1914 / 234 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Oct 1914 18:00:01 GMT) scan diff

sh die Vereisung Nocd- und Mitteleuropas daraus wohl be- ain In der Jura- und Kreidezeit dagegen foll Europa nnerhalb der tropishen Zone fi befunden haben. Dtese Theorie ist später von dem Leipziger Professor Simroth in einem ausführlichen Werk weiter ausgearbeitet worden. Die neuen Forschungen haben dann gezeigt, daß Polshwankungen oder folhe der geographiihen Breite zwar tatsählic astronomish- nach- weisbar sind, aber einen thi geringen Betrag erreichen, auch eine aanz unregelmäßige Bahn vec Sten Größere Wanderungen der Pole find biober niht ficher gestellt und werden von der Wissen- {aft wohl auch nit früher als wahrscheinlich betrachtet werden, bis man nihchi auch ibren Bründea auf die Spur gekommen ist, die in erbéblihen Verschiebungen der Land- und Wafserverteilung auf der Erdoberfläche gefunden werden müßten.

Theater und Musik.

Deutsches Künstlertheater (Sozietät).

Das Deutsche Künstlertheater eröffnete am Sonnabend die neue Spielzeit mit einer Neubearbeitung des im Kriegsjahre 1871 im Wallnertbeater gegebenen Volksftüdcks „Gewonnene Herzen" von Hugo Müller. Friy Friedmann - Frederih und Malter Tur szinsky hatten die Aufgabe übernommen, das alte Kriegs\tück zeitgemäß umzugestalten, und sie haben sih ihrer mit Geshick und Ge|chmack erledigt. Die gewonnenen Herzen, die Hugo Müller damals meinte, waren die unserer süddeutshen Stammesbrüder, insbesondere der Bayern; in dem größeren Deutschland von beute sind es die treu für Deutschland schlagenden Herzen der El\ässer. Eine Liebes- und Eiferluchtsgeschichte, die sih durch die drei Akte fortspinnt, gibt der Handlung, die sich im Elsaß und auf dem Kriegsshauplaß im Osten abspiëlt, einen einheitlihen Zug. Antoine. ein elsäfsiher Bauernguts- b fiber, der die hübsche Gastwirtötohter Nanette liebt, wird von thr um des preußi\hen Oberlehrers Hermann Walter willen verschmäht. Auf dem Kciegs|hauplay treffen sich auf einem Patrouillengang die betden Männer wieder, und Antoine ist drauf und dran, eine wihtige Mel- bung zu unterlassen, deren Unkenntnis für den deutschen Truppenteil und auch für den verhaßten Nebenbuhler den siheren Untergang bedeuten würde ; aber in dem erregten Wortwechsel, den er mit Walter hat, verrät er das bis dahin sorgsam behütete Geheimnis doch. Der edelmütige Walter faßt das unfreiwillige Gesiändnis Antoines als dienstliche Meldung auf und rettet ihn auf diese Weise davor, einen Landesverrat zu begehen, der Tausenden das Leben gekostet hätte. Damit hat er das Gewissen des Nebenbublers geweckt und sein Herz gewonnen, Jm leßten Akt bringt Antoine Nanette Kunde von dem inzwiihen s{chwer- verwundeten Walter und preist dankbar und warmherzig seinen Helden- finn und seine Tapferkeit. Neben dieser ernsten Handlung, die sich erfreulicerweise ziemlih frei von theatecrmäßiger dre l min hâlt, fiaden sich noch allerhand humoristische Einlagen, deren räger ein abenteu:rnder SHmicrenkomöd:ant, eine derbe Berliner Köchin und ein öslerreihisher Kellner sind. Diesem Kleeblatt sind denn auch die zum Teil recht wißzigen, neuzeillich gefaßten Coupleis in den Mund gelegt, denen Dr. Leopold Schmidt, als musifzlisher Mira-beiter, Ton und Weise anpaßte. Die Dar- slellung war unter Willy Grunwalds Spiellettung durchweg zu loben. Die ernsten Rollen lagen in den Händen der sympathishen Kitty Aschenbach und der Herren Wiene und Schroth. Der legtgenannte gab den Antoine {licht, treuherzig und glaubwürdig. Den Humor vertraten Frau Schneider-Nissen, die mit dem Couplet „Die Garde von Berlin“ einen starken Sondererfolg hatte, und die Herren Forest und Gebühec sehr wirksam. Herr Gebühr legte außerdem einige Lieder zur Laute ein, die vortreffil{ch in die Stimmung paßten und stürmischen Beifall hervorriefen.

Thaliatheater.

