1896 / 10 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

die Tribüne, um in längerer Rede Peftalozzi zu würdigen: Mit dem Hymnus ba Dräger {loß darauf die schöne Feier.

Die Trauerfeier für den verstorbenen Geheimen Ober- : erungs-Rath Busse aus dem Reichsamt des Innern hat gestern mittag unter sehr zahlreiher Betheiligung in der Wohnung

des Enischlafenen, am Kurfürstendamm 20, stattgefunden. Für das Reichsamt, dessen erster bautebnisher Rath er gewesen, ersien der Staatssekretär des Innern, Staats-Minijter Dr. von Boetticher perfönlih; demselben hatten sich Ministerial - Direktor Rothe und alle Räthe des Reichsamts des Innern angeschlossen, die zugleich einen kostbaren Kranz wid- meten. Das Reichs - Justizamt wurde durch den Staats- Vans Nieberding vertreten; vom Kaiserlichen Pan dessen onumentalbau ein Werk des Entschlafenen is, wohnte der Präsident, Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Huber der ¿Feier bet; au das Reichs-Versiherungsamt, das dem Verstorbenen gleichfalls seinen neuen rahtbau verdankt, hatte einen Vertreter abgeordnet, ebenso das Ministerium der öffentlichen Arbeiten und - das Kriegs - Ministerium, dem Busse früher als Garnison-Bauinspektor hervorragende Dienste geleistet hat, und die Ministerial-Baukommission. Der Architektenverein ließ einen Kranz niederlegen, der Verein „Motiv*" entsandte eine Kranzdeputation mit dem Banner. Auch die dem Verstorbenen speziell unterstellten Bau- beamten hatten einen Kranz gewidmet. Die Rede hielt General- fuperintendent Faber. Auf dem Friedrihs-Werderschen Kirhhof fand

die Beisezung statt.

VIn dem Etat für das Ema 1896/97 hatte der Ma- gistrat für Neu- bezw. Umpflasterungen einen Betrag von 4 500 000 „6 vorgesehen. Das Magistrats - Kollegium hat be- \chlossen, diefen Betrag auf drei Millionen Mark herabzuseßgen. Der Arcitektenverein, welcher eine neue Auflage seines vor zwanzig Sahren erschienenen Werkes „Berlin und seine Bauten“ zu veranstalten gedenkt, hat sich an den Magistrat wegen Subskription auf eine gewisse Anzahl von Exemplaren für den städtishen Dienst gewendet. Mit Rücksicht auf die Nüglichkeit des Werkes, welches die hauptsächlihsten Monumentalbauten der Reichs- bauptstadt bis zur Gegenwart enthält, hat der Magistrat beschlossen, die erforderlichen Exemplare zu erwerben. Hierfür will der Magistrat von der Stadtverordnetenversammlung 9300 6 durch besondere Vor- lage erbitten.

Nach den Neuwahlen zur Stadtverordneten-Versammlung und der Konstituierung der leßteren ist die Mitgliederzahl der einzelnen Fraktionen folgende: Fraktion der Linken (Borsißender Justiz-Rath Meyer): 54 Mitglieder; neue Fraktion der Linken (Vorfißender Dinse): 27 Mitglieder; Fraktion von 1884 (Vorsißender Geheimer Ober-Regierungs-Rath Spinola): 25 Mitglieder; sozialdemokratifche

raktion (Vorsißender Singer): 16 Mitglieder; Bürger-Partei : ein

titglied (Stadtverordneter. Pregel); keiner Fraktion gehören an die Stadtverordneten Horwitßz, Neumann und Virhow. Im Ganzen zählt die Stadtverordneten-Versammlung 126 Mitglieder.

Im städtishen Obdach befanden sih am 1. Dezember 1895 15 Familien mit 42 Personen, darunter 7 Säuglinge, und 46 Einzeln- personen. Am 1. Januar 1896 war der Bestand 27 Familien mit 79 Personen, darunter 13 Säuglinge, und 54 Einzelpersonen. Im Laufe des Monats Dezember wurde das nächtliche Obdach daselbst von 34 054 Personen, und zwar von 32785 Männern und 1269 Frauen benußt. Von diesen Personen wurden 14 dem Krankenhause Friedrich8- hain, 52 dem Krankenhause Moabit, 16 der Charité, 19 ter Kranken- station des Obdachs, 3 der Anstalt Wuhlgarten, 1 der Irrenanstalt Pete überwiesen und 500 (488 Männer, 12 Frauen) der Polizei

rt.

vorgefü Nachdem der Firma Siemens u. Halske die Genehmigung zum

Bau und Betrieb ciner elektrischen Stadt- (Hoch-) Bahn

Wetterber vom 13. Januar,

20 =

co _ 2

Celsius 50 C.=4 R.

Stationen. von Karl

Bar. auf 0 Gr a. d. Meere8\p. red. in Millim

Temperatur

in 9

Belmullet. . | 763 Aberdeen . . | 754 Christiansund | 736 Kopenhagen . | 750 Stockholm . | 746 Haparanda . | 735

Cork, Queens-

bededckt halb bed. wolkenlos Regen!) vededt bedeckt

halb bed. bedeckt wolkig bededckt bededt 2) bededt 3) bededt bededt

bedeckt Regen Schnee bedeckt4) bedeckt Schnee bedeckt wolkenlos bedeckt

|

E D f E R S

766 764 758 752 755 755 Neufahrwafser| 755 Memel... © |- 754

Are L 65 I l 008 Karlsruhe . . | 765 Wiesbadzu . | 762 München .| 764 Chemniß .. | 762 Berlin... |“ 758 Wien .... | 766 Breslau . . . | 760

wolkenlos

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Triest T I heiter 1) Nebel. L 3) Abends Schnee, Dunst.

4) Gestern S

Gretel.

fang 74 Uhr.

pa DO Co] LD m mi DOD D O O DO a D O N N D O r bo i pi C0

Sun Julia.

