1895 / 289 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

verleßt, noch Fahrzeuge oder sonstige Einrichtungen beshädigt worden find. Die Meldung hat nur dann zu unterbleiben, wenn das ent- gleifte Fahrzeug, ohne nennenêwerthen Schaden zu erleiden oder an- zurichten, von selbs wieder auf die Schienen aufgelaufen ist.

Entgleisungen von Draisinen und Bahnmeister-(Roll-)wagen find nit als Entgleisungen, sondern als „sonstige Betriebsunfälle“ anzu- sehen und in Spalte 56 aufzunehmen, falls dabei Personen zu Schaden gefommen sfind.!)

: B. In Stationen.

a. Entgleisungen ein- und ausfahrender Züge oder fahrplanmäßi fahrender Lokomotiven, auch wenn dabei weder Personen verletzt, t Fabrzeuge oder sonstige Einrichtungen beschädigt worden sind. Die

eldung hat nur dann zu unterbleiben, wenn das entgleiste Fahrzeug, obne nennenêwerthen Schaden zu erleiden oder anzurihten, von selbst wieder auf die Schienen aufgelaufen ist.

b. Entgleisungen beim Rangieren, wenn dabei

1) Personen zu Schaden gekommen oder 2) Fahrzeuge, Gleise oder sonstige Bahneinrichtungen erbeblih?) beschädigt worden sind. :

Zu den Rangierbewegungen sind au die Bewegungen zu renen, die mit fahrplanmäßigen Zügen oder ihren Theilen während des Auf- entbalts auf den Stationen vorgenommen werden.

IT. _Zusammenft öße. A. Auf freier Babn.

Zusammenstöße von Zügen oder einzeln fahrenden Lokomotiven mit anderen Zügen, Lokomotiven oder mit Eisenbahnwagen, die si von Zügen getrennt haben oder von Stationen abgelaufen find, au wenn dabei weder Personen verleßt, noch Fahrzeuge oder sonstige Einrichtungen bes{ädigt worden find.

B. In Stationen.

a. Zusammenftöße ein- und ausfahrender Züge oder fahrplan- mäßig fahrender Lokomotiven mit anderen Zügen, Lokomotiven oder Eisenbahnwagen, auch wenn dabei weder Personen verletzt, noch Fahr- zeuge oder fonstige Einrichtungen bes{chädigt worden sind.

b. Zusammensftöße rangierender 2üge, Zugtheile der Lokomotiven mit Zügen, Lokomotiven oder Eisenbahnwagen, wenn dabei eine der

Voraussetzungen bei TB b1 und 2

zutrifft.

Das Zusammenstoßen von Wagen und Wagengruppen, die beim Rangieren auf dasselbe Gleis abgelassen werden, oder die beim Ab- Taufen oder nachdem sie von der Lokomotive abgestoßen sind, in den Weichen zusammentreffen, sind niht als „Zusammenstöße*, sondern als „sonstige Betriebäunfälle" anzusehen. Sie sind in Spalte 56 aufzunehmen, falls dabei Perfonen zu Schaden gekommen sind.

Ebenso ift das Auffahren eines Zuges auf einen festen Gegen- stand (Prellbock, Rampe, Bahnsteig u. f. w.) zu den „sonstigen Be- triebsunfällen* zu rechnen und unter der gleihen Vorausseßung in Spalte 56 aufzunehmen. Wenn aber der aufgefahrene Zug zuglei entgleiste, so ift der Unfall als Entgleisung zu behandeln.

ITI. Sonstige Betriebsunfälle:

A. Ueberfahren von Fuhrwerken,

wenn dabei

1) Personen zu Schaden gekommen oder

2) Zugthiere getödtet oder

3) Strafkenfubrwerke zertrümmert worden sind.

B. Feuer im Zuge, wenn dabei eine der Voraussetzungen bei IBb1 und 2

zutrifft oder

3) an Gütern ein Schaden von mehr als 1000 e entstanden ift.

C. Kessel-Erxplosionen.

Explosionen von Lokomotivkefseln unter allen Umständen. Erxplosionen von Kefseln der Heizwagen, sowie von Gas- und Druck- luftbehältern, wenn dabei eine der Vorausseßungen bei I B b 1 und 2 zutrifft. Í

D. Andere Ereignis fe.

Dazu gebören außer den son bei den Ziffern I und II bierber verwiesenen Fällen alle Unfälle, die bei der Bewegung von Eisen- bahnfahrzeugen (eins{ließlich der Draisinen und Bahnmeisterwagen) vortommen, ohne Rücksicht darauf, ob der ursählihe Zusammenhang des Unfalis mit der Bewegung nachgewiesen werden kann oder nit. Ein CEisenbabnfahrzeug, das einen Stoß erleidet, gilt gleihfalls als „bewegt“. Aufzunehmen sind also beispielsweise die Tödtungen und Verleßungen dur Ueberfahrenwerden (aus\{ließlich der zu IIT A gebëêri- gen Falle), durch Stöße, von denen außerhalb, in oder auf den Fahrzeugen efindlihe Personen betroffen werden, durch Aufspringen oder Auffteigen auf bewegte Fahrzeuge, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen von solchen, durch Ausgleiten, Straucheln oder Fallen in oder auf solchen, durch Arstofen an feste Gegenstände beim Vorüber- fabren, durch Umfallen fester Gegenstände in oder durch Herabfallen fester Gegenstände von bewegten Fahrzeugen, die Tödtungen und Ver- leßungen beim Kuppeln und Entkuppeln bewegter Fahrzeuge, beim Wagenschieben, beim Bremsen mit Kurbeln, Knüppeln oder Brems- schuhen, bei der Handhabung und Bedienung der in der Fahrt be- griffenen Lokomotiven, durch Aufschneiden von Weichen u. dergl. m.

