1914 / 254 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Oct 1914 18:00:01 GMT) scan diff

dem König mit Handschreiben das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse übersandt.

__,_— Der heute vormittog über das Befinden Jhrer ation Hoheit der Herzogin Adelgunde aus- gegebene Krankheitsberiht lautet dem „W. T. B.“ zufolge:

Ihre Königliche Hohett litt Nachts infolge erschwerter Expekto- ration viel unter Atemnot. Fieber besteht nicht, doch lassen Appetit und Kräftezuständ nah. Dr. Seit.

Oesterrei{ch-Ungarn.

Wie aus dem Kriegspressequartier amtlich gemcldet wird, verbreiten die Russen unter Aufwand großer Geldmittel Nachrichten über Greueltaten unserer Truppen und Behörden in der von uns zum großen Teil wieder besegten Bukowina, insbesondere in äe Namentlih die - Rumänen sollen unter der österreichischen Verwaltung sehr zu leiden haben. Hunderte von Hinrichtungen sollen stattgefunden haben. Obwohl die Absichten dieser plumpen Ausstreuungen nur allzu durchsichtig sind, sei mit aller Bestimmtheit erklärt, daß diese und alle ähnlichen russischen Meldungen auch n iht ein einziges wahres Wort enthalten. Unsere von einmütigem Jubel begrüßten Truppen und Be- hörden befinden si in bestem Einvernehmen mit der stets loyalen bukowinischen Bevölkerung und genießen deren vollstes Vertrauen. Ganz besonders sei festgestellt, daß die Rumänen in der Buko- wina in keinem einzigen Falle zu einem Einschreiten unserer Truppen oder Behörden einen Anlaß gaben, wohl aber empfindet die gesamte Bevölkerung die Unterschiede zwischen unserer und der russishen Verwaltung in einer Weise, die unseren Gegnern nicht erwünscht zu sein scheint.

Velgien.

Die vorübergehend starke Nachfrage nah belgischen Zahlungsmitteln und die hierdurch bedingte starke Kurs- steigerung der belgischen Frankennoten hat, wie „W. T. B.“ meldet, der deutschen Regierung in Brüssel Veranlassung ge- geben, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, ausgleichend auf die Preisbildung zu wirken. Das deutshe General- gouvernement E Belgien wird aus seinen Eingängen und Be- ständen bis auf weiteres dem deutschen Markt größere Beträge belgischer Frankennoten zur Verfügung stellen. Den börsen- mäßigen Verkauf der Noten besorgt die Reichsbank in Berlin. Die Noten werden von der Reichsbankstelle in Aachen, wo sie niedergelegt sind, geliefert.

Türkei.

Das Amtsblatt veröffentliht eine Bekanntmahung, nach welcher der Ministerrat gemäß den Bestimmungen des Artikels fünf der türkisch-bulgarishen Handelskonvention be- schlossen hat, die Konvention nah Ablauf von \sechs3 Monaten als außer Kraft zu erahten. Die Frist wird vom 13. d. M. ab gerehnet, dem Tage, an dem eine dahingehende Note der bulgarischen Gesandtschaft übermittelt wurde. Hierzu wird be- merkt, daß diese Maßnahme eine Folge des Beschlusses der Pforte ist, vom 14. März 1915 an ein anderes Zollregime für alle Mächte einzuführen.

Griechenland.

Troß der im epirotishen Feldzuge gebrahten Menschen- und Geldopfer, heißt es in einer Mitteilung der „Agence d'Athènes“, hatte Griechenland entgegen dem Wunsche der Bevölkerung von Nordepirus, um sich den Beschlüssen der Mächte anzupassen, die Räumung desjenigen Teils von Epirus durchgeführt, der von der Botschafterkonferenz dem albanischen Staate zuerkännt worden war. Das in der Folge zwischen epirotishen Abgeordneten und Vertretern der Mächte abgeschlossene Uebereinkommen von Korfu gewährte den Be- wohnern von Nordepirus ethnishe und religiöse Bürg- schaften, die ihnen gestattet hätten, unter dem neuen Regime friedlih zu leben. Unglüklicherweise haben die inzwischen eingetretenen Ereignisse die Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit, der unerläßlichhen Vorbedingung des Wohlergehens dieser bereits so s{hwer heimgesuhten Be- völkerung, unmöglih gemacht. Jn dieser Gegend nahm die Unsicherheit überhand, und es fanden häufige Angriffe albanischer Banden gegen die Truppen des autonomen Epirus statt. Blutige Kämpfe waren die Folge, die die Bevölkecung nicht zu einem friedlichen Leben kommen ließen und sie seit Monaten in einem Zustande ewiger Angst erhielten, während andererseits zahlreiche muselmanische Einwohner dieser Gegenden Haus und Herd im Stiche ließen und nach Valona flüchteten. Zu wieder- holten Malen wandten sih die Mächte an die hellenische Re- gierung mit der Forderung, sie möge ihren Einfluß bei Zographos aufbieten, um die Rückkehr dieser Auswanderer zu sichern. Die geringen Miitel jedoch, über die die vor- läufige Regierung verfügte, gestatteten ihr niht, die Ver- antwortung dafür zu übernehmen, der Rückkehr der oben genannten Flüchtlinge zuzustimmen und die Ordnung, Sicher- heit und Wohlfahrt der von ihr verwalteten Provinz wirksam zu verbürgen. Unter diesen Umständen und an- gesihts der sih daraus ergebenden fortschreitenden Anarchie entschloß sih die griechishe Regierung, geleitet von Gefühlen der Menschlichkeit und auf Bitten der christlihen und musel- manischen Bewohner von Epirus, die wiederholt die griechische Regierung ersucht hatten, die Verantwortung für die Ordnung und die Sicherheit im Lande zu übernehmen, ihre Truppen in die Bezirïe von Argyrokastro und Prenetti zu dem Zwecke einrücken zu lassen, hier die Ordnung zu sichern, den herdflüchtigen Bewohnern die Rückkehr zu ermög- lichen, das Leben und das Eigentum aller Epiroten ohne Unter- schied der Religion zu gewährleisten und an den Grenzen des Königreichs die zu seiner Sicherheit unerläßliche Ordnung herbei- zuführen. Die Notwendigkeit dieses Vorgehens stellte sich als um fo dringender dax, als die Saatzeit naht und den Familien der Ausgewanderten Gelegenheit gegeben werden mußte, zur rechten Zeit heimzukehren, um die Felder bestellen zu können. Indem Griechenland zu dieser Maßregel arf die einen rein vorläufigen Charakter trägt, nimmt es sich vor, sih stets streng nah den Beschlüssen der Mächte zu richten, denen es dur seine Note vom 8./21. Februar beigetreten ist, wie es denn auch bereits in diesem Sinne den Mächten eine Erklärung abgegeben hat.

