1914 / 235 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Oct 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen.

Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Ma- jestät des Königs hat das Königliche Staatsministerium den Regierungsrat von Graeveniß in Lüneburg zum Stellvertreter des ersten Mitgliedes des Bezirksaus\chusses in Lüneburg und den Regierungsassessor Dr. Gravenhorst zum Stell- vertreter des zweiten Mitgliedes dieser Behörde auf die Dauer ihres Hauptamtes am Sißze des Bezirks- ausschusses ernannt.

BELo0oronunag.,

betreffend die nächsten Wahlen zu den Aerzte- kammern.

Vom 24. September 1914.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c., verordnen auf den Antrag Unseres Staatsministeriums, was folgt:

Die Amtsdauer der Aerztekammern, die gemäß 8 6 Abs. 1 und 8 12 Unserer Verordnung vom 25. Mai 1887 (Geseßsamml. S. 169), betreffend die Einrichtung einer ärztlihen Standes- vertretung, bis zum Schluß des Jahres 1914 läuft, wird bis zum 31. Dezember 1915 verlängert. Die Neuwahlen zu den amen haben danach erst im November 1915 statt- zufinden.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel. Gegeben Großes Hauptquartier, den 24. September 1914.

(T. S) Wilhelm.

von Bethmann Hollweg. Delbrück. von Tirpig. Beseler. von Breitenbach. Sydow. von Trott zu Solz. Lene. von Falkenhayn. von Loebell. Kühn. von Jagow.

Nach Anlage 4 der Kriegsbesoldungsvorschrift sind, wie bereits unter Nr. 10 des Runderlasses vom 15. v. M. F. M. I. 11931, 2. Ang. —, betreffend die Dienstbezüge der infolge der Mobilmachung zum Kriegsdienst eingezogenen Be- amten, erwähnt ift, alle Angehörigen mobiler Formationen berechtigt, einen Teil ihrer Besoldung oder Löhnung zum Unterhalt ihrer in der Heimat zurückgebliebenen Familien von den Truppenkassen in Abzug bringen und ihren Familien zahlen zu lassen. Die Zahlungen sind auf Ersuchen der Militärbehörden durch die von der Militärverwaltung dazu ausersehenen Kassen der Zivilbehörden monatlih im voraus gegen Quittungen zu leisten, die falls die Empfänger der zahlenden Kasse nicht bekannt sind hinsihtlih der Richtigkeit der Unterschrift durch eine zur Führung eines öffentlichen Siegels berechtigte obrigleitlihe Behörde oder Person beglaubigt sein müssen.

Vordrucke zu den Quittungen können von der General- friegsfasse bezogen werden. Der Einfachheit halber wird es nh empfehlen, daß die Sonderkassen ihren Bedarf bei den Regierungshauptkassen anmelden und daß diese die Vordrucke bei der Generalkriegsfasse bestellen und den Sonderkassen zu- gehen lassen. j

Die nagen sind vorschußweise für Rechnung der Generalfriegsfasse zu leisten und, soweit es sich dabei um Regierungshauptkassen und die mit diesen im Abrechnungs- verkehr stehenden Sonderkassen handelt, von den Regierungs- bauptkassen auf Grund von Zusammenstellungen, die mit den Quittungen der Zahlungsempfänger belegt sein müssen, all- monatlich der Generalkriegsfasse zur Erstattung anzurechnen, die sie sodann im Girowege erstatten wird.

Sofern die Beträge an auswärtige Empfänger durch Post- anweisung als Heeressache gezahlt werden, dient der Post- einlieferungs\chein als Quittung. Jm Falle der Ueberweisung einer Familienzahlung im Girowege an eine Bank kann von der Beibringung einer Empfangs3bescheinigung abgesehen werden, wenn deren Erlangung bei der Bankanstalt auf Schwierigkeiten stößt. Jn diesem Falle ist der Forderungs- nachweis von der zahlenden Kasse mit einer entsprehenden Be- scheinigung zu versehen. : ;

Die Regierungshauptkasse (Polizeihauptkasse, Kasse), die Kreis- und Forstkassen sowie die Königlichen Polizei- und Strafanstaltskassen 2c. sind hiernach mit Weisung zu versehen. Die hierzu und zur sonstigen weiteren geschäftlichen Behandlung erforderlichen Abdrucke dieses Erlasses find beigefügt.

‘Die Zollfassen werden von den Präsidenten der Oberzoll- direktionen, die Sonderkassen der Justiz-, der landwirtschaft- lichen 2c. und der geistlihen und Unterrichtsverwaltung von den betreffenden Herren Nessortministern entsprechend verständigt werden.

Berlin, den 28. Septembér 1914.

Der Finanzminister. Der Minister des Jnnern. J. A.: Lohlein. 5 N, Faro by,

An die sämtlichen Herren Regierungspräsidenten, die sämt- lihen Königlichen Regierungen, den Herrn Polizei- präsidenten und die Königliche Ministerial- Militär- und Baukommission hier.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Gewerberat Dr. Kirchner in Düsseldorf ist zum 1. November d. J. nah Magdeburg verseßt und mit der kommissarischen Verwaltung der Stelle des Regierungs- und Gewerberats bei der Regierung in Magdeburg beauftragt worden.

Der . Gewerbeassessor Hutmacher in Hanau ist zum Gewerbeinspektor ernannt und vom 1. Oktober d. J. ab end- ültig mit der Verwaltung der Gewerbeinspektion in Hanau eauftragt worden.