Auch die Volksposse „Kam’rad Männe* von J. Kren und G, Okonkowskt, mit der das Thaliatheiter am Sonnabend die Winterspielzeit eröffnete, ist im Grunde eine alte Bekannte. Sie hieß vor Jahren „Kam’cad Lehmann" und ba'te ebenfalls J. Kren zum Hauptverfasser. Damals nahm si eine Szene besonders lustig aus, in der ein junger Kaufmann, der nicht den Mut hatte, einzu- gestehen, daß er dreijährig und nicht als Einjährig-Freiwilliger gedient hotte, von der S-cite seiner jungen Gattin gertssen wurde, um ais Reservist seiner militärishen Pflicht zu genügen. Heute bebt \sich der Humor dieser Szene von ernstem Hintergrunde ab, denn der Krieg ist es, der den Meservisten zu den Fahnen ruft. Unter diefen Umsiänden erlangt er_natürlih leicht die Verzeihung seines bis dahin folzatentcindlihen Schwiegervaters, den die allgemeine S Begeisterung mitreißt und der nun stolz auf den Schwiegersohn ist. Die drolligen Verlegenheiten des jungen Mannes, bevor die Mobilmachung thn zwingt, sein Gebeimnis preiezugeben, bilden den unterhaltenden Inhalt der Posse, die in erfreulihem Gegensay zu manchen anderen dramatischen Erzeugnissen dieser Kuieg8zeit sich von Albernheit ebenso freihält wie von Rühr- feltgkeit. Jhr vaterländishes Gepräge wurde durh ein dem zweiten Akt geshickt eingefügtes „Kriegsalbum“* betont. in dem die Ereignisse der jüngsten Zeit in geschmackvoll gestellten lebenden Bildern an den Augen vorüberzogen. Bet dem leßten Bilde: „Huldigung Kaiser Wilhelms“ sangen die Zuschauer „Deut!ch- land, Deutschland über alles“ gere mit, Die Aufführung derpBolktsposse, deren ansprechende Musik von Max Winterfeld (bisher Jean Gilbert) berrührt, führte alle Hauptkrä'te des Thalia- theaters ins Treffen. Die Titelrolle spielte Herr Nieck, der a!s ge- wandter Darsteller und vortreffliher Coupietsänger den Vogel abshoß. Ater au álle anderen, insbesondere die D.men Werckmeister, Grün- berg, Junker-Schay, N.inecken, die Herren Sondermann und Iunker- mann standen ‘ämtlich auf dem rechten Playe und trugen ihr gut Teil zum Gelingen bei.

Dienêtag, wird im Königlihen Opernhause

Morgen, mit den Damen Tux, Engell und den Herren

der „Freischüt*, ; S Schwegler, Hoffmann, Bachmann, Krasa und Habich in den Hauptrollen, aufgeführt. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Blech.

Theater. lomini, a ; onnabend:

Königliche Schauspiele. Dienstag: | traum. Opernhaus. 136. Abonnementsvorstellung. s ens. E Oper in re eilungen (zum Teil nah dem Volkömärchen „Der Freis üg!) von | Mittwoch: Torquato . Kind. Musik von Karl ‘Maria von

eber. Musikalishe Leitung: Herr | leuchten. Generalmusikdirektor Blech. Regte: Herr Negtfseur Bachmann. Chöre: Herr Pro- fefsor Rüdel. Anfang 7{ Ubr.

Mittwoch: Opernhaus. 185. Karten- theater.)

reservetaß. (175. Schauspielabonnements- a U A Ee Anfang gut Alles gut! Barnÿelm igen von Hans von Wenzel und Ferd.

vorstellung.) Minna von f î

oder: Das Soldatenglück. Lustspiel in | Natkel,

A ggen von Lessing. Anfang ¡© T

: lottenburg, Dentshes Theater. (Direktion: Mar | , Charlottenburg, Diensag, Abends | Direktion: Georg Hartmann.) Dienstag, Reinbardt.) Dienttag, Abends 7 Uhr: | in fünf Akten (zehn Bildern) von Heinri | Ftten von S vou Motow,

1914 (Szenischer Prolog). Hterauf: y Walleusteins Lager. von Kleist Mittwoch: Hamlet. Donnerstag: Prinz Friedrich vou Homburg. /

Freitag: Zum ersten Véale: Die Picco- |

Kammerspiele.

Dienstag, Abends 8 Übr: Sespenster, ein Ruf. afso. Donnerstag und Sonnabend: Wetter- | Öeiratsuest.

Mittwoch: Kleiner Krieg. Donnerstag: Zopf uud Schwert.

Mittwoch: Grüne Ostern. Donnerstag: Krieg im Frieden.

Mannigfaltiges. Berlin, den 5. Oktober 1914.

Ihre Majeslät die Kaiserin und Königin besuchte . T. B.“ zufoige mit Ihren Köntglihen Hoheiten der rzogin von Braunschweig und dem Prinzen Joachim den

otteedienst in der Nikolaikirche. Die Heilung der Wunde Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Joachim hat in legter Zeit folhe Fortschritte gemacht, daß bereits Reitversuhe unternommen werden konnten. Geftern mittag empfing der Prinz den Besuch des Oberhofpredigeis D. Dryander.

e W e

Kaninchenfelle für unsere Krieger. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin regte beim Empfang des Vorstandes des Kriegsausshusses für warme Unterkleidung an, möglichst viel Er- f D toffe für-Wolle zu benuzen. Der Krteg8aus\{huß hat dar- auf hin beschlossen, für die Herstellung von Letbbinden Kaninchenfelle zu verwenden. Um möglihst bald und reckt viel derartige Leibbinden, die von den Sachverständigen als äußerst zweckmäßig anerkannt wurden, den Truppen zugehen assen zu können, ist bereits eine große Anzahl von Kaninchenfellen als Liebes- gaben von den Züchtern gespendet worden, und weitere Spenden werden dringend erbeten. Sofern die Lebesgaben nicht ausreichen, sollen Kaninchenfelle roh oder gegerbt auch angekauft werden. Die Felle sind an die Sammelstelle, Berlin, Dircksenstraße, Stadt- bahnbogen 103, einzuliefern. Anfragen und Benachrichtigung über die Absendung der Felle sowie Angebote von verkäuflichen Fellen sind an die Zertralmelde- und Auskunjtsstelle des Roten Kreuzes, Berlin, Neichstaz, zu richten. S

