1896 / 10 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Das „Reuter’she Bureau“ er die Regierung be- Belt er ltt

“pbsichtige dem Parlament bei E lionen über die Fragen betreffs vaals und Venezuelas vorzulegen. Staaten in der Angelegenheit der Venezuela-Grenzregulierungs- ge crnannte Kommission wird somit demnächst Einsicht in die wesentlichen Punkte der britishen Anshauungen nehmen Tönnen. Sir Claude Macdonald, bisher Reihs-Kommissar des Niger-Protektorats, wurde zum britishen Gesandten in

Peking ernannt. Frankreich.

Der Minister des Auswärtigen Ber thelot empfing am Freitag, wie „W. T. B.“ aus Paris berichtet, den Gesandten der Südafrikanischen Republik Beelaerts van Blokland.

j Das Comité zur Vertheidigung der fran- zösischen Jnteressen in Transvaal nahm in seiner vorgestern stattgehabten Sißung einen vom Deputirten Deloncle erstatteten Bericht entgegen, über die urkund- lihen Grundlagen der völferrehtlihen Stellung Transvaals in Rücksicht auf sein Verhältniß zu England. Der Bericht fußt auf den .in den Blaubüchern enthaltenen amtlichen Schrift- ftüccken. Nach Deloncle’'s Ansicht hatte Transvaal stets das Recht, direkt Verträge abzuschließen und im Auslande direkte und unabhän ige Vertretungen zu unterhalten. Deloncle erachtet es ‘Für nothwendig, daß die europäishe Diplomatie die O e

er Unabhängigkeit Transvaals in unzweideutiger eite Tlarstele und nöthigenfalls diese Unabhängigkeit durch eine feierlihe Neutralitätserklärung anerkenne; anderenfalls würden die Jnteressen der europäishen Staaten, insbesondere S, jeder möglihen Gefährdung ausgeseßt bleiben.

ie Verträge Frankreihs mit Transvaal, sowie diejenigen Transvaals mit England müßten geachtet werden. Falls sie nicht genügend klar gefaßt sein sollten, müßten sie den völker- re tlihen Grundsäßen gemäß abgeändert werden.

Der Minister-Präsident Bo ur geois nahm gestern an einem im Saale der Börse zu Lyon veranstalteten Bankett theil und hielt bei demselben eine längere Ansprache. Nach einigen Bemerkungen “Über die Finanzvorlagen, insbesondere über die Einkommen- steuer, berührte der Minister die Frage der auswärtigen Po- litik und erklärte, die Republik habe nach außen hin eine Politik verfolgt, welhe die Wechselfälle des inneren Partei- lebens niemals ins Schwanken gebracht hätten. Sie habe es verstanden, zu beweisen, daß ein großes demokratishes Gemein- wesen, welches Herr seiner selbst sei, in den auswärtigen Be- ziehungen dieselbe Sicherheit in den leitenden Gesichtspunkten, diejelbe Beständigkeit in den Empfindungen und dasselbe methodishe Vorgehen in seinen Handlungen zeigen könne, wie die festgegründetstten Monarchien. Die Summe dieser Politik der Republik bestehe in dem Streben nach Er- haltung des Friedens, in der Ausbildung des Gedankens der Gerechtigkeit und der unershütterlihen Behauptung des Rechtes. Die Republik habe damit in sprechender Weise die Wahrheit des alten berühmten Ausspruchs dar- Präsid: „Frankreich ist der Krieger des Rechts!“ Der Minister-

ng_ rliche Faieniens iat

räsident erinnerte an die Worte, welhe der Präsident der

epublif am Neujahrstage beim Empfange des diplomatischen Korps gesprochen und in denen er betont habe, daß Frankreich fih dem Werke der Eintracht, der Freiheit und des Fort- E unentwegt gewidmet habe. Dank der treuen Be- olgung dieser Grundsäße, fuhr Bourgeois fort, habe Frank- reich unter den Mächten ersten Nanges die ihm gebührende Stellung wiedergewonnen, seinen Jnteressen und Rechten allgemeine Achtung sichern und der großen Nation, welche mit der Republik eine Allianz gebildet hâbe, unershütterlihe Bürg- Jhaften der Sicherheit gewähren können. Dieser ehrenhaften 6 E SE getreu, werde Äranfreich auch ferner die friedliche Entwickelung seincs Einflusses und seiner Aktion anstreben, indem es den Fricden niht nur für die Republik selbst alte, sondern auch wie erst in der jüngsten Zeit dazu beitrage, den Frieden im Jnteresse der Zivilisa- tion unter allen Mächten zu erhalten. Das republikanische Frankreih, durch die Klarheit seiner leitenden Grundsäße vor Veberstürzung im Jnnern und durch die Stärke seiner militä- rischen und diplomatishen Stellung vor Ueberrashung von Außen geschüßt, könne mit Vertrauen in die M blidcken, und sich M lenen Geistes der inneren Reform seiner Jn- stitutionen widmen.

Der Rede des Minister-Präsidenten zollen die radikalen und sozialistischen Blätter Beifall, die gemäßigten und die republikanischen erklären sie hinsihtlih der darin entwickelten finanziellen und sozialistishen Ansichten für beunruhigend.

Rußland. :

Der Kaiser, die Kaiserin, die Kaiserin-Wittwe und die Kaiserlihe Familie sind gestern, dem „W. T B.“ aufolge, nah St. Petersburg übergesiedelt.

ie v des pacifishen und des Mittelmeer-Geshwaders Tyrtow un Makarow sind in andere Dienststellungen ver- seßt worden. Ersterer ist zum Kommandanten der zweiten, leßterer zum Kommandanten der ersten Flotten-Division er- nannt worden. | _Die G e Kolonie in St. Petersburg beabsichtigt, den 25jährigen Gedenktag der Neuerrichtung des Deutschen Reichs durch einen Festkommers feierlih zu begehen.

Jtalien. Der „Opinione“ zufolge soll der gestrige Ministerrath be- \{hlossen A den Zusammentritt des Parlaments bis zum Februar hinauszuschieben.

Türkei.

