1895 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Nov 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Stabsarzt 2. Kl., beide unter Vorbehalt der Patentierung, be- fördert. Dr. Koppe, Marine-Assift. Arzt 2. Kl, ein Patent vom 30. September 1893 erhalten. Dr. Pietrusky, überzähl. Marine- Stabsarzt, mit dem 1. Oktober d. J. in eine ofene Etatsstelle eingerüdt. Dr. Haadcke, Dr. Eblers, Dr. Kremser, Dr. Marben, Dr. Wegner, Map mere 1. Klafse der Marine- Reserve im Landwehr - Bezirk e bezw. 111 Berlin, T1 Altona und Hamburg, Dr. Bruhn, Assist. Arzt 1. Klasse der Marine-Ref. im Landw. Bezirk 11 Altona, ¿zu Stabsärzten der Marine-Ref., Dr. Jahn, Assist. Arzt 1. Kl. der Seewehr 1. Auf- gebots im Landw. Bezirk 111 Berlin, zum Stabsarzt der Seewehr 1. Aufgebots befördert. Die nah Vorstehendem beförderten Marine- ärzte des Beurlaubtenstandes erhalten ein Patent von dem Tage, an welchem die Beförderung ihrer Altersgenofsen in der Armee au8ge- sprohen wird. Dr. Petersen, Stabsarzt der Marine-Res. im

Landw. Bezirk Kiel, der Abschied bewilligt.

_Niechtamfliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. November.

Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern Abend, kurz nah 111/75 Uhr, wohlbehalten im Neuen Palais wieder eingetroffen. i S

Heute Vormittag hörten Seine Mazestät von 10 Uhr ab dic Vorträge des Chefs des Generalstabs der Armee und des Chefs des Militärkabinets.

Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsizung. Nach derselben fand eine Sißung der vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr statt.

In der Nr. 11 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherung8amts“ vom 1. November d. J. (val. die gestrige Nr. d. Bl.) sind ferner folgende Bescheide und Beschlüsse mitgetheilt: . E

Jst eine Verständigung mit einem vor Gericht erschienenen Entschädigungsberechtigten in deutsher Sprache nicht zu er- möglichen, so ist, falls niht sämmtlihe an der Verhandlung vor dem Gericht betheiligten Personen die Personen des Gerichts, die Parteien, deren Vertreter und Prozeßbevoll- mächtigte 2c. der fremden Sprache mächtig sind, gemäß S 26 der Kaiserlichen Verordnung über das Verfahren vor den Schiedsgerichten vom 2. November ‘1885 und S 187 des Gerichtsverfassung2geseßcs vom 27. Februar 1877 die Zu- ziehung eines Dolmetschers zu den Verhandlungen

eboten. E Das Reichs-Versicherungsamt sieht in der Regel, jeden- falls in der großen Mehrzahl der meist einfach liegenden

Fälle, für die von einem Rechtsanwalt geleistete Vertretung eines Rentenbewerbers den Betrag von fünf oder zehn Mark für jede Jnstanz als eine angemessene Ver- gütung an; auf einen vom Gegner zu erstattenden höheren Betrag pflegt nur in Fällen besonderer Mühewaltung des Vertreters erkannt zu werden; dabei wird der Betrag von zwanzig Mark für jede Jnstanz sehr selten überschritten. Solche Kofstenentscheidungen sind aber nur für das Verhältniß der Prozeßgegner der Berufsgenossenshaft und des Ver- leßten u. |. w. unter einander maßgebend und stehen dem vertretenden Bevollmächtigten selbst, wenn er von seinem Auftraggeber die Vergütung für die geleistete Vertretung fordert, jedenfalls formell nit entgegen.

Deutsche Seeleute auf Schiffen, welche nicht A deutsher- Flagge fahren, sind nicht ver- 1h ert.

Das Reichs - Versicherungsamt verlangt von den Berufs- enossenschaften keineswegs, fie sollten „unter allen Um- tänden““ von dem ihnen durch die 2s 96 ffff. des Unfall- versicherungsgescßes verliehenen Regreßrehte Gebrauch machen; die Berufsgenossenschaften können und sollen viel- mehr dann, wenn dies mit Rücksiht auf den. verurtheilten Unternehmer oder mit Rücksiht auf das eigene Jnterefse der Berufsgenossenschaft (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Ver- urtheilten) angezeigt erscheint, von dem Regreß Abstand nehmen, und es ist den Vorständen nur zu ihrer eigenen Deckung zu rathen, einen derartigen Beschluß von der Ge- nossenschaftsversammlung genehmigen zu lassen.

__ Jn der jährlich dem Reichs-Versiherungsamt einzureichenden Uebersicht über die Abnahme der aus den Vorjahren übernommenen Renten- 2c. Belastung ist als erstes Rechnungsjahr (Entschädigungsjahr) das J A: der erfst- maligen thatsählihen D T Lai und nicht das der erst- magen Festseßung von Entschädigungsbeträgen zu Grunde zu legen.

Das Recht eines Betriebsunternehmers, einen Beauf- tragten der Genossenschaft für die Besichtigung seines Betriebes gemäß 8 83 des Unfallversiherungsgeseßes abzu- lehnen, ist niht von dem Nachweis abhängig, daß die gehegten Befürchtungen der Verleßung eines Fabrik- geheimnisses oder der Schädigung der Geschäftsinterefen thatsächlich begründet seien.

Der Kaiserliche Botschafter in Wien Graf f Eulen-

burg ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nah Wien zurücgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte in Weimar, Geheime Legations- Rath Raschdau is von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nah Weimar zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Regierungs-Assessor von Goerschen zu Wandsbeck ist der Königlichen Nees zu Cassel und der Regierungs- Assessor S herer zu Oldenstadt der Königlichen Regierung zu D zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.

