1896 / 21 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

s Vereins der Deutsch - Nationalen in Graz Feier der Neuerrichtung des Deuischen Reichs. Der Statt- Marquis Bacquehem betonte in seiner Erwiderung, daß der Statthaltereibehörde nicht KugemunN werden könne, zu eranstaltungen die Bewilligung zu- ertheilen, die nah dem Programm den österreichishen Staatsgedanken ignorierten und die ruhmvolle Geschichte Oesterreihs in geringshäßiger Weise darstellten. Es sei Pflicht und Aufgabe der Behörden, den österreichishen Standpunkt zur Geltung zu bringen und nichts zuzulassen, wodurch die politishen Gefühle der Bevölkerung verleßt werden könnten, wenn es in ihrem Wirkungskreise liege, dies Sgra | i der gestern im ungarischen Unterhause fortge- eßten Berathung des Budgets des Ministeriums des nnern erklärte der Minister Perczel: Das jeßige ei niht vereinbar mit einer Autonomie Komitate. enn die äußerste Linke einerseits die Regierung für alles verantwortlih mache, andererseits die Autonomie aufrecht erhalten : wolle, so sei dies cin Widerspruch. Mit Bezug auf die Klagen über Wahl- mißbräuhe sagte der Minister, die eingeleiteten Unter- suchungen hätten die Grundlosigkeit der Beschwerden ergeben. ie Opposition habe auch nicht einen einzigen Beweis bei- gebracht für Wahlmißbräuche von seiten der amtlichen Organe, welch leßtere er gegen Angriffe vertheidigen müsse. Hierauf wurde das Budget des Minsteriums des Jnnern im allge- meinen angenommen, und das Haus trat in die Spezial-

debatte ein.

gierungssystem

Großbritannien und Jrland.

Der Prinz Heinrich von Battenberg ist an Bord des Kreuzers „Blonde“ auf der Fahrt von Cape Coast-Castle nah Madeira am 20. d. M. Abends 9 Uhr infolge eines

ieber-Rückfalls gestorben. Der Kreuzer kehrte sofort nach

ierra Leone zuruck, wo die Leiche einbalsamiert und dann von dort nah England gebracht werden wird. Die Königin Victoria empfing die Nachricht von dem Tode des Prinzen gestern Vormittag in Osborne während des Frühstüks. Ob- wohl tief erschüttert, übernahm Allerhöchstdieselbe es dennoch, der Prinzessin Beatrice die Trauerkunde mitzutheilen. Der Hof hat für scchs. Wochen Trauer angelegt.

(Prinz Heinrich Moriß von Battenberg, der dritte Sohn des verstorbenen Prinzen Alexander von Hessen aus dessen morganati- scher Ehe mit der Gräfin Julie von Hauke, war geboren am 6. Ofk- tober 1858 und vermählte sich amn 23. Juli 1885 mit der Prinzessin Beatrice von Großbritannien und Irland. Der verstorbene Prinz bekleidete in der britisen Armee den Rang eines Oberst. Lieutenants uud R Gouverneur der Insel Wight und des Schlosses Caris-

roote. L Der Kriegs-Minister Marquis von Lansdowne erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern Abend in einer in Salisbury

ehaltenen Rede, daß die Regierung fortfahren werde, die Ver- färkung der Rüstungen zu betreiben.

Bei der gestern in Belfast vorgenommenen Ersaßwahl zum Unterhause siegte der Kandidat der Konseroativen Sir James Haslett mit einer Majorität von 161 Stimmen Über Turner, den Kandidaten der Unabhängigkeitspartei.

Frankreich.

Die Regierung erhielt eine Depesche des General - Resi- denten in Madagaskar Laroche aus Tananarivo vom 19.0. M, worin derselbe, dem „W. L. B.“ zufolge, mit- theilt, die Königin habe den von dem Ministerium abge- änderten Protektoratsvertrag unterzeichnet.

Das Begräbniß Floquet's hat gestern unter großer Theilnahme aller bekannten politishen Persönlichkeiten statt- efunden. Auf dem Kirchhof Père Lachaise wurden mehrere Redén gehalten. Das Begräbniß trug keinen offiziellen Charakter.

Jtalien.

Der italienische Botschafter in Wien Graf Nigra hatte, wie „W. T. B.“ aus Rom berichtet, gestern eine Audienz bei dem König und konferierte sodann mit den Ministern Crispi und Baron Blanc sowie mit dem österreichisch- ungarischen Botschafter in Rom Freiherrn von Pasetti.

Türkei.

Die Pforte hat, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel er- fährt, die Zustimmung der Mächte zur Einführung von Monopolen für Spiritus, Zigarettenpapier, Zünd- hölzer und Spielkarten nachgesuht. Die Botschafter werden über dieses Ersuchen an ihre Regierungen berichten.

Serbien.

Der Abg. Michael Pavlovic, Präsident des fortschritt- lihen, Klubs der Skupschtina, richtete gestern an den Minister des Aeußern eine Anfrage, betreffend das von der ungarischen Regierung erlassene Verbot der Ein- fuhr von serbishem Borstenvieh, welhes mit dem Handelsvertrag in Widerspruch stehe. Das Verbot sei ungerechtfertigt, weil die Transporte von serbischen Schweinen an dem Markt in Steinbruch immer gesund an- / geang! seien. Die Regierung möge erklären, was fie für: die

ahrung ihrer vertragsmäßigen Rechte geihan habe, und was sie zum Schuze der wirthschastlihen Interessen Serbiens vor- zunehmen gedenke.

Amerika.

Aus Havanna wird gemeldet, die Kolonne von Luque habe die Bande Maceo’'s auf ihrem Rückzug überfallen und dieselbe bei Tirado geschlagen; die Jnsurgenten hätten 27 Todte, die Spanier 2 Todte und 14 Verwundete gehabt. Die Ab- theilung von Hernandez habe eine andere Truppe der Jn- surgenten bei Guacamayo geschlagen. Der Oberst Vienna habe in der Nähe von : gh eine Schaar von 1200 Auf- ständischen angegriffen. ie Spanier hätten die feindlichen Stellungen genommen. Der Verlust der Aufständishen hab sich auf 12 Todte belaufen.

Afrika.

Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Adahagamus, der Dolmetscher des Majors Toselli, dem es gelungen sei, am 19. d. M. aus dem Lager der Schoaner zu entweichen, bestätige die Nachriht von den {weren Verlusten auf ais der Schoaner, sowie daß der Negus Menelik irenge, aber nuglose Befehle gegen die Vornahme von Razzias erlassen habe. Ras Makonen solle in Ungnade gefallen sein. Theophilos und Ras Agos seien der italienishen Sache treu geblieben. Vom italienischen Unter- händler Felter entsandte Boten berichteten, daß dieser am 20. d. M. mit dem Negus Menelik cine Unterredung gehabt habe, die noh nicht beendet gewesen sei, als sie Mittags das schoanishe Lager verlassen hätten. Kundschafter be-

igten, daß am Sonntag kein Schuß bei Makalle ge- fallen sei. G Ein Viari, welche 2 18. d. M. Abends Makalle verlassen habe, berichte, daß der Oberst-Lieutenant

-Galliano Wasser mit Wein in Nationen an die Soldaten hâbe

vertheilen lassen. Der abessinische B Gugsa, der bis vor kurzem in der Schweiz verweilt habe, sei im Lager von Ada- hagamus eingetroffen und vom General Baratieri mit allen Ehren empfangen worden. Baratieri habe dem Prinzen ein Zelt neben dem Hauptquartier anweisen lassen.

Aus Kapstadt ist der „Times“ die aGrOe fugegangen, daß die Verhandlungen gegen die politi)hen Ge- fangenen in Prätoria am 23. April stattfinden würden.

Vames on und seine Offiziere, die vorgestern den britischen Behörden an der Grenze von Natal ausgeliefert wurden, sind nah einer Meldung des „Reuter’shen Bureaus“ in Durban eingetroffen und unverzüglich an Bord des Transportdampfers „Victoria“ gebraht worden, um nah England übergeführt zu werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten be- finden sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (22.) Sigung dcs Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichs-Postamts Dr. von Stephan beiwohnte, wurde die Berathung des RNeichshaushalts- Etats, und zwar des Etats der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltutnig, beim Titel „Unterbeamte“ fortgeseßt.

Abg. Bebel (Soz.): Nachdem ih im vorigen Jahre aus Ellerbeck die Verwendung von Postunterbeamten zum häuslichen Dienst für die Frau Postverwalter zur Kenntniß des Hauses und der Postverwaltung gebracht hatte, glaubte ich, daß diefem Uebelstande abge- holfen werden würde. Aber die Frau des genannten Postverwalters erklärte, die Abgeordneten follten sich um andere Dinge kümmern; sie thäte, was sie wolle, und der Mann thäte auch, was sie wolle. Die Unter- beamten müssen nah wie vor Semmeln holen u. \. w. Aehnliche Dinge wurden von anderen Orten gemeldet. Die Unterbeamten beshwerten sich darüber nicht, weil sie in ihrer Beförderung und Anstellung und in ihren Gratifikationen von den Vorgeseßten abhängig seien. Redner bemängelt ferner, daß Unterbeamte zu Leistungen verwendet würden, für welche sie nit angestellt find; Landbriefträger würden zur Bestellung von Packeten in der Stadt verwendet. Die Sonntagsruhe werde auch noch nicht überall genügend gehandhabt; der anwahsende Ver- kehr habe die Arbeitélast vermehrt, so daß sie nur durch Anstellung neuer Beamten überwunden werden könne.

Abg. Iskraut (d. Refp.): Auf Grund des mir zur Verfügung gestellten Materials bedauere ich, daß ih mir bei der Generaldebatte felbst eine gewisse Beschränkung auferlegt habe. Die Schäden rühren her nicht von lokalen Ursachen, fontecn von dem nit richtigen, bureaukratishen Geist, der dur die Verwaltung geht. Jch kann hier nur einige fpezielle Dinge zum Vortrag bringen. Die Sonntags- ruhe wird nit überall so gut beachtet, wie die Postverwaltung be- hauptet. Nach einigen Mittheilungen, die mir gemacht sind, wird in 7 Postämtern überhaupt kein freier Sonntag gewährt. Bei 7 Post- ämtern wird der zweite, bei 11 der dritte, bei 1 der vierte, bei 1 der fünfte bei 1 der siebente Sonntag freigegeben. Da, wo der zweite Sonntag freigegeben wird, wind keine Nuhezeit in der Woche gegeben.

Präsident Freiherr von Buol: Die Sonntagsruhe haben wir bei den früheren Titeln erledigt; ih bitte den Redner, nicht darauf zurückzukommen.

Abg. Iskraut: Ich rede von der Sonntagsruhe der Unter- beamten.

Präsident Freiherr von Buol: Ich bitte ncchmals, auf die Sonntagsruhe nicht zurückzukommen.

Abg. Iskraut: Ich sprehe von der Soantagsruhe der Unter- beamten, uiht von der der höheren Beamten, welhe Sonntags höchstens arbeiten als Sonntagéjäger, wenn fie auf die Jagd gehen. Wenn ich von der Sonntagsruhe nicht sprechen darf, dann will ch von ihrer Arbeitszeit sprechen. Hält die Postverwaltung diese Art der Sonntagsruhe und Wochen- rube für die Postbeamten für legal? Ich frage das um fo mehr, als der Vertreter der Neichspartci Herr von Stumm erst untersuchen will, ob die Schäden, über welche die Beamten klagen, auch hier im Hause als Schäden angesehen werden. _ Wenn die Post- verwaltung nicht freiwillig Wandel schaft, muß der Reichstag sie dur MNesolutionen oder Anträge dringend dazu auffordern. Herr bon Stumm hat der Postverwaltung die Freundlichkeit gesagt, daß fie es \chon besser gemat habe, als es früher gewesen sei. Es muß aber noch mehr nach dieser Richtung geshehen. Gestern bei dem für den Mittelstand so wichticen Antrag fagte der NRegierungsvertreter, daß die Regierung seit fünf Jahren der Frage näher getreten sei. Die Postverwaltung hat seit 25 Jahren Gelegenheit gehabt, dieser Frage nähir zu treten, und doh ist sie noch niht so nahe getreten, daß Wandel geschaffen ist. Danach if der Standpunkt der Postverwaltung weit entfernt von dem gerechten Interesse für die Beamten. In einem Ort an der Weser haben die Beamten {hon lange genug nah Hilfe geschriceen, sodaß fie sich \chlielich himmelschreiend an einen Höheren, an den Gott der Gerechtigkeit gewandt haben, der will, daß jeder Arbeiter seinen Lohn genieße. Die Postbeamten baben weder Ruhe in ihrer Familie, noch können sie den Gottcsdienft besuchen. In dem mir ugeaengenen Material aus jenem Ort heißt es: Ein Postbeamter könnte allerdings den Gottesdienst besuchen, wenn er nämlich in einer halben Stunde vom Bureau na Hause gehen, sih umkleiden, Mittag essen und nah der Kirche gehen könnte. Wie wenig Verständniß für das religiöse Betürfniß der Beamten herrscht, zeigt der Umstand, daß Herr Singer, ein Vertreter des mosaishen Glaubens, für die-Sonntagsruhe ein- treten mußte. Dieser Zustand paßt nicht in die Zeit der Erinnerung an die 25 jährige Wiederkehr des Gründungstages des Neichs. Der Genctral-Postmeister würde seinen Titel als Meister mit Ehren tragen, wenn er für die Sonntagsruhe einträte. Es wäre überhaupt been, wenn er sich mit Meistern umgeben hätte und nicht mit Ministern juristischer Herkunft, die keine Fachkenntniß haben. Wenn der Gereral-Postmeister nihts weiter fertig bringt, als die Sonntags- unruhe in den Verkehr hineinzubringen, dann hätten wir besser gar keine Postverwaltung. :

