1895 / 295 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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, Glode des Präsidenten.)

der rubige Bürger bedarf des Schutzes, und es if nothwendig, daß die Geseze zur Anwendung kommen, welche bestehen und die Mittel gewähren, um Staat und Gesellschaft zu schüßen. (Zuruf links. Selbstverständlih können hierdurch die weiteren Erwägungen, ob die vorhandenen geseßlihen Mittel zur Erhaltung des gewollten Zweckes ausreichen, nicht ausgeschlossen werden. (Hört, hört! links.)

Wenn s\ihh die sozialdemokratische Partei in ihrer Presse über die jeßige Anwendung der Gesetze beklagt, so möchte ih sie doch darauf aufmerksam maden, daß die Partei selbst daran \{uld is. Die Partei und die fozialdemokratishe Presse waren es, die in diesem Sommer, als die deutshe Nation sih der Erinnerung an die großen Errungenschaften und die Siege des Jahres 1870/71 freute und mit Dank und Stolz des ehrwürdigen Kaisers dachte, dessen Muth und Weisheit wir die Gründung des Deutschen Reichs verdanken (leb- haftes Bravo!) diese Parte? war es, die jene nationale Bewegung mit Hohn und Spott übershüttete (hört, hört !), getreu dem Grundsaß ihres Führers, daß Vaterland in unserem Sinne ein fulturwidriger, reaktionärer Begriff fei. (Bewegung.) Ih beshränke mich auf dieses Zitat; es genügt, um zu zeigen, welher Geist jenen Angriffen zu Grunde liegt. Das alles hat tief verleßt, und sehr oft ist an mih die Frage gerihtet worden : wie lange soll das noch geduldet werden? Die Herren Sozialdemo- fraten dürfen niht vergessen, daß Grundsäße, wie sie in dem System des Kollektivismus, Kommunismus und anderen ähnlichen Systemen zu Tage treten, bei dem ruhigen Bürger nit den Eindruck der wissenschaftlihen Erörterung machen. Der friedlihe Bürger sieht darin fulturfeindlihe, vaterlandswidrige, vaterlandslofe Bestrebungen ; es sind niht Wenige, die in dem Zukunftsstaat der Sozialdemokraten niht einen Rechtsstaat, sondern einen Raubstaat erbliden. Daß bierbei das Gefühl der Sicherheit vermindert wird, ift natürlich, und daß man infolge dessen sih bei der Staatsgewalt nah Schuß umsicht, ebenfalls. Wenn wir seit diesem Sommer die Zügel etwas straffer angezogen baben, so sind wir den Gefühlen aller Wohlgesinnten im Deutschen Reiche gereht geworden. (Bravo! rets.)

Abg. Enneccerus (ul.). In der großen Unruhe des Hauses gingen die erften Worte' des Redners verloren. Er schien sih gegen die Ausführungen des Fürsten Hohenlohe zu wenden und zu bemerken, daß die Maßregeln gegen die sozialdemokratishen Vereine vielleicht derartige seien, daß sie Sympathien für die Sozialdemokraten erwecken. Gegen den Abg. Richter bemerkte der Redner, daß dieser das Urtheil über die drei Herren und Hospitanten, welche den Antrag Kanitz unterzeichnet haben, der Fraktion überlassen möge. Die Mebr- beit der Fraktion, fährt Redner fort, ist gegen den Antrag ; sie bält den- selben für sebr bedenklich und für ein sehr gefährlides Agitationsmittel. Das sollten au die Herren bedenken, welche für ihn eintreten. Der Antrag soll gegen die Handelsverträge verstoßen : Wie denkt man sh das? Solche Dinge müfsen auch denen, welche noch Anbänger des Antrags Kani sind, die Augen öffnen über seine Unausführbarkeit. Herrn von Marschall sind wir für seine Erklärung dankbar. Wir erkennen daraus, daß die Regierung mit aller Besonnenheit und nachdrücklich der Frage näher treten wird, daß sie bei aller Festigkeit den berechtigten Interessen des Auslands nit zu nabe treten wird. In Amerika wird der deutshe Handel vielfa be- läftigt. Dem Importeur deutsher Waaren wird der Eid abverlangt, daß die Waarendeklarationen den amerikanischen Preisen wirkli ent- sprehen. Das ist eine große Belästigung. Ich bitte, die Beseitigung derselben bei den Unterhandlungen zu versuchen. Wir wünschen die Freundschaft mit Amerika aufrecht zu erhalten, namentlich aus volfs- wirthschaftlihen Gründen. Den Etat sehe ih günstiger an als Herr Richter. Ich stimme nicht ein in seinen Tadel, daß mit Rücksicht auf die Steuervorlagen die Einnahmen zu gering einges{äßt waren. Sie find nach den allgemein gültigen Grundsäßen veranschlagt. Wenn der Reichstag eine Aenderung beihlofsen bat so beruht das darauf, daß zwishen der Feststellung des Etats im Oktober und der Beschluß- faßung des Reichstags eine lange Zeit verflofsen ift, deren Ergebnifte der Reichstag berücksichtigen fonnte. Man fann fich aber nit zu sehr auf die Zukunft verlassen, man muß nah festen Grundsätzen ver- fahren, und wenn_ Herr Richter etwas befsern will, dann foll er neue Normen für oie Etatsaufstellung vorlegen. Aber das hat er aus Höôf- lihkeit verschweige ih, aus wel&em Grunde bis jeßt immer unter- lassen. Die Anleihe hat sih sehr vermindert, aber gegenüber der stetigen Steigerung der Schulden müssen wir organishe Einrih- tungen treffen. Dafür iff meiner Meinung nach gerade jeßt der rihtige Moment. Rechnet man die Aversen ab, so bleibt zwishen Matrikularbeiträgen und Ueberweisungen eine Spannung von 124 Millionen; wir befinden uns also jeßt in einem Moment, wo der Etat ziemli balanciert. Gerade in diesem Augenblick müssen wir mit der Reichs-Finanzreform vorgehen. Das ift allerdings im vorigen Jahre gescheitert, aber niht weil eine entschiedene Mehrheit gegenüber den Grundsäten vorhanden gewesen wäre, sie ift eigentli garnicht zur Verhandlung gekommeéèn. Verschiedene Parteien wollten von der Finanzreform nichts wissen wegen ihrer Verbindung mit der Tabadcksteucr. Wird die Reform allein vorgelegt, so wird sie eine beffere Beurtheilung finden. Ich trete für die Reform ein, niht bloß wzgen der Einzelstaaten, sondern auch im Interesse der Steuerzahler. Unnüte Auégaben vermeiden kann nur ein durch seine Stellung mächtiger Schaßsekretär. Das beweist die Steliung des preußishen Finanz-Ministers. Dem Reichs-Sthatz- sekretär fehlt das Hauptargument: Ich habe kein Geld. das Reich bat infolge der Matrikularbeiträge kein Defizit. wir dem Schaßzsekretär dies Argument, so werden wir Etats bekommen, über deren Knappheit man klagen dürfte. Schwankungen der Spannung sind sehr groß, sodaß § der preußi- shen Einkommensteuer nöthig tein würden, um die Schwankungen auszugleihen. Allerdingë find die Shwankungen in den Etats der Einzelstaaten auh durch die Staatseisenbahnen vielfa begründet. Aber um so mebr müßte man vermeiden, diese Staaten auch noch auf s{chwan- fende Ueberweisungen anzuweisen, denn sonst fommt bei jeder Finanznoth das Reich in die Lage, indirekte Steuern zu bewilligen. Jede Gemeinde und jeder Staat muß seine Ausgaben felbst bestreiten ; man muß auch das Reih selbständig machen. Aber da fommt der Automat als Schreckbiid für die weniger gebildeten Leute; - das ist das bewährte Agitationsmittel des Herrn Richter. Der Automat ift nur ein Gespenst; es ist nihts weiter dahinter, als daß das Reih auf \sich selber angewiesen werden soll. Herr Frißzen will einen Theil der bei der Konvertierung ersparten Zinsen zur Schuldentilgung verwenden ; er findet darin feinen Wider- spruch gegen die Frandckenstein’she Klausel. Das ist rihtig. Diese

