1896 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ri vos e C E E imt FEE Lr E A T E Sr t E E R Zem e i ee E E T rer Pa A E E ide: cn0dd p M - is - E É n a N ce Nen Bs fri reit Pi Er E Ai pi E I 590 Fey wnd Ara Max Sd M

Baden.

Bei dem Festmahle, welhes am Sonnabend Abend in der fthalle zu Karlsruhe statifand, hielt, wie die „Karlsruher tg.“ berihtet, Seine Königliche Hoheit der Großherzog olgende Rede:

„Kameraden! Es ift Zeit, deb ih von Ihnen Abschied nehmen muß. Bevor ih Sie jedoch verlasse, möchte ich noch einige Worte an Sie richten. Die heutige Erinnerungsfeier war eine der \{chönsten, die ih erlebt. Es if heute nicht nur der Tag der Er- innerung an die Schlachten, die wir ges{lagen haben, es ist au der La der Wiederherstellung des Deutschen Reichs. Sie, meine Freunde, haben oft die „Wacht am Rhein“ gesungen, wenn der Ruf an Sie erging; es war ein Freudensang, und er hat {öne Erfolge gehabt. me brauchen wir die „Wacht am Rhein“ nicht mehr in diesem

inne zu singen, weil die Grenzen weitergerückt sind. Aber, meine ie, dieser Wacht gegenüber steht noch eine andere Wacht: die

abt des Herzens. Sie verstehen, was ih darunter meine, diese Wacht festzuhalten und zu stärken, damit wir vor dem Un- Iück bewahrt bleiben, daß sich der Umsturz mehr und mehr

ahn briht. Das ift die Wacht des Herzens. Die Macht, die heute vor 25 Jahren begründet wurde, sie foll auch in Zukunft andauern und uns vor allem Unglück bewahren. Sie, meine Freunde, helfen Sie in Ihren Kreisen diese Macht zu stärken und zu mehren. Hier- mit {ließe ih meinen Abschied von Ihnen, aber ih fordere Sie noch auf zu einem Ruf, und dieser Ruf gilt Ihnen, er gn dem deutschen Heer, das sih heute vor 25 Jahren so glänzend bewährt. Hoch lebe das deutsche Heer, hurrah !“

Hessen.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfing gestern in besonderer Audienz den preußishen außerordent- lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Groß- herzoglihen Hofe Grafen von Dönhoff behufs Entgegen- nahme seines Abberufungsschreibens.

Württemberg.

Wie der „St.-A. f. W.“ vernimmt, werden sich Zhre Majestäten der König und die Königin mit Jhrer König- lichen ted der Prinzessin Pauline zur Feier des Ge- burtsfe)tes Seiner Majestät des Kaisers nach Berlin be- geben und auf der Rückreise Jhren Majestäten dem König u 15 Königin von Sachsen einen Besuch in Dresden abstatten.

Oldenburg.

Das gestern ausgegebene Bulletin über das Befinden JZhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin lautete: „Am Tage viel, in der Nacht kein Schlaf. Zunehmende Er- shöpfung.“

Oesterreich-Ungarn.

Dem gestrigen Ball in der Hofburg wohnten der Kaiser, zablreiche Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, der Herzog und die Herzogin von Cumberland, der Prinz und die Prinzessi Philipp von Sachsen-Coburg, sowie das diplomatishe Korps und die Hof- und Staatswürdenträger bei. Der Kaiser zeichnete während des Festes die Vektreter der fremden Mächte und die Minister durh Ansprachen aus.

Die „Politische Korrespondenz“ erklärt die Meldung für unbegründet, daß der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich -Este nah Palästina zu reisen beabsichtige. Der Erzherzog werde Assuan, dessen Klima die gehegten Ér- Si rehtfertige, niht vor Ablauf mehrerer Wochen ver- assen.

Wie das „Fremdenblatt“ vernimmt, ist die Nachricht von der angeblichen Verschiebung der M cen des Reichsraths vollständig unbegründet. Jn maß- gebenden Kreisen wird der 10. Februar als der äußerste Termin der Dauer der Landtagssession bezeichnet.

Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentliht eine Bekannt- machung, betreffend die Errichtung cines Eisenb ahn- Ministeriums, welches vorgestern seine Thätigkeit begonnen hat. Ferner publiziert das Blatt ein Organisa tions- statut für die staatliche Eisenbahnverwaltung. Die bisher dem Handels-Ministerium unterstehende General- Jnspektion der österreichishen Eisenbahnen und die General- Direktion der öósterreihishen Staatsbahnen sind jeßt dem Eisenbahn-Minister unterstellt worden.

Der Minister-Präsident Graf Badeni wird am 27. d. M. u den Verhandlungen des galizischen Landtags in Lem- erg eintreffen

Im Triestiner Landtag erklärte der Landeshaupt- mann: der Antrag des radikalen Abgeordneten Spadoni, betreffend eine Sympathie-Kundgebung für die italienischen Truppen in Afrika, sei der Kompetenz des Landtags entrückt und könne nicht zur Verhandlung zugelassen werden. Beim Schluß der Sigung wurden vereinzelte Rufe des Galerie- publikums laut: „Evviva Baratieri, Evviva Galliano !“

Frankreich.

In der gestrigen Sipung des Senats hielt Loubet bei der Uebernahme des Präsidiums eine Ansprache, worin er die Nothwendigkeit betonte, daß der Senat mit größter Umsicht die in Aussicht genommenen fiskalischen Reformen prüfe und eie a7 nüglihe Rolle als mäßigender Faktor nicht herab- ehen lasse.

Italien.

Die A nklagekammer des Appellhofs in Nom hat, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern, dem Antrage des State anwalts ge beschlossen, das Strafverfahren gegen Gio- litti und Genossen wegen Hinterziehung von Dokumenten E aufzunehmen und die Akten dem Archiv einzu- verleiben.

Gricechenland,

Bei der gestern Vormittag erfolgten Eröf\snung der Deputirtenkammer beschränkte sih der Minister-Präsident Delyannis darauf, das Dekret, betreffend die Eröffnung der Session, zu verlesen.