Als Unfälle im Sinne der Statistik sind nit an- zusehen: die am steben den Zuge (Fahrzeuge) vorgekommenen Un- fälle, also beispielsweise niht die Unfälle beim Kuppeln oder Ent- kuppeln stehender Wagen, beim Besteigen oder Verlassen der völlig zur Nuhe Semen Fahrzeuge, beim Aufftecken der Signale und Laternen, beim Auf- und Abnehmen der Leine am stehenden Zuge, beim Heizen und Schmieren stehender Lokomotiven, dur vom stehenden Zuge herabfallende Gegenstände, durch Fenster und Thüren ftill- stehender Wagen ;

ferner nicht die Unfälle beim Ueberschreiten von Gleisen, durch Fallen über Geftänge und Drahtleitungen, in Pußgruben und S{ächte, durch Anstoßen an feste Gegenstände, die Unfälle bei der Bedienung von Weichen, Drebscheiben, Schiebebühnen, Drehbrücken und festen Signalen, beim Wasfferfafsen und Einnehmen von Heizmaterial und dergl., immer jedoch unter der Vorausseßung, daß dabei keine Be- wegung von Eifenbabnfabrzeugen in Betracht kommt,

endlich nicht die Unfälle bei Nebenbeschäftigungen (Bahnunter- haltung, Bau, Verladen von Gütern, Reinigen von Bahnanlagen und Betriebsmitteln), soweit au hierbei keine Bewegung von Eisen- bahnfahrzeugen in Betracht kommt. If dies der Fall, fo sind die Unfälle auch bei diefen Beschäftigungen als eigentlihe Betriebsunfälle zu betrachten.

Die neuen Vorschriften unterscheiden sich von den älteren dadur, daß die am Schluß erwähnten Vorkomm- nisse, sowie leichtere Verlezungen, die früher gleichfalls zu melden waren, sofern sie eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 24 Stunden zur Folge hatten, ausges{losen sind.

Bezüglich der eigentlichen Betriebsunfälle, der Entgleisungen und Zusammenstöße der Züge, ist gegen früher keine Aenderung eingetreten. Nach wie 1) Unter dem Ausdruck „zu Schaden gekommen" ist bier und im Folgenden verstanden, daß Aue e getödtet wird oder eine Körperverleßung erleidet, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als vierzehn an zur Folge hat. Verlezungen, die eine kürzer dauernde Arbeitsunfähigkeit bedingen, sind als Ünfälle im Sinne der Statistik nicht zu betrahten. Wenn jedoch eine erhebliche Verleßung s\tatt- gefunden hat, ohne daß die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen __wäre, wie dies bei Verleßungen von Reisenden und Vembén Personen

vorkommen fann, fo ift eine solche Verleßung als ein Unfall zu be- trahten und demgemäß zu melden.

2) Als „erheblih“ ist eine a Yellebiqung dann anzusehen, wenn der muthmaßlihe Gesammtschaden (an Betriebsmaterial, Gleisen und fonstigen Bahneinrichtungen) 1000 & übersteigt.

Ä

vor werden sämmtlihe Ereignisse dieser Art, sogar wenn si ohne alle

nachtheiligen Folgen geblieben ind, verzeihnet. Ausgeschieden wurden S Fälle, ei denen die besonderen Eigenthümlichfeiten des Eisenbahnbetriebes nicht in Betraht kommen. Fälle dieser Art, sowie leihtere Verleßungen, die natürlich weit häufiger vorkommen als \{hwere, sind es denn auch gewesen, bezüglih deren die Berichterstattung früher Lücken aufgewiesen hatte. Eigentliche Betriebsunfälle ernstliher Art sind nah den Untersuchungen des Reihs-Eisenbahnamts auch früher stets zur Anzeige gelangt.

Dem Erlaß der neuen Vorschriften da die von dem „Vorwärts“ untershobene Absicht, Thatsachen, die ein un- günstiges Licht auf die Sicherheit des deutshen Eisenbahn- betriebes werfen könnten, zu vertuschen, selbstverständlih: durh- aus ferngelegen ; es sollten damit nur solhe Fälle, die man auch in anderen Staaten nicht als Eisénbahnunfälle behandelt, aus der deutschen Statistik entfernt werden.

S. M. S. „Hyäne“, Kommandant Kapitän-Lieutenant Deubel, ist am 30. November in Mossamedes angekommen ps beabsichtigt, am 6. Dezember nah St. Thomé in See zu gehen.

i Stettin, 3. Dezember. Seine Majestät der Kaiser hat, dem „W. T. B.“ zufolge, aus Anlaß des gestrigen Gedenktages der Schlachten von Villiers-Champigny an den kommandierenden General des II. Armee-Korps, General der Infanterie von Blomberg folgende Depesche gerichtet : Neues Palais, 2. Dezember 1895. Gern und dankbar erinnere Ich Mich heute der von den braven Pionieren in der Schlacht von Villiers-Champigny erkämpften Lorbeeren und beauftrage Sie, dies den betheiligten Truppen des Armee-Korps, welhem auch Sie in jener großen Zeit angehörten, befannt zu mahen. Wilhelm R.

Jtehoe, 3. Dezember. Das Schleswigsche Feld-Artillerie- Regiment Nr. 9 feierte heute seinen 25 jährigen Erinnerungs- tag der Schlachten von 1870/71. Die Stadt war festlih beflaggt. Bei der Parade, an der viele Veteranen theilnahmen, wurde von dem Kommandeur folgendes Telegramm verlesen :

Breslau, den 3. Dezember. An dem heutigen 25. Gedenktage der Swlacht von Orleans erinnere Ih Mich dankbar der rubmreichen Thätigkeit der Artillerie des 1X. Armee-Korps an diesem Tage wie bei sonstigen {weren Kämpfen in jener großen Zeit. Wilhelm R.

Sachsen.