Nah einem Beschlusse, welher am Freitag in der von den Botschaftern abgehaltenen Berathung gefaßt worden ist, wurden, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, N aulende Instruktionen an die Konsuln in Aleppo er- assen und denselben zugleich Anweisung gegeben, sih nah _Marasch zu begeben, von wo aus die Jntervention erfolgt.

In den leßten Tagen wurden in außerordentlichen Sißungen

“des Ministerraths wiederholt Angen in Berathung

: gebogen. Der Stab der 8. Linien-Division wurde von VBitlis nah Wan verlegt. !

: Infolge außerordentlich rauhen Wetters und großer - Schneeverwehungen mußten von türkischer Seite die Ope- rationen bei Zeitun eingestellt werden. Die Truppen wurden größtentheils nah Marash zurü{gezogen , was den Aufständischen die Ergänzung des Proviants ermög- lihte. Auf türkischer Seite i} man geneigt, im Falle

der Unterwerfung den Aufständishen Amnestie zu gewähren,

_jedech wird die Auslieferung der Leiter des Aufstandes ver-

ie in den Vereinigten

‘worden.

‘erfolgt regelmäßig.“ Der

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O but Aufständishéèn fordern gewisse Garantien für e R E T S „Die in Beredjik vorgekommenen Ra ufereien zwischen Armeniern und Mohamedanérn waren nach den amt- lihen Berichten von: geringem Umfange. Fünf Personen wurden getödtet und etwa fünfzig Personen verwundet. Den Lokalbehörden gelang es bald, die Ruhe wiederherzustellen.

Rumänien.

Die „Agence Roumaine“ erklärt, daß die Meldung von einer angeblih beabsichtigten Reise des Aen Stur dza nah Berlin und Wien durchaus erfunden sei.

Serbien.

Der Fn anzous Yas der Skupschtina nahm be- deutende Streichungen bei einzelnen Budgetposten vor, um mit Aelt das Gleichgewiht im Staatshaushalts-Etat herzu- tellen.

Metropolit für die Weihnachtsfeier in der orthodoxen Kir dem Herkommen zuwider den Gesang in slavisher Sprache unter Androhung polizeiliher En untersagt habe. Die Serben hätten fol die ‘Kirche verlassen, welche während dcs Festes leer blieb. Ueber das Verhalten des Me gpoliten sei eine Beshwerde nah Konstantinopel gerichtet worden.

Bulgarien.

Wie die „Agence Balcanique“ meldet, soll der Termin der Auslandsreise des Prinzen Ferdinand auf den 14. Januar festgeseßt sein. :

Der Verwalter des bisherigen ottomanishen Kommissariats Nebil Bey ist auf wiederholte Einreichung seines Demissions- gesuchs abberufen. Sein Nachfolger ist amtlich noch nicht bekannt; nah privaten i da wäre der aus Bulgarien ausgewanderte ehemalige bulgarishe Unterthan Niazi Bey für diesen Pofien ausersehen.

i Amerika.

Die Senatskommission für auswärtige Angelegenheiten in Washington entschied sih für strikte Betonung der Monroe- Doktrin seitens des Kongresses und ernannte eine Unter- kommission, um in diesem Sinne Beschluß zu fassen.

Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Havanna haben neuerdings in der Provinz Pinar del Rio für die Spanier erfolgreiche Gefechte ettunben, Die Schaaren des Gomez und Maceo seßen ihre Bewegung nah Westen. fort. Martinez Campos meldet aus Havanna, daß der Ge- neral Navarro y Arizon den Führer der Aufständischen Maceo auf seiner Flucht in Brigonna erreicht und geschlagen habe. Die Jnsurgenten seien {hon über die äußere Grenze der Provinz Pinar del Rio zurückgedrängt und würden noch weiter energisch verfolgt. :

UAfien.

Der St. Petersburger „Nowoje Wremja“ zufolge, ist die Unzufriedenheit in Korea im Wachsen. Jn ul werde die Entthronung des Königs vorbereitet, um den Lieblingsenkel des Taiwankun auf den Thron zu erheben. Die Verminderung S Truppen in Korea werde bald durchgeführt sein. Es ei die Frage aufgeworfen worden, Korea unter den Schuß der vereinigten Mächte zu stellen. England suche Annäherung an O0an woselbst eifrige Anhänger eines englisch-japanischen Bündnisses auftauhten. Demselben Blatt wird über Shanghai aus Söul gemeldet: Die Japaner zwangen den König von Korea, den Palast zu verlassen. Zwei Koreaner wurden wegen Theilnahme an der Ermordung der Königin hingerichtet.

Afrika.

Nach einem Telegramm des Generals Baratieri aus Adigrat erhielt derselbe einen vom 8. Januar Abends datierten schriftlichen Bericht des Kommandanten von Ma- kalle. Nah demselben wurde fvährend des ganzen Tages gekämpft. Die Artillerie des Feindes griff ein und fügte den Verschanzungen einigen Schaden zu. Ein am Abend unternommener Angriff wurde zurückgewiesen. Hierbei fielen drei Eingeborene und ein Ztaliener, während vier Ztaliener und neun Eingeborene yerwundet wurden. Nach einer weiteren Meldung des Kommandanten von Makalle überfiel der Feind in der Nacht vom 8. zum 9. das Fort, wurde aber zurückgewiesen. Jn der Frühe des 9. wurde der Kampf wieder aufgenommen, blieb jedoch auf ein aus verschiedenen Stellungen auf Entfernungen von 700 bis 1300 m unterhaltenes Gewehrfeuer beschränkt. Ein Jtaliener wurde dabei getödtet, zwei Jtaliener und vier Ein- eborene verwundet. Jnzwischen hätten aber die Scho aner das Fort von allen Seiten- umstellt und auf den Anhöhen Lauf- gräben angelegt, welche die Benußung des Brunnens s{wierig machten. Die Besaßung von Makalle sei daher genöthigt, von den in Reserve gehaltenen Wasservorräthen Gebrauch u machen. Am Morgen des 10. habe der Feind Vinie Angriffe erneuert, sei aber jedesmal zurückgewiesen uf italienischer Seite seien dabei sieben Askaris ge- fallen. Baratieri fügt hinzu: „Wenn n das Verlassen des Forts für Askaris noh möglich ist, so ist es do fast unmöglich, unsere Sendboten dorthin gelangen zu lassen. Unser Vormarsch ist für den Augenblick, ohne die weiteren Operationen zu ge- fährden, unmöglich. Die Haltung der Besaßung von Makalle ist bewundernswürdig, die Ankunst der Verstärkungs-Bataillone „Tribuna“ werden aus Massowah von verschiedenen Seiten die {weren Ver- [luste der Schoaner bestätigt, namentlich der Truppen Ras Makonnen's und des Negus Menelik, welche sich Ci an den Gefechten betheiligten. Die Kundschafter be- rihten, daß im Lager des Feindes große Trauer und Wehklagen herrschen über die erlittenen \{chweren Verluste, namentlich darüber, daß Ras Mangascha und Ras Atichin, wie es heißt, sih unter den Gefallenen befinden. An dem näht- lihen Angriff vom 8. Januar waren zahlreiche Truppen des Negus betheiligt welcher zu deren Aneiferung sein Zelt vorwärts tragen ließ; die Aufstellung desselben wurde R durch das Feuer der italienischen Artillerie verhindert. Um die Schoaner zum L, zu reizen, wurde das Gerücht verbreitet, daß in dem Fort Makalle enorme Schäße aufgespeichert seien. Wie gerüchtweise verlautet, wollte die Königin Taitu für sich die Ehre in Anspruch nehmen, mit ihren Soldaten zum Angriff zu marschieren. Am 8. Januar blieb die Königin indessen außer Schußweite bei Schelikot.

