Direktor Nesseguier aus, der viel für die Arbeiter gethan und das Syndikat begünstigt

habe, bis dieses seine Autorität an die Stelle derjenigen des Unter-

nehmers geseht habe. Jm Anfang des Ausstandes habe die Regierung Einigungsversuche gemaht. Die Einmischung des Abg. Jaurès sei für den Erfolg der Unterhandlungen shäd- lih gewesen. Die Regierung habe sih alsdann auf die Auf- rehterhaltung der Ordnung beschränkt. Die Berathung wird heute fortgeseyt werden. 4

Der Minister für Ackerbau Gadaud empfing gestern Vormittag mehrere landwirthschaftliche Abordnungen des Nord- Departements, welhè ihm die Bitte vortrugen, die Regierung wolle die deutsche Melasse mit einem Prohibitivzoll von 10 Fr. belegen.

Ftalien. Der Kardinal-Erzbischof von Paris Richard ist gestern in Rom angekommen.

Niederlande. : Die Zweite Kammer hat das Budget für Nieder- ländish Jndien für 1896 angenommen, aber mit 58 gegen 14 Stimmen den Gésekäntwürs, betreffend die Erhöhung der indishen Einfuhrzölle um 2 Proz., verworfen.

Türkei,

Einer Melduvng des „Reuter'shen Bureaus“ zufo'ge, hätten der Sultan und der Marine-Minister Droh- briefe erhalten, infolge deren im Yildiz-Kiosk umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen worden seien und das Haus des Marine-Ministers von Truppen bewacht werde.

Dasselbe Bureau berichtet, in Erzingjan seien Unruhen ausgebrochen, bei denen 60 Armenier getödtet worden seien. Ein Rundschreiben der Pforte an ihre diplomatischen Vertreter im

Ausland erkläre, daß diese Unruhen von Armeniern provoziert worden seien. Éin anderes Zirkular schreibe die Schuld an den Unruhen in Akhissar ebenfalls den Armeniern zu. Unabhängige Berichte meldeten jedoch übereinstimmend, daß die Mohamedaner in Afhissar die Armenier unprovoziert angegriffen und ge- plündert hätten. Einer Meldung aus Aleppo zufolge, herrshten auch im Bezirke Ma rasch ernste Unruhen. Nach türkishen Berichten hätten die Armenier in der Provinz Zeitun vier türkische Ds angegriffen und vier Soldaten auf der Chaussee nah Marasch getödtet. Die Armenier sammelten sih in den dortigen Bergen.

Amerika.

Ein in New-York eingetroffenes Telegramm aus Havanna meldet, daß das sjpanishe Kanonenboot „Caridad“ bei Cár- denas auf den Grund gerathen sei. Die Bemannung habe sih in Schaluppen gerettet. Man werde versuchen, das Schiff nach dem Eintreffen von Hilfe wieder flott zu machen.

Der Marschall Martinez Campos is von Cienfuegos in Havanna eingetroffen.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der gestern im 6. Arnsberger Wahlkreise (Dortmund) vorgenommenen Ersazwahl zum Reichstag wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, für Möller (nl.) 17 264, für Lensing (Zentr.) 14623 und für Lütgenau (Soz.) 17 237 Stimmen abgegeben. Es ist somit eine engere Wahl zwischen Moöller und Lütgenau erforderlich.

Nr. 52 des „Eisenbahn-Verordnungs-Blatts“, heraus- gegen im Minifterium der öffentlichen Arbeiten, vom 24. Oltober, at folgenden Inhalt: Gesetz, betreffend das Pfandreht an Privat- eisenbahnen und Kleinbahnen und die Zwangsvollsireckung în die- selben, vom 19. August 1895. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 16. Oktober 1895, betreffend allgemeine Verfügung des Justiz-Ministers vom 19. September 1895 hinsihtlich der Bahn- grundbücher, vom 21. Oktober 1895, betreffend Beförderungs-Be- dingungen für Calcium-Ca rbid. Nachrichten.

Nr. 43 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 26. Oktober, hat folgenden Inhalt: Amtliches : Dienst - Nachrichten. Nicht- amtliches: Das neue Reichsgerichts-Gebäude in Leipzig. Die Ober- bauanordnungen der preußischen Staatseisenbahnen. (Schluß.) Die Mississippibrücke kei Winona. Vermischtes: Adresse zur sünfzig- jähren Dienst-Jubelfeier des Geheimen Ober-Bauraths Kozlowski in Berlin. Wettbewerb und Pläne zur Nuhmeshalle in Barmen. Wettbewerb für Entwürfe zu einem bildnerishen Shmuck auf dem D in Hannover. L iat; für den Neubau einer Synagoge in Dortmund. Ueber Gasglühlicht. Längste, ohne Aufenthalt durhfahrene Gisenbahnstrecke. Berichtigung. Bücher- schau. Neue Patente.