rage muß in der Budgetkommission grüadli erwogen werden. Jm tat ist 1 Million Mark Uebershuß aus dem Münzwesen ein- estellt. Ih möchte dabei die Regierung fragen wegen der Be-

bungen auf Aenderung unserer Währung. Der Reichstag hat | die Regierung aufgefordert, eine Vünzkonferenz einzuberufen. Die Gründe für die Annahme dieses Antrags waren verschieden. Einige wollten dadurh die Dovpelwähcrung fördern, andere wollten aber nur eine Klärung schaffen. Ich möchte fragen, welhe Antworten auf die Anfrage der deutshen Regierung von den verbündeten und von den auéëwärtigen Regierungen eingegangen find. Ich stelle die Frage nur zur Aufklärung; die Mehrzahl meiner Freunte will an unserer Währung nichts ändern. Die Einnahmen des Kaiser Wilhelm- Kanals decken niht vollständig die Ausgaben. Das muß untersucht werten in der Kommission, weil leitende Handelékreise die Meinung baben, daß die niedrigen Einnahmen veranlaßt sind durch die hoben Tarife und die falsde Anorduung derselven. Ih hoffe, daß die Re- gierung bereit sein wird, die Materialien dazu zur Verfügung zu ftellen:

Die Ausgaben des Reichs für die Invalidenversicherung fteigen; es steigen aber auch die Kapitalansammlungen den Invaliden- versiherungéanstalten, und da die Invalidenrenten \s{hneller erlöschen, als man angenommen hat, so werden el frei, die man anderweitig ver- wenden fönnte, zur Verminderung der Beiträge oder zur Gewä

von Theilrenten oder vorübergehenden Renten an bedürftige bezw. vor- übergehend erwerbsunfähige Personen. Ich würde au die Wittwen- und Waisenversicherung empfehlen, die freilih nur durch Aenderung des Gesetzes eingeführt werden kann. Wir wollen die gesunde Fort- entwidelung der Arbeiterversiherung; aber deswegen verlangen wir eine Vereinfachung der Organisation, denn die Klagen find hauptsäch- lich auf die Belästigungen zurüczuführen, niht auf die Versi g selbft. Es sind {on Erwägungen darüber im Gange; ich bitte den Herrn Staatssekretär, das Material darüber baldigst zu veröffentlichen. Die öffentliche Kritik würde, wie es sich beim Bürgerlichen Gesea gezeigt bat, sehr zur Förderung des Werkes beitragen. Im Militär- Etat is eine technishe Inspektion nen vorgesehen für die artilleriftishen Institute und für die Fürsorge für die Arbeiter dieser Institute. Diesem Versuhe gehört unsere volle Sympathie: ih möchte den Kriegs-Minifter bitten, sich niht irre mahen zu lafsen in diesem Versuche durch das überall ver- urtbeilte Gebahren der Sozialdemoftratie bei der Feier der vor 25 Jahren erfohtenen Siege. Ueber den Stand der Militär-Straf- vrozeßordnung können die Erklärungen wobl nur in der Budget- tommission gegeben werden. Der Indienfthaltungësplan der Marine wird einer genauen Prüfung unterzogen werden müssen. In Süd- Amerika, wo große Interefsen zu vertreten sind, ebenfo in Oft-Asien ift das Deutsche Reih nicht genügend vertreten, weil es keine geeigneten Kreuzer hat. Nächft England kann das Deutsche Reih am aller- wenigsten einer vräfentationefäbhigen Flotte entbehren. An unserer Küste liegen die großen Handelsftädte, unfer Handel if nach dem englishen der ausgebreitetfte. Herr Richter meint, wir sollten gute Waaren liefern; aber damit ift es allein nicht gethan, das bestätigen alle Sachverständigen. Vorbehaltlih der Einzelprüfungen, können wir die Forderungen für die Marine nicht für zu bo halten. Die Uebershüfse des Post-Etats sind in erfreuliher Weise gestiegen. Das legt uns die Frage nabe, ob nicht für die Unter- eamten dieser Verwaltung etwas geschehen fann. Erfreulich ift es, daß eine geringe Aufbesserung der Minimalgebälter ftattgefunden hat. Der Reichs-Justiz-Etat enthält einige Posten, die sih auf das bürger- lie Geseßbuch beziehen. In der „Freifinnigen Zeitung“ ift ein Angriff gegen tas Geseßbuch daraus hergeleitet worden, daß das Vereinsreht darin nicht geregelt i. Wir wollen nicht, daß diese Materie mit diesem Geseßbuch verquickt wird. Die meistzn Juristen baben sich für die Annahme des Bürgerlichen Geset- buches erklärt. Die große Bedeutung dieses Geseßbuches ift für den Einzelnen kaum zu übersehen. Jeder, der einea einzelnen Punkt des Geseßbuches bekämpfen will, sollte daran denken, daß dadur das große nationale Werk geschädigt werden kann. Die Zuständigkeit des Reichs ift obnebin nit sebr auëgedehnt. Die Frage der Kunft und Wiffenschaft gehört den Einzelstaaten; um so nothwendiger ift es, daß das Reih wenigstens die äußere Rechtéeinbeit herbeiführt. Der Bundesrath hat das Bürgerliche Geseßbuh wohlwollend aufgenommen. Der Reichêtag sollte ih vom Bundesrathe niht an Patriotismus übertreffen laffen. Deshalb rihte ich die Bitte an alle Juriften, das Bürgerliche Geseßbuh nicht, wie wir wünshen würden, en bloc anzunehmen, fondern nur bezügli der Abänderungëvorshläge fich äußerfter Enthaltsamfkeit zu befleißigen. Ich schließe mit der Hoffnung, daß der Reichstag das sein môge, was er sein soll und als was er vor 25 Jahren begründet wurde: die Grundlage der Einheit des Reichs. Das würde die beste Feier des 25 jährigen Bestehens des Reiches fein.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Obwobl ih weiß, daß dem hohen Hause bereits ein Vertagungs- antrag vorliegt, so möchte ih do in der Absicht, Ihre Aufmerksamkeit nur noch auf einige Minuten in Anspruch zu nehmen, mir die Bitte gestatten, daß Sie mich hören wollen über zwei von dem Herrn Vor- redner berührte Punkte, die meinem Reffort angehören, und die in der öôffentlihen Meinung augenblicklich im Vordergrund der Er- örterung stehen. Der eine Punkt bezieht sih auf die Revision unserer Arbeiterversiherungégeseße, der zweite Punkt auf den Tarif für den Kaiser Wilhelms-Kanal.

