1895 / 291 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Im Konzerthause wird morgen die Opernsängerin Fräulein Anna Küchlih die Arie der Donna Anna aus „Don Juan*, sowie zwei Lieder (,Das Veilchen* und „Die Spinnerin“*) von Mozart fingen. Das Orchester bringt beliebte Stücke von Berlioz, Mozart, Liszt, Smetana, Mafsenet, Saint-Saëns und Suppé zur Aufführung.

Jagd.

Morgen, Sonnabend, findet Königliche Parforce-Jagd statt. Stelldichein : 128/4 Uhr im Jagdschloß Grunewald, 11/4 Uhr am Saugarten.

M igfaltiges.

Die Stadtverordneten beschäftigten ih in ihrer gestrigen Sitzung zunäthst eingehend mit der Frage der Bewirtbschaftung der Rieielfelder. Die Versammlung hatte vor längerer Zeit den Magistrat ersuht, der Kanalisationës-Deputation aufzugeben, einen darauf bezüg- lichen generellen Plan aufzustellen. Die Kanalisations-Deputation antwortete nun in einem längeren Erposé, in welhem sie die Art und Weise der Bewirthschaftung, der Kosten und Erträge auf das genaueste auéeinanderseßte. Hiermit wurde der Bericht des bezüglich der Rieselfeldet eingefezten Auss{bufses verbunden. Die Verwaltung der Rieselfelder giebt jeit längerer Zeit zu großen Bedenken insofern Anlaß, als eine Verzinsung des in denselben an- gelegten Kapitals niht allein nicht stattfindet, sondern die Erträg- nifse auch von Jahr zu Jahr merkbar herabgehen. Der Aus- schuß schlägt daher vor: Die Stadtverordneten-Versammlung be- {hliezt die Einseßung einer Deputation für die Verwal- tung der Riefeclfelder (Abtheilung Il der Kanalisations- Deputation) und ersu@t den Magistrat um Zustimmung hierzu. Insbesondere scll die Deputation einen Organifationéplan vorlegen, in dem au a. die Zusammenlegung der Güter und deren Eintheilung, b. die Zahl der Beamten und die Erfordernisse für deren Anstellung, c. die Feststellung der Gehälter und Emolumente der Beamten, d. die Kompetenzen der Deputation, der Beamten wie der Dezernenten fest- gestellt werden. Nach längerer Debaite wurde dieser Ausshußantrag angenommen. Hinsichtlich des städtishen Badewesens batte die Stadt- verordneten - Versammlung bei Berathung des betreffenden Spezial- Etats am 28. Februar d. J. den Beschluß gefaßt, den Magistrat zu ersuchen, sih mit der Einfezung einer Verwaltungsdeputation für daéselbe einverstanden zu erflären und der Versammlung eine ent- \prehende Vorlage zugeben zu lassen. Der Magiftrat tbeilte der Ver- fammlung nunmebr durch eine Vorlage mit, daß er sich damit ein- verstanden erklären würde, wenn das ftädtishe Badewesen dem Kuratorium für das ftädtishe Turnwesen mit über- tragen werde, und“ die gemeinsame LVerwaltung®ëftele den Namen „Deputation für das städtis@We Turn- und Bade- wesen“ erhalte. Die Versammlung erklärte sh biermit obne Debatte einverstanden. Die Magistraiévorlage, betreffend den An- kauf der Grundstücke Fischerstraße 37/38, um darauf ein Gebäude für die Feuerwehr „Am Spitielmarkt“, welche von dort verlegt werden soll, zu errihten, wurde auf den Antrag des Stadtverordneten Frick einem Ausschuß von zehn Mitgliedern zur Vorberathung über- wiesen. Die Versammlung aenehmigte sodann ohne Debatte die Beschaffung von 17 neuen Sprengwagen und 2 neuen Kehr- maschinen; desgleichen genehmigte fie die versuchsweise Abbaltung des biesigen Wollmarkts in der Rinde: halle des Zentral- Viehbofs. Auf Grsuchen des betreffenden Comités wurde ein Beitrag von 300 # zu den Kosten eines Denkmals für Kaiser Wilbelm 1. zu Schmargendorf, und zwar gegen den Widerspruch des Stadt- verordneten Singer, bewilligt. Nach Erledigung einiger kleineren Vorlagen wurde die öffentlihe Sizung geschlossen. Es folgte eine geheime Sißung.

Wetter.

A tationen.

in 9 Celfius

Temperatur 59C. = 49 N.

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Bar. auf 0 Gr. @ qu. d. Meeressp. red. in Millim. |? 2

9balb bed.

8!woltig

1 'welfkenlos 5 bed

8 wolkenlos 4 Schnee

Belmullet. . Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm . St.Petersburg Moékau . Cort, Queens- wn Cherbourg Helder . . Sylt. E mburg .. | Swinemünde | Neufahrwafser Memel. .…… | R Münster. 1 | Karlsruhe . . | 751 8 6 Regen Wiesbaden . | 748 |[NW 4 Regen?) München | 751 |SW 9'Regent) Chemniß . . | 744 |W 7 beiter Berlin. . | 739 [W 5 wolfigs) Wien .... | 750 ¡[NNW 2Regen Breslau . . | 742 |W 5'Regen Ile dix . . | 766 |WNW 5 bede: Î j

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3) Gestern anh. Regen. 4) Nachts Regen. 5) Gestern

Negen. Boranzeige : Uebersicht der Witterung.

Unter dem Einfluß einer ungewöhnlih tiefen

Romans „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von Michel Carré und Jules Barbier, deutich von Ferdinand Gumbert. Ballet von Paul Taglioni. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 72 Ubr.

Schauspielhaus. 272. Vorstellung. Die Quitzows.