Die Operationen der

Engländer gegen die

- Araber am nördlichen Njassa-See, welhe am 1. De-

zember begannen, ' sind, wie dem britishen Auswärtigen Amt

‘Axaber verloren innerhälb und in der Umgebung der Ver-

Aus Uesküb wird berichtet, daß der dortige gle e

ldet wird, erfol d ührt. Nach einem K I AL E | erfolgreih urgers r ah einem Kampfe

wurde deren Anführer Mlozi gefangen ge- eilt und am 4. Dezember bi Slebiee Die

shanzung Mlozi’'s 210 Mann. Auf britisher Seite wurde Lieutenant Smith s{hwer verwundet; 4 eingeborene Soldaten sind gefallen, 10 verwundet. 569 Sklaven wurden in Freiheit geseßt und viele Gefangene gemacht.

Der Präsident der Südafrikanishen Republik Krüger hat, einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ -aus Poannendu rg zufolge, einen gien, an die Bürger erlassen, in welhem er- dieselben auffordert, der Regie- rung zu helfen, die Südafrikanishe Republik zu einem Lände zu machen, in welhem Mitglieder aller Nationalitäten

brüderlih nebeneinander wohnen könnten. Die Verweigerung-

der a ist aufgehoben; auch die Einberufung der Burghers óôre auf, allein diejenigen, welche bereits unter den Waffen tehen, harrten in der Nähe von Johannesburg ihrer Befehle. Dr. Jameson und seine Offiziere hätten Prätoria noch nicht verlassen. Gestern wurde die gerihtlihe Ermächtigun S Beschlagnahme des Eigenthums von 64 in die Auf- tandsbewegung im Rand verwickelten Personen verlangt. Die Zollbeamten öffneten einen großen eisernen Schrank, welcher einem gewissen Farrar, einem der Aufwiegler vom Rand, der egenwärtig in Gefangenschaft is , gèhört. Jn denselben anden sich 100 Revolver und 7000 Patronen. Die u der Bande Jameson's gehörigen gemeinen Soldaten ind gestern nah der Grenze von Natal abgegangen ; die Offiziere dürften demnächt dahin abreisen, um mit den übrigen Schuldigen nah England gebraht zu werden. Der Gouverneur von Natal Hu tchinson is zur Berathung mit dem Gouverneur der Kapkolonie Robinson in Prätoria eingetroffen. Jameson und seine Truppe sollen nach England an Bord eines Flotténtransportschiffes- überführt werden, um gemäß der Entscheidung der Königin behandelt zu werden.

Der Volksraad des Oranje-Freistaats ten am Freitag, wie das „Reutershe Bureau“ aus Bloemfontein berichtet, eine besondere Sißung zur Berathung der Trans- vaal- Krisis ab. Der stellvertretende Präsident gab der Entrüstung über das Vorgehen Dr. Jamesfon’'s Auz- druck, wie auh der Genugthuung über die Ver- urtheilung seiner Handlungsweise seitens des Staatssekretärs Chamberlain und über Jameson's Niederlage ; es sei zu hoffen, daß die Vermittlung des Gouverneurs der Kapkolonie Robinson H einer friedlichen und billigen Lösung der Schwierigkeit ühren werde. Die Delegirten des Tae welche nach

Transvaal gesandt wurden, um über die Eventualität der Hilfe- leistung des Oranje-Freistaats an die Südafrikanische Republik gemäß dem Vertrage von Potschefstroom zu be- rathen, berihteten dem Raad in Bloemfontein, daß Schrift- stücke entdeckt worden sind, die das Bestehen einer ausge- breiteten Verschwörung A die Unabhängigkeit der Südafrikanishen Republik beweisen. Die Auf- reizung am Rand und der Einfall Jameson's bildeten Theile des Verschwörungsplans. ___ Jn Kapstadt sind die Mitglieder des „Reform-Comitésg“ im Randdistrikt Solly, Joel und Bethleheim unter der Be- \chuldigung des Hochverraths gegen Transvaal verhaftet worden. Auch der Präsident der „Transvaal-Union“ Charles Leonard wurde gestern Abend im SeebadeSea Point bei Kapstadt verhaftet. Auf Empfehlung der Chartered Company veröffentlichte der Gouverneur Sir H. Robinson einen Erlaß, durch welchen Dr. Fameson von dem Amt des Verwalters von Maschona- land enthoben wird. Gleichzeitig ist der Reichsbeamte Newton, bisher Kommissar von British-Betshuanaland, an Stelle Jameson's zum Kommissar im Gebiet Jnkaning und Montsioa ernannt worden. Cecil Rhodes ist in Kim- berley eingetroffen, von Vertretern aller Bevölkerungsklassen herzlih begrüßt. Rhodes dankte für den ihm bereiteten Empfang und bemerkte, seine politische Laufbahn sei niht ab- eshlossen, vielmehr habe dieselbe jeßt erst begonnen. Er ofe, mit Ermuthigung seiner Freunde, noch viel zum Wohl des Landes wirken zu können.