S M! o DD M P I A Do l o Lr T En E E O

nee. : 7 Uhr. Nebersicht der Witterung. Ein ungewöhnlich tiefes barometrishes Minimum ° unter 729 mm liegt über dem nördlihen Norwegen, gegenüber einem Hochdruckgebiete über 765 mm über mes Dementsprehend wehen über Nord- uropa lebhafte, meist südlihe Winde, unter deren Einfluß die Temperatur fast überall gestiegen ist. In Deutschland ist bei frischen südlichen bis westlichen Winden das Wetter trübe und allenthalben wärmer. Lan allenthalben if Regen gefallen. Die westliche rostgrenze verläuft von Neufahrwasser über Cassel und Paris nah dem Alpengebiet. Fortdauer der trüben Witterung und Ausbreitung des Thauwetters nach Süden hin wahrsch{einlich. Deutsche Seewarte.

N Theater. Königliche Schauspiele. Dienstag : Opern-

in 3 aul Blo.

74 Uh

von Julian Sturgis, deutsch von H. Wittmann. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober- Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 73 Uhr. Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Zum 50jährigen Bühnen - Jubiläum des Herrn Friedri Der Köunigslieutenant. ußkew. Regie: Herr A. Plaschke. (Graf Thorane: Herr Friedrich Haase, als Abschiedsrolle in Berlin.) Anfang Uhr. Mittwoch: Opernhaus. 14. Vorstellung. Lohen- rin. Romantische Oper in 3 Aften von Richard dl (Lohengrin: Hr. Emil Göße, Königlicher Kammcrsänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 15. Ottokars Glück und Ende. 5 Aufzügen von Franz Grillparzer. Anfang 7 Uhr. Opernhaus. Donnerstag: Bajazzi. im Bremer Nathskeller. Phantafien im Bremer Rathskeller. Sonnabend: Der Evangelimaun. im Bremer Nathskeller. Anfang 7 Uhr. Sonn- tag: Unbestimmt. 2x Uhr: Die Tochter des Regiments. Schauspielhaus. Donnerstag : Das Huugerloos. Freitag: Die Qnitzow?s. i 1S12, Sonntag: Die Hermanusshhlacht. An- (Kroll's Theater): Abends 7 Uhr: Das Hungerloos.

Mittwoch: Der Verschwender. Donnerstag: Faust. ;

Lessing-Theater.Dienstag: Comtesse Gueerl,.

Anfang 74 Uhr. Mittwoch: Comtesse Guekerl. Donnerstag: Comtesse Guckerl.

Residenz - Theater.

Lautenburg. Dienétag: Hals über Kopf. Schwank Akten von Alexandre Bisson, Vorher: Jun doppelter Be- ehrung. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang

T Mittwooch und folgende Tage: Hals über Kopf. Ju doppelter Bekehrung.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25—26,

wi der Warschauerstraße und dem Nollendorfplaß er- R wouen ist, werden auf Ersuchen des Polizci-Präsidenten an dea Magistrat die Baupläne, soweit fie das Berliner Weichbild be- ireffen, auf die Dauer voù vierzehn Tagen vom 13. d. M. ab in-der ftädtishen Plankammer (im Rathhause, Zimmer 98) zu Jedermanns Einsicht offen liegen. Etwaige Einwendungen gegen die Pläne sind innerhalb der obigen Frist bei der städtischen Bau-Deputation, Ak- ernag II, \chriftlich einzureihen oder mündlich zu Protokoll zu geben.

Der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller veranftaltet Sonnabend, den 1. Februar, in den Gesammträumen des Kroll’schen Etablissements ein Ballfest, für dessen glänzenden Ver- lauf dur ein reihhaltiges, auch die kommende Berliner Gewerbe- Ausstellung berücksihtigendes Programm Sorge getragen ift. Vor- merkungen werden {on jeßt (Berlin, SW., Krausenstraße 55) an- genommen.

Das Comité für die Betheiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen, welhe im Frühling dieses Jahres in Athen siattfinden sollen, erläßt einen Aufruf an alle deutschen Sportsleute und Turner zur Betheiligung. Eine Druckschrift, welche den Plan ausführlih behandelt, wird vorbereitet. Der Schriftführer, Dr. W. Gebhardt, Berlin W., R: 109, ertheilt jede nähere Auskunft. Am 16. d. M., Abends 85 Uhr, findet im „Nord- deutschen Hof“, T 20, eine Versammlung ftatt, zu welcher Freunde der Sache geladen find.

Der Zirkus Renz brachte am Sonnabend am Schluß seines equestrishen und artistischen Programms eine Wiederholung der früher mit großem Erfolge aufgeführten zweiaktigen Pantomime „Ein Künstlerfest“, die wohl seit der Ucbersiedlung des beliebten ehemaligen Clowns und Mimikers Godlewski, der darin die Hauptrolle spielte, an das K. K. Hof-Opernballet zu Wien, geruht hat. In Herrn Lee, der neulich den zaghaft-komischen Komponisten in der genannten Pantomime darstellte, scheint die Direktion indessen einen tüHtigen Nachfolger gefunden zu haber, und fo konnte das an überrashenden Wirkungen zu Lande und zu Wasser reihe Werk in neuem Glanz in Scene gehen. Außer einer erstaunlichen Prachtentfaltung an neuen Kostümen war der Schwerpunkt der \sich dem . Auge darbietenden Genüsse auf die elektrishen Lichteffekte verlegt worden, die in großer Fülle und Mannigfaltigkeit die Gruppen von allen Seiten beleuchteten. Das Füllen der Manòge mit Wasser ges{chah in ganz neuer Weise, nämlich niht wie sons durch von den Seiten einstrô- mende Kaskaden, fondern durch einen in der Mitte der Arena aus einem Rohr von mindestens 50 ecm im Durchmesser hervorsprudelnden Springquell, der sih prächtig ausnahm. Den Schluß bildete wieder eine bis zur Decke hinansteigende Fontaine, die im Lichte eines oben abgebrannten Plafond - Feuerwerks in allen Farben s\chillerte. Das der Pantomime vorauf- gehende Pregramm bot ebenfalls des Sebenswerthen die Fülle. Her- vorragendes leisteten Miß Amalie und Mr. Jamcs Jee als Doppel- jockeys, welhe die s{hwierigen Sprünge auf ein ungesatteltes Pferd mit unfehlbarer Sicherbeit ausführten, und die dressierte Meute des Herrn W. Immaus. Auf die. ausgezeichneten Leistungen des Schul- reiters Mr. James Fillis braucht kaum von neuem hingewiesen zu werden.

