Erneck zwar mit natürli@er Veranlagung, haft verkôörpert wurde. Nicht recht am Play erschien Carl Schönfeld in der Rolle des S({hlofsers Knorr; sein su, den hier unumgänglih nothwendigen Berliner Dialekt durhzuführen, mißlang. Männlich und glaubhaft ftellte Herr Kraußneck den Fabrikanten Körner dar. Auch Herr Bassermann zeihnete \ih in der Episodenrolle eines blasierten Barons aus. Die beifäklige Aufnahme des Stücks und der zablreihe Besuch ließen darauf \{ließen, daß es noh recht lange auf dem Spielplan verbleiben wird.
Konzerte.
Die hier woblbekannte Dro Vrsagein Frida Scotta aus Kopenhagen licß \ich gestern im der Sing - Akademie bôren und gewann fich durch den gelungenen Vortrag zweier Sätze aus dem D-dur-Konzert von Mozart, des Rondo capriccioso ven Saint-Saëns, einer Romanze von Holter, der Polonaise von Wieniawski und einiger anderen Violinftücke von neuem die Gurft des zablreich ershienenén Publikums. Der mitwirkende Baritonift Herr Vigo Bielefeldt erfreute außerdem durch mehrere Lieder von Hornemann und Heise, die er mit gut geshulter Stimme und verständiger Vortragêweise unter lebbaftem Beifall ausführte.
An demselben Abend trat der hier nob unbekannte Klaviervirtuose Karl Prohaska aus Wien mit seinen künstlerishen Leistungen im Saal Bechstein hervor. Er begann mit Beethoven's Variationen und Fuge op. 35, die er mit technischer Sicherheit und lebendiger Auédruckêweise vortrug. Cine Sonate eigener Komposition, die bierauf folgte, {loß sih etwas zu bemerkbar an den Stil J. Brahms? an, ließ jedo, von einigen Längen abgesehen, ein erfreuliheë Talent er- kennen. Von den noch außerdem vorgetragenen Stüdcken gefielen am meiften „Des Abends“ und „Traumeêswirren“ von Schumann, sowie die poetishen Stimmungébilder von Dvorák und Liszt’'s fünfzehnte Rhapfodie, welche sich einer sehr günstigen Aufnahme erfreuten.
aber eiwas 1ag-
Im Königlihen Overnhause geht morgen Wilbelm Kienzl’'s musikalishes Schauspiel „Der ngelimann* zum 14. Mal in folgender Beseßung in Scene: Mathias: Herr Sylva; Jokannes: Herr Bulß; Justitiär: Herr Mödlinger ; Martha: Frau Pierson; Magdalena: Frau Götze; Zitterbart : Herr Lieban; Schnappauf: Herr Krolop; Hans: Herr Philipp. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. Hierauf folgt das Ballet „Phan- tasien im Bremer Rathskeller“, in welhem die Damen Dell? Era und Urbanéfa auftreten. — Sir Arthur Sullivan if aus London bier eingetroffen und wohnte bereits einer Probe von „Jyanhoe* bei. 7 os wetam für die erfte Aufführung beginnt Sonnabend, den 16. d. s
Im Königlihen Schauspielhause wird morgen das Lustspiel „Frauenlob“ und das Poffenspiel „Der Diener zweier Herren“ gegeben.
Das Deutsche Tbeater hat die Schauspielerin Frau Agnes Sorma au für die Spielzeit 1896/97 verpflictet.
Das Grillparzer'’she Trauerspiel „Des Meeres und der Liebe Wellen“, das am nächsten Sonnabend im Berliner Theater zum ersten Mal aufgeführt werden soll, wird von Dr. Mar Pobl in Scene geseßt. S :
Herr von Reznicek, der Komponist der hon an mebreren Bübnen erfolgreih aufgeführten Oper „Donna Diana“, wird der Erstaufführung seines „Nequiems* im Konzert des Königlichen Opern chors (Dirigent Weingartner) am 23. November beiwohnen. Profeffor Halir spielt in demselben Konzert das Violin- Konzert ven Brahms.
Zum 3. Svymphbonie- Abend der Königlihen Kapelle am 20. November findet an demselben Tage, Mittags um 12 Ubr, die öffentlihe Hauptprobe statt.
Im nächsten (I1V.) Pbilharmonishen Konzert (am 25. No- vember) wird Artbur Nikish wei klassishe Symphonien, und zwar } warn’ G-dur-Sympbonie Nr. XII! und Séumann's C-dur-
ymvhonie aufführen. Der Solift des Abends is Eugen d’Albert.
Am Montag, den 18. November, Abends 74 Ubr, findet în der Dreifaltigkeits-Kirhe zum Besten des seit mebreren Jahren erblindeten Familienvaters Hermann ein Geistlihes Konzert statt. Jhre Mitwirkung haben zugesagt: Frau Professor Sch&ulgen von Asten (Sopran), der Konzertsänger Herr Kleinete (Baß- Bariton), Professor Emaruel Wirth (Violine), der Königliche Kammermusiker Herr Friß Maneke (Cello), Herr Organist Friedrich und der aus über 100 Personen bestehende Otto Shmidt’sche gemischte Chor: Dirigent Herr Otto Schmidt. Billets zu 1 und 2 AÆ sind zu baben in der Hof-Musikalienhandlung von Bote und Bock, Leipziger- strafe 31, und am Konzertabend am Eingang der Kirche.
Mannigfaltiges.
Die unausgesetten mehrtägigen Verhandlungen über die abend- lide Beleuhtung der großen Induftriehalle der Berliner S ewerde Sue ns 1896 haben, wie ter Arbeitsauss{uß mittbeilt, geftern ihren Abs{Gluß in einem Uebereir.kommen gefunden, das allen Strömungen und Anschauungen unter Wahrung der finanziellen Gesichtspunkte gereht wird. Das Syndikat der deutschen Elektrotehniker hat, auêëgebend von dem dankenswerthen An- erbieten einer zu ihm gebörigen Firma, sch mit gleihem Entgegenkommen bereit erklärt, eine eigene Kraflftation ein- zurihten, von der aus 1000 P. S. eleftrisher Span- nung abgegeben werden. Hierdurch wird eine Beleuchtung der agrcßen Industriehalle in so ausgiebiger Weise ermöglicht, daß die besondere Beleuchtung für die einzelnen Ausfteller in Wegfall kommt. Um aleichzeitia den Forderungen der Maschinenbauer zu genügen, die bis 3400 P. S. liefern, ift vereinbart, daß die erwähnte Kraftstation des Syntikats der Elektrote{niker weder ausftellungsmäßig hergestellt noch den Auséstellungsbesuchern zugängia gemaht wird.