Die Erste Kammer stimmte gejtern dem Geseßentwurf, betreffend die provisorishe Forterhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1896, zu.

Medcklenburg-Schwerin.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes gemeldet wird, am 2. d. M. s Telegramm Seiner Majestät des Kaisers erhalten :

Neues Palais, 2. Dezember. Eure Königliche Hoheit wollen versichert sein, daß Ih Mich bei der 25. Wiederkehr der Gedenktage des Loirefeldzuges in tiefempfundener Dankbarkeit der unvergänglichen Verdienste Ihres in Gott rubenden, als Heerführer hohbewährten Herrn Vaters Königlicher Hoheit um die deutishe Sache, wie der rubhmvollen Theilnahme der Truppen Ihres Kontingents an den Er- folgen jener großen Zeit erinnere. Wilhelm. I. R.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin ist gestern

Abend von Heinrichau wieder in Weimar eingetroffen.

Anhalt.

Seine Hoheit der Herzog hat sih gestern zu längerem Aufenthalt nah Dresden begeben. Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrih Karl von Preußen ist gestern Nachmittag von Dessau nah Berlin zurückgekehrt.

Schwarzburg-Sondershausen.

In der vorgestrigen Sißzung des Landtags stand die Vorlage wegen Abänderung des Wahlgeseßes vom 14. Januar 1856 auf der Tagesordnung. Der Bericht- erstatter ‘des Ausschusses für Rechtspflege, dem der Regie- rungsentwurf zugegangen war, Abg. Bärwinkel- Arnstadt, beantragte Zustimmung zu dem Geseßentwurf, insoweit fortan die Unter- wie die Oberherrschaft durch je neun Abgeordnete vertreten sein, also die Zahl der Abgeordneten von 15 auf 18 erhöht werden solle. Von der Erfüllung weiterer Wünsche, nämlich der Einführung des direkten Wahlsystems für die all- gemeinen Wahlen an Stelle des indirekten, sowie von der Einführung des geheimen Wahlverfahrens hatte die Regierung absehen zu follen geglaubt. Auch der Bericht- erstatter hielt es nit für angezeigt, einen Vorschlag wegen Abänderung des indirekten Wahlsyfcems zu machen. Nach längerer Debatte wurde der Bericht an den Ausshuß zurück-

verwiesen. i Lübe.

Die Feier des 2. Hanseatischen ane Us Nr. 76 anläßlich des 25. Jahrestags des Sieges bei Loigny begann für das in Lübeck in Garnison liegende dritte Bataillon gestern Abend mit einem Fackelzug unter großer Betheiligung der Veteranen. Dem Bürgermeister Dr. Behn wurde eine Serenade dargebracht; nah dersclben fand ein großer Kommers statt.

Oesterreih-Ungarn.

Im oösterreichishen tor betenzauie führte d bei der Debatte über das Gesetz, betreffend die Berg- au-Jnspektoren, der Ackerbau-Minister Graf Ledebur unter anderem aus: der Bergbau-Jnspektor müsse ein Freund und Rathgeber der Arbeiter, Tore der Anwalt ihrer gerechten Forderungen sein, in ihnen die Menschenwürde ehren, fie aber au lehren, die Unternehmer nicht grundlos als Feinde und Gegner anzusehen. Er müsse verstehen, ihr Vertrauen zu ge- winnen, andererseits aber auch die oft von außen kommende Aufréizung und Entzündung gewisser Leidenschaften einzu- dämmen. Die Debatte wurde sodann geschlossen und die Ver- handlung abgebrochen. L

Der ungarische Minister-Präsident Baron Banffy erklärte in der gestrigen Sitzung des Unterhauses dem Abg. Ugron gegenüber, daß Oesterreih-Ungarn gegen die Türkei nichts Boses im Schilde führe, da es im Interesse der Monarchie liege, daß im Orient mit der Ruhe auch der status quo erhalten bleibe.

Großbritannien und Frland.

Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain hat unter Hinweis auf die hohe Wichtigkeit des Bestrebens, daß ein möglichst großer Theil des ieaigeu Handels zwischen Großbritannien und den Kolonien der britishen und der kolonialen Urerzeugung und Jndustrie gesichert bleibe, von den Gouverneuren telegraphisch detaillierte Angaben über solche ausländishen Einfuhren eingefordert, welche britishe Waaren verdrängt hätten oder gegenwärtig verdrängten; die Berichte sollen*auch die Ursachen dieser Erscheinungen verzeichnen.

Frankreich.

Der Senat nahm gestern den für die Errichtung von Konsulaten in China geforderten Kredit an. Die Bureaux der Deputirtenkammer wählten eine Kom- mission zur Prüfung der Vorlage, betreffend die im Jahre 1 zu veranstaltende Ausstellung. Drei Mitglieder der Kommisfion sprachen sich für die Vorlage aus, drei andere waren gegen jede Ausstellung, fünf weitere wünschten die Vor- lage abgeändert zu sehen: namentlich dürfe man nicht die Champs Elysées ins Auge fassen.

Rußland.

Der Kaiser wohnte gestern mit dem Großherzog von Hessen, den Großfürsten und Großfürstinnen, hohen Militärs und den fremden Militär-Attachés in der Reitbahn des Ingenieurpalais zu St. Petersburg der Kirchenparade des Ssemenow'schen Leib-Garde-Regiments, der ersten Batterie der berittenen Garde-Artillerie-Brigade und der kombinierten Grenz- wache-Kompagnie bei, welhe Truppentheile das Fest ihrer Schuzheiligen begingen. Nach der Parade fand im Winter- palais ein Frühstück statt, zu welhem die Offiziere der Truppentheile, welhe an der Parade theilgenommen hatten, geladen waren.