A. Regie: Herr Plaschke. Anfang ( T.

Hänsel und Gretel. Phantasien im Bremer

Schauspielhaus. 2 Klaus. Lustspiel in 5 Aufzügen von Adolph L'Arronge. Anfang 7# Uhr.

Berliner Theater. Sonnabend: Pau Cezar. Anfang 7# Ubr.

Sonntag, Nachmittags 27 Ubr: Des Meeres s i und der Liebe Wellen, Abends Uhr: 1) Gestern und früh Gewitter. 2) Nachts Gewitter. | Sasemaunu's Töchter.

Montag: Pan Cezar.

i Dienstag, Nachmittags 24 Uhr: Oeffentlide Generalprobe von Prinzesfin Gold-

Der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft ist vom Magistrat unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die Ge- nebmigung zur Herstellung eines Verbindungs-Tunnels von dem alten, an der Ee der Hussitenstraße und der Hermsdorfer Straße be- [egenen Fabrikgebäude dur die verlängerte Hermsdorfer Straße nah einem in der leßtgedahten E noch neu zu errihtenden Fabrif- gebäude ertbeilt worden. im Bau begriffene Tunnel erbält ein Gleis von 06 m Spurweite. teres wird in Verbindung ges mit den nach den einzelnen Theilen der Etablissements führenden Gleisen. Die auf diesen Gleisen ver- kebrenden Züge sollen durch eine fleine eleftrishe Lokomotive befördert werden. Die Gefellshaft beabsihtigt, auch den Personenverkehr zwischen den beiden Etablissements durch die erwähnten Züge zu ver- mitteln, scdaß ein Begeben des Tunnels durch Menschen während des Zugbetriebs ausges{lofsen werden kann.

In der Monatsversawmlung des Vereins deutscher In- SENIERTE (Berliner Bezirksverein) vom 4. Dezember 1895 ielt Herr Ingenieur Leist, Dozent an der Königlichen Technischen schule zu Berlin, einen Vortrag über „Neuere Ausführungen von &Slach- und Rundschieber-Steuerungen“. Die Steuerung ist be- fanntlih die Seele der Dampfmaschine, der eigentlize Siß des Lebens in derselben, derjenige Theil, der die bhin- und hber- gehende Bewegung des Kolbers erst seinerseits einleitet, indem er dem Dampf den Zutritt bald zu der einen, bald zu der anderen Seite des Zylinders eröffnet. Neben der verbreitetsten Form des Abschlußorgans, dem „Flachschieber“, der, auf einer ebenen Fläche hin- und bergleitend, die bierin ausmündenden Kanäle des Zylinders ab- weselnd mit der Dampfzuführung und dem Auspuff in Verbindung bringt, hat sich vor allem der „Rundschieber“ durch den Amerikaner Gorliß {on vor mehreren Jahrzehnten in die Praxis ein- geführt ein weites Anwendungsgebiet erobert. Dieser Rund- shieber maht nit eine geradlinig bin- und hergebende Bewegung, sondern schwingt um eine Drehachse auf einer zylindrischen Fläche, und auch der Antriebêmechaniësmus der „Corliß-Steuerung*“ zeigt dem- jenigen des Flachshiebers gegenüber bestimmte Eigenthümlichkeiten, u. a. die übrigens allen „Ausklinksteuerungen“ gemeinsame —, daß je nah der von der Maschine verlangten Leistung eine verschieden große Dampfmenge in den Zylinder dadurch eintritt, daß früber oder später der Steuerungsantrieb ausgeklinft und damit der Einlaß- ihieber freigegeben wird, der sich nun plößlich schließt. Redner bob einige Gesichiëpunkte hervor, weile bei der weiteren Ausbiidung der genannten beiden Gruppen von Steuerungen in neuerer Zeit hauptsächlich mafigebend gewesen sind, und besprach dieselben eingehender an der Hand einer Anzabl schematischer und fon- struftivèr Darstellungen, welde auf auêgehängten Wandtafeln ent- balten waren. Er zeigte, in welher Weise neuerdings, besonders in Amerika, bei schnelllaufenden Dampfmaschinen die Flachscieber „entlastet“ und mit mehrfachen Einftrömungséffnungen versehen werden, um sowobl die zu ibrer Bewegung erforderlihe Kraft, als au die Größe dieser Bewegung selbft zu verringern, und führte dann eine Anzahl von Konstruktionen vor, bei denen der Schieber überhaupt entbehrlich gemacht ift, indem der eigentliche Arbeitéfolben der Maschine die Auf- gabe des Steuerns selbft übernimmt, seinerseits als Schieber wirft. r fam sodann auf die „Achsen-Regulatoren*“ zu sprechen: eine beute viel angewandte, besonders einfahe Auéführungëform des befannten Organs, das die Geschwindigkeit der Maschine stets gleihförmig erbâlt, und verglih die Einwirkung der verschiedenen Konftruftionen auf die Steuerung. Endlich sich im besonderen zu den „Corliß- Steuerungen“ wendend, betonte er, daß sih heute das Bedürfniß zu Abweicungen von der ursprünglichen Bauart bauptsächlih nach der Richtung bin geltend mache, Aueklinkung auch in der zweiten Hälfte des Kolbenwegs technisch ausgedrüdckt, größere als halbe Füllung zu ermöglichen, und besprach die verschiedenen Wege, welche zur Grreihung dieses Ziels einges{lagen worden sind.

3 Akten von Richard Wagner.

Liebe.