Ueber die Gruppe XXIll „Deutsche Kolonial -Aus- stellung“ wird von dem Prefbureau der Auésftellung berihtet: In der legten Vorftandésitung ließ sich erkennen, daß durch das Zusammen- wirken so vieler bervorragender Kräfte auf folonialem Gebiet diese Auëftellung etwas ganz Hervorragendes bieten wird. Der stellvertretende Vorsizende Herr E. Selberg hob besonders hervor, daß die gesammte deut!e Industrie, soweit sie für die deutschen Kolonien in Betracht tâme, berechtigt sei, an der Arsftellurg theilzunebmen. Die Hanse- tädte Hamburg und Bremen werden voraussihtlich gemeinsam auf der Ausftellung vertreten sein. Auch die deutschen Mi}sionen werden sich betheiligen. Das Auétwärtige Amt kat zu seinem Vertreter auf der Ausftelung Herrn Legations-Rath Rose ernannt. Die Dezer- nenten der verschiedenen Unterkommissionen referierten ‘alsdann über tas Fortschreiten der Arbeiten in ihrem Ressort, so Herr Maler Hellgrewe über den fkünstlerishen Theil der Ausstellung, Baurath, Professor Wolf über die technischen Arbeiten, Konsul Vobsen über den wisienscktaftlihen Theil und Graf S&weiniß über Ost-Afrika. Herr Dr. Deve malte die er- freulihe Mitibeilung, daß Südwest-Afrika ganz hervorragend vertreten sein werde, indem die Kolonie selbst eine Abordnung auf eigene Kosten hierher sendet; dieser Abordnung schließen si einige angesehene Gin- geborene an. Während der ganzen Dauer der Ausstellung sollen all-
der vielleicht- bi EIESUELS Mate She ne Haniel
Nachdem auf das Preisaus\shreiben des Vereins deutscher Ingenieure, welhes „eine kritische Darftellung der Entwickelung des Dampfmaschinenbaues während der leßfen j Jahre“ zum Gegerstand batte, eine Bewerbung nicht eingegangen war, bat der Verein unter Mitwirkung der Verlagsbuhhandlung ven Julius Springer den Preis verdoppelt, auf 10 000 Æ, und die Bewerbung von neuem mit dem Sclußtermin für die Einlieferung am 31. De, zember 1208 E De An E E find Hes frei von Seschäftsftelle Vereins d er Ingenieure, Berlin, W. Wilhelmstraße £0a., zu erbalten. 9 n
Der Abs{luß des Grund- und Lagerbuches der Stadt- gemeinde Berlin für das Rechnungsjahr 1. April 1894/95 ergiebt an Aktiven 543 339486 #, darunter an Grundftückswerthen 356 645 526 A Schulden waren dagegen vorhanden 288 803 031 „46, darunter an Obligations- und Anleibeshulden 282 644 123 4 Es ergab fi mithin Ende März 1895 ein Vermögensbeftand von 254 536 473 Æ; derselbe ift um 3 161 692 Æ höher als im Vorjahre. Das Stiftungëvermögen der Stadtgemeinde if gegen das Vorjabr un E A #Æ gewachsen; dasselbe betrug Ende März 1895
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Straßburg, 12. November. Der Gemeinde Kurzel, zu welcher das Kaiferlide S(loß Urville gehört, wird, wie tie „Straßb. Korr." mittheilt, ein neuer Gnadenbeweis Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin durch Errichtung- einer Wohl- thätigkeitéanstalt zu theil. In der Urkunde, welche diesem Aft bochberziger Fürscrge Auëdruck verleiht, einer vom 17. Oktober d. J. aus S{loß Urville datierten Kaiserlichen Ordre, beißt es darüber : „Zu dauernder Grinnerung an den ersten Besuch, den Ib in Gemeinschaft mit Meiner Gemaklin, Ihrer Majestät der Kaiserin, Meinen Besitzungen in Lotbringen gemadt habe, wollen Wir, die Kaiserin und Jch, zum Besten der Gemeinde Kurzel eine Stiftung errichten, welche dazu dienen soll, bohbetagten Angehörigen dieser Gemeinde beiderlei Geshledts und aller Konfessionen ein Asyl für die Tage ihres Alters zu gewähren. Die Stiftung, welche durh einen besonderen Vorstand zv vertreten und zu verwalten sein wird, soll den Namen „Wilhelm-Viktoria- Stift“ führen. Zur Errichtung und Unterhaltung der Stiftung segen Wir den Betrag von 60 000 e aus und behalten Uns vor, für E innere Einrichtung der Anftalt noch ein besonderes Geschenk ¿u ma e
Nach Schluß der Redaftion eingegangene Depeschen.
Konstantinopel, 13. November. (W. T. B) Jn amtlihen türkfishen Kreisen spricht man den pessimistishen Berichten eines Theils der europäishen Presse über die Lage in Konstantinopel auf das entschiedenfte jede Berechtigung ab und bezeichnet die in dieser Beziehung gehegten Besorgnisse als gänzlih unbegründet. Auch die Nachricht von einer Erhebung in Yemen wird von amtlicher türkischer Seite als durchaus grundlos bezeichnet, da der Pforte bisher keine derartige Mel- dung zugegangen sei.
(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
e E E L O i i A
MWetterberibt vom 13. November 8 Ubr Morgen.
Steinmann.
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| Wetter.
40 R.
Stationen. Wind.
von Adolf Steinmann. Dirigent: nn. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 250, Vorstellung. Lustspiel in 3 Aufzügen von Rudolvb Lothar. In Scene geseßt vom Ober-Regiffeur Mar Grube. — Der Diener zweier Herren. 1 Aufzug, nach dem JItalienischen des
Musikdirektor Franenlob.