Jtalien,

Die Deputirtenkammer seßte gestern die Berathung über die innere und äußere Politik der Regierung fort. Der Minister-Präsident Crispi wohnte der Sißung bei. Die Abgg. Salaris und Fortis sprachen für die Regierung, der. Abg. Franchetti gegen dieselbe. Die Generaldebatte wurde sodann geschlossen. Nunmehr ergriffen die Redner das Wort, welche eine Tagesordnung eingebraht hatten. Der Abg. Muratori begründete seine Tagesordnung, welche sich für die Politik der Regierung ausspriht, die Abgg. Marescalhi, Jmbriani, Tecchio, Guicciardini und Brin sprachen unter lebhaften Unterbrehungen seitens der Majorität für ihre gegen das Kabinet gerichteten Tages- ordnungen. Auf die Ausführungen der Redner der Opposition erwiderte der Minister-Präsident Crispi, indem er, dem „W. T. B.“ zufolge, darlegte : er habe sein Verhalten in den Beziehungen zur Kirche niemals geändert. Der Dreibund sei nie so feft als jeßt gewesen. Jm Orient thue Jtalien seine Schuldigkeit, indem es mit den anderen Mächten gemeinsam vorgehe. Wenn der status quo in der Türkei aufhören sollte, würden sih die früher begangenen Fehler niht wieder- holen. „Mit den kürzlich in Vigga Und Triest vorge- kommenen Thatsachen“, fuhr der inister-Präsident fort, „tonnen wir uns nicht beschäftigen, da sie die innere Politik der betreffenden Länder U Ueber den Vertrag mit Tunis äußerte der Minister-Präsident, derselbe sei seinem Ab- laufe nahe gewesen, als er gekündigt worden sei, und die fran- zösishe Regierung habe erklärt, daß fie von den besten Absichten beseelt sei. Uebrigens blieben auh nah der Kündi ung die früheren Verträge, welche niemals aufgehoben worden seien, unberührt. Bezüglich der afrikanischen Politik betonte der Minister-Präsident aufs neue, daß die Regierung keine Abenteuerpolitik verfolge, sondern sih auf die Vertheidigung der italienishen Besißungen beshränke. Die afrikanishe Politik bringe keine Vermehrung der Ausgaben mit fih, und die Kolonie Erythräa werde ihre Bedürfnisse theilweise felbst decken. Sodann betonte der Minister- Präsident nochmals, daß man nicht wisse, wo der Sozia- lismus aufhôre und die Anarchie anfange, und verlas zum Beweise dessen ein Manifest der revolutionären fozia- listishen Vereinigung. (Unterbrehungen auf der äußersten Linken.) Er erinnerte alsdann daran, daß die Kom- pagnien der Jnfanterie innerhalb der durch das Budget ge- zogenen Grenzen verstärkt worden seien. Was die Katasfter- arbeiten angehe, fo werde die Regierung die übernommenen Verpflihtungen aufrecht halten. Der Minister - Präsident {loß mit der Erklärung, daß er die von Muratori beantragte Tagesordnung annehme, und mit dem Ersuchen an den Abg. Fortis, sich dieser Tagesordnung anzuschließen. Jn nament- liher Abstimmung nahm sodann die Kammer die Tages- ordnung Muratori mit 267 gegen 131 Stimmen an.

Schweiz.

Der Nationalrath genehmigte gestern mit 60 gegen 7 Stimmen einen Kredit von 120 000 Fr. für die Ergänzung der Befestigung des Furka-Passes gegen die neue Grimsel-Straße hin, troßdem der Vorsteher des Militär- departements die Erklärung abgegeben hatte, daß nah Ansicht des Bundesraths eine Grimsel-Befestigung in absehbarer Zeit “det an nicht nöthig sei, solange die Grimsel-Straße feine Fortseßung nah Süden erhalte.

Niederlande.

Die Regierung hat gestern den Kammern einen Gesehß- entwurf vorgelegt, betreffend die Konversion der 31/2 pro- zentigen Nationalshuld im Betrage von 375 Millionen holl. Gulden in eine 3prozentige.

Türkei. i

Der ehemalige Gouverneur von Kreta Kostaki Anto- pulo Pascha ift zum türkischen Botschafter in London ernannt worden. y

Serbien.

Die Skupschtina nahm gestern das Geseg, betreffend die Schlachthäuser, an. Die Regierung brachte Aenderungs- vorschläge zu dem Geseß über die Geshworenengerihte ein und beabsichtigt, auch Vorschläge zu unterbreiten, durch welche in das Handels- und Wechsel - Gesep moderne Handelsgesey- Bestimmungen behufs Ermöglihung eines shnelleren und präziseren Beesuhvens eingeführi werden sollen.

Amerika.

Die dem Kongreß der Vereinigten Staaten gestern dugenangene Botschaft des Präsidenten Cleveland behandelt, wie „W. T. B.“ berichtet, hauptsächlich die Finanzlage. Dieselbe sei ‘gegenwärti so verwickelt und schwierig, daß fie eine s{chleunige und wohlbedathte Behandlung erfordere. Die