Was die Arbeiterversicherung anlangt, so haben wir in der Meinung,

fi es sih empfehle, die Korrektur unserer Gesetzgebung in derselben

sind, zunächst, wie Sie alle wissen, die Revision des Krankenkafsen- esezes vollzogen. Sie ift beendigt, das Resultat ift in dem Gejeßz m 10. April 1892 niedergelegt, und diese Novelle bewährt si, so- weit meine Beobachtungen reihen, ausgezeihnet. Der zweite Theil unserer Versicherungëgeseßzgebung, die Unfallversicherung, ift ebenfalls der Revision unterzogen, und bereits im vergangenen Sahre sind dem Bundesrath Entwürfe bezüglih der Korreftur der geltenden Unfallversiherungëgeseßzgebung und ihrer Ausdehnung auf noch nicht davon berührte Betriebe vorgelegt worden. Diese Entwürfe sind ver- öffentlicht, die Kritik bat sich ihrer bemächtigt, und wenn ih die Stim- mung in den interessiecten Kreisen rihtig beurtheile, fo muß ih an- nehmen, daß an diesen Entwürfen doch manches auszuseßen ift, was dazu auffordert, eine Nachhrevision vorzunehmen, der sh ja demnähst der Bundesrath unterziehen wird. Wir sind nun, weil vorzugsweise über die Invaliditäts- und Alters- versicherung Klagen erboben werdén, dazu übergegangen, auch noch vor Beendigung der Revifion der Unfallversiherungs-Geseßgebung die Korrektur der Invaliditäts- und Altersversicherungs-Gesetzgebung in Es liegt ein Eniwurf vor, der darauf abzielt,

die m den Ausbau des Geseßes, über das Markensystem, ül die Organisation, über das Ver- fahren gere zu werden. Dieser Entwurf sollte nach der Meirung des Reichzamts des Innern zunächst einer Vorberathung von Verwaltungsbeamten, die mit der Versicherung zu thun haben, und von Sachverständigen aus dem Kreise der Arbeitgeber unterzogen werden (Zuruf links) die Arbeiter werden eventuell auch noch gehört werden. Es ift keineëwegs die Absicht, sie mit ihrem Urtheil auszuschließen, man hat nur zunächst in verwaltungstech- nisher und versiherungstehnisher Beziehung eine Vorprüfung des Entwurfs vornehmen wollen. Als die Konferenz, die zu diesem

Zweck berufen war, zusammentreten sollte, erhob si in der Preffe,

und zwar in der Presse verschiedener Parteien, der Ruf, man möge doch gleichzeitig die Frage untersuhen, ob niht durch eine organische Revision unserer gesammten Arbeiterversicherungs-Gesetßgebung eine Ver- einfahung bergestellt werden könne, die dazu führe, die Erfüllung der geseßlichen Pflichten und die Ausübung der geseßlihen Rechte für die Interessenten, sowohl für die Arbeitgeber wie für die Arbeitnehmer, zu erleihtern.

Ein Hauptbes{hwerdepunkt besteht für die betheiligten Kreise darin, daß bei der Vielgestaltigkeit der Versiherung8geseßgebung der Verkebr der Interessenten mit denjenigen Stellen, mit denen fie zu Zwecken der Durchführung der Versicherung verkehren müssen, zu un- bequem sei. Der Gedanke einer Vereinfahung der Organifation, einer Zusammenlegung der drei Zweige der Arbeiterversicherung,

dem ja auch beute der Herr Vorredner Ausdruck gegeben hat, ift {hon früber vielfah îin der eins{läglihen Literatur erörtert worden. Œs schien uns, ungeahtet. des naheliegenden Einwandes, daß es vielleiht noch zu früh sei, jener Idee eine Folge zu geben, doch zweckmäßig, eine Aussprahe über den Plan einer Zusammen- legung eintreten zu lafsen, namentlich deswegen, weil daran die Hoffnung geknüpft werden durfte, daß auh die Theilnehmer an der Besprehung selber durch die gegenseitige Auësprawe ihre Wünsche und ihre Anschauungen würden Tkorrigieren können. In der Konferenz find, wie dies auch bereits durch Mit- theilung im „Reichs - Anzeiger“ bekannt geworden iff, ver- schiedene Vorshläge na der Richtung einer Vereinfahung und Zufammenwerfung der Arbeiterversiherungs-Geseßgebung vorgebracht, ih kann aber nit bekaupten und die Mitglieder dieses boben Hauses die der Konferenz angehört haben, werden mih nicht einer Unwahrheit zeihen —, daß irgend einer dieser Vorshläge den unge- theilten oder auch nur überwiegenden Beifall der Mit- glieder der“ Konferenz gefunden hätte. Und, meine Herren, es ift dies auch ganz natürlich; die Wünsche auf eine solche Vereinfachung, auf eine Zusammenlegung der verschiedenen Ver- sicherungszweige laffen fih außerordentlih leiht aussprechen; je tiefer man aber in die Materie einfteigt, je mehr man sih damit be: schäftigt, um so mehr erkennt man die erheblichen Schwierigkeiten,- die der Durchführung entgegenstehen. Und wenn uns Vorschläge ge- macht find, die äußerlih so ausfeben, als ob sie eine Verbesserung des gegenwärtigen Zustands herbeizuführen im stande wären, fo ist bei threr Prüfung doch vielsah der Zweifel auf- getauht, ob ihre Durchführung wirkllYh von der Wirkung begleitet sein werde, daß sih das Versicherungsgeschäft für die Arbeit- geber, Arbeitnehmer, Versicherungsanstalten und sonst Betheiligten leiter und bequemer abwickeln würde. Eine solhe Gewähr ift zu- nächst in diesen Vorschlägen, wie sie liegen, nicht enthalten. Jh babe aber do geglaubt, diese Vorschläge niht ad acta legen zu dürfen. Im Gegentheil, ih bin gesonnen, die Frage weiter zu erörtern und nah Mitteln und Wegen zu suchen, wie dem an \ih durWhaus be- rechtigten Gedanken einer Vereinfahung unserer Versicerungs- gefetgebung näher getreten werden fann. Zu diesem Zwedcke habe ich gegenwärtig dem Königlih preußishen Staats- Ministerium ein Votum vorgelegt, es wird deshalb die Berathung diefer Frage zunächst im Staats-Ministerium erfelgen. Sollte man ¿. Z. keinen Weg finden, der die Gewähr der Herstellung eines besseren Zustandes durch eine Vereinigung der Versiherungézweige giebt, der also eine wesentlihe Vereinfahung der Organisation herbeiführt, fo darf ih doch das versprehen, daß wir dann auf dem einmal einge- shlagenen Wege fortfahren werden, und daß wir in einer Novelle zu dem Invaliditäts- und Altersversiherungsgeseß eine ganze Reihe von Vorschlägen machen werden, welche dazu geeignet find, das Geseg, wie ih boffe, aub der Bevölkerung erheblih schmadthafter zu machen, als dies jeßt der Fall ift.