Der ati. egn rbe 104 von Str?mpel aus Trier ist dem Landrath des Kreises Waldenburg, der Regierungs- Assessor Graf von Oberndorff aus Wiesbaden dem Land-

rath des Kreises thum Lauenburg und der Regierungs- a or Graf a Veriegiqun aus Aurich dem Landrath E

Kreises St. Wendel zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten hat gestern den An- trag auf Errichtung einer staatlihen Mobiliar-Ver- siherungsanstalt mit 79 gegen 68 Stimmen angenommen, abgehen den Zusagzantrag auf Ausschluß der Privatverficherung abgelehnt.

Sachsen. Nach den zur Zeit getroffenen Dispositionen gedenken Bre Majestäten der König und die Königin morgen bend von Sibyllenort abzureisen und am Montag früh in der Villa Strehlen einzutreffen.

Medllenburg-Schwerin, Aus Cannes vom 7. d. M. wird den „Meckl. Nachr.“ emeldet, daß die Wiederherftellung Seiner ide S Hoheit bis Großherzogs weitere langsame, aber fichere Fortschritte mache. Höchstderjelbe unternehme bei shönem Wetter täglich längere Fahrten auf dem Meer, die einen sehr wohlthätigen Einfluß auf das Allgemeinbefinden ausübten.

Lippe.

Zhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- essin Geinrig von Preußen sind mit dem Prinzen Waldemar gestern von Detmold zum Besuche des Groß- herzoglihen Hofes nach Darmstadt abgereist. Seine Durch- laucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe begleiteten Höchstdieselben zum Bahnhof.

Oesterreich-Ungarn.

In der gestrigen Sizung des österreihischen Ahb- geordnetenhauses interpellierte der Abg. Steinwender den Minister-Präsidenten Grafen Badeni über die Gründe der Nichtbestätigung Dr. Lueger's als Bürgermeister von Wien. Die bei dieser Gelegenheit applaudierenden Galerien wurden vom Präsidenten des Hauses verwarnt. Die Abgeordneten Haucck und Döôg interpellierten den Minister-Präsidenten wegen einer angeblihen Aeußerung des Statthalters von Niederösterreih, in welcher dieser den Wiener Bürgermeister als seinen- Bezirkshauptmann be- eichnet haben solle. Der Abg. Pattai brachte einen von en Antisemiten, den Deutschnationalen und einem Theil der Katholisch - Konservativen unterschriebenen“ Dringlichkeits- antrag ein, worin die Regierung aufgefordert wird, die Gründe mitzutheilen, weshalb sie dem Kaiser die Nichibestäti- gung der Wahl Dr. Lueger's vorgeschlagen habe. Der Minister- Präsident Graf Badeni erklärte, er wolle auf die Inter- pellationen und den Dringlichkeitsantrag sofort antworten und den Beweis liefern, day die Regierung es als ihr Grund- prinzip betrachte, für jeden ihrer Schritte voll und nahdrücklih einzustehen. Weder das Ministerium noch der Statthalter von Niederösterreih hätten die Niederlegung des Reichsraths- mandats Dr. Lueger’'s zur Bedingung für die Bestätigung zum Bürgermeister gemacht. (Starker Widerspruch bei den Anti- semiten. Geßmann ruft: „Unmöglich!“ Prinz Lichtenstein ruft: „Jeder von uns kann das Gegentheil beschwören!“) Der Minister-Präsident fuhr fort: Es seiebenso unrichtig, daßDr.Lueger, falls er auf das Mandat verzichte, die Erwirkung der Bestäti- gung in Aussicht gestellt worden sei. Richtig sei es, daß der Statthalter, als genauer Kenner der Größe und des Umfangs der Wiener Gemeindeverwaltung und der daraus für den Bürgermeister erwahsenden Amispflichten, sowie mit Rücksicht auf die bisherigen Gepflogenheiten, Zweifel gehegt habe, ob sich beide Stellungen vereinigen ließen, und daß er in einer Unterredung mit Dr. Lueger diesen gefragt habe, ob er gesonnen sei, das Reichstagsmandat auch im Falle seiner Bestätigung beizube- halten. Als er— der Minister-Präfident Dr. Lueger empfangen habe, habe er sich ausdrüdlich dagegen verwahrt, daß die Beibchaltung oder die Niederlegung des Mandats von Belang für die Bestätigung sei. (Lueger ruft: „Das ift ca Gegenüber der Anterpellation Steinwender und dem Dringlich- keitsantrag des Abg. Pattai betonte der Minister-Präsident, die Regierung habe prinzipiell keine Verpflichtung, fsih über die Gründe eines nach dem Geseg ausshlicßlich in die Sphäre ihrer Exekutive fallenden Akts, wie des vorliegenden, auszu- sprechen. Hierfür sei die Regierung niemandem verantwortlich als dem Kaiser (Widerspruch bei den Antisemiten und Jungcezehen) und der eigenen gewissenhaften Ueberzeugung. Unter Festhaltung dieses Prinzips wolle er dem Gegenstand niht ausweihen unter thunlihster Schonung persönlicher Momente. (Zwischenruf Lueger's: „Bitte, ohne Schonung !“) Die durch das Wiener Gemeindestatut anerkannte Nicht- bestätigung stehe in keinem Widerjspruch mit dem Prinzip der Autonomie. Der einshlägige, von der autonomen Körperschaft, nämlich dem Landtag, beschlossene Para- graph der Statuten involviere weder an sich, noch in seiner praktishen Anwendung einen San in die Autonomie der Gemeinde. Das Vorgehen der Regierung sei daher gewiß formell, aber auch materiell geseßlih begründet. Gerade dadur, daß der Krone das Mittel geboten jei, den Amtzsantritt nicht entsprehend befundener Kandidaten auf den Antrag der Regierung zu verhindern, sei die Re- gierung in der Lage, gegenüber der Wahlbewegung und der Parteibildung, soweit dieselben geseßlich seien, eine objektive Paus einzunehmen, ohne die Besorgniß, daß die politishe Verwaltung der Haupt- und Residenzstadt mit einer Bevölkerung von über 11/ Millionen eventuell in unberufene Hände gelange. Widerspruch der Anti- semiten.) Nach der ratio legis fönne das Votum der Majorität nicht berüdsichtigt werden, sobald die erforderlihe Bürgschaft für eine streng objektive, sahlihe, von agitatorisher Tendenz eie, allen Bevölkerungsklassen gleihmäßige, den Anforderungen der Autorität volle Rechnung tragende Führung der Ver- waltung niht außer Zweifel stehe. Der Minister-Präfident chloß: „Diesbezüglih den Weg der Experimente zu betreten oder ch auf Hoffnungen zu stüßen, die mit den Vorgängen in der S enheit nur Tiver vereinbar “sind, fann Rin in der bficht einer sich ihrer Verantwortung bewußten Regie- rung liegen. Dies und nur dies allein sind die Beweggründe der Regierung, die nah ihrem freien Ermessen handelte.“ Der Minister-Präsident verwahrte sih entschieden gegen das