Sonntag: Der Obersteiger.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25—26. Anfang 74 Ubr: Lx. Konzert (Vorträge auf

Sonnabend: Bei bedeutend ermäßigten Preisen. | 2 Klav.) von Ch. Roß und S

Volksthümliche Vorstellung unter Leitung des Kaifer-

Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst efi es O Denen uihs Sea:

spiel in 5 Akten von Alex. Dumas, deutsch von 77 Uhr: Grande seirée équestre. Nur

Sonntag : Opernhaus. 181. Vorftellung. Waguer- S Sneider. Regie: Herr Lemaitre. Anfang | noch einige Male: Aufführung des großen mili-

Cyclus. Der Tiogenhe Holläuder. Roman- tische Oper in

Anfang 7 Uhkr. s Mittags 12 Uhr: Matinée des Königlichen

Theater Unter den Linden.

Zulins Frizshe. Sonnabend: Der arme Jonathan. | ragendsten Reittünstlerinnen und Reitkünstler. Operette in 3 Akten. Hierauf: Großes Ballct- Komische Entrées und Intermezzi von sämmtlichen

gr Jen “E: art fasien ale (neu): König ilp . Burleske Aus- | 4 Abends 7 ae: j Vor- stattungs-Dperette in 3 Aften (5 Bildern) von Hervs. ffa T E E

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Der kleine Lord. Lebensbild in 3 Akten, na dem Pen Us ges Mrs. Ves E, übersegt von Bolten-Bäckers. Hierauf: Die bt: . Sus inrei it Hrn. èwige Braut. Operette in 1 Akt von W. Mann, Verlobt: Frl. Susanne Weinreih mit Hrn städt und Jean Kren. Anfang 7# Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Im Monat November wurden in Berlin 15 Butterproben amtlich untersucht und 4 davon als Mischbutter, „welcher 25—40%/9 Meagarine zugesetzt wär, beanstandet. In 2 von diesen Fällen er die Untersuchung, daß man die Margarine dem Butterfett unmitte beim Buttern beigemisht oder dur ftarkes Durchkneten in der Knet- maschine die Vermengung bewirkt

_ Kiel, 5. Dezember. Ein orkanartiger Weststurm tobk seit der vergangenen Naht. Eine dänische Galeafse ift bei FriedrihSsort gestrandet. Durch Losreißen des Ankers des Zollwahtschifs rourde die Kabelleitung zerstört. Z

München, 5. Dezember. Die Gemeindebevollmähtigien sind dem Beschluß des Magistrats; ein Friedensdenkmal auf der Prinz-Regenten-Terrafse zu errihten, einftimmig beigetreten.

Dresden. Das „Dresdner Journal“ meldet, daß Seine Majestät der Kaiser dem „Deutschen Patriotenbund zur Errichtung eines Völkershlaht-Denkmals bei Leipzig“ einen Beitrag von 10090 A aus Allerhöhftseiner Schatulle bewilligt habe.

erner bat, wie datselbe Blatt mittheilt, Seine Majestät dem Bürgermeister von Hartenstein für das dort geplante Denkmal für Paul Fleming den Betrag von 700 4 übersandt.

Wien, 6. Dezember. Während des geftrigen Abends und in der Nacht wüthete bier ein orkanartiger Sturm. Fenstersheiben wurden zertrümmert, Dachziegel und Firmentafeln herabgeshleudert. Auch wurden mehrere Perjonen verleßt.

…_ Laibach, 5. Dezember. Heute Vormittag 11 Ubr wurde bier ein mäßig ftarfer Erdstoß verspürt. Eine Beunruhigung wurde dadur nit bervorgerufen.

Brüssel, 6. Dezember. Jn der vergangenen Naht wüthete bier ein gewaltiger Sturm. Zablreihe Bäume und Gaslaternen wurden zersplittert und an den Häusern viele Beschädigungen rer- ursaht. Mehrere Personen wurden verleßt.

Na Schiuß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Paris, 6. Dezember. (W. T. B.) Eine Depesche des „Figaro“ aus Dafkar (Senegambien) von gestern meldet, daß die Einaeborenen in Bathurst gegen die dortigen britischen Militärbehörden revoltiert hätten, nahdem in einer Sclägerei ein Marabut getodtet worden sei. Die Menge fei in das Palais des Gouverneurs gedrungen, habe dasselbe geplündert und die britishe Flagge forigef{lcppt.

Madrid, 6. Dezember. (W. T. B.) Nah Meldungen aus Havanna haben sich die Ausfständishen in mehrere Banden getheilt, um einer Begegnung mit spanishen Truppen- Abtheilungen zu entgehen. Die Ausfständishen seßen ihren Vormarsch gegen Santa Clara und Matanzas be- hufs Zerstörung der Zuckerpflanzungen fort. Ein Haufe griff ein einzeln liegendes Fort, in dem ich Marschall Martinez Campos aufhält, an, wurde jedoch auseinandergesprengt.

Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Minister ohne Portefeuille und frühere Botschafter in Wien Arifi-Pascha ift gestorben.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Sonnabend,

Moore.

Zirkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends

tärishen Auéftattungsftückts 1870/71 vom Direktor

Sonrtag: Kean, oder : Leidenschaft und Geuie. | Fr. Renz. Außerdem: Foujou hippigus mit

83 Freibeitepferden. 1) Bagdad, arab. Vollblut-

Veues Theater. Schiffbauerdamm 4a. /5. Schimmelbengft. 2) 6 trakebner Rappbhengste. 3) Der Corps de Ballet. Zur Aufführung kommt: | Tournée Judic. Direktion : Theodor von Glaser. | Favorit Donner. 4) Die Spazierfahrt eines Jagt- Sonnabend: La Roussotte. Comédie- | berrn, ausgeführt von 5 Rapphengften. 5} Monstre- Vaudeville en 3 actes de Mrs. H. Meilhac, Tableau von 70 der edelsten Freibeitêpferde. Sämmt- 273. Vorstellung. Doktor | L. Halévy et A. Millaud. Musique de Mrs. Lecocg, Hervé et Boullard. Anfang 7+ Ubr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr:

liche Pferde dresfiert und in Freiheit vorgeführi von Direktor Fr. Renz. - Mr. James Fillis mit seinem Kabale und | Vollblut - Rappbengst Povero. Einfache und doppelte Baguettesprünge über Hindernisse,

