1895 / 290 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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nisse oder aus anderen Gründen n ist. In leßterem Falle darf die Zulassung von einer anderer Börse nur mit Zustimmung derjenigen Stelle ertheilt werden, welche die Zulassung abgelehnt hat.

Der Antragsteller hat anzugeben, ob das Gesuch um Zulassung bereits bei einer anderen Börse eingereiht is odër leichzeitig einge- reiht wird. Ist dies der Fall, fo sollen die Wertbpapiere nur mit Zustimmung der anderen Zulafsungéstelle zugelaffen werden.

Parana leangen us Zulassung.

Vor der Zulassung von Werthpapieren ist, sofern es sich nit um deutsche Reihs- oder Staats- Anleihen bändelt, ein Prospekt ein- zureichen und zu veröffentlichen, welcher die für die Beurtheilung des

hs der einzuführenden Papiere wesentlichen Angaben enthält.

Für Schuldverschreibungen, bezügli deren das Reich oder ein Bundesftaat die volle Garantie übernommen hat, und für Schuld- verschreibungen kommunaler Körperschaften und kommunalständischer Kreditinstitute sowie der unter ftaatlicer Aufficht stehenden Pfand- briefanstalten kann die Landesregierung (§8 1) von dieser Verpflichtung

entbinden. Folgen der Nidizulaffung.

Für nihtzugelassene Werthpapiere darf cine amtliche Feststellung des Preises nicht ftattfinden. Geschäfte in solchen Wertbpapieren find von der Benußung der Börseneinrichtungen ausges{hlossen und dürfen von den Kursmaklern- nicht vermittelt werden.

Befugnisse N ens

Der Bundesrath ift befugt, weitere Bestimmungen über die Auf- gaben der Zulassungsstelle und die Vorausseßungen der Zulassung zu

treffen. Haftung auf S des Prospekts.

Sind in einem Prospekt, auf Grund dessen Werthvapiere zum Börsenhandel zugelassen sind, Angaben, welche für die Beurtheilung des Werths erbeblih sind, unrichtig, so baften diejenigen, welhe den Prospekt erlassen baben, wenn sie die Unrichtigkeit gekannt haben oder ohne grobes Verschulden bätten kennen müssen, als Gesammt- \{uldner jedem Besitzer eines solhen Werthvapiers für den Schaden, welcher demselben aus der von den gemahten Angaben abweicenden Sadclage erwäbst. Das Gleiche gilt, wenn der Prospekt infolge der Fortlafiung wesentliher Thatsachen unvollständig if und diese Un- vollständigfkeit auf bötlihem Vershweigen oder auf der böslihen Unterlafsung einer auêsreihenden Prüfung seitens derjenigen, welche den Prospekt erlassen haben, beruht.

Die Erfaßpfliht wird dadurch niht ausges{lossen, daß der Prospekt die Angaben als von api Dritten herrührend bezeichnet.

8 42.

Die Erfaßpflicht erstreckt \ich nur auf diejenigen Stücke, welche auf Grund des Prospekts zugelassen und von dem Besitzer auf Grund eines im Inlande abgeschlossenen Geschäfts erworben sind.

Der Ersaßpflichtige kann der Ersazpfliht dadurch genügen, daß er das Werthpapier gegen Erstattung des von dem Hefiger na- gewiesenen Erwerbépreises oder desjenigen Kurswerths übernimmt, den die Werthpapiere zur Zeit der Einführung hatten. 6

Die Ersaßpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Besizer des Papiers die Unrichtigkeit oder Unvollftändigkeit der Angaben des Prospekts bei dem Erwerb kannte. Gleiches gilt, wenn der Besißer des Papiers bei dem Erwerb die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts bei Anwendung gewöhnliher Sorgfalt kennen mußte, und die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit jener Anaaben niht auf On Verhalten derjenigen beruht, welche. den Prospekt erlassen aben.

8 43.

Der Erfagzanspruch verjährt in fünf Jahren seit der Zulassung der Werthpapiere. Die Verjährung läuft au gegen Minderjährige und bevormundete Personen, sowie gegen ju: istishe Personen, denen geseßlih die Rehte der Minderjährigen zustehen, obne Zulaffung der Wiedereinsezung in den vorigen Stand, jedoh mit Vorbehalt des Nüdgriffs gegen die E A Verwalter.

Eine Vereinbarung, dur welche die nach den 88 41 bis 43 be- gründete Haftung ermäßigt oder erlassen wird, ist unwirksam.

Weitergehende Ansprüche, reelhe nah den Vorschriften des bürgerliden Rehts auf Grund von Verträgen erboben werden fönnen, breiben unberührt.

_IV. Börsenterminhandel. Begriff der D ate [Gatte zu Waaren- und Werthpapieren.

9

Als Bêrsentetmingeschäfte in Waaren oder Wertbpapieren gelten Kauf- oder sonstige Anschaffungsgesbäfte auf eine festbestimmte Lieferungézeit oder mit einer festbestimmten Lieferungsfrist, wenn sie nach Geschäftsbedingungen ges{chlofsen werden, die von dem Börsen- borstande für den Terminbandel festgeseßt sind, und wenn für die an der betreffenden Börse ges{lossenenen Geschäfte solcher Art eine amt- liche Me von Terminpreisen (§8 29, 35) erfolat. Untersagung des Dae Lieferungéqualität des Getreides.

Der Bundesrath i} befugt, den Börsenterminbandel von Be- dingungen abbängig zu machen oder in bestimmten Waaren oder Werthpapieren zu untersagen. Í

Die Lieferungéqualität des im Börsenterminhandel zu liefernden Getreides kann, nach Anhörung von Vertretern der - betbeiligten Erwerbszweige, von dem Bundesrath oder, soweit er von dieser Befug- niß feinen Gebrauch gemacht hat, von der Landeëregierung fest- gestellt werden. 8 47

F.

Ist nah den vom Bundesrath erlassenen Bestimmungen der Börsenterminhandel in bestimmten Waaren oder Wertbpapieren unftatthaft, so ist auch ein von der Mitwirkung der Börsenorgane unabhängiger Terminhandel von der Börse auëge!chlofsen, soweit er fih in den für Börsentermingeschäfte üblichen Formen vollzieht. Auch dürfen für solhe Geschäfte Terminpreise öffentli oder in mechanisch bergestellten Preislisten (Kurszetteln } niht notiert werden.

48, Wird die Zulassung von Waaren oder Wertbvapieren zum Börsenterminhandel verweigert oder wird die Zulaffung nicht nach- esucht, so kann ein thatsächlich \tattfindender Terminbandel von den BörsenaufsiGtsbebörden mit den im § 47 bezjeihneten Folgen unter- sagt werden.