Ansinnen, als sei die Regierung irgend einem Drudck seitens der ungarischen Regierung oder seitens irgend einer Partei des Parlaments ausgeseßt gewesen. Eine solche Jnsinuation sei ein Angriff auf die Ehre des Staats und damit zugleich ein Angriff auf die hohe Bedeutung und die Ehre des Hauses. Minister-Präsident ersuchte, die Dringlichkeit abzulehnen. Der Abgeordnete Pat tai begründete darauf die Dringlichkeit seines Antrags und erklärte, es gehe niht an, daß ein verantwori- licher Minister der Krone unverantwortlihe Rathschläge gebe. Es sei unzulässig, daß ein tadelloser Mann, dessen Begabung zweifellos sei und der mit einer Zweidrittel-Mehrheit gewählt worden sei, mit Rücsiht auf das Judengetreibe in Ungarn nicht bestätigt werde. Der Abgeordnete Ebenhoch erklärte namens eines Theils der konservativen Partei, es sei dringend nothwendig, Aufklärung darüber zu erhalten, ob die Nicht- bestätigung Lueger's eine Verurtheilung der Bestrebungen einer polititishen Partei bedeute. Redner verwahrte sih dagegen, daß Oesterreih zu einem Vasallenstaat oder einem Komitat Ungarns herabsinke. Der Abgeordnete Prinz Liechtenstein führte aus, der Minister-Prästdent Graf Badeni wolle in Wien ihren, aber von Pest geführt werden; damit werde der voll- ändige Sieg der Partei des Redners nur beschleunigt. Prinz Liechtenstein hob {ließli die Eigenschaften Dr. Lueger's hervor und betonte, derselbe werde immer wieder gewählt werden. Der Untercichts-Minister Freiherr von Gautsch antwortete auf eine Bemerkung des BOeR Liechtenstein über die Haltung und die Abstimmung der einzelnen Minister: Die Haltung und die Ab- stimmung jedes Ministers im Ministerrath stehe unter dem Amtseide und entziehe fich jeder Diskussion; alle Vermuthungen in dieser Richtung seien unrichtig. Er erkläre in seinem eigenen Namen sowie im Namen seiner Kollegen, daß sie alle, und zwar jeder einzelne und alle in der Gesammtheit für den Beschluß des Minifsterraths und für den Minister - Präsidenten ein- ständen. Nachdemdie Abgg.Steinwenderund Hau sihfür dic Dringlichkeit ausgesprochen hatten, führte der Abg. Dr. Lueger aus, er wolle die Behauptung des Minister-Präsidenten richtig- stellen, daß ihm (Lueger) -vom Statthalter keine Bedingungen aen worden seien. Er wolle die Unterredung mit dem rafen Kielmannsegg wörtlih wiedergeben. Graf Kielmannsegg Jene ihm Unbescholtenheit sowie die Fähigkeit, die Verwaltung er Stadt Wien zu leiten und mit den Staatsbehörden zu verkehren, zugestanden, habe jedoch hinzugefügt, er fönne die Bestätigung nur vorschlagen, wenn Dr. Lueger sein Reichsrathsmandat niederlege und auf eine Wieder- wahl verzichte. Der Mer Bens welchem er die Bc- dingungen mitgetheilt habe, habe erklärt, er halte nihts davon. Darauf trat Dr. Lueger der Bemerkung des Minister-Präsi- denten entgegen, daß derselbe aus Schonung für seine C al Person gewisse Momente vershweige. Dr. Lueger rief aus: „J fordere Excellenz auf, zu sagen, was er von mir weiß.“ (Stür- mischer Beifall auf der Galerie.) Der Präsident gab den Auftrag, die Galerie räumen zu lassen. Nachdem dies geschehen, {loß Dr. Lueger mit dem Hinweis auf seine frühere objektive Ge- \häftsführung als Vize-Bürgermeister. Nahdem die Abgg. Dr. Kronawetter, Pernerstorfer und Weber für die Dringlichkeit gesprochen hatten, erklärte der Abg. Beer im Namen der Linken, daß alle Mittheilungen von geheimen Konventikeln und Berathungen dieser Partei grundlos seien. Die deutsch- liberale Partei verhalte sich objektiv und glaube, daß in erster Linie die Regierung zu ent- scheiden habe. Die deutsch - liberale Partei werde gegen die Dringlichkeit stimmen, da dem Antrage durhch die Beantwortung der Jnterpellation von seiten der Regierung

schon entsprochen sei; er behalte sich jedoch vor, gegenüber den

Erklärungen des Minister-Präsidenten über Ministerverant- wortlichkeit seiner Zeit im Hauje Stellung zu nehmen. Die Dringlichkeit wurde hierauf mit 118 gegen 64 Stimmen abgelehnt und der Antrag dem Budget - Ausshuß zuge- wiejen. Sodann wurde die Sizung geschlossen.