Arpad von Berzik. Anfans 74 Usr. Freitag: Seine Jllufionen. ofsensviel in arlo Goldoni,
— Vorher: Jllufionen. Plauderei in 1 Aft von | Deutsh von
Getwesene.
Sonnabend: Zum ersten Male: Die nene Zeit. Schauspiel in 4 Akten von Richard Voß.
Konzertsaal, Potsdamerstraße 9. Donnertêtag, Anfang 7+ Ubr: Konzert von Pauline Hofmann (Klavier) und Johanna Weife (Gesang).
Josef Jarno.
— Vorher:
Zirkus Renz. Karlstraße. Donnerstag, Abends
Temperatur in 9 Celsius
5'halb bed. 1ihalb bed. 3\wolkig 2|Dunft 2 Regen 2/Regen 5'bedeckt 2'bedeckt
50°C.
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Theater.
Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern- haus. 160. Vorstellung. Der Evangelimaun. Musikalishes Schauspiel in 2 Aufzügen, nach einer von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. In Scene ge- seßt vom Ober-Regifseur Teßlaff. Dekorative Ein- richtung vom Ober-Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeifter Dr. VMuck. — Phantafien im Bremer NRathskeller. Phantaftiswes Tanzbild, frei nah Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik
von Emil Pohl. In Scene gefeßt vom Ober- Regisseur Max Grube. Anfang 7# Uhr.
Freitag: Opernhaus. 161. Vorstellung. Alessandro Stradella. Romantishe Oper in 3 Akten mit Tanz von Friedrih von Flotow. Tert von Wilbelm Friedrih. (Alessandro Stradella: Herr Emil Göge, Könialicher Kammersänger, als Gast.) — Vhautafien im Bremer Rathskeller. Phbantastishes Tanzbikd, frei nah Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Anfang 7# Uhr.
Schauspiclhaus. 251i. Vorstellung. Egmont. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Wolfgang von Goethe. Musik von Ludwig van Beethoven. Anfang 7 Ubr.
Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Jn Kroll's Theater: Hänsel und Gretel. TMärchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdink. — Die Puppenfee. Pantomimisches Ballet-Divertissement von Haßreiter und Gaul. Preise der R af Loe 5 M Mittel-Parquet und ittel- Balkon 3 A Seiten-Parquet und Seiten-Balkon 2 Æ Stebplay 1 A — Abends 7 Uhr: Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Niemann. Preise der Pläße: Fremden-Loge 4 Mittel-Parquet und Mittel-Balkon 2 A 50 4. Seiten-Parquet 2 A Seiten-Balkon 1 4 59 4. Stehplayz 75 4.
Deutsches Theater. Donnerstag: Zum erften Male: Tedenm. Komödie von Ernft Rosmer. Anfang 7# Uhr.
Freitag: Romeo und Julia.
Sonnabend: Tedeum.
Berliner Theater. Donnerstag: Hasemann’s Töchter. Anfang 74 Uhr.
Freitag (11. Abonnements-Vorstellung): Hase- manu’s Töchter.
Sonnabend: Zum ersten Male: Des Meeres und der Liebe Wellen.
Lessing-Theater. Donnerstag: Die Venus O — Die Romantischen. Anfang
L.
Freitag: Gräfin Frigzi. Sonnabend: Madame Saus-Gêne.
Residenz - Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Der Rabeuvater. S&wank in 3 Akten von R Fr. Fisher und Josef Jarno. — Vorher: Aber die Ehe! Komödie in 1 Akt voo P. Linfemann. Anfang 74 Ubr.
Freitag und folgende Tage: Der Rabenvater. — Vorher: Aber die Ehe!
Friedrich - Wilhelmslädtishes Theater. Chaufseeftraße 25—26. Donnerstag: Gastspiel der Liliputaner. Jeden Abend 74 Uhr: Die Reise nach dem Mars.
Neues Theater. S@jifbauerdamm 4a. /5. Donnerstag: Seine Gewesene. Schwank in
3 Akten von Friß Brentano und Carl Tellheim.
Sonntag Nachmittag: Vorftellung des Vereins für Volksunterhaltungen. Sonntag Abend: Die neue Zeit.
Tyeater Unter den Linden. Direktion: Julias Fritsche. Donnerêtag: Neu einstudiert : Der Mikado, oter: Ein Tag in Titipu. Burleske-Operette in 2 Akten von S. S. Gilbert. Deutsch von Julius Frizshe. Musik von A. Sulli- van. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. — Hierauf: Großes Ballet - Divertifsement, arrangiert und entworfen vom Balletmeister Herrn Iean Reisinger. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfana 7# Uhr.
Freitag: Der Mikado. — Hierauf: Großes Ballet-Divertissement.
Adolph Ernfst-Theater. Dennerêtag:Parade- bummler. Besezung der Hauptrollen: Anna E Fe Dora, Deer g A N
enst, Inlius Cyben, Hugo Haßkerl, Ri Jürgas, E Se, Cari ‘Weis, Georg Worlißsch.
nfang 73 Ubr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Sonnabend, Nachmittags 3 Ubr: Zum erften Male wiederkßolt: Der kleine Lord. Kinder in Begleitung Erwawsener zahlen die Hälfte.
Zentral-Theater. Alie Jakobstraße Nr. 30 Direktion: Richard Schulß. Emil Thomas a. G.
Donnerstag: Eine tolle Nacht. Große Aus- ftattungsposse mit Gesang und Tanz ix 5 Bildern von Wilb. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesezt vom Dircktor Rickard Schultz. Die Tanz-Arrangements vom Balletmeifter Gundlaw. Anfang 7j Ubr.
Freitag: Eine tolle Nacht.
Konzerte.
Konzert-Haus. Donnerêtag: Karl Meyder- Konzert. Ouv „Le Roi d'Ys“, Adam. „Mignon“, Thomas. „Dichter und Bauer“, Suppé. „Auf forderung zum Tanz“ von Weber. Phantasie aus „Lohengrin* von Wagner. Walzer „Der Frauen Lebe und Leben* von Blon. „Offenbachiana“, Poipourri ven Conradi. Fauft-Phantasie für Violine von Sarasate (Herr Giraiéek „Karneval von Venedig“ für Pifton von Arban (Herr Werner).