Zulaffung gs Waaren.

Die Bôörsenorgane sind verpflichtet, vor der Zulaffung von Waaren zum Börsenterminhandel in jedem einzelnen Fall Vertreter der betheiligten Erwerbszweige gutachtlih zu hören und das Ergebniß dem Reichskanzler mitzutheilen. Die Zulassung darf erst erfolgen, nacdem der Reichskanzler erklärt hat, daß er zu weiteren Ermitte- lungen feine Veranlassung finde.

Ankündigung Heferungzunsähiger Waaren.

Bei dem Börsenterminhandel in Waaren geräth der Verkäufer, sofern er nah erfolgter Kündigung eine unkontraktlihe Waare liefert, in Erfüllungéverzug, auch wenn die Lieferungsfrist noch nit abge- laufen war.

Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig.

Börsenregister, S S1;

Bei jedem zur Führung des Handelsregisters zuftändigen Gericht ist je ein Börsenregister für Waaren und für Werthpapiere zu führen. Die Landesregierung kann die Führung des Registers für die Bezirke mehrerer Gerichte einem derselben Et ragen.

52.

In das Vörsenregister werden nah Naten, Vornamen, Stand und Wohnort die Personen eingetragen, die sich an Börsentermin- geschäften in Waaren oder Wertbpapieren betheiligen wollen. Be- trifft die Eintragung eine Handelsgesellschaft oder juriftishe Person,

fo ist ihre Firma oder ihr Name sowie der Ort, wo sie ihren Sig hat, einzutragen.

Die Eintragung erfolgt in dem Register des Bezirks, in welhem der Einzutragende seine gewerblihe Niederlassung oder in Ermange- lung einer folen seinen Wobnfiß hat. Im Falle einer Verlegung der Niederlassung oder des Wobnsitzes wird die Eintr ung unter Löschung in dem Register des bisherigen Bezirks in das Register des neuen Bezirks gebührenfrei übertragen.

8 53 __ Das Börsenregister ist öffentlih. Die Einsicht desselben ist während der gewöhnlichen Dienststunden einem Jeden gestattet. Auch fann von den Eintragungen gegen Erlegung der Kosten eine Abschrift gefordert werden, die auf Dans zu beglaubigen ift.

_Vor der Eintragung in ein Börsenregister ist eine Eintragungs- gebühr von einhundertfünfzig Mark zu entrichten.

“ad jedes folgende Kalenderjahr, während dessen die Eintragung beste h soll, ist eine Erhaltungêgebühr von je fünfundzwanzig Mart zu zablen.

Die Gebühren fließen, insoweit die Landesregierungen niht ein Anderes bestimmen, den E zu.

55,

Den Antrag auf Eintragung hat der Einzutragende oder, falls er s uns Verträge nicht verpflichten kann, sein geseßliher Vertreter zu stellen.

Kinder unter väterliher Gewalt und Ebefrauen, die nicht P Ras find, bedürfen der Genehmigung des Vaters oder Ehe- mannes.

_Der geseßliche Vertreter einer unter Vormundschaft oder Pfleg- saft (Kuratel) stehenden Person bedarf der Genehmigung der Vor- mundschaftsbehörde.

S 56.

„Der Antrag ist bei dem Gericht, bei welchem das Börsenregister glet wird, mündlich zu Protokoll zu stellen oder \chriftlich ein- zureichen.

Schriftliche Anträge müssen gerihtlih oder notariell aufgenommen oder beglaubigt sein. __ Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf eine etwa er- forterlihe Genehmigung 55) Anwendung.

Anträge und Erklärungen öffentlicher Behörden bedürfen, wenn fie vorschriftsmäßig unterschrieben und untersiegelt sind, feiner Be- glaubigung. á S 57

Der Antrag auf Eintragung soll die Erklärung enthalten, daß j der Einzutragende Börsentermingeshäfte in Waaren oder Werth- papieren eingehen wolle. S 58

98.

__ Der Antrag auf Eintragung in das Waarenregister kann auf bes stimmte Geschäftszweige beshränkt werden. Auf Antrag ist gebühren- frei die Eintragung auf weitere Geshäftszweige auszudehnen oder die eingetragene Beschränkung zu löschen ; auf einen folchen Antrag finden die Bestimmungen der 88 55, 56 entsprechende Anwendung.

S 59.

Die erfolgte Eintragung is von dem Gericht ohne Verzug ihrem anzen Inhalt nach auf Kosten des Eingetragenen im „Reichs- nzeiger“ fowie in denjenigen öffentlihen Blättern bekannt zu machen,

welhe gemäß Art. 14 des Handelsgeseßbuchs für die Veröffent- lihung der in das Handelsregister aufgenommenen Eintragungen bestimmt sind.

S 60.

Die Löschung der Eintragung erfolgt gebührenfrei auf Antrag des Eingetragenen oder seines geseßlihen Vertreters am Schluß des Jakres, in welhem der Löschungsantrag gestellt ist. Für Kinder unter vâterliher Gewalt und für Ébéfatten, welhe nicht Handelsfrauen find, genügt der Antrag des Vaters oder Ehemannes.

Der Löschungsantrag is bei dem Gericht mündli zu Protokoll zu ftellen oder in geridtliher oder notarieller Beglaubigung einzu- ane Die Vorschrift im § 56 Abs. 4 findet entsprehende An- wendung.

8 61. _ Eine Eintragung, die niht nach den Vorschriften im S 55 erfol zt ist, wird, wenn der Mangel niht inzwischen beseitigt ist, von Amts- wegen gelöst.

Am Schluß des Kalenderjahres wird eine Eintragung von Amts- wegen gelöscht, wenn die Erhaltungsgebühr für das näâchstfolgende Jahr nicht bis zum Ende des vorleßten Monats des laufenden Jahres eingezahlt ift. as

S 62.

Jedes Gericht hat nach Beginn des Kalenderjahres eine Liste der- jenigen Personen aufzustellen, deren Eintragungen am 1. Januar noch in Kraft bestanden.

Das Gericht für den Bezirk der Stadt Berlin, an welches die übrigen Gerichte ihre Liften bis zum 31. Januar jedes Jahres einzu- fenden baben, ftellt nah deren Sa unverzüglih eine Gesammt- liste auf und macht sie durch den „Neicht-Anzeiger“ bekannt.

8 63.