Der Bezirkshauptmann von Triebeis brachte in der gestrigen Sißung des Beiraths der Stadt Wien den Erlaß der Statthalterei, betreffend die Nicht- bestätigung Dr. Lueger's, zur Kenntniß und theilte mit, daß die neue Bürgermeisterwahl am Mittwoch oder Donnerstaa vorgenommen werden solle.

Nach einer Meldung aus Agram ist die Untersuchung gegen die an der Fahnen-Demonfstration betheiligten Studenten

eendet; 56 Studenten wurden unter Anklage gestellt ; die Verhandlung ist auf den 11. d. M. festgeseßt worden.

Frankreich.

In der Budgetkommission verlangten gestern der Minister-Präsident Bourgeois und der Finanz- Minister Doumer einige Abänderungen in Einzelheiten verschic- dener Budgets. Die Kommisfion beschloß jedoch, sämmtliche gelorderten Aenderungen abzulehnen und der Kammer das

udget in der von der Kommisfion festgeseßten Form vor- zulegen. Jtalien.

Gestern. hat in Rom der Prazes wegen des anarchisti- shen Komplotts gegen den Minister-Präfidenten Crispi begonnen; der Hauptangeschuldigte ist Lega, der ein Attentat auf Crispi verübt hatte. Die Verhandlungen vor dem Schwurgericht werden mehrere Tage dauern.

Türkei. :

Ein Hirtenbrief ist, wie „W. T. B.“ berichtet, bisher von dem armenishen Patriarchat in Konstantinopel nicht erlassen worden; die Kirchenbehörden find nur von der Ertheilung von Reformen telegraphisch verständigt und ermahnt worden, die Ausführung derselben abzuwarten.

Das in der Kaserne von Zeitun durch ungefähr 3800 Armenier eingeschlossene türkische Bataillon soll von Mustapha Pascha mit zehn Bataillonen entseßt worden sein; hierbei sollen 2800 Henry - Martini - Gewehre, 1200 Revolver und Munition in die Hände der Türken gefallen sein.

Bulgarien.

Die Sobranje hat gestern den Strafgesezentwurf in erster Lesung fast einstimmig angenommen. Der Minifier- Präsident Stoilow erklärte, der E sei nach aus- wärtigen Mustern ausgearbeitet, aber den Bedürfnissen des Landes angepaßt worden. Die Todesstrafe sei nur für vier Verbrechen aufrecht erhalten.

Amerika.

Der Madrider „Heraldo“ meldet aus Havanna: der Führer der ee Gomez habe ein Nundschreiben an alle seine Abtheilungsführer gerichtet, worin er anordne- das Eigenthum derjenigen zu zerstören, welche keine Ab-

gaben an dic Aufständishcn zahlten. Der Mulatte

aceo fordere enorme Tribute von der Landbevölkerung, indem er die Zuckerplantagen bedrohe. Die Banden der Aufständischen seien in der Provinz Havanna zerstreut, der Aufstand gewinne jedoch in der Provinz Matanzas an Boden. Die Insurgenten befolgten die Taktik, jeden Zusammenstoß mit den spanischen Truppen zu vermeiden. Asien.

Das „Reuter sche Bureau“ berichtet aus Shanghai, daß dem dort erscheinenden Blatt „Mercury“ zufolge eine Meuterei unter den chinesishen Soldaten in Kin- Kiang ausgebrochen sei, die sich weigerten, die Waffen aus- zuliefern, und ihren Vorgeseßten, die ihnen gegenüber machtlos seien, Tro ÿ böten. Die Lage sei bedenklich : die Eingeborenen jeien von einer Panik ergriffen, die wohlhabenderen von ihnen verließen die Stadt; die Ausländer häiten sich bewaffnet und seien aufgefor dert worden, für den Nothfall bereit zu sein.

Afrika.

Aus Kapjtadt erfährt das „Reuter'she Bureau“: Auf die Vorstellungen der britishen Regierung, daß die Abschließung der Furten des Vaalflusses dur die Transvaalregïerung ein vertragswidriges Vorgehen sei, habe der Präsident von Transvaal Dr. Krüger erwidert, die Furten würden ohne die Zustimmung der Königin von Großbritannien nicht wieder geshlofsen werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der ams. d. M. im 6. Arnsberger Wahlkreise (Dort- mund Stadt und Hörde) vorgenommenen Reichstags stic- wahl wurden nah amtliher Ermittelung insgesammt 46146 Stimmen abgegehen. Davon erhielten Dr. Franz Lütgenau (Sozialdemokrat) 24632 und Kommerzien - Rath Theodor Möller (natlib.) 21514 Stimmen. Ersterer is mithin gewählt.

Nr. 45 des „Zentralblatts für das Deutsche Reih“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 8. November, hat fol- genden Inhalt: Zoll- und Steuerwesen : Herausgabe eines neuen amtlihen Waarenverzeihnisses zum Zolltarif. Erscheinen eines neuen ftatistishen Waarenverzeichnisses und eines Verzeichnisses der Maffsengüter. Befugniß einer Zellstelle zur Abfertigung von Wollen- garn als hartes Kammgarn. Zollerlaß bei der Ausfuhr von Fabrikaten für das nahweislich dazu verwendete Paraffin und Karnaubawachs. Konsulatwesen: Bestellung eines Konsular- Agenten. Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstands-Akten. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Entscheidungen des Reichsgerichts,