Präsident Freiherr von Buol: Jch bitte denkRedner nochmals, auf die Sonntagsruhe nicht näher einzugehen, urd mache ihn auf, die geschäftsordnungsmäßigen Folgen des weiteren Abschweifens aufmerksam.

Abg. Iskraut: Ich bin dem Präsidenten dankbar für die Zurecht- weisung. Mein Abschweifen liegt vielleiht an meiner jungen parla- mwentarischen Erfahrung. Auf die Echaltéverhältnisse der Unter- beamten will ich nicht eingehen, weil ih fürhte, daß der Präsident auch dabei ein Zurückgreifen auf die Generaldebatte verhindern würde. Ich will nur über die Kleidung der Unterbeamten einiges bemerken. Ich wünsche, daß die Postbeamten im Winter so gekleidet werden, daß ihre Gesundheit nicht geshädigt wird, ebenso im Sommer. Nur in zwei Fällen wird der Urlaub gewährt ohne Abzug vom Gehalt.

Man versteht aber in Beamtenkreisen unter Urlaub eine Freigabe von

der Arbeit ohne Abzug vom Gehalt. In diesem Sinne wird im allgemeinen ein Urlaub bei der Postverwaltung niht gewährt.

Bei Schluß dezs Blattcs spricht der Geheime Ober-Post- rath Wittko.

Dm Hause der MVFECEURETEN ist eine Denkschrift, betreffend die in ter Zeit vom 1. April 1893 bis zum 31. März 1895 erfolgten Bauausführungen an denjenigen Wasserstra en, über deren Regulierung dem Landtag besondere Vor- lagen gemacht worden find, sowie der Nachweis über die Verwendung des Dispositionsfonds imErtraordinarium des Etats der Eisenbahnverwaltung für 1894/95 zugegangen.

Nr. 3 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 18. Ja- nuar , Si folgenden Inhalt: Amtliches : Dienst - Nachrichten. Nachrufe. Nichtamtliches : Der Erweiterungsbau der Reichs- v oge in Berlin. Dehnungs- und Spannungsmesser. Der

teubau der Moabiter Brücke in Berlin. (Sc{luß). Geheimer Ober-Regierungs-Rath A. Busse f. Der Großschiffahrtsweg dur Berlin. Ofto Ferdinand Lorenz f. Vermischtes: Bekannt- machung vom 10. Januar 1896, betr. das von dem Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten errihtete Stipendium. E für etne Stadthalle auf dem Johannisberge in lberfeld. Wettbewerb für Entwürfe zu einem Saalbau in Bay- reuth. Wettbewerb um Entwürfe für die Begleiturkunde zur Grashof-Denkmünze. Preisbewerbung für den Rathhausbau in Stegliy. Büchershau. Neue Patente.

Nr. 2 des „Eisenbahn -Verordnungs-Blatts*, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 18. Januar, enthält die Zusaßvereinbarung vom 16. Juli 1895 zum Inter- nationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr vom 14. Oktober 1890.

Nr. 3 desselben Blattes, vom 21. Januar, hat folgenden Inhalt: ale des Ministers der öffentlihen Arbeiten: vom 6. Januar 1896, betreffend „Zeitschrift für Bauwesen" und „Zentralblatt der Bau- verwaltung“; vom 11. Januar 1896, betreffend bauliche Ausführungen in den zum Bereich der Staatsbahnverwaltung gebörigen Dienft- und fiskalishen Miethwohnungen : vom 16 Januar 1896, betreffend Ver- öffentlihung von Erlassen über Personalangelegenheiten in den Direktions-Amtsblättern. Nachrichten.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ist ein Zeuge wegen Ausbleibens vom Termin von dem Gericht mit Unrecht zu einer Geldstrafe verurtheilt und diese Strafe nebst Kosten von ihm eingezogen worden, so hat, nah einem Beschluß des Reicbsgezichts, 1. Zibvilsenats, vom 21. Oktober 1895, das Gericht, sobald nahträglih sein Ausbleiben als entschuldigt anerkannt ist, auf Antrag des Zeugen die Rückzahlung der Strafe und Kosten an denselben anzuordnen, dagegen ist es nicht befugt, die Zahlung der vom Zeugen geforderten Zinsen von jenem Betrage und Erstattung der in dieser Angelegenheit von ihm gemachten Portoauslagen anzuordnen. Wegen unent\chuldigten Ausbleibens als Zeuge wurde N. vom Kammergericht zu einer Geldst-afe von 20 # verurtheilt. Auf feine Beschwerde wurde dieser Beschluß vom Reichsgericht auf- gehoben, weil nah Lage des Falles dem Beschwerdeführer Gelegenheit hâtte gewährt werden müssen, sein Ausbleiben zu rechtfertigen. Ju- zwischen hatte N. die Sirafe und 30 4 Schreibgebühren zur Gerichte- kasse bezahlt. Infolge der demnächst von N. beigebrachten Beweis\tüe crachtete das Kammergericht denselben für entshuldigt und ordnete auf seinen Antrag tie Rückzahlung der 20.4 30 4 an ibn an, wies dagegen den weiteren Antrag des N. auf Zahlung von 69% Zinsen v-n 20 M 30 „g seit der Einzahlung und Erstattung von 50 „(4 P.rioauslagen ab. Die erneute Beschwerde des N. beim Neichsgericht haite keinen Grfolg, „da es an geseßlihen Bestimmungen feblt, welche das Gericht ermächtigen, die Zahlung der geforderten Zinsen und Portobeträge aus der Staatskasse auf den einseitigen Antrag des Beschwerdeführers anzuordnen. Insbesondere ist weder in der Zivilprozeßordnung, noch in der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige dem Gericht eine folhe Befugniß eingeräumt.“ (76/95.)