Kunst und Wissenschaft.

___ Ueber die Säkularfeier des „Institut de France“ wird dem „W. T. B.* aus Paris weiter berichtet: Gestern Abend fand im Elysée-Palast zu Chren der Mitglieder des Instituts ein glänzender Empfang statt, dem auh alle anwesenden auswärtigen forrespondierenden Mitglieder beiwohnten.

Handel und Gewerbe.

In der heute unter dem Vorsiß des Präsidenten der Reichsbank Dr. Koh stattgehabten Sibung des Zentralausschusses der Reichsbank wurde, wie „W. T. B.“ meldet, von dem Vorsitzenden über den Stand der Bank mitgetheilt, daß wegen der starken, in leßter Zeit erfolgten Rückflüsse und wegen der stetigen Zunahme des Gold- vorrathes eine Aenderung des Bankzinssaßes nicht in Aussicht zu nehmen sei. Schließlich wurde der Rostocker 3prozentigen Stadt- anleihe im Betrage von 5 Millionen Mark die Lombardfähigkeit be- willigt.

__ Die Wochenübersicht der Neichsbank vom 23. Oktober weist bei einem gesammten Kafsenbestande von 959 501 000 6 der Vor- woche gegenüber eine Zunahme um 18 327 000 4 auf ; der Metall- bestand allein is um 18522000 M angewachsen. Der Bestand an Wechseln hat sich um 6438 000 4 auf 672 445 000 A und der Bestand an Lombardforderungen um 9 543 009 auf 79 209 000 A ermäßigt; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also ein weiterer Rückgang um 15 9831 000 4 eingetreten. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1 148 707 000 A eine Abnahme um 28 028 000 4, während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten mit 459 225 000 A um 29 674 000 M erhöht erseinon.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 25. d. M. gestellt 10 158, nit recht- zeitig gestellt 2621 Wagen. In Oberschlesien sind am 24. d. M. gestellt 4484, nicht recht- zeitig geftellt 1115 Wagen. j

_— In Köln hat gestern, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, die Gründungsversammlung der WestdeutschenEisenbahn-Gefell- \chaft stattgefunden. Das Kapital beträgt fünf Millionen Mark. Der Gegenstand des Unternehmens is die Errichtung, der Betrieb, sowie der Erwerb, die Veräußerung, die Pachtung und Verpachtung von Eisenbahnen und Kleinbahnen. Die Gründer der Gesellschaft sind eine Reihe bereits früher mitgetheilter Banken, aus deren Kreisen der Aufsichtsrath und Vorstand gebildet worden find.

În der heutigen Generalversammlung des Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlfabrikation zu Bochum waren 54 Aktionäre mit 2411 Stimmen anwesend. Es wurde die Entlastung ertheilt und die Dividende auf 5 9% festgeseßt.

Breslau, 25. Oktober. (W. T. B.) Getreide- und Me E Ma ebe Spiritus pr. 100 1 1009/6 exkl. 50 4 Ver- raucsabgabe pr. Oktober 51,80, do. do. 70 46 Verbrauch8abgabe pr. Gie 32,20, do. do. Rüböl pr. Oktober 44,50, pr. Pai —,—. Zink —.

Magdeburg, 25. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 9/9 —, neue 11,15—11,20. Kornzudcker exkl. 88 °/: Rendem.10,60—10,75, neue 10,65 —10,75. Nachprodukte exkl., 759/0 Nendem. 7,60—8,50. Rubig, stetig. Brotraffinade I 23,50. Brotraffi- nade I1 23,25. Gem. Raffinade mit Faß 23,50-—24,00. Gem. Melis 1 mit Faß 22,50. Ruhig. Rohzucker 1. Produkt ‘Tranf. f. a. B. Hamburg pr. Oktober 10,65 Gd., 10,70 Br., pr. November-Dezember 10,75 bez., 10,774 Br., pr. Januar - März 11,05 bez. und Br., vr. April-Mai 11,20 bez, 11,224 Br. Stetig. Wochenumsaß im Nohbzuckergeschäft 415 000 Ztr. h

Leipzig, 25. Oktober. (W. T. B.) Kammzug-Termir- handel. Li Plata, Grundmuster B. pr. Oktober 3,05 , pr. November 3,074 4, pr. Dezember 3,10 4, pr. Januar 3,125 #, pr. Februar 3,15 6, pr. März 3,15 #, pr. April 3,15 4, pr. Mai 3,17} 4, pr. Juni 3,172 #, pr. Juli 3,20 #, pr. August 3,22} M,

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pr. September 3,223 A Umsay 27 000 kg. Fest. Morgen findet kein Kammzughandel ftatt.