Die in einem Zivilprozeß seitens einer Partei gesehene Vorlegung eines falschen, nach der Vorstellung des Thâters ge- eigneten urfundlihen Beweismittels für die Richtigkeit des geltend gemadten privatre{tlihen Anspruhs fann, nab einem Urtheil des Reichsgerihts, II1. Strafsenats, vom 25. April 1895, die Bestrafung des Thâters wegen Betrúgs zur Folge haben. „Richtig ist, daß die in einem Zivil- prozeß erfolgende Aufstellung bewußt wabrheitswidriger tha1säch- liher Behauptungen zur rechtlihen Begründung eines erhobenen privatrechtlichen Anspruchs im allgemeinen nicht geeignet ift, für die Konstruktion eines hierdurch wider den Prozeßgegner versuhten, nah Befinden vollendeten Betrugs verwerthet zu werden ... Daß aber der Gebrauch falscher oder verfälschter Beweismittel eine dem § 263 Str.-G.-B. unterstellte Täushungshandlung bilden fann, ift in Theorie und Praxis anerkannt.“ (934/95.)

Die Unfallversiherung, welhe nah ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Unfall jedes gewaltsame, plößlich und unabhängig von dem Willen des Versicherten von außen her mecha- nisch auf ihn einwirkende Ereigniß, welches eine Beschädigung des Körpers zur Folge hat, versteht, findet, nah einem Urtheil des Neichs- gerichts, YI. Zivilsenats, vom 26. September 1895, nicht ohne weiteres Anwendung auf den einem Arzt bei den von ihm vorgenom- menen bakteriologishen Untersuchungen durch Vergiftung zugeftoßenen Unfall. Dem Dr. O., Assistenten am Hygienischen Institut in H., waren bei den in dieser Eigenschaft vor ihm vor- genommenen bafteriologishen Unterfuhungen Cholerabacillen in den Mund gerathen, und O. starb einige Tage später, am 21. September 1894, an der Cholera. Der Verstorbene war bei einer Versicherungê- gefellshaft gegen Unfälle versichert gewesen, und seine Mutter und alleinige Erbin beanspruhte die für den Todesfall versicherte Summe. Die Peru ogeltihait lebnte aber die Zahlung ab, weil nah § 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Unfall jedes gewaltsame, plößlich und unabhängig von dem Willen des Berfäierten von außen her mehanisch auf ihn einwirkende Ereigniß verstanden wird, welches eine Beschädigung des Körpers zur Folge bat, und der Tod des Dr. O. auf einen solhen Unfall nicht zurückzuführen ist. Die Klage der Mutter gegen die Gefellschaft wurde in beiden Instanzen abgewiesen, indem das Berufungsgericht als den der Klägerin günstigsten Vorgang unterstellte, daß ihr Sohn, um einen hängenden Tropfen zu bilden, cholerabacillenhaltiges Waffer mittels einer Pipette angesaugt und durch versehentlih zu kräftiges Saugen dann in den Mund bekommen habe, eine gewalt- same Einwirkung auf den Verunglückten also nicht stattgefunden habe. Die Revision der Klägerin wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Daraus, daß der Dr. O. Arzt ge- wesen ift, folgt aber noch nit, daß er bei der Versicherung sich nicht den ibm mitgetheilten Bedingungen hat unterwerfen und \ich nur unter der Bedingung hat versichern wollen, daß ihm die Versicherungs- fumme auch für andere Unfälle, als die nach den Bedingungen unter die Versicherung fallenden ausgezahlt werde, wenn solche Unfälle ihn in seiner Berufsthätigkeit treffen follten.“ (151/95.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerihts.

In allen Fällen, in welchen geseßlih der Gemeinde-Einkommen- steuer das für die Staats-Einkommensteuer ermittelte Einkommen zu nde zu legen ift, können, nah einem Urtheil des Ober-Verwal- tungsgerichts, 11. Senats, vom 22. Juni 189, irrthümliche An- gaben, welche bei der Deklaration zur Staats-Einkommensteuer ge- macht sind und zu einer unrihtigen Einschäßung geführt haben, _bei de anziehung zur Gemeinde- Einkommensteuer niht ber üdck- (tigt werden. Eine Aktiengesellschaft hatte für die Staats- Einkommensteuer - Veranlagung pro 1894/95 ein dreijähriges Einkommen in Höbe von 75 580 defklariert, welche Ziffer bei der Ver- anlagung acceptiert wurde. Als sodann die Aktiengesellshaft zur de meinde-Cinkommensteuer pro 1894/95 ebenfalls mit dem von ihr em Staat gegenüber deklarierten Einkommen (2 von 75 580 4) L angezogen wurde, erhob die ns Einspruch, indem sie geltend baude, daß fie si bei ihrer Deklaration zu ihrem Nachtheil geirrt e; sie hâtte, wie die Bilanz ergäbe, die zur Zahlung der Dividende Verstärkung des Reservefonds verwendeten Beträge aus Versehen

nicht aus den Uebershüfsen des Betriebs, fondern aus den Aftivbeständen entnommen, und die Gemeindebehörde sei niht berechtigt, sich diesen Irrthum zu Nuße zu machen. Der Einspruch hatte feinen Erfolg, und die sodann von der Zensitin gegen die Gemeinde erbobene Klage wurde vom Bezirksausshuß abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin beftätigte das Ober-Verwaltungsgeriht das Urtheil des Beztirksaus\chusses, indem es begründend ausführte: „Was die Aus- legung des § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergeseßes vom 24. Juni 1891 („Der Kommunalbesteuerung is das ermittelte Einkommen ohne den Abzug von 32% zu Grunde zu legen“) anlangt, so bleibt der Gerichtshof bei der bereits früher ausgesprochenen a stehen. Danach is bei Aktiengesellshaften dasjenige Ergebniß, zu dem die staatlichen Einshäßungsbehörden unter Anwendung der Vor- schriften in den Abs. 1 und 2 a. a. O. gelangen, dann maßgebend, wenn das staatésteuervflihtige und das kommunalfteuerpflihtige Ein- kommen einander decken eine Vorausfeßung, die jedenfalls da ge- geben ist, wo der Gewerbebetrieb si lediglih in Preußen, sei es in einer, sei es in mebreren Gemeinden vollzieht .… . Es bleibt fein Raum mehr für eine Untersuhung darüber, ob bei der Deklaration die von der Klägerin behaupteten Jrrthümer vorgekommen ind oder

„nit. Sie könnten nur Berücksichtigung finden, wenn eine selbständige

Veranlagung geboten wäre.“ (II. 1013.)