Sonntag Abends: Tournée Judic. Lili, | ausgeführt von ven E Mepbistophela’s Höllen- Comédie-Opérette en 3 Actes de Mrs. Hennequin | fit, ausgeführt von

Deutsches Theater. Sonnabend: Neu ein- | et Milland. studiert: Der Misauthrop von Meclière. ierauf: Zum ersten Male: Das Hohe Lied. 1 Aufzug von Felice Cavallotti, deuts von Ludwig Fulda. Anfang 74 Ubr. Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Die Weber. | Divertissement. Anfang 74 Ubr. Abends 74 Uhr: Der Misaunthrop. Hierauf: Zux ersten Male wiederholt: Das Hohe Lied. Montag: Die Jüdin von Toledo.

rl. Wally Renz. Herr Ritter von Renroff mit feinem Schulpferde Skobelcf. Zum S{luß: Original! Der phänomenale Bagnette- fprung. Hecrr W. Jmmans mit seinen zehn

Direktion : olofsal-Prachthunden. Auftreten der bervor-

Clowns und dem beliebten Original-August Mr. Lavater Lee. / Sonntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittags

Familien-Nachrichten.

Kammerpätßter und Lieut. d. R. Rudolf Thilo (Stettin—Ballin b. Lepvin i. M.). Frl. Mar- garete von Zenker mit Hrn. Referendar und Lieut. d. R. Ernft von Thümmel (Dahren— Pirna). Frl. Clara Rothe mit Hrn. Stabz2arzt

Depression, wele im mittleren Skandinavien Baro- meterstände unter 715 mm aufweist, wehen über den Britischen Inseln, im Nord- und Osftseegebiet sowie üker Deutschland ftürmishe, vorwiegend westliche Winde, welche vielfach volle Sturmeéstärke errciht baben. Am böchsten is der Luftdruck über Südwest. Europa. In ‘Deutschland ift das Wetter warm, trübe und regnerisch; zu Münster fielen 21, Bam- berg 22, Chemniy 26, Caffel 28 mm Regen; an der westdeutschen Küste und zu Grünberg fanden elektris&e Entladungen ftatt. An der Unterelbe er- reichte der Wasserstand eine ungewöhnlihe Höhe. Abfküblung temnächst wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte.

2 R Theater. Königliche Schauspiele. Sonnabend : Opern-

haus. 180. Vorftellung. Zum 100. Male: Mignon. Oper in 3 YAften von Ambroise

haar. Ee Jeder Besucher eines numerierten Sitzes hat das Recht, ein Kind frei einzuführen.

Lessing-Theater. Sonnabend: Gastspiel von ele Schweighofer. 's Nullerl. Anfang T.

Sonntag, Nalmittags 24 Uhr: Zu volksthüm- lichen Preisen: Nathan der Weise. (Gustav Kober als Gast.) Abends 74 Ubr: Gaftspiel von Felix Schweighofer. ’s Nullerl.

Residenz - Theater. Direkiion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Zum ersten Male: Hals über Kopf. (Coup de tête.) Shmwanf in 3 Akten von A. Bisjon. Vorher: Zum ersten Male: In doppelter Bekehrung. Plauderei von Paul Linsemanu. Anfang ?i Uhr. ck

Sonntag und folgende Tage: Hals über Kopf. IÎn doppelter Bekehrung.

Direktion: Richard S{ulß. Emil Thomas a. G. Sonnabend: Eine tolle Nacht. Große Aus- ftattungspofse mit Gesang und Tanz ix 5 Bildern boa Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik bon Julius Einödshofer. In Scene gesezt vom Direktor Richard Schult. Die Tanz-Arrangements vom Balletmeifter Gundlach. Anfang 74 Ubr. Sonntag: Eine tolle Naht. Anfang §8 Ubr.

Konzerte.

Konzert-Haus. Sonnabend: Karl Meyder- Konzert, unter freundlicher Mitwirkung der Opern- sängerin Fräulein Auna Kühlih. Arie der Donna Anna aus „Don Juan“ von Mozart, gesungen von Fräulein Küblih. a. „Das Veilchen*, b. „Die E von Mozart, gesungen von Fräulein Küßlih.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Ubr: Konzert des Cellovirtuosen Friedrich Grüg- macher. Mitw.: Philharmonisches Orchester.

Thomas. Text mit Benußung des Goethe'schen

a. D. Dr. Heinrich Hoffmann (Riemberg— Neisse). Frl. Anna Geßner mit Hrn. Bürgermeister Arthur Altenberg (Memel).

Verebelicht: Hr. Prem.-Lieut. Adolf von Michael mit Frl. Agnes von Hochwächter (Lyck).

Gestorben: Hr. Geheimer Justiz-Rath Carl Siber (Potsdam). Hrn. von Alten Tochter Adelheid (Tiezow). Hr. Wirkliher Geheimer Kriegsrath Ernst Genz (Karléruhe i. B.). Verw. Fr. Steucr-Rath Emma Saixt-Blanqguart, geb. Albrecht (Breslau). Hr Oberst a. D. Leo Athenstaedt (Breslau). Verw. Fr. Aurelie von Schweinichen, geb. Kunkel (Breslau).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Dru der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags- Anstalt Berlin SW., Wilbelmftraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

Dir. : Prof. Maunstaedt.

(cins{ließli4 Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

¿ 291. .

Berlin, Freitag, den 6. Dezember

1895.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstaa ist der nachstehende Entwurf eines Ge- sezes, beireffend die Errichtung von Handwerksfammern,

ugegangen : zugegang Í5

Zur Vertretung der Interessen des Handwerks sind Handwerks- kammern zu erriten.