*

Botschaft berührt die außerordentlich große Goldentnahme aus dem Schatz seit dem 14. Juli 1890 und die ih daraus ergebende Herabminderung der Goldreserve des Schaßes, welhe somit prafktisch ohne Bedeutung gewesen sei. Bezüglich der Frage der Einlösung von Noten der Vereinigten Staaten sei das einzige praftishe Hilfsmittel die Einziehung und Vernichtung der „Greenbacks“ genannten Staatsnoten und der Schaznoten, die zur Zahlung von Silberkäufen aus- gegeben seien. Dies könne herbeigeführt werden durch Um- taush dieser Noten gegen langsichtige, niedrig verzinsliche Bonds von theils hohem, theils niedrigem Betrage. Der Schaßsekretär müsse ermächtigt werden, im Bedarfsfalle diese Bonds im Auslande gegen Gold zu begeben. Diejenigen, welche im Namen des Bimetallismus für freie Münzprägung einträten, urtheilten von einem unklaren Standpunkt aus. In Bezug auf die Beziehungen zu Großbritannien weist die Botschaft auf die Note vom Juli d. J. bin, in der bestimmt erklärt worden sei, daß die Politik der Vereinigten Staaten entschieden gegen cine auf dem Wege der Gewalt er- folgende Gebietserweiterung irgend einer europäishen Macht auf dem amerikanischen Kontinent gerichtet sei. Die Vereinigten Staaten hätten daher Anlaß genommen, gegen eine Gebiets- vermehrung von British-Guyana, die den Rehten und Wünschen Venezuelas widersprehe, zu protesticren. Die ganze Frage müsse ohne weiteres einem Schiedsspruch unterworfen werden. Großbritannien habe auf diese Note noch nicht geantwortet. Sodann beklagt der Präsident den Konflikt auf Cuba. Troß der Sympathie einzelner Amerikaner für diejenigen, welche für größere Autonomie und Freiheit zu kämpfen schienen, seien doch die Vereinigten Staaten verpflichtet, Neutralität zu bewahren und dieselbe zu erzwingen. Bezüglih Armenien s führt die Botschaft aus : mehrere der bedeutendsten Mächte Europas hätten durch Vertrag nicht allein zum Besten ihrer eigenen Staatsangehörigen und zur Förderung ihrer eigenen Jnteresscn sich Rechte gesichert und Vilichten übernommen, sondern als die Sahwalter der christ- lichen Welt. Jhr Recht sei, ein solches Verhalten seitens der türkishen Regierung zu erzwingen, durch welches brutale Aeußerungen des Fanatismus verhindert würden. Wenn dies nicht gelinge, sei es die Pflicht jener Mächke, so einzutreten, daß Sicherheit gegen solhe shrecklihen Vorkommnisse, wie sie vor kurzem die zivilisierte Welt erschüttert hätten, gegeben sei. Die Mächte hätten erklärt, daß dieses Reht und diese Pflicht ihnen allein zukomme, und es sei ernstlich zu hoffen, daß ein shleuniges wirksames Vorgehen von ihrer Seite nicht verzögert werde. Hinsichtlih der Samoafrage bemerkt der Präsident : er habe bereits in den Botschaften der lcßten beiden Jahre die Aufmerksamkeit des Kongresses auf die Lage der Vereinigten Staaten dem Samogavertrage gegenüber gelenkt. Am 9. Mai 1894 habe er dem Senat eine besondere Botschaft übermittelt, worin er die Meinung vertreten habe, daß die Lage auf Samoa unvereinbar mit der Mission und den Traditionen der Regierung der Vereinigten Staaten sowie nachtheilig und drückend sei. Er lenke daher von neuem die Aufmerksamkeit des Kongresses auf diese E und ersuche um eine geseßgeberishe Aktion, die die Regierun

von Verpflichtungen befreie, welche lästig und nnnainlid seien. Bezüglich der Handelsfragen verbreitet sich die Bot- haft mit besonderem Nachdruck über die Behandlung der amerifanishen Ausfuhr seitens Deutschlands, wodur die Ausfuhr sowohl von Vieh, als auch anderen der Er- nährung dienenden Erzeugnissen auf das shädlichste betroffen werde. Der Präsident erwähnt sodann mit Bedauern, daß die amerikanishen Versicherungsgesellshaften in Preußen mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, und regt an, Retorsions- maßregeln zu ergreifen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (2.) E es Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern Dr. von Boetticher bei- wohnte, stand auf der Tagesordnung zunächst die Wahl des Präsidenten und der Schriftführer.

Nach vollzogener Wahl theilte der bisherige Erste Vize- Präsident Schmidt deren Ergebniß mit: Es haben sich an der Wahl betheiligt 293 Abgeordnete. Ungültig war ein Zettel. Weiße Zettel wurden 58 abgegeben: von den ver- bleibenden 234 Zetteln lauteten 229 auf den Namen des Abg. Freiherrn von Buol-Berenberg. Derselbe ist demnach gewählt.

Abg. Freiherr von Buol (Zentr.): Meine Herren, ih erachte es als eine ehrenvolle Pflicht, Jhrem Rufe zu folgen. Das Ergebniß der Wahl wird mir ein Sporn sein, alle Kraft aufzubieten, um meiner Aufgabe nah allen Richtungen gereht zu werden. Jch bitte um Jhre fernere Nachsicht und Unterstüßung.

Bei der Wahl des Ersten Vize - Präsidenten wurde der Abg. Schmidt - Elberfeld mit 169 Stimmen gewählt, außer- dem wurden 107 weiße Zettel abgegeben. Der Abg. Schmidt- Elberfeld nahm die Wahl an.

(Schluß des Blattes.)

Das offizielle Fraktionsverzeihniß des Reichstags ift soeben erschienen. Erledigt sind demnach fünf Mandate; die nationalliberale Fraktion zählt 49, die konservative 60, die Reichs- partei 28, die deutsh-soziale Reformpartei 14, das Zentrum 98, die Polen 19, die freisinnige Vereinigung 15, die freisinnige Volkspartei 24, die deutsche Volkspartei 12, die Sozialdemokraten 47 Mitglieder : keiner Fraktion gehören 26 Mitglieder an.

. Die Abgg. Rickert und Barth haben den Antrag auf Ab- anderung des Wahlgesezes, der bereits in der vorigen Session

dem Reichstag vorgelegen hat, wieder eingebracht.