Von der Goldküste meldet das „Reuter'she Bureau““, daß der Prinz Heinrich von O ene es infolge eines. Fieberanfalls ih an dem Kriegszug der Englän Aschantis nicht betheiligen kann und nah Cape Coast-Castle eyen beabsichtigte. Da indessen sein Befinden während er Rückreise sich verschlehterte, unterbrah er dieselbe in

Prahsu.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sihung des

Reichs tags befindet sih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (14.) So Reichstags, welcher der Staatssekretär ‘des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher und der preußishe Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Hammerstein bei-. wohnten, wurde die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend den Verkehr von Butter, Käse, Schmalz und deren Ersaßmitteln, fortgeseßt.

Abg. Weiß (fr. Volksp.): Ich bedauere, daß die Motive nicht: dargelegt haben, welche einzelnen Thatsachen dazu geführt haben, die Vorlage überhaupt zu machen. Von den Konsumenten felbst ist nirgends eine Klage eingelaufen ; im Gegentheil, die Konsumenten erkennen die Verdaulichkeit der Margarine an und halten sie für ein unent- behrlihes. Erfaßmittel für Butter. Der Bund der Land- wirthe betonte immer wieder, daß die legitime Konkurrenz der Margarine garniht beshränkt werden folle, während Herr Bachem dieselbe durch eine Steuer unmöglich machen will, Es hat mich Wunder genommen, daß grn Fee Bachem derartigen Wünschen Ausdruck gegeben hat, obgleich er doch Vertreter eines ftädti- s{chen, von gewerblihen Arbeitern bewohnten Bezirks - ist. Die Arbeits- und Lohnverhältnisse in Krefeld sind keineswegs günstig ; aus dem Handelskammerberiht geht hervor, daß die Löhne im leßten Jahre dort nur halb soviel betrugen wie 1872. Auch die Berichte der &abrifkinspektoren berihten davon, daß die Ernährung der Fabrikarbeiter- bevölkerung eine fehr s{chlechte ist. Und da will Herr Bachem ein billiges Volksnahrungsmittel vertheuern. Das Interesse der 70 Margarinefabriken steht hier niht im Vordergrund, wohl aber das der vielen Taufende von Arbeitern. Beim Getreide handelte es- a um die Bekämpfung der ausländischen Konkurrenz dard die Zölle, jer aber handelt es fich um die Konkurrenz zweier inländischen Produkte. Die Margarine konkurriert aber nicht eigentlich mit der Butter, fondern hauptsächlich mit dem e ito dan Schweine- sSmaly und wer das leßtere für gesundheitsshädliÞ hält, follte für die Margarine eintreten. Bedenklich ist es, daß Herr Bachem: jeßt, wo ein Bedürfniß nah neuen Steuern niht vorhanden ift, eine folhe anregt. Besonders bedenklih is es aber, Steuern vor- zuschlagen, die weiter nihts sind als Strafgelder. Wer:

der gegen die

arine fabriziert und die Fortschriite der Wissenschaft aut- ae, der soll bestraft werden; das erinnert ctwas an die Mas steuer, die vielfa verlangt worden ist. Jch bestreite, daß hier die Anteressen der Ackerbau und Viehzuht treibenden Bevölkerung denen der gewerblihen Bevölkerung gegenüberstehen. Viele kle:ne Land- wirthe sind hon zum Verbrauch der Margarine übergegaagen, um ihre Butter zu verkaufen und namentlich zu exportieren, und Soxhlet weist in seiner Broschüre, ohne bisher widerlegt worden ¡u sein, nah, E die Margarine den Butterpreis niht gedrückt hat. Nicht die Butter]orten, welche mit der Margarine konkurrieren, find im Preise gefallen, fondern gerade die feinsten Buttersorten. Die Butter- preise sind am niedrigsten im Juni und Juli, und am höchsten im November und Dezember. Die Konkurrenz der Margarine müßte si alfo besonders in den leßteren Monaten bemerkbar machen. Es ift aber eine Thatsache, daß vor dem Auftreten der Margarine der Unterschied zwischen den MWinter- und Sommerpreisen viel geringer war als jeßt unter der Konkurrenz der Margarine. j bahnstationen gekauften Butterbroden, die mit Margarine gestrichen waren, ist nicht wahr; es ist von einem Butterbrod nit so viel Butter abzukraßen, daß man eine Untersuhung damit anstellen kann. Eine Denkschrift, welche dem Reichstag über die Margarinefrage vor- gelegt worden ift, soll von dem bekannter Rechtsanwalt Eschenbach verfaßt sein. „Herr Bachem meinte, rosa gefärbte Margarine würde ihm nicht widerstehen. Es kommt aber nicht auf Herrn Bachem an, welcher sein Brot kaum mit rosa gefärbter Margarine streichen wird, fondern es kommt auf die wirklichen Konsumenten an, für welGe eine solhe Färbung wohl dem Verbot der Margarine gleihkäme. Allerdings Armuth s{chändet nicht, aker in einer Zeit, wo man die Edelsten der Nation heraushebt aus dem Volke, wo man das Wahlreht nah dem Geldbeutel zuschneidet, da empfinden es die armen Leute son fehr schmerzlich, daß ihnen die Margarine in einem befonders gestempelten Papier verkauft wird. Warum wird denn den Butterproduzenten niht das Färben der Butter verboten, welhes in Süddeutschland überhaupt nicht üblich is? Um dem Absatz der Margarine streng entgegenzutreten, kommt man zum Verbot der Zumischung von Milch, troÿdem diëfer Zufaß nothwendig ist und sein Fehlen der Margarine einen \{lechten Geschmack giebt. Man will eine \trenge Kontrole einführen; man will ver- bieten, daß Margarine mit Butter zusammen verkauft ‘wird. Die Margarinefabrikanten haben ihr Produkt nicht mit Butter gemis{cht, fondern die Butterbändler sind es ewesen, und trogdem stellt man die Fabrikanten den Nerbrechern gleih. Es wäre besser, nicht über die Feig- heit des Bürgerthums zu schelten, sondern ‘Geseße zu unterlassen, welche das Selbstbewußtsein des Bürgerthums untergraben müssen. Man will den Gastwirthen vorschreiben, daß sie die Verwendung von Margarine anzeigen. Was würde das für Zuftände geben ? Für die zweckmäßige Untersuchung des gesammten Lebensmittelmarktes sollten zahlreihé Untersuhungëämter eingerihtet werden, dadurch wird die Fälschung am leichtesten verhindert. Wir werden niemals einem Geseß unsere Zustimmung geben, welhes den Verkehr mit einem nothwendigen Ernährungsmittel behindert.