Den Handwerkëkammern liegt insbesondere ob :

1) bei der Orgarisation des Handwerks mitzuwirken, insbesondere über die örtliche Gliederung der Organisation sih gutachtlih zu äußern ;

2) die Staats- und Gemeindebehörden in der Förderung des Ls durch thatsählihe Mittheilungen und Erstattung von

utachten über Fragen, welche die Verhältnisse des Handwerks be-

rühren, zu unterstützen ;

3) O breoberickte über ihre Thätigkeit und über ihre die Ver- hâltnifse des Handwerks betreffenden Wahrnehmungen zu erftatten :

4) Wünsche und Anträge, welche die Verhältniffe des Handwerks berühren, zu berathen und den Behörden vorzulegen.

Die Handwerkékammern sollen in allen wichtigen, die Gesammt- interefsen des Handwerks berührenden Angelegenheiten gehört werden.

Die Bezirke der Handwerkskammern werden von der Landes- Zentralbehörde feftgestelt. Mehrere Bundeëstaaten können \ih zur Errichtung gemeinsamer Handwerkskammern vereinigen; die Vereinigung hat fih auch darauf zu erstrecken, von welchen Behörden die in diesem Gesezz den Landes-Zentralbehörden und der höhezren Verwaltungë- behörde übertragenen Obliegenheiten wahrzunehmen find. Für Bezirke, in denen durch andere Einrichtungen (Handels- und Gewerbekfammern, Gewerbekammern) für eine ausreicbende Vertretung der Interessen des Handwerks gesorgt ist, kann die Errihtung von Handwerkekammern unterbleiben. A

Je

Die Errichtung der Handwerkskammer erfolgt auf Grund eines dur die Landes-Zentralbehörde aufzuftellenden Statuts.

Vor der Errichtung sind Vertreter der in dem Bezirk der Hand- werkskammer bauptsählich betriebenen Handwerke, unter besonderer Berücksichtigung der Innungen und sonstiger Vereinigungen von Hand- werkern, zu bören.

Das Statut kann von der Landes-Zentralbehörde nah Anhörung der Handwerkékammer geändert werden.

Das Statut sowie Aenderungen desselben sind durh den „Reichs- Anzeiger“ sowie dur dasjenige Blatt bekannt zu machen, welches für die amtlichen Veröffentlihungen der höheren Verwaltungsbehörden, über deren Bezirke sih der Bezirk der Handwerkzkammer erstreckt, be- ftimmt ist.

S 4

Das Sétatut muß Bestimmungen enthalten über :

1) den Siß und den Bezirk der Handwerkskammer;

2) die Bildung der Wäblerschaften für die Wablen der Mit- glieder, die Zabl der leßteren und ihre Vertheilung auf die Wähler- ichasten ;

3) das Verfahren bei den Wahlen, soweit dieses niht dur be- sondere Wablordnungen geregelt wird;

4) die Ergänzung der Handwerksfammer dur Zuwabl 9);

9) das Stimmrecht der Mitglieder und die Art der Beschluß- fassung:

6) die Wahl, die Befugnisse und die Legitimation des Vor- standes;

7) die Form und die Vorausësezungen für die Zusammenberufung der Handwerkskammer und ihrer Ausschüsse:

8) die ôffentlihen Blätter, durch welche die Bekanntmachungen der Handwerksfammer zu erfolgen baben :

9) die Aufftellung und Abnahme der Jahresrehnung.

S 5.

Wählbar zu Mitgliedern der Handwerkékammern sind nur Personen, welche

1) ein Alter von mindestens 30 Jahren baben und

2) im Bezirk der Handwerkékammer ein Handwerk seit mindestens drei Jahren selbständig betreiben.

Personen, welche zum Amt eines Schöffen unfähig sind (§8 31, 32 des Gerichteverfassungsgese8es) sind nit wählbar.

S 6.

Für jedes Mitglied sind ein erster und cin zweiter Ersatzmann zu wählen, welche dasselbe in Bebinderungsfällen zu erseßen und im Falle des Ausscheidens für ten Rest der Wahlperiode in der Reihenfolge ibrer Wabl einzutreten baben. Ee

D l.

Die Wabl erfolgt auf fünf Fahre. Die Ausscheidenden können wiedergewählt, die Wiederwabl fann abgelehnt werden.

Im übrigen kann die Annahme der Wabl nur aus Gründen verweigert werden, welche zur Ablehnung eines unbesoldeten Gemeinde- amts berehtigen. Wo landesgesezlihe Bestimmungen über die zur Ablehnung von Gemeindeämtern berechtigenden Gründe nit besteben, darf die Annahme nur aus denselben Gründen verweigert werden, aus welchen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann.

S8. In der Person eines Mitglieds der Hantwerkskammer eintretende Umstände, welche dasselbe, wenn sie vor der Wabl vorhanden gewesen wären, von der Wabl ausgesblossen haben würden, baben das Gr- Iôshen der Mitgliedschaft zur Folge.

-.

Die Handwerkskanimer kann sib nah näherer Bestimmung des Statuts bis zu cinem Fünftel threr Mitgliederzahl durch Zuwak!l von fachverftändigen Personen ergänzen. Sie fann zu ihren Verhandlungen Satverständige mit berathender Stimme zuzichen.

& 10.

Die Mitglieder der Handwerkéskammer verwalten ihr Amt als Ebrenamt und erbalten nah den durch das Statut zu bestimamenden Sägen nur Ersaß für baare Auslagen.

S L

Zur Theilnahme an den Wablen zur Handwerkzkammer sind nur Reichsangehörige berehtigt, welhe das fünfundzwanzigfte L:benéjahr vollendet baben und seit mindestens einem Jahr in dem Bezirk der Handwerksfammer ein Handwerk selbitändig betreiben.