Glogau, 11. Januar. Die Königliche Betriebs-Jnspektion macht bekannt: Heute Mittag um 1 Uhr 20 Minutén entgleiste in der Einfahrtêweichhe auf Haltestelle Fröbel der von Glogau kom- mende Personenzug 108. Der Heizer Mohr aus Grünberg wurde getödtet, der Lokomotivführer leiht verleßt. Reisende wurden nit verleßt. Die Ursachen des Unfalls konnten noch nicht festgestellt werden.

Schleswig, 12. Januar. Das Husaren-Regiment Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn

Zum ecsten Male: und Louis Herrmann.

ch Haase: Lustspiel in 4 Aufzügen

nuar.

Neues Theater.

vom K. u. K

Lustspiel in 3 2 Fabrice Carré. n Scene geseßt ÄÜnfang 74 Uhr.

Vorstellung, König Trauerspiel in

Phantasien Freitag: Hänsel uud | Freitag: Der Herr Direktor. Vhantasfien S5

(Kroll's Theater): Nachmittags

Julius Frißshe. Dienstag:

onnabend : Prolog. und NRequisiten :

vós und Paul Ferrier,

Chilperich.

Bei halben Preisen:

Lohengrin.

Dienstag :

Direktion: Sigmund

von Wilh. von Julius Einöôdshofer. Direktor Richard Schulß.

deutsch von

Der Hungerleider. stattungskomödie in 12 Bildern von Julius Keller | für Musik von Louis Noth. In Scene geseßt von Julius Fritsche. verkauf der Billets beginnt Donnerstag, den 15. Ja-

Schiffbauerdamm 4a. /5. Dienstag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele . priv. Carl-Theater in Wien. Herr Direktor Coup le Directeur).

ften von Alexandre Bisson und Deuish von Ferdinand Groß. von Siegmund Lautenburg.

Mittwoch: Der Herr Direktor. Donnerstag: Der Herr Direktor.

Theater Unter den Linden. In durchaus neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen König Chilperich. Ausfstattungs-Operette iu 3 Akten (5- Bildern) von deuts bearbeitet von duard Jacobson und Wilhelm Mannstädt. (Musik von Hervó. In Scene geseßt von Julius Frißsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anjang Deutsches Theater. Dienstag: Romeo und | 75 U Anfang 7+ Uhr. Mittwoch: Florian Geyer. Donnerstag: Die Jüdin von Toledo.

O Abends 74 Uhr: König Chilperich. Berliner Theater. Dienstag: Fauft. Anfang

Li Mittwoch und die folgenden Tage: König

Sonntag, den 19. Januar, Nachmittags 3 Uhr: Der Bettelstudent.

Adolph Ernst-Theater. Dienêtag: Frau Gesangsposse in 3 Akten, nah dem ranzösishen bearbeitet von Ed. Jacobson und . Mannstädt. Kuplets von Gust. Görs. Musik von Gust. Steffens. Anfang 7F Uhr. C, Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Jakobstrañe Nr. 30. Eine tolle Nacht. Groß fiattungs ofe mit Gesang und Tanz ia 5 Bildern annstädt und Julius Freund. Musik W Scene geseßt vom ie Tanz-Arrangeumients vom Balletmeister Gundlach. Anfang 74 Uhr. Mittwoch: Eine tolle Nacht.

(Schleswig-Holfteinshes) Nr. 16 beging heute in feftl

Weise die Wi bneLvag an die Tage von Le Mans E IE Kämpfe von 1870/71. Der öfterreichish - ungarishe Militär- bevollmächtigte Prinz von Schoenburg - Hartenstein nahm an dem Fest theil. Nachdem zur Eröffnung der Feierlichkeiten bereits estern Abend ein Kommers abgehalten worden war, wurde heute im Dom ein feierlicher Gottesdienst veranstaltet, bet welhem der Divisions- pfarrer Büttel die Festpyredigt hielt. Hierauf fand eine Parade des Regiments vor dem Schlosse Gottorp statt, an welcher zahlreiche Veteranen theilnahmen. Der Regiments - Kommandeur Oberst von R verlas bei derselben folgende Depesche Seiner Maiestät es Kaisers:

„Bei Vionville, Orleans und Le Mans erfohten die Schle8wig- Paennes Husaren reihen Sieges-Lorbeer. Bei der 25. Wieder- ehr der Getenktage von Le Mans erinnere Ih Mich dessen gern und sende dem Regiment wie feinen alten Kriegern Meinen Gruß.

Wilhelm I. R.“

Alsdann hielt der Oberst eine Ansprache an das Regiment und brachte ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Auch eine längere huldvolle Devesche des Kaisers Franz Joseph kam zur Verlesung. Die Parade nahm einen glänzenden Verlauf. Der Inspekteur der 2. Kavallerie-Inspektion, General der Kavallerie Edler von der Planitz, der Divisions-Kommandeur, General: Lieutenant von Alten, General von Thümen und der Brigade-Kommandeur Freiherr von Neukirhen genannt von Nyvenheim nahmen an derselben theil. Nah der Parade vereinigten sih die Veteranen zu einem Festmahl, bei welchem General Edler von der Planiß das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm und General von Thümen ein Hoh auf Kaiser Franz Joseph ausbrachte. Um 4 Uhr fand im Kasino des Regiments ein Festmahl statt, an welchem die Spitzen der Behörden B oiladhmnen: Abends ‘werden für die einzelnen Eskadrons Festlichkeiten veranstaltet. :

Paris, 11. Januar. Der Forschungsreisende Fabert, welcher während der Madagaskar - Expedition für die „Agence Havas“ korrespondierte und kürzlih hach Marseille zurückgekehrt war, ift gestern dort an der Malaria gestorben.

Nom, 11. Januar. Berichte aus den Abruzzen und aus Sardinien melden, daß die Verkehrswege und Eisen- babnen infolge starker Schneefälle unterbrochen find. Jn der Provinz Sa ssari sind mehrere Gemeinden vom Berkehr vollständi abgeschnitten. Der Schnee erreihte eine Höhe von 2 m. Na telegraphishen Meldungen aus Porto Ferrajo sind zwei Schiffe daselbft verunglückt. Die Bemannungen wurden gerettet.