_ Das November-Heft des „,Zentralblatts für die ge- lammte Unterrichts-Verwaltung in Preußen“, heraus- gegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten (Verlag von Wilhelm Herß in Berlin), hat es Inhalt: Amtliches. Tragen von Cichenblättern auf dem Bande des Eifernen Kreuzes und von Spangen auf dem Bande der Kriegs- Denkmünze von 1870/71. Erlaß vom 25. September d. J. Landesherrlicher Kommissarius bei der Littauishen Friedensgesell- haft. Betheiligung der Lehrer am Zählgeshäft der am 2. De- zember dieses Jahres statt findenden allgemeinen Volkszählung. Erlaß vem 19. Oktober d. A. Skudium des Entwurfs eines deutschen Bürgerlichen Gesezbuhs. Erlaß vom 25. Oktober d. F. Johann Christian JIüngken - Stiftung. Bekanntmachung des Kuratoriums der Iohann Christian Jüngken-Stiftung vom 16. Of- tober d. J. Berichte über die Verhältnisse der militärberehtigten Privat-Lehranstalten. Erlaß vom 20. September d. I. Bedürfniß- weise Erhöhung der Wochenstunden für das Lateinische und Förderung

des Unterrichts in der alten Geshichte auf den obersten Klassen der Gymnasien und Realgymnasien. Erlaß vom 13. Oktober d. J. Kursus zur Auébildung von Turnlehrerinnen im Jahre 1896. Be- fanntmahung vom 25. September d. I. Befähigungszeugnisse für Lehrer als Vorsteher an Taubstummenanstalten. Bekanntmachung vom 27. September d. J. Prüfungen für Vorsteher an Taubstummenanstalten. Erlaß vom 16. Oktober d. F. Ver- leibung der Amtsbezeihnung „Direktor“ an die Vorsteher der Taubftummenanstalten zu Bromberg und Schneidemühl. Erlaß vom 19, Oktober d. J. Benennung der städtischen böberen Mädchenschule zu Halberftadt. Der Erlaß von Strafandrohungen gegen Ee OeEO ist nicht Sache der Polizei-, sondern der Schulbehörden. Erlaß vom 11. Juli d. J. Vermögen kombinierter Küfter- und Schulftellen. Erlaß vom 16. September d. J. Form der Prüfungéëzeugnifse für Lehrerinnen. Erlaß vom 26. September d. I. Verwendung von durch Abbruch von Kirchen-, Pfarr-, Küster-, Kantor-, Organisten- und Schulgebäuden verfügbar gewordenen Baus- materialien, bezw. die Verrechnung des durch Veräußerung derselben gewonnenen®* Erlöses. Erlaß vom 3. Oktober d. J. Prü- fung der Leistungsfähigkeit des Schulverbandes vor Ein- leitung des Feststellungsverfahrens auf Einrihturng neuer Schulstellen. Widerrufliher Charakter der für leßtere ge- währten Staatsbeihilfen. Erlaß vom 9. Oktober d. J. Uebersicht über die Zahl der bei dem Landheere und bei der Marine in dem Erfaßjahre 1894/95 eingestellten preußishen Mannschaften mit Bezug auf ihre Schulbildung. Rechtsgrundsätße des Königlichen Ober- Verwaltuncsgerihts. Erkenntniß des I. Senats vom 24. Mai d. F. Nidótamtliches. Nationale Züge der Frauenbildung. Rede bei der Eröffnung des Studienjahres im Victoria-Lyceum zu Berlin, ge- balten am 13. Oftsber 1895 von Professor Dr. S. Waetzoldt, NRegierungs- und Schulrath. Die Disziplin über die Privatdozenten an den preußishen Universitäten. Vom Geheimen Justiz-Rath Pro- fessor Dr. Hinschius in Berlin. Personalien.

Nr. 48 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herauëgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 30. No- vember, bat folgenden Inhalt: Amtliches : Dienst- Nachrichten. Nachruf. Nichtamtliches: Das Hochwasser der Spree im Jahre 1895 und die Schiffahrtsanlagen am Müblendamm in Berlin. Das neue Reichsgerichtsgebäude in Leipzig (Fortsezung). Ein Höhenmesser einfahster Bauart. Vermischtes: Preisbewerbung für ein Völkershlaht-Nationaldenkmal bei Leipzig. Wettbewerb um Ent- würfe für ein nordböhmishes Gewerbe-Museum in Reichenberg. Preisausshreiben zur Erlangung von Entwürfen für einfahe und billige Wohnungseinrihtungen. Auéschreibung der Stelle eines Stadt-Bauraths für den Hochbau in Berlin. Andere Form des Weichendreiecks. Geschwindigkeitsuhr für Lokomotiven. Auer?s Gasglühliht. Bücherschau. Neue Patente.

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts- und Alters-Versicherung.

An Anträgen auf Gewährung von Renten sind bei der Hanseatishen Versiherungsanstalt eingegangen: a. an Altersrenten: im Laufe des Jahres 1891 1105, 1892 404, 1893 381, 1894 353 und in der Zeit vom 1. Januar bis Ende November 1895 325, zusammen 2568; b. an TFnvalidenrenten: im Laufe des Iahres 1892 181, 1893 301, 1894 550 und in der Zeit vom 1. JIa- nuar bis Ende November 1895 813, zusammen 1845; mithin sind seit Beginn des Jahres 1891 bei der Hanseatishen Versicherungsanstalt an Rentenanträgen eingegangen 4413. Von den Anträgen auf Altersrente entfallen auf das Gebiet der freien und Hanse- stadt Lübeck 432, Bremen 556, Hamburg 1580 und von den auf Invalidenrente auf das Gebiet von Lübeck 220, Bremen 997, Hamburg 1028. Von den Anträgen auf Altersrente sind bis Ende November 1895 erledigt 2542 und zwar 2222 dur Renten- F eian 282 dur Ablehnung und 38 auf sonstige Weise. Von den

[tersrentenempfängern sind inzwischen ausgeschieden 432, von diefen find verstorben 412. Von den Anträgen auf Invalidenrente find bis Ende November erledigt 1753, und zwar 1298 dur Renten- gewährung, 393 durch Ablehnung und 62 auf sonstige Weise. Von den Invalidenrentenemvfängern find inzwischen ausgeshieden 313, von diesen sind verstorben 297. Auf die Gebiete der drei Hanse- städte vertheilen sich die noch im Bezug der Rente befind- lihen Personen folgendermaßen: Lübeck 298 Altersrenten, 122 Inbalidenrenten, Bremen 397 Altersrenten, 365 Invaliden- renten, Hamburg 1095 Altersrenten, 498 FInvalidenrenten. Die Jahressumme der bis jeßt gewährten Renten macht insgesammt 514 770,20 M aus, von wei Betrage 104 017,40 4 für die inzwischen ausgeschiedenen Rentenempfänger abzuseßen sind. Nah den Berufs- zweigen vertheilen si die 3520 Rentenempfänger auf folgende Gruppen : Landwirthschaft und Gärtnerei 233, Industrie und Bauwesen 1475, Handel und Verkehr 658, sonstige Berufsarten 302 und Dienst- boten x. 852 Rentenempfänger.

Zur Arbeiterbewegung.

Hier in Berlin haben, wie die Blätter berichten, die Arbeiter der Buchdruckerei von Trowißsch und S ohn wegen Weigerung der Firma, den Tarif der Buchdruckergehbilfen anzuerkennen, die Arbeit niedergelegt. Ein Theil der Ausftändigen gehört dem Gutenbergbund, ein anderer dem Verbande der deutschen Buchdrucker an. Das Berliner Gewerbegericht hat, als Einigungsamt angerufen, Streitig- keiten zwishen den Inhabern und den Arbeitern der Hut fabrik von Silber u. Brandt in Berlin geshlichtet.

Aus London meldet ,W. T. B.*: Die Vorbereitungen zu einer gemeinsamen Besprechung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in dem Schiffbauarbeiter-Ausstande find abgeschlossen." Der Londoner ausführende Ausshuß der Organisation der Arbeiter hat alle Lehrlinge in den Werkstätten am Clyde, 2000 an Zahl, ange- wiesen, sih dem Ausftand anzuschließen.

Bauten.

In der Preisbewerbung für den Neubau eines Pro- vinzial-Museums zu Hannover, zu welher 42 Entwürfe ein- gegangen waren, ift nah dreitägiger Berathung am 2. d. M. das Urtheil gefällt worden. Von den Entwürfen wurden zunächst 21, dann noh 14 ausgeschieden. Von den verbleibenden sieben Arbeiten erbielt die des Professors Stier in Hannover den ersten, die der Architekten Schulz und Schlichting in Berlin den zweiten Preis, während Architekt Heine in Hannover und die Architekten Anger und Rust in Bremen je mit einem dritten Preise bedaht wurden. Zum B U empfahl man die Entwürfe des Bauraths Unger in Hannover, des Architekten Börgemann ebendaselbst und des Architekten Hartbah in Berlin.

LanDd- und Forftwirthschaft.

Im Kreise Grünberg hat die Weinlese, welche Anfang Oktober begann, qualitativ einen sehr guten Ertrag ergeben, quanti- tativ blieb sie jedoch hinter den gehegten Erwartungen zurück.

Es sind Verbandlungen eingeleitet, um den Flachsbau in den Kreisen Lauban. Hirschberg, Löwenberg, Bunzlau und Görliß zu heben und zu dem Zweck eine Flachsröste- Anstalt nah Bauer’|chem Ver- fahren im Kreise Lauban zu errichten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- i Maßregeln.

Portugal.

Durch Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern sind Herkünfte aus St. Petersburg seit dem 5. Oktober d. F. für choleraver]eucht und solhe aus den Häfen des Finnishen Meer- busens für choleraverdächtig erklärt worden.

Der Gesundheitsftiand in Berlin war auch in der Woche vom 17. bis 23. November ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern Sten, aufs Jahr berehnet, 15,1). Unter den Todesursachen kamen akute Entzündungen der Athmun Sorgane wobl noch zablreich zum Vorschein, doch wurde der Verlauf ein milderer; Erkrankungen an Grippe sind weniger beobachtet, auch nur 1 Todesfall infolge von Grippe mitgetheilt worden. In mäßiger Zahl, wie in der Vorwoche, zeigten sih akute Darmkrankheiten als Todes- ursachen ; die daran Gestorbenen befanden si aus\{licßlich im Alter unter 2 Jahren. Die Betbeiligung des Säuglingsalters an der Sterbli- keit war faft die gleich geringe wie in der Vorwoche: von je 10 000 Lebenden ftarben, aufs Jahr berechnet, 43 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unterleibstyphus selten; von Masern und Scharlach kamen weniger, von Diphtherie fast die gleihe Zahl von Erkrankungen wie in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar wurden Erkrankungen an Scharlach im Stralauer und Königsviertel sowie in Moabit, Erkran- kungen an Diphtherie in der Tempelhofer Vorstadt, in dem Stralauer- und Königsviertel, der Rosenthaler- und Oranien- burger Vorstadt am zahlreihsten zur Meldung gebraht, während Er- kranfungen an Masern ih in feinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zeigten. Weitere Erkrankungen an Pocken wurden 2 (je 1 aus dem Königs- und dem Spandauer Viertel) gemeldet. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden etwas mehr als in der Vorwothe (6) be- kannt. Häufig waren rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut. Etwas seltener famen Erkrankuzg-n an Keuchhusten, die in 9 Fâllen töôdtlih endeten, zur Behandlung. Rheumatishe Beshwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ibrem Vorkommen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengeftellung für Koblen und Koks an der Rubr und in Oberschlesien. An der Nuhr sind am 3. d. M. geftellt 12594, niht reht- zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 2. d. M. gestellt 5414, nit recht- zeitig geftellt keine Wagen.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande.

18. Dezember, im „Timmerhuis*“ zu Rotterdam: Lieferung von Bau- und Schiffsmaterialien, Shwämmen, Manufakturwaaren, Lampen-Zylindern, Brennöl, Seife, Fett, Brennmaterialien, Korb-, Zink-, Eisens, Blei- und Farbwaaren und Fensterglas u. f. w. Die Bedingungen sind im Timmerbuis ausgelegt und gegen Einsendung von 25 Zents erbältlich in der Buchdruckerei von Wed. P. van Waes- berge u. Zoon, Houttuin Nr. 73, woselbst auch Stemvelpvavier für die Offerten, 225 Zents pro Stück, zu haben ist.

12. Dezember, 1 Uhr, im Rathbaus zu Dordrecht: Lieferung von Bau- und Zimmerholz, Farb- und Eisenwaaren, Kalk, Zement, Badcksteinen, Brennstoffen, Hartsein, Oel, Tauwerk, grüner Seife, Stearinkerzen, Petroleum, Bürstenwerk, Shwämmen 2c. für den Gemeindebedarf 1896. Bedingungen käuflich für 50 Zents bei der Sekretarie der Gemeinde Dordreht.

Rumänien.

30. Dezember. General - Direktion der Staatsdruckerei in Bukareft: 295 000 Stück verschiedene Briefumschläge, 51 000 Bogen Pappendeckel, 10 000 Bogen Packpapier.

Verkehrs-Anstalten.

Zur Erleichterung des Weibnachts-Verkebrs ift imStaats- b'ab verkehr und im direkten Verkehr mit anderen, die gleihe Bestim- mung annehmenden Bahnen die Geltungsdauer der am 23. Dezember d. I. und den folgenden Tagen gelösten gewöhnlichen Nückfahr- karten von sonst fürzerer Geltungsdauer bis zum 2. Januar f. íF. ein- schließlich zu verlängern. Die Rückfahrt muß zur Wahrung der Frist na der allgemeinen Regel der Staatsbahnen am 2. Januar È. J angetreten sein. Die Eisenbabn-Direktions-Präsidenten in ihrer Eigenschaft als Königliche Eisenbahn-Kommissare sind ermächtigt, den Verwaltungen der ihnen unterstellten Priv atbabnen die Einführung der gleihen Verkehrserleihterung zu gewähren.

Im Kreise Greifswald is mit den Arbeiten an den Klein- babnen Anflam—Lassan und Greifswald— Jarmen Züssow begonnen worden; die Fertigstellung wird zum Frühjahr bezw. Herbst nächsten Jahres erhoft. Im Kreise Grimmen find die Vorbereitungen für den Bau einer Kleinbahn von Greifswald nah Tribsees beendet, sodaß demnächst mit der Ausführung be- gonnen werden kann.

_Der Postdampfer , Werkendam“ der Niederländish-Ameri- kfanishen Dampfschiffahrts-Gefellschaft ist am 3. Dezember in New- York angekommen.

_ Qusum, 3. Dezember. (W. T. B.) Die Dampfschiff- fahrten zwishen Hoyerschleuse und Sylt sind wieder plan- mäßig aufgenommen.

Wiesbaden, 4. Dezember. (W. T. B.) Zu der heute hier eröffneten internationalen Cisenbahn-Konferenz trafen Delegirte Deutschlands, Oesterreih-Ungarns, der Schweiz, Frankreichs und Numäniens ein. Wie der „Rheinische Kurier“ berihtet, werden die Verhandlungen über die Gütertarife bis zum 11. d. M. dauern.

Bremen, 2. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Swnelldampfer „Ems* ist am 30. November Nachmittags von New - York nach Genua abgegangen. Der Postdampfer „Weimar“ is am 30. November Mittags von New-York nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer , Weser* ist am 1. De- ¿ember Vormittags in Oporto angekommen. Der Postdampfer „Bonn“ ist am 1. Dezember Mittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Hohenstaufen* is am 30. November von Santos nah Bahia abgegangen. Der Postdampfer , Willehad“ ist am 30. November Vormittags in Baltimore angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Gera“ ist am 1. Dezember Vormittags auf der Weser angekommen.

_— 4. Dezember. (W. T. B.) Der Reichs-Postdampfer „Prinz Heinrich“ hat am 3. Dezember Morgens die Reise von Port Said nah Neapel fortgeseßt. Der Reichs. Postdampfer „O lden - burg" hat am 3. Dezember Morgens die eise von Genua nah Neapel fortgeseßt. Der Postbampfer „Weser“ hat am 2. Des zember Abends die Reise von Oporto nah Brasilien fortgeseßt. Der Postdampfer „Habsburg“ ist am 2. Dezember in Pernam- buco angekommen.

London, 3. Dezember. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Methven Castle“ ist heute auf der Heimreise in London angekommen.- Der Uniondampfer „Scott“ is heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

4. Dezember. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Spartan* ist gestern auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Union - Dampfer „Arab“ is gestern auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Brüssel, 3. Dezember. (W. T. B.) Zwischen der Belgi- hen Staatsbahn und der Grand Central Belge ift ein Vebereinkemmen getroffen Pen der Uebernahme der Linien Ant- werpen—Notterdam und der Cst-Belge zwishen Sambre und Maas. Die Bedingungen der Uebernahme sind noch nicht bekannt. Auf dies Uebereinkommen soll ein solhes mit Frankreih und Holland folgen für den Theil der Linien, der auf dem Gebiet dieser Länder liegt.

Theater und Musik.

. __ Königliches Schauspielhaus.

Friedrih Haase begann gestern die Reihe seiner Gast- vorftellungen in dem Lust|piel „Der Stören fried“ von Roderich Benedix. Das Stück ift eine Komödie alten Stils, in der die Knoten fich mit spielender Leichtigkeit s{ürzen und lösen. Der