, Das Journal „Asty“ meldet, es seien Verhandlungen zur Wiederaufnahme der diplomatishen Beziehungen Ge Griechenland und Rumänien eröffnet worden.

an hoffe auf einen günstigen Ausgang derselben.

| Serbien. Die S kupschtina hat gestern den serbish-bulgari-

Amerika. »

Amtlih wird aus Ottawa gemeldet, daß Groß- britannien und die VereinigtenStaaten einen Vertrag unterzeihnet hätten, wonach die Klagen wegen der Weg- nahme canadisher RNobbenfang - Schiffe im Beringsmeer durch die Vereinigten Staaten einem Schieds\spruch unterworfen werden sollen; die Schweiz sei E worden, einen Ober-Schiedsrichter zu ernennen für den Fall, daß die Schiedsrichter niht einig werden sollten.

Das Comité des Senats für auswärtige An- gelegenheiten hat, wie „W. T. B.“ aus Mdaitinaton mittheilt, an den Senat in günstigem Sinne über die Resolution, durch welhe die Monroe-Doktrin unterstüßt wird, berichtet; in dem Comité herrsche indessen keine Ein- müthigkeit über den zu erstattenden Bericht. _

Afrika.

Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Adaghamus: General Baratieri habe telegraphiert, daß bis Freitag keine neuen Angriffe auf Makalle stattgefunden hätten, abgesehen von einigen Flintenshüssen, welhe bei der Quelle gewechselt worden Tien: Die Schoaner suhten die Quelle mit Steinen und Erde zu bedecken, um die Jtaliener zu verhindern, sich im Fall eines Ausfalls mit Wasser zu versorgen. Weiter wird berichtet, der Oberst-Lieutenant Galliano habe an den General Baratieri am 17. d. M. geschrieben, daß der Feind befürhte, angegriffen zu werden. Ein Kundschafter, welher am Sonntag das Lager der Abessinier verlassen habe, berihte, daß am Freitag und Sonnabend Kanonendonner und Gewehrfeuer gehört ivorden seien, In dem Kampfe vom 1L d M seien 80 Führer und Unterführer, fast alle dem Korps des Ras Makonen angehörig, gefallen. Unter ihnen befinde sich auch Atobacnel, der besondere Vertrauensmann Ras Makonen's, welchen dieser kurz zuvor noch zur Unterhandlung mit Baratieri nah Adigrat entsandt gehabt habe. Die Konzentrierung der Truppen bei Adigral und Adaghamus habe si vorzüglich und ohne jeden Verlust vollzogen. General Baratieri erkläre diejenigen Nachrichten, welche im Gegensaß zu seinen täglih erfolgenden Meldungen verbreitet würden, für unwahr.

Aus Kapstadt wird der „Times“ unter dem 20. d. M. berichtet, Dr. Jameson und der Rest seiner Anhänger seien unter Vedeckung nah Natal abgegangen. Aus Prätoria werde gemeldet, daß der größte Theil der politischen Gefangenen gegen eine Sicherstellung von je 2000 Pfd. Sterling in Frei- heit geseßt worden sei.

_ Eine von dem Obersten Sir Francis Scott an das britishe Kriegs-Ministerium gerichtete Depesche aus Kumassi vom 17. d. M. lautet: Kumassi wurde heute Nachmittag 1 Uhr ohne Kampf besezt. Amtlich wird weiter gemeidet, der König Prempeh habe sich öffentlih den Engländern unter- worfen; der König und einige seiner Verwandten würden für die Dauer der Verhandlung über die Entschädigung in Cape Coast-Castle festgehalten werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Neichstags und des Herrenhauses befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

__— 3n der heutigen (20.) Sißung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre Dr. von Stephan und Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, theilte zunächst der Präsident Freiherr von Buol dem Hause mit, daß die Firma Mar ckchulz in Berlin dem Hause ein sehr iwerthvolles Kunstwerk, nämlich ein Tintenfaß, als Geschenk überreicht habe. Der Präsident hat der Firma den verbindlichsten Dank des Hauses aussprechen lassen.

Die Berathung des Post-Etats wird sodann fortgeseßt.

Referent Abg. Bürklin (ul.) erstattet über die dem Hause zue gegangene, auf den Post-Etat bezügliche Petition des Magistrats zu Gerresheim Bericht. Die Petition, welche auf Ermäßigung der Sernsprehgetühren abzielt, soll nach dem Antrag der Budget- kommission den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung über- wiesen werden.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (3.) aua des Hauses der Ab- geordneten, welher der Finanz-Minister Dr. Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein, der Justiz-Minister Schönstedt und der Minister des Jnnern M bia von der Recke beiwohnten, brachte zunäst das

räsidium, welches Seiner Majestät dem Kaiser und König die Theilnahme des Baue aus Anlaß des Ablebens Seiner König- lichen Hoheit des Prinzen Alexander ausgesprochen hatte, folgendes Allerhöchste Schreiben zur Kenntniß :

Dem Präsidium spreche Jh Meinen wärmsten Dank aus für die herzliche Theilnahme, welhe Mir dasselbe im Auftrage des Hauses der Abgeordneten aus Anlaß des Hinscheidens Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Alexander zum Ausdru gebracht hat.

Wilhelm 11.

Ferrer hatte das Präsidium in Ausführung eines Be- schlusses des Hauses bei den Feierlichkeiten im Königlichen Schlosse am 18. Januar die Theilnahme des Hauses an der 25. Wiederkehr des Tages der Gründung des neuen Deutschen Reichs zum Ausdruck gebracht. Seine lajestät geruhten, die Kundgebung huldvoll entgegenzunchmen und das Präsidium zu beauftragen, dem Hause Allerhöchst ihren Dank zu übermitteln.