Bei Schluß des Blattes spriht der preußishe Minister für Landwirihschaft 2c. Freiherr von Hammerstein.

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe wird am Mittwoch Herr A. Waag, Direktor der Kunstgewerbeshule in forzheim, einen Vortrag halten über den heutigen Stand der Pforz- eimer Edelmetall-Industrie, die Pforzheimer Kunstgewerbeshule und den dortigen Kunstgewerbeverein. Die Situng findet im großen

Saale des Architektenhauses, Abents 8} Uhr, statt.

Die „Académie des sciences morales“’ in Paris hat, wie „W. T. B," meldet, den Professor W. Wundt in Leipzig zum forrespondierenden Mitglied gewählt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanien.

Infolge einiger in der spanischen Besißung Ceuta an der nord- afrikanishen Küste vorgekommenen choleraverdächtigen Fälle sind durch einen am 4. d. M. an die Gouverneure in Dielua, Cádiz, Málaga und Barcelona ergangenen Nunderlaß des spanischen Ministeriums des Innern gegenüber den Herkünften aus Ceuta sowie aus den marokkanischen Hafenpläßen, gegen welche keine spezielle spanishe Quarantänemaßregeln in Kraft sind, die folgenden sanitätspolizeilihen Maßnahmen angeordnet worden : i

1) energishe Desinfektion der in Art. 41 des Sanitätsgeseßtzes vom 28. November 1855 näher bestimmten Waaren, und der ebenda bezeichneten Kleidungsstücke und Effekten ;

(Der Artikel 41 des Sanitätsgeseßes führt an:

Leibwäsche der Schiffsbesaßung und Passagiere, Pelzwerk und Felle, Federn, Wolle u-d andere Thierhaare, Seide, Baum- wolle, Lumpen, Papier und lebende Thiere) ;

j 2) strenge ärztlihe Untersuhung der an Bord befindlihen Per- onen; :

3) siebentägige medizinalpoli/ ilihe Ueberwachung diefer Personen nach der Ausschiffung, und Isolierung derjenigen, bei denen sich ver- dächtige Symptome von ansteckenden Krankheiten zeigen ; /

4) absolutes Einfuhrverbot für Lumven, gebrauhte Leibwäsche und ungegerbte Fälle.

s

Handel und Gewerbe.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Scchlachtviehmarkt vom 11. Januar 1896. Auftrieb und Markt- preise nah Schlahtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welhe nah Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 4550 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) 1. Qualität 114—120 , I1. Qualität 100—110 Æ, ITT. Qualität 90—96 Æ, IV. Qualität 80—88 M Schweine. Auftrieb 11 063 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 90 A, Landschweine: a. gute 84—88 4, Þ. geringere 78—82 é, Galizier —— M, leichte Ungarn —,— #, bei 2009/ Tara. Bakonyer —,— A bei «— kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1132 Stück. (Durchschnittspreis für 1 Ke) T. Qualität 1,20—1,28 M, II. Qualität 1,10—1,18 Æ, III. ualität 1,00— 1,08 6 Schafe. Auftrieb 9414 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) T. Qualität 0,92—1,04 4, II. Qualität 0,84—0,88 M, TIT. Qualität —,— M

Die Einnahmen der Lübeck-Büchener Eisenbahn betrugen im Dezember 1895 nach vorläufiger Feststellung 384592 A gegen 407 852 6 im Dezembèr 1894, mithin weniger 23260 A4 ie Gesammteinnahmen vom 1. Januar bis Ende Dezember 1895 be- trugen nah vorläufiger Feststellung 5 307 123 M gegen 5 040736 M um gleichen Zeitraum des Vorjahres, mithin mehr 266 387 M Breslau, -11. Januar. (W. T. B.) Getreide- und roduktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 9/6 exkl. 50 „« Ver- rauchsabgaben pr. Januar 49,50, do. do. 70 46 Verbrauchsabgaben pr. Januar 30,00. s Magdeburg, 11. Januar. (W. T. B) Zuckerbericht. Kornzuder exkl., von 92% 11,35—11,50, nene —,—, Kornzucker exfl. 88% Rendement 10,75—11,00, neue Nachprodukte erfl, 750/06 Rendement 7,70—8,70. Ruhig, Brotraffinade I 23,29. Brotraffinade 11 23,00. Gem. saffinade mit Faß 23,25—93,50. Gem. Melis 1 mit Faß 22,50. Ruhig. Roh- ¿ucker I. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Januar 10,80 Gd., 10,85 Br., pr. Februar 10,90 bez., 10,924 Br., pr. März 10,974 Gd., 11,02 Br., pr. April 11,06 Gd,, 11,10 Br, pr. Oktober: Dezember 10,724 Gd., 10,774 Br. Still. S

.

óffentlichter Kaiserlicher Ukas bestimmt, da

Die Geschichte von den auf Eisen- |

Leipzig, 11. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel: La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 3,15 4, E POrwar 3,15 #4, pr. März 3,17} 4, pr. April 3,17} 4, pr. Mai ,20 4, pr. Juni 3,22} #4, pr. Iuli 3,25 4, pr. August 3,25 46, pr. September 3,272 #4, pr. Oktober 3,30 A, yr. November 3,30 4, pr. Dezember 3,30 A Umsay 15 000 kg. Fest.