Durch ein Börsentermingeschäft in einem Geschäftszweige, für welhen nit beide Parteien zur Zeit des Gèshäftsabs{lusses in ea e seren eingetragen find, wird ein Schuldverhältniß nicht egründet.

Das Gleiche gilt von der Ertheilung und Uebernahme von Auf- rige fowie von der Vereinigung zum Abschlusse von Börsentermin- geshäften.

Die Unwirksamkeit erstreckt \sich auf die bestellten Sicherheiten und die abgegebenen Schuldanerkenntnifsse.

Eine Rüdckforderung dessen, was bei oder na völliger Abwickelung des Geschäfts zu seiner Erfüllung geleistet worden ift, findet nit statt. S 64.

Wer den Vorschriften des § 55 zuwider eingetragen worden ift,

ilt nur dann als eingetragen, wenn der Mangel zur Zeit des Ge- [chäft8sabschlusses dem anderen Theile nit bekannt war.

Wer troß erfolgter Lösung im Börsenregister noch in der Ge- sammtliste 62) aufgeführt ist, gilt als eingetragen, sofern nit zur geit des Geschäftsabs{lusses der andere Theil von der bewirkten

öhung Kenrtniß hatte. Das. Gleiche gilt bis zum Ablauf eines

Monats seit der Veröffentlihung der Gesammtliste von denjenigen Personen, welche in diefer Liste infolge der Löschung niht wieder auf- geführt sind. s ie

Die Bestimmungen des § 63 finden auch dann Anwendung, wenn das Geschäft im Auslande ge\chlossen oder zu erfüllen ist.

In Ansehung von Personen, welhe im Inlande weder einen Wobnsiß noch eine gewerbliche Niederlassung haben, ist die Eintragung in das Börfenregister zur Wirksamkeit des Geschäfts nicht erforderlich.

Hat nur eine der Parteien im Inlande einen Wohnsiß oder eine gewerbliche Niederlassung, fo ist auch die Eintragung dieser Parteien in das Börsenregister nit erforderli, fofern das Geschäft zu ihrem Gewerbebetriebe gehört.

Einwand des Mens der Effektivlieferung.

Gegen Ansprüche aus Börsentermingeshäften sowie aus der Er- theilung und Uebernabme von Aufträgen und aus der Vereinigung zum Abschluß von Börsentermingeschäften kann von demjenigen, welcher zur Zeit der Eingehung des Geschäfts in dem Börsenregister für den betreffenden Geschäftszweig eingetragen war, sowie von dem- jenigen, defsen Eintragung nah den vorstebenden Bestimmungen 65 Abs. 2 und 3) zur Wirksamkeit des Geschäfts nicht erforderlih roar, ein Einwand nit darauf gegründet werden, daß die Erfüllung dur Lieferung der Waaren oder Werthpapiere vertragsmäßig ausge- geschlofsen war.

V. Kommi] lionsgeshäft.

Die Bestimmungen des Art. 376 des Handel sgeseßbuchs werden dur die Bestimmungen der §8 68 bis 70 erseßt.

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Selbsteintritt.

L 8 68.

Bei der Kommission zum Einkauf oder zum Verkauf von Waaren, welche einen Börsen- oder Macktpreis haben, und von Wertbpapieren, bei denen ein Börsen- odec Marktpreis amtlich fest- getent wird, fann der Auftrag, wenn der Kommittent nicht ein

nderes bestimmt hat, von dem Kommissionär dadurch ausgeführt werden, daß er das Gut, welches er einfaufen soll, felbst als Ver- käufer liefert, oder das Gut, welches er zu verkaufen beauftragt ift, selbft als - Käufer übernimmt.

Im Falle einer solhen Ausführung des Auftrags ist die Pflicht des Kommissionärs, Nechenschaft über die Abschließung des Kaufs oder Verkaufs zu geben, auf den Rahweis beschränkt, daß bei dem be- rechneten Preise der zur Zeit der Ausführung des Auftrags bestehende Börsen- oder Marktpreis eingehalten ist. Als Zeit der Ausführung gilt der Zeitpunkt, in welchem der Kommissionär die Anzeige von der Es behufs der Absendung an den Kommittenten ab- gegeben hat.

Ist bei einem Auftrage, der während der Börsen- oder Markt- *

zeit auszuführen war, die Ausführungsanzeige erst nach dem Schluß der Börse oder des Marktes zur Absendun abgegeben, so darf der berehnete Preis für den Kommittenten nit ungünstiger sein, als der reis, der am Schlusse der Börse oder des Marktes bestand. Wenn eit der Ertheilung des Auftrages verschiedene Börsen- oder Markt- preise während der Börsen- oder Marktzeit bestanden haben, fo darf auch von dem mittleren Preise, welcher sib aus der Vergleichung dieser Preise ergiebt, niht zu Ungunsten des Kommittenten abgewichen werden. Werden nah den Einrichtungen einer Börse oder eines Marktes innerbalb derselben Börsen- oder Marktzeit zu mehreren Malen einheitliche Preise „amtlich festgestellt, so sind für die Fest: stellung des mittleren Preises Ex diese Preise heranzuziehen.

Au im Falle der Ausführung dieses Auftrags dur Selbsfteintritt 638) muß der Kommissionär, wenn er bei Anwendung pflihtmäßiger Sorgfalt den Auftrag zu einem günstigeren als dem nah § 68 ih ergebenden Preis ausführen konnte, dem Kommittenten den günstigeren Preis in Rechnung stellen.

Hat der Kommissionär vor Absendung der Ausführungsanzeige aus Anlaß des ertheilten Auftrags an der Börse oder am Markt ein Geschätt mit einem Dritten abge|chlossen, so darf er dem Kommittenten keinen ungünstigeren als den hierbei vereinbarten Preis berechnen.

Die barstelenden Bestimmungen können nit dur Vertrag ab- geändert werden.

S 70.

Der Kommissionär, der das Gut selbs als Verkäufer liefert oder als Käufer übernimmt, if zu der gewöhnlichen Provision berechtigt und kann die bei Kommissionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommen- den Unkosten berechnen.

Ausführung durch e mit einem Tritten.

Erklärt der Kommissionär bei der Anzeige von der Ausführung des Auftrags nicht ausdrücklich, daß er selbst eintreten wolle, fo gilt dies als Erklärung, daß die Ausführung durch Abschluß des Geschäfts mit einem Dritten für Rechnung des Kommittenten erfolgt sei.

Eine Vereinbarung zwischen dem Kommittenten und dem Kom-

misfsionär, daß die Erklärung darüber, ob der Austrag durch Selbst-

eintritt oder durch Abschluß mit einem Dritten erledigt sei, über den S Ausëführungsanzeige hinaus aufges{choben werden dürfe, ist ungültig.