Der Gewerbeassessor Sander ist vom 1. Oktober d. J. ab mit der kommifssarishen Verwaltung der Gewerbeinspektion Aachen 1 beauftragt worden.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.

Dem Pächter des der Landesschule Pforta gehörigen Gutes Cuculau Hermann Wolff ist der Charakter als König- licher Oberamtmann beigelegt worden,

Finanzministerium. Die Rentmeister stelle bei der Königlichen Kreiskasse

in Namslau, Regierungsbezirk Breslau, ist zu beseßen.

Ministerium des Jnnern.

Der Regierungsrat Loesener in Koblenz ist zum Mit- gliede des der Regierung in Koblenz angegliederten Ober- versicherungsaints ernannt worden.

Der Kreisassistenzarzt Dr. Moebius aus Zeven ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung des Kreisarzt- bezirks Kreis Pußig beauftragt worden.

Die von heute ab zur Ausgabe- gelangende Nummer 29 der Preußischen Geseßsammlung enthält unter l Nr. 13778 eine Verordnung, betreffend die nächsten Wahlen zu den Aerztekammern, vom 24. September 1914. Berlin W. 9, den 5. Oktober 1914. Königliches Geseßsammlungsamt. Krüer.

Nichkamkliches. Deutsches Nei.

Preußen. Berlin, 6. Oktober 1914.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Vizepräsident des Staatsministeriums Dr. Delbrü ck hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, in Begleitung des Unterstaatssekretärs in der Reichs- fanzlei Wahnjichaffe, heute für einige Tage ins Große Hauptquartier zu Besprechungen mit dem Reichskanzler begeben.

Die fkürzlih aus der „Kopenhagener Nationaltidende“ wiedergegebenen Aeußerungen des Staatssekretärs von Jagow über Englands Spiel mit der belgischen Neutralität haben den britischen Unterstaatssekreiär Acland zu einer durch Reuters Bureau mit folgendem Telegramm verbreiteten Er- widerung veranlaßt:

„Jagow fagte: England hat Belgien zum Widerstand angespornt und hat damit zu veritehen aegeben, daß Belgien ohne solch:s An- feuern sich an Händen und. Füß-n hätte binden lassen. Es müsse ge- nügen zu sagen, daß so:che Shmähreden (egen einen tapferen Feind zu unterlassen seien, aber eine offizielle Erklärung, die diese Woche von der belgishen Regterung erfolgt ist, klingt überzeugend genug dafür, daß Belgien fkeinerlet An- spornung Englands oder jemand anders gebrauchte, um setne Rechte zu behaupten. Die Erklärung fagt: Seit der Kceisis von Agadir habe Belgien nicht gezaudert, die fremden Gesandten zu informieren, daß tein Zweifel an der Adsicht bestehen konnte, der Neutralität Belgiens mit allen Mitteln Ahtung zu vershafen. Jagow sagte ferner, Deutschland habe die belgi\he Neutralität nicht vor der Nacht vom 3. zum 4. August verleßt, während Grey bereits am 2. August dem französishen Botschafter die Unterstüßung der britishen Flotte zugejagt habe für den Fall, daß die deutshe Flotte französishe Küsten anagriffe. Jagow ver- shweiat die Tatsachen, daß Grey bereits am. 31. Juli die französishe und die deutsche Negiezung befragte, ob sie bereit wären, die belgische Neutralität zu achten, und daß Frankreih unverzüglich die gewünschte Zusicherung gab. Jagow aber erroiderte am 31. Juli, ex könne niht antworten; \{ließlich hat die Antwort Nein gelautet. Jagow erklärte ferner, daß Giey am 1. August dem deutshen Bot- \haiter geg?enüter abgekehnt habe, die Neutralität Gnglards zu ver- \prechen, falls Deutschland die Neutratität Belgiens zusihere. Diese Anregung ging nicht von der deutschen Regierung aus. Es genüge, an die Nede Greys im Unterhause zu erinnern, worin er sagte:

„Ih wünsche ein Wort hinzuzufügen über persönliße An- regungen, die der Botichafter unabhängiz von Mittetlungen setner Regierung machte. Der Botschafter wirkte für den Fecieden, aber er, wie andere gleich thm, besaß feine wirklihe Autorität in Berlin. Das ist eine Erkläcung für die Erfolglofigkeit unserer Bemühungen für den Frieden."

Hierzu schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“:

Der Unterstaatssetretär Acland geht in diesen Bemerkungen um die Hauptsache herum. Nicht für den Fall einer Verlegung der Neutralität Belgiens, auch niht für den Fall ein-s deutschen Vor- gzhens auf Paris hatte der Staatssekretär Grey das Eingreifen Eng- lands zur Unterstüßung Frankreichs in Auesiht gestellt, sondern lediz- lih für den Fall etnes deutshzn Angriffs gegen die Südküste des Kanals. Dieser Umstand ist von wesentliher Bedeutung. Er bildet den Beweis dafür, daß Fcankceih wie Belgien den britischen Kaaal- interessen geopfert worden.

Acland behauptet, Belgien fei nicht von England angespornt worden. Wir verweisen ihn auf Aktenstücke der englischen Regiecung. Nach Nr. 153 des englischen Weißbuches erbat die belgishe Regierung die diplomatische Intervention der englischen Regierung zum Schutz der Integrität Belgiens. Nach Nr. 155 antwortete England mit der Aufforderung, Belgien solle sich mit allen M tteln, über die es ver- füge, etwaigen Versuchen Deutschlands widerseßen, Belgien zur Prets- gabe seiner Neutralität zu bewegen. ‘Slethzeitiz versprah England Hilfe. Damit tst die Anspornung Bel.ziens durch England erwiesen.