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

: b pi in Berlin haben, einer Mittheilung der „Post“ zufolge, die e eumager der Firma J. Levi wegen Lohnftreits di: Arbeit eingestellt.

Zur M ewegung der englishen Sthiffsbau- arbeiter wird dem „W. T. B.“ aus Glasgow gemeldet: Nach einer Privatnahriht soll die Regierung den Cheffekretär für Irland Gerald Balfour angewiesen haben, bei den großen Rhedern Harland und Wolf Vorstellungen zu _machen, um eine Lösung der gegenwärtigen Krise herbeizuführen. Auh wird versichert, daß die Rheder von der Themse, vom Tyne und dem Wear die Absicht ausgesprochën hätten, durch Schließung ihrer Werkstätten mit den Rhedern vom Clyde und von Belfast zusammenzuwirken. Inzwischen ist die Firma A. W. Smith bom Werftbesiter-Verbande abgefallen; ihre Leute haben mit Ge- nehmigung des lofalen Arbeiter-Vollzug8aus\hufses die Arbeit gestern wieder ausgenommen. Vom heutigen Tage wird berichtet, man nehme an, daß der Ausftand in den nächsten Tagen beendet sein werde.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin find bei den hiefigen Standesämtern in der Woche vom 27. Oktober bis inkl. 2. November cr. zur Anmeldung gekommen: 846 Lebendaeborene, 458 EbesSließungen, 15 Todtgeberene, 523 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

_Der Professor der Archäologie an der Universität zu Leipzig Hofrath Dr. Johann Adolf Overbeck ist gestern gestorben. Er war der Enkel des Dichters Christian Adolf Overbeck (1755—1814) und ein Neffe des Malers Johann Friedrich Overbeck (1789—1869) und wurde am 27. März 1826 zu Antwerpen geboren. Er ftudierte in Bonn, habilitierte sch 1850 daselbst und folgte 1853 einem Ruf als Professor der fklassi-

sen Archäologie und Vorstand der archäologishen Sammlung nah

Leipzig. Er verfaßte außer einer großen Zahl von Aufsägen und Ab- handlungen, deren Mebrzabhl in den Schrifter der Königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften publiziert ist, einen Katalog des rheinischen Museums vaterländisher Alterthümer, eine Beschreibung der römischen Villa bei Weingarten und sfeine*große „Galerie heroischer Bildwerke der alten Kunst“, welhe ihm den Ruf als Professor nah Leipzig eintrug. In demselben Fahre veröffentlihte Overbeck seine funstarhäologishen Vorlefungen und unternahm verschiedene Studienreisen nahPompeji. AlsErgebniß derselben veröffentlichte er 1858 das bekannte Werk „Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken“, von dem vier Auflagen erschienen. Ebenfalls vier Auflagen erlebte seine „Geschichte der griehishen Plastik". Von weiteren Schriften verdienen Erwähnung: „Beiträge zur Erkenntniß und Kritik der Zeusreligion“, „Ueber die Lade des Kypselos“, „Die antiken Schriftquellen zur Geschichte der bildenden Künste bei den Griehen“ und endlih als sein umfafsendstes Werk die fünfbändige „Griechishe Kunstmythologie“. 7

Die „Gaceta de Madrid“ veröffentlihte einen Erlaß des Unterrihts-Ministers, wonach in dem neuen großen Bibliothek- und Museumépalast zu Madrid ein Museum für moderne nationale Kunst gegründet werden soll. Der Begriff „modern“ wird dahin erläutert, bah man nach reifliher Ueberlegung die Grenze zwishen älterer und neuerer Kunst in die Zeit verlegen wolle, wo die ästhetishen Theorien, von denen sich David und Canova bei der Schöpfung ihrer Werke leiten ließen, der spanischen Kunst eine neue Wendung gaben. Nah Ansicht der Sachverständigen sei der leßte Vertreter der älteren \panishen Malerei Goya, ebenso wie Adam und Vergara die der älteren Skulptur: daher endige au die Reihe der im Museo del Prado ausgestellten Werke mit ihm. Die neue Galerie werde infolge dessen mit Gemälden Madrazo?s und anderer Schüler David's und vmit Skulpturen und Basreliefs von Alvarez und Sola beginnen. In erster Linie sollen Werke, die im Besitz des Staats sind oder von ihm noch angeshafft werden, Auf- nahme finden. Zum Direktor des neuen Museums wurde Pedro de Madrazo ernannt.

Handel und Gewerbe.

Das Reichsbank-Direktorium hat neuerdings für das Wechsel-Inka sso der Reihs-Hauptbank eine mit dem 1. Januar 1896 in Kraft tretende Anordnung erlaffen, welche den zahlreichen Gescäftsleuten in den zwar nicht zum Gemeindebezirk Berlin, jedo zum Pofstbezirk Berlin geiragen Theilen der Berliner Vororte willkommen sein wird. Da diefe Geschäftsleute sich in ihrer Korrespondenz fast ausshließlih ihrer postalishen Adresse Berlin W., Berlin O. 2c. be- dienen und die fommunale Zugebörigkeit ihrer Geschäftslokale und Woh- nungen zu einem Vororte den auswärtigen Geschäftsfreunden in der Regel unbekannt ist, so lauten au die auf sie gezogenen oder bei ihnen domilizierten Wesel mit wenigen Ausnahmen auf Berlin als Zablungs- ort. Nach den geseßlichen Bestimmungen besteht indessen für die În- haber folher Wechsel keine Verpflichtung, dieselben in Geschäftslokalen oder Wohnungen, welche außerhalb des Gemeindebezirks des Zahlungs- orts Berlin belegen find, präsentieren zu laffen. Zur Erhaltung des Wechselregresses genügt vielmehr in diesen Fällen gemäß Art. 91 der Wehselordnung die Grhebung des fogenannten Windprotestes, wobei ohne vorherige Präsentation des Wechsels dur eine bei dem Berliner Einwohner-Meldeamt gehaltene Nachfrage von dem Protestbeamten fest- gestellt wird, daß das Geschäftslokal bezw. die Wohnung des Präsen- taten in Berlin nicht zu ermitteln sei. Die Reichsbank hat em gema bisher Wecbsel-Präsentationen in jenen Vorortstheilen des Postbezirks Berlin durch ihre Kassendiener nit vornehmen lassen, ift aber über ihre gesetzlichen Verpflichtungen hon insofern hinausgegangen, als sie dur die Reichsbank-Hauptkasse in jedem Fall eine schriftliche Aufforderung hat ergehen laffen, den Wechsel am Fälligkeitstage bei ihr einzulösen oder, wenn es fi um die Annahme eines Wechsels handelt, diese bei ihr binnen bestimmter Frist zu erklären. Mit Rücksicht auf die fort- schreitende Ausdehnung und Vershmelzung Berlins mit den Vororten hat das Reichsbank-Direktorium es nunmehr für gerechtfertigt erachtet, den betheiligten Geschäftsleuten noch weiter entgegenzukommen, und demzufolge beschlossen, vom 1. Januar 1896 ab die auf Berlin lautenden Wechsel innerhalb des Postbezirks Ber[in ohne Rücksicht auf die Gemeindebezirksgrenze sämmtlih durch Kafssendiener zur Zahlung oder Annahme vorlegen zu laffen, obwohl dadurch eine

niht unerbeblihe Vermehrung des Kafsendiener-Personals herbeigeführt wird. Vorausseßung dafür bleibt nur, daß auf den betreffenden Wechseln keine andere Ortschaft als Berlin als Zahlungsort bezeichnet ist. Wechsel, in deren Adresse ein Berliner Vorort, sei es allein, sei es in Verbindung mit Berlin angegeben ift, z. B. Charlottenburg, Ranke- straße, oder Berlin-Schöneberg, Winterfeldplat u. dergl., müssen von dem Ankauf oder dem Inkasso dur die Reichsbank nach wie vor ausgeshlofsen bleiben. Hinsichtlich der Protefterhebung nah frutloser râsentation bewendet es bei dem bisherigen, aus der Vorschrift des ri. 91 der Wechselordnung \sih ergebenden Verfahren.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. __ An der Ruhr sind am 8. d. M. geftellt 11 993, nit rets ¿eitig geftellt 449 Wagen. _ In Oberschlesien sind am 7. d. M. gestellt 5193, nit recht- zeitig gestellt 655 Wagen.

Vom Berliner Pfandbrief - Institut find bis 31. Oftober d. J. 18785100 M 3} %/%, 21577800 M 4 9%, 45 700800 M 43%, 9707100 A 5% alte Pfandbriefe und 16120100 A 32 % und 4923300 A 3 % neue, zusammen 116 814 200 A Pfandbriefe auegegeben worden, wovon noch 14 214 600 Æ 33 %%, 11126 400 A 49/0, 11562900 M 43 %%/o0, 2084 990 Æ 95 9/9 alte Pfandbriefe und 16 120100 A 3209/9 ‘und 4 923 300 Æ 3 9/9 neue, zusammen 60 031 850 Æ Pfandbriefe von den Grundstückseigenthümern zu verzinsen sind. Angemeldet zur Be- [leibung in Neuen Berliner Pfandbriefen sind bis 30. Oktober d. Œ 106 Grundftücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 23 995 500 4 Zugesichert, aber noch nit abgehoben find 8549 800 4

Dem Königlich württembergishen Statistischen Landesamt kommen dur die Königlichen Oberämter alljährlih Uebersichten über den Verkehr auf den Wollmärkten Württembergs zu nach den von den Marktmeistern geführten Registern. Im eStaats-. Anz. f. Württemb.“ werden nun die wichtigsten Ergebnisse der für das laufende Verkehréjahr 1895 gemachten Erhebungen veröffentlicht. Darnah belief sich in den 7 Städten Kirhbeim u. T., Ulm, Heil- bronn, Tuttlingen, Ellwangen, Sulz a. N., Mergentheim, in welchen wahrend des leßten Sommers Wollmärkte abgehalten wurden, die Zu fubr an Wolle auf im Ganzen 6060 Doppel-Ztr. (zu 100 kg) gegen 6293 im Vorjahr und 7437 im Jahre 1893; darunter be- fanden sich 168 Doppel-Ztr. deutsche, 5231 Doppel-Ztr. Bastard-, 15 Doppel-Ztr. spanische, 646 Doppel-Ztr. gemischte Wolle. An der Gesammtzufuhr waren Kirhheim mit 2657, Ulm mit 1466, Heilbronn mit 1387 Dopvpel-Ztr. (zusammen 91 %%) betheiligt, wogegen auf die vier übrigen Marftorte zusammen nur 550 Doppel-Ztr. (99/0) entfielen. Verkauft wurden inégesammt 5823 Doppel-Ztr. glei 96% der Zufuhr. Als höchster Preis wurden bezahlt für deutsche Wolle 196 4 (Sulz a. N.), für Bastardwolle 276 4 (Kirch- heim u. T.), für spanishe Wolle (nur in Kirbheim u. T. gehandelt) 330 A und für gemishte Wolle 206 4 (Kirchheim u. T.) je für den Dovpel- Zentner, während der Durchschnittspreis überbaupt sich für die gedachten Wollgattungen auf 178, 218, 312 und 192 4 für den Doppel - Zentner stellte. Als Gesammterlös wurden erzielt 1 249 348 Æ (gegen 1 282 889 im Sabre 1894 und 1562765 M 1893), und zwar für deutsche Wolle 29 964 4, für Bastardwolle 1090491 #, für spanische Wolle 4680 A und für aemischte Wolle 124213 A In Kirchheim allein erreihte der Geldumsag die Höbe von 588674 #, in Ulm betrug er 315299 , in Heilbronn 236 114 A (zusammen in diesen Marftpläßen 91,2 9/5), während Tuttlingen, Ellwangen und Sulz a. N. einen Erlös von 53 000 bezw. 26316 bezw. 23084 A (zusammen 8,2 9/0) und Mergentheim einen solhen von nur 6861 (0,6 9%) auf- weisen. Jm Vergleih mit dem für die 10 Vorjahre fich berechnenden Durchschnitt ergab das Verkehrsjahr 1895 bei der Zufuhr und der Verkaufêmenge sowohl als insbesondere bei dem er- zielten Erlös eine erheblihe Abnahme. Es betrug nämli im Mittel der Periode 1885/94 die gesammte jährlihe Wollzufubr 8560 Dopp.- Zir., die verkaufte Wollmenge 8391 Dopv.-Ztr. und der bierfür ver- einnahmte Grlôs 2277424 Æ, wonah die hbeurige Zufuhr um 29,3 °/o, der Wollumsaß um 30,6%, der Gesammterlös um 45,1 9/9 binter dem zehnjährigen Mittel zurückbleibt.

Magdeburg, 8. November. (W. T. B) Zugdckerbericht. Kornzucker erfl., von 92%/ —, neue 11,10—11,25. Kornzudter ert. 88% Rendem. 10,60—10,75, neue 10,65 —10,75. Nachprodukte él. 75/0 Rendem. 7,60—8,45. Stetig. Brotraffinade 1 23,00 —23,25. Brotraffinade 11 22,75. Gem. Raffinade mit Faß 23,25—23,50. Gem. Melis 1 mit Faß 22,25. Ruhig. Rohzucker 1. Produkt Trans. f. a. B, Hamburg pr. November 10,624 Gd., 10,674 Br., pr. Dezember 10,75 Gd., 10,774 Br., pr. Fanuar-März 11,00 Gd., 11,05 Br., pr. April-Mai 11,20 Gd., 11,224 Br. Rubig. Wochen- umsaß im Rohzuckergeshäft 315 000 Ztr.

Leivzig, 8. November. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. November 3,10 4, pr. Dezember 3,125 4, pr. Januar 3,127 4, pr. Februar 3,15 , pr. Mârz 3,15 #, pr. April 3,15 #4, pr. Mai 3,172 4, pr. Juni 3,20 , pr. Iuli 3,20 A, pr. August 3,222 4, vr. September 3,225 4, pvr. Oktober 3,25 A Umsay 25 000 kg. Schwach.

_ Sonneberg, 8. November. (W. T. B.) Auf Verlangen der hiesigen Handelskammer theilt der hiesige amerikanische Konsul Partello mit, daß die Nachricht über große Z olldefraudationen hiesiger Erporteure niht von ihm, _sondern von Zollunterbeamten in New-York herrühre. Er habe auf dem dortigen Zollamt Waaren geprüft und werde diefe Prüfung nach seiner Nückfehr noch energischer und genauer vornehmen. Viele der Fabrikanten müsse er wegen ihrer Ehrlichkeit und Korrektheit sehr hohshäten.

Bremen, 8. November. (W. T. B.) Börsen-SHhlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offiziele Notierung der Bremer Eemiena « Börse.) Stramm. Loko 6,80 bez. Baumwolle.

ubig. Upland middl. loko 442 ». Schmalz. Ruhig. Wilcox 31I A, Armour shield 31 4, Cudaby 327 u, Fairbanks 264 S. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 27. Wolle. Umsatz: 169 Ballen. Taback. Umsay: 148 Fäfser Kentucky, 55 Fässer Maryland, 209 Packen Carmen, 500 Paten St. Felix.

St. Gallen, 9. November. it Rücksicht auf das neue Bundesgeseß über das Stimmrecht der Aktionäre der Eisen- bahnen beschloß der Regierungsrath die Umwandlung von 3800 M PIriS Allien der vereinigten Schweizerbahnen in Namen-

ien.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite englishe Post über Ostende vom 8. November aus- geblieben. Grund: Nebel auf See.

Zur Bestreitung der durch den Bau einer festen Brücke über den Rhein von Bonn nach Beuel bedingten Ausgaben hat die Bonner Stadtverordneten-Versammlung die Aufnahme einer Anleihe von 4 000 000 Æ beschlossen, welche mit 3 °/o verzinst und mit § °/6 amortisiert werden soll. Die Genehmigung des Bezirksausschufses zur Aufnahme der Anleihe if bereits erfolgt. Die Arbeiten zur Erweiterung der Rheinwerft in Bonn schreiten rüftig voran und werden vorauss\ictlih in einigen Wochen beendet sein.

Bremen, 9. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs-Postdampfer „Gera“ if am 7. November Morgens in Aden angekommen. Der Postdampfer „Braunschweig“ is am 7. November Vormittags auf der Weser gan,

London, 8. November. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Arundel Castle* ist heute auf der Heimreise in London an-

ekommen. Der Union-Dampfer „Greek" if heute auf der Ausreise von den Canarischen Inseln abgegangen.