Auch wenn der Auftrag als durch Abschluß des Gesckäfts mit einem Dritten ausgeführt gilt, haftet der Kommisüonär, falls er nit zugleih mit der Anzeige der Ausführung den Dritten namhaft macht, für die Erfüllung des Geschäfts.

VI. Straf- und S@lußbestimmungen. 7

. Wer außer dem Falle des Artikels 249 4 Ziffer 2 des Handels- geseßbuchs in betrügerisher Absiht auf Täuschung berechnete Mittel anwendet, um auf den Börsenpreis von Waaren oder Werthpapieren einzuwirken, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu Zehntausend Mark bestraft. Auch kann auf Verluft der bürgerlichen Ehrenrehte erkannt werden. /

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt auss{ließlich Geldstrafe ein. S 73

Wer gewohnheitsmäßig und in gewinnsüctiger Absicht andere unter Ausbeutung ihrer Unerfahrenbeit oder ihres Leichtsinns zu Börsenspekulationsgeshäft-n verleitet, welhe nicht zu ihrem Gewerbe- betrieb gehören, wird mit Gefängniß und zugleid mit Geldstrafe bis zu Fünfzehntaufend Mark bestraft. Auch kann auf Berluft der bürger- lichen Ghrenrete erfannt s “i :

Ein Kommissionär, welcher, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvortheil zu verschaffen, ;

1) das Vermögen des Kommittenten dadur beschädiat, daß er hinsichtlich eines abzus{ließenden Geschäfts wider besseres Wissen unrichtigen Rath oder unrichtige Auskunft ertheilt, oder

2) bei der Ausführung eines Auftrags oder bei der Abwicklung ée ¡IONS absihtlich zum Nahtkeil des Kommittenten

andelt, wird mit Gefängniß bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Geldstrafe bis zu Dreitausend Mark sowie auf Verlust der bürger- lichen Ebrenrehte erkannt werden. S l

Sind mildernde ‘Umftände vorhanden, so kann aus\{ließlich äuf die Geldstrafe erkannt werden. i

Der Versuch ift strafbar in den Dn der Ziffer 1.

7

Die in dem 11., IV. und V. Abschnitt sowie im § 72 bezüglich der Werthpapiere getroffenen Bestimmungen gelten auch für Wechsel und ausländishe Geldsorten.

Die in den 88 30 bis 34 enthaltenen Vorschriften treten mit dem 1. Januar 1897 in Kraft.

Im übrigen tritt diefes Gesetz mit dem in Kraft.

Begründung.

Der Geschäftsbetrieb an den deutshen Börsen und die Abstellung der bei demselben hervorgetretenen Mängel ist seit längerer Zeit zum Gegenstand von Besprechungen in der Deffentlichkeit, mehrfah au von Petitionen bei den geseßgebenden Körperschaften gemacht worden.

So war in der Sefsion des Reichstags voa 1887/88 (7. Legis- [aturperiode IT. Session) die Kommission des Reichstags für die Petitionen mit der Berathung einer Petition befaßt, welhe den An- trag enthielt, daß die an der Produktenbörse zu Berlin, insbesondere auf dem Gebiet des Terminhandels mit Getreide, hervorgetretenen Mißstände im Wege der Geseßgebung Abhilfe finden mötten.

Die Petitionsfommission bes{chloß (Nr. 185 der Neichstags3- Drucksachen von 1887/88):

die Petition dem Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen, ob aus Anlaß der von dem Gesuchsteller sowie au vielfa in der Presse zur Sprache ogs Mißstände eine Enquête über die Zustände der Börse vorzunebmen sei, und ob eine reidsgeseßlihe Regelung der Materie sih empfehlen möte.

Demnächst gelangte im O cine Petition zur Erörterung, in welcher die Abstellung von Mißständen an der Hamburgischen Waarenbörse und zwar namentlich im Bereiche des Kaffcetermin- handels befürwortet und zu diefem Zweck die Untersagung oder doch Beschränkung dieses Handels, inebesondere soweit er dur die Waarenliquidationskasse Förderung erhält, beantragt wurde. Auf Grund des Berichts der Kommission für die Petitionen beschloß der Reichstag (vergl. Nr. 151 der Drucksachen des Reichstags von 1888/89) in seiner Sizung vom 16. Mai 1889, die Petition den verbündeten Regierungen zur Erwägung zu überweisen. d

Während die vorstehend genannten Anträge zunächst an die Ver- hältnisse einzelner Börsenpläße anfknüpften, sind in neuerer Zeit,

namentli seit dem Jahre 1891, vielseitig Beshwerden laut geworden, die sih auf den gesammten Umfang des Börsenwesens Éeirpiden, Her- vorgerufen wurde diese Bewegung dur den Zusammenbruch bedeuten- der inländischer Bankhäuser, welcher die Aufdeckung einer übertriebenen, unfoliden Börsenspekulation und umfanareiher Depotveruntreuungen zur Folge batte, sodann auch durch Zablungseinstellungen in aus- ländishen Staaten, deren Wertbe durch die deutsche Börse verbreitet waren. entfrand in weiten Kreisen das dringende Verlangen, daß durch geseßlihes Eingreifen den Auswüchsen des Geschäftéverfehrs an den Börsen entgegengetreten und die zur Zeit unzulänglichen Vor- kehrungen zum Schu e des Publikums vervollständigt werden möchten.

Die erwähnten Depotunters{lagungen führten zunächst zu einer Erwägung darüber, in welcher Weise ter Effektenbesißer dur gesetz- liche Bestimmungen gegen ein unredlihes Verhalten des Banquiers binfihtlih der ibm anvertrauten Werthstücke gesihert werden tönne. Das Ergebniß dieser Erwägung findet in dem Entwurf eines Gesetzes über die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werth- papiere Ausdru. j

Daneben blieb die Frage bestehen, inwieweit die im Börsen- betriebe selbst zu Tage getretenen Schäden ein organisatorishes Ein- greifen der Gefeßzgebung nothwendig mahen. Die Forderung eines folhen Einrgreifens wurde durch die vadfolgenden, von Mitgliedern verschiedener Parteien unterstützten Anträge im Reichstag als eine in weiten Kreisen vertretene Forderung gekennzeihnet:

A. Der Reichstag wolle beschließen:

die verbündeten Regierungen zu ersuchen:

1) dem Reich2tag noch im Laufe der gegenwärtigen Session eine Geseßzesvorlage zu machen, in welcher dem Mißbrauch des Zeitgeschäfts als Spielgeshäft sowohl an der Börse, wie ander- wärts, namentlich in den für die Volksernährung wittigen Artikeln durch eingreifende Bestimmungen auf dem Gebiet des Strafrechts und des bürgerlihen Rechts entgegengetreten wird; dabin zu wirken, daß die Vörsen und der Geschäftsverkehr an denselben einer wirksamen staatlihen Aufsicht unterstellt und dadur ihren wahren Aufgaben für Handel und Verkebr er- halten werden. (Druckfachen des Reichstags Nr. 528, 8. Legis- laturperiode I. Session 1890/92.)