Rumänien.

Die rumänische Regierung hat der „Frankfurter Zeitung“ zufolge eine Kommission nah Jllinois zum Ankauf von vor- läufig zwanzig Millionen Patronen für ihre Mannlicher- gewehre entsandt,

Die Brüder e sind von den Verleßungen, die sie bei dem am 15. d. M. auf sie verübten Anschlag erlitten hatten, wieder hergestellt. Sie werden sih demnächst nah Rußland begeben.

Afrika.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Kapstadt ist der Oberst Mari y geschlagen und verwundet auf deutshes Gebiet geflüchtet.

Kriegsnahrichten.

Westlicher Kriegsschauplaßt.

Großes Hauptquartier, 28. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Mitteilung der obersten Heeresleitung. Die Kämpfe bei Nieuport-Dixmude dauern noch an. Die Belgier erhielten dort erhebliche Verstärkungen, unsere An- griffe wurden fortgeseßt. Sechzehn engli)che Kriegs- schiffe beteiligten sich am Kampf gegen unseren rechten Flügel; ‘ihr Feuer war erfolglos. Bei Ypres ist die Lage am 27. Oktober unverändert geblieben; westlich Lille wurde unser Angriff mit Erfolg fort- geseßt. Jm Argonner Wald sind wieder einige feind- lihe Shüßengräben genommen worden, deren Besaßung zu Gefangenen gemacht wurde. Auf der Westfront hat ih weiter nihts Wesentlichès ereignet.

Oestlicher Kriegs\chauplas.

__ Großes Hauptquartier, 28. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Mitteilung der obersten Heeresleitung. Jn Polen mußten die deutsh-österreihishen Truppen vor neuen russishen Kräften, die von Jwangorod- Warschau und Nowogeorgiews vorgingen, aus weich en, nach- dem sie bis dahinin mehrtägigen Kämpfen alle rusfischen Angriffe er- folgreih abgewiesen hatten. Die Russen folgten zunächst nicht. Die Loslösung vom Feinde geshah ohne Schwierigkeit. Unsere Truppen werden fi der Lage entsprehend neu gruppieren. Auf dem nordöstlichen Krieg sschauplaß sind keine wesentlihen Aenderungen.

Wien, 27. Oktober. (W. T. B.) Amilih wird ver- lautbart: Die Lage in Mittelgalizien ist unverändert. Südwestlich Jwangorod stehen unsere mit unübertrefflicher Tapferkeit fehtenden Korps, von denen eines allein 10000 Gefangene gemacht hat, im Kampfe gegen überlegene Kräfte.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes : von Hoefer, Generalmajor.

Südlicher Kriegs\hauplaß.

Wien, 27. Oktober. (W. T. B.) Amtlih wird ge- meldet: Die auf der Romanja Planina geschlagenen se rbisch- montenegrinishen Kräfte wurden nach viertägiger unausgeseßzter Verfolgung bei Visegrad und Gorazde über die Drina zurückgedrängt. Unsere Truppen erbeuteten hierbei in der Schule bei Hanst Jenica viel Jnfanterie- und Artilleriemunition und eroberten in den Nachhutkämpfen auf Veliko Brdo-Vracevica Maschinengewehre und Gebirgs8geschüge. Ostbosnien ist hiermit bis an die Drina vom Gegner gesäubert. Am selben Tage, an dem die Serben und Montenegriner über die Drina zurückgedrängt wurden, haben auch unsere in Serbien stehenden Truppen einen namhaften Erfolg errungen. Zwei feindlihe Stellungen bei RNavnja in der Macva wurden im Sturm genommen, hierbei 4 Maschinengewehre, 600 Gewehre und Bomben er- beutet und viele Gefangene gemacht.

Potiorek, Feldzeugmeister.

Purlamentarische Nachrichten.

Bei der gestern vorgenommenen Reichstagsersaßwahl im 12. badischen Wahlkreis (Heidelberg, Ebersbah-Mosbach) fielen, wie „W. T. B.“ meldet, von 4544 abgegebenen gültigen Stimmen auf den Landgerichtsdirektor Dr. Obkircher-Karlsruhe (Nationalliberal) 4538, BZersplittert waren 6 Stimmen. Dr. Obkircher ist somit gewählt.

Wohlfahrtsþpflege.

Der „Krtegsaus\chuß für warme Unterkleidung“ in Berlin (Reichstagsgebäude) hat ein dringendes Bedürfnis festgestellt, durch sch{nelle Umarbeitung tertiger Kleidungsstücke zu geeigneter Unterkleidung unseren im Felde stehenden Truppen in der rauher werdenden Jahreszeit rasch zu Hilfe zu kommen. Es wird deshalb an die gesamte Bevölkerung die Bitte gerichtet, gebrauhßte Westen zur Umarbeitung in Schwigerwesten und ähnliches, gebrauchte Unter- kleider, Woll- oder Flanellhemden, auch wenn sie mangelhaft find, recht rasch herauszugeben. Der Kriegsaus\chuß wird durch Bearbeitung folhe Svenden zur alsbaidigen Abliefernng an die Truppen beziehungsweise an die Flotte geeignet machen lassen. Auch alte Strümpfe, selbst wenn sie stark ausbesserungsbedürftig sind, follten überall, wo sie entbehrlich find, möglichst schleunig heraus- gegeben werden. Der Kriegsausshuß nimmt tägli in den Stunden von 9 bis 6 Ubr Spenden solcher Art im )Neichstag8gebäude, Portal 11, zur weiteren Veranlassung an. Uebrigens ift beabsichtigt, nach erfolater behördliher Genehmigung, nächstens eine Hausfammlung zur Ein- holung solcher Spenden zur. Ausführung zu bringen.