Sing-Akademie. Donnerêtag, Anfang 8 Uhr: Konzert der Piauistin Elsa Rau.
Philharmonie. Doanerstag, Anfang 74 Uhr: Konzert vom Sängerbund des Berliner Lehrer- Vereins. E
Sggi Bechstein. Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 8 Uhr: Lieder-Abend von Selma Nicklaß- Kempner.
7# Ubr: Gala-Vorstelluug. 1870/71. Großes militärishes Auéftatitungsftück mit Tänzen, Gruppie- rungen, Gefechten zu Fuß und zu Pferde in zwei Abtheilungen vom Direktor Fr. Renz. Außerdem: Donner und Darius, Rapphengst, auf eine originelle Art dressiert und vorgeführt von Herrn Rob. Renz. Hierauf: Donner, Rapphengst, das Vollendetste der Pferdedrefsur. Auftreten der Schulreiterin Frau Robert Renz mit dem Schulpferde Feruccto. Hierauf: Neu! Der Bagucttesprung. Miß Amalie und Mr. James Jee auf zwei gespannten Telephondrähten. Chicago, Rappbengst, in der boben Schule geritten von Mr. Gaberel. Auf- treien der hervorragendstea Reitfünuftlerinnen und Reitfkünstler. Komische Entrées uod Intermezzis von sämmtlichen Gsowns und dem beliebten „August“ Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austragezetteln ersichtliŸh.
Freitag, Abends 75 Uhr: Jubiläums : Vor- stellung. Zum 25. Male: 1870/71,
Sonntag: S Vorsteliuugen. Nachmittaas 4 Uhr : Tjo Ni En. bends 75 Ubr: 1870/71,
Familien-Nachrichten.
| Verlobt: Frl. Martba Behnish mit Hrn. Guts-
besiger Bruno Müuister (Raduschkowiz—Kroits{). — Frl. Maria von Conring mit Hrn. Rittmeister a. D. Ferdinand Frhrn. von Wrede-Melschede (Hamburg—Düfseldort). — Frl. Elifabeth Jarius mit Hrn. Regierungs-Baumeister Franz Schulz (Wriezen a. O. — Freienwalde a. D.). — L Margarethe Kubig mit Hrn. Hans von Köller- Banner (Berlin). .
Verehelicht: Hr. Kammerherr Karl Frhr. Viy- thum von Egersberg mit verw. Fr. Vberst von Haeseler, geb. Gedike (Dresden). — Hr. Diafonus Kosmala mit Frl. Bertha Regebly (Konstadt).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieut. Körner (Breslau). — Eine Tochter: Hrn. Pastor Ernft Sclapp (Brandshagen).
Gestorben: Hr. Geheimer Regierungs-Rath Dr. theol. Karl Friedri Theodor Schneider (Schleë- wig). — Fr. Professor Oëcar Begas, Marie, geb. Beerend (Berlin—Wannsee). — Verw. Fr- Superintendent Eoeline Fichtner, geb. Kierftein (Trebniß i. Schles). — Hr Strafanstalts- Inspektor a. D. Gustav Dobschall (Görliß). —
Hr. Inspektor Ferdinand Applerc (Berlin). — Hr-
Kalkulator Wilbelm Jahnke (Altdamm). — OVr-
Kanzlei-Rath a. D. Eduard Benfstein (Berlin).
Verantwortlicher Redaëteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expekition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (einMhlie5zlich Börsen-Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.
M 272.
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Berlin, Mittwoch, den 13. November
1895.
Literatur.
Lyrisches, Epishes 2. *)
Im Jubiläuméjahr des großen Krieges gegen Frankrei ift neben den n E Ereignissen jener denkwürdigen Zeit, die das deutsche Volk mit ftolzer Freude feiert, auch die Gestalt des „Füsiliers Kutshke“ wieder in den Vordergrund des allgemeinen Interesses
idt worden. Bekanntlich war es dem Gesblechte von 1870, das
ie herrlihen Siege auf Frankreichs Boden erfohten hat, nicht ver- önnt, so wie die Ahnen aus der Zeit der Befreiungëkriege seinem len und Denken im Liede Auêdruck zu geben. Die Lieder, die vor
Jahren unsere Krieger begeifterten, ftammten aus früheren Zeiten, und die Leier unserer großen lebenden Dichter, denen vorher für die Sebnsuht na der Einheit und nah dem Reihe fo tiefe tône zu Gebote standen, versagte nun, wo es in den Entscheidungskampf ging, ebenso wie sie es gali, das Errungene, das endlich gewonnene Deutsche Reih zu preisen. Nits von den vielen s{önen, begeisterten Versen Freiliarath?s, Geibel's, Wilbelm Jensen's vermag au nur annähernd ein Bild zu geben von der nationalen Begeisterung, die damals wie ein Sturmwind über die Lande ging. Zur binreißenden Nationalhymne wurde keins von ihren Liedern, sondern die „Wacht am Rhein“, die {hon 1840 entftanden war! Und niemand padckte die Stimmung des Augenblicks fo glücklich, wie das Sturmlied des alten Ernst Moriß Arndt aus dem gleihen Jahre „All Deutschland in Frankreich hinein !“, das wik an der Spiße der Sammlung „Lieder zu Schuß und Trußz“ (Berlin, Lipperbeide. 1871) finden. Von den Liedern der Kriegszeit selbft sind es eigentlich nur iwei, die im Volke lebendig geblieben find: das