Der Anspruch auf Ersatz der Heilungs- und Be- erdigungskosten sowie des Vermögensnachtheils, welchen der Ge- tödtete während der Krankheit durch Erwerbäunfähigkeit oder Ver- minderung der Erwerbéfähigkeit erlitten hat, aegen den Schaden- ersappflihtigen für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Berg- werken 2c. herbeigeführte Tödtung 3 Z. 1 des Hasftpflichtgesctze8) steht, na cinem Urtheil des Reichsgerichts, 111. Zivilsenats, vom 29, Oftober 1895 zunächst nur dem Getödteten und tessen Nachlaß zu, seinen Angebörigen also nur in so weit, als sie seine Erben ge- worden sind. Durch dasselbe Urtheil hat das Reichsgeriht ferner ausgesprochen, daß au ein Kind, wel erst nach dem tödt- lichen Unfall seines Vaters geboren worden, einen Un- spruch auf Unterhaltung gegen den schadenersaßpflichtigen Betriebs- unternehmer hat. (179/95.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Für die Annahme eines gewerbesteuerpflichtigen Gewerbe- betriebes einer Aktiengesellshaft kommt cs, nah einer Entscheidung des Ober- Verwaltungêgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 18. April 1895, nit darauf an, ob die Aktiengesellshaft gewisse Geschäfte nah den Statuten betreiben kann, sondern darauf, ob sie solche that - fächlich betreibt. (VI G. 1150/94.)

Für die Oeffentlichkeit eines Flusses ist, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungs8gerichts, 1V. Senats, vom 6 November 1899, rechtlich ohne Belang, wer von ihm die Nußungen zieht, es kommt vielmehr nur darauf an, ob der Fluß an der betreffenden Stelle \chiffbar ist. Der Wegebaufiskus hat vermöge der ihm in Oftpreußen geseßlih) obliegenden Verpflichtung zur Unterhaltung der Land- und Heerstraßen auch die im Zuge der Landstraße von Mehl: sack nah Mühlhausen über die Passarge führende Brücke zu unter- halten. Dieselbe liegt auf der Kreisgrenze zwischen den Kreisen Pr.-Holland und Braunsberg, und die Passarge bildet dort zugleich die Grenze zwischen der Feldmark der Gemeinde Wusen und dem Gutsbezirk Spanden. Infolge dessen nahm der Fiskus auf Grund der §§ 13 flg. Tit. 15 Th. IT A. L.-N. auch die Gemeinde Wusen auf Leistung der zu den Brükenreparaturen nothwendigen Hand- und Spanndienste in Anspruch, welche aber diese Leistung ablehnte, indem sie geltend mate, daß die Pafsarge, wenn au an der frag- lichen Stelle nit shiffbar, dennoch ein öffentliher Fluß sei, weil der Fiskus die Nußungen, insbesondere der Fischerei, aus thr ziehe. Auf die Klage des Fiskus wurde die Gemeinde Wusen verurtheilt, die Hâlite der gesammten die Pafsarge zwischen Wusen und Spanden erforderlihen Hand- und Spannbvicnste zu leisten. Die Revision der Beklagten wurde vom Ober-Verwaltungsgericht zurückgewiesen, indem es ausführte: „Nach der Judikatur des Ober-Verwaltungsgerichts besteht jet kein Zweifel mehr darüber, daß ein Fluß nur soweit als ein öffentlicher gelten kann, wie seine Schiffahrt reicht. Die früher von dem vormaligen König- lichen Ober-Tribunal vertretene gegentheilige Meinung, die dieser Gerichtshof übrigens bereits selbst aufgegeben hatte, ist jeßt au nach E P des NReichsgerihts als endgültig beseitigt anzusehen. IV 1024.

Ueber strêitige Pen sionsansprüche der besoldeten Ge- meindebeamten haben, na einem Urtheil des Ober-Verwaltungs- gerichts, 11. Senats, vom 23. November 1895, die Verwaltungs- gerichte nur und allein ‘darüber zu entscheiden, ab ein Pee Theil des Diensteinkommens als Gehalt in Ansay zu kommen habe oder niht. „Das Zuständigkeitsgesey vom 1, August 1883 bestimmt in § 20 Abs. 4 Folgendes:

zur Unterhaltung der Brücke über ,

Ueber streitige Pensionsansprüche der befoldeten Gemeinde- ‘beamten beschließt, soweit nah den Gemeinde-Verfassungsgesezen die Bellunialana der Aufsichtsbehörde zusteht, der Bezirksaus\chuß, und zwar, soweit der Beshluß sich darauf erstreckt, welher Theil des Diensteinkommens bei Feststellung der Pensiontansprüche als Gebalt anzusehen ist, vorbehaltlich der den Betheiligten gegen- einander zustehenden Klage im Verwaltungéstreitverfahren, im übrigen vorbehaltlih des ordentlihen Rechtêweges.

Der weitere, eirem solhen Beschlusse gegenüber fih darbietende Weg

‘bestimmt sich nach dem Gegenstande, in Ansehung dessen die Be-

theiligten den Streit fortseßen. Soweit cs \ich darum handelt, welcher T heil des Diensteinkommens bei Feststellung der Pensions- ansprühe als Gehalt anzusehen ift, unterliegt der weitere Streit der Entschetdung im Verwaltungsstreitverfahren. In allen anderen Fragen dagegen find die Parteien auf, den ordentlichen Rechtsweg Abgewielen." (IT 1754.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutschlands NRoheisenproduktion. Nach den s\tatistishen Ermittelungen des Vereins deutscher

Eisen- und Stahlindustrieller belief sich die Roheifen-

produïtion des Deutschen Reichs (eins{chl. Luxemburgs) im Monat Dezember 1895 auf 510 405 t ; darunter Puddelroheisen und Spiegel- eifen 141 675 t, Bessemerroheisen 27 458 t, Thomasroheisen 263 288 t, Gießereiroheisen 77984 t. Die Produktion im Dezember 1894 betrug 498 233 t, im Neovemker 1895 489 822 t. Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1895 wurden produziert 5 788 798 t gegen 5 559 322 t im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.