Nach einer Meldung von ,W. T. B.“ aus Danzig bewilligten dort die Stadtverordneten 10000 4 zur Beschaffung wollener Unterkleider für Krieger im Felde, vornehmlich für jolche, die aus Danziger Lazaretten gesund zur Front zurückehren.

Der Gesamtvorstand und der Aus\shuß der Landesversiche- rungsanstalt Posen haben am 23. d. M. bedeutsame Beschlüsse gefaßt, die den durch den Krieg geshaffenen Verhältnissen in dankens- werter Weise Rechnung tragen und den Versicherten in weit- gehendem Maße Fürsorge während des Krieges angedeihen lassen. Von jeher hat die Landesversihherungsanstalt es als ihre Aufgabe angesehen, nicht nur Renten zu zahlen, sondern auch Maß- nahmen zu treffen, um den vorzeitigen Eintritt der Invalidität zu bekämpfen. So sind alljährlich große Mittel zur Durhführung von

kulose und dergleihen, aufgewendet worden. Die durch den Etat hierfür ausgeworfenen Mittel reihen aber nit aus, um den Auf- gaben gerecht zu werden, die die Kriegszeit an die Versicherungs- anstalt stellt. Der Vorsitzende der Landesversicherungsanstalt, Landes- hauptmann von Heyktng, hat deshalb von dem Vorstand und dem Ausschuß weitere Mittel erbeten und bewilligt erhalten. Von dem Gesichtspunkt ausgehend, daß es Aufgabe der Landet versiherungs- anstalt set, diejenigen Umstände zu bekämpfen, die gerade in Kriegszeiten ein vorzeitiges Eintreten der TInhalidität zur Folge haben können, will die Versicherunasanstalt ihre Fürsorge den im Felde stehenden Soldaten angedeihen lassen. Verwundungen und Witterungseinflüsse find die Gefahren, die vorzettige Invalidität bei ihnen herbeiführen können, und deshalb will die Versicherungsanstalt tür die Pflege der Verwundeten dem Noten Kreuz die Summe von 10 000 6 und für die Beschaffang warmer Unterkleider für die im Felde stehenden Soldaten und die Land- sturmmänner 30000 dem Territortaldelegierten zur Verfügung stellen. Aber auch für die Zurückgebliebenen und die Angehörigen der im Felde stehenden Perfonen toll gesorgt werden. Die Ver- siherungsanstalt will zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit beitragen. Sie will einmal zur Ausgestaltung der Arbeits- nachweise Mittel dem Verbaud der Arbeitsnahweise der Provinz Posen zur Verfügung stellen. Sodann aber sind 3 Millionen Mark bewilligt, um den Kommunalverbänden, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit MNotstantsarbeiten aus}ühren wollen, für diefen Zweck Darlehen zu 4 %/0 und den Kommunalverbänden, die eine Arbeitslojenunterstüßung gewähren wollen, hierzu mit weniger als 4 9% rene oder bei Letitungsunfähigkeit au zinsfreie Darlehen zu geben. Eine ganz besondere Fürsorge will die Lantetversicherungsanstalt den Versi erten zuteil werden lassen, die infolge von Krankheit oder dergleichen in ganz besondere Not geraten sind und für die die gesezlihe Fürsorge nicht autreichend ist. Von der Annahme ausgehend, daß in den Städten Posen und Bromberg mannigfache auf freier Liebestätigkeit beruhende Organi- sationen vorhanden sind, die sich mit der Fürsorge für solde Per- sonen befassen, sind gegen 50000 46 zur Verfügung gettellt, aus denen diese Organisationen Beihilfen unter der Bedingung erhalten sollen, daß sie diese Mittel in der Hauptsache für den der Versicherung angehörenden Personenkreis verwenden. Für die übrigen Kreise der Provinz sind 500 000 4 bewilligt, aus denen Beihllfen an hilfsbedürftige Versicherte auf Vorschlag der Landräte gewährt w-rden sollen. Endlich find zur weiteren Förderung von Maßnahmen zu Lee Bekämpfung der Tuberkulose 10 000 4 zur Verfügung gestellt.

Statistik und Volkswirtschaft.

Entwicklung des Beschäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 10. bis-17. Oktober 1914.

Nach der vergleihenden Darstellung des gewerblichen und in- dustriellen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 10. und 17. Ok- tober, die das Statistische Amt der Stadt Berlin veröffentlit, hat in der Zeit zwischen diesen beiden Stichtagen die Gesamtzahl der versiherungspflihtigen Mitglieder von 231 Kranken- kassen Groß Berlins eine Zunahme von 946199 auf 960 394, d. i. um 14195 oder 1,50 9, erfahren. Die Entwicklung war somit noch etwas günstiger als in der Vorwoche, die cine verhältnismäßige Zunahme von 1,48 9% ‘ergeben hatte.

Bei den 28 den gesamten Zweckverbandsbezirk Groß Berlin bis auf zwei nur geringfügige Ausnahmen umfassenden all- gemeinen Ortskranfenkassen ist allein eine Zunahme um 9961 versiherungspflihtige Mitglieder oder 1,62 9% festzustellen, darunter bei der Berliner eine solle um 6264 oder 2,00 9/0. Uebertiuifft bei allen 231 Krankenkassen, für welche die Angaben für den 10. und den 17. Oktober vorliegen, die Ent- wicklung beim weiblihen Geschleht diejenige des männlichen, indem einem Mehr von 7836 -weiblihen Versicherungepflihtigen oder 1,86 9/0 das geringere von 6359 männlichen Versicherungsöpflichtigen oder 1,21 9/6 gegenübersteht, fo zeigt sih die gleihe Erscheinung auch bei der Ge- samtheit der allgemeinen Ortskrankenfkassen überhaupt : + 5390 oder 1,90 9% gegen 3671 oder 1,31% und bet der Berliner Kasse ins- besondere, die beim weiblihen Geshlecht eine Steigerung um 3809 oder 2,32 % gegen 2455 oder 1,66 % beim männlihen aufweist.