i „König Wilhelm saß ganz heiter — Einst. zu Ems und dacht’ niht weiter — An die Händel dieser Welt* von Wolrad Kreusler und das berühmte „Kutschke - Lied“. Schon bald nah dem Kriege begannen die , Streitigkeiten über den Verfasser des leßteren. Es entstand eine fleine Kuti{feliteratur. Eine Broschüre von Karl Pauli „Neue Forshungen über den Ursprung des Kutshke-Liedes* (Münden, H. Augustin. 1872) suchte mit Glück nadzuweisen, daß wir es in den ersten Versen mit einem Kriegslied- Motiv zu thun haben, das eine Jahrtausente alte Tradition binter \fih hat! Pauli führte altpersishe, altbaktrisbe, bebräische, äthiovishe und alte deutshe Terte an. Jm Zusammenhang dieser Forschungen mit denen von Hermenn Grieben („Das Kutschke-Lied vor dem Unter- suchungsrichter“ ; Berlin, Lipperheide. 1872) schien sich klar zu er- geben, daß die beiden Reiben „Was frauht dort in dem Busch berum ? Ich glaub’, es ist Napolium“, die {hon seit den Befreiungs- kriegen auftaucen, bereits vor dem 1. August 1870 im „Dakeim“ zugleih mit dem Namen des Füsiliers Kutske ershienen, daß diese Notiz dann von der „Kreuzzeitung“ am 14. August übernommen wurde, und daß nun nah ihr der Pastor Hermann Alexander Pistorius in Base- dow bei Malchin das Gedicht gemacht habe, das alsbald berühmt wurde. Dem gegenüber trat {on vor fast einem Vierteljahrhundert der Füsilier Gotthelf Hoffmann aus See bei Nieskv, jest Kal. Stations-Assifstent în Breslau, auf und nabm das Kutike-Lied als seine Erfindung und sein Eigenthum in Anspru. Jett, wo Hoff- mann einen fleinen Band „Kutschke's auësgewäblte Gedichte“ !) ver- öffentlicht hat, ist der Streit von neuem entfacht worden. Für Hoff- mann trat Hermann Unbescheid auf (in der „Zeitschrift für d. deutschen Unterricht“ 9. Jahrgang. 4. Heft), gegen ibn ein Anonymus in der „ Vossishen Zeitung“ (Nr. 175 u. 353 d. Jahres). Wir wollen die Frage bier sine ira et studio prüfen und mebr das Für und Wider darlegen, als eine Entscheidung treffen. Hoffmann erzählt: „Es war am 3. Auguft 1870, Nachts zwishen 11 und 1 Ubr, als ic binter Queicbheim bei Landau vor Weißenburg mit Kamerad Breiter, meinem vertrautesten Freunde, auf Vorposten ftand. Da deutete dieser auf ein Gebüsh vor uns und rief mir zu „Was mag dort wohl *rumkriehen ?* Und: „Was friecht dort ‘rum ? Napolium!“ reimte ih. Abgelöst, dihtete ih in einer Scheune das Lied fertig in der Frühe des 4. August. Ich las es Breiter vor, Viele kamen und börten zu, schrieben es ab, und so ging es, wie viele andere, in die weite Welt hinaus, obne mein Zuthun.“ Damit timmt nun nicht die Thatsache der Erwähnung im „Daheim“ bereits vor dem 1. August, die bezeugt ift. Seltsam sind au die starken Abweichungen des nun in der Gedichtsammlung abgedruckten Hoffmann’schen Kutschke - Liedes von dem allgemein verbreiteten
istorius’sen, das beute noch in allen Soldatenliederbücern sich findet. opulär und allgemein bekannt wird ein derartiges Lied meist haupt- fählih erft durch die Melodie; nun iït das Kutshke-Lied offenbar {on 1870, ebenso wie beute, nah der Melodie des Liedes vom „Doktor Eisenbart“ gesungen worden. Zu dieser Melodie aber passen von dem Hoffmann’sHen Gedichte nur die beiden ersten Sirophen, während die legten drei in den erften Zeilen ftets am Schluß klingende Reime haben (z. B. „Du mit den ganzen Herren Franken! Wir kennen Dich und Deine Gedanken“), so daß sie si auf die bekannte Weise nur sehr s{chlecht singen laffen; das maHt die Sache zweifelhaft. Als Gegengewicht aber steht wieder die Behauptung effmann’s, er fei bei feinen Kameraden stets unter dem Namen Kutschke bekannt gewesen : eine Behauptung, die ihm durch eine von feinem Korpéfommandanten General v. Kirhbah veranlaßte Unter- fuchung und dur das Kricgstagebuch des Obersten z. D. Elpons, wie er in der Vorrede seiner Gedißtsammlung mittheilt, bestätigt worden ist. Seltsam klingt es auf der anderen Seite wieder, daß Hoffmann {on in früherer Zeit auch den Vornamen Kutshke's, „August“, als seine Er- findung reflamiert bat, während es nahgewiesen ift, daß dieser von dem Redakteur des „Fremdenblattes*, G. Schenck, stammt, dem Verfasser der sieben Kut shke-Lieder, die als Fortsezungen des ursprünglichen Ür- liedes ershienen und feinen geringen Theil an defsen Ruhm baben. Die ganze Frage, zu der hier nur das Material zusammengestellt werden follte, it sehr fompliziert und {wer zu entsheiden. Weitere Forsbungen fübren vielleiht einmal zur Klarheit, zumal, wenn es gelingen würde, von ebemaligen Kriegéfkameraden Hoffmann's Näheres zu erfahren. — Die übrigen Nummern der Kutichke - Sammlung bergen wenig von Bedeutung. Einige ganz frische, kernige Soldatenlieder fallen angenehm auf ; die Hauptsache aber bilden harmlose, warn: und brav empfundene, jedoch ohne sonderlihes poetishes Geshick hergestellte Gedichte. __ Von den zablreihen lyrishen Bändchen, welhe die Spät- lommerzeit an den Tag gebracht haf, sei hier nur die Sammlung „Aus Tag und Traum“ von Ludwig Jacobowsfki?) genannt, dem jungen Dichter, dessen Araber - Komödie „Diyab der Narr“ im «Schillertheater“ einen fo freundlichen Erfolg davongetragen hat. Jacobowski ist {on früher als Lyriker aufgetreten, aber er hat sein Talent seit jener Zeit vertieft und nah der formalen Seite hin in uht genommen. Freilih au hier fehlen nicht Stellen von einer Trivialität, die bei einem so geschmadckvollen, fünstlerish echt und wahr empfindenden Autor verblüffen; auch hier fehlt nit der kleine Kreis von Motiven, die allzu oft wiederkehren und besonders seine Natur-
versagte, als
*) S. Nr. 182 d. Bl. . !) Kutschke's auëgewählte Gedichte. Ein patriotishes Liederbuh für alte und junge Krieger. Breslau, Schlesishe Verlagsanstalt (S. Schottländer) 1895. s ?) Aus Tag und Traum. Neue Gedichte von Ludwig Jacobowski. Berlin, S. Calvary u. Co. 1896.