Anisterdam, 25. Oktober. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 554. Bancazinn 395. :

New-York, 25. Oktober. (W. T. B.) Die Börîe eröffnete fest und {loß nah theilweiser Reaktion ruhig. Der Umsaß der Aktien betrug 118 000 Stück. : ;

Weizen konnte auh heute wieder die Festigkeit der leßten Tage mit Leichtigkeit behaupten, da theils sfih Ausländer als flotte Käufer erwiesen, theils aber auch die Wetterberihte über andauernde Trocken- beit den Markt günstig beeinflußten. war beeinträchtigten \{chwache Kabelberihte einigermaßen die feste Haltung, doch vermochten sie niht festen Fuß zu fassen, da geaen Swluß die Exporteure noch vm- fangreihe Käuse vornahmen. Schluß fest. Mais, abgesehen von einigen unbedeutenden Schwankungen, infolge von geringen Ankünsten und infolge der Festigkeit des Weizens durchweg fest.

Waarenbericht. Baumwolle-Preis in New-York 8°/16, do. do. in New-Orleans 8/16, Petroleum Stand. white in New-York 7,10, do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. November 125 nom., Schmalz Western steam 5,95, do, Nohe u. Brothers 6,20. Mais per Oktober 39, do. per November 381, do. per Dezember 364. Rother Winterweizen 708, Weizen ver Oktober 67, do. per November —, do. per Dezember 673, do. pr. Mai 703. Getreidefraht nah Liverpool 37, Kaffee fair Rio Nr. 7 155, do. Rio Nr. 7 per November 14,85 do. do. per Januar 14,59. Mehl, Spring-Wheat clears 2,70, Zucker 3}, Kupfer 12,40.

Baumwollen-Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions- häfen 292 000 Ballen, Ausfubr nach Großbritannien 56 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 102 000 Ballen, Vorrath 874 060 Ballen.

Chicago, 25. Oktober. (W T. B.) Infolge ungünstiger Witterungsberihte und Meldungen über Ernteschäden in Argentinien ging Weizen anfangs wesentlich böher. Zwangsliquidationen, une edeutende Realisierungen und hauptsächlich große Ankünfte im Nord- westen führten aber einen erheblichen Preisdruck herbei. Die Preise für Mais zogen an, da umfangreiche Käufe stattfanden, auch erheb- lihe Kaufordres vorlagen. Insbesondere war es aber auch: die Ab- nahme der Vorräthe, welhe die Aufwärtsbewegung wesentlich unterstüßte.

Weizen pr. Oktober 595, pr. Dezember 603. Mais per Dkto- ber 3173. Schmalz per Oktober 5,55, do. per Januar 5,65. Speck short clear nom. Port per Oktober 8,05.

Verdingungen im Auslande.

« Mumänten. 2. November. Kriegs-Ministerium zu Bukarest: Lieferung vcn 265 Aluminium-Helmen mit Zubehör.

Verkehrs-Anstalten.

Hamburg, 25. Oktober. (W. L. B.) Hamburg-Ametri- fanishe Padletfahrt-Afktiengesellshaft. Der Postdampfer „Prussia* ist heute Morgen in Cuxhaven eingetroffen. j

London, 25. Oktober. (W. T. B.) Der Castledampfer N Castle" ist beute auf der Ausreise in Kapstadt ange- ommen.

Theater und Musik.

Lessing-Theater.