Besonders beahtenswert ist es, daß diesmal für jede der in der Dar- stellung des Statistishen Amts unterschiedenen 16 Gewerbegruppen fortshreitende Entwicklung festzustellen ist, verhältnismäßig die größte bei der alle nit zu den 15 bejonders benannten Gewerbegrur pen gebörigen Kassen umfassenden Sammelgruppe der „sonstigen Kranken- kassen“, wo sie wesentlich die Folge der Neueinstellungen weiblicher Hilfs- kräfte in der Damenmäntelschnetderei ist ; weist do deren Innungskranken- kasse cine Steigerung um 38 männliche und 334 weibliche versiherungt- pflihtige Personen df Ferner sei hervorgehoben das. Mehr in der Metall- und Maschinenindustrie von 1870 Versicherungspflichtigen oder 1,36% (darunter 1316 oder 1,25% beim männlihen und 554 oder 1,70 9/9 beim weiblihen Geschlecht), im Nahrungs- und Genußmittel- gewerbe um zusammen 510 oder 2,08 9/6, bei den Waren- und Kauf- häusern um 419 oder 2,412 %/0, im Drucktereigewerbe um 210 oder 0,76 9/0, in der chemischen Industrie um 209 oder 1,91 9/0, in der Papier- und Lederindustrie um 206 oder 2,17 9/0.

Der vorstehend geschilderten zunehmenden Entwicklung des Be- schäftigungsgrades tritt entsprehend etne Abnahme der bei den Fachverbänden der freien Gewerkshaften gezählten Arbeitslosen an die Seite. Deren Zahl sank bei insgesamt 41 Verbänden in der Woche vom 12. bis zum 19. Oktober von 32 646 auf 30 730, d. i. um 1916 oder 5,87 9/9, und zwar um 1584 oder 9,60 9/9 beim männ- lihen und um 332 oder 7,67 9% beim weiblihen Geshlecht. Hervor- gehoben sei die Abnahme um zusammen 580 Arxbeitslose bei den Metallarbeitern, um 412 bei den Holzarbeitern, um 308 bei den Buchbindern.

Ergebnisse der Wertzuwachsbesteuerung in Preußen in den Jahren 1911 und 1912.

Das Neich hat auf Grund des Geseßes über Aenderungen im Finanzwesen vom 3. Juli 1913 seinen 50 %/oigen Anteil an der MNeich8zuwachssteuer mit dem 30. Juni 1913 fallen lassen. Die übrigen 500%/% werden unter Beobachtung der im § 60 des Zu- wachssteuerge]eßes gegebenen Sonderbestimmungen nach wie yor in der Weise zwi/hen Staat und Gemeinde (Gemeindeverband) verteilt, daß 409/69 den Gemeindén und 109% dem Einzelstaate zufließen, sofern nicht die Landesgesezgebung etne andere Regelung getroffen hat ; entsprehende Ausführungsbestimmungen sind in Preußen eroangen. Fernerhin bedarf es zur Ausgestaltung der Zuwachssleuer nah Auf- hebung des Neicksantells nicht mehr etnes Neichsgesetzes; sie kann vielmehr dur Landesgeseß oder durch Ortsstatut erfolgen. Ehe wir im folgenden das finanzielle Ergebnis der Wertzuwachssteuer in Preußen in den NRechnungsjahren 1911 und 1912, das jegt vom Königlichen Statistischen Landesamt in der „Stat. Korr.“ veröffentliht worden ist, zahlenmäßig mittetlen, wird es notwendig sein, si zu vergegen- wärtigen, welher Betrag des Zuwachsstéuerauffommens in diesen unten folgenden Zahlen überhaupt erfaßt wurde.

Bei den bertihtigten Wertzuwachssteuerfollzahlen, wie sie vom preußischen Statistishen Landecamte für 1911 und 1912 erhoben worden find, sollte von den Gemeinden nur dér Betrag nahgewiesen werden, der ihnen nah dem Zuwachssteuergeseß vom 14. Februar 1911 und dem preußischen Pee IR C ngnge aue vom 14. Juli 1911 verblieb. Sind in diesen Angaben auch alle Anteile an Zuwachssteuern ent- halten, die für die Gemeinden in Betracht kommen, so ist es doch notwendig, sich gegenwärtig zu halten, daß die betreffenden Beträge niht durchweg einbeitlih für die Gemeinden festgestellt sind; vielmehr wird man dem Gefeß entsprehend vershiedene Gemetndegruppen unterscheiden und weiter sich auch va schiedene Anteile in dem den

Heilverfahren und zur Bekämpfung von Volkskrankheiten, wie der Tuber-

Gemeinden verbleibenden Zuwachssteueraufkommen enthalten denken

üssen; dies kann jedoch in der nachfolgenden Tabelle im einzelnen e näher zum Ausdruck kommen, denn dort ijt das Aufkommen dieser

Steuer nicht gemeindeweise, sondern nur für die Regierungs,"