Nach diesen Mittheilungen trat das Haus in die erste Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1896/97 ein. …… Abg. Richter (fr. Volksp.) : Selten hat \ih ein Finanz-Minister über die Schäßung der finanziellen Situation so geirrt, wie diesmal der Herr Finanz-Minister Miquel. Man könnte ihn bödstens vergleihen mit dem Grafen Posadowsky. Welche Angriffe find gegen diejenigen gerihtet worden, welche die inanz- lage günstiger _ beurtheilen als der Finanz - Minister ! Man sprach von Finanzkünsteleien, Lügen in die eigene Tasche hinein u. f, w. Dabei handelt es sh nicht um die Gestaltung einzelner

Etats, sondern die Gejammtlage sollte den Grund N für dauernde

Steuern, welche die Grundlage wesentliher Judustr ezweige erheblich zu verändern drohten. Es wurde gesagt: wenn man sih mit dem kalten Nein begnügt, dann werde man an den Patriotismus dieses uses appellieren, und es wurde angedeutet, daß man ushläge zu den direkten Steuern erheben würde. Die neuen Steuern hatten nur zu Uebers(üfsen, zur Thesaurierung geführt. Jm vorigen Jahre suchte der Finanz-Minister die etwas

chen Auslieferungévertrag und die Privilegien für die liste Gesellschaft vom Rothen Kreuz angenommen. |

günstiger gewordene Finanzlage zu begründen mit dem großen Wind-

bru. Die 11 Millionen, die daraus an Einnahmen ent

haben aber das Defizit nicht von 56 auf 8 Mileanden sind, edrückt. Damals s\tellte der Finanz-Minister es so dar d erab, Forfteinnahinen im folgenden Jahre ungünstiger sein wür le as laufende Jahr hat aber auch kein Defizit, wir s einen Ueberschuß zu erwarten. Die Gerechtigkeit hätte es boten, einige Worte der Anerkennung zu sagen für die Ar it welhe den Reichs-Etat zu Gunften Preußens umgestaltet hat; e: : der Finanz-Minister hat niht einmal den einfachen Thatbestand fest, estellt. Nur 2 Millionen braucht Preußen zum Zwei-Milliarden, Stat des Reis noch beizusteuern. Um mehr als 30 Millionen £; sih das Verhältniß Preußens zum Reich günstiger gestellt, nit u 17 Millionen, wie der Finanz-Minister ausgeführt hat. Nah i Etat hätte Preußen 20 Misllioncn an das Reih zu zahlen. S Wirklichkeit bekommt es aber noch 124 Millionen. Das zu kon statieren, wäre um so wichtiger gewesen, als cs zeigt, daß Preußen günsti Ä steht ohne den Automaten, als es mit demselben der Fall gewesen wen denn danach bâtte Preußen 124 Millionen weniger zu empfangen, Der Finanz-Minister hat eine Zornesrede gegen den Reichstag ge« balten, weil derfelbe ihn gewissermaßen in einen embarras dg richesses gebracht hätte. Eine Korrektur des preußischen Etats auf Grund des Reichs-Etats hätte ja leiht bewirkt werden fönnen, Aber irgend eine thatsächlihe Verwirrung ist garnicht eingetreten; man brauchte nur von der Vollmacht, Anleihen aufzunehmen, keinen Ge, brauh zu machen. Aber dieser Vorwurf mußte erhoben werden wo wäre sonst der Automat geblieben? Das Finanz geseß würde den Finanz-Minister garniht bewahrt haben vor der Verwirrung; denn dasselbe follte nur ein Maximum der Matrikular- beiträge festseßen; aber in der Wohlthätigkeit sollten dem Reich keine Schranken geseßt werden; es hätte in dem Erlaß der Matrikular- beiträge so weit als möglich gehen können. Was den Etat für 1896/97 betrifft, so beträgt das Defizit, welches der Finanz-Minifter selbst schon nur ein papternes nennt, 15 Millionen Mark. Die höhere Veranschlagung der Ueberweisungen aus den Zöllen wird das Defizit voUftändig decken; denn der Anschlag derselben ist um 20 Millionen hinter der Wirklichkeit zurüdgeblieben. Wenn die Ermäßigung der Matrikularbeiträge den Finanz-Minister so in Verwirrung bringt, so ist das nicht ermuthigend für die Budget- kommission des Reichstags, in welcher der Neichs-Schaßsekretär son erklärt hatte, daß die Einzelstaaten sih eingericztet hätten auf die Matrikularbeiträge. Man hat gemeint, der Finanz-Minister solle sih etnen preußischen Automaten einrihten. Jn zwei Jahren hat si das Verhältniß Preußens zum Reih um 50 Millionen günstiger ge- staltet; der Minister könnte diefe Millionen als Fonds für einen folchen Automaten nehmen; aber ih halte es für ungerechtfertigt, bindende Formen für die Regicrung und den Landtag zu schaffen. Im abfoluten Staat waren folhe Formeln nothwendig als Ersatz für die mangelnde Kontrole des Landtags. Jett führt das zu einer Be- {ränkung des Etatörechts der Volksvertretung, das ohnehin ein, geshränkt genug ist. Die Verstaatlißung der Bahnen hat einen \chwankenden Faktor in den Etat gebraht; um das zu paralysieren, muß man nicht feste Faktoren zum Ausgleich einführen, fondern Ein, nahwen, die si diesen Schwankungen anpassen können. Das Eisen- bahn-Garantiegeseß hat sich nit bewährt. Der Finanz-Minister felbst hat dabei mitgewirkt unter Berufung auf die hannoverschen Beispiele. Herr von Stephan bezeichnete das Gesetz damals gleich als einen Schaumfloß, Wohin das führt, das ergiebt si daraus, daß, wenn {chließlid