Bern, 11. Januar. Zur Ecinnerung an den Geburtstag estalozzi’s (12. Januar 1746) fanden heute auf Veranlassung der tegierungen und Schulbehörden in den Schulen aller Kantone,

von der fleinsten Bergschule bis zu den Universitäten, Feiern mit Vor- trägen über Pestalozzi statt. Sein Bild wurde an die gesammte Schul- jugend vertheilt. Außerdem wurdenGesangvorträge, scenische Darstellungen und Sammlungen zu Gunsten geistig oder körperlih verwahrloster und bedürftiger Kinder wie zur Bildung von Pestalozzi-Fonds veranstaltet. In allen größeren Ortschaften finden morgen Feierlichkeiien statt, die meistens in den Kirchen abgehaltcn werden und in Vorträgen über Pestalozzi und Konzerten bestehen. Dabei werden auch allgemein Geldsammlungen für den Pestalozzi-Fonds veranstaltet. Durch ihre gleichzeitige große Begebung . gestaltet sih die Feier zu einem nationalen Gedenktag. Für den Pestalozzi-Fonds find bisher 25 0090 Fres. eingelaufen, darunter 14000 Frcs. von Schulkindern.

Kopenhagen, 12. Januar. Der Kommandeur a. D. Edwin Baron von Dirckinck-Holmfeld, welcher anfangs der vierziger Jahre in preußishen Marinedienften Chef der En und 1845 Erster Kommandant des preußishen Kriegs\chiffs „Amazone“ war, ift heute hier im Alter von 93 Jahren gestorben. (Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

humoristisches Potpourri (neu) von Linke. „Romanze“ Violine von Svendsen (Herr Carnier). e's8 Sträußli“ für Piston von Hoch (Herr Werner). Sonnabend, den 18. Januar: Fest-Konzert.

Aus- Der Vor-

Saal BLechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 74 Uhr: Ax. Kammermusiker-Abend von Halir, Markces, Müller, Dechert. unter ge- fällig:r Mitwirkung des Königlich rreußischen Hof-

Der | pianisten Herrn Professor Heinr. Barth.

BDirkus Renz. Karlstraße. Dienstag: Abends

74 Uhr: Grofe brillante Vorstellung. Ein Künstlerfest. Luxus-Ausstaitungs-Pantomime in 2Ab- theilungen vom Großh. Hof-Balletmeister A. Siems, auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Unter Mitwirkung des gesammten Personals. Neue Musik-Eiulagen. Jm Nosendust, schwe- disches Volkslied, vorgetragen von 40 Damen, mit Begleitung des eigens hierzu engagierten Harfen- Virtuosen Herrn H. Voß. Ballet von 100 Vamen. Kinder-Orchester, Großer Blumen-Korso. Nacht- fest auf dezn Gartensee im Künstlerheim. Erste Abtheilung: Das Festcomité in Thätigkeit. Zweite Adtheilung: Vollständig neu! Im Wasser. Voll- ständig neu! Gran Finale: Plafoud-Pracht- Feuerwerk, Außerdem : Auftreten von nur Künstler- Spezialitäten allerersten Ranges. Vorführen und Neiten der bestdressierten Freiheits-, Spring- und Schulpferde. Auftreten sämmtlicher Clorwns. Mittwoch: Eiu Künftlerfest.

Familien-Nachrichten,

Verlo bt: Frl. Jda Meßmann-Soest mit Hrn. Referendar Max von Briesen (Göttingen Cassel). Frl. Lotte Radecke mit Hrn. Dr. phil. Gustav Chrift (Berlin). i

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittergutsbesiger

Krautwald (Volkmannsdorf). Eine

Tochter: Hrn. Kammerherrn Joseph Frhrn. von Malyahn (Mirow).

Gestorben: Hrn. Pastor David Schwarßkopff Tochter Käthchen (Berlin). Konventualin Elise von Oertzen (Ribniß). Fr. Oberförster Agathe Stumpf. geb. von Braunschweig (Kolberg). Hr. Amtsrichter a. D. Hillmann (Ober-

Direktion :

Burleske

e Aus-

(Breslau).

i

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth

Konzert -Haus.

Konzerte.

Karl Meyder - Konzert. Dienstag : Ouv. „Libussa“, Smetana. „Simiramis“,

in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Anstalt Berlin SW., -Wilhelmstvaße Nr. 32.

Glogau). Hr. Rechnungs-Rath Robert Igel

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-

haus. 13. Vorstellung. vauhßhoe. Romantische

Vom 13. bis inklusive 22. Januar geschlossen.

Rossini. „Rübezahl“, Flotow. „Lenzeszauber“,

Sechs Beilagen

Oper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Malter Scott's gleihnamigem Roman * bearbeitet

Donnerstaa, 23. Januar: Mit großartiger Aus- stattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten.

Walzer (neu) von Wolff. Musikalishe Revue,

. (ein‘hließlih Börsen-Beilage), (57h)

zum Deutschen Reichs-Anz

M00.

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 13. Januar

eiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

89G.

Deutscher Reichstag.

13. Sigung vom 11. Januar 1896, 1 Uhr.

Tagesordnung: Mariequng der ersten Berathung des Entwurfs eines Börsengesecßes und des Entwurfs eines Le E, betreffend die Pflichten der Kauf- leute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, und erste Berathung des Gesegzentwurfs, betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Shmalz und ihren Ersaßmitteln.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der Nummer vom Sonnabend berichtet.