Die zweite der Veranstaltungen, mit denen sich die Königliche Technische Hochschule in Charlottenburg an der von der Nektoren- kTonferenz aller Berliner Run ins Leben gerufenen Reihe vater- ländisher Vorträge beteiligt, wird am Donnersíag, den 8. d. M., 6 Uhr Abends, wiederum in der Aula der Hochschule stattfinden. Der Geheime Regierungsrat Professor Dr. Otto N. Witt wird über Friedlihe Waffen in kriegerischer Zeit sprehen. Die Teil- nahme an dem Vortrag ist für jedermann frei.

Um die von der Presseabteilung des stellvertretenden Generalstabes 111 B dngelegtee Sammlung von Kriegs- bildern möglihst voliständig zu gestalten, wird, „W. T. B.* zufolge, gebeten, auf den Krieg bezügliche bildlihe Darstellungen (Photo- graphien, Zeihnungen, Illustrationen aus aus!ändiscben Zeitungen, Karrikaturen usw.), die in Deutschland niht veröffen1liht sind, in ein bis zwet Abdrüdcken an den stellvertretenden Generalstab 111 B Presse- abteilung, einzusenden. Auf der RNükseite eines jeden Bildes oder auf einem angeklebten Zettel wäre anzugeben: 1)¿Gegenstand der Auf- nahme mit Angabe von Ort und Zeit; 4 Name und Adresse des

Ia ogenphen, der die Aufnahme gemacht hat, oder des Besitzers des egativs.

Wollsachen für die Truppen. Die Versorgung unserer im Felde stehenden Truppen mit warmer Unterktletdung könnte in besonderer Weise noch dadur gefördert werden, daß Sportveretne (Wassersport-, Rasensport-, Wintersport-, Radfahrer-, Jagdvereine usw.) oder deren Mitglieder die in ihrem Besiß befindlihen Wollsahen, und zwar Jaden (Sweater), Westen, Trikots, Kniewärmer usw. zur Veriügung stellen. Der Kriegsaus\chuß für warme Unterkleidung,

Berlin NW., Reichétagsgebäude, bittet, derartige Spenden ihm sofort

zuzufenden und wird dafür Sorge tragen, daß diese dur die nächsten abgehenden Wollzüge an die Truppen befördert werden.

Der Stoffwechsel im Unterseeboot. Die Leistungen eines Unterseeboots müssen hauptsählich von der Möglichkeit ab- hängig sein. die Besatzung längere Zeit troy dem völligen Einshluß unter Wasser bei Gesundheit und hinreichender köiperliher und geistiger Frische zu erhalten. Der Erfolg beruht mit anderen Worten auf dem Stoffwechsel im Unterseeboot. Darüber haben im leßten Jahre zwet italtenische Marlnestabtärzte Beobachtungen ausgeführt, indem fie selbst eine 24stündige Fahrt unter Wasser unternahmen und die Beobachtungen gegenseitig aneinander anftellten. Die Ein- flüsse eines 24 stündigen Dirnstes unter Wasser fassen die Aerzte in folgende Säße zusammen: Das Körpergewiht nimmt etwas ab wegen der gesteigerten Ausscheidung von Wasser dur die „Haut und die Lunzen. Eßlust und Verdauung bleiben unbecinträchtigt und Nahrung kann in gewöhnlihen Mengen eingenommen werden. Bei einem der beiden Aerzte im Unterseeboot zeigten fich geringe Schwankungen in der Verarbeitung der Nahrung und im Wüärmegleihgewiht des Körpers, während bei dem anderen auch diese auéblieben. Die Stickstoffaufnahme zetgte keine nennenswerte Ver- shtedenheit infolge der Atmung der Luft im ge\{chlossenen Naum“ und ebenfo blieb das Kohlenstoffgleißgew!cht unbeeinflußt. Das mineralische Gleichgewicht endlih wies einen schwachen Verlust auf, der aber kaum der physishen und chemischen Beschaffenheit der Luft“ in dem ver- senkten Unterseeboot zugeschrieben werden kann. Diete Untersuchungen, die selbstverständlih nit die einzigen ihrer Art gewesen \ind, haben auf die Entwickdlung diejer Waffe einen förderlichen Einfluß ausgeübt. Obgleich die Luft in einem solhen Fahr- zeug unmöglih ebenso frisch . sein kann wie über Wasser, so ist innerhalb gewisser Grenzen der Fahrtdauer eine gesundheitliche Schädigung nicht zu befürhten. Ja Frankreih war man fretlih noch vor wenigen Jahren anderer Meinung. obgleich Frankreiß doch das kiassishe Land der Unterseeboote gewesen tst, wo sie ihren ersten modernen Ausbau erfahren haben. Die Witwe eines französischen Secoffiziers hatte dort die Bewilligung einer Pension beantragt und dafür den Grund angetüh1t, daß die Ursahe des frühzeitigen Todes thres Gatten ein zweijähriger Dienst auf Unterseebooten gewesen set. In dem Gesuch wurde behauptet, daß er dadur eine 1 eumatische ih e H IE erworben hatte. Das Ger!cht hat diese Annahme ür berechtiat erflärt und ter Witwe die verlangte Pension zuge- \sprohen. Besonders ermutigend kann diese Tatsache auf die weitere Le und Betätigung der Unterseeboote in Frankrei nicht gewirkt baben.