Meine Herren, was den Kaiser Wilbelm-Kanal anlangt, so ift ja die Thatsache nit zu bestreiten, daß die Einnahmen des Kanals hinter unferen bei Aufstellung des geltenden Etats gehegten Grwartungen zurüdckgeblieben find. Es haben freilih seit der Eröffnung bis zum Monat November die Einnahmen eine steigende Tendenz gezeigt. Im Monat November iff nach den mir beute vorgelegten Zusammen- ftellungen eine feine Abvminderung gegenüber den Einnahmen des Oktober zu verzeihnen. Mich überrascht diese Erscheinung keineswegs. Es ift außferordentlich schwer, auch auf diefem für uns bvoll- ständig neuen Gebiet von vornherein das Richtige zu treffen, und der Reichstag selbe hat ja auch diese Schwierigkeit dadur anerkannt, daß er der Absicht, die er in dem Geseß über den Bau des Nord-Osftsee-Kanal[s dabin niedergelegt hat, auch bei der Feststellung des Tarifs mitzuwirken, für das erfte Jahr keinen Aus- druck gegeben hat, daß er vielmehr dem Bundesrath für das erfte Fahr die volle Freiheit über die Festseßung des Tarifs gelassen hat. Der Tarif ist nun unter voller Benußung des vorhandenen Materials was ja freilich nicht aus Erfahrungen im eigenen Lande: genommen werden fonnte, das aber aus Erfahrungen gewonnen wurde, die bei Be- nußung fremder Kanäle gemaht worden find aufgestellt worden. Man hat die sahverständigen Personen, decen man habhaft werden konnte, über den Tarif gehört, und hat ihn im Bundesrath erft festgestellt, nahdem man s\ih davon überzeugt hatte, daß, wenn die Rechnungen, die diesem Tarif zu Grunde liegen, richtig find, aus dem- selben für diejenigen Rheder, welhe durch ihre Schiffe den Kanal benutzen lassen, ein wesentliher Vortheil gegenüber der Umfahrt um Skagen erwächst. Daß der Kanal bisher niht in dem erwünschten Maße freguentiert wird, hängt, wie ich glaube, einmal damit zu- sammen, daß ein jedes neue Unternehmen erst in die Gunst des be- theiligten Publikums si bineinleben muß.

Man fanr nicht erwarten, daß vom erften Tage an jeder die neue Fahrstraße benußt, der die alte gewohnt ift. Es liegt au daran, daß vielleicht nicht alle Einrihtungen am Kanal so vollständig und so gut von vornherein funftioniert baben, wie das zu wünschen ist. Aber auch dies ist erklärlih, denn - ein solcher Kanal hat, wie ähnlihe Unternehmungen, seine Kinderkrankheiten durchzumahen, und von einem vollftändig neuen und wenig geschulten Personal kann man feine untatelhaften Leiftungen von vzrnherein verlangen.

Der dritte Grund aber und diesen halte ih für den Haupt- grund ist folgender: Die Rheder, welche es fonst in ihrem Inter- efse erahten würden, den Kanal zu benußen, fagen sich gegenüber der Vorschrift des Gesetzes über den Bau des Kanals, wonach der Reichs- tag den Tarif nah Ablauf eines Jahres feststellen soll: wenn jeßt der Verkehr auf dem Kanal flott geht, dann dürfen wir auf eine Herabsetzung des Tarifs auf keinen Fall rechnen, deshalb wollen wir lieber im erften Jahre uns der Benußung des Kanals noch möglichst enthalten. (Sehr wahr! rechts Heiterkeit.) Ob die Vorschrift in dem Geseß, welhe dem Reichstag die Feststellung des Tarifs vorbebält, gerade eine sebr prafktishe gewesen ift, möchte ih bei aller Bescheidenheit gegenüber dem Gesetzgeber bezweifeln. Jch bin der Mei- nung, der Tarif einer solchen Fahrstraße, wie es der Kanal ift, muß \sih na den Konjunkturen, nab den Frequenzverbältnifsen modulieren laffen, man muß unter gegebenen Umständen die Möglichkeit haben, in Bezug auf die Erhebung der Gebühr Aenderungen vorzunehmen.

Das find aber alles Fragen, die uns demnächst beschäftigen werden, wenn wir an das Gesetz herangehen, welhes die Verwaltung Ihnen ja vorzulegen auf Grund der früheren geseßlihen Bestimmung verpflichtet ift. Jh will aber niht mit der Ansiht zurückhalten, daß

es meines Ermessens rihtiger wäre, wenn man auch in dieser Be- ziehung, meinetwegen unter Theilnahme einer Kommission des Reichs- tags oder unter Festseßung irgend einer anderen fonstitutionellen Garantie der Verwaltung demnächst einen etwas freieren Spielraum ließe, als er gegeben sein würde, wenn man den Tarif dur Geseß festlegt.

Nun, meine Herren, babe ih diese Punkte beleuchtet, und ih boffe, den Herrn Vorredner zufriedengeftellt, wenigstens ihm die Ueberzeugung gewährt zu haben, daß in beiden Beziehungen nihts versäumt worden ist bezw. nihts versäumt werden wird.