doch ein Defizit entsteht, Zuschläge zu den direkten Steuern nothwendig werden. Ich will aber niht nur vor die mathematisce Sicherheit eines solchen Zuschlags gestellt sein, sondern die Gesammtlage des Landes dabei in Betracht ziehen, ob dieselbe wirklid einen folhen Zuschlag zuläßt. Unser werbendes Vermögen übersteigt unsere Schulden; wenn man die Schuldentilgung verstärkt, so wird unser Aktivvermögen verbessert. Für 1891—95 berechnet der Finanz - Minister einen Fehtbetrag von 100 Millio- nen, vergißt aber, daß mehrere Jahre über 100 Milltonen Mark Ueberschüsse aus der Einkommensteuer zurückgelegt find, die jeßt als Betriebsfonds benupt werden. Ferner sind viele Millionen ver- wendet worden für die Verbesserung des werbenden Kapitals der Eisenbahn. Wenn man die Bilanz Preußens von heute vergleicht mit der vor Einverleibung der neuen Provinzen, so ergiebt sich eine Steigerung von 14 auf 44 #4 pro Kopf. Der Minister behauptet, die Privatbahnen hätten mehr amortisiert; das bestreite ih. Die Aktien- bahnen haben die Aktien ntcht amortisiert, sondern nur die Prioritäten, und die Grncuerungsfonds hat eine Staatsbahnverwaltung nicht nöthig, Der Finanz-Minister überschäßt die Macht des Staats und die Beamtenweisheit, und er unters{äßt, was durch die Selbsthilfe ohne den Staat geleistet werden kann und geleistet wird. Bei der großen Produktivität an Gedanken, die dem Finanz-Minister eigen ijt, bei der Beweglichkeit seiner Phantasie und fcines Geistes ist die Gefahr sehr groß, daß wir verlockt werden zur Erfüllung sehr bedenklicher wirths{aftlicher Probleme zweifelhafter und sicherlih unwirthschaftlicher Art. Merkwürdig ist, daß alle diese Probleme mit einer gewissen Knappheit an Geldmitteln zusammenfallen. Der Finanz-Minister hatte den. Plan der Kasernierung der Beamten, er wollte vorüber- gehend den Großgrundbesißern Hunderte von Millionen zur Verfügung stellen. Einen kleinen Niederschlag haben wir in der Zentralgenofsen- schaft, in der Silounterfstützung, in der Subventionierung der Sekundär- und Tertiärbahnen u. . w. Der Finanz-Minister ist freigebig, wenn es sih um Unternehmer handelt, die er süßen möchte, aber nid, wenn es si um die Erfüllung der eigenen Aufgaben des Staats handelt. Für Militär- und Kirhenwesen hat er eine ofene Hand; aber für die eigentlihe Aufgabe des Staats hat er nichts übrig, Gr rühmt, daß er 74 neue Richterstellen geschaffen hat. 50 neue Nichterstellen sind hon nothwendig wegen der Steigerung der Be- völkerung. Die Medizinalreform unterstüßt der Finanz-Minister nicht, denn ic) nehme nit an, daß man die Sache im Kultus-Ministerium hat liegen lassen. Was giebt es aber Nothwendigeres als die öffentliche Gesundheitspflege, in welcher wir um ein Menschenalter zurückgeblieben find! Mit der Verstärkung des Extraordinariums aus laufenden Mitteln bin ich vollständig einverstanden. Aber es ist niht genug geschehen, namentlich bezügli der Fustizbauten. Unwürdig fehen die Justizgebäude aus, namentlichß wenn sie in der Nähe der modernen Kasernen oder Postbauten stehen. Der Finanz- Minister hat Deckung gefuht auf der reten Seite gegen die Zu- muthung, den Botanischen Garten an Berlin abzutreten. Jn welchen verständigen Kreisen Berlins hat man denn das verlangt? Die Berliner sind doch keine Agrarier! Die Berliner sind nicht gewohnt, Pläße geschentt zu bekommen, im Gegentheil, wenn Kirchen gebaut werden sollen, soll Berlin die Plâge ge- währen. Eine nothwendige Aufgabe ist auch die Erweiterung der Königlichen Bibliothek und der Umbau der Akademie. Der Kultuë-Minister von Goßler hat Worte des Dankes ausgesprochen für dea Verzicht Seiner Majestät des Kaisers auf die Gardes du Corps-Kaserne. Der Kriegs-Minister hatte damals erklärt, daß die MPiilitärverwaltung keinen weiteren Anspruch erheben würde auf diese Grundstücke. Auf Grund dieser Erklärung hat der Minister von Goßler einen ausführlichen Plan vorgelegt. Es fehlte also nur die Ausführung; nun bekommen wir im Reichstage eine Vorlage, als ob die Gardes du Corps- Kaserne wieder von zwei Kompagnien des Kaiser Alexandec Garde-Grenadier-Regiments belegt wird und als wenn dann das Grundstück an das Haus-Ministerium ab- gegeben werden fol. In Verbindung damit steht der Neubau der Kaserne am Kupfergraben. Es handelt sich dabei um den werth- vollsten Plaß in ganz Berlin, der sich für Zwecke der Kunst und Wissenschaft und für \taatlihe Zwecke eignet wie kein anderer, und nun foll dort eine neue Kaserne gebaut werden 0 aht Kompagnien des Alexander-Regiments. Dafür hat der Militärfiskus ließli) do andere Pläße. „Den Play am Kupfergraben hatte man sogar für das NReichötagsgebäude vorübergehend in Auesicht genommen. Ver Finanz-Minifter hatte keine Ursache, sich zu vertheidigen gegen den Borwurf, er habe bei der Einführung der Alterszulagen geschnitten. Diese Umgestaltung der Besoldungen ist ein wahrer Segen für die Beamten.