bezirke zusammengefaßt nachgewiesen. 4

Nach der Fassung des Gesetzes, wie es für die Zeit vom Februar 1911 bis Juni 1913 zunächst in Geltung war, kamen folgende Gemeindegruppen in Betracht: als Hauptgruppe die Gemetnden, die im Rahmen des Reichszuwachssteuergeseßes die Steuer erheben und die auf Grund von § 58 dieses Gesetzes bezw. auf Grund von 8 4 des preußischen Auvsführungsgeseßes zum Zuwachssteuergeseß ihren Wertzuwachssteueranteil erhalten; das sind im allgemeinen 30 °/ bei Gemeinden mit mehr als 15 000 Einwohnern und 26 /o bei Gemeinden mit weniger ale 15000 Einwohnern, zuzüglich je 5 o Berwaltungskostenanteil. Ferner find folgende Soudergruypen zu unterscheiden: zunähst eine kleine Anzahl von Gemeinden, denen auf Grund von § 60 Abs. 2 des MReichsaesezes eine Gyutshädigung durch Belassung ihrer bisherigen Es. ge- währt wurde, mit der Maßgabe, daß der Ertrag “d ree den Gemeinden in Höhe des dort vor dem 1. Apri s erzielten Durhschnittsertrages zuflkeßt. Pes gehören von preußischen Gemeinden: Emden, Essen, Erfurt, Frankfurt a. M. und Gelsen- kirhen (dieses bis 1913). Eine zweite Sondergruppe bildet eine größere Anzahl von Gemeinden, in Preußen über 160. E, war auf Grund yon § 60 Abs. 1 eine Entschädigung durch Zuwe fung eines jährlihen „Dur(hschnittsertrages" bis zum 1. Apiuil 1915 zugebilligt, den fie auf Grund einer vor dem 1. April 1909 beschlossenen oder seitdem wirksamen Wertzuwachssteuerordnung erzielt hatten; von dem überschiekenden Betrage fielen dem Neich °/s, dem Einzelstaate !/s6 zu. Diese entshädigungsberechtigten Gemeinden sind nach Aufhebung des Wertzuwachsfteuer- reih8anteils weiterhin bevorzugt; so wird bei der zuleßt erwähnten Gruppe der früher auf das Reih entfallende Anteil nunmehr zugunsten der Gemeinde (des Gemeindeverbandes) weiterechoben. Bei der erstgenannten Sondergruppe kann die Landeszentralbehörde anordnen, daß die Gemeindesazungen, die vor dem 1. Januar 1911 bestanden haben, mit Wirkung von diesem Tage ab weitere Geltung haben; der über thren erzielten Durhschnittsertrag hinaugehen:e Be- trag verbleibt nunmehr den betreffenden Gemeinden. Als dritte Sondergruppe sind diejenigen Gemeinden zu nennen, die auf Grund von § 59 des Wertzuwächssteuergeseßes von der im Reichsgeseß ge- gebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, einen Zuschlag zur Neichszuwachssteuer von dem der Gemeinde (dem Gemeindeverbande) zufließenden Betrage einzuführen.

In der folgenden Tabelle findet man für die preußischen Städte und die mehr als 10000 Einwohner zählenden preußischen Landgemeinden das Aufkommen aus der Wertzuwachssteuer im Ver- gleih mit ihren gesamten indirekten Gemeindesteuern regterungsbezirk8- weise für die Nehnungösjahre 1911 und 1912 dargestellt. Für das NRechnungéjahr 1912 hat eine Berechnung auf den Kopf der Be- völkerung stattgefunden, und zwar getrennt für die Stadtk: eise, für die Gemeinden mit über und für die mit unter 15 000 Einwohnern. Diese Trennung ist erfolgt, weil den Gemeinden nach dem preußischen Ausführungsaeseßz? (unter Berücksichtigung der vorher bei den Sonder- aruppen erwähnten Ausnahmen) je nach ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörtgkeit zu einem Landkreise, im ersteren Falle noch je nah- dem sie mehr oder wentger als 15 000 Einwohner haben, ein ver- schieden großer Wertzuwachssteueranteil (30 9/9 bezw. 26F 9/0) verblieb, während der Nest (10 9% bezw. 134 %) dem Kreise zufiel.

Es betrug das Aufkommen an Wertzuwachssteuer in den preußtschen Städten und den mehr als 10000 Ein- wohner zählenden preußischen Landgemeinden im Ver- gleih mit thren gesamten indirekten Steuern:

Wertzurwachs8- steuerauffom- men aut d. Kopf der Bevölke- rung für das Rechnungsjahr 1912

berihtigtes Soll für das Nechnungsjahr

19 11 | 1912

in den A s E AORE

Regterungs- nah dem Stande vom in den

31. März 1912 | 31. März 1913 Wert- | indirekte | Wert- | indirekte zuwachs-| Ge- zuwachs-| Ge- steuer meinde- steuer meindes- steuern steuern M b M M

bezirken

279582| 1645622 29360| 312835 99530] 283582 80074| 946182 36290| 9500260

734220| 6311647

114958) 1406315 237524 231083

Königsberg . . (Gumbinnen . 9798 Allenstein 214173

Vi 60662| 812714 Martenwerder 23015| 462997

Berlin . . .. | 2149421] 8447250

Potsdam (ohne Tel- tow und Nteder- : barnim). . | 1536932| 7290987| 1301901| 6730166 Ar. Teltow. | 812858! 3119781| 815896 3069523 Kr. Niederb. | 649093| 2161315| 617072| 1968468

Frankfurt . « «| 137930| 952584| 141956| 984083

Stell. 70320| 894529) 91911| 1010425 K 29752| 250730| 934945| 277448 Stralsund 8372| 166928) 16898| 189547 79935] 755740| 96890| 725046 44036| 475737 54440! 472513

479734 Breslau . .…| 311016| 2410026| 282343| 2425948 Eieaniß .. . .| 56931) 813735| 137861| 929167

195307| 1427631

Oppeln... .| 135248] 1315494 130895| 1548862

Magdeburg . | 188336| 1636701

Merteburg . .| 110013| 1310989| 140157| 1299346

Grfurt . ...| 185672| 837419| 166276| 801199 607174| 2833093

Schleswig ..| 344999| 2628805 291114| 1768946

Hannover «« .| 289339| 1647064

Hildesheim ..| 91368| 645774 64437| 600663

Lüneburg .. .| 141418 683916) 153076| 663868

Stade. 12487| 151498! 24377| 160106

Osnabrück . .| 29928/ 241403 45891| 283149

Aurich 14680| 185580 10492] 261304 234915| 1150363] C

Münster 95605| 1002573 Minden. . , 103118| 447935| 204544| 562834 Arnsberg .. | 843999| 3901505| 1304881| 4538093

Cassel 46538, 1004564 99345] 1082275 Wiesbaden . . | 742415| 3805624| 1065354| 4104000

Koblenz 5 « 39412] 574473) 65783| 627329 Düsseldorf . . | 1587430/10437729| 1886370/10971098 Cöln ..….. ,| 562973! 3779810| 915531] 4053481 Trier 175916| 960015| 174134] 1215036 23182| 699654| 38183] 639661

Ui 17365 1812| 20895 ausammen [11869318/68805861112631177,69395694

Die beiden Kreise Teltow und Niederbarnim sind besonders aufgeführt. In dea Zahlen dieser Kreise sind au die zu Groß Berlin gehörigen kleineren Landgemeinden mitberüdsichiigt.