Nun möchte ih aber noch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Abg. Richter machen, der gesprohen bat von einer Ver- böferung amtlicher Schriftstücke, und der dabei gesagt bat, daß diese Verbökerung ¡u Zwecken des Nebenverdienstes von Beamten betrieben werde. Meine Herren, die Regierung is ebenso ent- rüftet, wie irgend jemand anders es in diesem Saal sein kann, darüber, daß amtlihe Schriftftücke, die niht zur Veröffentlißung dur die Presse bestimmt find, ohne Genehmigung der betreffenden Refsort- telle in die Presse übergehen und es ift ganz unzweifelhaft, daß ein solhes Verfahren nur möglich if, entweder unter Verletzung einer Amtspfliht von seiten eines Beamten oder unter Verleßung der Diskretien, die denen, welchen diese Schriftstücke zugeben, obliegt. Es ist seitens der Regierung alles geschehen und wird auch ferner gesehen, um diesem Unfug, der ein sehr grober ist, zu steuern ; aber dazu wird es wesentlich beitragen, wenn der Herr Abg. Richter die Güte haben wollte er braucht es bier niht öfentlih im Reichstag zu thun aber mir privatim die Spuren zu zeigen, auf die seine Worte binweisen. (Heiterkeit links.) Solange diese Spuren von ihm nicht angegeben sind, muß ih die Bezichtigung, daß ein Kaiserlicher oder Königlicher Beamter aus der Verbökerung von amtlihen Sthriftstücken si einen Nebenverdienst haft, als unberechtigt zurückweisen. (Bravo rets und aus der Mitte.)

_ Darauf wurde um 5 Uhr die weitere Berathung auf Mittwoch 12 Uhr vertagt.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Bewegung der Bevölkerung des Deutschen Reichs im Jahre 1894.

R SBlecien Das Amt zusammengestellten Nach- weise Ü te Dewegung der Bevölkerung ergeben, daß im Deutsch Reich stattgefunden baben: E E

im Durth- auf 1000 der

m ae schnitt von Bevölkerung E 1885/34 1894 1885/94 Ebeshließungen . . . 408066 388 043 7,94 7.92 Geburten E OEERO 1904297 1851851 37,07 9 Sterb-fällesTodtgeburten 1 207 423 1249775 23,50 Mebr Geburten als Sterbefälle . . . 696 874 602076 13,57 ___ Die Zahl der Ebeshließungen war demnach im vergangenen Jahr absolut ardßer, relativ nabezu dieselbe wie im Durchschnitt der zehnjährigen Periode von 1885 bis 1894; bei den Geburten stellte sich die absolute Zahl höher, die relative niedriger, während die Zahl der Sterbefälle sowohl abjolut wie relativ niedriger, der Geburten- überschuß böber als der Dur(hschnitt der zehn Vorjabre war. Unter den Geborenen waren : im Durtschnitt Prozent

T ras von der Geborenen 1885/94 1894 1885/94 178 298 171 686 9,36 9,27 63 092 64 907 3,31 3,50

Unebelih Geborene . . Todtgeborene

Naeh den im leßten Vierteljahrsbeft zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichten Ueberfichten über Salzvrodufktion und Salzbesteuerung waren innerhalb des deutschen Zollgebiets während des Etatëjahres 1894/95 abgesehen von einigen Fabriken, welche Salz als Nebenprodukte gewannen 78 Salzwerke im Betriebe, nâmlich 15 Bergwerke mit Steinsalz-Gewinnung und 63 Salinen (gegen 1893/94 1 Steinsalzwerk und 1 Saline mehr). An Steinsalz find 589 309 und an Siedesalz 521 021 + gewonnen worden, im Vergleich zu 1893/94 21404 t Steinsalz weniger, dagegen 18 753 t Siedesalz mehr. Die Einfuhr von ausländishem Salz if seit 1888/89, in welchem Jahre fie 28 057 t betrug, von Jahr zu Jahr etwas zurückgegangen und bezifferte sich 1894/95 auf 23159 t, darunter 20063 t aus Großbritannien und 2032 © aus Portugal. Die Ausfuhr von Salz aus dem deutschen Zoll- gebiet betrug 192988 t und if gegen 1893/94 um 39569 t zurückgegangen, und zwar hat hauptsächlich die Ausfubr nah British-Indien abgenommen, wobin 1893/94 82182 t, 1894/95 aber nur 53 269 & ausgeführt worden sind (fast auëshließlich Steinsalz). Der Gattung nach bestand die Ausfuhr 1894/95 aus 40 983 t Siede- salz (wovon 10 064 t nat den deutshen ZollaussGlüfsen, 8043 t nach Schweden, 6588 t nach Norwegen, 5169 t nach Großbritannien und 4947 t nah Dänemark gegangen sind) und 152005 t Steinsalz (nächst British-Indien kommen bei der Ausfuhr dieser Salzgattung bauptsählich Oesfterreih-Ungarn, die Niederlande und Belgien in Betracht). Innerhalb des Zollgebiets bat der Verbrau an Sveise- falz 1894/95 betragen 398 779 t oder 7,7 kg auf den Kovf der Be- völkerung, und find zu anderen als Speisezweden abgabefrei abgelafsen worden 9537 548 t Salz oder 10;4 kg auf den Kopf der Bevölkeruna. Von der leßteren Menge sind verwendet worden 110 435 t zur Vieh- fütterung, 3402 t zum Düngen, 317 120 t zur Bereitung von Soda und Glaubersalz, 44 167 t ia anderen chemischen Fabriken und zur

ellung von Farben, 20365 t in der Lederindustrie, 18 661 t in der Metallwaareninduftrie und 9759 t zur Herstellung von Seifen und RKerzen.

“E Zur Arbeiterbewegung.

, Hier in Berlin wird, wie die Berliner „Volks-Ztg.* berichtet, ine olgemelne Ee wegnng E nâchfte Frühjahr au von den

onleuren, fowie Metallarbeitern der elektrotechnis{e Branche geplant. : S . In Glasgow trat geftern, wie ,W. T. B.* meldet, die Kon- ferenz der Shiffsbauer-Arbeitgeber und Arbeiter vom Clyde und aus Belfast unter dem Vortiß des Lord James zusammen. Etwa 30 Delegirte waren anwesend. Ein entsheidender Beschluß E noch nicht gefaßt. Die Berathung sollte beute fortgeseßt

Land- und Forstwirthschaft.