_ Nach dem Abg. Bachem nimmt bei der Berathung der erstgenannten beiden Vorlagen das Wort Abg. Dr. Hahn (b. k. F.): Energischer noch und rücksihts!lofer als Herr Meyer hat sih Herr Fishbeck gegen die Interessen der Mittel- stände ausgelassen. Ueber seine Tonart muß ih mi sehr wundern, namentlich über die Art, wie er unser verehrtes Mitglied den Grafen Kaniß behandelte. Er wie verschiedene andere Gegner könnten vom Grafen Kaniß noch manches lernen. Seine Ausführungen zeihnen sich durch sachverständiges Eindringen in die Materie aus, das wird au von seinen wirthschaftêpolitishen Gegnern anerkannt. Man sucht die Bauern gegen die Junker, gegen den Adel aufzuwiegelnu. Aber die Bauern in Nordwestdeutshland, wo ih wohne, die Strandfachsen und die freien Friesen haben dieselben Interessen zu verfehten wie der Adel; sie haben alle denselben Kampf zu kämpfen gegen das internationale Riefenkapital; Bürger, Bauer und Edelmann gehören in diesem Kampfe immer zusatimen. Herr Fishbeck meinte, die russishen und argentinishen Bauern zahlten höhere Zinsen als die deutschen. Das mag richtig sein, aber man vergißt dabei immer die Valutadifferenzen. Die argentinishen Bauern können bei dem hohen Goldagio immer noch ganz erhebliche Gewinne erzielen; es sollen beim Körnerbau noch 40 9/9 dort verdient werden. Daß der Terminhandel Preisdifferenzen ausgleicht, ist richtig; aber indem er größere Differenzen ausgleicht, schafft er fortwährend fünfstlih neue kleine Differenzen. Die künst- lihenPreistreibereien wollen wir aber durch das Gesetz ecindämmen. Ueber den Börsenauts{chuß noch Worte zu verlieren, hieße Eulen nah Athen tragen. Der Börsenausschuß ist in seiner jeßigen Zusammen- seßung getadelt worden wohl nur, weil man den Vorschlag des Grafen Kaniß übersehen hat, daß eine Reihs-Emissionsbehörde ge- schaffen werden soll, für wel zwingende Gründe sprechen. Die Entwicklung des großen Bankwesens, die Verschmelzung der Diskontobank mit der Norddeutshen Bank in Hamburg, die Ausdehnung der Deutschen Bank, der Dresdner Bank u. |. w. zeigt, daß die kleinen Banken vershwinden. Dem müssen wir entgegenwirken; wir müssen eine Reichs-Emissionsstelle schaffen. Man wird sagen, man folle die Interessenten unter sich bleiben lassen. Das könnte nur geschehen, wenn fie das allgemeine Interesse wahrnehmen, wenn sie die genügende Intelligenz besißen, die man erwarten könnte. Wie anders als durch die mangelnde Sn telligenz find die vielen Peipariste zu erklären? Warum find in den Motiven die ausländischen Anleihen und die Emissionsfirmen nicht mit Namen genannt? Ich kann den verbündeten Negierungen den Vorwurf nicht ersparen, daß fie bei manchen Emissionen es an dem nöthigen Nath haben fehlen lassen. Die verbündeten Regierungen kannten die Entwickelung Portugals und Argentiniens wohl zur Ge- nüge, um ihre warnende Stimme zu erheben. Es is ge- fordert worden, daß die Negierung Schritte für nothleidende Papiere thun sfollte. Der Reichskanzler Graf Caprivi er- klärte nur, daß das geschehen würde, aber das is nicht genug. Wir müssen den betreffenden Staaten etwas mehr zu Leibe gehen, ¿. B. Portugal auf kolonialem Gebiete. Provinz Buenos Aires, welche einen großen Aufschwung genommen hat, aber troßdem ihre Zinsen an die deutshen Gläubiger nit be- zahlt, sollte das Auswärtige Amt etwas näher trcten. Hätten wir ein , Börsengeseß schon gehabt zu Beginn des Exports deutschen Kapitals ins Ausland, fo hätten wir nicht so große Verluste erlitten. Die Emissionsfirmen möchten gern unter sih bleiben; Herr Fishbeck betrachtete es als eine Beleidigung, n man si in die Geschäfte des Kaufmannsstandes einmischen wolle. Äber die Emissions- häuser arbeiten ja nit bloß mit ihrem eigenen Gelde, sondern mit dem Gelde des Publikums. Die Zentralstelle würde sich ein Urtheil bilden müssen über die Verhältnisse des Auslands, über die Dampf- \chiffs- und Cisenbahnunternehmungen u. f. w. Von diesen Dingen verstehen die Bank - Direktoren nichts, die do an der Börse ihren Anfang gemacht haben. Der Börsenkommissar, der sich bloß mit der Kursfeststelung beschäftigte, würde cine lächerlihe Figur fein. Der Kommissar soll vorgehen können gegen die Ausschreitungen des Vorbörsen- und des Nachbörsenverkehrs, gegen die Ausstreu- ungen von falschen Nachrichten u. |. w. Vor zwei Jahren habe ih vorgeschlagen, eine Auskunftsstelle für Werthpapiere zu schaffen; ih wurde damals von Herrn Richter ausgelaht, weil ih Geheime Papier-Näthe schaffen wollte. Der Börsenkommissar wäre die ge- eignete Perjönlichkeit dafür. Wenn eine Neichs-Börsenstelle geschaffen würde, würden wir in die Lage kommen, an der Thätigkeit der großen Börsenfirmen Kritik zu üben, wozu jeßt gar keine Gelegenheit gegeben ist. Der Kommission empfehle ih, ihre besondere Aufmerksam- keit dem Pfuschmaklerthum zuzuwenden. Zu Bedenken giebt das unsolide Jeitge [Gast Anlaß, weil nur ein bestimmter Typ . an der Börse gehandelt wird. Für Kammzug giebt es z. B. 30 Sorten, aber nur ein Typ wird an der Börse gehandelt. Man will den Kammzug-Terminhandel beibehalten, weil wir sonst von Belgien ab- hängig werden würden. Es würde doch Mittel und Wege geben, um Belgien von einer solchen Ausbeutung des deutschen Marktes abzuhalten. Wir haben ja auf anderen Gebieten, z. B. bei der Arbeiterversicherung, den Anfang gemacht; warum foll es nicht auf diesem Gebiete geschehen ? Beim Termingeschäft entscheidet die Börse nicht bloß über ihre eigenen Interessen, sondern über das Wohl und Wehe weiter Volkskreise, namentlich auch der deutschen Landwirthschaft. Es muß besonders darauf gesonnen werden, den Handel mit Getreide im Interesse der Land- wirthschaft unabhängig zu machen vom Termingeschäft. Bei dem Termingeschäft in Effekten ist zu unterscheiden zwischen den Papieren mit festen Zinsen und denen mit Dividenden. Das Publikum follte von dem Geschäft mit Dividendenpapieren vollständig fern gehalten werden. Das Börsenregister wird ganz geeignet sein, das Publikum von dem Termingeshäft nah Kräften abzuhalten, zu welchem jeßt die Schlepper das Publikum heranzuziehen suchen. Die großen Firmen werden ja das Publikum nicht heranshleppen, aber sie gestatten dem Publikum zu leicht die Betheiligung an der Ultimospekulation. Die fleinen Kommissionsgeshäfte werden verdrängt durch die großen Banken, Die Kinder dex kleinen Banquiers haben für die Zukunft nur die Aussicht, Bankbeamte zu werden. Ich möchte das sozialpolitische Gewissen anrufen. Ih habe mih gefreut, daß die Banken Geld gesammelt haben für die Boeren, die bei ter Zurückweisung des Dr. Jameson verwundet wurden. Aber ihrea Angestellten" gegenüber lassen es die drohen Banken noch manchmal an dem Nöthigsten fehlen. Es it bedauerlid), daß für diese Privatbeamten ein Beamtenrecht noch nicht besteht, daß sie in Bezug auf ihre Pensionierung auf die Gnade ihrer rodgeber angewiesen sind. Hoffentlich verschwindet diese Anregung, die ich heute gegeben habe, nicht wieder von der Tagesordnung. Die Beamten befinden \sich oft in einer {lehteren Lage als die Hand-