Komödienhaus. Dienstag, Abends drei Akten von Hans Gaus.

Mittwoch und Donnerstag: Es braust | Halm. ersten Male: Sonnabend: Das Heiratsuest.

Freitag: Zum Das | Pepi

gut Alles gut! Männe.

Bi3mardck - Straße 34—37. Abends 8 Uhr: Martha. Oper in vier Mittwoch: Tiefland. Donnerstag: Die Marketenderin.

Freitag: Fidelio. Sonnabend: Der Feldprediger.

!

, A Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) | Geboren:

r: Es braust ein Ruf. Volksstück | Dienstag, Abends 84 Uhr: Graf Pepi. 0 Ein Sommernachts- aus den Mobilmachungstagen 1914 in Lustspiel, in drei Gties zud n V Ie.

1866 von Robert Saudek und Alfred

Mittwoch und folgende Tage: Graf

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Theater an der Weidendammer | Kan’rad Männe.

Sillertheater. 0. (Wallner- . | Akten mit Gesang und Tanz von Jean d ) Brie, Dienstag, Abends 8 Uhr: Kren und Georg Okonkowski. Musik von i:

Max Winterfeld (Jean Gilbert). Ge- Mittwoch und folgende Tage: Anfaug fatglerte don Alfred S{sönfeld. ) Mittwoch und folgende

Deutsches Opernhaus. (Char- | E

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Hannt Müller mit Hrn. Amtsrichter Dr. Hans Fischer (Berlin). Frl. Charlotte Ruprecht mit Hrn. / Oberleutnant Wilhelm Kaulbah (Pusch- | sowie die 783., 74. und 275. Aus- wiß, Post Malkwty, Kr. Neumarkt).

Meg, 4. Oktober. (W. T. B.) Jm Tornister eines bei Etain gefallenen Franzosen fanden sh zwei Briefe, dle für die französische Geistesverfassung recht kennzeihnend sind. Die Kernstellen an n ersten Briefe lauten im Auszug in deutscher Ueberscezung wie folgt:

„Bouzy, 20. August 1914. Meine lieben Onkels! Bis

Vergnügen gehabt, einen

jeßt habe i noch nicht das »Prusco“ See S O. Viiber Jhr könnt Euch darauf

verlassen : sobald wir ins Feuer kommen und ih tin guter Deckun

liege, werde ih gut zielen. Ui, die Freud’, wenn ih so ein Scheufa

ins Gras beißen sehen werde. Denn kein Erbarmen mit solchen Kreaturen; das find nur Wilde; unsere Verwundeten, die das Unglück haben, in ihre Hände zu fallen, werden von ihnen unter grausamen Qualen kalt gemacht. Aber wehe dem, der in unsere Hände fällt! Der wird die Zeche für die anderen bezahlen. Oh, wie sehne ih mi dana, in Deutschland einzumarschieren; ih habe mir vorgenommen, in der ersten deutshen Stadt in den nächstbesten Juwelierladen zu gehen und mir einige hübsche Pretiosen auszusuhen. Und bevor ih den Laden hers lasse, will id zwei blaue Bohnen dem Juwelier in den Schädel jagen. Das foll die französishe Münze sein, auf die er nicht mehr herauszugeben braucht. Denn man muß heute in der Tonart reden, wie sie Anno 70 mit uns. Jh werde sie hon ausgiebig bedienen ; ih habe einige hübshe Zu@ckterhen in meiner Patronentasche, die i sie \hmedcken lassen werde.“

Wien, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Berlißer Bürger- meister Dr. Nei cke rihtete an den Bürgermeister Weiskirchner nachstehendes Schreiben: „Hochverehrte Exzellenz! Nachdem vor einigen Tagen Ihr gütiges Schreiben an mich bereits von dem Magistrat und den Stadtverordneten von Berlin aufs herzlichste erwidert worden ist, möchte ich doch au persönlih nit unterlassen, Ihnen auch meinerseits treuen Gruß zu s{chicken. Gerade in diesen Tagen sollte ja uns Berlinern die Freude blühen, unsere Wiener Freunde in unserer Mitte zu haben, und ausçcerechnet heute wäre der Tag ge- wesen, an dem wir sie Abends in feierlihem Bankett im Nathaus bes grüßt hätten. Nun ist es so anders gekommen! Aber die Worte, die heute zu Ihnen hinüberfliegen können, find die gleichen, die sie hier würden zu böôren bekommen haben. Aber do ist es ein Mehr noch. Dte treue Waffenbrüderschaft, von der wtr aus fs gl Ueberzeugung heraus fo manesmal an fesiliher Tafel sprehen durften, sie ist in diefen {weren Zeiten herrlihste Wirklichkeit geworden. An die tapferen Luer ien Streiter, die angesihts der enormen russischen Uebermacht vor so shwere Aufgaben gestellt sind, denken wir stets nur als an unsere herzlih geliebten Brüder, die wir mit tausend guten Wünschen und Gedanken auf ihren schweren Wegen begleiten. Und nichts fönnte uns erwünshter sein, als wenn unsere östlichen Truppen, die durch Vertreibung der Russen aus Ostpreußen nun um einiges E geworden find, nah Süden zögen und dort v:reint mit Oesterreihs ausgezeihneten Scharen den Feind zum Lande hinauswürfen. Gebe Gott, daß uns recht bald ein solhes Schauspiel beschieden sein möge. Und möge äus der auf dem Schlacht- felde tausendfältig bewiesenen Blutgemelitlcati ein immer innigerer Anschluß von Oesterreih und Deutschland als teuer erkaufte Frucht heranreifen! Alles Gute Ihnen, Euer Exzellenz ergebenster Dr. Georg Reidcke, Bürgermeister.“

Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) In der hiesigen griechi\chen Kirche fand ein Tedeum und ein Bittgottesdienst für den Erfolg der ôsterreichischen Waffen statt. Der Feier wohnten auch der griehi\che Gesandte mit den anderen Herren der Gesandt- schaft und der griecishe Generalkon'ul bei. Nach dem Tedeum wurde die Volkshymne gesungen und Hochrufe auf den Kaiser Franz Joseph und die Armee ausgebrah.

Kristiania, 4, Oktober. (W. T. B.) Der norwegisch§he Dampfer „ViTking“ ist gestern vor Irland gescheitert. Die Mannschaft konnte gerettet werden.

Malmö, 5. Oktober. (W. T. B.) Die Baltische Aus- stellung wurde gestern feterlih ge\chlossen. Trog regnerischen Wetters waren gegen 60 000 Menschen zugegen. Der Landeshaupt- mann Delagardie, Vorsizender des Ausstellungskomitees, dankte in seiner Schlußrede den Firmen, die teilgenommen haben, und {loß ai s Hoch auf König und Vaterland. Abends fand ein Volks, est statt.

Konstantinopel, 5. Oktober. (W. T. B.) Nach amtlichen Telegrammen trat gestern gegen Mitternahßt in Bund ur und Sparta, Wilajet Konia, Kletnastien, ein sehr heftiges Erdbeben auf. Weitere leihte Erdstöße erfolgten im Laufe des Sonntags. Befonders stark war das Beben in Bundur und Um- gebung. Die genaue Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt, doch glaubt man, daß etwa 2500 Menschen ums Leben gekommen P EE Negterung und der Note Halbmend haben ein Hilfäwerk eingeleitet.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Saloniki, 4. Oktober. (W. T. B.) Jn J\chtip kam es zwischen Einwohnern und serbishen Gendarmen zu einem blutigen Zusammenstoß, da die Einwohner sih weigerten, sih in die serbishe Armee einreihen zu lassen. Zahl- reiche Familien fliehen nah Strumiga.

Amsterdam, 5. Oktober. ee T. B.) Die Deutschen sind aus Saigon ausgewiesen worden. Sie finden auf Java liebreihe Aufnahme. Jn Buitenzorg hat sih zu dem Zweck ein Aus\{huß gebildet, der zwei Häuser zur Ausnahme der Deutschen eingerichtet hat.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)%

Ein Sohn: Hrn. Ne- gierungsreferendar Dr. J. von erie

Hrn. Dr. jur. Wilhelm akentius (Berlin-Lichterfelde).

Gestorben: Hr. Wirkliher Geheimer Oberregtierungsrat und Megierungs- präsident a. D. Oskar von Arnsledt O Hr. Oekonomierat Carl Brandt (Berclin). Bn Dr. Max Bauer (Bette, Frl. Marie von Bockel-

erg (Halle a. Saalke).

ahre

Volksposse in drei

Verantwortlicher Redakteur: age: Kam’rad | Direktor Dr. Tyrol inCharlottenburg.

Verlag der Expedition (K o y e) in Berlin. (19384)

Druck der Norddeutshen Buchdruckeréei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32,

Sechs Beilagen

gabe der deutscheu Verlusftlifteu.

Erste Beilage

zum Deutschen Reihhsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

M 234.

Berlin, Montag, den 5. Oktober

1914

Verichte von deutschen Getreidebörsen und Fruchtmärkten.

1914 Oktober

Tag Weizen

: Hauptsächlich gezahlte Preise für 1 t (1000 kg) in Mark

Roggen Hafer

_— Fa: _ s

mittel

Bieôoläli «e

Leipzig i Ulm, Donau Nostok .

Altenburg S.-A. . c Hamburg .- »

T. T O

1914

Königsberg |. Pr. 243 BAlt aus s s 247

Stella : 249 nr 936 241

Kiel . . 02S . - * ° . . . . * 250

. - . . * . . * - 246—248 272—274 242—244 239—240

292— 253

Weizen

208 | 204 993 | 919 914 206 213 918 194—199 235 210 921—223 912—214 280—300 9210—212 217—218 204-207 i 15 c 15—2i I 215—220 200—210 n. E. 228—229 220 223 |

Noggen

- Hafer

234 iee 200—210 210—220 e 250 234—236 _

212 218

DdD a)

_— 242—243

Braugerste Futtergerste

Oktober Bayerishe Marktorte

gut

mittel | gering

mittel | gering t

| mittel gering gut gering

j

München (Ver. d. Getreideh. u. Müller) 276 M a E 2 Würzburg « S 255 4 *) Geringe Zufuhr, zum Teil Saatware.