Die See- und Küstenfischerei 1894 von den preußischen : Küsten aus.

(Stat. Korr.) Von den Fischerci-Aufsichtsbeamten wurden im Jahre 1894 Erhebungen darüber vorgenommen, in welchem Umfang von den preußiscben Küsten aus die Fischerei in der Nord- und Oftfee fowie in den Haffgewässern betrieben wird. Diese Aufnabme erstreckte

fich jedoh nur auf die wichtigeren Fischereistationen, weshalb ihre

Ergebnisse, wie auch in der betreffenden Veröffentlichung („Statistik der See- und Küstenfischerei“, Berlin 1895) hervorgehoben wird, einen Anspruch auf unbedingte Genauigkeit nicht überall machen können; immerhin werden sie aber ein annähernd zutreffendes Bild über E ee an den preußischen Küsten zu geben ge- eignet sein.

Stellt man die fo gewonnenen Zahlen zusammen, so ergiebt sich, daß 14902 Berufs- und 11 408 Gelegenheittfisher untec Heran- ziehung bon 1672 Fischerknehten und Arbeitern die See- und Küsten- fisherei während des Jahres 1894 in- Preußen ausübten. Die dabet benußten Fahrzeuge waren zahlrei, und deren Benennung ist je nah den Gegenden ungemein verschieden. Wir finden aufgeführt: 318 Angel- fähne, 6158 Fahrzeuge, die als Boote, L ohne Segeleinrihtung, offeneBoote, Fischerboote oder Jollenkähne bezeichnet werden, 738 Siken, 728 Lommen, 48 gedeckte Lachéskutter, 6 Lachskutter, 71 Lachsangel- boote, 584 große Kähne mit Segeleinrihtung, 75 Handkähne ohne Segel- einrihtung, 299 Strandgarnkoote, 741 Strömlings-, Flundernetz-, Zeesen- und Dorschangelboote, 1419 Küsten-Fischerboote und Kähne, 202 ge- deckte Hochseeboote (darunter ein kleiner Dampfer), 289 Fischhande!s- fahrzeuge, 352 Nebsegelboote, 310 Streuer- und Garnboote, 483 Quasen, 59 gedeckte Fischerfahrzeuge (Elbkutter, Hamenever), 112 balbgedeckte Fahrzeuge (Buttjollen, Schaluppen), 4 Heringelogger, 208 Ever und Kutter. Ein Theil dieser Fahrzeuge wurde nur bei der Hoch seefischerei benußt, bei dec außerdem noh 28 Fishdampfer in Thâtigkeit waren. Von leßteren waren 20 in Geestemünde, 3 in Kranz (Kreis Jork), 5 in Altona beheimathet.. Die Fischdampfer betreiben ausschließlich Grundschlevpnetz-Fischerei mit der Kurre (Trawolneß). Der Hauptfang besteht aus Schellfishen, Kabeljau, Seehehten, Schollen, Rechen und Knurrhahn, außerdem in Seezungen, Steinkutten und Krleißen. Während der Wintermonate wird auch vereinzelt Stör gefangen, für den in Glückstadt eine Anlage zur künstlihen Aufzuht eingerichtet worden ist. Der Fang der Fischdampfer ist verschieden und s{chwankt zwischen 10 000 und 30000 Pfd. In den leßten Jahren betrug derselbe felten über 30 000 Pfd., gegen 40000 bis 50000 Pfd. in früheren Jahren. In der Regel macht ein Dampfer jährlih etwa 40 Reisen. Im Sommer dauert eine Reise etwa 8 bis 10, in den Wintermonaten 10 bis 12 Tage, je nah der Ergiebigkeit des Fangs und je nah der Witterung. Nach dem jedesmaligen Fang werden alle Fische \ogleich geshlachtet, ausgeweidet und in dem dazu eingerihteten Fishraum möglichst jede Sorte für sh in Eis verpackt. Der Bruttoverdienst eines Dampfers beträgt im- Durchschnitt jährlich 60 000 bis 70 000 M; dagegen werden die durhschnittlihen Unkosten einschließlich einer auf 10 v. H. bemessenen Abschreibung für Abnutzung jährlih auf 50 000 bis 60 000 6 veranschlagt, Die Dampfer haben regelmäßig zehn Mann Besatzung. : /

Nicht außer Acht zu lassen ift, daß unter obigen Fahrzeugen die

in den übrigen deutshen Hafenplätzen beheimathcten, insbesondere

diejenigen von Bremen, Bremerhaven, Hamburg, Noftock und anderen Hafenpläßen, nicht mit inbegriffen sind. Wie erheblich die von bier aus betriebene Hochseefischerei ist, zeigt unsere Quelle, nah welcher allein für Hamburg der Werth der in der Seefischerei benußten Fahr- zeuge (darunter 11 Fishdampfer) einschließlich der Fanggeräthe auf 1 050 000 6 veranschlagt, der durdschnittlihe jährlihe Bruttocrtrag derselben auf 700000 A geschäßt wird, die Hochsecfischerflotte von Blankenese aber aus 19 Kuttern uúüund 38 Evern, diejenige von Hamburg-Finkenwärder aus 58 Kuttern und 100 Evern besteht.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Glasgow meldet „,W. T. B.*, daß der Ausstand der Schiffsbauarbeiter beigelegt worden ist. Der Arbeiter- vollzugs8aus\chuß in London hat bes{lossen, die in Carlisle ver einbarten Bedingungen sollten angenommen und die Arbeiter in Belfast angewiesen werden, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen.

Kunst und Wissenschaft.