Die Frage des Botschafters Fürsten Lihnowsky an Grey, ob dieser dite Neutralität Englands versprechen könne, falls Deutschland die Neutralität Belgiens zusichere, war eine dienstliche Frage. Die deutschen Botschafter siad in solchen Fällen das Sprachrohr ihrer Regierung. Glaubte Grey, daß der Botschafter diese Frage nur für seine Perjon stelle, so war es für den britischen Staatssekretär, bei aufrichtigem Friedenswillen, umso leihtez, einè Zusicherung über Englands Neutralität zu geben. Grey is aber dieser Zus siherurg, auch in der unverfänglithen Form etner persönlichen Rück- äußerung auf etne persönliche Frage, au8gewthen. Gr wollte fi nah keiner Seite binden; es fehlte ihm auch der Wille zum energischen Handeln, vor allem zu einer ernstlihen Etnwtrkung auf Nußland. Diese absichtliche Unentschlossenheit in der Haltung Englands ift für den Ausbruch des Krieges verantwortlihz, nicht ein Mangel an &Frtedenswillen bei der heutshen Politik, ges{wetge eine deutsche Militärpartei, an die englische Minister nur auf Grund ihrer aûnz- lihen Unfkenntnis deutsher Verhältnisse glauben können.

Nach einer Londoner Meldung hat der britische Premier- minister Asquith in einer Ansprache in Cardiff erklärt:

„Unsere Vegierung rihtete 1912 eine Mitteilung an die deutsche Negierung über unsere künftigen Beziehungen zu Deutschland. Fn dteser Mitteilung wurde erklärt, daß England Deutschland nicht an- greifen, noch einen Angriff auf Deutschland unterstüßen werde, den Deutschland nicht herausfouderre. Dies genügte der deutschen Politik niht. Deutschland wünschte, daß wir noch weitergehen und uns zur Wahrung strengster Neutralität verpflichten sollten, für den Fall, daß Deutschland fh tn etnem Kriege befände. Auf dieses Erfuchen kounte nux eine Antwort erfolgen, und die englishe Negierung gab {ie.“

Diese „Enthüllung“ des Premierministers Asquith. ist zeit- gemäß. Englands Beteiligung an dem gegenwärtigen Kriege, der niht von Deutschland, sondern von Rußland veranlaßt worden ist, beweist, so schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, wie richtig die deutshe Regierung den Wert englisher Zusicherungen einshäßte, indem sie die damalige Erklärung der englischen Regierung als ungenügend ansah. Die Aeußerung des englischen Premierministers wirst aber auch wieder ein bezeihnendes Licht auf die Behauptung der englischen Regierung, daß lediglih die Verlegung der bel- gischen Neutralität durch Deutschland das Eingreifen Eng- lands in den Krieg herbeigeführt habe. Wenn nah den be- kannten Erklärungen Sir E. Greys im Unterhause und dem

Fürsten Lichnowsky gegenüber Zweifel in diesem Punkt über-

haupt noch bestehen tonnten, fo erfährt nunmehr die Welt au noch aus dem Munde der kompetentesten Persönlichkeit in Eng- land, daß die englishe Regierung schon im Jahre 1912 ent- {lossen war, an einem europäischen Kriege an der Seite der Gegner Deutschlands unter allen Umständen teilzunehmen.

Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ meldet, hat ein großes Hamburger Haus vor kurzem von seiner Zweig- niederlassung in Niederländisch Jndien die brieflihe Mitteilung erhalten, daß die englische Kabelgesellschaft ein am 28. Juli in Niederländish Jndien nah Hamburg aufgegebenes Telegramm des Znhalts „Drahtet Zustand“ nicht befördert hat. Ein weiterer Beweis dafür, daß ein Hauptmittel der englischen Kriegführung gegen uns, die Abschneidung von Kabel- nachrichten, {hon Ende Juli angewandt wurde, während die englische Kriegserklärung erst am 4. August Nachmittags in Berlin überreicht worden ist.

Nach hier vorliegenden Nachrichten gehen seit einigen Tagen den Kaiserlihen Missionen in dem neutralen Ausland, anscheinend infolge einer irrtümlihen deutschen Zeitungsnotiz, zahlreihe Briefe aus Deutschland zur «Weiterbeförderung nah dem feindlihen Ausland zu. Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ von unterrichteter Stelle erfährt, sind die Kaiserlihen Vertretungen nicht in der Lage, thre Vermittlung für die Weiterbeförderung derartiger Briefe eintreten zu lassen.