Washington, 10. Dezember. (W. T. B.) Der Ackerbau-

be riht für den Monat Dezember giebt den Durchschnittspreis ab arm für Baumwolle auf 7,599 Cents per Pfund an ; die gesammte Zrnte beträat 6 375 000 Ballen; die Quantität ist gering, aber die Zualität außergewöhnlih gut. Die Preise für die anderen Früchte

betragen für Weizen 53,2, Mais 267, Ro 7 f 5 L i é A, ggen 43,7, Hafer 20,5, rite 35,4 Cents per Bushel. Der Durchschnittéstand des Winter- weizens ift 81,4 geschäßt ; die besäte Fläche beträgt 104,6 99 derjenigen des Vorjahres. j

Gesundheitêwesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Sterblihhkeits- und Gesundheitsverbhältnisje während des Monats Oktober 185.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundbeitsamts sind während des Monats Oktober cr. von je 1000 Einwohnern, auf das Jahr berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 16,5, in Breslau 23,2, in Altona 16,4, in Frankfurt a. M. 16,1, in Hannover 17,9, in Caffel 12,7, in Köln 24,7, in Königsberg 24,7, in Magdeburg 17,0, in Stettin 21,0, in Wiesbaden 16,9, in München 27,1, in Nürnberg 18,5, ín Augéburg 23,8, in Dresden 18,2, in Leipzig 19,7, in Stuttgart 16,5, in Karlsruhe 16,8, in Braunschweig 17,5, in Hamburg 13,7, în Straß- burg 20,4, in Mez 16,4, in- Amsterdam 15,5, in Brüssel 22,1, in Budapest 21,8, in Chriftiania 13,2, in Dublin 249, in Edinburg 17,9, in Glasgow 19,1, in Kopenhagen 16,7, in Krakau 30,9, in Liverpool 29,0, in London 17,9, in Lyon 18,4, in Moskau 25,6, in Odessa 20,0, in Paris 18,5, in St. Petersburg 23,4, in Prag 23,1, in Rom (September) 18,3, in Stockholm 12,5, in Triest 27,4, in Turin (September) 15,8, in Venedig 17,4, in Warschau 26,2, in Wien 19,3, in New-York 19,9. (Für die nihtdeutshe: Städte ift der Zeitrauzn von 5 Wochen, vom 29. September bis 2. 3tovember, ¡usammengefagßt worden.) :

, Der Gesundheité stand im Monat Oktober gestaltete fich in der überwiegenden Mehbrzabl der deutschen sowobl wie der ni&tdeut- schen Orte noŸ erbeblich günstiger als im Vormonat, und auch die Sterblichkeit war fast allgemein eine niedrigere als im September Die Zahl der deutschen Orte mit sehr geringer Sterb- lichfeit (Sterblichkeitëzziffer unter 15,0 vro Mille) war gesteigert: lle ftieg von 8 im Vormonat auf 27, und zwar erfreuten sib die Orte Barmen, Celle, Elberfeld, Grünberg, Hagen, Caffel, Küstrin Neifse, Neumünster, Potsdam, Remscheid, St. Johann, Siegen, Solingen Trier, Wilbelmshaven, Bayreuth, Glauchau, Gmünd, Heilbronn, Lud-

igsburg, Ulm, Offenba, Rosto, Weimar, Lübeck, Hamburg und von nicht deutshen Städten Gbristiania, Stockbolm einer fol niedrigen Sterblichkeit. Dagegen ging die Zabl der deutsGen Orte mit bober Sterblihkeit (Sterblihfeitzzifer über 350 pro Mille) von 6 im September auf 5 herab, und zwar zeigten Bocholt, Herne, Rixdorf, Uzckendorf und Zaborze eine fol bobe Sterblichkeit. Das Sterblifeitsmarimum, das im September 47,9 betrug, erreihte im Oktober Bocholt mit 51,0 pro Mille, wo infolge eines Grubenunglüdcks 22 Perfonen verunglüdckdten. Die Zahl der deutshen Orte mit günstiger Sterblihfeit (Sterblichkeits- ziffer zwishen 15,0 und 20,0 pro Mille) ftieg ron 55 im Sep- tember auf 103, und erwähnen wir aus der großen Zabl derselben hier nur Aachen, Altona, Berlin mit den Vororten Shóne- berg und Weißensee, Bielefeld, Bochum, Brandenburg, Bromkerg Charlottenburg, Dortmund, Düffeldorf, Duizburg, Erfurt, Frank- furt a. M., Halle, Hannover, Insterburg, Koblenz, Krefeld, Maade- burg, Minden, Osnabrück, Thorn, Wiesbaden, Amberg, Bamberg Furth, Kaiserslautern, Nürnberg, Paffau, Bauten, Cbemniß, Crim- mitshau, Dreéden, Leipzig, Reichenbach, Zwickau, Cannstatt, Reut- lingen, Stuttgart, Heidelberg, Karlérubz, Konftanz, Mannbeim, Gießen, Darmftadt, Mainz, Worms, Güstrow, Schwerin i. M. Wismar, Apolda, Eisena, Oldenburg, Braunshweiz, Altenburg. Gotha, Dessau, Greiz, Bremen, Mes und ven nihtdeutshen Städten: Amsterdam, Edinburg, Glasgow, Kopenhagen, London, Lyon, Paris Venedig, Wien, New-York. Auch die Zahl der deuten Orte mit mäßig hoher Sterblichkeit (Sterblichfeitsziffer bis 23,0 pro Mille) war etwas größer als im Sevtember, 56 gegen 54, und nennen wir aus der Zahl derselben bier nur Beuthen O.-S., Danzig, Elbing, Flenéburg, Franffurt a. O., Gleiwitz, Görliß, Greifswald, Kiel Kot bus, Kreuznach, Liegnig, Memel, Münster, Nordhausen, Pader- born, Spandau, Stendal, Stettin, Hof, Kempten, Pirmasens, Regens- burg, Spever, Annaberg, Döbeln, Löbtau, Meerane, Plauen, Eßlingen, Pforzheim, Bernburg, Gera, Colmar und Straßburg i. E., und von nichtdeutshen Städten Brüssel, Budapest, Odessa. Die Theil- nabme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblifkeit wareine allgemein geringere als im September; von je 10000 Lebenden ftarben, aufs Jahr berechnet, in Dre8den 46, in Berlin 59, in Stutt- gart 958, în Hamburg 62, in München 138 Säuglinge. Diese Ab- nahme beruhte auf dem fast allgemein selteneren Vorkommen von afuten Darmkrankbheiten mit tödtlichen Ausgängen, die in fast allen größeren Orten des In- und Auslands (Berlin, Breslau, Danzig, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hannover, Kiel, Köln, Königs- berg, Magdeburg, Stettin, Augsburg, München, Nürnberg, Dreéden, Leipztg, Stuttgart, Mannheim, Braunschweig, Bremen, Hamburg, Straßburg, Budapest, Kopenhagen, Liverpool, London, Lyon, Moskau, Paris, St. Petersburg, Prag, Stockbolm, Wien, New-York u. a.) wentger, und nur in wenigen Orten (Mülhausen i. E., Amsterdam,

t t. Brüffel, Glasgow) mebr Opfe rderten, als im September. eftorbenen befandzn fi fast