Ii Die Januar-Aus stellung des Kunst-Salons von

F. G urlitt zeigt eine vornehme Physiognomie; -in den intim aus- gestatteten, wenngleich allzu ungünstig teleuhteten Räumen hat sich eine erlesene Gesellshaft von Meisterwerken ihr Rendez-vous gegeben. Arnold Böcklin hat drei Werke, die auf der vorjährigen Aus- stellung der Münchener Sezession mit anderen zu ciner Bewunderung heishenden Böcklingruppe vereinigt waren, hergesandt. Eine römische Landschast im Stile Poussin’s zählt zu den früheren Schöpfungen des Meisters, denen allerdings jugendlihe Befangenheit kaum anzumerken ist. Die ungestüme Leidenschaftlihkeit seines Temperaments tomwt in der urwüchsigen Schilderung eines „Cimbernkampfes* ¿u vollem Ausdruck, während der 1895 in Temperatecnik gemalte Kcyf der Maria Magdalena uns die Tiefen seines Empfindungslebens er- schließt. Hermann Hendrich, G. Cairati und F. von Schennis müssen sich in dieser Nachbarschaft damit begnügen, dem unvergleihlichen Genie des \chweizer MarveniGters als bescheidene olie zu dienen. In das Lager der Naturalisten ohre Furt und adel führen uns die Gemälde Max Liebermann's, unter denen namentli zwei holländische Dünenstudien den Beweis liefern, daß es auch der malerishen Prosa nicht an poetisher Stimmung fehlt. Auch die Interieurs von Gotthardt Kühl, ebenfalls Bekaunte von der letzten Sezessionsausstellung in München, find niht nur virtuose Farben- capriccios, sondern auch Schilderungen von eht deutscher Intimität und Traulichkeit. Wilhelm Leibl \teßt mit seinen Charakter- köpfen in der malcrischen Durhführung wie in der Auffaffung und im Ausdruck über dge Kritik; ebenso is die großzügige Naturauf- fassung der Thierstücke von Bruno Liljefors in Berlin bereits wiederholt bewundert worten; seine „Auerhahnbalz“ und „Habicht“,

Naturaus\chnitte von überrasck ender Unmittelbarkeit, rufen sie i willlommene Erinnecöung. Die schottishe Landschafterschule - repräsen- tieren Whitelaw Hamilton und James Paterson in einigen sehr charafkteristischen Beispielen.

Von jüngeren Berliner Malern bezw. Malerinnen haben L. Dett- mann, Curt Herrmann, Fanny Levy, H. Rosenberg und L, Ury die Ausstellung beshickt. Dettmann’'s Landschaften E hen neuerdings etwas von ihrer ursprünglichen Kraft eingebüßt ; immerhin find es actunggebietende Leistungen eines feinfühligen Talents. Herrmann führt eine neue Variation seiner Harmonien in Noth und Violett in einem zartgestimmten Interieur ins Treffen, Lesser Ur y einige kraftvoll impressionistishe Landschaftsstudien, während Rosen- berg’s impressionistishe Versuche bei aller Prätension den Stempel der Unreife tragen. Daß naturalistishe Kraft auch ohne breitspurigen Farbenaufwand ihre volle Wirkung behält, beweisen \{chlagend die energisch, aber zielbewußt hingeseßten Originalradierungen von Joseph Israels. J. Sperl, der Freund und Mitarbeiter Leibl's, hat eine Reihe landschaftliher Bilder und Studien bet- (Ee denen allerdings mit der Staffage Leibl's ihr Bestes fehlt. Flott und geistreih find die mit dec Feder gezeihneten Karikaturen von Philipp May in London ausgeführt. Auch die Skulpturen des in Paris ausgebildeten Berliner Bildhauers F. Flaum ver- rathen ein beahtenswerthes Lalent, das ih jedoch an größeren Aufgaben noch erproben muß.

Am 21. d. M. verstarb in Jena der Geheime Rath, Pro- fessor Dr. theol. et phil. Gustav Stidckel, welher im vorigen Jahre unter großen Ehrungen die Vollendung feines 90. Lebensjahres feterte. Stickel war am 18. Juli 1805 in Eisenach geboren, ftudierte in Jena und hat dann seit 1827 ver dortigen Universität als Lehrer an- gehört. Er habilitierte fich in der theologishen Fakultät und wurde in diefer 1830 zum außerordentlihen Professor befördert; erst mit seiner Ernennung zum ordentlichen Professor trat er in die philosophische Fakultät über. Er war der hervorragendste Kenner des orientalishen Münzwesens ; sein Haupt- werk ist das „Handbuch zur morgenländishen Münzkunde“, das 1845 und 1870 in zwei Bänden ershien. Von anderen Schriften seten er- wähnt: „Das Buch Hiob, rhytbmisc gegliedert und überseßt“ (1842) und „Das Hohelied in feiner Einheit und dramatischen Gliederung mit Uebersezung“ (1888).

Aus Wien wird das Ableben des Professors Brunnen: meister, Lehrers für Strafrcht an der dortigen Universität, gemeldet.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

: Niederlande.

Zufolge Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innen find die feiner Zeit gegen Marokko angeordneten Q uarantäne- maßnahmen nunmehr in ihrem ganzen Umfange wieder aufgehoben worden. (Vgl. „R -Anz.“ Ne. 6 vom 8. d. M.)

Cholera.

De sterreich- Ungarn. In Galizien wurden vom: 7. bis 14. Januar aus 2 zu 2 politischen Bezirken gehörenden Gemeinden 8 CGrkrankungen (5 Todesfälle) gemeldet, davon 2 (—) im Bezirk Przemysl, 6 (5) im Bezirk Trembowla.

Egypten. Bis zum 9. Januar wurden nachftehende weitere Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: in Alerandrien am 4. Januar 1 (—), in Charkieh am 830. und 31. Dezember 2 2); in San el- Hagar am 2. und 3. Januar 1 (1), in Bossat am 6. Januar und in Mit Chaddad am 7. Januar je 1 (—), in El - Kur di am 29, Dezember 1 (1), in Man surah vom 29. De- zember bis 1. Januar, in Zagazig und Borachia am 1. und 2. Januar und in Faraskour vom 29. Dezember bis 7. Januar je 2 (2), in Zarka vom 29. Dezember bis 7. Januar 5 (3), in Abu-el- Chekuk am 4. Januar 1 (—), inégesammt 21 (15).

Konstantinopel, 22. Januar. (W. T. B.) In drei Ort- schaften des Vilajets Bitlis sind seit dem 15. Januar 71 Er- krankungen an Cholera vorgekommen, von denen 49 einen tödtlichen Ausgang nahmen. ;

Ostindien. Kalkutta. Vom 1. bis 14. Dezember 1895 starben 94 Personen an Cholera und 650 an Fiebern.

Gelbfieber.