Personen, welche sih niht im Besig der bürgerlichen Ebrenrehte befinden oder welhe durch ridterclihe Änordnung in der Verfügung über ibr Vermögen beschränkt sind, sind niht wablberechtigt.

Durch das Statut ist dea Innungen (88 97 ff. der Gewerbe- ordnung), deren Sig sich im Bezirk der Handwerkskammer befindet, die Berechtigung beizulegen, einen im Statut näher zu bestimmenden Theil der Mitglieder der Handwerksfammer zu wählen. Bei der Be- sümmung dieses Antheils ift die Bedeutung der Janungen für den Vandwertekammerbezirk in Betracht zu ziehen.

_Eine befondere Wablberechtigung fann dur das Statut auch sonstigen Vereinigungen von Handwerkecn beigelegt werden. S 12.

Die Handwerkskammer ift bacebtiat: Ausschüsse aus ihrer Mitte zu bilden und mit besonderen regelznäßigen oder vorübergehenden Auf- gaden zu betrauen.

._ Die Ausschüsse können“ zu ibren Verßandlungen Sahverständige mit bera1hender Stimme zuziehen.

ri

8 13.

Die Handwerkskammern unterliegen der Aufsi®t der böberen Ver- waltungébebörde. : _ Die Aufsichtsbehörde überwacht die Befolgung der gefchlihen und itatutarifhes Vorschriften und kann dieselbe durch Androbung, Festsezung und Vollstreckung von Ordnungsftrafen gegen die Mitglieder der Hand- werfsfammer erzwingen. H

Sie entscheidet Streitigkeiten über die Wablen des Vorftandes, der Mitglieder und der aus ihrer Mitte zu bildenden Ausschüsse sowie über die Rechte und Pflichten der Mitglieder.

_Sie hat Wahlen, welche gegen die geseßlichen oder ftatutarisben Bestimmungen verstoßen, für ungültig zu erflären. : Gegen die Entscheidungen und Anordnungen der Aufsichtsbehörde ift nur die Beschwerde an die nächstvorgeseßte Behörde zulässig.

Die Landes-Zentralbehörde kann die Handwerkzfammer auflösen und Neuwaßblen anordnen. 14.

Für jede Handwerkékammer is von der böberen Verwaltungs- beböôrte ein Kommiffar zu bestellen. Derselbe ift berehtigt, jederzeit von den Schriftstücken der Handwerkskammer Einsicht zu nehmen, den Verhandlungen beizuwohnen, Gegenstände zur Berathung zu ftellen und die Einberufung der Handwerkéfammer oder ihrer Ausschü}e zu ver- langen. Der Kommissar muß auf Verlangen jederzeit gehört werden, hat aber fein Stimmreht.

S T

Die aus der Einrichtung und Thätigkeit der Handwerkskammern erwachsenden Kosten tragen die Gemeinden des Handr erfsfammerbezirfs nach Verbältniß der Zahl der den Gemeindebezirken angehörenden selbständigen Handwerksbetriebe. Die Gemeinden sind ermächtigt, die Beiträge auf die einzelnen Handwerksbetriebe na einem von der böberen Vermwaltungsbehörde zu beftimmenden Vertheilungémaßstab umzulegen.

Die Landes-Zentralbebörde fann bestimmen, daß die Kosten von weiteren Kommunalverbtänden statt von den Gemeinder aufgebrat werden.

E 8 16.

Die Handwerkskammern haben über den zur Erfüllung ihrer gesetz- lien Aufgaben erforderlihen Kostenaufwand alljährlih einen Vor- anschlag aufzuftellen. Der Voranschlag sowie jede Ueberschreitung des- selben bedarf der Genebmigung der böberen Verwa!tungébebörde.

Im übrigen verwalten die Handwerkskammern ibr Kassen- und Rechnungëwejen selbständig.

S 17. 4

Die Zentralbebörden der Bundeëstaaten bestimmen, von welchen Staats- oder Gemeindeorganen die in diesem Geseg den Behörden zugewiesenen Verrichtungen wahrzunehmen sind.

S 18.

4 I

Dieses Gesetz tritt am in Kraft.

Die dem Entwurf beigefügte allgemeine Begründung lautet:

Bei der Prüfung der Vorschläge, welhe im Laufe der letzten Jahre für eine ¡wangëweise Zusammenfassung des Handwerks und für die Regelung des Lebrlingswesens gemaht worden sind, ift es als ein Mangel empfunden worden, daß das Handwerk in weiten Theilen des Reichs einer geordneten Vertretung entbehrt. Wenn man von denjenigen Bundesstaaten, in welhen Gewerbekammern für sih oder in Verbindung mit Handelskammern errichtet sind, und von den- jenigen nit zablreihen Personen absieht, welhe ihr Handwerk kauf- männisch betreiben und als Kaufleute einer Handelskammer oder äbnlihen Korporationen angebören, so fommen gegenwärtig nur die Innungen oder sonftige freie Vereinigungen in Betracht.

Die Handwerker, welche diesen Organisationen angebören, bilden indeffen nur einen verbältnifimäßig geringen Theil ihrer Berufs- genossen. Infolge hiervon entbehrt die Regierung bei den im Interesse des Handwerks zu treffenden Maßnahmen des Beiraths und der gutahtlihen Mitwirkung des weitaus größten Theils der Hand- werker und fiebt sih in der Hauptsahe auf die Anhörung der Innungen oder sonstigen Vereinigungen beschränkt.

