1914 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 Oct 1914 18:00:01 GMT) scan diff

E S O E

E E L L E

wenn was aber nicht der Fall ist der ganze Betrag auf die Einleger entfallen würde, noch nicht einmal 4!/, Prozent der Einlagen. zur Zeichnung auf die Kriegsanlethen verwandt worden. Vergleiht man diese Feststellungen mit den Be- hauptungen des englishen Preßbureaus, so wird jedermann leiht erkennen, was er von den Mitteilungen der britischen Negierung über Deutschlands Finanzlage zu halten hat.

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„Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“

liégen die Ausgaben 159, 160, 161 und 162 der Deutschen Verluftliften bei. Sie enthalten die 65. Verlustlifte der preußischen Armee, die 39. Verlustliste der bayerischen Armee, die 44. Verlustliste der sächsishen Armee und die 47. Verlustliste der württembergischen Armee.

Sachsen.

Der „Dresdner Anzeiger“ hatte vorgestern an den Staats- setretär des Auswärtigen Amts von Jagow ein Telegramm gesandt wegen der Behandlung der Deutschen: in Eng- land. Darauf ist gestern abend laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Antwort eingegangen :

Auf Ihr gestriges Telegramm hin ist der amerikanti|che Bot- scaster in Lordon veranlaßt worden, sich persönlich über die Behand- Iung der deutschen Gefangenen in England Aufklärung zu verschaffen, und, soweit die Klagen berechtigt sind, mit größtem Nachdrucke auf sofortige Abhilfe zu bestehen. Ein soeben eingegangener Bericht der amerikanischden Botschast über die Besichtigung mehrerer englischer Gefangenenlzger lautet befriedigend. Vergeltungsmaßnahmen wegen der Gefangenhal1ung Deutscher in England werden, falls die englishe Negierung der Aufforderung zur Freilassung nicht unverzüg- lh nachkfommt, alsbald ausgeführt werden.

Oesterreich-Ungarn.

In einer im ungarischen Handelsministerium abgehaltenen Sißung, an der Vertreter der Landwirtschaft, der Getreidebörse und der Mühlenindustrie teilnähmen, sprah man sich für die &estseßung von Höchstpreisen für Getreide und Mehl aus. Der Handelsminister Baron Harkanyi, der den Vorstß führte, ertlärte, wie „W. T. B.“ meldet, daß die Negierung bisher feine Stellung zu der Frage genommen habe. Sie werde infolge der Gemeinsamkeit des Zollgebiets mit der österreichischen Regierung so weit als möglih im Einverständnis vorgehen.

Der Ministerpräsident Graf Tisza, der von einer mehrtägigen Jnspektionsreise ins nordungarische Jnvasionsgebiet zurückgekehrt ist, teilte vorgestern im Klub der Regierungspartei feine Erfahrungen mit. 4

Gra} Tieza erklärte obiger Quelle zufolge, die Ruthenen hätten fich im allgemeinen einwandfrei betragen; nur in drei oder vier Fällen fei Verrat vorgekommen. Die ruthenishe Geisllichkeit und Intelligenz Habe si tádellos benommen und babe großen Patriotismus an den Tag gelegt. Als die ungarisWen Behörden nah der Vertreibung der MNussen zurüdlkehrten, seien fie jubelnd begrüßt worden. Mehrere im Getolge der Nussen erschienene orthodoere Popen hätten den Versuch gemacht, die griechish-katbolishen Ruthenen zu bekehren, doch habe fich dieser Bersuch darauf beschränkt, daß die Leute gezwungen wurden, am orthodoxen Gottesdienst teilzunehmen. Was das Verhalten der russi|hen Truppen anbetrifft, so sagte Graf Tisza, daß die Häuser, deren Bewohner an Ort und Stelle geblieben seien, ziemli unbe- belligt gelassen worden wären. Die verschlossenen Häuser seien er- brochen worden. Vor dem Verlassen der Gegend hätten die Russen alles, was in ihre Hände geriet, zertrümmert. Sie hätten die Möbel zerschlagen und allerlei Ausschreitungen begangen.

Grofßzbritannien und Jrland.

Der Prinz Ludwig von Battenberg ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ von seinem Posten als Erster Seelord zurückgetreten. Zum Nachfolger des Prinzen ist der Admiral Lord Fisher ernannt worden.

Die Admiralität gibt bekannt, daß bis auf weiteres alle Schiffahrt in und aus der Themse durch die Edinburgh Channels oder durh Black Deep südlich von Knock John und Knob Bojen und durch Daze Deep gehen muß. Alle anderen Fahrstraßen sind ge- \chlossen. Kein Fahrzeug darf zwishen 7 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens innerhalb der Sunk Head Boje oder inner- halb der Linie zwishen South Long Sand und East Shingles Bojen unterwegs bleiben. Die vor Anker liegenden Schiffe innerhalb der bezeihneten Punkte dürfen zwischen 7 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens keine Lichter zeigen. Damit ist Die Schiffahrt von und nah London auf eine einzige enge Fahr- straße beschränkt.