In Rio de Janeiro wurden den „Abstr. of sanit rep.“ und den „Public health reports“ zufolge vom 10. bis 16., vom 17. bis 23. November und vom 1. bis 7. Dezember 7, 18 und 29 Todesfälle festgestellt, in Pernambuco in den beiden Wochen vom 3. bis 16. No- vember je 2, ferner auf Cuba in Cienfuegos vom 9. bis 15. De- zember 2, in Santjago in den 3 Wochen vom 1. bis 21. Dezember wöchentlih 20, 17 und 12, in Pana in den 3 Wochen vom 29. No- vember bis 19. Dezember wöchentlich 8, 6 und 4 bei ungefähr 18, 12 und 8 Neuerkrankungen. :

- Trichinose.

Preußen. Regierungsbezirk Potsdam. In Nowawes bei Potsdam sind in den leßten Tagen des Oktober und der ersten Hâlste des November 1895 insgesammt 21 Personen an Trichinose erkrankt. Die Erkrankungen verliefen zum theil unter {weren Er- \heinungen, haben aber in keinem Fall einen tödtlichen Ausgang ge- nommen. In 17 Fällen wurde festgestellt, daß die Erkrankten trichinenhaltigen Schinken gegessen hatten, der von einem bestimmten Fleischec gekauft war ; jedoch wurde bisber noch nit sier ermittelt, ob das Séehwein, von welchem der Schinken herrüßzrte, der Trichinen- schau entzogen worden war.

Verschiedene Erkrankungen.

Pocken: London 3, Odessa 4, Petersburg und Warschau je 2 Todesfälle; London 20 (Krankenhäuser), Paris 16, St. Petersburg 7 Erkrankungen; Flecktyphus: St. Peteréburg 3 Erkrankungen; NRückfallfieber: St. Petersburg 6 Todesfälle und 180 Erkran- kungen; Genidcksta rre: New - York 3 Todesfälle; Milzbrand: Moskau 2, St. Petersburg 1 Todesfall; Influenza: Mehr als 2 Todesfälle in Altona (3), London (13), New-York (3); Frankfurt a. D. 22, Nürnberg 21, Hamburg 59, Kopenhagen 125 Érkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Mafern (Durch- nitt aller deutschen Bericht8orte 1881/90: 1,30 9/9): in Branden- burg und Lübeck. Erkrankungen kamen vor in Berlin 73, in den Reg.-Bezirken Arnsberg 323, Düsseldorf 144, Minden 260, Schleswig 98, Stettin 107, in München 211, Hamburg 31, Buta- pest 205, St. Petersburg 216, Wien 421 an Diphtherie und Croup (1881/90: 4,49 9/0): in Halle, Kaiserslautern, Königsktütte und Spandau Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 108, in den Neg.-Bezirken Arnsberg 127, Düsseldorf 162, in München 56, Hamburg 36, Budapest 30, Kopenhagen 33, London 96 (Kranken- bäusfer), Paris 110, St. Petersburg 97, Wien 83 desgl. an Scharlach in Berlin 67, Breëlau 38, München 32, Budapest 27, Edinburg 45, Kopenhagen 20, London 299 (Krankenhäuser), Paris 63, St. Petersburg 85, Wièn 98 desgl. an Unterleibstyphus in St. Petersburg 211. A

Der Gesundheitsftand in Berlin blieb au in der Woche vom 5. bis 11. Januar ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,8). Auch in dieser Woche blieben akute Entzündungen der Athmungs- organe vorherrswend und endeten fogar in etwas größerer Zahl, als in der Vorwoche, tödtlih. Erkrankungen an Grippe wurden wohl n2ch häufig beobahtet, doch sank die Zahl der dur sie bedingten Sterbefälle auf 2, Erdheblih seltener als in der vorhergegangenen Woche kamen dagegen akute Darmkrankheiten mit tôdt- lihem Ausgange zum Vorschein. Die Betheiligung des Sâäug- lingealters an der Sterblichkeit blieb eine geringe; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 44 Säuglinge. Von den JInfektionekrankheiten blieben Erkrankungen an_ Typhus vereinzelt. Erkrankungen an Masern haben etwas ab-, an Scharlach und Diphtherie etwas zugenommen, und zwar zeigten fich Erkrankungen an Masern auf dem Wedding, an Scharlach im Strala

uer Viertel, an

Diphtherie in der Tempelhofer Vorstadt, 1seitigen Luisenstadt und im Stralauer Viertel am zahlreichsten. Grteanfeng an Rinde i bettfieber. fam einmal zur Anzeige. Hüufig wurden rosenartige Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut beobachtet; auch Erkrankungen jur dritliGen Behandlung. Zell Sodey hrten, gelangten häufig zur äârz ehandlung. Zahlreih wurden fer t / \{chwerden aller Art zur Frztlichen Beobachtung E e

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengeftellung für Kohlen und Koks

An der Nuhr sind am 22 d M item I Lan

n der Nuhr find am 22. d. M. geste 99, nit ei geftellt feine Wagen. L i L Ln E

n er esien sind am 21. d. M. gestellt 5381, ni e zeitig gestellt keine Wagen. vis de can

: _Zwangs-Versteigerungen.

_ Beim Königlihen Amtsgeriht 1 Berlin ftand am 21. Januar das Grundstück Freienwalderstraße 23, der Fre Gastwirth Ottilie Hanns gehörig, zur Versteigerung : äche 7,02 a; Nußungswerth 2010 (6: Ersteher wurde für das Mei gebot von 29 100 M der Zimmermeister August Bredow, Soldiner- straße 112. Les wurden die Termine wegen der Zwangs- Sena des Grundstücks Gipsstraße 19b., dem Architekten C. F. A. Böhm gehörig.

Die Einnahmen der Königlih bayerischen Staats- bahnen betrugen im Dezember 1895 8 893 834 (+ 948 011) A und vom 1. Januar bis Ende Dezember 116 131 500 (+ 4 289 680) A

Die Königlich württembergishen Staatseisen- A im emer A R uge van von 2790 407

+- 123 773) Æ, und vom 1. April bis Ende Dezember 31 757 3 i 1M 124) t J S s S

Elbing, 23. Januar. Der Geheime Kommerzien - Rat Ferdinand Shichau ift, w'e die „Altpreußische Zeitung“ Ae heute Mittag gestorben.

Breslau, 22. Januar. (W. T. B.) Getreide- und Pro- duktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 1009/6 erkl. 50 M Verbrauchs- abgaben pr. Januar 49,50, do. do. 70 M Verbrauchsabgaben pr. Ja-. nuar 30,00.