TO Die an diesen Krankheiisformen G auss{ließ;lich im Alter von noH niht 2 Jahren. Dagegen stieg die Sterblichkeit in den böberen Altersflassen etwas durch zablreihere Sterbefällean afuten EntzündungenderAtbhmungs8- organe, deren Zabl in Berlin, Barmen, Breslau, Braunschweig, Dortmund, Dreéden, Frankfurt a. M., Köln, Ksnig8beca, München, Amsterdam, Brüssel, Budapest, Kopenbagen, London, Lyon, Mosfau, Odessa, Paris, St. Petersburg, Prag, Rom (September), Stockbolm Triest, Warschau, Wien, New-York u. a. größer war als im Vor- monat. Auch Erkrankungen und Sterbefälle an Grivve kamen etwas mehr zur Mittheilung: doc blieb die Zabl der Todesfälle meist vereinzelt, nur aus Franffurt a. O., Batapeît und Stockholm wurden je 2, aus Braunschweig 3, aus Hamburg und Berlin je 5, aus Moskau 9, aus London 29 Sterbefälle an Gripve berihtet. Die Zahl der Tode2tfälle an Lungenshwindsucht war gleifalls etwas größer als im September. : Unter den Infektionskrankheiten blieb BYorkommen der Cholera in Europa ein beshränftes. F; alizien betrug die Zabl der gemeldeten Erkrankungen an Ct in der Zeit vom 1. Oftober bis 4. November 210, die der Todesfälle 130. Sie be- trafen die Bezirke Tarnopol, Trembowla, Czortkow, Kamionka strumi- lowa, Sofal, Przemyël, Husiatyn und Borszczow. In der Stadt Tarnopol kamen in der beregten Zeit 14 Erkrankungen mit 10 Todes- fällen zur Anzeige. In Rußland berrshte die S-uhe in den Gouvernements Wolhynien, Podolien und Kiew. Im Küstengebiet (Sibirien) kamen Ende September eine nit große Zabl von Gholera- fällen zur Beobachtung. In der Türkei zeigte fich die Epidemie in den Vilajets Adalia, Diarbekir, Hudavendkiar und Holms (Srrien) Anfang Oktober in wenigen Fällen. In Konstantinopel kamen in den Stadtvierteln Balat und Galata bis Mitte Oktober vereinzelte Fälle zur Kenntniß. In Egypten zeigte sih die Epidemie in der zweiten Ofktoberbälfte in Damiette in größerer Ausdehnung, sowie in den Ortschaften Manzaleh, Malurih, Gbeit el-Naffar, el-Naffaimia, Bonsrate, el-Kurdi, Agiraßh, Ahmadieh, Mansurah und Ezbet el- Borg. In Marokko forderte die Seuche in Tanger und Tetuan zablreihe Opfer; doch find seit dem 29. Oftober in Tar ger feine weiteren Grfrankungen zur Meldung gekommen. Ja Kalkutta er- sagen in der Zeit vom 1. September bis 2. Oktober 96 Personen der Cholera. Ina Singapore (Straits - Settlement:) war die Gpidemie seit Anfang September erloshen; in Hawai (Honolulu) seit Ende S-ptember. Das Gelbfieber herrshte im September in Havana, Santjago, Cienfuegos, Vera Cruz, Sagua la Grande, la Paz (Meriko), Rio de Janeiro; um Mitte Oftober war die Epidemie in Cienfuegos, Santjago, Havana, Sagua la Grande noch nicht erloschen. _ Von den anderen Infektionskrankheiten kamen Sterbe- fälle an Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten und Unter- [leibstyphus mebr, an Masern und Pocken weniger zur Bericht- erstattung. So waren Sterbefälle an Masern in Berlin, München, Budapest, Liverpool, London, New-York, St. Peteréburg, Wien vers mehrt, in Altendorf, Malítatt-Burbah, Paris, Rom vermindert. Erkrankungen an Masern h&ben in Berlin, Budapest, Wien ab- genommen, während sie sich in den Regierungsbezirken Arnsberg und

(D

Trier noch häufiger zeigten. Todesfälle an Scharlach waren in

Berlin, Breslau, Hörde, Dresden, Hamburg, Posen, Budapest, Glasgow, Liverpool, London, Moskau, Odefsa, St. Petersburg, Warschau, Wien gesteigert, dagegen in Königsberg, Leipzig vermindert. Erkrankungen kamen aus Berlin, Budapest. Edinburg, London, Paris, St. Peters-

burg, Wien und aus dem Regierungébezirk Posen in größerer Zahl"

zur Anzeige. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Bocholt, Efsen, Halle, Jnfterburg, Köln, Königsberg, Magdeburg, Spandau, Stettin, Chemniß, Leipzig, Mannheim, Defiau, Budapest. London, Lyon, Moskau, Odessa, Paris, St. Peters burg, Trieft, Warshau, Wien, New-York gefleigert, dagegen in Brandenburg, Breslau, München, Krakau, Prag vermindert und blieb in Dresden, Hamburg, Amsterdam nahezu die gleih große wie im September. Erkrankungen kamen in den meisten der genannten Städte sowie aus dem Regierungsbezirk Düffeldorf in großer Zahl zur Mel- dung. Sterbefälle an Unterleibstyphus waren in Efsen, Köln, Budapest, Dublin, Kopenhagen, Krakau, Liverpool, London, Lyon, Odessa, Paris, St. Petersburoa, Rom (Sep- tember), Warschau, New - York häufiger, in Berlin, Moskau, prag seltener. An Flecktypbhus famen aus Paris und St. Peters- urg je 1, aus Krafau und London je 2 Todesfälle, aus St. Peters- burg 1, aus den Regierungsbezirken Düsseldorf und Posen je 3, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 5 Erkrankungen zur Anzeige. An Genidckftarre wurden aus Prag 1, aus New-York 17 Todesfälle, aus Breslau, Efsen, München, Nürnberg, Dessau, Kopenhagen und den Regierungsbezirken Düsseldorf, Erfurt, Posen vereinzelte Erkran- kungen mitgetheilt. Dem Keuchbuften erlagen in Berlin, Glasgow, Liverpool mehr, in London und Paris weniger Kinder als im September. Todesfälle an- Pocken wurden aus Berlin, St. Petersburg, New- York je 1, aus Budapest und Moskau je 2, aus Dublin und Odessa je 3, aus London und Warschau je 4 gemeldet. Erkrankungen ge- langten aus München 1, aus Antwerpen 3, aus Wien 4, aus Berlin 6, aus Budapeft 7, aus Paris und dem Regierungsbezirk Posen je 9, aus St. Petersburg 26, aus London 7s zur Anzeige. Ferner kamen an Tollwuth aus Moskau und St. Petersburg je 1 Todesfall, an Milzbrand aus Wien 1 Erkrankung und 1 Todesfall, an Trichi- aas aus dem Regierungsbezirk Posen eine Erkrankung zur Mit- theilung.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. _ An der Ruhr sind am 10. d. M. gestellt 12955, nicht recht- zeitig geftellt keine Wagen. _ In Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 5860, nit ret- zeitig gestellt keine Wagen.

i Zwangs: Versteigerungen.