Auch der -

arbeiter, für welhe die Sozialdemokraten allein sorgen wollen. Die Emissionsfirmen haben niemals die nationalen Interessen gewahrt, Die \remden Werthe von Freund und o sind nah Deutschland gekommen. Troßdem Dänemark im Falle eines Konflikts nicht auf deutscher Seite stehen wird, sind dänishe Werthe eingeführt worden, und man bemüht sich auch leider wieder, russishe Werthe einzuführen, obglei es besser wäre, die russishen Werthe auf den französischen Markt zu verweisen. Die Agrarier wenden sich gegen die Auswüchse des Börsenterminhandels, weil sie am meisten darunter leiden; die Börse hat fi für die Handelsvertragspolitik ausgesprochen, weil fie an dem internalionalen Verkehr das größte Interesse hat. Das solide, noth- wendige Börsengeschäft wollen wir nit stören, aber wir werden in der Kommission Mittel und Wege finden müssen, das Publikum zu {ügen Die Vorlage foll niht bloß ein kalmierendes Tränklein sein, sondern wir müssen dur eine gründliche Operation den franken Körper zur Gesundung führen. Der wirthschaftlihe Körper leidet an einer gewissen kapitalistischen Fettleibigkeit, durch welche die Beine as sind. Wir wollen die Beine, d. h. die produktiven Stände, ärken.

: Abg. Fürst Radziwill erklärt namens der Polen, daß die Vorlage der verbündeten Regierungen die Billigung seiner Fraktion finde, und spricht seine Freude darüber aus, daß danach gestrebt werde, die nachtheiligen Wirkungen der großen Transaktionen an der Börse auf das wirthschaftlihe Leben zu verhindern.

_ Damit schließt die Debatte. Die Vorlage wird einer Kom- mission von 21 Mitgliedern überwiesen.

_Abg. Graf Kaniß (dkons.) bittet den Präsidenten, der Kom-

mission im_ Interesse der Berichterstattung Stenographen beizugeben. Abg. Spahn (Zentr.) glaubt, daß man der Kommission über-

lassen könne, eine Anregung nach dieser Nichtung hin zu geben.

ü Abg. Graf Kaniß: Dadurh würde die Kommission eine Sißung verlieren. __ Präsident Freiherr von Buol-Berenberg weist darauf hin, daß in der vorigen Session der Kommission für die Berathung des Antrags Kanitz ebenfalls Stenographen beigegeben worden seien, aber auf ihren Antrag.

Das Haus überläßt die Angelegenheit der Entscheidung der Kommission.

Es folgt die erste Berathung des Geseßentwurfs, be- ireffend den, Berlehx mit Buller Käse, SOmalz U es Ersazmitteln. Das Wort ergreift zu- nächst der

Abg. Bachem (Zentr.): Nach dem vorliegenden Entwurf sollen zunächst Geschästsräume und sonstige Verkaufsstellen sowie die Fabriken scharf Tontroliert werden. Das kann nur gebilligt werden. Daß der Bundesrath ermächtigt werden solle, das gewerb8mäßige Verkaufen und Feilhalten von Butter, deren Fettgehalt nicht eine bestimmte Grenze erreicht oder deren Wasser- oder Salzgehalt eine bestimmte Grenze überschreitet, zu verbieten, halte ih für völlig berehtigt. Auch an der Börse kann ja das Angebot von minderwerthigem Getreide verhindert werden. Ich wünschte, daß der Bundesrath von dieser Befugniß, den Handel mit minderwerthiger Waare zu verbieten, recht ausgedehnten Gebrauh machte. Wenn das Geseh das Erforderniß verlangt, daß in den Geschäftsräumen, wo Margarine oder Kunstspeisefett gewerb8mäßig verkauft wird, an einer in die Augen fallenden Stelle die deutliche und niht verwischbare Inschrift „Verkauf von Maragarine 2c." zu sehen 1s soll, so wird man sih fragen, ob nicht au für öffentliche Lokalitäten, wo zwar kein direkter Verkauf stattfindet, aber doch Margarine verwendet wird, sei es zum Braten des Fleisches oder zum Bestreichen des Brots, eine ähnliche Bestimmung eingeführt werden müßte. Jh erinnere an den Fall, wo ein Mann auf einer Reise auf jedem Bahnhof si ein belegtes Butterbrot geben ließ, und shließlich sich herausftellte, daß fast sämmtlihe Brote mit Margarine bestrihhen waren. weiß nicht, ob diese Geschichte wahr ist. (Abg. Richter: Erfunden !) Nun, dann i} sie wenigstens gut erfunden. Fiengegen muß man gel Guut werden. Der an sich fehr guten Bestimmung, daß in