B. Der Reichstag wolle beschließen:

die verbündeten Regierungen zu ersucken: dem Reichstag noch im Laufe der gegenwärtigen Session Ge- sezeéborlagen zu maten, durch welhe dem Börsenspiel sowobl an der Produften- als aud an der Effektenbörse entgegen- getreten und insbesondere festgestellt wird:

reine Differenzgeshäfte sind nihtig und begründen kein

Klagereht.

Auch die Bundesregierungen, in deren Gebieten Börsen \i be- finden, hatten alsbald nach den Vorgängen des Jahres 1891 die Ver- pflichtung erkannt, zur Herbeiführung eines Schutzes gegen die Wieder- fehr ähnlider Ausschreitungen in eine eingehende Prüfung der auf den Börsenverkehr und die Stellung der Börsen im allgemeinen be- züglichen thatsächlihen und rehtlihen Fragen einzutreten. Zu diesem Zweck stellte sih, da es an den ausreichenden Unterlagen mangelte, zunächst die Veranstaltung einer Enquête als nothwendig dar. Es wurde deshalb unter dem 6. Februar 1892 dur den Reichskanzler eine Kommission berufen, welhe dur cinen vom Reichskanzler ernannten Vorsigzenden geleitet wurde und aus Beamten der betbeiligten Bundesregierungen, ferner aus Vertretern der Wiffenschaft, sowie der direkt oder indirekt am Börsenhandel betbeiligten Kreise zusamwengeseßt war. Die Kommission trat am 6. April 1892 zu- sammen, einigte sich zunächst über die Gestaltung der den weiteren Verhandlunaen und den Vernebhmungen von Sacverständigen zu Grunde zu legenden Fragen und erledigte sodann nah Abbaltung von 93 Sizungen ihre Aufgabe dur die am- 11. November 1893 erfolgte Erstattung eines Schlußberichts an den Reichskanzler. Die Kommission hat es sich angelegen sein laffen, Nachrichten über die in den einzelnen Bundesftaaten und an den wichtigsten ausländishenBörsenpläßen geltenden gefeßlihen Vorschriften, Statuten und Handelegebräuche einzuziehen und ein reichbaltiges statistisches Material über den Umfang und die Ne der Börsengeschäfte beizubringen. Ferner sind von ihr 115

acverständige, und zwar 39 dem Effekten-, 56 dem Waarenverkehr, s der Wissenschaft und der Rechtépflege, 5 der Presse angehörig, ver- nommen worden, deren Aussagen in wortgetreuer Wiedergabe dem Berichte beigefügt wurden. Unter Berücksichtigung der fo gewonnenen Aufklärungen hat die Kommission sich dur Mehrheitsvoten über die zu empfchlenden Maßregeln {lüssig gemacht und formulierte Vor- shläge für geseßgeberishe und administrative Anordnungen vorgelegt.

Der Bericht der Enquêtekommissiona ist nebs sämmtlichen An- lagen dem Bundesrath und dem Reichstag mitgetheilt worden. Der leßtere bat darauf bei Gelegenheit der Berathung des Gesetzes über die Erhebung der Reichsstempelabgaben in seiner Sitzung vom 19, April 1894 bes{lossen:

die verbündeten Regierungen zu ersuchen, auf Grund der Er- gebnisse der Börsen Enquête ein Börsengeseß thunlichst bald vorzulegen. :

Die Erörterungen, welche diesem Reichstagsbeshlusse voraus- gingen, und die zablreihen sonstigen Besprehungen, denen der Bericht der Enquêtekommission unterzogen worden ift, ließen ersehen, daß der vermittelnde Standpunkt, welchen die Kommission nah forgfältiger Abwägung aller einshlägigen Interessen “einnahm, überwiegende Billigung fand, und daß auch die von diesem Standpunkt aus for- mulierten Kommissionévorschläge, troy mannigfaher Ausstellungen gegen Einzelheiten, in weiten Kreisen als eine geeignete Grundlage zu weiterem Vorgehen betrachtet wurden.

Allerdings steht die Geseßgebung in der vorliegenden Frage vor einem ungewöhnlih lebhaften egensaß der Interessen und Meinungen, deren Ausgleihung und gleihmäßige Berücksichtigung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden is. Durch die Entwickelung des nationalen und internationalen Güterverkchrs is die Börse für den Umsatz von Waaren und Werthpapieren und für die Festseßung der Tageswerthe um unentbehrlichen Faktor geworden. Das kann zwar nicht hintern,

bhilfe für nahgewiesene, zum theil \{werwiegende Mißstände zu suchen, deren Beseitigung au im Interesse der Börse selbst liegt, während darauf die durch den Börsenhandel in weiterem Umfang be- rührten Intereffen der Allgemeinheit einen berechtigten Anspruch haben. Dabei aber wird es die Aufgabe fein, die Entfernung der Auswüse herbeizuführen, ohne die Börse in ihren nußbringenden und nothwen- digen Funktionen zu ftören.

Eine weitere Schwierigkeit, welche bei dem Erlaß reihsgesetlicher Maßnahmen zu überwinden ist, beruht darin, daß die geschichtlichen Grundlagen, auf benen die vershiedenen Börsen Deutschlands erwachsen sind, wesentlih von einander abweichen. Die Aufstellung bestimmter Normen ist \chon in formeller Hinsicht leichter in Betreff derjenigen Börsen, welche bereits eine feste äußere Oraanifation besißen, als in Betreff der Börsen, die sich ihrer Ent- wicklung nach als freie Vereinigungen von Kaufleuten und anderen Geschäftstreibenden zu geshäftlißen Verabredungen jeder Art be- trahten und daher jedem Eingreifen der Staatsgewalt mit besonderer Lebhaftigkeit widerstreben. Demgegenüber ist indeß ¿u berüdsihtigen, daß die Einwirkung, welche die Verhältnisse an den einzelnen deutschen Börsen auf die anderen Börsen, und welche sie gemeinsam auf das Wirthschaftsleben der Gesammtheit autüben, im Verlauf der neueren Entwiklung niht nur immer lebhafter und stärker, sondern daß au die dabei angewendeten Geschäftsformen immer gleihartiger geworden sind. Beschränkt ih die Gesetzgebung auf diejenigen Cine welche zum Schuhe der allgemeinen wirthschaftlichen Interessen als nothwendig erkannt werden, so muß sie auch auf alle inländischen Börsen ohne Unterschied \sih erstrecken. Dabei bleibt immer noch Raum, um der auf historish gesunder Grundlage entwickelten Eigen- art des einzelnen Börsenplazes Rechnung zu tragen.