Berlin, den 5. Oktober 1914.

en 230 976 | 950

263 292 225

gut mittel gering | | |

| 282 | 220

Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrü ck.

2E 220 270 Ql 214 220 218

199 | 916 206 a an 215 218 | 215 iz An

| |

O 220 | 210 |

|

Verkehrswesen.

Die Klagen über die Feldpo st.

Die zahlreichen Klagen über verspätete oder niht an- getommene Feldpostbriefe beruhen hauptsächlih darin, daß das Publikum, ‘an die bisherige Schnelle und Regel- mäßigkeit des Postverkehrs in Friedenszeiten gewöhnt, sih zunäcst, {wer darin finden will, den völlig ver- änderten Verhältnissen der Gegenwart, die gerade den Post- beförderungsdienst in besonderem Maße trifft, Rechnung zu tragen. Auch ist bei der Mehrzahl eine richtige Vorstellung von dem Wesen und den Schwierigkeiten des Feldpostbetriebes nicht vorhanden und kann es wohl auch nicht sein. Es erscheint deshalb notwendig, die Schwierigkeiten, die sih bei der Felpost, namentlich in der ersten Zeit nah Ausbruch des Krieges, einem geregelten Betriebe entgegenstellen, E darzulegen. Dabei sei hier gleih vorweggenommen, daß die hier und da in der Presse ausgesprochene Vermutung, als ob die Verzögerungen in der Ueberkunst zahlreicher Feldpostsendungen auf sparsame Verwendung von Postpersonal zurückzuführen seien, irrig ist. Die Postverwaltung hat im Gegenteil, um eine unverzögerte Bearbeitung der Feldpostsendungen in der Heimat zu ermög- lichen und das ist auch erreicht worden in keiner Weise mit Kräften gespart. „Bedenken wegen des Kräfteaufwands dürfen niht obwalten, da die Wichtigkeit der Sache alle Mittel rechtfertigt“ —- so lautete der Leitsaß, den das Reichspostamt den Oberpostdirektionen zur Befolgung vorschrieb. Ebenso ist bei den Feldpostanstalten, für die der Personalbestand schon im Hrieden im Benehmen mit der Militärverwaltung im einzelnen sestgelegt ist, sobald im Kriege Mehrbedarf hervortrat, durch Aushilfe von Militärpersonen oder Personalnahshub unver- züglich für genügende Arbeitskräfte gesorgt worden.

Jn Friedenszeiten is für die Beförderung der Post- sendungen der vom Absender angegebene Bestimmungsort maß- gebend. Dieser Bestimmungsort fällt bei den Feldpostsendungen an die mobilen Truppen weg. Die Sendung soll statt dessen die Angabe des Armeekorps, der Division, des Regiments, Bataillons usw. des Empfängers tragen. Auf Grund dieser Angaben muß die Post die Sendungen sortieren und an ihr Ziel befördern. Die Postverwaltung muß zu dem Zweck zu- verlässig und dauernd über die Aufstellung und Gliederung des &Seldheeres und also auch darüber unterrichtet sein, welchem taktishen Verbande jeder einzelne Truppenteil der gesamten deutshen Armee angehört und welche Veränderungen etwa hierin eintreten. Die Unterlagen für diese sogenannte Feldpostübersicht erhält die Postverwaltung von der Militär- verwaltung. Die erste Uebersicht dieser Art nah der Mobilmachung, die einen Umfang von 60 Druck- seiten Folioformat hat die neueste ist bereits über 100 Seiten U war dank angestrengtester und hingebendster Arbeit aller beteiligten Organe bis zum 14. August fertiggestellt, sodaß t die Versendung der bis dahin seit Ausbruch des Vostsan ra Publikum aufgelieferten und bei den sogenannten N a stellen aufgespeicherten Helhpostoriese auf Grund

ieser Uebersicht erfolgen konnte. Die Postsammelstellen sind große Berkehrszentralen, die, 18 an der Zahl, im Deutschen E am 3. August errihtet worden sind ‘und denen sämtliche Postanstalten der näheren und weiteren Umgebung die bei ihnen aufgelieferten Feldpostsendungen für mobile Truppen zur Bearbeitung zuführen. Bei den Postsammelstellen werden die eingehenden Feldpostbriefe das sind bei der Ber- liner Postsammelstelle täglich nahezu 1/, Million mit Hilfe eines zahlreihen Personals durch planvoll aus- geführte Sortiermanöver so lange grob und dann fein durchgesiebt, bis unter all den Briefen, Feldpostkarten, Karton- briefen, Zeitungsbriefen usw., die ursprünglih zerstreut in vielen Tausenden von Briefbunden bei den Postsammelstellen eingegangen waren, sih sämtliche Briefe [r dieselben Stäbe, für das gleiche Bataillon und Eskadron der vielen Hunderte von Regimentern, für die gleiche Truppenabteilung der zahl- reichen Formationen der Verkehrstruppen u. a. m. zusammen- gefunden haben, sodaß diese Sendungen dann nicht nur nach a, sondern au Magriulb der einzelnen Regimenter a L OIOeS Batterien, Eskadrons und Kolonnen abge-