Die vom Reichsversicherungsamt herausgegebene Zu - sammenstellung der Jahresberichte der gewerblichen Berufsgenossenshaften über die Durchführung der Unfall- verhütungsvorschriften für das Jahr 1913 ist jüngst ver- öffentlicht worden. Die Berichte lassen erkennen, daß das Verständnis für die Bedeutung einer wirksamen Unfall- verhütung auch im Berichtsjahr erfreuliche Fortschritte gemacht hat. Das mit zusammenfassenden Tabellen über die Ueber- wachungstätigkeit der einzelnen technischen Aufsihtsbeamten und über die Handhabung der Strafbefugnis der Berufsgenossen- schaften ausgestattete Werk, dem ein ausführliches Sachregister beigegeben ist, ist als 1. Beiheft zu den Amtlichen Nachrichten des Reichsversiherungsamts 1914 bei Behrend u. Co. in Berlin W. 9 zum Preise von 18 46 erschienen.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staat83anzeigers“ liegen die Ausgaben 76, 77, 78 und 79 der Deutschen Ver- lustlisten bei. Sie enthalten die 43. Verlustlifte der preußishen Armee, die 20. Verlustliste der bayerischen Armee, die 23. Verlustliste der sächsishen Armee und die 30. Verlustliste der württembergischen Armee.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand Maria von Bayern, Jnfant von Spanien, der Sohn Jhrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Ludwig Ferdinand, hat sih der „München-Augsburger Abendzeitung“ zufolge am 1. Oktober in Madrid im Beisein des Königspaares mit Donna Luisa Silva de Concha, der früheren Hof dame ZJhrer Majestät der Königin Mutter Jsabella vermählt. Seine Majestät der König von Spanien verlieh der Gemahlin des Prinzen den Titel einer Herzogin. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand Maria hat auf seine Stellung als König liher Prinz von Bayern verzichtet und gehört nunmehr aus- shließlih dem spanischen Königshause an. Seine Majestät der König Ludwig hat dem Prinzen für seine Person den Titel als Prinz von Bayern und seine Stellung à la suite des 2. schweren Reiterregiments belassen.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Der Ausschuß des gemeinschaftlichen Landtages ‘hat, wie „W. T. B.“ meldet, beschlossen, das Herzogliche Staatsministe- rium zu ersuchen, dem gemeinschaftlihen Landtag möglichst bald den Entwurf eines Geseßzes vorzulegen, das in Abände- rung des Staatsgrundgeseßes vom 3. Mai 1852 und des Ge- seßes über die Thronfolge in den Herzogtümern Coburg und Gotha vom 15. September 1899 Angehörige auswärtiger Staaten von der Nachfolge in der Regierung der Herzogtümer ausschließt.

Oesterreich-Ungarn.

Das Huldigungstelegramm des Erzherzogs Friedrich an den Kaiser Franz Joseph aus Anlaß seines Namensfestes hat nach einer amtlichen Meldung des Kriegs pressequartiers folgenden Wortlaut : J

Den durch die Ulerhöchste Gnade Eurer Male! meiner Fühß- rung anvertrauten Armeen ist es von guter Vocbédeutung und erfüllt fie mit Begeisterung und fcober Zuversicht, daß unsere Hauptkräfte neu gestärkt und ungebroßenen Mutes Schulter an Schulter mit Teilen des uns eng verbündeten deutschen Heeres am 4. Oktober, dem Allerhöhsten Namensfeste Eurer Majestät, die Offensive auf dem nördlihen Kriegsfchauplaßze wieder aufnehmen dürfen, durch die wir alle mit Gottes Hilfe den Sieg zu erringen boffen. Desterreih-Ungarns gesamte im Felde stehende Wehrmacht bittet durch mich Eure Majestät, zu geruhen, anläßlich dieses Festtages der gesamten Monarchie die allerunteriänigsten Glülwünsche aller öster- reichis{-ungarischen Soldalen fowie die neuerlihe Versicherung aller- gnädigst entgegenzunehmen, daß wir alle treu unserm Etd mit Be- geisterung bereit sind, in den bevorstehenden Kämpfen und zu aller Zeit unsere Soldakenpfl{ht zu tun und für Eure Majestät, unseren heisigeltebten Kricgöherrn, sowte für die Ebre und die glüdlihe Zu- kunft unseres s{ônen Vaterlandes freudig Blut und Leben zu opfern.

Erzherzog Friedrich, G. de Je

Die Antwort Kaiser Franz Josephs lautet: )

Die so warmen Glückwün|h-, die Gure Kaiserlihz und König- liche Hoheit im Namen meiner tm Felde stehenden gesamten Wehr- macht mir zum heutigen Tage darbrächten, ergreifen mein dankbares Herz_um so tiefer, als sie tin dem bedeutngsvollen ‘Moment erfolgen, da Sie im Begriffe sind, vereint mit etnem ruhmvyollen Teile des uns eng verbündeten, sieggewohnten deutschen Heeres, dem Feinde ent- gegenzugehen. Das dantbare, opfer}reudige Vaterland blickt auf seine fämpfenden Söhne. Möge Gottes Segen unseren Waffen den Er- folg bringen als hehrsten Lohn treuer Pflichterfüllung, todeéver- actender Kampfesfreudigkeit und viélbewährter stähleiner Beharr- lichkeit, die ber jeden Widerstand fiegt,. Der Allmächtige geleite meine Braven! Franz Joseph.

Großbritannien und Jrlaud.

Wie „Daily Chronicle“ erfährt, will die englishe Re- gierung die Ausfuhr von \schwedischem Magnet- eisenstein, der kürzlih als Konterbande erklärt worden war, nicht hindern, bis die gesamte Konterbandefrage durch eine Kommisfion überprüft worden ist.

Frankreich.

Das Oberkommando hat in Versailles laut Meldung des „W. T. B.“ durch Maueranschlag folgende Bekannt- machun g veröffentlicht:

Ae s I E hinter der Front in Zivilkleidung angetroffen wird, wird als Spion betrahtet. Wer die Ziotlkleidung geliefert hat uad wer diese Tatsache kannte, ohne die Militärbehörde zu be- nachrihtigen, wird als Helfershelfer betrahtet. Jeder Deutsche, der nicht auf den ersten Anrüf steht, “wird erschossen. Jede Truppe von mehr als dret bewaffneten Deutschen hinter der Front wird als bei der Verübung von Näubereten begriffen erahtet und erschossen. Jede Zivil. und Militärperson, die des Diebstahls auf den Schlachtfeldèrn überführt ift, wird vor ein Krieg8gericht gestellt.