Besonders auffallend ist bei Berlin im Rechnungsjahre 1912 der gegenüber dem Vorjahre stark zurückgegangene Eitrag an Zuwachs- steuern, der sich jedoch daraus erklärt, daß vor Cinfüuhrung der Reihszuwachs\teuer in Berlin eine bedeutend shärfere gemetndliche Zuwachssteuerordnung bestand, aus der auch wesen!lich höhere Einnahmen erzielt wurden, die mit Restbeträgen noch in den An- gaben für das NRecnungéjahr* 1912 enthalten sind. Férner muß für den NRegierungebezirk Lüneburg das tatsächlihe Wertzuwachésteuer- aufkommen und zwar im einzelnen bei den Gemeinden mit über 15 000 Einwohnern niedriger angenommen twerden, da im Etat der Landgemetnde Wilhelmsburg (mit über 30 000 Einwohnern) ein zu hohes Wertzuwachésteuer-Sollaufkommen eingestellt worden ist; es nähert sih sehr dem für diese Gemeinde vom Reichskanzler fest- geseßten „Durchschnittsertrage“, ohne vom "entsprehenden Ist- aufkommen auch nur annähernd erreiht worden zu tein, wie aus einer anderen amtlihen Quelle bekannt geworden ist. Jm übrigen zetgen fi in den Gemeindea der Kreije Teltow und Niederbarnim begreif- liherweise mit die höchsten Kopfheträge an Wertzuwatssteuern, die durch die Nähe der Hauptstadt Berlin und ihrer Vorortgemeinden eine Erklärung finden.

(Weitere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunft und Wissenschaft.

Am kommenden 7. November findet das seltene Schauspiel des Durchganges des Merkur durch die Sonne slatt, Es wird in der westlichen ags Asiens, in Europa, Astika, dem Atlantischen Ozean, Südamerika, der östlihen Hälfte Nordamerikas, dem \üdöst- lichen Teil des Stillen Ozeans und den südlichen Polargegenten \ficht- bar sein. Der Etntritt des Planeten erfolgt, dem Berliner Astronom. Jahrbuch zufolge, 156 ° östlich (links), der Austritt 105 ° wejitllich (rechts) vom nördlichsten unkte der Sonnenscetbe. Es sei aber, wie die Astronomishe Correspondenz s{reibt, bemerkt, daß man den Merkur wegen setner geringen scheinbaren Giöße mit bloßem Auge selbst vor dem glänzenden Sonnen- hintergrunde nicht erkennen fanan, sondern daß man nur mit einem nicht allzu s{wackchen Instrument sein Scheibchen zu sehen vermag. Da der Merkur nahezu mitten über die Sonne zieht, währt der ganze Boraang fast 4 Stunden 11 Miauten. Der Eintritt findet in Berlin 2 Minuten vor 11 Uhr statt, der Austritt 8 Minuten nah 3 Uhr. Bequem und praktis für die Verfolgung des Vorganges ist das Auffangen des im Fernrohr entwickelten Sonnenbildes auf einen weißen Schirm, eine Methode, der ich \chon Gassendi bei der aller- ersien Beobachtung eines ycn Kepler vorausgesagten Merkurdurch- ganges am 7. Nov-.mber 1631 bediente. Im Hinblick auf die Klein- heit des Mekur kann die Beobach ung auf diese Weile aber leiht mißglüden, sofern man sich etnes zu {wachen Instru- mentes bedient. An eine Beobachtung des Vorganges mit bloßem Auge durch eine rußgeschwärzte Glas|cheibe- oder ‘ein farbiges Dämpfglas, mit deren Hilfe man größere Sonnen- fleckde sehr leiht erkennen kann, ist nicht zu denken. Ja selbst ein allzu tleines Fernrohr reiht noch kaum dazu aus, dagegen genügt {on ein Instrument von etwa 1F bis 2 Zoll Objektivöffnung. Eine nennens- werte Größe erlangt die shwarze Véerkur)cheibe erst in stärkeren Fern- rohren, ebenso t nur in einem folchen der eigentümlihe Vorgang der sogenannten „Tropfbildung“ wahrzunehmen, der leider bei derartigen Greignissen stets die , genaue Ermittlung der inneren Berührung von Planeten- und Sonnenrand ershwert. Wenn nämlich die \chwarze Scheibe des Planeten ganz in die Sonnenscheibe eingetreten ist und der Augenblick der Trennung von beiden Peripherien kommt, 1öst sich der Planet nicht, wie man zu erwarten geneigt ist, plößlich vom Sonnen- rande, fondern bleibt sheinbar mit diesem eine Weile noch durch eine \chmale dunkle Brücke, den „Schwarzen Tropfen“ verbunden. Dieje auf die Diffusión des Lichtes zurückzuführende Störung bringt natur- gemäß eine Unsicherheit in die Beobachtung.