gedihte beeinträhtigen. Aber daneben glüht in manhen Liedern ein fo warmes Feuer [odernder Leidenschaft, ein so inniges unmittelbares Gefühl, eine so fröblihe Dichterkraft, eine so frishe Phantasie, daß man nit daran zweifeln kann, einen rechten Poeten vor si zu haben. Der Cyclus „An eine junge Frau“ birgt die Perlen der Sammlung, und die Scene, wo er dem fleinen Buben der Angebeteten, die den Wittwenschleier trägt, beim nabenden Abenddämmer traulih die deutschen Märchen erzählt, während sie selbst, die holde traurige Mutter, finnend zum Fenster hinaus s{aut, ift wundervoll erfunden und wieder- gegeben. Aus tiefftem Herzen kommt dem Verfasser, der {hon früher einmal in einem Roman „Werther, der Jude“ die Wehmuth zu s{ildern suchte, die ihm durh die Seele zieht, auch das prächtige rondellmäßige Stüclkchen „Der Keger“. :
Einige andere unserer jüngeren Poeten, die auf der Bühne vor
furzem mit Erfolg sich eingeführt Haben, treten nun mit epishen Arbeiten vor das Publikum. Carlot Reuling ?), dessen „Mann im Schatten“ ein so bemerken8werthes Talent zur Zeitsatire verrieth, hat in einem Bänden „Fragwürdige Gestalten“ eine Reibe kleiner Novellen veröffentlicht, die zwar nit ohne konventionelle Züge und ohne Unwabrs(einlihkeiten find, aber ausnabhmslos mit feiner plastischer Kunst ein Stück wirklichen Lebens geben. Die Geschichte von dem jungen Korrs-Studenten, der am Tage vor einem ernsten Duell ans Totenbett seines Vaters gerufen wird und nun, als der Ernährer der Familie, zu dem er plôglich geworden ift, den {weren Kampf zwischen innerer und äußerer Pflicht zu kämpfen bat, sowie ibr Gegensaß, der toll-muntere Schwank von der „schwarzen Käth’“, seien besonders ge- nannt. _ Ein reiferes Talent als Reuling iff Georg Hirschfeld), dessen Schauspiel „Die Mütter“ zu den wenigen wirkli literarish-n Neu- heiten der Berliner Bühnen in diesem Herbste gehört. Der junge 22 jährige Dichter hat nun eine Geschichte ersheinen lassen, die man vergebens in eine der bestehenden Battungsrubriken einzuihachteln ver- suht hat: „Der Bergsee.“ Diese wunderseltsame Erzählung fteht ganz für fich; sie ift das Werk eines Mannes, der fest und sicher seine eigenen Wege wandelt. Jhr Inhalt ift bald erzählt: Hoch oben im Gebirge, am Ufer des klaren blauen Bergsees \ißt der alte blinde Waland mit seiner Frau und dem alten Mathias, dem Knecht, und bâlt das einsame Gasthaus. Zwei Maler ziehen wandernd die Straße und kehren ein; Weltmann und Faber sind fie genannt, ein Alter und ein Junger, der die Züge seines Dichters trägt; und sie hören von den Schicksalen der Men!chen, die hier leben. Sie hören von dem weisen Blinden, den einft die Sebnsuht nach der Kunst weit ins Leben binausgetrizben batte, der dann beimgefehrt war und seine Gertrud fand und lieben lernte. Aber sein Mädchen ward das Opfer einer Vergewaltigung, und sein krankes Aug enliht erlosch. Ikr Lebenéglück ist zerrüttet, und ohne Leidenschaft reichen sie sih die Hände zu einer reinen, geiftigen Ebe. Die Fremden sehen die sanfte Frau, die einhergeht, als [afte ihr ein Furhtbares auf der Seele, deren bleid'e Haare ein noch an Jugend und Schönheit . leise mabnendes Antliß umkränzen, deren Lippen und Augen flagend zu erzählen scheinen, daß fie nie glüdcklich war; und sie hören von dem braven Konrad, dem wälshen Knecht, der damals .. vor vierzig Jahren war's . dort am Bergsee beim Waland in Diensten stand, der hinauëfubhr in ftürmisWer Nacht auf den See, als er merfte, daß er und die Herrin ihren Sinnen unterliegen würden, wenn er länger bliebe, und der im Strudel den Tod fand. Die Wanderer ziehen von dannen. Der alte Waland ftirbt, und die arme Frau im Gefübßl der fur{tbaren Einsamfeit, die rings umher fie umgiebt, [läßt sich auf dem Boot hinaustreiben in die Wasser, zu sterben wie Konrad …. einft .…. vor vierzig Jahren .…. — Man fann sich nah dieser kurzen Wiedergabe der wenigen Ereignisse keine Vorstellung machen von der ergreifenden Kunst, mit der bier Menschen und Natur geschildert find. Im Innerften ist alles gefühlt und er- faßt. Die realiftishe Darstellung der Vorgänge ist dem Verfasser ziemlih gleihgültig gewesen. Mit guter Absicht spielen hin und wieder ein paar mystishe Züge binein. Sie erböben den seltsamen Zauker, der auf den Leser von diefem Werke auëgeht. Gewiß ist es nicht zu leugnen, was schon von einigen Seiten geltend gemadt wurde, taß Hirschfeld in seinen „Bergsee“, wie Goethe von sich und seinem zweiten Theil des „Faust“ sagte, „ein bien viel bhineingebeimnißt hat.“ Aber das ift nebenfählich. Es if s Werk eines genialen jungen Dichters, dem man eine große Zukunft prophezeien möchte. Denn er besißt — das feht man klar aus seinen Werken und feinem ernften Wirten — den Talisman gegen Uebermuth und Versumpfung: die unerbittlihe Selbstkritik.