Der Gouverneur von Paris hat dem Generalissimus Joffre, wie „Politiken“ meldet, vorgeschlagen, alle Städte in der Umgebung von Paris zu befestigen, die bei dem Vorrücken der Deutschen widerstandslos in Feindes Hand gefallen waren. Die Befestigung soll so stark wie möglich ge- macht werden, fodaß die deutschen Truppen bei einem neuen Vorstoß auf weit größere Hindernisse und stärkeren Widerstand stoßen als bei dem Vorrücken gegen Paris im August und September. Mit Billigung Joffres werden folgende Städte befestigt: Senlis, Gisors, Saint - Maxent, Montmorency, Beauvais, Chantilly, Melun, Mantes und Meaux. Die Garnison dieser Städte wird aus den Rekruten des Jahrganges 1914 sowie den Divisionen der Armee bestehen, die unter Paus Leitung in Südfrankreich gesammelt wurde.

Dem „Journal de Genève“ wird aus Havre gemeldet, daß die Landung kanadisher Truppen bevorstehe. Offiziere sowie Unterofsiziere seien bereits im Norden Frank- reichs angelangt, um die Operationen vorzubereiten.

Henri Bérenger hat den Vorsig über die Kom- mission übernommen, die durch Erlaß des Kolonialministers gebildet worden ist, um für die Kriegsdauer Handel und Verkehr in und mit den Kolonien zu untersuchen. Die Aufgaben der Kommission im einzelnen sind :

1) Feststellung der Bedürfnisse der Kolonien und Schutzgebtete, besonders hinsihtlih der Nahrungsmittelzufuhr ;"

2) Zusammenstellung ihrer Hilfsquellen aller Art für die Er- nährung des Mutterlandes ;

3) Feststellung der Bedürfnisse von Handel, Industrie und Land- wirtschaft mit Bezug auf Kredit, Arbeit und Material zur Erhaltung und Cntwicklung ihrer Beschäftigung;

4) Prüfung geetgneter Maßnahmen zur Erleichterung des Ver- fehrs und Transports zwischen den Kolonien untereinander und mit dem Mutterland ;

9) Ausfindigmachen neuer Absazgebiete wegen Fortfalls des Han- dels mit den gegnerishen Staaten ;

6) Untersuchung, wie an Stelle der gegnerishen Unternehmungen in den Kolonialländern auf schnellstem Wege französishe Unter- nehmungen gesetzt werden können.

Velgien.

_ Die Ausfuhr von Pferden aus Belgien, auch über Holland oder Luxemburg, ist, wie „W. T. B.“ meldet, auf Anordnung des Generalgouvernements in Belgien verboten worden. Zuwiderhandlungen haben Beschlagnahme und Be- stcafung zur Folge.

Der Korrespondent der „Times“ in Antwerpen gibt folgendes Bild der belagerten Festung: In der Stadt selbst merkt man vorläufig niht unmittelbar, daß der Feind nahe ist. Die Beschießung ist noch so entfecnt, daß der Gescüßdonner niht in Antwerpen hörbar ist. Aber abgesehen davon {pürt man die Nähe des Feindes deutlid Die Straßen sind den vanzen Tag gedrängt voll von ungeheuren Menschenmassen, die keine ruhe finden können, vm ihre Berussarbeit fortzusezen. In ‘den Hauptstraßzen find die Blgerstetge aufgerissen und die Stetne zu Barrikaden aufgebaut. Militärautos und. Wagen vom Noten Kreuz, leßtere mit Verwundeten von den Außen1orts, fahren unaufhörlih don und nah der Stadt. Sobald Wagen kommen, stürzt das Volk bor, um Neues von der Front zu hôren. Scharen verkommener Flüchtlinge von Lierd, Dueffel und anderen Städten der Umgegend langen an und bteten ein Bild tiefster Verzweiilung und Not.

Niederlande.

& Der kleine holländische Dampfer „Nieuwland“ ist am Nie end auf der Fahrt von Goole nah Rotterdam in der L der Mündung des Humber auf eine Mine gestoßen und gesunken. Die Besaßung wurde gerettet.

Dänemark.

Die ordentliche Reichsta i is ‘öff LOJE gssession ist gestern eröffnet worden. Das Präsidium wurde ada : i

Jn der gestrigen Sißung des Folketing legte der Finanz- minister Brandes den Budgetvoranschla g für 1915/16 Ln, „Wie „W T. B." meldet, sind darin die Gejamteinnabmen mit etwa 125 Millionen Kz1onen aufgetührt, die Gesamtausgaben mit etwa 122 Mil- lionen Kronen, sodaß si ein Ueberschuß von etwa 3 Millionen Kronen ergibt. Für das gegenwärtige Finanzjahr beträgt der Ueberschuß ungefähr 2 Millionen Kronen. Der bei weitem überwiegende Teil der Ein- nahmen stammt aus Steuern und Abgaben, die mit ungefähr 106 Millionen Kronen aufgetührt werden. Bei den Ausgaben sind aufgeführt für die Budgets dés Kriegs- und Mèarineministeriums mit etwa 334 Milltonen, für das Unterrichtsministertum unaefähr 164 Millionen e 2 O n E (namentlich für joztale Frforge) Lcltonen, für die Verzinsung der 123 Millionen Kronen. R SILEARE ‘etn Schweden,

Bei den Wahlen zur Zweiten Kammer wurden laut lelegraphischer Berichtigung uiht 97 Sozialisten gewählt, wie am s, d, M. gemeldet, sondern nur 87,

Norwegen. Amtlich wird bekannt gegeben, daß der Kanal seit Sonn- abend zwishen 51 und 52 Grad nördlicher Breite dur h Minenlegung als gesperrt anzusehen ist.