n bunden werden fönnen, Nunmehr kommen alle diese Bunde

mit Feldpostbriefen, die für dieselbe Jnfanterie- oder Kavallerie- diviston bestimmt sind, und die deshalb der den Postbetrieb für diese Division wahrnehmenden Feldpostanstalt zugehen sollen, in die entsprechend gekennzeihneten Briefbeutel. Alles, was bei der Postsammelstelle täglich eingeht, wird auch täalih von ihr dergestalt verarbeitet und sogleih abgesandt. Die Post- sammelstelle ist daher immer glatt. Keine Feldpostsendung, die richtig vom Absender adressiert ist, versäumt bei der Post- sammelstelle. Die Beutel mit den Feldpostsendungen werden nun von der Postsammelstelle ein für allemal bestimmten, nahe der Grenze am Anfange der Etappenstraße belegenen Post- anstalten, den sogenannten Leitpunkten, zugeführt. Hier seßt die eigentliche Tätigkeit der A ein, deren Organe die mobilen Sedpostansialien sind. Jedes Armeekorps hat ein Feldpostamt ei seinem Generalkommando sowie je eine Feldpostexpedition beim Stabe jeder Division. Außerdem befindet sich eine Feld- postexpedition bei jedem Armeeoberkfommando und bei jeder Kavalleriedioision. Mit einem Feldpostamt ist natürlich auch das (Große Hauptquartier ausgestattet. Die Feldpostanstalten besorgen den Postannahme- und Ausgabedienst für die zuge- hörigen Truppenteile.

Rückt eine Armee in Feindesland vor, so erhält sie ihren gesamten Nachshub auf den an der heimatlihen Grenze ent- springenden Etappenstraßen. Auf diesen Wegen, die militärischen Etappeninspektionen unterstellt sind, bewegen sich sämtliche Munitions-, Proviant- und alle anderen militärischen Transporte, ebenso auch die Feldpostversande na und von der Armee. Eine, soweit irgend möglich, regelmäßige Beförderung dieser Feldposten herzustellen und zu unterhalten, bildet die Aufgabe des einer jeden Armee zugeteilten Armeepostdirektors. Damit er die Post- versande den jeweiligen Marschquartieren der Feldpostanstalten zuführen kann, muß er von Tag zu Tag auf dem schnellsten Wege durch die Feldpostanstalten über ihre Marschquartiere vorher unterrichtet werden. Die Feldpostanstalten haben zu dem Zweck die Marschquartiere rechtzeitig Morgens bei ihrem Divistonsstabe beziehungsweise ihrem Generalkommando zu er- frágen und sie dem Armeepostdirektor zu melden. Die Befolgung dieser Vorschriften begegnet im Kriege jedoch oft großen Hinder- nissen oder wird ganz unmöglich, wenn die Feldpostanstalt jene Mitteilung vom Stabe nicht erhält, weil er für sie infolge eines Gefechts oder aus anderenGründen vorübergehend unerreihbar ist, oder weil der Stab bei Ausführung von Gewaltmärschen, wie es im jegigen Kriege zumal bei der Kavallerie bisher die große Regel gebildet hat, das nächtlihe Marschquartier überhaupt noch nicht übersehen kann. Einzelne Divisionen sind im jeßigen Kriege 22 Tage hindurch ständig in Gefechten, Schlachten oder auf Eilmärschen gewesen, sodaß die zugehörige Feldpostanstalt während dieser ganzen Zeit, wo immer nur biwakiert wurde, keine Marschquartiere nah rückwärts melden konnte. Dabei waren, wie auch sonst in vielen Fällen, die rückliegenden Telegraphen- verbindungen entweder untérbrochenoder aus\ließlich mit dringen- den militärishen Meldungen belegt, sodaß eine Benachrichti- gung des Armeepostdirektors undurhführbar wurde. Das bedeutete aber für die Feldpostanstalt eine unter Umständen lang an- dauernde Unterbrechung der Postzufuhr, wenn es dem Armee- postdirektor niht gelang, die marschierende Feldpostanstalt irgendwie ausfindig zu machen. Vielfach bleibt den Feldpost- versanden nah vergeblihem Hin- und Herfahren nur übrig, unverrichteter Weise wieder an ihren Ursprungsort zurück- m, Die großen Verzögerungen, die die Feldpostsendungen elbst in Ostpreußen während der Jnvasion der Russen erfahren haben, erklären sih durch die zahlreihen Kämpfe, die großen Eilmärsche und die wiederholten Ortswechsel unserer Truppen sowie dadur, daß in einem weiten Teile dieser Provinz alle Eisenbahnen und Brückenübergänge vom Feinde zerstört worden waren. So lagen die Verhältnisse hier für die Feldpost kaum anders als in Feindesland; ja es war oft nur unter den größten Schwierigkeiten möglich, überhaupt eine Postverbindung für eine Feldpostanstalt herzustellen.