Die Vereinigung der beiden Klassen der Bureaubeamten halte ih für fehr zweckmäßig. Aber ehe die große allgemeine Besoldungsverbesse-

ang Plah greifen wied, werten, ie meisten Begmen alt urd grav

" Seestädte führen Klage über das Einfuhrverbot für dänische Schweine.

én in daher für ein shrittweises Vorgehen, weil eine Wblonenmäßige Erböhung nicht rihtig wäre. Das war das Unglüd, | 1890 die Besoldungsverbesserung angeregt wurde, daß der Finanz- b n Scholz Reformpläne nicht vorlegte. “Der Punft, zunächst ansegen muß, is der Wohnungsgeld-

chuß denn die Wohnungê8miethen sind durhweg gestiegen. Das Geseß über das Wohnungsgeld {ließt sich viel zu Fbr das militärische Vorbild an. Es sind dauernde Aufwendungen uch jeyt schon mögli, denn der Etat is nicht nur sparsam veran- lagt sondern es liegen noch große versteckte Reserven darin, z. B. nat man nur die Eisenbahneinnabmen nah dem 10 jährigen Durch- schnitt veranshlagen wollte. Im Vordergrund stehen dann auch noch die großen Ersparnisse aus der Konversion der Staatsschulden. Ich will dahin gestellt sein lassen, ob im vorigen Sommer schon der oment der Konversion gekommen war; aber wir sehen, daß alle Staaten, solche, die weniger Kreditansprüche machen können als wir, mit der Konversion vorgehen. Bei 32 %/% würden wir 18 Millionen, bei 3 °% noch sehr viel mehr sparen. Die Staatsgläubiger haben keinen Anspru darauf, auf die Dauer mehr Zinsen zu bekommen, als es dem Geldmarkt entfspriht. So lange die Konvertierung nit erfolgt ist, sind diese Staatspapiere gar feine sihere Anlage. Die Mögl:chkeit der Konvertierung muß man in das Finanzprogramm, wenn auch nit diefes Jahres, aber der nächsten Zeit einsegen. Dann wäre es auch Zeit, die Eisenbahn- Tarifresorm vorzunehmen und eine Herabseßung der Steuersäße in den mittleren Klassen der Einkommensteuer herbeizuführen. Der Undwirthschafts - Minister sammelt “lei „und Kohlen auf die Hiupter aller Agrarier; vielleicht lassen diese sih dadurh be- immen, ihm etwas mchr Nechnung zu tragen, ih meine in Bezug quf ihr Verhalten. Nach allem, was der Landwirthshafts-Minister ¡ler den Antrag Kaniß gesagt hat, müßte er eigentli au Gegner seiner Zuckersteuervorlage fein ; denn der Preisfall des Zukers is auch jur aus vorübergehenden Ursachen entstanden und hat sh s{chon etwas ausgeglihen. Neu ist in diesem Etat eine Position für den Ankauf von Domänen in den westlichßen Provinzen zur Errichtung yon bäuerlihen Stellen. Es muthet uns eigentbümlih an, neue Domänen zu \cchaffen in einem Augenblick, wo so viel Domänenpächter sich im Konkurs befinden. Die Absicht des Ministers is eine sehr lobenswerthe; aber ih möchte nah den Verhältnissen des Westens bezweifeln, daß man auf diese Meise etwas erreichen kann ; font wäre doch die Provinzialverwaltung die nächste dazu. Als wir das Dolationsgeseßp machten, ging die Absicht dahin, daß die Ausgaben für Landwirthschaftspflege auf die Provinzen übergehen sollten, der Staat solle sih nur die großen Zwecke vorbehalten. Man könnte auf diesem Gebiet mehr leisten, wenn die landwirthschaftlichen Vereine unter Vorsitz der Landräthe darauf verzihten, sich mit Wähcungsfrage, Antrag Kaniß n. st w. zu beshäftigen. Bei den Domänen, insgesammt gerechnet, ist der Rückgang der Pachkerträge nur 9% in 18 Jahren ; das ist weniger, als die Zinsrente in derselben Zeit zurüd- gegangen ist. Erwägenêöwerthec wäre es, die 18 jährige Pachtperiode zu verkürzen und die Domänen im Osten zu verkleinern. Der (Bes treidebandel leistet, das will ih zugeben, an manchen Stellen nicht das Richtige; es könnte durch Genossenschaften etwas gebessert werden. Aber im allgemeinen bin ih nicht der Meinung, daß die Genofsen- {haften mehr erreichen werden. Probieren geht über studieren! Das is ritig ; aber probieren unter Staatshilfe ist niht das richtige robieren. Die Proben müßten selbständig A werden. flu den Schulze-Delißsch’s{chen Genossenschaften ist erst etwas geworden, als sie das Subventionsprinzip aufgaben. Die Viet-Staffeltarife halte ich für überaus nüßlich, nicht bloß für die Allgemeinheit, fon- dern au für die Konsumenten. Die Minister sollten sfi nit be- irren lafsen durch die Interessenten des Westens. Die dichtgedrängte Jndustriebevölkerung des Westens verlangt eine bessere Fleijchzufuhr. Sollte man darauf niht Rücksicht nehmen, so würden die Eisenbahn- tarife Binnenzölle werden. Bezüglich der Viehseuchen muß doch unter- suht werden, ob die jegigen Maßregeln niht zu weit gehen, ob sie nicht auf eine Preisfteigerung hinausführea. Wunderbar ist es do, daß das vorsichtige England die Einführung gefhlahteten leishes von Amerika nicht für gefährlih hält. Die preußischen

Sie haben die Quarantäne- Anstalten mit großen Opfern eingerichtet md hofften, daß folhe Verbote nicht mebr vorkommen würden. Diese Maßnahmen betrachtet die Cleveland’sche Botschaft ja auch hauptsählich als gegen Amerika gerichtet. Jm Ministerium des Innern haben wir ja einen Wechsel erlebt. Jch füble mih veranlaßt, anzuerkennen, daß diesmal das fonstitutio- nelle System angewendet ist. Die fkollegiale Verfassung des Ministeriums i zur Geltung gekommen, der Minister-Präfident selbst hat die Gründe der Erilafiaha deim Entlassenen mitgetheilt. Das Verdienst des Ministers von Köller war die Verdoppelung bes Polizeifonds und die Gründung der Berliner Korrespondenz, Aber troßdem werden immer noch Nachrichten anderweitig verbreitet. Merkwürdig ist dabei aber das Verfahren des Polizei - Prâä- sdiums, welches die Nachrichten zu versteigern eint. Cs waren auch weitergehende Nachrichten aus dem Bereich der Thätigkeit des Polizei-Präsidiums angeboten. Jch weiß nit, wo die Einnahmen gebuht werden. Die Veröffentlihung solcher Nachrichten aus Polizeikreisen erfol gt toh im öffentlichen Interesse. Der Vlinister des Innern ist noch, wie bemerkt worden ist, ein unbeschriebenes Blatt, er hat keine parlamentarische Vergangenheit, er ist gewiß kon- servativ, wie alle unter Herrn von Puttkamer beförderten Beamten. Mit Rüccksicht auf das Vertrauen des Parlaments wird ja kein Minister berufen. Der Minister des Innern bat so mehrere Aufgaben von seinem Vorgänger überkommen. Es hat mich gefreut, daß er die Vorschriften über cie Versiherungen aufs neue prüfen will. Die Vorschriften entsprahen mehr dem statistischen Bedürfniß als den Zwecken einer Kontrole; sie gingen zu weit. Die Vorschriften sind niht erlassen, um die amerikanischen Gesellshaften aus Deutschland zu entfernen, wenn au diese - vielfach davon befonders betroffen werden. Eine Reform der Vorschriften empfiehlt si, fo z. B. be- ¿üglih der Kautionspflibt der Gesellshaften; dagegen sind besonders unsere Gesellschaften, weil sie eine gleihe;Maßregel vom Auélande be- fürhten. Gefzeut hat es mi ferner, daß der Minister des Innern das Sparkassengeseß nit als etwas Fertiges übernehmen will, daß er sich eine Prüfung vorbehält. Mir 1t lange kein Geseßentwurf zu Gesicht gekommen, der ein solcher Yus8wuchs ist von falschen fiskali- hen und sozialen Gesichtepunkten. Die Kommunen sollen das Risiko übernehmen ohne jede Entschädigung und unter greler Beschränkung der Verwaltung. Die Hannoveraner sind son fleißig in der Kritik, das ist um so terer, als die Feder des Finanz-Ministers bei dem Entwurf mitgearbeitet zu haben scheint. Ob die Prozesse gege die fozialdemokratishen Vereine mehr von der Staatsanwaltschaft oder von der Polizei aus3gehen, lasse ich dahingestellt. Man richtet die Splitter bei einer Partei und übersieht dabei, daß die- selben Dinge vorkommen bei den landwirthschaftlichen Vereinen. Ein solches Vorgehen hindert die Organisation jeder Partei. Ich möchte den Minister bitten, unsern Antrag im Reichstage wegen Aenderung des Vereinsgeseßzes zu A Geschieht das nicht, 0 wird eine Prämie darauf gesetzt, welche Partei es am besten ver- steht, Verstecken zu spiclen mit der Polizei. Besonders dringend ist auch die Reform des Wahlrechts. In diesem Jahre zieht die Steuer- reform ihre vollen Konsequenzen zum ersten Mal, weil die Vermögens- euer und die neue Veranlagung der Gebäudesteuer hinzukommt. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß sich wiederum die Zahl der Wähler erster Klasse um 6099/9 vermindert hat, troßdem die Gesammtzahl der Wähler um 14 9/6 gestiegen ist. Und sehen Sie si die Klassenbildung an! Jn einem Bezirk kommt man mit 20 000 teuer nit in die erste Klasse, in anderen aber {hon mit 40 M4