Türkei.

In einer an die auswärtigen Missionen gerichteten Zirkularnote legt die Pforte, wie „W. T. B,“ meldet, dar, daß die Ausdehnung der ottomanishen Terri- torialgewässer vom militärischen Standpunkt aus durch eine in einer Entfernung von 6 Seemeilen von der Küste an- genommene Linie bestimmt wird. Das Marmarameer gehört als Binnenmeer in seiner Gesamtheit zu den territorialen Ge- wässern. Bezüglich des äußern Eingangs in die Dardanellen und den Bosporus wird die Kreisfläche mit einem Durchmesser von 6 Meilen, die ihren Mittelpunkt in der Linie Kum Kalessi- Sedil-Bahr, bezw. Anadoli-Feuer und Rumeli-Feuer hat, als absolute Verbotszone erklärt. Die Note bezeichnet noch andere verbotene Zonen und erklärt, daß fremden Kriegsschiffen bei Tag und bei Nacht die Einfahrt in die verbotenen Zonen formell untersagt wird.

Albanien.

Essad Pascha ist am 3. d. M. in Durazzo eingetroffen.

Amerika.

Die Regierung der Vereinigten Staaten von A merika hat dem Blatt „Politiken“ zufolge der englischen Regierung eine Klage zugestellt über die Zensurierung der Telegramme von Amerika nach neutralen Ländern wie Holland und Dänemark. Ganz harmlose Telegramme seien unterdrückt worden. Afien.

Die persishe Regierung hat, dem in Konstantinopel erscheinenden persishen Blatte „Haver“ (Orient) zufolge, den belaishen Generalshaßmeister Mornard und alle andern in persischen Diensten stehenden Belgier abgeseßt. Es wurde eine Kommission zur Prüfung der Rechnungen Mornards ge- bildet. Amtlichen Nachrichten zufolge hat der Kriegs- minister den Provinzbehörden und allen Stammeshäuptern befohlen, eine beträchtlihe Streitkraft zu sammeln. Der Schah hat die schleunige Wiedereröffnung des Parlaments angeordnet und eine Liste aller Beamten, die russishe Partei- gänger sind, abverlanagt.

Wie „Taswir-i-Effiar“ aus Wan meldet, greifen die persishen Stämme, die zwischen der türkishen Grenze und dem Urmiasee wohnen, zu den Waffen, um die dort befindlichen russishen Truppen zu verjagen. Die Perser griffen die Nussen an, töteten mehrere und beseßten die bisher von den Russen innegehabten Gebiete.

Kriegsnawhrihten.

Westl icher Kriegs schaupla b.

Großes Hauptquartier, 5. Oktober, Abends. (W. T.B.) Vor Antwerpen sind die Forts Kessel und Brochem zum Schweigen gebracht. Die Stadt Lierre und das E isen - bahnfort an der Bahn Mecheln— Antwerpen sind ge- nommen.

Auf dem rechten Flügel in Frankreich wurden die Kämpfe erfolgreich fortgeseßt. i

Oestliher Kriegs\chauplaßt. Großes Hauptquartier, 5. Oktober, Abends. (W.!T. B.) Jn Polen gewannen die gegen die Weichsel vorgehenden deutschen Kräfte Fühlung mit russishen Truppen.

Wien, 6. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird vom 5. Oktober gemeldet: Die Operationen in Russisch- Polen und Galizien schreiten günstig vorwärts. Schulter an Schulter kämpfend, warfen deutsche und österreichisch- ungarische Truppen den Feind von Ovpatow und Klimontow gegen die Weichsel zurück. Ju den Kar- pathen wurden die Russen am Uzfoker Paß vollständig geschlagen. :

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Budapest, 5. Oktober. (W. T. B.) Der Obergespan des Marmaroser Komitats hat an die Szatmarer Behörden ein Telegramm gerichtet, in dem er die erfreuliche Nachricht mitteilt, daß fih die russishen Truppen im Rückzuge befinden und feine Gefahr mehr vorhanden sei.

Die österreichish-ungarishen Truppen haben si, nachdem sie Mamsziget geräumt hatten, in eine ausgezeichnete Stellung bei Hoßzumszoe zurückgezogen und haben dort die von mehreren Seiten eintreffenden Hilfskräfte abgewartet. Sie gingen dann zur Offensive über. Die Schlacht hat für die österreichish-ungarishen Truppen günstig begonnen.

Wohlfahrtspflege.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Luise von Baden hat, wie dem „W. T. B.“ aus Karlsruhe beridtet wird, dem badishen Frauenveretn einen Betrag von 6000 4 als Zustiftung zu der Stiftung „Witwentrost" mit einem Hand- \hreiben zugehen lassen, in dem es heißt: „Heute, da vor sieben Iabren nah Gottes Natichluß mir selbst der Witwenweg bestimmt wurde, stehen wir inmitten eines shweren, beldenmütig durhgeführten, aber opferreihen Krteges. Schon sind in diejen wenigen Wochen viel Frauen zu Witwen geworden, und mancher wird es bevorstehen. Wenn ih in den Zeiten meines reisten Glückes der vereinsamten Frauen gedachte, so tue ih das jeßt noch in höherem Maße, da das Selbsterlebte mich mit Mitgefühl erfüllt. Die Stijtung „,Witwen- trost* wird in den kommenden Jahrén wohl noch mehr zu ver- suchen haben, Witwentrönen zu trocknen. Ih babe daher am heutigen Tage der diesjährigen Wiederkehr des so besonders tief be- wegenden- Gedächtnistages des Heimgaänges unseres teuren, in Gott ruhenden Großherzogs der Stiftung den beifolgenden Betrag hinzu- fügen lassen. Möge auh ferner Gottes Segen dieses Liebeswerk an

_den Herzen der Vereinsamten begleiten.“

Der Gesamtauss{chuß zur Verteilung pon Lefe stoff im Felde und tn den Lazaretten hat bither bereits über 290 000 Bücher an die PLazarette verteilt Um die Arbeit auch in der Piovinz zu fördern, “ist der (Selamtausschuß zurzeit damit beschäftigt, Zentra!stellen in den verschiedenen Provinzen zu organi-

siéren. An die Truppen im Felde ist nur {wer und nur teilweise heranzukommen, was um jo betaueriiher it, als die Nachsrage nah Zeitungen dort beionders dringend ist. Doth ist gegenwärtig dur Vermittlung des Territorialdelegierten für freiwillige Krankenpflege in Brüsser der Weg beschritten, die dorligen Lazarette mit deutscher Lektüre zu- versehen und den auf der Etappe be- findlihen Truppen Schriften zugängia zu machen; au werden die Truppenverpflegungëspläße in Lüttich, Namur, Mons und Charlerot mit Schriften bedaht, Feiner haben fich die Division8getslichen, die in großer Zahl jeßt erneut ins Feld hinaus- ziehen, bereit erklärt, Schriften mitzunehmen. Auf einen Aufruf des Börsenvereins der deutschen Buchhändler und des Deutschen Verleger- vereins gehen große Sendungen von Büchern ein. Man darf ihre Gesamtzahl {hon jegt auf weit über 100000 Büdher einshäßen. Der Gejamtausshu hat seine Aufgabe von dem stellvertretenden Kaiserlihen Kommissar für freiwillige Krankenpflege im Felde durhch das Note Kreuz überwiesen erhalten; er übersendet auf Wuns etne Liste der Sammelstellen. Er hat seinen Siy in Berlin im Reichs- tog8gebäude, Zwischengeshoß, Zimmer 8. Dorthin kann man etwaige Wünsche von Lazaretren zur Einstellung von Büchereien gelangen lassen, die von Berliner Vecteilungsstellen und von den Landes- und Provinztalstellen aus befriedigt werden. Geldspendungen werden eben- falls dankbar angenommen (Konto bei der Köntglichen Seehandlung in Berlin W. 56).

__ Die Zeitschrift der Zentralstelle für Volkswohlfahrt „Concordia * (Karl Heymanns Verlag, Berlin) enthält in Heft 16 bis 18 u. a. folgende Beiträge: „Soziale Fürsorge in der Kriegszeit“ von Dr. jur. J, Altenrath ; Der Nationale Frauendtenst; „Fugend- pflege im Kriege und militärische Jugendvorbereitung“ von Dr. H. Stemering; Volksbildungsarbeit während des Krieges ; „Unfallverhütung durch Mitwirkung der Arbeiter" von Dr. A. Bender ; „Die Berufsvormund- haft in Bayern" von Dr. oec. publ. Vei. Horlacher; Berichte und Korrespondenzen: Allgemeines, Frauenfrage, Gesundhetitspflege, Ge- werbehygiene, Rassenhygiene, soziale Fürsorge, Tuberkulosebekämpfung, Versicherungswesen, Volksbildung, BVolksernährung, Vormundschaft, weibliche Jugendpflege; Zeitschriftenübersicht.

Kunst und Wissenschaft.

Das Berliner Münzkabinett hat Zehndrahmenstüdcke des Kimon von Syrakus erworben. Ais die Syrakusaner im Jahre 413 v. Chr. das attishe Einfallheer in der Schlacht am Asfinaros vernichtet hatten, stifteten sie zur Erinnerung an den Sieg die nah Assinareia genannten Festspiele. Wie das auch sonst Brauch war, wurde eine Festmünze ausgegeben, die als Zehndrachmenstück in besonderer Prägung bergestelt ward und dann als ständige Münze der Stadt Syrakus im Münzenumlauf eine bedeutende Nolle gespielt haben muß ; find doch nicht wentger als 300 Stü dieser Zehndenare auf uns gekommea. Auf der Vorderseite der Münzen ist ein Vier- ge]pann dargestellt, tas von einem nah Sitte der Wagenlenker lang- bekleideten Manne mit Treibstab und Zügel gelenkt wird. Dem Lenker fliegt die Siegesgöttin zu uno hält 1hm ein Laub- gewinde entgegen; die Bodenlinie is profiliert und darunter befinden sh die NRüstungsstükde eines Schwerbewaffneten : Schild, Panzer, Beinschienen und Helm, die durch eine Unterschrist als „Kampipreise“, natürlih für die Sieger in den Spielen von Assinareia, bezeichnet werden. Auf der Rüdckseite be- findet fich ein weibliher, von vier Delphinen umgebener Kopt, der wohl die Quellnymphe Arethusa darstellt. Dieser Kopf findet sich auf dea Vêünzen in zwei Darstellungen; auf der einen ist das Haar der Nymphe durch Ney und Stirnband gehalten, während auf der anderen Schilfblätter ins Haar gesteckt sind. Jene sind von einem Künstler namens Kimon, diese von cinem Cuainetos gearbeitet. Das Berliner Kabinett hat in den leßten Jahren mehrere Stücke der ersten Art erworben.

Das Kunstgewerbemuseum hat einen Teller und eine Vase erworben, die der Frankfurter Fayencemanufaktur des XVI1I. Jahrhunderts entstammen, die in ihrer Technik wie auch in der Feinheit und Sicherheit der Piîalerei den besten gleichzeitigen holländishen Blaufayencen an die Seite gestellt werden kann. Von den gleidzeitigen holländi)chen Fayencen unterscheiden fich die Frank- furter Stücke dadur, daß ihre Blaumalerei keine Ueberglasur deckt, und daß ihre Umrisse nicht mit \s{chwarzer Farbe nachþ- gezeichnet find. Tie sicher nàhweisbaren Frankfurter Stücke außer den betden Neuerwerhungen des Kunstaewerbemuseums a. a- einige Teller im Hamburger Museum und ein Krug im Frankfurter Privatbesiy sind mit ch&inesishen Landschaftsbildern geziert und mit etnem Chinesen auf der Nükseite gezeichnet. Eines der Ham- burger Stücke trägt außerdem noch den Namen des bekannten Frank- furter Fayencemalers K. Rib und die Ortsbezeihnung „Franckfort". Be- sonders reizvoll ist die Malere: auf dem neuverrwoorbenen Teller, auf dem in die ostasiatisde vLandschaît eine lebendige, flott gezeichnete Jagdszene gefeßt ist. Es wird noch Aufgabe der Forschung sein, au den Quellen nachzugehen, aus denen diese chinesis{en vielfigurigen, kunstgeshichtlich interessanten Darstellungen geflossen find.

Der von den deutschen naturwissenshaftlihen und mediziniscken Gesellshaften eingesezte Aus\chuß für den mathematischen und naturwissen\chaftlichen Unterricht befaßte fd, wie „W. T. B." meldet, in seiner Sitzung am 3. Oktober, die in Berlin im Hause des Vereins Deutscher Fngenieure s\tattzefunden hat, ins- besondere mit der Frage, wie die durch die Verfügung des Kriegsministers angeordnete militärische Erziehung der Jugend dur eine entsprechende wissenschaftliche Unterweisung der Schüler unserer höheren Lehranstalten, der Lehrerseminare und der . Fortbildungs\{hulen wirksam gefördert werden könne. Die Hilfskenntntisse, die bei der beabsichtigten Vorbildung unserer heranwachsenden jungen Mannschast in Betracht kommen, entstammen zum großen: Teil den natur- wissenschaftlihen Facbgebieten, eingerechnet die Erdkunde, die Technik und die Medizin. Es handelt \sich zum Beispkel um die einfahsten Formen geodätisher und geographifcher Aufs- nahmen (NRichtungs-, Entfernunas-, Geschwindiakeits- und Orts- bestimmungen, Kartenaufnahme und Kartenlesen). Die Technik kommt in Frage bei der A»lage von Schanzgräben und Feuerstellen, dem Bau von Unterkunftsstätten, der Anlage von Feldtelephonen und Feldtele- raphen; dazu tritt das Verständnts von Gewehr und Geshüg, der SBeshoßbahn, der Sprengstoffe usw. Dem med!zinishen Gebtet gebört an die Anleitung zur Erhaltung und Förderung der eigenen und zum Schuß der remden Gesundheit, zur ersten Hilfeleistung bei Verwundungen und Erkrankungen, tie Kenntnis dir ansteckdenden Kr'nkheiten u. a. m. Der Ausschuß beabsichtigt mit allen ibm zu Gebote stehenden Mitteln für die Verbreitung dieser Kenntnisse zu sorgen und so dafür zu wirken, daß die Anteilnahme der Wissenschaft an den großen vaterländishen Aufgaben nicht bloß in den engeren Fachkreisen durhdringe, sondern auch zum Segen des Volkes tatkräftig verwertzt werde.

Die „Norddeutshe Allgemeine Zeiturg" \{chreibt: Der Geheime Regierungsrat von Falke hat am 17. v. Mis. die Kunstdenkmäler von Löwen mit dem derzeitigen Bürgermeister, Professor Dr. Neerier, eingehend besidtigt und über ihren Zustand folgendes amtlih berichtet: Die als Bibliothek? und Universität dienende alte Tuchhalle ist bis auf die beid-n erhalten gebliebenen Fassaden

(Hauvtfassade gotisch mit Renaissanceaufbau, Nückfassade Späte

renaissance) vollständig ausgebrannt, und damit ist die Bibfkiothe? mit threm sehr wertvollen Schay an Handschriften ver- loren. gégangen. Beamte der Bibliothek, die auf die Rettung der gefährdeten Schäße hätten aufmerksam machen können, waren beim Brande der an betden Seiten der Halle angebauten Häuser nit zur

Slclle, Es ist nit zu hoffen, daß unter dem Brandschutt noch Bücher

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