Mannheim, 11. Januar. (W. T. B.) Produktenmar k1 Weizen pr. März 15,30, pr. Mai 15,10 oggen pr. März 12,70, pr. Mai 12,70. Hafer pr. März 12,40, pr. Mai 12,40. Mais pr. März 9,90, pr. Mai 9,90.

St. Petersburg, 13. Januar. (W. T. B.) Ein heute ver- zur Erhöhung des Umwechfelungsfonds, der die umlaufenden Kreditbillets permanenter Emission sicherstellt, aus dem Gold, welches der Reichsrentei gehört, 59 Millionen Rubel nominel diesem Fonds übergeben werden Folien: die unverzinste Schuld der Reichsrentei für Kreditbillets soll um die gleihe Summe verringert werden. :

Verkehrs-Anstalten.

Die ee t für Kleinbahnen“, welhe im Ministerium der öffentlihen Arbeiten (Verlag von. Julius Springer in Berlin N.) herausgegeben wird, hat in dem ersten Heft des dritten Jahrgangs vom Januar 1896 folgenden Inhalt: Die Kleinbahnen in Preußen. Die Londoner Zentralbahn. Mit 1 Plan und 1 Abbildung. Geseßgebung : Preußen : Allerhöchster Erlaß vom 18. November 1895, betr. die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Rosenberg zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn vom Bahnhof Rosenberg D.-S. nah Landsberg O.-S. Allerhöchster Erlaß vom 27. No- vember 1895, betr. die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Gummersbach zum Bau einer Kleinbahn von Engelskirhen nah Marienheide. Allerhöchster Erlaß vom 2. Dezember 1895, betr. die Verleihung des Enteignungsrechts an die Bres Bree Bösner zum Bau einer Kleinbahn von Nasfsselstein nah Augustenthal. Kleine Mittheilungen : Neuere Projekte, Vorarbeiten, Konzessions- ertheilungen und Betriebseröffnungen von Kleinbahnen. Elektrische Bahn für die Berliner Gewerbe - Ausstellung 1896. Bericht der AUgemeinen Elektrizitätsgesellshaft in Berlin. Elektrische Straßenbahnen in Dresden. Die Kleinbahnfrage in Eng- kand. Elektrishe Straßenbahn in Genua. Fraustadt - Züllichauer Eisenbahn. Bücherschau: Haarmann, A., Die Kleinbahnen. Ver- zeihniß der bei der Redaktion eingelaufenen Bücher. Zeitschriften- schau. Mittheilungen des Vereins Deutscher Straßenbahn- und Kleinbahn-Verwaltungen : Was wir wollen. Mitgliederverzeihniß des Vereins Deutscher Straßenbahn- und Kleinbahn-Verwaltungen. Ueber die Untersuhung der Fahrpläne auf ihre Zweckmäßigkeit. ‘Mit 2 Dia- rammen. Mittheilungen über den elektrishen Straßenbahnbetrieb n München. Mechanischer Schienenreiniger der Straßeneisenbahn- Gesellschaft in Hamburg. Mit 2 Abbildungen. Das preußische Eisenbahngeseß vom 3. November 1838 und die Kleinbahnen. Be- triebsergebnisse.

Kattowiß, 12. Januar. (W. T. B.) Amtlichß wird bekannt gemacht : Der Gesammtverkehr auf der Strecke R atibor—Troppau ist wieder aufgenommen.

Husum, 13. Januar. (W. T. B.) Amtlih wird bekannt ge- macht: Die Dampfschiffahrten zwischen Hoyerschleuse und Sylt find am 12. d. M. wieder planmäßig aufgenommen.

Bremen, 11. Januar. (W.T.B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Werra“ is am 9, Januar Nachts in New-

+ Vork angekommen. Der Schnelldampfer „Aller" hat am 9. Januar

Morgens Lizard passiert. Der Postdampfer „Mark“ hat am 9. Ja- nuar Mittags St. Vincent passiert. Der Postdampfer „Braun - \chweig“ ist am 10. Januar Morgens auf der Weser angekommen.

12. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Falkenburg“ ist am 10. Januar von Santos nah Bahia abgegangen. Der Postdampfer „Weimar“ is am 9. Januar Mittags in Ne w- Vork angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Baiern“ ist am 11. Januar Vormittags in Neapel angekommen. Der Reichs-Post- dampfer „Karlsruhe“ ist am 11. Januar Vormittags in Sin ga- pore angekommen. Der Postdampfer „München ift am 11. Ja- nuar Morgens in Baltimore angekommen. Der Postdampfer „Hohenstaufen“ ist am 11. Januar Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrih Wil- J: ist am 11. Januar Nachmittags in Antwerpen ange- ommen.

Zara, 11. Januar. (W. T. B.) Seit zwei Tagen wüthet ein E Re zahlreiche fällige Dampfer sind nicht ein - getroffen.

London, 11. Januar. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Grantully Castle“ is auf der Ausreise heute in Durban Cal angekommen. Der Castle-Dampfer „, Warwick Castle“

at auf der Ausreise heute die Canarischen Inseln passiert.

Theater nud Musik.

Königlihes Schauspielhaus.

Friedrih Haase seßte gestern als Herzog Alba in Goethe?s „Egmont“ sein Gast]piel fort. Maske und Spiel waren vortreff- lih und der Vergleich mit der Kreuzspinne, den Vansfen anstellt, bei der charakteristishen Erscheinung des Gastes, dem die wirksame Scene der Verhaftung Egmont’'s raushenden Beifall und mehrmaligen Hervorruf eirntrug, thatsählih zutreffend. Den Egmont spielte Herr Matkowsky in seiner bekannten, gewinnenden und temperamentvollen Art, und Frau von Hochenburger verlieh dem Clärchen den poetischen Zauber, ohne welchen diese Gestalt niht denkbar ist. Herr Purschian zählt den s{hwierigen und undankbaren Part des Bracken ues zu seinen besten Nollen. Auch die Herren Ludwig (Oranien) und Kahle (Vansen) sowie die übrigen Mitwirkenden waren bestens am Plaße. Beethoven's \höône begleitende Musik erhöhte unter Dr. Muck's vortrefflicher Leitung die Stimmung wesentlich. j

Neues Theater.