Der unglücklihe Ausgang der kanadishenPolarerpedt- tion. Die Stefans\onsche kanadi)che Polarexp?ditton, die auf dret Fahr- zeugen mit zahlreichen wissen|chaftlihen Teilnehmern die Erforshung des amerikanischen Polarmeeres nördlich von Alasfa und dem westlichen Kanada ausführ n wollte, hat nun doch mit einer Katastrophe geendet. Die nah der Wrangelinsel geflüchtete Mannschaft des dur Cis- pressungen gesunkenen Erpedittons\{chtffs „Karluk“ ist von dem amert- kanishen Küstenwachtschiff „Bear“ nach Alaska geschafft worden mit Unterstüßung des rufsishen Eisbrehers „,Taimyc“, der ih auf einer Reife durch das fibirishe Eismeer unter Kapitän Wilkizki befindet. Aber es ist nur die Nettung eines Teiles der Mannschaft gelungen; aht Weiße und eine Eskimofamilte find zurückgebraht worden, drei Mitglieder der Expedition waren auf der Wrangelinsel gestorben, während aht diejes |chüßende Eiland nah dem Schiffbruch überhaupt nit erreicht haben. Eine sehr {chwache Hoffnung darf noch gehegt werden, daß dieser Teil der Mannschaft nur bis zur felsigen Heraldinsel gelangte und wegen offener Kanäle im Eise den Weiter- marsch nah der Wrangelinsel nicht zu unternehmen wagte; aber au in diesem günstigsten Falle wäre die Lage der Leute sehr verzweifelt, da die In)el gar keine Hilfsmittel bietet. Viel wahrscheinlicher ist es, daß diese Abteilung auf dem Marsch in der Winternacht die Wrangelinsel verfehlt hat und mit dem Polareis abgetrieben worden ist und dann durch Mangel zugrunde ging. Der völlige Fehlshlag des mit großen Kosten ausgerüsteten Unternehmens ift darauf zurückzuführen, daß Stefansson, wie „Petermanns Mitteilungen“ schreiben, wohl ein sehr tüchttger, ausharrender Einzelforscher ist, der seine Pläne mit Beharr- [{hfeit und unter großen Entbehrungen durchgeführt hat, aber zum Organifator und Führer eines derartigen größen Unternehmens un- geeignet war. Der Polardampfer „Karluk* wir, wie {hon bet der Ausrüstung der Expedition in amerikant|{chen Zeitungen warnend be- tont wurde, ein alter Kasten, der wohl noch zu Sommerfahrten auf Robbenfang verwendet werden konnte, aber den Gefahren einer Ueber- winterung im Eise, mit denen ein Führer rechnen mußte, durchaus niht mehr gewachsen war. Vor allem hat aber Stefansson seine Unfähigkeit als Führer dadur bewiesen, daß cer das Schiff, das sich, eingefroren in jungem Eise, in einer sehr unsicheren Lage befand, ver- ließ, um au} einem Jagdausflug frisches Fleith für die Besaßung zu erlangen.

Land- und Forstwirtschaft.

Das Internationale Landwirtschaftsinstitut in Nom veröffentliht folgende Eruteshäßungen in Tonnen: Nußland, 10 asiatische Gouvernements: Weizen 3300000 (= 12,3% weniger als im Vorjahre), Noggen 800 000 (= 3,1 9% mehr), Hafer 1 800 000 (= 9,4 9/6 wentger); Spanien: Mais 700 000 (= 14% mehr), Mets 200 000 (= 12,39% wentger); Vereinigte Staaten von Amerika: Mais 68 000000 (= 9,4 9/6 mehr); Japan: Reis 8 100 000 (= 13 9/9 mehr).

Verdingungen.

Der Zuschlag auf die von dem Denyaliue freut der Kaiser - lihen Werft in Wilhelmshaven am 30. September 1914 verdungenen Dachdeckerarbeiten ist der Firma N. Frerihs, Nüstringen, erteilt worden.

Theater nud Mufik.

Morgen, Donnerstag, wtrd im Königlihen Opernhause „Fidelio“ in folgender Be)eßzung aufgeführt : Leonore: Frau Leffler- Burckard; Marzelline: Fräulein Engell; Florestan: Herr Kraus ; Pizarro: Herr Bischoff; Fernando: Herr Bachmann; Nocco : Herr Schwegler ; Jacquino: Herr Henke; erster Gefangener; Herr Philipp. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Blei,

Das Königliche Schauspielhaus bleibt morgen aes{hlossen. Im D ¿ut Gt Theater sind die Proben zu „Wallensteins Tod“ im Gange. Die Eistaufführung wird Anfang November statt- finden: Ferner wird noch in ver ersten Hälfte des Nov-mber der Shakespeare-Zyklus mit dem „Wintermärchen“, dessen Aufführung in der vergangenen Spielzeit nicht mehr stattfinden konnte, abgeschlossen. In den Kammérsptelen wird eine Aufführung von Hebbels „Genoveva* vorbereitet. Außer diesen klafsishen Werken werden die Bühnen Max Neinhardts demnächst Stücke von Gerhart Hauptmann, Karl Sternheim und Emil Strauß bringen. Von Gerhart Haupts mann wird als erstes Werk „Schluck und Jau“ im Spielplan er- scheinen, Emil Strauß kommt mit einem neuen Drama „Don Pedro orte.

n 0 Lustspielhause fällt morgen wegen der Generalprobe des Lusispiels „, Wolkenreiter“ von Leo Walther Stein und Edgar Eugen Nitter die Vorstellung aus. Am Freitag beginnt die Erstaufführung von „Wolkenreiter“ Abends 8 Uhr.

ïtrag des 11. Deutschen Kunstabends am Mittwoch, den L Vlveikee, im Bürgersaale des Berliner Nathaufes it zur Anschaffung von Wollsachen für unsere Krieger bestimmt. Ihre Mitwirkung haben zugesagt: Augusta Co'tlow, Marte Goete, das Heß Quaitelt (Prof. Heß, A. Stoessel, R. Heber, M. Baldner), Julius Lieb 1n und ron Karten sind bei Bote u. Bock MWarenhaus Wertheim zu baben. ties Jn Ler Daul Serbatdt-Kirche in Schöneberg wirken bei Professor Egidis Orgelkonzert am Freitag, Abends 84__9s Uhr, Gustav Werner (Tenoc) vom Deutschen Opernhauje und Armin Liebermann (Violoncelo) mit. Der Erwerb eines Vortragszettels (20 4) berechtigt zum Eintritt. Der Ertrag ist zur Linderung der Kriegsnot bestimmt. n Wien ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Komponist Richard ume Professor an der Musikakademie und Chormeister des Wiener Männergesangvereins, gestorben.

Mannigfaltiges. Berlin, den 28. Oktober 1914.

Kleider, Stiefel, abgelegte Wäsche, Kinderkleidhen jeder Art werden dringend für die Sammelstelle des Nationalen Frauen- dienstes gebrauht. Täglih mehren sich die Bitten von Hilfsbe- dürftigen, denen es beim Eintreten der kalten Witterung an den not- wendigsten Kleidungsstücken fehlt. Insbesondere ist es weiten Schichten der Bevölkerung niht möglih, den Kindern, auch den neu einge- \{ulten, Sticfel zu kaufen. „Der Verein bittet alle, die in der Lage sind, die Armen zu unterstüßen, entbehrlihe Kleidungsstücke an seine Sammelstelle, Zimmerstraße 72/74, senden zu wollen. Auf Wunsch

fönnen die Sachen auch abgeholt werden. Diesbezügliche Mitteilungen erbittet der Nationale Frauendienst. W. 50, Augsburgerstraße 61.