Beim Königlihen Amts8geriht I Berlin standen am 10. Dezember die nachbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung : Kleine Markusftraße 4a.,, dem Sthriftst-ller Paul Reichard gebörig; Fläche 4, 81a; Nußungswerth 7280 4%; mit dem Gebot von 117 000 S blieb der Architeftt Stegemann zu Berlin, Meist- bietender. Raumerftraße 21, den Kaufleuten Karl Roefeler und Otto Noeseler gebôörig; Flähe 5,95 a; Nuzungswerth 7140 Æ; mit dem festgeseßten geringsten Gebot von 1400 Æ blieb die Aktiengesellshaft für Grundbesiß und Hypyotheken- verkebr zu Berlin Meistbietende. 7

__— Wie aus Frankfurt a. M. gemeldet wird, hat die gestrige

außerordentlihe Generalversammlung der Waggonfabrik zu Ludwigshafen die Liguidation der Gefellshaft beschlossen. _ Die Einnahmen der Lübeck-Büchener Eisenbahn betrugen im November 1895 nach vorläufiger Feststellung 410 564 4 gegen 428 083 e im November 1894, mithin weniger 17519 « Die Gesammteinnahmen vom 1. Januar bis ultimo November 1895 be- trugen na vorläufiger Feststellung 4921 071 Æ gegen 4631 181 im gleihen Zeitraum des Vorjahres, mithin mehr 289 887 4

__— In Paris wurde gestern der Kongreß der Bimetal- listen-Liga eröffnet. Loubet bewillkommnete als Präsident die englishen und deutshen Delegirten und seßte die Ziele des Kon- grefses auseinander. Graf Mirbach wird, wie ,W. T. B.“ meldet, die Währungsfrage vom deutshen Standvunkt aus beleuhten. Zu Ehren der fremden Delegirten foklte gestern Abend ein Bankett stattfinden.

“Königsberg, 10. Dezember. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen matt, Roggen lebhaft, do. pvr. 2000 Pfd. Zoll- gewicht 109. Gerste rubig, Hafer behauptet, do. loko pr. 2000 Pfd. Zollgewiht 106,00. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 105, Spiritus pr. 100 Liter 100% loko 31,65, do. pr. De- ¡ember 31,60, do. vr. Frübjahr 32,20.

Danzig, 10. Dezember. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen [oko gefragter, Umsay 200 t, do. inländ. bohbunt und weiß 144—147 do. inländ. bellbunt 140,00, do. Transit bochbunt und weiß 110, do. bellvunt 106,00, do. Termin zu freiem Verkehr pr. April-Mat 146,50, do. Transit pr. April-Mai 112,50, Regulierung2preis zu freiem Verkehr 144. Roggen loko fester, do. inländ. 112 do. rufsisher und polnischer zum Transit 77, do. Termin vr. April - Mai 118,50, do. Termin Transit pr. April - Mai 84,00, do. Regulierung8preis zum freien Verkebr 112. Gerste, große (660—700 Gramm) 112. Gerste, fleine (625—660 Gramm) 109. Hafer, inländischer 105—107. Erbsen, inländische 112,00. Spiritus loko kontingentiert 51,00, niht fontingentiert 31,00.

___Danzig, 10. Dezember. (W_T. B) Vor d Schwurgeriht begann beute die Verhandlung gegen den Aktiengesellshaft , Weichsel“, Alexander Gibsone.

get agte gestand im wejentlihen zu, die Gesellihaft dur Wechfelaccepte im ungefähren Betrage von 160000 %, im Iabre 1892 durch Ausgabe von 114 Stück und 1894 dur 86 Stüge ges fälshter Aktien-Duplikate zu 1000 # geshädigt zu haben: ferner räumte er auch ein, falshe Bilanzen aufgestellt und unrichtige Buchungen gemacht zu baben, um die wahre Sathlage zu verdunfeln. Der Angeklagte wurde zu 7 Jahren Zuchthaus, Ehrverlust und 6000 4 Geldstrafe verurtheilt. :

Breslau, 10. Dezember. (W. T. B.) Getreide- und Produktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 9% erkl. 50 4 Ver- braub8sabgaben pr. Dezember 49,90, do do. 70 46 Verbrauchs3abgaben pr. Dezember 30,40, do. do. Rüböl pr. Dezember 45,00, pr. E Zink a H

agdeburg, 10. Dezember. (W. T. B.) ZugFerberi

Kornzucker erkl, von 92% —, neue 11,50—11,70. Rec ert. S Rendem. 10,90—11,15, neue - 10,95—11,20. Nat§produkte erfl., 75 9/0 Rendem. 7,85—8,85. Schwächer. Brotraffinade 1 23,25. Brotraffinade IT 23,00. Gem. Raffinade mit Faß 23,25—23,50. Gem. Melis I mit Faß 22,50—22,62x. Rubig. Robzucker I. Produkt Tranf. f. a. B. Hamburg pr. Dezember 10,70 Gd., 10,774 Br. pr. Januar - März 10,95 Gd., 11,00 Br., pr. Avril 11,127 Gd., 11,15 Br., pr. Juni-Juli 11,30 Gd., 11,35 Br. Matt. j

Leipzig, 10. Dezember. (W. T. B.) Kammzug-Termins- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Dezember 3,172 46, pr. Januar 3,20 4, pr. Februar 3,222 4, pr. März 3,222 4, pr. April 3,29 #6, pr. Mai 3,274 -, pr. Juni 3,30 4, pr. Juli 3,30 4, pr. August 3,30 4, pr. September 3,325 , pr. Oktober 3,324 M, pr. Zone G o Umsatz 10 000 kg.

_Dremen, 10. Dezember. (W. T. B.) Börsen-Sthlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung n Ger, D Doe Fest. Loko 7,00 Br. Russishes Petroleum.

ofo 6,60 Br. Schmalz. Niedriger. Wilcox 30 4, Armour shield 292 ch5, Cudaby 304 4, Choice Grocery 304 §, White label 301 „, Fairbanks 26 §. Speck. Flau. Short clear middlina loko 24 Â BOCóngs A “Unl e Aaee unverändert. aumwolle.* Fest. and middl. loko 4 . h E: E nee Davies (0 S A

Vamburg, 10. Dezember. (W. T. B.) Kaffee. (Nahmittags- beriht.) Good average Santos pr. Dezember 731, t, Min, 691,

pr. Mai 675, pr. September 64. Ruhig. Zudckermarkt,

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