Mit dem neuen Lustspiel , Der Herr Direktor“ von Alexander Bisson und Fabrice Carée erschien zugleich am Sonnabend ein in Berlin nicht unbekannter Wiener Gast, Herr Franz Tewele, ui der Bühne des Neuen Theaters. Der Beifall des Publikums be dieser Aufführung is mehr Herrn Tewele als dem Stü felbst zuzu- schreiben ; denn dies neueste, aus Frankrei eingeführte Bühnenwerk leihteren Genres vermohte nur selten jene spontane L zu wecken, welche diese Gattung von Theaterstücken allein zum Dasein berechtigt. Die Exposition des neuen Lustspiels ist zu breit angelegt; - der ganze erste Akt wird ausgefüllt mit der Entwicklung des Grundgedankens der Handlung, in welcher ein Di- rektor de la Mare dur die listige Vermittlung einer s{önen Schwägerin veranlaßt wird, gegen seine Gewohnheit einen ftreng moralishen, jeder Protektion feindlich gesinnten ligen Be- amten zum Unterpräfekten zu ernennen; der Herr Direktor felbst geräth in die Fallstricke dieser Frau. Im zweiten Akte erst wird die Verwicklung langsam eingefädelt, und das in den französishen Lustspielen und Sc@wänken unentbehrliche Quidproquo beginnt seinen tollen Tanz erft im lchten Aufzuge, als die Handlung sich {on ihrem Ende naht. Die (ntg h haben übrigens von vornherein das Hauptgewiht weniger auf die Hândlung selbst als auf die humoristische Schilderung einer bestimmten Gesellschaftsklasse, hier der Beamtenwelt, elegt. Aber die Ausfälle und Seitenhiebe auf die Gewohn- Péiten und -Eigenthümlichkeiten der Beamten passen nit ret auf deutsche Verhältnisse, sind auch nicht hinreihend mit gemüthvoller Laune getränkt oder mit Wiß und Ironie dur{seßt, um bei dem deutshen Publikum eine herzhafte Heiterkeit wecken zu können. Diese hatte fast immer einen etwas frostigen Beigeshmack, den auch Herrn Tewele's gewandte Leistung niht ganz zu bannen ver- mochte. Der Darsteller hat jede Nüance seines Spiels wohl durch- dat, aber man merkte diese d Ueberlegung und vermißte manchmal herzhaftes natürlihes Zugreifen in der Charakteristik. Herr Pagay charákterisierte einen alten Hagestolz sehr fein, und Herr Kraus

wirkte komisch in der Rolle des s\ittenstrengen Dieners Hunel. Eine erfrishende Leistung bot Fräulein Gabri in der Epifodenrolle der in ihrer Liebe gekränkten Dienstmagd Adele. Frau Carlsen if troy aller Bemühungen in ihrem innersten Wesen zu vornehm für eine kemische, fartenshlagende Schwiegermutter.

Konzerte.

Das zweite Orgel-Konzert des Herrn Dr. H. Neimaänn, das am Sonnabend in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche unter Mitwirkung der Frau Amalie Joachim und der neu gebildeten Konzertvereinigung der Mitglieder des Königlichen Domchors stattfand, war zahlreih besucht. Eröffnet wurde das Konzert durch Mendelsfohns Orgel - Sonate in A-dur über den Choral „Aus tiefer Noth“, die von Dr. Reimann trefflich vorgetragen wurde. Der Chor führte hierauf zwei alt- italienische geistlihe Gesänge von Ludovico da Vittoria und Antonio Lotti aus, in deren Wiedergabe besonders die volltönigen Bässe mächtig wirkten; dies war auch in zwei anderen Chorgesängen von Wilsing und A. Beer der Fall. Frau Joachim trug zwei Arien von Sebastian Bach vor, von denen ihr die zweite „Bist Du bei mir“ am besten gelang. Zwischen diesen Chor- und Sologesängen ertönten wieder die Klänge der Orgel, die vermöge der vortrefflihen Akustik der Kirche einen er- bebenden Eindruck hervorriefen. Zwei Weihnachtslieder von Cornelius, welche Frau Joachim vortrug, und eine Orgel-Sonate von J. Reubke machten den Beshluß. Dem Konzert wohnten Ihre ‘Majeßäten der Kaiser und die Kaiserin bei. Der hoffentlich reie Ertrag desselben ift zu Gunsten des Baufonds der Kirche bestimmt. S

Im Saal Bechstein ließ sich am Donnerstag der Violinvirtuos Leopold Przemyéler aus Warschau hören, der, obgleich noch im Knabenalter stehend, die denkbar [More ton Piècen für sein Programm gewählt hatte. In der That spielte der kleine

iolinift das bekannte G-moll-Konzert (Nr. 1)

von M. Bruch

mit erstaunliher Sicherheit und fast völliger Reinheit selbst in den mati d mehrstimmigen Säßen.

Für Bach's Ciaconna reichten natürli die Kraft und das Verständniß des Knaben nicht ganz aus. Immerhin blieb sein Spiel charakteristisch, und der Vortrag bewies Temperament und das Streben nach Klarheit. Daß der jugendliche Künstler auch dur seelenvollen Ton zum Herzen sprechen kann. zeigte er in der „Legende“ von Wieniawski, Fräulein Betsy Schot, eine holländische Sängerin, die durch einige Liedervorträge in dem Konzert mitwirkte, besißt eine reihe Beanlagung für die Gesangs- kunst. Ihre sympathische, wohlgeshulte Stimme klingt voll, und das s{chmiegfame Organ vermag allen Seelenstimmungen treffenden Ausdruck zu geben. Die Tonbildung erschien in Ansa

und Bindung lobenswerth, auch die Reinheit des Tons fast tadellos. Die Vortragsweise der Sängerin scheint sie auf die ernste Lyrik besonders hinzuweisen; so gelang ihr an diesem Abend die Elegie von Massenet am besten. Für starke dramatische Wirkungen ist die Stimme nicht ausgiebig genug, und für Lieder leichteren Stimmungsgehalts fehlt ihr as die freie Beweglichkeit und heitere érisdhe aber der Gesammtersheinung nach darf von der weiteren

LREA der Künstlerin nah allen Nichtungen Bedeutendes erhofft werden.