an sollte um so mehr reformieren, als die Autorität des geseß- senden Körpers auch bedingt wird dur die Art der Wahl. Wir nd Freunde des Lehrerdotationsgeseyes; wir sind der Meinung, daß die hulgescßgebung nur abschnittweise zu stande gebracht werden

Ministers Schranken; jeßt hängt {ließli alles ab von

der jeweiligen Anschauung des Ministers oder gar eines einzelnen

Squlraths. DieStadt Berlin macht ja damit sehr seltsame Erfahrungen.

Die Zedliß" sche Maßregel, betreffend den Religionsunterriht der

Dissidentenkinder, wird ortgeführt. Man belebt dadur nur die frei-

religiöse Richtung. Die Mehrheit dieses Hauses wird dieses

Verfahren nicht billigen; wenn der Minister wegen der eriht-

lichen Urtheile die Sade nicht ändern will, dann follte er

eine Vorlage darüber machen. Mich hat lange nichts fo überrascht,

wie das Verhältniß zu den Gemeinden, welches im Geseg zum Aus-

druck gekommen ist. Die großen Gemeinden werden verkürzt in ihren

Staatêszuschüssen; nur für die ersten 25 Lehrer sollen Zuschüsse gewährt

werden. Das läuft s{hnurstracks entgegen dem, was das Haus gewollt

bat. Die Entwürfe der Minister von Goßler und von Zedlitz ent-

hielten eine sold)e Bestimmung nit, und sie sind doch auch vom

Finanz-Minister gebilligt worden. Man hat sih die Theorie zureht

gemacht, daß die großen Gemeinden wohlhabender sein sollen. Aber

der Zuzug in die Städte besteht gerade aus armen Leuten, die mit

4 oder 6 M Steuer veranlagt sind, während jedes Schulkind 60 M Zuschuß kostet; zudem is die Sculbaulast in diesen Städten cine fehr viel größere als in fleinen Städten. Wenn die Berliner

Vororte einverleibt werden, dann {fällt die Staatsunterstüßung fort, uud die Schullast wird noch größer. In dieser Vorschrift liegt ja gleihsam eine Strafe für die Anstellung neuer Lehrer. Es giebt arme Landgemeinden, aber auch reiche; es ist aber nicht möglih gewesen, leistungsfähige Schulgemeinden zu hafen. Die Berufung auf die Verfassung i nicht zutreffend; denn \onst wäre unsere ganze Schulgeseßgebung der leßten Jahre verfassungswidrig.

Der Leistungsunfähigkeit der Gemeinden wollen wir Rechnung tragen ; die ärmeren Gemeinden sind {hon besser gestellt bei den Pensions- zuschüssen u. s. w. Es heißt, 270 9/6 würden für die Schule aufgebracht auf dem platten Lande; darin sind aber die Staatszushüsse, die doch nicht aufgebraht werden, mit enthalten. Schon jeßt bekommt das platte Land mehr Zuschüsse für Schulzwecke, als es selbst aufbringt, und wenn die Vorlage angenommen wird, wird es mehr erhalten, als es an Einkommen- und Vermögenssteucr aufbringt. Ist das ein ge- rechtes Verhältniß? Eine solche ungerechte Behandlung der großen Städte ist bis jeßt selbs von den extremsten Agrariern nicht verlangt worden. Die Macht dazu hat ja der Landtag; aber nur, weil die Städte nicht genügend vertreten gewesen sind. Im Herren- hause sißen nur 47 Vertreter der Städte, und dennoch repräsentiert der Bürgermeister von Berlin mehr an Steuer- leistung, als die q1ämmtlichen Grafenverbände u. #|. w. Die selbständigen Stadtkreise bringen die Hälfte sämmtlicher direkten Staatssteuern auf. Die Stadt Berlin, die den sechsten Theil der Staatésteuer aufbringt, hat niht den dritten Theil der Bertreter, die sie haben müßte. Es ist Unzufriedenheit genug vorhanden. Man thäte gut daran, niht durch solche frasse Vorschläge noch mehr Unzufriedenheit zu erregen. Wir werden ja wenige Fortschritte machen in der Gesetzgebung ; aber verhüten wir wenigstens, daß diese Vorlage zu stande kommt.

(Schluß des Blattes.)