In Anbetracht der großen Anforderungen, die an die Kriegs- wohlfahrtpfleae gestellt werden, richtet der Krieg8ausfchuß des Vaterländischen Frauenvereins vom Noten Kreuz, Provinzialverein Berlin, an die Mitbürger die herzlihe Bitte, ihre Bestrebungen durch opferwilltge Hergabe von Geldmitteln zur Beschaffung von Verbandmatertalien und Arzneien, sowie Lagerungévorrichtungen (Kissen, Betten, Bettwäsche, Decken usw.) zu unterstüßen. Die wöchentlich mehrmals hinaus- gehenden Lazarettzüge werden mit diejen Dankesgaben des deuts{en Volkes für seine verwundeten Krieger ständig versehen, um einersetts bei etwa auftretendem „Mangel ihren eigenen Bedarf zu decken und andererseits bedürftig gewordene Lazarette zu unterstügen. Man bittet, die Gaben im Stadthaus, Könfggräßer Straße 6 (iwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Play) in der Zeit von 9—1 und 3—6 Uhr unter der ausdrücklichen Bemerkung, daß sie für die Bervollständigung von Lazaretteinrihtungen und Lazarettzügen be- stimmt sind, einzuliefern. Wer s{nell gibt, gibt doppelt. Der Hilfs- stelle sind bereits von Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin 5000 4 überwiesen.

Für alle erwerktslosen Klassen sind Wohlfahrtseinrihtungen ge- troffen, nur die Maler sind auf Selbsthilfe angewiesen. Die Künstlerschaft der deutshen Kunstvereinigung ladet alle Kunstfreunde zum Besuhe ihrer Gemäldeausfstellungsräume in Schöneberg, Hähnelstraße 13, bet freiem Eintritt ein. Die Gr- werbslosen erbitten keine Almosen, sondern sie geben für einen Jahres- beitrag. von 25 # ein Gemälde ab. Die Vereinigung, die im 10. Jahre besteht, hat den Zweck, die Kunst zu verbürgerlichen, sodaß auch weniger Bemtittelte ihr Heim mit guten Gemälden s{chmüdcken kfönten, andererseits ist den beteiligten Malern Gelegenheit geboten, ihre Kunsterzeugnisse an das große Publikum ohne Zwischenhandel ab- zugeben. Prospekte werden jedem Interessenten auf Wunsch gern franko zugefandt.

Der Ursprung von London. Ueber die erste Ansiedlung in der Gegend des heutigen London sind in der leßten Zeit Studien gemadt worden, deren Ergebnisse die bisherige Annahme über den Ursprung der Stadt zu wideriegen s{heinen. Die ältere Forsbung behauptete, daß \chon vor der Nömerzeit eine bedeutsame keltisde Stadt dort bestanden hätte, von der auch der römishe Name Londinium, also auch der jeßige Name, ab- zuleiten wäre. Wenn der römishen Anfiedlung überhaupt eine andere vorangegangen wäre, so könnte sie nur von sehr geringer Bedeutung gewesen sein und auf dem südlichen Ufer der Themse gelegen haben. London aber entwidckelte sich sehr bald nah der rômi\hen Eroberung. Die ecste Anlage bestand in einer Stadt ohne Befestigung an einer Stelle, die dem östlihen Teile der heutigen City entspricht. Leider ist über den ältesten Stadtplan, den Verlauf der Straßen und die öffentlichen Gebäude nur sehr wenig hekannt. Zu Anfang des fünften Jahrhunderts wurde London wahr!ceinlich wie dic metsten anderen römishen Städte verwüstet und erholte si erst nah mehr als hundert Jahren von seinem Verfall.

Die Engländer im ägyptishen Sudan. Das südliche Drittel des Gebiets, das eigentli zu Aegypten gehört und von den Gngländern immer mehr unter enge Botmäßigk.it gebraht worden ist, führt den besonderen Namen des engli]ch-ägyptishen Sudans. Das Beiwort ägyptisch bedeutet hier eigentli nur noch einen geographischen Zusammenkbang, da diesen Bereih die Engländer zus sammen mit Nubien, also nordwärts bis zum 22. Breitengrade, son bor dem Ausbruh dieses Krieges fast unumschränkt beherrsck{cht haben, während fie die angestammte Herrshaft im eigentlichen Aegypten ersi jet auszuschalten |ich vermessen haben. Ueber den Sudan in dem bezeihneten Umfang wurde zu Beginn des Jahres 1899 ein Vertrag zwishen der ägyptischen und der englishen Regierung ge\hlossen, nachdem der Mahdi und fein Nachfolger, der Khalifa, endgültig niedergeworfen waren. Die ägyptische Regierung erhielt damals das Necht, au für Nubien und den Sudan einen Generalgouverneur zu ernennen, aber nur mit englischer Genehmigung, was auf eine fast völlige Freiheit des eng- lishen Einflusses herautkam. Die Gouverneure der 13 Provinzen, in die das weite Land eingeteilt wurde, wurden nämlih fämtlih aus den britishen Offizieren der ägyptiihen Armee genommen, ebenso die Leiter der Zivilverwaltung aus britishen Inspektoren, sodaß alles Aegyptishe, was fonst nob an der Regierung beteiligt sein konnte, bôchstens einen Schein der Macht zu wahren vermochte. Eine gewisse Selbständigkeit behielt die Landschaft Darfur in Westen, die zwar zum englisch. ägyptishen Sudan Ee und thm abgabepflichtig gemat, aber unter einem erblihen Sultan belassen wurde. Auch die kleine

\chaftsbereih König Leopolds. von Belgien gehörte, fiel nah e

Abkommen von 1906 mit dem Tode des Königs dem englischen Ge«

Enklave Lado an der Grenze des Kongostaates, die früher zum Herr- L