Als Gebiete, auf denen eine Reform des Börsenwesens und des mit diesem im Zusammenhange stehenden Geschäftsverkehrs als er- forderlich sich erwiesen hat, sind von der Börsen-Enquêtekommission die nachfolgenden bezeichnet worden :

1) die rechtlihe Stellung und Organisation der Börse;

2) das Emissionswesen ;

3) der Terminhandel und das Börsenspiel ; S das Maklerwesen und die Kurefeststellung; 9) das Kommissionsgeshäft.

Für jedes dieser Gebiete hat die Enquêtekommission Vorschläge auêgearbeitet für die Reichsgeseßgebung, für Anordnungen des Bundes- raths und für die Börfenordnungen. Die Vorschläge der leßtgenannten beiden Kategorien find zwar in A als wesentliche Bestandtheile einer wirksamen Reform zu erachten, indeß entziehen sie ih ibrer überwiegenden Mehrheit nach im vorliegenden Zusammen- bange der Einzelerörterung um so mehr, als ihre Ausgestaltung von der Feststellung der allgemeinen crganisfatorishen Bestimmungen ab- hängt. Der Entwurf folgt in der Scheidung zwischen gesetlihen und administrativen Maßnabmen im wesentlichen den Axschannngen der Enguêtekommission. Nur in einzelnen Richtungen, wie in Bezug auf die Ausschlicßung unlauterer Elemente vom Börsenbesuche, auf die Zuständigkeit der Börsenschiedsgerichte, auf die Fol en der An- kündigung unfontraftliher Waare im Terminhandel, stellt er im Interesse der Einheitlihkeit Vorschriften für das Gesetz selbs auf, anstatt die Entschließung den einzelnen Börsenordnungen vorzubehalten.

Auch den sahlihen Inhalt der Enquêtevorschläge hat auf Grund der nah Erstattung des Kommissionsberihts vorgenommenen ein- gehenden Prüfung der Entwurf sih in weitgehendem Maße zu eigen gemaht. JInwieweit Ergänzungen, Abweichungen und redaktionelle Umgestaltungen als angezeigt fi erweisen, ist in der nastebhenden Begründung zu den einzelnen Abschnitten näher dargelegt.

Hinsichtlich der äußeren Anordnung erschien es angemessen, die Bestimmungen über die Feststellung des Börsenpreises und das Moaklerwesen an diejenigen über die Börsenorganisation anzuschließen.

Zu den einzelnen Abschnitten des Entwurfs wird Folgendes bemerft :

I. Allgemeine Bestimmungen über die Börsen und

E «deren Organe.

Innerhalb des Reichsgebietes befinden \ich Börsenpläße in folgenden Bundesstaaten :

in Preußen, und zwar in den Städten:

Berlin, Breslau, Danzig, Düsseldorf, Elbing, Essen, Frank- furt a. M., Gleiwiß, Grimmen, Halle a. S., Köln, Königs-

__ berg, Magdeburg, Memel, Posen, Stettin :

in Bayern, und zwar in den Städten:

__ München und Augsburg; |

im Königreih Sachsen und zwar in den Städten:

Dreêsden und Leipzig; in Württemberg, und zwar in Stuttgart; in Baden, und zwar in Mannheim; in der freien und Hansestadt Lübeck; in der freien Hansestadt Bremen; in der freien und Hansestadt Hamburg; in Elsaß-Lothringen, und zwar in Straßburg und Mülhausen. E

An den großen deutshen Börsenpläßzen sind durhweg Börsen für Effekten und Waaren vorhanden. Dasselbe gilt von einer Reihe der kleineren Börsenorte, während an anderen der Börsenhandel auf Effekten oder Waaren oder auf Zweige des Effekten- und Waaren- geschäfts beshränft ist. i, =

Die rehtlihe und geschichtlihe Grundlage, auf welcher diese Börsen beruhen, zeigt äußerlih bedeutende Verschiedenheiten. Indeß besteben, wenn auch die Rechtsquellen von einander abweichen, doch fast überall Bestimmungen über die Handhabung und Beaufsichtigung des Börsenbetriebs. Die wesentlichften Merkmale sind nach beiden Richtungen hin aus den nachfolgenden Einzelnheiten zu entnehmen :

Für Preußen ist durch den Artikel 3 des Einführungsgesetzes zum Handelsgeseßbuch vom 24. Juni 1861 (Preußis®he Geseß-Samml. Seite 449) in Bezug auf die Börsen und die kaufmännishen Korporationen Folgendes vorgeschrieben : :

§ 1. Die Errichtung einer Börse kann nur mit Genehmigung des

Handels-Miniiters erfolgen. § 2. Neue Börsenordnungen bedürfen der Genehmigung des Handels- Ministers.

Diese Genehmigung ist auch zur Abänderung und Ergänzung bestehender Börsenordnungen erforderlih und genügend.

Die Vorschriften der bestehenden Börsenordnungen, welche privatrehtlihen Inhalts sind, treten außer Kraft. Privat- rechtliche Vorschriften können auch in die revidierten und in die neuen Börsenordnungen nicht aufgenommen werden.

In Ausführung dieser Gesetzesvorschriften is die unmittelbare Aufsicht über die Börse für die meisten Pläße der Handelskammer oder einer kaufmännishen Korporation (Aelteste der Kaufmannschaft, Vorsteheramt der Kaufmannschaft u. \. w.) übertragen worden. Eine Börse die zu Düsseldorf unterliegt der Aufsicht der Bezirks- regierung. Die vorgenannten Zwischeninstanzen sind verpflichtet, den Anordnungen des Handels-Ministers Folge zu geben.