äumen, woselbst Butter gewexbsmäßig hergestellt, aufbewahrt oder verpackt wird, die Herstellung, Arsbewahrung oder Verpackung von Mar- garine untersagt ift, wird die Spiße dadur wieder abgebrochen, daß von ihr das Aufbewahren der für den Kleinhandel erforderlichen Bedarssmengen in öffentlihen Verkaufsstätten wieder ausge- nommen ist. Die Gefäße und äußeren Umhüllungen, in denen Margarine verkauft wird, sollen die nicht verwishbare Inschrift „Margarine" tragen. Vielleicht empfiehlt es sih, gewisse Formen vorzuschreiben, in denen nur die Margarine verkauft werden darf. Der Gedanke der Färbung der Margarine, die von manchen Seiten verlangt is, ist mir nicht sympathisch, weil weite Kreise daran Anstoß nehmen würden. Jch persönli würde es nicht thun. Der erstrebte Zweck, illoyale Konkurrenz abzuschneiden, würde dadurch auch kaum erreicht. Das Geseg wird aber ih sprehe allerdings nur in meinem eigenen Namen vielleiht so auszugestalten sein, dh die Butterproduktion erleihtert wird. Die Margarinefabrikation ist seit 1887 von 15 auf 90 Millionen Kilogramm gestiegen und wird demnach 'nach weiteren sieben Jahren vielleicht. auf 200 bis 250 Millionen Kilogramm gestiegen sein. Hat da. nicht der Staat die Pflicht einzuschreiten, um die Butter produzierenden Erwerbs- zweige zu s{hüßen? Die Möglichkeit, die produzierte Butter anzubringen, is \chon jeßt außerordentlih erschwert, und die Butter produzierende Bevölkerung wird immer mehr gefährdet. Da muß man der Frage einer Besteuerung der Margarine fühlen Herzens gegenübertreten. Der Staat kann die an sih gesunde Entwicktlung der Margarinefabrikation ja nit abschneiden, aber er kann sie zu verlangsamen suchen, damit sih in der Zwischenzeit die Butterproduzenten auf diese Konkurrenzverhältnisse einrihten können. Man spriht zwar von einer Vertheuerung der Lebensmittel ; aber die Besteuerung würde die Mas nicht vertheuern, denn die Fabriken arbeiten mit einem sehr hohen Gewinn. Der Verdienst der Fabri- kanten würde also vermindert und damit der Anreiz, neue Fabriken zu gründen. Dann scchwindet auch die Neigung des Zwischen- handels, mit aller Kraft auf die Verbreitung der Margarine hinzu- wirken. Eine Erhöhung des Margarinepreises wäre s{chwer, weil sih fonst der Preis der besten Margarine dem Preis der ge- ringsten Sorte Butter zu 1ehr nähern würde, Eine weitere Ge- fährdung der Butter produzierenden Bevölkerung würde wieder zahl- reiche kleine Bauern in die Großstädte treiben, dort die Arbeitslosigkeit vermehren, etnen kolossalen Druck auf die Löhne ausüben, die Schul- lasten, Armenlasten u. #. w. und damit die Kommunalsteuern steigern. Die Steuer könnte nah den Farbenstufen progressiv bemessen werden. Das klingt zunächst etwas scherzhaft, aber wem daran liegt, daß seine Margarine aussfieht wie Butter, der kann ruhig eine höhere Steuer bezahlen. Was nüßt es, wenn einige Margarinefabrikanten gute Ge- \chäfte machen und tausende und abertausende von kleinen Bauern- existenzen geschädigt werden! Unsere steuerlich stark belasteten rheinischen Bauern insbesondere haben unter der Konkurrenz des holländishen und überseeishen Schlachtviehs und der mit der mangelhaften Kontrole verknüpften Verseuhungsgefahr viel zu leiden. Der Margarinekäse ist heute ein noch sehr wenig verbreitetes Pro- dukt; in 10 Jahren aber dürfte diese Produktion denselben Auf- \{wung genommen haben, wie die der Margarinebutter. Es wäre deéhalb sehr am Plaße, dem Gedanken einer Margarinesteuer näher

zu treten. Ich beantrage, die Vorlage ciner Kommission von vier- zehn Mitgliedern zu überweisen.