Magdeburg, 22. Januar. (W. T. B.) Zuckerberiht. Kornzuder exkl., von 92 ?/o 11,85—12,00, neue —,—, Kornzuder erkl. 88% Rendement 11 40--11,55, neue —,—. Nachprodukte ertl., 759% Rendement 825—925. Stramm. Brotraffinade L 23,79—24,00. Brotraffinade Il 23,50. Gem, Raffinade mit Faß 23,759 24,00, Gem. Melis 1 mit Faß 23,25. Sehr fest. NRobzucker 1. Produkt Tran. f. a, B. mburg pr. Januar 11,525 bez., 11,55 Br., pr. Februar 11,45 bez., 11,521 Br., pr. März 11,50 bez., 11,57é Br., pr. April 11,573 bez., 11,624 Br., pr. Oktober- Dezember 11,00 Gd., 11,074 Br. Stramm.

Köln, 22. Januar. (W. T. B.) Wie die „Köln. Volksztg.“ meldet, beträgt die durch das Kohlensyndikat beschlossene Preis- erhöhung durch\chnittlich 0,50 M für die Tonne.

Leipzig, 22. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmufter B. pr. Januar 3,224 4, pr. Februar 3,25 #, pr. März 3,2745 4, pr. April 3,30 4, pr. Mai 3,30 M, pr. Juni 3,325 , pr. Anl 3,35 4, pr. August 3,35 U, pr. September 3,375 46, pr. Oktober 3,374 4, pr. November 3,374 M, pr. Dezember 3,377 4 Umsay 150 000 kg. Behauptet.

Mannheim, 22. Januar. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. März 15,60, pr. Mai 15,35 NRoggen pr. März 12,90, pr. Mai 12,90. Hafer pr. März 12,40, pr. Mai 12,40. Mais pr.

März 9,90, pr. Mai 9,90.

Bremen, 22. Januar, (W. T. B.) Börsen-Shlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Parole -Bbeie) Ruhig. Loko 6.35 Br. Russisches Petroleum. ofo 6,05 Br. Schmalz. Fest. Wilcex 314 K, Armour fbield 31 K Cudaby 32 §, Choice Grocery 324 §, White label 324 „4, Fairbanks 263 S. Speck. Fest. Short clear middling loto 28 S. Reis unverändert. Kaffee fester. Baum- wolle. Fest. Upland middl. loko 42} A. Wolle. Umsaz: 135 Ballen. Taba. E 198 Seronen Carmen.

Wie, 23; Januar. (W. T. B) Die österreihisch- ungarishe Bank hat heute den Diskont von 5 auf 449% herabgesetzt.

_Amt|\terdam, 22. Januar. (W. T. B.) Java-Kaffee? good ordinary 952, Bancazinn 362. i h

Verkehrs-Anstalten.

i j j (W.T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Neichs-Postdampfer „Bayern“ ist am 21. Januar Nachmittags

Bremen, 23. Januar.

in Antwerpen angekommen. Der Reichs-Postdampfer e Prinz- Regent Luitpold“ ist am 22. Januar Vormittags in Colombo angekommen. Der Postdampfer „Bonn“ hat am 21. Januar Abends Lizard passiert. Der Schnelldampfer „Aller“ ist am 21. Januar Mittags von New-Y ork nah der Weser abgegangen. Der Schnell- dampfer „Fulda“ i1t am 22. Januar Vormittags von Genua nah New-York abgegangen. Der Neichs-Postdampfer „Karlsruhe“ ift am 22. Januar Vormittags in Shang hai angekommen.

London, 23. Januar. (W. T. B.) Der Union-Dampfer C an“ it Montag auf der Ausreise in Kapstadt an- gekommen.

Theater uud Musik.

Berliner Theater.

Die erste Aufführung von Ernst von Wildenbruch's Tragödie „König Heinrich" fesselte gestern bis zu ihrem späten Schluß die Aufmerksamkeit der Zuschauer, die sih in stürmischen, dur keinen Mißton gestörten Beifallsbezeugungen kaum genug thun konnten, Die Tragödie besteht aus einem Vorspiel („Kind Heinrich“) und sünf Akten, die den Lebenélauf des deutshen Königs Heinrih's IV. von feiner Kindheit über den Schmerzensgang nah Canossa hinweg bis zu seinem siegreihen Einzug in Rom um- spannen. Die bühnendichterishe Kraft Wildenbruch's tritt lebendig in der Anlage des Stückes, in der Exposition und der Verknüpfung der Schiksalsfäden hervor; aber die Lösung der Verwielungen ver- [leitet den Verfasser, da bei der gewaltigen Spannung der tragischen Entwickelung eine Steigerung kaum noch mögli erscheint, manchmal zur Anwendung theatralisher, wenn auch keineswegs wirkungsloser Mittel zur Hebung der Stimmung. In dem Vorspiel wird mit überrafhender Klarheit {hon auf die fvätere Charakterentwickelung der hervorragenden Personen und auf die zukünftige tragische

: Verknüpfung der Geschike in unsheinbaren Anfängen hingedeutet. In

dem „Kind Heinrich“ zeigt sich der Mann in seinem stürmischen Empfinden, seiner Unerschrockenheit, seinen {nellen Entschlüssen und in feinem Mitgefühl für menshlihes Leiden. Die Personen, die be- deutungsvoll in sein Leben eingreifen, ihm Richtung unt Gestalt geben, treten ihm in kurzen Scenen gegenüber: seine \strenggläubige Mutter, seine sanfte, kindlide Verlobte, die wilde Gesptelin Praredis, der große Gegner Papst Gregor noch als Archidiakonus Hildebrand und die f\törrishen und „grausamen Sahsen- fürsten. Der Dichter zeihnet dann kräftig und klar den Mann, der aus diesem Kinde, das in heiliger Strenge, fern von zärt- licher Mutterliebe aufrouhs, geworden ist: einen König, in dessen Herzen die milden Regungen von gerechtem Haß und Groll über- Sei worden sind. So tritt König Heinrih in Worms auf und fordert troßig in stürmisher Jugendkraft den Erdball zum Kampf heraus. MNührend gestaltet Wildenbruch die Scenen, in denen der einfame, vom Bannstrahl getroffene König im Wiederfiuden von Kindes- und Gattenliebe, im Erkennen unwandelbarer Unterthanentreue fein troßiges Herz wendet und dur echte Seelengröße den Gang nah Canofsa zu einer föniglihen That gestaltet. Der große Papst erldien