Nicht minder schwerwiegend sind für die Beförderung der Postbersande auf den Etappenstraßen die indernisse, die mili- tärishen Anordnungen entspringen. Auf den Etappenstraßen müssen natürlich die Munitions-, Verpflegungs- und Ver- wundetentransporte unbedingten Vorrang vor dem haben, was nicht zu den unabweisbaren Bedürfnissen der Truppen gehört ;

dazu aber zählen die Feldpostsendungen. Die Beförderung der Feldpost hat daher in jedem Falle hinter den Forderungen der kriegerischen Notwendigkeit zurückzustehen. Wenn deshalb im Kriege die Beförderung der Feldpost auf einer Etappenlinie sich verzögert oder vorübergehend ganz aufhört, so beruht das nicht in einer unzureichenden Organisaton des Feldpostdienstes, sondern in den gebieterishen Kriegsverhältnissen.

Als die erste Feldpost am 14. und 15. August von den Postsammelstellen abging in Bayern war dies aus mili- tärischen Rücksichten erst drei Wochen nah der Mobilmachung möglich —, brauchte sie, da damals aus\{chließlich die langsam fahrenden Militärzüge verkehrten, zur Ueberkunft bis an die Grenze allein 4 Tage; die ersten Feldpostsendungen kamen also dort fast 3 Wochen nah der Auflieferung an. Nicht minder groß war die Verzögerung für alle die Feldpostsendungen, die die mobilen Truppen in der ersten Zeit nah der Mobilmachung während des Aufmarsches an ihre Angehörigen auflieferten. Jn wiederholten Bekanntmachungen des Generalquartiermeisters von Stein ist darauf hingewiesen worden, daß diese Sendungen auf Anordnung der obersten Heeresleitung zurückgehalten worden sind, um den Auf- und Vormarsch unserer Armeen dem Feinde gegenüber zu verschleiern. Die Postverwaltung ihrerseits war natürlich nichk befugt gewesen, „über diese Briefsperre, die sich teilweise bis auf 3 Wochen erstreckte, etwas zu veröffentlichen. Inzwischen war bereits in weitesten Kreisen des Publikums fowie bei den Truppen im Felde ein allgemeiner Unwille über das Aus- bleiben der Feldpost zum Ausbruch gekommen. Die zur Be- ruhigung der Gemüter ergangenen Bekanntmachungen des Generalquartiermeisters hatten aber beim großen Publikum nur eine vorübergehende Wirkung, weil jedermann annahm, daß nunmehr mit einem Schlage der gewohnte geregelte Betrieb der Postverwaltung bei ihrer Feldpost einseßen würde. Diese Annahme wäre berechtigt gewesen, wenn die Post nunmehr ihren Betrieb unabhängig und unter ge- sicherten - Verhältnissen hätte S5urchführen können: das war jedoch keineswegs der Fall. Obwohl ausgerüstet mit allen Beförderungsmitteln und dem Personal, das nach der zwischen Post- und Militärverwaltung vereinbarten Feldpostdienstordnung für den Krieg vorgesehen ist, war es der Feldpost infolge der Gestaltung der Kriegslage zunächst niht mögli, ausschließlich mit ihren Fahrzeugen die riesigen Mengen von Feldpostsäcken, die am Anfang der Etappenstraßen auf sit übergingen, unverzöôgert den Feldpostanstalten entgegenzuführen. Die Feld- postdienstordnung berüsihtigt zwar auch solche außer- gewöhnlichen Verhältnisse, indem der militärishe Etappen- fommandeur, dem der Betrieb auf der Etappenstraße aus- hließlich unterstellt ist, in solhen Fällen der Feldpost aus seinem militärishen Fuhrpark die nötigen Aushilfs- fahrzeuge zur Verfügung stellen soll. Tatsächlich waren jedoch die Transportleistungen, die den Etappenbehörden unmittelbar nach unseren ersten Siegen zu rein militärischen Zweden oblagen, so außerordentlih groß, daß es in der Hauptsache bei dem guten Willen der Etappenbehörden, der Feldpost auszuhelfen, ver- bleiben mußte. Die Reichspostverwaltung brachte nunmehr aus der Heimat eine weitere und seitdem dauernd vermehrte Zahl an Fahrzeugen heran, in erster Linie zahlreiche Kraftwagen. Allein über 250 Kraftfahrzeuge, die die Reichspostverwaltung, um die militärischen Etappenbehörden von Posttransporten zu entlasten, ins Feld sandte, nehmen jeßt am Postbeförderungs- dienst mit teil. Der Kraftwagen is - jedoch für die Feldpost auch nicht das Hilfsmittel, das sie über alle Hindernisse hinwegbringt. Auch er ist vom Zustande der Straßen und Brücken und von der Sicherheit der Gegend abhängig; denn er fährt dur Feindesland, stößt auf unpassier- bare, weil durch Artillerie stark beshädigte Wege und zerstörte Brücken, oder- er darf überhaupt nicht verkehren, weil die Etappenstraße unterbrochen oder sogar durch feindliche Truppen in ihrem Rücken gefährdet ist. Postkraftwagen sind bereits im

Kriege mit großer Ladung (300 {were Briefsäce) verbrannt

odèr auch vom Feinde überfallen worden, wobei die Mann- schaft erschossen wurde. Was ein solcher Postwagen im e gane an Briefen enthielt, wer soll das wissen? Kommen aber ie Feldpostbriefe nicht an, so sagt das Publikum: die Feldp hat wieder einmal versagt. Feldposten he im Kriege a niht bloß dann verloren, wenn sie in die Hände des

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