Wenn fich auch in diesen Organisationen ohne Zweifel viel tüchtige und mit den eins{lägigen Verbäältnifsen vertraute Personen finden, fo ftellt fich doch das Gesammtbild, welhes sich aus der An- bôrung der Innungen und Gewerktevereine ergiebt, immerbin nur als die Auffaffung einer Minderheit dar. Es kann daber {hon aus diesem Grunde nit ohne weiteres angenommen werden, daß deren Ansichten über dasjenige, was dem Handwerk notbthut, auf die Zu- immung eines erbeblihen Theils derjenigen Handwerker renen können, welche fih den Jnnungen bisher ferngehalten baben. Je bedeutsamer aber die Fragen find, welhe bei der modernen Ent- widckelung der Verbältnifse im Handwerk an die Gesetzgebung und die Verwaltung herantreten, um so mebr muß Werth darauf gelegt werden, daß diese Fragen einer Erörterung möglichst aller Kreise der Be- theiligten unterzogen werden. Dabei ift jelbftverständlich Vorsorge zu treffen, daß den bestehenden Organen des Handwerkerstandes eine ibrer Bedeutung entiprehende Mitwirkung gewahrt wird.

Diese Gesichtspunkte haben dazu geführt, einen Gesetzentwurf über die Errichtung obligatorisher Handwerkskammern aufzustellen, um mit Hilfe dieser Organisation zunächst eine umfafsendere Ver- retung des Handwerks zu shaffen und auf diese Weise die Mitwirkung des geiammten Handwerks bei den wichtigen Fragen, welche zu seiner Förderung nos der Lsung harren, zu sichern.

Die Rüficht auf diesen nächsten Zweck läßt es einstweilen nicht ratbsam erscheinen, bei der Festlegung der den Handwerkefammern zu übertragenden Aufgaben über den Rabmen einer berathenden und begutachtenden Thätigkeit binausgehen. Jnêbesondere muß schon im Hinblick auf die in den Kreisen des organisierten Handwerks hervor- getretenen Wünsche auf Einführung von forporativen Organisationen mit weitgebenden Zwangsbefugnifsen und auf die zur Prüfung dieser Bestrebungen in Angriff genommenen Vorarbeiten davon Abstand ge- nommen werden, den Handwertféfammern Aufgaben zuzuweisen, welche je nah tem Ausfall der Entschließung über die Wege, welhe dem- nächst für eine weitergehente Organifation des Handwerks etwa einzu- ¡chlagen scin werden, der leßteren vorgreifen würde: .

Aus den Kreisen des innungémäßig orgzanisierten Handwerks ift gegen die Einführung von Handwerksfammern der Einwand erhoben worden, daß dieselben unter den gegenwärtigen Verhältnissen eines forporativ gegliedeiten Unterbaues ermangelten. i 7

Diesem Einwande würde einige Berechtigung nicht versagt werden können, wenn die Aufgaben der Handwerkskammern über die ihnen nach dem Entwurf übertragenen Obliegenheiten hinaus erftreckt würden. Bei der Beschränkung aber, die der Cntwuef sih auferlegt, werden sie in der Gesammtheit der Handwerker ihres Bezirks eine auêreichende Unterlage für eine ihrem Zweck entsprechende ersprießlihe Thätigkeit finden. Allerdings wird Fürsorge zu treffen fein, daß die Handwerks- kammern in den Stand gefeßt werden, niht nur über die al[- ¿emeinen Verbältnisse des Hantwerkerstandes als folchen, sondern auc über die besonderen WBerbältnifse innerhalb der einzelnen Gewerbe Auékunft zu erhalten und zu geben. . Der Entwurf sieht deshalb neben ter Zuziehung von Sachverständigen zu. den Verhand- lungen der Handwerfsfammern die Möglichkeit vor, innerhalb der Kammern Ausschüsse zu bilden und zu den Berathungen derselben auch Perjonen zuziehen, welhe niht Mitglieder der Handwertskammern sind, aber besondere Sachkunde in Bezug auf die in Frage stehenden Verhältnisse befißen (§S 9 und 12). Auf diesem Wege werden die

Handwerkskammern befähigt sein, auch die aus den einzelnen Ge- werben an sie berantretenden besonderen Wünsche einer sahgemäßen Prüfung zu unterziehen und Gutachten über die Berbältnisse der ein- zelnen Gewerbe mit Sachkunde zu erstatten.

_Dem Reichstag is der nachstehende Entwurf eines Gesezes, betreffend die Abänderung des Gesezes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889, zugegangen:

Artikel 1.

Der Absay 4 des § 8 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschastsgenofsenshaften, vom 1. Mai 1889 (Reichs - Gesegbl. S. 55) erbâlt folgende Faffung:

Konsumvereine 1 Nr. 5) dürfen im regelmäßigen Geschäfts- verkehr Waaren nur an ihre Mitglieder oder deren Vertreter ver- kaufen. iese Beschränkung findet auf landwirthschaftlihe Konsum- vereine, welche obne Haltung eines offfenecn Ladens die Vermittelung des Bezugs von ihrer Natur nah ausshließlich für den landwirth- scaftlihen Betrieb bestimmten Waaren beforgen, binsihtlih dieser Waaren keine Anwendung.

Artikel 2.

Hinter den S 30 und den § 145 werden folgende Bestimmungen eingeschaltet :

S 30 a.

Für Konsumvereine, welhe einen offenen Laden baben, hat der Vorftand, um die Beobachtung der Bestimmung des § 8 Absatz 4 zu sichern, Anweisung darüber zu erlassen, auf welhe Weise sich die Vereinsmitglieder oder deren Vertreter den Waarenvertäufern gegen- über zu legitimieren haben. Abschrift der Anweisung hat er der böberen Verwaltungsbebörde, in deren Bezirk die Genofsenshaft ibren Sig hat, unverzüglih einzureichen.

Die höhere Verwaltungsbehörde is befugt, die Mitglieder des Vorstandes zur Einreichung und nöthigenfalle zur Abänderung oder Ergänzung der Anweisung durch Geldstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark anzuhalten.

Gegen die Anordnungen und Straffestsezungen der böberen Ver- waltungsbebörde findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die Landes-Zentralbehörde ftatt.