Beiden Häusern des Landtags sind die Nachrichten von der Verwaltung der preußischen Staatsbergwerke, Hütten und -Salinen während des Etatsjahres 1894/95 sowie die Verhandlungen des Landes-Eisenbahnraths im Jahre 1895 zugegangen.

Die Kommission des Herrenhauses für die Vor- berathung des Geseßentwurfs, betreffend das Anerbenrecht bei Nenten- und Ansiedelungsgütern, hat si konftituiert und den Landes-Direktor Dr. von Leveßow zum Vorsißenden, den Frei- herrn von Landsberg-Velen-Steinfurt zum Stellvertreter des Vorsitzenden, den Ober-Bürgermeister Westerburg zum Shrift- führer und den Grafen von Hutten-Czapski zu dessen Stell- vertreter gewählt.

Der Hofbesißzer Lassen, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den 2. schleswig - holsteinishen Wahlbezirk, is gestern gestorben.

Kunst und Wissenschaft.

{t Das Verzeichniß von Photographien nach Werken der Malerei, das die Verlagéfirma Amsler und Ruthardt hierselb in Lieferungen herausgiebt, {reitet rüstig seinem Abschluß entgegen. Die lettausgegebene (V11.) Lieferung enthält die holländische Schule des XVII. Jahrhunderis, darunter das 100 Nummern um- fassende Werk von Franz Hals und Rembrandt mit 234 Nummern, ferner die deutsche und englische Malerei des XVII. Jahrhunderts. Dadurch, daß der Aufbewahrungsort der Originale überall gewissenhaft angegeben und die Hauptdaten aus bem Leben der einzelnen Künstler mitgetheilt find, wird das {lichte PreisverzeiWniß von Photographien gew: ssermaßen zu einem knappen Handbuch der Ge- \chihte der Malerei, abgesehen von den Diensten, die es jedem Kunst- freunde bei der Beschaffung des kunsthistorischen Anshauungsmaterials leistet. Sämmtliche in dem Katalog aufgeführten Photographien sind in der Kunsthandlung von Amsler und Ruthardt vorräthig oder hne llstens dur dieselbe zu beziehen.

In der außerordentlichen Generalverfammlung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe am Mittwoch, den 22. d. M., wird der Kafsenberiht für 1895 vorgelegt werden. In der sich anschließenden ordentlihen. Sißung kommen die Preis- arbeiten für Thür- und Fensterbeschlags-Garnituren (Gruppe T) und für eine Geschäftskarte zur Ausstellung und Besprehung. Die Sißungen finden im großen Saale des Architektenhauses um 8 bezw. 9 Uhr Abends statt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanien.

Durch Königliche Verordnung vom 15. d. M. ift für Herkünfte aus Rio de Janeiro und Santos wegen dort aufgetretenen Gelb- fiebers Quarantäne angeordnet worden. Außerdem gelten alle Häfen, welche von den beiden genannten Orten in gerader Linie nicht weiter als 165 km entfernt sind, als verdächtig.

Handel und Gewerbe.

äglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks 28 e Dee Müde und in Oberschlesien. A An der Ruhr sind am 20. d. M. gestellt 12 680, nicht rechtzeitig

gelte Ob crsPlesien sind am 18. d. M. gestellt 4913, nit reht-

zeitig gestellt 254 Wagen.

Der Aufsichtsrath der Kieler Bank wird der Generalver- ie Berz p 5. Februar einberufen wird, für das Jahr 1595 die Vertheilung ciner Dividende von 83 9/ (gegen 8 ‘/o im Vorjahr)

vorschlagen. i J lau, 20. Januar. (W. T. B.) Getreide- und Pro- ui z A arft. Srditus pr. 100 1 1009/0 exkl. 50 6 Verbrauchs- abgaben pr. Januar 49,30, do. do. 70 4 Verbrauchs8abgaben pr. Ja- nuar 29,80. 0 , i l, 20. Januar. (W. T. B.) Bei der heute eröffne en Woll (auttion O die retse unverändert, nur beste Yellows

fann. Diese Gesetzgebung scht endlih der diskretionären Gewalt des

waren 4 billiger. 4128 Ballen wurden verkauft.

Verdingungen im Auslande.

Egypten. j 3. Februar. Verwaltung der Eisenbahnen, Telegraphen und des gels von Alexaadrien in Gabbary: Lieferung von Holz. Lasten- eft beim „Reichs-Anzeiger“.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 21. Januar. (W.T.B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Stuttgart“ ist am 18. Januar Vormittags in New- York angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Prinz Hein- rich“ hat am 19. Januar ae die Reise von Port Said nah Suez fortgesezt. Der Reichs-Postdampfer „Darmstadt * hat am 19. Januar Nachmittags die Reise von Southampton nah Genua fortgeseßt. Der Postdampfer , Willehad“ hat am 20. Ja- nuar Nahmittags Dover passiert. Der Postdampfer , Weimar“ ist am 18. Januar Mittags von New-York nah der Weser ab- gegangen. Der Postdampfer „Mark“ hat am 20. Januar Vor- mittags Vlissingen passiert. Der Postdampfer , Weser“ is am 8, Januar von Rio de Janeiro nach der Weser abgegangen. Der Neichs-Postdampfer „Bayern“ hat am 20. Januar Morgens die Reife von Southampton nah Antwerpen fortgeseßt. Der Neichs-Postdampfer „Gera“ is am 18. Januar Nachmitiags in Colombo angekommen. Î Hamburg, 18. Januar. (W. T. B.) Hamburg-Ameri- kfanishe Packetfahrt- Aktien-Gesellschaft. Der Post- dampfer „Holfatia“ ist am Donnerstag in St. Thomas ax- gekommen. ; ; London, 20, Januar. (W. T. B.) Die telegraphischen Verbindungen mit Süd-Afrika. find acts infolge von Unterbrechungen der Kabel an der östlichen und westlihen Küste. London, 20. Januar. (W. T. B.) Der Union- Dampfer „Athenian“ ist am Freitag auf der Heimreise in Kapstadt an- gekommen. Der Union-Dampfer „Norman is am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Union- Dampfer „Tartar“ ift gestern auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Theater nud Musik.