Ein anderer jüngerer deutsher Dichter, dessen Lyrika an dieser Stelle in der vorigen Uebersicht besprechen wurden, Carl Busses®), hat eine Sammlung lieber fleiner „ftiller* Geschichten, wie er sie nennt, in zweiter Auflage erscheinen laffen. Es sind zwölf Skizzen von frisher Eigenart. Nur einige fkleine Liebeserzählungen weisen ein wenig bedenflihe Aehnlichkeit auf, niht nur in den Vor- gängen, sondern auch in den Stimmungen; aber damit versöhnt uns die blübende, lahende Jugend, diz Freude am Leben, die bier ebenso wie aus Busse’s Gedichten so warm hervorftrôömt. Novelletten jedech wie die vom „Doktor Bäffchen“, dem vertrockneten Schul- meister mit dem Kinderberzen, der sich von einem \{muden blonden Mädchen geliebt glaubt, aber als er, mit großem Bougquet be- waffnet, ihr den Antrag zu machen kommt, sie in den Armen eines feiner schlechteften Primaner findet, oder die Kindergeshihten, „Die Marseillaise“ und „Der kleine Ben“ mit ihrer s{lihten Wahrheit vergißt man nicht wieder.
Eines ter bizarrsten Talente unter den modernen Schrifttellern ist der Pole Staniélaw Przybyszewsfki. s) Er, der ih sonft so gern in rsycho-pbvysishe Experimente verirrt und oft eine wilde, tolle Myrstik zu Hülfe ruft, hat nun einen Roman „Unterwegs“ herauêgegeben, der ¿war nit ganz und gar frei ift von den Absonder- lihkeiten seines Verfassers, aber doch den Beweis giebt, wie ausge- zeichnet Przybyszewsfi es versteht, feinen psyhologishen Vorgängen nachzuspüren und auch Erlebnifse plafstisch zu schildern, wenn er nur das unnöthige Beiwerk fortläßt, die ungesunden Triebe seiner Kunst rüdfihtslos abschneidet. Selten ift die Seele eines skrupel- und rüd- sichtslosen Verführers so zerlegt worden wie in diesem merkwürdigen Roman.
Weniger versteht es Rudolf Golm?) flar was im Innern seiner Personen vor sich geht. Er ging in seinem neuesten Roman von einer Theorie aus, und das ift niemals gut für einen Dichter. Er läßt einen Raifonneur, den er zum Schluß in seinen Roman einführt, wie früher die Franzosen in ihren „Sittenstüccken“, und der nun das Facit zieht, die Thefe aufstellen : „Das Weib hat zweifellos in den leßten Jahrzehnten weit größere Fortschritte gemaht, zum mindeften sih weit mehr verändert, .als der Minus Aus dieser Divergenz der Entwickelung müfsen zwischen Voll-
zu machen,
3) Carlot Reuling, Fragwürdige Gestalten. Berlin, F. Fon- tane u. Cie. 1895. : j , *
4)Georg Hirschfeld, Der Bergsee. Dresden, Georg Bondi. 1895
5) Carl Busse, Stille Geschichten. 2. Auflage. München, C. Rupprecht. 1895.
6) StanislawPrzybyszewski, „Unterwegs.“ Roman. Berlin, F. Fontane & Cie. 1395.
7) Rudolf Golm, „Der alte Adam und die neue Eva.“ Ein Roman unserer Uebergangszeit. Dresden. E. Pierson. 1895.
naturen die beftigsten Konflikte erwahsen. Und beinabe möchte ih sageñ .…. .: Jede Ebe, die einen alten Adam und eine neue Eva ver- bindet, bedeutet ein verlorenes Paradies.“ Um diese, nebenbei gesagt, in allen einzelnen Theilen sebr anfehtbare Behauptung zu beweisen, wählte Golm nun ein junges feines weiblihes Wesen, eine Erzieherin, die sh selbft in bartem Kampfe gebildet und erzogen hat, und einen brutalen reiten Wittwer, der sie zur Gattin nimmt. Zum Theil mit unleugbarem Geshick, dann aber wieder mit ermüdender Breite zeigt er, wie die zarte Käthe Hübner unter der Herrschaft des roben Buggenrieth leidet, wie sie sh von ihm trennt, aber obne Stüge nicht vorwärts kommt, weil — und auch bier tritt die These wieder aufdringlih in den Vordergrund — „eine junge Frau unter den beutigen Verbältnissen niht so ganz allein leben fann“, und wie fie {ließli zurüdfehrt, einem sterbenden Vater und [ebenden Kindern zu Liebe an der Seite des Gatten freudlos ihre Pflicht zu thun. Golm sieht die Dinge in ihrem Verlauf offenbar nicht lebendig genug vor Augen, um sie ganz und gar wirflih zu schildern.