Abg. von Podbielski (dkonf.): Ih begrüße die Vorlage als einen erheblihen Fortschritt und hoffe, daß es gelingen wird, in der Kom- mission das Gefeß auszubauen und zu vershärfen. Wirksam werden ann das Geseß, wenn die Ermächtigungen, welche dem Bundesrath ertheilt werden sollen, wirklich durchgeführt werden, wenn wirkli eine gerechte und strenge Kontrole eingeführt wird, damit nicht Waare verkauft wird, welche dem nicht entspricht, als was sie bezahlt wird. Es wird überhaupt auf Grund des Nahrungsmittelgeseßes zur Gründung von Untersuhungsanstalten in größerer Zahl geschritten werden müssen. Ich kann es nur dankend anerkennen, daß der Borrednétt ein städtisher Vertreter, so warm für den Bauernstand eingetreten ist, der si in einer höchst schwierigen wirthshaftlichen Lage befindet. Daß der Butterpreis nicht gesunken sei, muß. ich bestreiten; wir find jeßt im Winter auf einen Butterpreis von 9 A gekommen; im vorigen Sommer. betrug der Preis 78 (6 für Landbutter, d. h. die Butter des kleinen Landwirths war überhaupt unverkäuflih. Die Margarine is für die Volksernährung von großer Bedeutung; wir wollen den Verkehr darin niht unterbinden. Äber bekommt denn der Arbeiter für sein Geld die Waare, die er erwartet? Das müssen wir mit „nein“ beantworten; es findet eine Täuschung des Konsumenten statt. Die Margarinefabrikation ist entartet. Man benußt nicht nux reine Oleo-Margarine, sondern auch das Stearin; und um das Fett streihbar zu machen, wird Cottonöl zugeseßt. Man hat früher über die Talglichter verzehrenden Kosaken gelaht; jeßt verzehren wir das Stearin, welches zur Lichtfabrikation verwendet werden sollte. Bei der Fabrikation von Margarine werden vielfah Rückstände von Vieh benußt, vor deren Genuß viele Käufer bon Margarine do zurück|chrecken würden. Die eingeführten NRobstoffe für die Fabrikation müßten einer strengen Kontrole unter- worfen werden, Die Färbung der Margarine kann man unter- lassen; denn einmal kann die Farbe doch leiht wieder entfernt, oder dur andere Färbung so geändert werden, daß die Farbe der Butter- farbe ähnlih wird. Die Gesetzgebung is in Belgien am weitesten gegangen, Man hat die Scheidung der Verkaufsräume absolut durchgeführt, ohne daß es zu Schwierigkeiten geführt hätte. Es be- steht eine Streitfrage darüber, ob die Zumishung von Milch zu -ge- statten ist; darüber ist man aber einig, daß für die Kunstspeifefette die Zumischung verboten werden müsse. Der Berliner Butterkrieg hat zu dem Ergebniß geführt, daß die Buttethändkler fich bei Ver- mischung der Butter und der Margarine immer damit entschuldigt haben, daß dies seitens des Lieferanten oder seitens der Angestellten aus Versehen geschehen fei. Um solche Versehen zu verhindern, muß eine Trennung der Verkaufslokalitäten erfolgen. Die Fabrikation von Margarinekäse hat zugenommen, aber es giebt wohl niemand, der wissentlih Margarinekäse gegessen hätte. Es wird so gehen wie mit der Butter; Margarine wurde als Faktoreibutter nah England verkauft, bis die deutshe Butter das Vertrauen verlor und der ganze Export \tockte; so wird es mit dem Margarinekäse {ließli auch gehen. Den hundert Margarinefabriken stehen Tausende von Bauern gegenüber, welhe sih auf die Viehzucht gelegt haben , weil der Körnerbau nicht mehr lohnt. Diesen Bauern macht die Margarine eine bedenklihe Konkurrenz. Deshalb muß das Geseßz so ausgestaltet werden, daß es wirksam wird für unsere deutsche Landwirthschaft, für den deutschen Bauernstand. Wir beantragen O die Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mit- gliedern.

Abg. Krüger (nl.) ist im allgemeinen einverstanden mit der Vorlage, wenn ihm auch die Kontrole der Fabrikationsräume und der Lagerrâume eine zu weitgehende scheint; namentlichß müßte den Beamten „ebenso wie den Fabrikinspektoren Wahrung des Ge- schäftsgeheimnisses zur Pflicht gemaht worden. Daß die Befugniß zum Erlaß weiterer Anordnungen dem Bundesrath übertragen sei, sei richtig: weil dadur die Einheitlihkeit des Verfahrens gewahrt werde. Redner empfiehlt ebenfalls die jeinfepung einer Kommission.

Abg. Müller -Waldeck (deutsh-soziale RNeformp.) spricht seinen

Dank dafür aus, daß die Regierung sih entschlossen habe, den pro- duktiven Ständen auf diesem Gebiet zu Hilse zu kommen ; aber be- dauerlih sei es, N Regierung den betretenen Weg nicht bis ans Ende gegangen sei; hoffentlih gelinge es in der Kommission, die Regierung von der Nothwendigkeit der Vershärfung der Vor- lage zu überzeugen. Redner bedauert ferner, daß die Motive noch immer nicht genügend Rücksicht darauf nähmen, daß der Name Buttter allein für die Butter reserviert bleiben folle, und daß man eine gesundheitspolizeilihe Kontrole der Fabrikation für unausführbar halte, troßdem doch eine solde Kontrole für die solide Fabrikation von großer Bedeutung wäre. Die Trennung der Verkaufslokalitäten lasse sich in den Städten fehr leiht durchführen; auf dem Lande gebe es keinen eigentlihen Butterhandel, die Konsumenten könnten sih leiht beim Produzenten mit Butter versorgen. Die Färbung der Margarine sei nicht möglich, weil sie ein sehr weit verbreitetes Volksnahrungs- mittel treffen würde. Aber umgekehrt würde es vielleiht dur- führbar fein, das Färben der Margarine, um sie der Butter ähnlich zu machen, zu verbieten. Man brauche bei der Behandlung der Materie nicht fo fehr zartfühlend zu sein, denn die Oleo-Margarine, welhe zur Herstellung der Kunstbutter verwendet werde, komme hauptfächli®ß aus dem Auslande; die einheimishe Produktion fei dabei nit betheiligt. __ Abg. Krzyminski spriht sich namens der Polen ebenfalls für die Vorlage aus; es sei erfreulih, daß die Wissenschaft ein sehr gutes Ersaymittel für Butter geschaffen habe, und es sei zu hoffen, daß die Vorlage den unlauteren Wettbewerb bei der Fabrikation behindern werde. Cine Preissteigerung, wie fie die Agrarier erhofften, werde wohl niht eintreten; wie denn überhaupt die ganze Frage nur vom gesundheitlihen Standpunkt aus beurtheilt werden dürfe.

Schluß 41/5 Uhr. Nächste Sizung Montag 1 Uhr.

Nr. 2 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 10. Januar, hat fol- genden Inhalt : Kolonialwesen d E taate. ette zur Ausübung der (Be- rihtsbarkeit erster Instanz fowie zur Vornahme von Zivilstandsakten für das T der Marschall-Inseln. Bankwesen: Status der deutshen Notenbanken Ende Dezember 1895. Polizeiwesen : Ausweifung von Ausländern aus dem Neichsgebiet. i

Nr. 2 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“- herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 11. La: nuar , hat folgenden Inhalt: Amtliches : Dienst - Nachrichten. Nichtamtliches: Der Neubau der Moabiter Brücke in Berlin. Der Wettbewerb für das neue Provinzial - Museum in Hannover. (Schluß.) Der heutige Stand der Wiener Wasserversorgung. Berechnung von Mauerankern. Vermischtes: Auszeichnungen an Baubeamte der Stadt Berlin. Preisbewerbung für einen Monu- mentalbrunnen in Aschaffenburg. Preisbewerbung für Thür- und Fonsterbeschläge. Verfahren zur Trockenlegung von Baugruben. De an der Shack-Galerie in München. Besuch der Technischen Hochschule in Berlin.