_ Am Freitag fand im Saal Bechstein cin Konzert des engli- {en Violin-Virtuosen Soma Pick-Steiner statt. Mit der an diesem Künstler stets gèrühmten tehnischen Sicherheit und eingehenden Vortragsweise spielte derselbe Godard’s „romantisches Konzert“, drei kleinere Stücke von Bach, eine Polonaise von Wieniawsky, die beiden Romanzen von Beethoven und {ließlich Sarafate's beliebte „Zigeuner- weisen“. Wohlverdienter Beifall folgte allen seinen Vorträgen.

Im Sen Opernhause gelangt morgen Sullivan?'s „Jvanhoe“ zur Aufführung. Den Ivanhoe singt Herr Sylva, den Templer Herr Bulß, die Rebekka Fräulein Hiedler, die Rowena Fräulein Weiß. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert.

Im Königlichen Shauspielhause wird morgen zur Feter des Jubiläums der ds0jährigen Bühnenthätigkeit Friedrih Haase?s „Der Königslieutenant“ von Gußkow gegeben. Herr Friedrih Haase nimmt als Graf Thorane Abschied vom Berliner Publikum.

Der am Mittwoch, Mittags 12 bis 1 Uhr, in der Marien- kirche stattfindende Orgelvortrag des Musik-Direktors Otto D ienel verspricht ein vollständig neues, der festlichen Stimmung der kommenden Tage entsprehendes Programm. Mitwirkende sind Herr Organist Bernhard Irrgang und die Koloratur-Sängerin Frau Laura Nauchstein-Schauchmann. -Lettere wird „O hätt? ih Jubals Harf’* und „Dann tönt der Laut? und Harfe Klang“ von Händel singen. Herr Dienel wird Variationen eigener Komposition über „Unsern Kaiser Gott erhalte“ und „Seht, er kommt mit Preis ge- krönt“ von Händel spielen. Der Eintritt is für Jedermann frei.

Im Musikalienverlag von Raabe und Plothow hierselbst ist ein Lied mit dem Titel „Der deutshe Sang“ erschienen, dessen Dichtung und Tonfaßt von Dr. Victor von Woikowsky-Biedau, außerordentlihem Mitglied des Königlichen Statistishen Bureaus, herrühren. Das Lied wird zum ersten Mal bei der am 18. d. M. in der Philharmonie stattfindenden Gedenkfeier der Neuerrihtung des Deutschen Reichs von der „Berliner Liedertafel" zu Gehör gebracht werden. Der Reinertrag des Werks (Preis für die Partitur 60 „Z, für einzelne Stimmen 20 4) is zu Gunsten des unter dem Protektorat Jhrer Durchlaucht der Prinzessin Friedrih von Hohenzollern stehenden „Militär-Hilfsvereins*“ bestimmt.

Mannigfaltiges.

Die Feierlichkeiten aus Anlaß des 150jährigen Geburts- tags von Johann Heinrich Pestalozzi begannen vorgestern mit einem Festabend in Kroll’s Theater. Nah einem von Ernst Wichert gedihteten Prolog, den Paul Pauly wirkungsvoll zum Vor- trag brachte, gelangte das von Paul Risch verfaßte Festspiel „Pestalozzi* zur Vorstellung. Pestalozzi selbs wurde von Eduard Flügel charakteristisch wiedergegeben; die Rolle des Merki, des Ver- walters auf dem von Pestalozzi aus Oedland begründeten D „Neuhof“, lag in den Händen des Herrn Julius Gladow; Le wig Albrecht spielte die Frau Sorge, eine Bettlerin, und Martha Drehmann den Genius. Die von Richard Shumacher und Ziegler komponierten Chöre wurden vom Kirchen- und Knabenchor der Oreifaltigkeits-Kirche, von dem gemischten Chor des „Geselligen Lehrervereins“ und vom Sängerbund des „Berliner Lehrervereins“ vorgetragen; den instrumentalen Theil brachte die „Neue Symphonie-Kapelle“ zu Gehör, während Karl Straube die rgelbegleitung übernommen hatte. De zu dem Festspiel gehörigen lebenden Bilder, welche Otto Lehnig mit vielem Geschick arrangiert hatte, stellten dar: „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt“, „Bürgerkrie in Unterwalden*, „Die Schule in Burgdorf“, „Königin Luise lie Pestalozzi’s enhard und Gertrud" und „Das deutsche Volk huldigt

estalozzi*. Der dann folgende gesellige Theil des Festabends brachte Shorlieder, vom Sängerbund des Berliner Lehrervereins Dre Sologesänge des Konzertsängers dete emecinsame Lieder u. dgl. er gestrige Ait zu Ehren Pestalozzi?s im großen Saale des Rathhauses erhielt durch die Gegenwart Jhrèr Majestät der Kaiserin Friedrich eine besondere Weihe. Der Saal, der im hellsten Lichterglanz erstrahlte, war der Bedeutung des Tages entsprehend ges{müdckt. Eine dichte Laub- und Palmen une, aus der die Büste des Gefeierten hervorleuhtete, verdeckte die süd ihe Schmalwand und das dort E Kongreßbild. Zum Empfang Ihrer Majestät waren ershiènen dexr Minister der geistlihen 2c. Nen een D. Dr. Bofse, der Rektor der Universität, Professor Wagner und die beiden Stadt-Sculräthe Bertram und Fürstenau. ie Berliner höheren Schulen waren zumeist dur ihre Direktoren vertreten; die A R schaft, der Gymnasiallehrer-Verein, der höhere Töchter|{hul-Verein und die hiesigen Volks\{hullehrer-Vereinigungen, sowie der Fröbel-Verein, das éllatoni - Fröbelhaus und der Verein für Schulgeschichte hatten Deputationen entsandt. Der Sängerbund des Berliner Lehrervereins eröffnete den Akt mit Mendelsfohn's Hymnus: „Es strahlen hell die Gerehten“. Dann betrat Professor Dr. Paulsen :