Für Bayern sind \taatlicherseits, abgesehen von einigen Spezial- bestimmungen über Handelsmakler, Verfügungen über die Beauf- sichtigung des Börsenbetriebs bisher niht ergangen. Dagegen sind „Bestimmungen für die Münchener Börse, gültig vom 1. Januar 1891“ vom Münchener Handelsverein erlassen, unter dessen Aufsiht und Leitung die Börse steht. : A

Im Königreih Sachsen ist nur für die Börse in Leipzig eine besondere Regelung erfolgt, dahin gehend, daß alle Anordnungen und Bestimmungen der Genehmigung der Handelskammer bedürfen, welche au die fortlaufende Aufsicht über den Betrieb der Börse führt.

Für Württemberg ist dur den Art. 12 des Einführung®geseßes zum S vom 13. August 1865 (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg Seite 211) folgende Bestimmung ge-

troffen « : i

„Zur Feststellung von Börsenpreisen im Sinne des Handels-

geseßbuchs sind nur diejenigen Vereine von Kaufleuten als ge-

eignet anzusehen, welchen durch landesherrliche Entschließung

auf Grund einer genehmigten Börsenordnung die Eigenschaft öffentliher Börsenvereine beigelegt ist.“

Dementsprehend hat die Börfenordnung für Stuttgart vom 24. Mai 1877 der Königlichen Genehmigung ukiterlegen. Die Auf- sicht über diese Börse wird von der Handels- und Gewerbekammer zu Stuttgart durch Kommissare wahrgenommen. 5 :

Von seiten des badishen Staats sind Anordnungen über die Börfe nicht erlassen.

Für Lübeck hat der Senat auf den Antrag der Handelskammer unter dem 10. April 1875 (mit Nachtrag vom 12. Dezember 1885) eine Börsenordnung erlassen, deren Vorschriften (nach Art. 9) sämmt- lihe Besucher der Börse unterworfen sind und bebufs deren Aufrecht- erhaltung (nach Art. 10) an jedem Börsentage ein Mitglied des Börsen-Auéschusses der Handelskammer \sih auf der Börse einzufinden hat, um die Obliegenheiten des Vorftandes wahrzunehmen. Jeder Anwesende ist verpflichtet, den Anweisungen dieses HVandelskammer- Os hinsihtlich des Besuhs der Börse unweigerlih Folge zu leisten. In Bremen bat sich der Staat mit dem Börsenwesen insofern befaßt, als er Bestimmungen über die Zahlung von Börsencintritts- und Standgeldern erlassen hat.

Durch die obrigkeitlihen Verordnungen vom 6. Februar 1860 Bremisches Geseyblatt Seite 26), vom 18. Februar 1863 (daselbst Seite 22) und vom 6. Oktober 1864 (daselbst Seite 277) u. st. w. ist bestimmt worden, daß zur Zahlung eines- Börseneintrittsgeldes verpflichtet sind:

1) sämmtliche Mitglieder des Kaufmanns-Konvents, :

2) alle fonstigen Personen, welche die Börse besuchen, mit Aus- nahme der Schiffer, der Fremden, welche nit schon ein Jahr lang in Bremen gewohnt haben, fowie derjenigen, welche Handels- oder L ae Be L nicht betreiben.

Andererseits besteht nah § 98 der Bremischen Verfassung der Kaufmannskonvent aus Mitgliedern der Bremischen Börse.

Ueber die Anstellung von Beamten (beeidigten Börsenmaklern) für die Abhaltung von öffentlihen Verkäufen, die Ertheilung von Befundzeugnifsen und Gutachten, sowie die Vornahme von e ist eine obrigkeitlihe Verordnung des Senats vom 9, Dezember 1867

im Einverständniß mit der Handelskammer crpanaen. Außerdem hat die Handelskammer unter dem 1. Dezember 1889 Bestimmungen für das Schiedsgericht der Bremer - Börse erlassen. Die Bremische Börsenordnung bestimmt im § 4: : i | « Während der Dauer der Börsenversammlung liegt den beiden Vorsitzern der Handelskammer die Sorge für die Erhaltung von Ordnung und Anstand ob.“ 6 : Das Hamburgische Geseg vom 23. Januar 1880, betreffend die Handelskammer und die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns (Hamburgische Gesez-Samml. Seite 26) bestimmt im § 17 Fol-

gendes : „Die Handelskammer hat die Aufsicht über die Börse und übt innerbalb derselben die Polizei nah Maßgabe einer mit Genehmigung des Senats zu erlassenden Börsenordnung aus.“

Nach § 1 desfelben Gesetzes besteht die Handelskammer aus Mit- gliedern, welhe von der Versammlung- eines Ehrbaren Kaufmanns gewählt werden. Der vorstehenden Bestimmung entsprechend, hat die Handelskammer mit Genebmigung des Senats unter dem 18. De- zember 1891 die jeßt in Kraft befindlihe Börsenordnung erlaffen, welhe im Hamburgischen Gesetblatt für 1891 Seite 206 veröffent- licht ist und mit den einleitenden Worten beginnt :

„Die Handelskammer führt die Auffiht über die Börse und übt innerhalb derselben die Polizei nah Maßgake der folgenden Börsenordnung aus.“

Außerdem hat fich die hamburgische Gesetzgebung mit dem Jn- stitute der Makler und demjenigen der beeideten Auktionatoren (Gesey vom 20. Dezember 1871) ' befaßt. Die Mafklergebührentaxe ift von der Handelskammer unter Genehmigung des Senats geregelt.

Bezüglich Elfaß-Lothringens sind besondere Vorschriften nicht zu erwähnen, da die dortigen Börsen niht als Börsen im Sinne des dur § 1 Ziffer 3 des Reichsgeseßes vom 19. Juli 1872 (Gesfeßblatt für Elsaß-Lothringen Seite 213) aufrecht erhaltenen franzöfischen Rechts angesehen werden.

Auch in vielen Staaten des Auslandes is dur Gesetzgebung oder Statut theils dem Staat, theils kommunalen oder Handels- korporationen cine Aufsicht über die Börse beigelegt. Dies gilt namentlich von ODesfterreih (Geseß vom 1. April 1875), ferner von Frankreih (Art. 71 des Code de commerce), von Belgien (Code de commerce 1. Bu TIitel V: „des bourses de commerce, agents de change et courtiers“ Art. 61 bis 68, Geseg vom 11. Juni 1883 Art. 1) und den Niederlanden (Holländishes Handels- gefeßbuh. Art. 59 und 73). In einigen der genannten Linder wird die grundsäßlihe Feststellung der Aufsihtsbefugniß dur Einzelbestim- mungen über die Handhabung der Aufsicht und über den Geschäfts- betrieb der Börse ergänzt. Auf auss{ließlich privater Grundlage sind die Börsen Großbritanniens aufgebaut. :

Aus obiger Zusammenfassung der inländishen Bestimmungen er- giebt si, daß ein gewisses Maß von Aufsiht dur die Staats- behörde oder durch Handelsorgane fast überall bereits jeßt wahr- genommen wird. Es erwächst die Aufgabe, diese Aufsichtsbefugnisse reihsgeseßlich auf einen gemeinsamen Boden zu stellen, um dadur den Ausgangspunkt für fernere organisatorishe Bestimmungen zu ges gewinnen. Demgemäß bestimmt der § 1 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 des Entwurfs, daß den Landesregierungen eine ent- sheidende Einwirkung sowohl in Bezug auf die Entstehung und das Bestehen der Börse wie auf die in der Börsenordnung zum Ausdruck kommende Regelung des Börsenbetriebs zusteht. In welher Weise und durch welhe staatlihen Organe die Landesregierung von ihrem Aufsichtsreht Gebrauch machen will, bleibt abgesehen von der Be- stimmung im § 2 ihrer Entschließung überlassen.