Die Heirath eines jungen Mädchens mit einem reihen Wittwer von doppeltem Alter benußte auch Ernst Wicherts) zum Ausgangëpunkt seiner Novelle „Blinde Liebe“, deren Hauptvorwurf die Geschichte einer Professorstochter ift, die sih in einen Schau- spieler verliebt und ihre Familie verläßt, um sih mit ihm für immer zu vereinigen. Aber sie, die ihrem Gatten nur aus inniger, unbezwingbarer Liebe folgt, hat Elend auf Elend durchzumachen, bis sie arm und verbungert ins Vaterhaus beimfkehrt, während die oberflählihde S@wester, die ihren Gemahl aus reinen Ver- nunftgründen nabm, in fröblihem Glüde dabinlebt. Wie dieser absihtlihe Gegensaß, so ist auch die Ausführung im ‘einzelnen nicht gerade originell, aber doch meist spannend und niht uninteressant. — Auch eine kleine Humoreske hat Wichert in den leßten Monaten ver- öffentliht: „Die verlorene Tochter“‘®), eine harmlose, recht niedlihe und unterhaltende Geschichte. — Ihr schließen sich die hübschen Erzählungen des befarnten Militärschriftstellers Freiherrn von Dindcklage®) an, der viel erlebt, viel gesehen bat und munter zu s{ildern weiß. — Ein wenig sensationell aufgebausht ist die Novelle „Die Thierbändigerin“ von Fedor von Zobeltiz; 1) aber die Schilderungen aus dem Leben und Treiben einer Zirkusgesell schaft find fesselnd und geschickt geschrieben. Die Gestalt der jungen Nila, die von ihrer Mutter zur Löwenbändigerin erzogen wird, der fremde Flüchtling, der als Kunftshüße Zuflucht bei der Bande sucht und findet, der zwischen der zarten Nila und ibrer robusten Mutter bin- und ber- geworfen wird, dann der „Chef“ des Zirkus, der Clown und das Publikum — alle diese Figuren geben ein lebendiges Ganzes. Es ist beiße Luft von Korsika, wo die Geschichte spielt, die uns aus diesen Blättern entgegenweht. -
Durch den Erfolg feiner erften Publikation „Erotishes* mutbig gemacht, hat der Königliche Hofschauspieler Adalbert Matkowsky 15 ein zweites Memoiren-Bändchen herausgegeben. Er erzählt da freundlih und nett von allerlei Dingen und Menschen, die er geseben, von allerlei Geschichtchen, die er erlebt, mit einem ganz zutraulih wirkenden naiven Selbftgefühl. Er spricht mit warmen Herzenêtönen von seiner Mutter und seiner Jugend, berihtet von seiner zufälligen Be- gegnung mit dem Hocbverräther Kraszewski, der fein Hauëwirth war, als er in Dreéden des Königs No trug, und plaudert von seinem Be- suche bei der berühmten Kollegin Sarabh Bernhardt in Amerika. Amüsant ift es, wie bei dieser leßten Gelegenheit Direktor Amberg fih vergebens müht, eine „Romeo und Julia“-Aufführung mit den beiden Künstlern zu stande zu bringen, obne indefsen sein Ziel zu erreihen, da Matkowsky nicht franzö spielen kann und Madame Sarah nicht deutsch spielen w ill. — Ganz im Senfationellen geht [eider des befannten und beliebten Ernft Eckste in!) Novelle „Nora“ auf. Sie beginnt sogleih mit den Schrecken eines Schiff- bruchs und den Zufälligkeiten einer wunderbaren Errettung. Sofort hinterher folgt eine unerwartete Begegnung des schiffbrüchigen Grafen Sanfelice mit einer Coufine aus einem ibm verfeindeten Zweige der Familie. Marià, die selbstverständlih über alle Maß:n s{ôn ift, folgt dem Grafen in fein Haus nah Neapel zu seiner Gattin, der fanften Nora, troßdem \ih zwishen den Beiden bereits unerlaubte Beziehungen gewebt haben. Nun beginnt eine wilde Hast von aufregenden Vorgängéèn. Eifersucht einer Dritten, Waßhrsagerin, Liebeselirir, Gift, nächtli Besuch beim Grabe des Vergil am Posilipyp, langsamer Wabnsinn, und {ließli ein doppelter Selbftmord täuschen über den Mangel an tieferer Begründung der Ereignisse hinweg. Manche kleine Schilderung und manche Bilder, die offenbar aus intimer Kenntniß des füdlichen Italien und seiner
iblütigen Menschen stammen, sind jedoch niht ohne Reiz. t è bier der Nüdckgang eines fraftvollen shriftftellerishen
Jahre hindurch einen hervorragenden Plat unter den gelesensten Autoren eingenommen bat, so ift es ein noch peinlicheres Gefühl, einen ganz jungen begabten Dichter, der vielversprehend be- gonnen bat, schon bei feinem vierten Werke auf senfationellen, un- fünftlerishen Abwegen zu treffen. Felir Hollaender B), der in seinem Erftlingzwerkte „Jesus und Judas“ durch die lebenévollen, un- mittelbaren Scilderungen des Berliner Studentenproletariats große Hoffnungen erweckte, der dann nah einem weniger guten zweiten Buche in seinem dritten Roman („Frau Ellin Roethe“) eine feine Studie bot, hat nah langem Schweigen alle Wartenden enttäust. In seinem „Sturmwind im Westen“ nabm er eine Reibe Berliner Sfandalgeschihhten der letzten Jahre, fügte dann noch ein paar andere Personen binzu und rührte alles das zu einem sauren Teig zusammen, aus dem er seinen Roman buk. Von vorn berein ift sicherlich nichts dagegen einzuwenden, daß ein Dichter Ereignisse seiner Zeit in einem großen Kulturbilde mit einander verwebt: man denke an Emile Zola’s gewaltigen Roman „LArgent“, der einen äbnlihen Stofffreis mit unnachabhmlih feiner Kunft behandelte. Aber bier liegt der Hauptpunkt: Künstlerish muß die Sache angefaßt werden, nit reportermäßig. Es muß geschildert werden, wie das alles entstand ; auf breiter psyhologisher Grundlage muß sih das ganze Gebäude erheben. Nicht auf die Vorführung der sensationellen Ereignisse darf es ankommen, sondern die Wurzeln müfsen ausgegraben und gezeigt werden. Der alte Aristoteles, den auch junge deutsche Dichter noch mit Nuten ftudieren können, sagt fehr richtig, daß darin eben \sih der Dichter vom Historiker untersheide, daß der Historiker zeigt, wie etwas gewesen, der Dichter aber, warum es fo und nit anderê geworden jet.
Talents,
Hollaender's Roman bedeutet einen Bruch mit seiner Vergangenheit, ein Verlafsen seiner früheren literarishen Be- strebungen. Und nicht seiner Bedeutung halber ift seiner in diefer Uebersiht ausführliher gedacht wcrden, sondern aus dreifachen
Dresden und
Ebenda 1895. Erzählungen.
s) Ernst Wichert, Blinde Liebe. Novelle. Leipzig, C. Reißner, 1895. 9) Derselbe, die verlorene Tochter. Humoreske. 2) R terr von Dincklage, Auf Posten. Berlin, Rich. Eckstein Nachf. (H. Krüger). 11) Fedor von Zobeltit, die
Berlin, Fontane. 1895. | Eigenes, Fremdes.
Thierbändigerin.
Novelle 12) Adalbert Matkowsky, Berlin, F- Schneider & Cie. 1895. , 13) Ernst Eckftein, Nora. Dresden u. Leipzig, C. Reißner. 1895. 14) Felir Hollaender, Sturmwind im Westen. Berliner Roman. Berlin, J. Fischer. 1895.