_ Felix Philippi's neues Schauspiel „Der Dornenweg“ übte gestern bei seiner ersten Aufführung auf die Zuhörer eine tiefe Wirkung aus, die ihren Grund aber mehr in der klug erfonnenen, innerlih unwahren Vorausseßung der Handlung hatte, als in der reinen Schöpfung einer dichterishen Phantasie. F. Philippi gehört zu den scharfen Denkern unter den modernen dramatischen Autoren, die an einem Einzelfall einen allgemeinen gesellshaftlihen Schaden klar- legen und von der Bühne aus helfend und bessernd ein- wirken wollen. Wie der Dichter in den „Wohlthätern der Menschheit“ an dem Bollwerk des den Vertretern ärztliher Kunst gegenüber ‘geübten Autoritätenglaubens rüttelt, so erörtert er in seinem „Dornenweg* eine eigentlih auf dem Boden der Rechts- pflege wurzelnde Frage, die Frage nämlich, wie das einem unschuldig Verurtheilten zugefügte {were Leid gesühnt werden könne. Der Verfasser findet keine allgemein erlösende Antwort, obgleich er mit leisem Finger eine gefeßlihe Klärung andeutet; in dem von ihm vor- geführten Einzelfall gelangt der Konflikt durh die Mat der edelsten menschlihen Gefühle, die ihn hberaufbeschwocen haben, auch zu seiner Lösung. Den Dornenweg des Seelenleids wandelt eine beklagenswerthe Mutter, Frau Wedekind, die, um ihres jungen, leihtsinnnigen Sohnes Zukunft zu s{chüßen, einen be- währten Angestellten des reihen Kaufmannshauses ihres Gatten, den Buchhalter Bülau, unschuldig im Gefängniß hat {maten lassen. Von den Qualen des Gewissens verfolgt, welches ihre schuldbeladene Mutterliebe täglich neu anklagt, suht fie an der Tochter des Verurtheilten, Dorothea, wenigstens einen Theil ihrer Schuld z1 sühnen. Als Genossin ihres Hauses führt das junge Mädchen ahnungélos den Konflikt seiner Löfung und das gequälte Mutterherz der Befreiung entgegen. Der älteste Sohn der jschwer geprüften Frau schenkt sein Herz Dorotheen, und da er nicht nur Rechtsanwalt, sondern im höheren Sinne auch Anwalt des Rechts ist, drängt er, von Bülau’'s Schuldlosigkeit überzeugt, auf die Wiederaufnahme des gerichtlihen Verfahrens. Die gequälte Mutter giebt dann, in die Enge getrieben, ihr Geheimniß preis und thut den Den Scbritt, um des unschuldig geopferten Mannes Ehre wiederherzustellen. Das Liebesverhältniß zwi|hen dem Rechts- anwalt und Dorothea gelangt zuglei zum glücklihen Ende, da der Vater aus Liebe zu seiner Tochter das ihn anfangs beherrshende Nachegefühl unterdrückt. Dem eigentlich Schuldigen wird wegiger Beachtung geschenkt; man sieht nur, was für Leidens- wege Andere für ihn wandeln, und das ergreift freilih tiefer, als wenn man den Schuldigen in Kummer sieht. Der Aufbau des Dramas zeigt wieder das große technische Geschick, welches dex Ver- fasser hon früher bewiesen hat; der Entwiklungsgang, der die Fäden der Handlung kunstvoll ineinander \{lingt und sie finnreih wieder löst, fesselt die Aufmerksamkeit der Zuschauer bis zum Schluß. Der Weg zum Herzen aber, den der Verfasser findet, ist zumeist kein unmittel- barer, sondern erwächst erst aus der Gedankenarbeit. Die unmittel- bare Wirkung, die fih auf Phantasie und Leidenschaft gründet, steht dem Dichter weniger zu Gebot.

Die Darstellung konnte in allen Einzelbeiten befriedigen ; die Leistung der Frau Bute, welche die Nolle der shiver geprüften Mutter gab, bildete thren Höhepunkt. Die Darstellerin verlieh der Gestalt den Ausdruck des stillen Grams und der endlosen Gezwissensqual der \{uldbeladenen und doch edlen Seele, die erst durch das Bekenntniß der Wahrheit Befreiung findet. Herr Merten (Konsul Prätorius) verdient Lob für die Gestaltung des hilfreihen, treuberzigen Bruders der alten Frau. Herr Suske gab dem mens{hlihen Rachegefühl und der christlihen Ergebenheit des unschuldig Verurtheilten überzeugenden Ausdruck. Herr Stahl spielte den jungen Rechtsanwalt sympathish und warmherzig, und Fräulein Elsinger zeigte in der Rolle der Dorothea echtes Gefühl und tiefe Empfindung.

Konzerte. i

Die Sopranistin Helene Berard aus Bremen gab gestern im Saal Be%§fstein einen Liederabend, den sie mit der Arie „Höre, Ssrael* aus „Elias“ von Mendelssohn eröffnete. Sowohl diese wie auch Schubert’s „Du bist die Ruh“, zwei Lieder von Brahms und zwei französische Lieder „lo Soir“ von Thomas und „Printemps“ von Vidal sang die Künstlerin mit lebendigem Ausdruck und reiner Intonation. Die mitwirkende Pianistin Frau Vita Gerhardt erfreute durch den verständnißvollen Vortrag einiger Piècen von H. von Bülow, Schumann, Chopin und Liszt, die gleich den Ge-

fängen mit wohlverdientem Beifall aufgenommen wurden. Die Ge- sänge wurden am Klavier von Frau Henriette Bielenberg diékret begleitet.