Konzerte. : :

Die als Konzertsängerin und Gefanglehrerin in vielen Kreisen wohlbekannte Altistin Frau Dr. Jda Klee gab gestern in der Aula des Falk -Nealgymnasiums cia Konzert, für welches sie ein gut gewähltes Programm aufgestellt hatte. Mit Meyerbeer?s „Bettel - Arie“ aus dem „Propheten“ begann die Reihe der Vorträge. Ihre klangvolle, unter der bewährten Leitung des Profet1\ors Engel ausgebildete Stimme, sowie ihre dramatisch belebte Vortragsweise kamen in dieser Arie vorzüglih zur Geltung. Die Reinheit der Intonation und die Deutlichkeit der Aussprache waren musterhaft. Neicher Beifall und mehrmaliger Hervorruf folgte hierauf wie auf den Vortrag einiger Liedec von Schumann, Wagner, Löwe, V. von Woikowsky und W. Sas. Die bereits öfter gehörte Pianistin Frau Elisabeth Eckstein-Rouge unterstüßte das Konzert dur einige Piècen von Brahms, Chopin, Liszt und Moszkowski, die sie mit tehnisher Gewandtheit und {wungvoller Ausdrucksweise vortrug. Das zahlreih erschienene Publikum spendete auh ihren Leistungen wohlverdiente Beifallsbezeugungen. Die Begleitung der Gesänge hatte der Pianist und Komponist Herr W. Sacks übernommen und führte dieselbe lobenswerth aus.

Der Violinist Max Grünberg aus Sondershausen, Lehrer an dem Klindworth’schen Konservatorium hierselbst, gab am Freitag in Gemeinschaft mit der Piaaiftin Marie von Unschuld und dem Neuen Berliner Symphonie-Orchester, welhes von Herrn Philipp Scharwenka geleitet wurde, ein Konzertim Saale der Sing- Akademie. Eine s{wungvolle, dem Vorvilb2 Weber's folgende Fest- Ouvertüre von P. Scharwenka eröffnete den Avend; hierauf spielte Herr Grünberg das D-dur-Konzert von Beethoven, freilih nicht ohne einige Unebenheiten im Technischen. Hervorragender war die Leistung der Pianistin, die mit energishem Anschlag und lebendigem Vortrag die Phantasie von Liszt über ungarische Volks- lieder und kleinere Stücke von Schumann, Henselt und Anderen zu Gehör brahte. Fräulein von Unschuld ist eine Wienerin und hat ihre Studien unter Leitung Stavenhagen's gemacht. Herr Grünberg brachte noch einige Piòcen von Vieuxtemps und Paganini zur Ausführung, die glei den Vorträgen der Pianistin mit Beifall aufgenommen wurden. Das Orchester leistete in der Begleitung der Konzertstücke durchaus Lobens8werthes. E

Im Königlichen Opernhaufe gelangt morgen C. M. von Weber's „Freischüg" unter Kapellmeister Dr. Mudck's Leitung in folgender Beseßungzur Aufführung: Agathe: Fräulein Hiedler; Aennchen :

raulecin Dietrich; Kaspar: Herr Mödlinger; Max: Herr Sommer; Ottokar: Herr Bulß; Eremit: Herr Beß; Kuno: Herr Krolop; Kilian: Herr Krasa; Samiel: Herr Schmidt; die Brautjungfern werden von den Damen Weiy, Rothauser und Egli gesungen.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen, am Geburtstag Gotthold Ephraim Lessing's „Nathan der Weise“ mit Herrn Klein als Nathan gegeben. Im übrigen lautet %ie Beseßung: Saladin : Herr Ludwig ; Tempelherr : Herr Matkowsky ; Recha: Frau von Hochenburger ; Sittah: Fräulein Poppe; Daja: Frau Schramm; Patriarch: Herr Oberländer; Derwisch: Herr Arndt ; Klosterbruder: Herr Eichholz. / :

Der Orgelvortrag, welchen Herr Otto Dienel morgen, Mitt- woch, Mittags 12 bis 1 Uhr, in der Marienkirche unter Mit- wirkung der Frau Laura Rauchstein-Schauhmann und des Organisten Bernhard Irrgang veranstaltet, enthält Orgel- und Gefangs-Kom- positionen von Bach, Händel, Beethoven, P. Blumenthal, O. Brieger und O. Dienel. Zum Schluß wird letzterer seine Variationen über „Unsern Kaiser, Gott, erhalte“ vortragen. Der Eintritt ist für Jedermann frei.

Mannigfaltiges.

In der vergangenen Nacht gegen 1 Uhr entstand in dem nah dem Wasser ¿zu gelegenen Theil des hiesigen Königlichen Schlosses, in welhem die Köuiglihe Hausbibliothek untergebracht ist, ein Schornsteinbrand, dur den ein Regal mit Büchern der oberen Galerie der Bibliothek vom Feuer ergriffen wurde. Die Feuerwehr war sehr ras zur Stelle und löschte in kurzer Zeit den Brand. Der angerichtete Schaden if niht erheblich.

Die Rekrutenbesihtigung beim 2. Garde - Regiment z. F. findet morgen sowie an den folgenden drei Tagen ftatt. An denselbe Tagen werden auch die Rekcutea des Garde-Füsilier-Negiments, des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 und des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 besichtigt.

Die Trauerfeier für den verstorbenen hanseatishen Gesandten Dr Krüger hat heute Nachmittag um 2 Uhr in der Wohnung, Viktoriastraße 30, in Anwesenheit des Reichskanzlers uen zu Hohen- lohe-Schillingsfürst und unter Betheiligung der höchsten Staats» beamten sowie der Mitglieder des Bundesraths in feierlicher Weise stattgefunden. Die Gedenkrede hielt Hofprediger D. Frommel. Heute Nacht wird die Leiche nah der Vaterstadt des Heimgegangenen, nach Lübeck, überführt, wo am Donnerstag um 2 Uhr die Beisegüng im Erbbegräbniß an der Seite der Gattin und der Eltern erfolgen wird.

Gestern Abend beging der Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in den preußishen Staaten die Feier seines fünfundfiebzigjährigen Bestehens durch eine glänzende fest- lihe Veranstaltung in den Sälen des Kroll’shen Etablissements, die, der Feier entsprehend, fkünstlerish ausges{müdckt waren.

D Staats - Minister Dr. von Delbrück, der seit 36 Jahren al Vorsitzender an der Spiye des Vereias steht,

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