8 145a.

Personen, welche für einen Konsumverein den Waarenverkauf be- wirken, werden, wenn fie der Vorschrift des § 8 Abs. 4 zuwider wissentlich oder obne Beobathtung der nah § 30 a von dem Vorstand erlaffenen Anweisung Waaren an andere Personen als an Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu einbundertfünfzig Mark bestraft.

Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welhes seine zum Waaren- fauf in einem Konsumverein berechtigende Legitimation einem Dritten zum Zweck unbefugter Waarenentnahme überläßt, sowie den Dritten, welcher zu demselben Zweck von der für ein Mitglied ausgestellten Legitimation Gebrau macht.

Dieses Geseg tritt am

Die Begründung lautet:

Durch den § 8 Abs. 4 des Gesetzes vom 1. Mai 1889 ist den Konsumvereinen zur Pflicht gemacht, im regelmäßigen Geshäftsverkebr Waaren nur an folche Personen zu verkaufen, weldhe als Mitglieder oder deren Vertreter bekannt sind oder si als solche in der dur daë Statut vorgeschriebenen Weise legitimieren. Beim Mangel einer Strafandrohung bat jedo das in dieser Bestimmung liegende Verbot die beabsichtigte Wirkung nicht Mit Nücksicht bierauf bat der Reichstag aus Anlaß eines dem Abg. AtFckermann und Genoffen eingebrahten Antrages mittels eine solution vom 8. Februar 1893 besblofsen, den Reichskanzler um ige Vorlage eines Gesetzes zu erfuhen, durch welhes den Konsumverei die Abgabe von Bares an Nichtmitglieder s{lechthin und unter Strafandrobung verboten werde. Demnächst ist durch di- Anträge der Abgg. Gröber und Ge- nofsen, Dr. Kropatiheck und Genossen jowie Dr. Hammater und Ge- nofsen (Nr. 17, 26 und 158 der Drucksachen des Reichstags 1893/91)

eine Ergänzung des Genoffenschaftêgesezes dur Strafbestimmungen gegen Uebertretungen des im § 8 Abs. 4 enthaltenen Verbots in Anregung gebraht worden. Ueber den ersteren Antrag baben ausführliche Ver- handlungen des Reichêtags in der Sitzung vom 17. Januar v. F. stattgefunden. In gleicher Ribtung wie diese Anträge bewegen fich zablreihe Kundgebungen und Eingaben aus dem Handels- und Hand- werkerftande; in denselben wird lebhaft über die Schädigungen geflagt, welhe dem Handel und Handwerk dadurch zugefügt werden, daß die Konsumvereine die durch das Geseg ihrem Geschäftsverkehr “gezogenen Schranken übertreten.

Es ift nicht zu verkennen, daß diese Kundgebungen zum theil über das berehtigte Ziel binauegeben, indem sie sih gegen die Existenz der Konsumvereine überhaupt richten und die dem Handel- und Hand- werkerftand unliebsame Konkurrenz derselben, auch soweit sie [legitim ist, zu beseitigen suchen. Andererseits stebt es aber auch außerbalb allem Zweifel, daß die erhobenen Klagen bis zu einem gewissen Grade begründet find; die Auédebnung des Geschäftébetriebes vieler solcher Vereine stebt im Widerspruch mit dem Gesetz und is vom fozial- politishen Standpunkt aus um deswillen bedenklih, weil fie die wirthshaftlihe Existenz zahlreicher Einzelbetriebe im Handel und im Handwerk gefährdet. Ein Einschreiten der Gesetzgebung erscheint daher geboten. i

Um demselben einen Erfolg zu sihern, if es erforderli, daß niht nur daë wissentlihe Abgeben von Waaren an Nichtmitglieder mit Strafe bedroht, sondern auch jedem fabrlässigen Verhalten der mit dem Waarenverkauf betrauten - Angestellten der Konsum- vereine entgegengetreten werte. Da es nun aber nit dem individu- ellen Ermefîsen dieser Angestellten überlafsen bleiben darf, dur welche Mittel sie fih über die Mitgliedschaft der Waarenkäufer vergewifsern wollen, so ist in dem Entwurf den Vorständen der Konsumvereine die Pflicht auferlegt, zur Durchführung des Verbots des §8 Absatz 4 geeignete Anweisungen darüber zu erlassen, wie sih die Vereins- mitglieder oder deren Vertreter bei der Entnahme von Waaren aus- zuweisen haben. Die Vorstände werden in der Lage sein, die Legiti- mation der Mitglieder oder der Vertreter derselben in einfachster Weise (Vorzeigen der Mitgliedéfarte, eines Quittungsbuches, eines sonstigen Abzeichens) zu regeln und dem Verkaufépersonal klare Vorschriften zu ertbeilen, welhe unshwer zu bandhaben sind, und deren sei es wissent- liche sei es fahrlässige Uebertretung alëdann unbedenflih unter Strafe geftellt werden fann. Hierdurch würden den Konsumvereinen weder für die Gewinnung geeigneter Verkäufer noch in der Erfüllung ihrer Aufgaben den WMtitgliedern gegenüber irgendwie nennenswerthe Schwierigkeiten bereitet werden.

Der Entwurf hat tavon abgesehen, die Durchführung der mehr- erwähnten, den Vorständen aufzuerlegenden Obliegenheit durch die Regifstergerichte überwacten zu laffen. Allerdings ift diesen Gerichten schon durh den § 152 des Genofsenschaftëgesezes in einzelnen Be- ziehungen, insbesondere binsihtlih des Verbots der Ausdehnung des Geschäftsbetriebes der Kreditvercine auf Nichtmitglieder, eine gewisse Aufficht über die Genoffenschaften übertragen worden ; es läßt fich irdeß nicht verkennen, daß die hier in