Der Entwurf sieht außerdem vor, daß die staatliche Aufsicht, soweit sie in der unmittelbaren Einwirkung auf die Börse ih äußert, auch folhen nit staatlihen Körperschaften übertragen werden kann, welhe als Vertrauensorgane der Hantdelswelt den Staat in Erfüllung seiner die Beförderung und Erleihterung des Handels8- verkehrs bezweckenden Aufgaben unterstüßen. Ob aus dem Schoße der Handelskammer u. st. w. auch diejenigen Persönlichkeiten bervor- gehen, denen die Börsenleitung selbst übertragen wird, oder ob ein Vorstand aus der Mitte der Börse gebildet wird, und ob etwa der Vorstand bebufs sachgemäßer Wahrnehmung der verschiedenen ihm übertragenen Funktionen ih in mehrere Abtheilungen zu zerlegen hat, überläßt der Entwurf der Negelung durch die Börsenordnungen. In beiden Fällen bezeihnet er das zur Leitung der Börse be- rufene Organ als „Börsenvorstand", während das mit der un- mittelbaren Aufficht über die Börse betraute, also der Börsenleitung übergeordnete Handel8organ (Handelskammer u. \. w.) in dieser Eigen- schaft gleihwie die anstatt eines Handelsorgans mit der unmittelbaren Aufsicht betraute staatliche Behörde als „Börsenaufsichtsbebörde“ bezeichnet wird. Unter dem Ausdruck „Börsenorgane“ endlich faßt der Entwurf den Börsenvorstand und das demselben etwa vorgeseßte Handelsorgan zusammen, sodaß je nach Befinden der Landesregierung die eine oder die andere Stelle oder auch beide zusammen mit den den „Börsenorganen“ zugewiesenen Aufgaben (88 7, 9, 30) betraut werden können.

Um der Landesregierung eine wirksame Handhabung der Aufsicht über die Börse zu ermöglichen, ist es erforderli, daß sie stets in reger Füblung mit dem Börsengetriebe bleibt und jederz-it unmittelbar von beahtenswerthen Vorgängen innerhalb desselben in Kenntniß gesezt wird. Eine solhe Verbindung zwischen der Landesregierung und der einzelnen Börse herzustellen, ist die Aufgabe des Staatskommissars, dessen Bestellung der § 2 des Entwurfs vorschreibt. Er soll, soweit es zur Errei§ung jenes Zwecks nöthig wird, \sich in dem Verkehr an der Börse bewegen und über die Entwicklung der Formen des Börsen- handels dauernd auf dem Laufenden erhalten, um fo als unparteiischer Beobachter die Aufmerksamkeit der Landesregierung auf etwa bervor- tretende Mißbräuche hinlenken und zuglei die Mittel zu ihrer Be- seitigung angeben zu fönnen. Bereits das österreichische Geseß vom 1. April 1875 4) enthält die Institution eines bei jeder Börse zu bestellenden Börsenkommissars, welher auch die Oberaufsicht an der Börse führt. Diese leßtere Funktion hat der Entwurf dem Staats- fommissar niht übertragen. Dagegen wird die allgemeine Thätigkeit des Kommissars dur die Wahrnehmung derjenigen besonderen Ob- liegenheiten Anregung und Befruchtung gewinnen, welche ihm, wie unten näher zu begründen, zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses im ebrengerihtlihen Verfahren zugewiesen werden müßen.

Daß ein unbefangener und zuverlässiger Beobachter sih von den Vorgängen an der Börse fortlaufend in Kenntniß erbält, wird dazu dienen, dem weit verbreiteten Mißtrauen gegen die Börse, soweit es auf Unkenntniß der Uebertreibung beruht, entgegenzuwirken. :

Da bei kleinen Börsen cin ausreihender Wirkungskreis für den Staatskommifsar nit überall vorhanden sein dürfte, au deren Ge- triebe von der Landeéregierung leichter übersehen werden kann, so ge- stattet der Entwurf im- zweiten Absatz des § 2, daß mit Zustimmung des Bundesraths für \solhe Börsen von der Bestellung eines Staats- kommifsars ganz abgefeben werden fann, während bezügli der übrigen Börsen nur die Erwägung vorbehalten bleibt, ob es thunlich ersheint, bei einzelnen von ihnen die Thätigkeit des Staats- kfommissars auf die Mitwirkung im ehrengerihtlihen Verfahren zu beschränken. :

Von einer Betheiligung des Reichs an der fortlaufenden Aufsicht über die Börsen is abgesehen worden, weil es demselben an den Organen fehlt, welhe zur Ausübung unmittelbarer Einwirkung auf die Börsenverhältnisse geeignet wären und weil die Prüfung und Berücksichtigung der örtlichen Verbältnisse und Bedürfnisse im einzelnen nicht wohl Sache der Reichsgewalt fein kann. Dagegen er- scheint es geboten, daß behufs Wahrung der das ganze Reichsgebiet berührenden Interessen die Einbeitlihkeit der allgemeinen Grundsätze, wie sie reihsgesezlich angebahnt werden foll, so auch in ihrer weiteren Ausbildung dur fortgeseßte Mitwirkung der Reichsorgane e [leistet wird. Eine derartige Mitwirkung wird zum theil dur laufendes Benehmen der Reichsverwaltungsbehörden mit den Landes- regierungen erfolgen können. Hinsihtlih einer Reihe von Punkten aber muß dem Reih die unmittelbare Verfügung im Gesetz vor- behalten werden. Die Gebiete, auf denen sonah der Entwurf dem Bundesrath eine Anordnungsbefugniß beilegt, sind die folgenden: