1914 / 248 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Oct 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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_nonatiger Verwendung erhielt der Zeuge die Mitgliedskarte der a

te einen feinen Waffenvorrat im Kriegsministerium.

atie u ihren gliedern gehörten Staatsbeamte und Offiziere, Nah sieben-

dbrana ausgehändigt, die in einer Visitenkarte des D

anovic bestand, worauf die Worte „Narotna Odbrana* forvie ein

C egel und über zwet Pinden ein Totenkopf \ich befanden In ien hörte er überall immer nur Worte des Hasses gegen Oester- rei-Ungarn. Er erklärte weiter, daß alle Vorbereitungen zum Kriege gegen Oesterreih-Ungarn getroffen worden seien. Zu der éugin Talanga äußerte sich Cabrinovic am Tage vor dem ordanshlag: Franz Ferdinand wird nicht regieren; im nächsten Jahr wird in Bosnien König Peter der Re- gierende werden. Zur Zeit der Einverleibungskrise war die Tätigkeit der Narodna Odbrana, deren Werkzeuge Komitatschis waren, gegen Oesterreih-Ungarn gerichtet, gegen welches ein Krieg auf Leben und Tod R wurde. Die Narodna Odbrana wurde von der Ge egierung mit Geld unterstüßt und mit Waffen versehen. abrinovic bestätigte diese Aussagen. Aus den gelegentlih des Krieges in Losnica und Kleinzwornik vorgefundenen Akten über die in Bosnien betriebene Spionage wurde festgestellt, daß Serbien in der Losnicaer Kundschastsstelle allein über hundext Spione in Bosnten verzeichnet hatte. Aus den. Akten ging klar hervor, daß die bosnishen Sokol- und Antialkoholvereine nur ein Deckmantel für die Tätigkeit der Narodna Odbrana zur Vorbereitung des Krieges und von Aufständen in Bosnien waren. Jn einem mit dem Landeschef Potiorek aufgenommenen Protokoll schildert dieser aus» führlih die bekannten Vorgänge bei dem Anschlag. Ein andercr Zeuge, der als jerbisher Soldat in Valjewo diente, sagt dahin aus, daßedie Bildung von Komitatschibanden im Jahre 1906 begonnen worden ist. Sie wurden von der serbishen Regierung bewaffnet. JFhre Tätigkeit bestand darin, in den türkischen Provinzen Aufstands-

bewegüngen hervorzurufen. Nuß land.

Der Kaiser Nikolaus hat, wie „W. T. B.“ meldet, Befehl gegeben, daß ‘den deutshen und österreihischen Staatsangehörigen die ihnen ehrenhalber verliehenen Titel Kommerzienrat und Jndustrialrat entzogen werden.

Jtalien.

Die Leitung der Partei der geeinigten Sozialisten, die in Bologna zusammengetreten ist, erörterte gestern die gegenwärtige internationale Lage. Der Direktor des „Avanti“, Mussolini, brachte eine Tagesordnung ein, in der er laut Meldung des „W. T. B.“ erklärte :

Die von der Partei bisher verkündete Formel absoluter Neutralität sei zu verbindlich und dogmatisch gegenüber der inter- nalen Lage, die immer verwickelter und reiher an unvorhergesehenen Ereignissen werde. Die Partei müsse es sih daher vorbehalten, bei einem etwaigen Kriege die zukünftige Handlungsweise der Partei auf. der“ Grundlage der Ereignisse festzuseßen.

Diese Tagesordnung Mussolinis wurde von keinem Mit- gliede der Parteileitung angenommen, die ihre früheren Be- \hlüsse bestätigte und in einem Erlaß an die Arbeiter ihre Abneigung gegen einen Krieg und den entschiedenen Willen, in der erklärten Neutralität fest zu bleiben, von neuem betonte. Fnfolge der Ablehnung seines Antrages ist Mussolini von der Leitung des „Avanti“ zurückgetreten.

Portugal.

Dem Blatte „Paiz“ zufolge werden die Kammern morgen zusammentreten. Für morgen oder übermorgen wird eine Kabinettskrisis erwartet. Freire Andrade joll sodann ein Kabinett bilden, in dem alle politischen Parteien vertreten sein werden.

Niederlande.

Die Regierung hat der „Frankfurter Zeitung“ zufolge ein Verbot erlassen, jungen Belgiern, vor allem Sol- daten in Zivil, die Reise nah Holland zu er- leihtern, und angeordnet, daß deren Reise nah Möglichkeit verhindert werden solle.

Belgien.

Für den verstorbenen König Carol von Rumänien fand gestern vormittag in Brüssel ein Gedächtnisgottes- dienst statt, dem, wie „W. T. B.“ meldet, außer der rumä- nischen Kolonie unter der Führung des Geschäststrägers das diplomatische Korps und als Vertreter des deutschen Gouverne- ments der Militärgouverneur General Freiherr v. Lüttwiß mit vielen deutschen Offizieren beiwohnten. Die Zivilverwaltung war durch den Legationsrat Freiherrn von Frays vertreten.

Schweden.

Es wird bekanntgegeben, daß die Leuchtfeuer, Feuer- chiffe und Leuchtbojen an der westlichen und südlichen Küste Schwedens vorläufig auszulöschen sind, ausgenommen die Helsingborger und Malmöer Leuchtfeuer, die Leuchtbojen bei der Einfaurt nah Malmö, das Trelleborger Feuerschiff und die Leuchtfeuer und Leuchtbojen bei der Einfahrt nach Trelleborg.

Norwegen.

Die Aeußerungen des deutschen Gesandten in Christiania Grafen von Oberndorff, die kürzlich im „Morgenblad“ ver- öffentlicht wurden und si gegen Erklärungen des Ministerial- direftors Delavaud-Paris richteten, sind bei der telegraphischen Uebermittlung verstümmelt worden. Graf von Oberndorff hatte, wie „W. T. B.“ meldet, gesagt, er könne Herrn Delavaud seine Siegesgewißheit niht übelnehmen, er sei von dem gleichen Gefühl beseelt, auch wenn seine Hoffnungen sih nicht auf die unerschöpflihen Menschenvorräte der Fremdenlegion und der afrikanishen Neger stüßten.

Griechenland.

Jn der Deputiertenkammer wollte die Opposition vor- gestern abend die Regierung über die Flüchtlingsfrage und die Frage der Aegäischen Jnseln interpellieren, sie mußte aber darauf verzichten, da der Ministerpräsident Venizelos er- klärte, daß er angesihts der gegenwärtigen Lage sih weigere, in eine Erörterung über diese Punkte einzutreten.

Rumänien.

Nach dem Tode des Königs Karol hat die Regierung,

wie es der Brauch ist, dem neuen König ihren Rücktritt an-

eboten. Der „Reichspost“ zufolge hat der König Ferdinand

biztauf das Kabinett ersucht, bis auf weiteres die Geschäfte

fortzuführen.

Der Gerichtshof von Jlfov hat den Haftbefehl gegen

Hassan Tahsin, der den, Anschlag auf die Brüder Buxton verübt hat, bestätigt.

Serbien.

Der bulgarische Gesandte in Nisch, der sih in den leßten Tagen wiederholt mit dem Vertreter des Ministeriums des

der Bulgaren in den neuen Gebietsteilen Serbiens unterhielt, hat, der „Agence Bulgare“ un e, die

eßung eines gemischten serbish-bulgarischen Unterjsuchungs- ausschusses für den g: Strumißa vorgeschlagen, um festzu- : Flüchtlinge berechtigt

stellen, wieweit die Klagen der neuen ) ich gegenüber dieser

sind. Die serbishe Regierung verhält Forderung ablehnend. Afrika.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Kapstadt hat es allgemeine Entrüstung erregt, daß der General Herßog es abgelehnt hat, den Obersten Mariß zu verurteilen und sich selbst endgültig auf Seite der Regierung zu stellen. Der Schriftwechsel zwischen Botha und Herzog lasse die Haltung Herzogs in noch ungünstigerem Lichte erscheinen. Botha habe geschrieben, daß Unterhandlungen mit dem Rebellenführer unmöglich seien, und daß es den erwünschten Ausgang wesentlich fördern würde, wenn Mari durh Herßog und die anderen in dem Ultimatum von Mariß genannten Personen sofort

öffentlih abgeschüttelt würde.

Kriegsnahrihten.

Westlicher Kriegs sch aupla ß.

Großes Hauptquartier, 21. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Am Yserkanal stehen unsere Truppen no ch in heftigem Kampfe; der Feind unterstüßte seine Artillerie vom Meere nordwestlich Nieuport aus. Ein englisches Torpedoboot wurde dabei von unserer Artillerie kampf- unfähig gemacht.

Die Kämpfe westlich Lille dauern an, unsere Truppen gingen auch dort zur Offensive über und warfen den Feind an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Engländer zu Gefangenen - gemaht und mehrere Maschinengewehre erbeutet.

Amsterdam, 20. Oktober. (W. T. B.) „Nieuws van den Dag“ meldet aus Sas van Gent vom 19. Oktober: Jn Blankenberge befanden sich 3000 belgische Soldaten und 2000 Mann Bürgerwehr. Als die Deutschen ein- trafen, wurden jene überrascht, bevor sie flüchten konnten.

Oestlicher Kriegsschaupla 8. Großes Hauptquartier, 21. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Auf dem östlihen Kriegsschauplaß is keine Entscheidung gefallen.

Wien, 20. Oktober. (W. T. B.) Amililih wird ver- lautbart: Die Schlacht in Mittelgalizien hat namentlich nördlih des Strwiazflusses noch an Heftigkeit zuge- nommen. Unser Angriff gewinnt stetig Raum nach Osten. Um einzelne besonders wichtige Höhen wurde von beiden Seiten mit äußerster Erbitterung gekämpft. Alle Versuche des Feindes, uns die Magiera wieder zu entreißen , \cheiterten , dagegen eroberten unsere Truppen die viel umstrittene Baumhöhe nordöstlih Tyszkowice. Südlich der Magiera wurde der Gegner aus mehreren Ort- schaften geworfen. Jn diesen Kämpfen wurden wieder viele DAG darunter ein General, gefangen genommen und auch Maschinengewehre erbeutet. Die Gefangenen berichten von der furhtbaren Wirkung unseres Artilleriefeuers. Südlich des.

steht die Schlacht. Stryj Koeroesmezoe und Sereth wurden von unseren Truppen nah Verteidigung durch den Feind in Besiß genommen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.

Südlicher Kriegsschaupla ß.

Wien, 20. Oktober. (W. T. B.) Amtlih wird ver- lautbart vom 19. d. M.: Die serbische Presse verbreitet in den leßten Tagen eine Reihe von Siegesnachrichten, die vielleicht im Bereich ihrer Wünsche gelegen sind, die aber mit den tatsächlichen Verhältnissen in völligem Widerspruch stehen und auf Nachstehendes reduziert werden müssen :

1) Der angebliche Sieg bei Wurjactca war eine durch das Hochwasser der Drina bedingte, nicht aber durch einen serbischen An- griff erzwungene Räumung eines überschwemmten kleinen Brücken- fopfes, dem an und für fich keine sonderlihe Bedeutung zukam. Die Räumung vollzog stch in größter Ordnung, ja sogar ohne Störung dur den Gegner, und daher sind die Angaben über zahlreihe Ge- fangene usw. vollkommen unzutreffend. j

2.) Am Gucevo-Rücken spielen fch infolge der großen Nähe der dort befindlihen Kampflinten fast täglich Kämpfe ab, in denen bald die Serben, bald die eigenen Truppen die Angreifenden sind. Eine sonderliche Bedeutung kommt diesen Kämpfen niht zu. Daher find auch die serbishen Nachrichten von gxoßen Erfolgen am Gucevo- Nücken Entstellungen der Tatsachen. Dagegen verschweigt aber der Gegner, daß am selben Tage, an welhem der „glänzende Sieg“ am Gucevo-Rücken errungen wurde, wetter \üdlich ein viel ernsterer, durch Artillerie unterstütter serbischer Angriff blutig abgewiesen wurde.

3) Auf der Nomanje Planina sett die von den Serben an- geblich gelGogene Division die Säuberungsaktion fort. Teile pelex haben am 12. und 13. Oktober in tapferen Kämpfen 3 bis 4 serbische Bataillone zersprengt und zahlreiche in den Wäldern herum- irrende Soldaten und Offiziere gefangen genommen. Dadurch ist die serbische Kriegsberichter|tattung zur Genüge charafterisiert und bedarf keines weiteren Kommentars. Potiorek, Feldzeugmeister.

Der Krieg zur See.

London, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Kréeüzer „Undaunted“ und die vier Zerstörer, die am 18. d. M. in Harwich ankamen, berichten über den Kampf in der Nordsee folgendes: Wir verließen Harwih am Sonnabend zu einem Patrouillendienst. Es gelang, die deutschen Schiffe zum Kampf zu zwingen, die tapfer gegen die Uebermacht E Die großen Geschüße der „Undaunted“ eröffneten das euer auf fünf Meilen. Der Kreuzer, der dur die Begleit- \chiffe gegen Torpedoangriffe geshüßt wurde, richtete das Feuer gegen zwei feindlihe Boote, während die britischen Zerstörer die anderen beschäftigten. Die deutschen Torpedoboote sanken nacheinander, bis zuleßt tapfer kämpfend. Das Gefecht dauerte anderthalb Stunden.

Rotterdam, 20. Oktober. (W. T. B) Wie der „Rotterdamsche Courant“ meldet, behauptet der Kapitän des

Strwiaz, wo unsere Front über Stary—Sambor verläuft,

gefehts war, deutlih gesehen zu haben, daß auh ein ge er Zerstörer durch Snen Torpedo Se wurde und daß eine Dampfwolke aus dem Jnnern aufstieg, woraus der Kapitän auf eine Kesselexplosion shließen will.

Kristiania, 21. Oktober. (W. T. B.) Aus Stavanger wird gemeldet: Der englische Dampfer „Glitre“ der Sal- vesen-Leithlinie ist zwölf Seemeilen vor der norwegischen Küste von einem deutschen Unterseeboot in den Grund gebohrt worden. Die Mannschaft wurde gerettet.

Wien, 20. Oktober. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Meldung wurde über die Ereignisse in der Adria dem Armeeoberkommando berichtet: Am Morgen des 17. d. M. fand seewärts von der Spiße von Ostro ein Scharmüßel zwischen einzelnen Torpedo- und Untersee booten nebst einem Luftfahrzeuge und dem französischen Kreuzer „Waldeck Rousseau“ statt. Troßdem der. Kreuzer unsere Einheiten heftig beshoß, rückten sie unversehrt ein. Das Leucht- feuer von der Spiße von Ostro wurde von dem französischen Kreuzer ebenfalls beschossen, doch nur an der Galerie unbedeutend beschädigt. Das weiter seewärts beobachtete französishe Gros verließ nach Sichtung der Unterseeboote schleunig unsere Gewässer. Die eigenen Torpedofahrzeuge unternahmen in den frühen Morgenstunden des 18. einen Raid auf den Hafen von Antivari und zerstörten aus

- nächster Nähe einige Magazine und beladene Waggons durch

Geschüßfeuer. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.

Parlamentarische Nachrichten.

Das Mitglied des Herrenhauses Staatsminister D. Dr. Graf von Zedliß und Trüßschler, ehemals Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen- heiten, ist, wie „W. T. B.“ meldet, in der vergangenen Nacht in Charlottenburg gestorben.

Wohlfahrtspfslege.

Unter dem Protektorat Seiner Köntglichen Hoheit des Prinzen Foachim von Preußen hat fi in Berlin ein Aus \chuß gebildet, der folgenden Aufruf zur Unterstüßung der durch den Krteg geschädigten Bevölkerung Elsaß - Lothringens erläßt: „Nicht Ostpreußen allein, sondern auch Elsaß-Lothringen, die westliche (Grenzmark des Reiches, ist durch den Krieg \chwer heimge|ucht worden. Weite Teile Lothringens find durh die Schlacht zwishen Metz und den Bogesen verwüstet worden. Im Elsaß wurde dur die Kämpfe bei Mül- haufen und im Sundgau Vieles vernichtet. Ganz befonders haben hier auch die Vogesentäler {wer gelitten und leiden zum Teil noch heute unter den fkriegerishen Ereignissen. Abgesehen von dem entstandenen Sach- schaden, sind in den betroffenen Landesteilen, infolge der großen Truppenansammlungen und -durchzüge bei Beginn des Krieges, die vorhandenen Lebene- und Futtermittel aufgezebrt und viele Hundert der Bewohner, Männer, Frauen und Kinder, vom Feinde nach Frankreih verschleppt worden. Der wirtschaftliche Wieder- aufbau noch vor Eintritt des Winters ift dringlich. Durch Einrichten von Wobhnstätten, - Versorgung mit Lebens- und Futtermitteln, Saatgut und Vieh, sowie durch Schaffen von Arbeitsgelegenheit muß fo bald als möglih der dringendsten Not ge- steuert werdens Der deutsche Gemeinsinn, der sih für Ostpreußen in so hochherziger We'se bewährt hat, wird au die {wer heimgesuchten Bolkegenossen im Westen des Neihs niht vergessen wollen. Dabei kann das |chmachvolle Verhalten einzelner Pflichtvergessener, das bei den eigenen Stammesgenossen die gebührende Verurteilung und Ver- achtung findet, der elsaß-lothringishen Bevölkerung nicht zur Last ge- legt werden, denn die überwältigende Mehrheit derselben hat sih nach dem öffentlichen Zeugnis der lommandierenden Generale etnwandfrei verhalten. Sind doch Tausende von Elsaß-Lothringern freiwillig unter die deutschen Fahnen geeilt, und zahlreihe Söhne des Landes haben, wie ein Blick in die Verlustlisten zeigt, die Treue zum deutshen Vaterlande mit ihrem Blute besiegelt. Gaben werden von sämtlihen Filialen und Depositenkassen der Bank für Handel und Induttrie (Darmstädter Bank) entgegengenommen. Die Verwendung der etngehenden Summen wird unter der Aufsicht des Kaiserlihen Ministeriums für Elsaß- Lothringen erfolgen.“

Zur Kriegswohlfahrtsvflege in größeren deutschen Städten.

Der zweite Kriegsmonat, der September, hat erst Gelegenheit geboten, die Fülle der Opferwilligkeit in der Fürsorge für die dur die Kriegslage Benachteiligten einigermaßen zu übersehen. In der Organisation der Hilfeleistung hat der Geist der Ordnung und Planmößigkeit, durhdrungen von wohlwollendem Gerechtigkeitsfinn, die Oberhand gewonnen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß au die Mobilisierung des Helfens manches Ueberflü!sige und Unklare früherer Hilfsmethoden beseitigt und dafür Grundlinien für ein auf die Zukunft berechnetes Hilfssystem geschaffen hat. Zu- nächst trat in den größeren Städten und Bezirken das Bestreben einer Zentraltsierung ver Hilfsmittel und der Hilfe- leistungen hervor. Zum Teil nötigte hierzu die Verminderung der font zur Verfügung stehenden Kräfte. Diese Verminderung wurde hervorgerufen sowohl durch Eintritt leitender Persönlichkeiten in den Heeresdienst als auch dadur, daß folhe sfich vielfah den militärishen BVerwaltungsorganen zur Verfügung stellen mußten Bei der Organisation der Kriegshilre hat es sich gezeigt, daß ein Handinhandgehen mit der Armenbehörde, die in allen Fällen als der Mittelpunkt der städtishen Wohltätigkeit anzusehen ist, ein undedingtes Erfordernis ist, und daß man die tn den meisten deutshen Großstädten in bester En1wicklung begriffene Verbindung der privaten Wohltätigkeit mit der amtlihen Armenpflege niht verdrängen, sondern ‘der Zeitlage angemessen verstärken soll. Die angedeutete Fülle der Hilfseinrichtungen kommt namentlih in den im Laufe des Monats September ershienenen Veröffentlihungen der städtischen Nrmendirektionen zum Ausdruck. - Einiges allgemein Interessierende wollen wir hier mitteilen. f

Für Berlin fällt die finanzielle Seite der durh den Krieg bedingten Wohlfahrtsmaßnahmen besonders ins Auge. Sie bestätigen die mehrfah hervorgehobene Ansicht, daß insbesondere auf den Ge- bieten der Armenpflege und Wohltätigkeit die Verhältnisse der Neichs- hauptstadt außergewöhnliche sind, Es ist festgestellt worden, daß ¿es sich hier um rund 64000 Krieasunterstütungsfälle handelt, und“ es werden bei Berücksichtigung der ein)chlägigen Faktoren und der Ausfälle von Steuern, sowie bei Einrechnung der Aufwendungen für die öffentlichen Speiseanstalten usw. und bei einer Annahme einer Jahresdauer die Aufwendungen der Stadt infolge des Krieges auf eîwa 90 bis 100 Millionen Mark geshägt. Inwieweit nun außerdem die freiwillige Wohlfahrtspflege in Berlin sih für die Kriegszeit gerüstet hat, geht aus einem von der Zentrale für private Fürsorge herausgegebenen, von S. Wronsky zusammengestellten „Kriegführer dur die Wohlfahrtseinrihtungen von Groß Berlin hervor, der 22 Spalten der Nummer 8/9 der „Blätter für die Berliner Armen- und Walsenpflege"“ ausfüllt und auch in Separat-

Auswärtigen über die immer schlechter werdende Lage

norwegischen Schiffes „Drottnig Sophia“, der Zeuge des See-

autgabe erhältlich ist.

Sn den Breslauer „Blättern“, Nr. 219, mahnt das Ver- siherungsamt der Stadt Breslau die zum Militärdienste einberufenen Krankenkassenmitglteder zur freiwilligen Fortseßung ihrer Bersicherung und weist die Arbeitgeber der Einberufenen darauf hin, daß sh für fie hier, durch Leistung der Krankenkassenbetträge, ein wichtiges Feld sozialer und gleichzeitig patriotisher Betätigung bietet. Ferner geht aus dem Inhalt der „Blätter“ hervor, daß schon jeßt die vierzehn dort bestehenden Vereins- supyenküchen eröffnet sind, für deren Jnanspruhnahme seitens ihrer Pfleglinge die Armendtrektion die nötigen Anweisungen erteilt. Meiter ist ersihtlih, daß zur Erteilung von Auskunft in Für- sorgeangelegenheiten eine Vereinigung der gemeinnüßigen Auskunfts- stellen mit dem gewerkshaftlichen Arbeitersekretariat stattgefunden hat. Leider bleibt nach etner Bekanntmahung der Armendirektion vom 8. September „wegen Mangels an Beamten“ die dem Armenbureau angegliederte Abteilung für Trinkerfürsorge während des Krieges geschlossen, obwohl gerade in Breslau die bisherigen Erfolge des Handinhandgehens der Trinkerfürsorge mit der Armenbehörde beson- ders augenfällig und ermutigend waren.

Auch die „Amtlichen Nachrichten*“ von Halle a. S. berühren

das Arbeitsverhältnis, indem die Kriegsunterstützungskommission unterm 2. September bekannt gibt, daß sie, „um die Einstellung der freiwilligen Arbeitgeber-Unterstüßun en möglichst zu verhüten“, heschlossen hat, daß diese nie zum vollen Betrag anzurehnen seien, daß vielmehr den hier in Betracht kommenden Perfonen mindestens ein städtiher Kriegszushuß in Höhe von 50/6 der Reichsunterstüßung zu gewähren sei. Die Hallesche Armendtrektion hat die in der Kriegs- zeit „für jedermann zu erwartende Erhöhung des Existenzbedarfs“ zum Anlaß genommen, die sogenannten „Aus\s{hluß-“, d. i. die Höchst- bedarfsäße für Barunterstüßung threr Armenpfleglinge u m 20 0/0 zu erhöhen. Wenn übrigens die Stadt Halle in ihrer Kriegsunter- stüßung (bis zu 2009/9 der NReichsunterstütung)- in Verbindung mit der Armenpflege und dem „Nationalen Frauendienst“ wohl mit am großzügigsten unter den deutshen Städten vorgeht, so hat sie doh au {on feststellen müssen, daß ihr Wohlwollen mißbraucht wird. Reichlih unterstüßte Ehefrauen von Kriegsteilnehmern haben sich „vermutlih infolge mißverständliher Belehrung“ gewetgert, ihre fällige Miete zu zahlen. Die \tädti|he Kriegsunterstüßungskommission hat daher unterm 19. September beschlossen, von den Familien der Kriegstetilnehmer halbmonatlihch Mietzahlung zu verlangen und den s\tädtischen Kriegszushuß nur dann halbmonatlich voll aus- zujahlen, wenn durch Vorlegung des Mietquittungsbuches oder etner Bescheinigung des Vermieters die Zahlung des zuleßt fällig gewesenen halbmonatlihen Mietzinses nahgewtesen wird. __ Auch das Hamburger Armenkollegium hat die Unterstützungs- säße für bedürftige Angehörige von Kriegsteilnehmern besonders hoch angeseßt (z. B. für eine Frau mit einem Kind auf monatlich 50 4, für eine mit zwei Kindern auf 62 4). Ferner fann der sogenannte „eiserne Bestand“, der den Armenvorstehern zur Verfügung steht, für die Dauer des Krieges auf Wunsch auf 500 4 erhöht werden.

Das Armenamt in Frankfurt a. M. empfiehlt eine gewisse

Borsicht in der Berücksichtigung neu zugezogener Personen dur Doppelunterstützungen, damit nicht folhe Personen durch be- sonders hohe Beihilfen in die Lage kommen, fih bequem ein Jahr lang in Frankfurt aufhalten zu können, um alsdann dem neuen Unter- stüßungswohnsitzgeseß zufolge der Armenbehörde anheimzufallen. Das Frankfurter Armenamt wendet der Beschäftigung Arbeitsloser besondere Aufmerksamkeit zu, wie die in den Nummern 74 und 75 seiner „Mitteilungen“ abgédruckten Grundsäße und Bestimmungen beweisen. Der Magistrat beabsihtigt, auch eine Notstands- arbeit für Frauen einzurihten. Sehr beahtlich sind die in Nummer 75 enthaltenen Ausführungen über die Frage: „Wie kann perhindert werden, daß die Unterstüßung Unwürdigen, insbesondere Trunksüchtigen, zugute kommt?“ Die seitens der Frankfurter Armenbehörde gemachten Versuche, in Fällen dieser Art die Kriegs- unterstüßung in Form von Naturalien auszuzahlen, find mißglüdckt. Die Brotscheine wurden in den Kneipen verkauft und die Speise- anweisungen überhaupt nicht verwertet. Es wird wohl hier ein Ein- greifen der Privatpflege bezw. eine Anwendung von Repressivmaß- regeln (Strafgeseß, Gese über Unterbringung Arbeits\heuer) am besten wirken können. 5 In Stettin sind, wie man aus Nummer 34 der „Amtlichen Mitteilungen“ ersieht, die Abhebungsstellen für Kriegsunter- stüßungen nicht mit denen der \tädtischen Armen vereint, sondern in die zwölf städtischen Schulgebäude gelegt worden. Diese Maß- nahme- erscheint __als nachahmungswert. Die Bureaustellen der Kriegsünter\tüßungskommission sind gleichzeitig auch die „Holstellen“ für das in_ der neu eingerihteten Stadtküche auf dem \tädtishen Schlachthofe zubereitete Essen. Hter wird das Essen von Schuldienern* aus den Blehkübeln in Liter- und Halbliterportionen gegen die ausgegebenen Gutscheine zum Mitnehmen nah Hause verabfolgt. Für solhe Unterstützungs- beretigte, die keine geeignete Häuslichkeit für die Einnahme des Essens besitzen, sind auf Grund von Vereinbarungen in Speise- wirtschaften „Eßstellen“ eingerihtet, in denen die Vortionen an ordnungsmäßigen Tischpläßen verzehrt werden. Die Inhaber der Cßstellen haben für die Bedienung der Gäste zu sorgen, Trinkwasser unentgeltlich zu verabfolgen und billige alkoholfreie Ge- tânke nah einem vereinbarten Tarif auszushänken. Sie erhalten dafür auf jeden zurückgelieferten Gutshein 5 als Vergütung für ihre Leistungen. Man sieht, daß die Stettiner Stadtverwaltung auf die Nahrungsmittelversorgung besonderes Gewicht legt. Ste hat au, da die Kochkessel der Shlachthofs\tadtküche 6500 1 fassen, den bisberigen Volksküchenbetrieb mitübernommen und gibt zur Verteilung an sonstige Unterstüßungsbedürftige Eßscheine zum Preise von 25 ad. Inwiewett der „Bürgerhilfs\{Gaß" diesen Bestrebungen förderlich Ut, schildert Oberbürgermeister Dr. Ackermann in der erwähnten Jiummer. Er berichtet, daß in Stettin die Einrichtungen des Be- \petsungsdienstes sich nah den bisherigen Beobachtungen einer günstigen Aufnahme bei der Bevölkerung erfreuen. Der Betrieb sei in hohem Maße erweiterungsfähig.

In München und auch in anderen Städten macht ih der Mangel an ehrenamtlichen Vormündern seit Ausbruch des Krieges besonders fühlbar. Dur Aufrufe und durch die Ortspresse suht man die Bereitwilligkeit zur Uebernahme von Vormundschafts- stellen anzuregen. Uebrigens behandelt ein Auffaß von Dr. Hor- laher in der Zeitschrift der Zentralstelle für Volkswohlfahrt „Con- cordia” (1914, Nr. 16 bis 18) Entwicklung und Art der Berufsvor- mundschaft in Bayern.

d Von fonstiger neuer einschlägiger Literatur sei die Nummer 9 ta „Kommunalblatts für Ehrenbeamte“ vom 15. Sep- ember 1914 erwähnt, die als eine Krtegsnummer im Sinne von praktishen Anregungen für die Kriegsunterstüßung anzusehen ist.

Kunst und Wissenschaft.

Wi A. P. Die „Gesellschaft für Erdkunde" eröffnete ihr interhalbjahr am 10. Oktober mit einem der augenblicklihen Kriegs- age angemessenen Vortrage von Professor Dr. F. Lampe über „die bieS E hen Verhältnisse des östlihen Kriegsschau- P aßes*, Einleitend versagte es sich der Vorsitzende, Geheimrat

rofessor Dr. Hellmann, nicht, des hohen Ernstes ‘dieser Tage n gedenken, in denen Deutschland gegen eine Welt in Waffen e Viele Mitglieder der Gesellshaft hätten ihre bürgerlichen

erufe verlassen, um die Pflicht gegen das Vaterland B ille, und von den zahlreihen militärishen Mitgliedern G; esellschaft hätten zwei si bereits hohen Ruhm erworben: der Beselea verst von Kluck, Führer der ersten Armee, und der General von Lu Gef e für das laufende Jahr als stellvertretender Vorsigender Ners ele ¡iYaft für Erdkunde gewählt ist. Gerade an diesem ersten o Boses ei tage, so führte Professor Hellmann aus, wird der Name E ers von Aller Lippen genannt, als des Bezwingers von find eg das gestern gefallen ist. Auf den begeisterte Zustimmung tellid t Vorschlag von Geheimrat Hellmann beschloß die Ge-

[ast sofort, an Ex;,ellenz von Beselex ein Glückwunsch-

telegramm gzu senden. Leider hatte - der - Vortragende au eine Mitteilung \hmerzliher Art zu mahen: Von den Mitgliedern der Gesellshaft ist a1s erstes Opfer Professor Dr. Felix Preuß auf dem Felde der Chre gefallen. Seinen in der Einleitung genannten Vortrag begann Professor Dr. Lampe mit einer Darlegung, wie möglicher-, ja wahrsceinliherweise die während dieses gewaltigen Krieges gemahteu Erfahrungen zur teilweisen Umgestaltung un- seres Kartenwesens den Anlaß geben werden; denn gerade die vorliegenden Karten des östlichen Kriegs|hauplaßes geben ein wenig verständlihes Bild von den natürliGen Verhält- nissen, von Gebirgen und Flußläufen. Was sie zuverläßsig zeigen, sind zumeist nur die Eisenbahnlinien. Die neuere politische Erdkunde strebt anderen Zielen nach, wie sie {hon besonders durch Friedrich Natel aufgestellt, entwickelt und mehrfach erreiht worden sind, Für die immer enger werdende Zusammengehörigkeit von Staatsleben und Staatsgebiet, wie Bevölkerungszunahme und Erhöhung der kfulturelen Stellung des Staates sie mit \ich bringen und wie sie in Fragen der Nüstung des Staates zu Lande und zu Wasser so recht zur Geltung kommt, ist von hoher Wichtigkeit eine Ee Geographie, welhe die Wechselwirkung zwischen Landesnatur Und Kriegführung anshaulich macht. Spielen doch ohne Zweifel von jeher für alle strategtschen Maßnahmen eine höchst gewichtige Nolle ebenso die Ge- ländeverhältnifse, das Klima, die Bodenschäße, als das. Maß der sitt- lichen Bildung und des politishen Verständnisses der Bevölkerung. Aber das Maß von Wichtigkeit der genauen Kenntnis des Geländes für die genannten Zwecke is neuerdings, verglihen mit einer wenig zurückliegenden Zeit, ganz erheblich gewachsen. Zum Beweise dessen braucht man nur daran zu erinnern, wie im modernen Kriege das Auge des Feldherrn durch Flieger und Luftschiffe weiter \chaut, sein Ohr durch Telephon und Funksprüche weiter hört, sein Arm durch Kraft- wagen, Fahrräder, Kraftfahrzeuge wetter wirkt als früher und ihm des- halb die genaueste Kenntnis des Geländes nötig ist, um aus diesen er- örterten Möglichkeiten der Uebersiht und Beherrs{bung eines großen Kriegs\chauplatzes für die Operationen den denklich höchsten Nußen zu ziehen. Von großer Bedeutung i|st eine klare Vor- stellung über das Gelände auch für alle, die lebhaft teil- nehmend und verständnisvoll den Kriegsvorgängen folgen. Ist man do im Publikum meist völlig unklar über Entfernungen und Raummaße, während ein Begreifen, eine sihere Beurteilung der Kriegsvorgänge nur beim Vorhandensein eines klaren Geländebildes möglich und auf alle Fälle ebenso erwüns{cht, als vorteilhaft ift. Man halte nun diesen leßtgenannten Vorteil für die Außenstebenden niht für unerheblih, er ist vielmebr notwendig für die Zurük- ebliebenen; denn sie follen in ihrer sittlichen, vertrauenden Haltung, n thren finanziellen und polittschen Maßnahmen das Rückgrat der Kämpfenden darstellen. Der titanenhaste Kampf um Deutschlands Geltung wird siher in der Folge zu einer Förderung der bet der großartigen Gntwicklung der leßten beiden Jahrzehnte etwas zurück- gebliebenen politischen Geographie führen. Wie das für einen be- stimmten Fall zu bewirken, wie ein erhöhtes landeskundlihes Ver- ständnis in diesem Sinne zu erscließen {, das suchte der Vortragende durch etne entsvrehende Schilderung der Gebiete von Russish Polen, Galizien únd Alipreußen darzulegen, dem zurzeit die allgemeine Auf- merksamkeit zugewendet ist. Das im Norden von Preußen, im Süden von Galizien umshlossene Polen reiht als eine Art Halbinsel nach Mitteleuropa hinein, mit dem es annähernd das gleiche Klima hat. Die deutsche Grenze dieses Flachlandes is so lang wie die Entfernung von Basel bis Memel. Unter Hinzu- rechnung seiner galiztsden Grenze stehen weite, ebene Strecken dem Feinde offen Sie machen es zugleich erklärlih, daß hier oder dort von Polen aus Einfälle über die weitgestreckte Grenze elungen sind. Aeußerst gering ist die Anzahl der die Grenze reuzenden Eisenbahnen und Chausseen; der Verkehr ist erschwert dur die versbiedene Spurweite der niht am internationalen Verkehr beteiligten rufsisden Eisenbahnen, die um 5 cm breiter sind als die westeuropäischen Bahnen. Eisenbahnen von dieser größeren Spur- weite und Landstraßen begleiten dagegen in Polen die Grenze in geringer Entfernung. Nah Lage und Bevölkeruug etn Uebergangs[and ¿wischen ODst- und Westeuropa, zeigt das im Norden, in der Mitte und im Osten als Flachland zu kennzeihnende Polen nur im Süden die bis zu 600 m Höhe sich erhebenden Reste eines Numpfgebtraes. Raumgröße und Bevölkerungs- zahl entspricht etwa Süddeutshland. Hat in Nußland seine weite Ausdehnung und die Natur des Landes den monarchischen Einheits\taat gefördert, die kulturelle Ungleichheit der Bevölkerungen ihn jedo erschwert, fo hat sih der Staat auch der Möglichkeit, mit den Nassenverschiedenheiten fertig zu ‘werden, dadurch ans{etnend endgültig begeben, daß fein woblwollender ernstliher Versuch der fulturellen Verschmelzung jemals gemacht worden - ist. Ohne jemals die wirt\{aftliche Entwickelung Polens zu fördern, hat Rußland dort nur längs, nämlich hinter der Weichsel, östlih des Flußlaufes, eine Reibe _von Festungen zum Schuß seines Gebietes gegen Anariffe von Westen her angelegt, alle untereinander durch Bahnen verbunden. Zwei Eisenbahnen und eine Landstraße führen nah Oste und Westpreußen. Auf ihnen sind die russishen Angriffs- bewegungen in den leßten Monaten erfolgt. Gleichsam an den Karpathen hängend, ähnelt Galizien der {wäbisch- bayerischen Hochebene. Es hat die russishe Uebers{wem:nung länger als Ostpreußen aushalten müssen, ist anderseits aber wegen des Fehlens russischer Festungen nahe seiner Grenzen wahrscheinlih sicherer als Ostpreußen. Galizien dürfte, sind die Nussen erst einmal daraus vertrieben, von ihnen auch dauernd befreit bleiben, während die preußische Provinz bei der Nähe vieler Festungen mit gelegentlichen russishen Vorstößen von Süden und Osten her wird renen müssen. Den dicht aneinander gedrängten russishen Festungen Grodno, Kowno, Ivangorod usw. gegenüber, ersheint das deutshe Befestigungsneß von Boyen, Königsberg und Thorn etwas weitmaschig; do hat es bisher ja seine Aufgabe würdkg erfüllt, gemeinsam mit der Weichsel als natürliher Verteidigungsltnie. Der Bortragende wandte sih nun der preußischen*Land|chaft im besonderen zu, wofür ihm eine Reihe fehr anshauliher Lichtbilder zur Verfügun stand: dieser eigenartigen, anmuttgen Landschaft mit thren enrücken, ihren Flüssen und Flüßchen, den Grundmoränen und den Endmorânen mit den Steinhäufungen. Er \childerte den Verlandungsvorgang der die Stellen der Moränen bezeihnenden Seen durch eindringenden Pflanzenwuchs, die Entstehung von Sümpfen und Mooren dur diesen Vorgang. Letztere sind des Interesses besonders wert, haben sie do recht wesentlich zur Vernichtung des eingedrungenen Feindes beigetragen. Noch besitzt die Provinz tes andere natürlihe Vertetdigungsmittel : die Dünen an der Küste, die Nehrungen. Sie würden einem von der Seeseite den Einbruch ins Land versuchenden Feind schwere Hindernisse entgegenstellen. Aus der großen Zahl der den Vortrag begleitenden Uchtbilder hoben \ich die Darstellungen der Reste deutsher Kulturarbeit aus der Zeit der Ordensherrshaft in Preußen besonders hervor. Merkwürdig, wie diese nie ruhende deutshe Kulturarbeit, wenn {hon in verschiedener Form, au heute noch rastlos am Werke ist, wie sie, grell abstehend von der russishen Gleichgültigkeit und Trägheit, selbst in Polen das Wohl der östlichen Gebtete zu fördern bemüht gewesen ist. Deutsche Kulturarbeit war es, bon der u. a. die blühende volnishe Industriestadt Lodz geschaffen worden ist. Das ist eine Tatsache, die uns beim Vor- dringen in diese Nachbargebiete mit Stolz und mit der Hoffnung er- füllen darf, daß deutscher Arbeit, deutschem Wissen, deutshem Wesen dort cine weitere kulturelle Betätigung mit dauernden Erfolgen be- \{chteden sein wird.

Die Reinigung und Gesundung des allgemeinen künstlerischen Urteils, die wir von diesem Kriege erwarten, wird hoffentlih endlich auch eine würdige Shäßung jener Künstler bringen, die so deuts empfinden wie Edmund Steppes. Man sah vor einigen Monaten von diesem gefühlvollen Maler eine größere Ausstellung im Salon Schulte, und an derselben Stelle hängen jeßt wiederum ein paar Landschaften von seiner Hand. Das Lob, das damals

den frühlingszarten Weiken gespendet wurde, muß angesichts

dieser neueren Arbeiten wiederholt werden, nicht aber die Einwände, die gegen die früheren Gemälde erhoben werden mußten. Ein Bild wie die 1914 entstandene „Traumlandschaft*, das eine mit dotter« gelben Blumen übersäte saftiggrüne Wiese an einem heitéren Sommer- tage darstellt, zeigt, daß Steppes auf dem Wege ist, ih von der harten, oft gtiftigen Farbenzusammenstelung freizumachen. Das Bild ist auch in der Zeihnung nicht mehr so unbeholfen und fin der Malweise nicht mehr fo kraftlos und ver- s{chwommen wie manche früheren Arbeiten des Malers. Alfred Bachmann, der in der diesjährigen großen Berliner Kunst- ausstellung durch leine \timmungsvolle Bilder vom Watten- meer auffiel, zeigt ähnlihe ansprehende Bilder, in denen die atmosphärishen Erscheinungen des Abends am Meer fest- gehalten sind. Sehr zeitgemäß is Wilhelm Blanke mit seinen beiden flotten, ein wenig ffizzzenhaften Gemälden „Gefangenenlager in Wünsdorf“. Das lebhafte Rot und Blau der französishen Uniformen ist das malerische Motiv, das diefen bewegten Bildszenen zugrunde liegt. In einer Reihe von Bildern, die üppig prangende Blumensträuße in Vasen zeigen, offenbart der Künstler des weiteren feine Begabung, die freilih noch strenger Pflege bedarf. Vorläufig gibt es noch zu unruhige Stellen, und die verschieden artigen Blumen und Blätter sind noch zu gleihmäßig be- handelt. Paul von Sgchlippenbach stellt venetianische Kanäle und deutshe Winterlandschaften aus. Im Motiv und im fünstlerishen Wert sind fie von jenen Gemälden, die der geschmack- volle Maler vor Jahresfrist in einer umfangreichen Ausftellung zeigte, nicht verschieden. Ebensowenig aufregend im guten oder im bösen Sinne wie diese Bilder sind auch die Werke Hermann Dischlers. “In seinen Gebirgslandshaften mit den ver- \hneiten Tannen findet dieser Künstler einen persönlicheren Ausdruck. Ein großer Saal ist mit spanischen Volksfzenen der Maler Valentin und Ramon de Zubiaurre angefüllt. Die beiden Künstler gleihen fich untereinander ebenso sehr, wie fie noh manchen anderen \panischen Malern zum Verwechseln ähnlich find. Ihre Art, mit harten Umrifsen, düsteren starken Farben und mit scharfer Zeichnung der Gesichter zu arbeiten, kennt man zur Genüge von den spanishen Sälen der internationalen Ausstellungen her. Wie \cchablonenmäßig diese effektvolle Malerei ist, der keine fkünstlerishen Erlebnisse mehr zugrunde liegen, gewahrt man sehr deutlich an den holländischen Ansichten von Ramon de Zubiaurre. Db Holland oder Spanien das Land und die Menschen, die Lufttône und die Farben find in allen Fällen bei ihm die gleichen. Dr. P.

Da Brügge ebenso wie Gent ohne Kampf von den Deutschen eingenommen wurde, so haben die Gebäude und Kunstsamm- lungen Brügges keinerlei Schaden erlitten. Aus den Kirchen und Mujeen wurden, „W. T. B.“ zufolge, alle Bilder der primitiven Meister und andere beweglihen Kunstwerke ersten Ranges [hon im September geborgen, als eine Beschießung befürhtet wurde. Aus der Frauenkirche ist au Michelangelos Muttergottes entfernt worden, während die Gräber Karls des Kühnen und seiner Tochter A Pan pa E Sgt N dem Je wurden sämtliche 5 entfernt. e geborgenen Kun e befinden in der Stadt, niht in England. / iGas f 0

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserlitße Gesundheitsamt meldet das Erlöschen der M A Ee Lom SPOR E in Cöln s

en Ausbru er aul- und Klauen]eucze vom e hofe Sternschanze in Hamburg am 19. d. M. R E

Verkehrswesen.

Gegenwärtiger Stand des Postverkehrs mit dem Auslande. Bis auf weiteres sind von der Annahme bei den deutschen Postanstalten ausgeschlossen: | Postsendungen jeder Art nach allen deutshen Schuß- gebieten außer Kiautschou; nah Aegypten, Aethiopien, Belgien (mit Ausnahme der offenen Briefsendungen nah Brüssel) und Belgisch Kongo; nah Frankreih und Großbritannien nebst ihren Kolonien und Postanstalten im Auslande, Japan nebst den japanischen Postanstalten in China usw.; nah Marokko mit Ausnahme der deutschen Postanstalten in der spanischen Einflußzone (Alkassar, Arsila, Larash, Tetuan) und der spani- hen Besißungen in Nordafrika (Ceuta Melilla); nach Montenegro und Serbien; nah Rußland nebst Finnland und den russischen Postanstalten im Auslande; nah Tunis, West- afrifka ausgenommen die portugiesischen und spanischen Besißungen —; nah Arabien, Afghanistan und Beludschistan; außerdem 7 b. Wertbriefe und Kästhen mit Wertangabe nah Kiautschou; nah Brasilien, China (einschl. der deutschen Post- anstalten), den dänischen Antillen, Griechenland, den nieders ländischen Kolonien, den österreichishen Postanstalten und den Agenturen des österreichishen Lloyd im Auslande, Portugal nebst Kolonien, Spanien nebst Kolonien; c. Postanweisungen nah Bolivien, Brasilien, Macao, Pag B pan S Ann gs E Antillen, , Portugiesi ndien und nach den österreichi Zost- L n Auslande ; K S O . Postaufträge nah den österreichi : a Auslande fträg ch sterreichischen Postanstalten e. Briefnahnahmesendungen nach den österreichischen Postanstalten im Ausland und nah Ma (spani Einflußzone) ; E E _ f. Pakete nach Kiautshou; nah Bolivien, Bosnien- Lerzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Cuba, Dänische Antillen, Ecuador, Guatemala, Haiti, Honduras (Republik), Liberia, Marokko (spanische Einflußzone), Mexiko, Nicaragua, den niéderländischen Antillen, Niederländish Guyana, den österreichishen Postanstalten und den Agenturen des öster- reichischen Lloyd im Auslande, Persien, Peru, den portugiesischen Kolonien mit Ausnahme von Azoren und Madeira, Rumänien, Salvador, San Domingo, Siam, den spanischen Besißungen (ausgenommen Kanarische Jnseln bei Beförderung bis Cadiz). Nach Oesterreich sind nur Pakete bis zum Gewichte von 10 kg zulässig; Pakete für Galizien, Bukowina und Dalmatien sind ausgeschlossen. Für Pakete nach Ungarn beträgt das Meistgewicht 20 kg, ausgeschlossen sind sperrige, dringende und Eilbotenpakete. Zum Paketverkehr sind in Ungarn alle Orte zugelassen außer den in den Komitaten Abouj-Torna, Bereg, Vorsod, Hajdu, Heves, Maramaros, Szabolcs, Szatmar, Szilagy, Ugocsa, Ung, Zemplen gelegenen, ferner die Stadt Kassa. Pakete mit Bücher- und Drucksacheninhalt sind nur nah bestimmten ungarischen Orten zugelassen, worüber die Post- anstalten Auskunft geben.

Theater und Musik,

Morgen, Donnerstag, wird im Königlihen Opernhause „Der Wilds{Güßz“ aufgeführt. Die Besetiene lautet: Gräfin: A

von Scheele.Müller, Baronin: Frau Dux, Gretchen : Fräulein Engell,