Wie die „Morning Posl“ erfährt, wird bei dem Zu- sammentriit des Parlaments am 11. November die Regierung wieder hundert Millionen Pfund Sterling für den

Krieg fordern. Frankreich. Der Präsident Poincaré sowie die Minister Ribot und Sembat sind gestern in Paris eingetroffén. Nach einer vom Ministerium des Jnnern vorge- nommenen Zählung beträgt die Zahl der nah Frantreich geflüchteten Belgier 400000 Personen.

Rußland.

Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, hat die russische Re- gierung, nahdem die Türkei die Feindseligkeiten gegen Rußland eröffnet hat, ihre Konsuln angewiesen, die Türkei zu ver- lassen und den Shugz der Russen den Vertretern Jtaliens zu übertragen. Der russische Botschafter wurde angewiesen, Konstantinopel zu verlassen. Die italienishe Botschaft wurde ersucht, der Türkei mitzuteilen, daß Rußland den in Rußland befindlichen türkischen Untertanen gegenüber genau dieselbe Haltung einnehmen werde, die die Türkei gegenüber den rusfischen Uhtertanen einnehme.

Der Admira lstab gibt folgende Einzelheiten über den NBerlust des Kreuzers „Schemtshug“ bei Penang betannt : 5

Am 28. Ol um 5 Uhr früh, näherte sich der Kreuzer „Smden“, der n vierten falshen Schornstein aufgerichtet Hatte, in der Dunkelheit den Wachtschiffen, die ihn für ein Schiff der verbündeten Flotien hielten. Die „Emden“ fuhr unter vollem Dampf geaen den „Schemtshug“, eröffnete das Feuer und {oß einen Torpedo ab, der nahe dem Bug explodierte. Der „Schemtschbug“ er- widerte das Feuer, doch \choß die „Emden“ einen zweiten Torpedo ab, der den „Schemts@ug“ zum Sinken brachte. Von der Be- labßung tamen 85 Mann um; 250 wurden gerettet, 112 von ihnen find verwundet.

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Der Minister des Jnnern hat einen Geseßentwurf aus- gearbeitet, der Maßnahmen vorsieht zum Zweck der Ver- minderung des deutshen Grundbesißes in Rußland.

Der Geseßzentwurf wird einer Prüfung durh einen Sonder- auss{chuß unter dem Vorsiß des Justizministers unterbreitet

werden. Wie die „Nowoje Wremja“ meldet, haben am 24. Ol

tober in Moskau genau nah dem Londoner Muster deut\ch- l stattgefunden. Der Pöbel wandte sich gegen die deutschen Läden, riß zunächst die Firmen- schilder herunter, {lug die Schaufenster ein, zerschnitt die

feindlihe Kundgebungen

elektrischen Leitungen und raubte im Dunkeln die Warenbestände. Jnsbesondere haben das Zuckerwarengeschäft von Einem -und das Kaufhaus Mandels gelitten.

Norwegen.

Der norwegische Landwirtschaftsninister hat die Aus-

fuhr von Juteleinewand verboten.

Türkei.

Die Botschafter Rußlands und Englands haben der Pforte der „Tribuna“ zufolge erklärt, daß ihre Regierungen den Eigen- tumsübergang der deutschen Kreuzer „Goeben“ und „Breslau“ als null und nichtig betrachteten; wenn also die „Goeben“ und d e „Breslau“ außerhalb der Dardanellen mit der englischen oder im Bosporus mit der russischen Flotte zusammentreffen sollten, so würden sie riskieren, in den Grund gebohrt zu werden, welche Flagge sie nun auch führen möchten. Dec russische Botschafter soll hinzugefügt haben, die kürzlih gemeldeten Be-

fden Geschwaders gegen den Bosporus seien auf die Tatsache zurüzuführen, daß die „Goeben“ und die „Breslau“ außerhalb der türkishen Gewässer signalisiert ge-

wegungen des russi

wesen seien.

Die türkische Regierung teilt der „Frankfurter

Zeitung“ zufolge amtlich mit:

Während ein kleiner Teil der ottomanischen Flotte am 28. Oktober im Schwarzen Meere Uebungen vornahm, eröffnete die russische Flotte, nahdem sie längere Zeit diesen Uebungen gefolgt war und sie zu stören suchte, am Donnerstag die Feindseligkeiten, Im Verlaufe des fich nunmehr entfvinnenden Kampfes gelang es unserer Flotte durch die Gnade des Allmächtigen, den Minendampfer „Prut“, der 9000 Tonnen verdrängte und ungefähr 700 Minen trug, zu versenken, einem der russishen Torpedoboote {were Beshädigungen beizu- bringen und etnen Kohlendampfer zu kapern. Ein vom türkischen Torpedoboot „Hairet - Millte“ abgeshofsener Torpedo hat den russischen Torpedojäger „Kubanez“, der 1100 Tonnen verdängte, „Mouavenit- anderen russischen Küstenwachtschtff} sehr {weren Schaden zugefügt. Drei russische Offiziere und 72 Matrosen wurden von den Unseren gerettet und, ta sie zur Bemannung der versenkten und zerstörten Schiffe gehörten, Die Kalserliche Flotte hat durch die Gnade Gottes keinerlei Schaden erlitten, und der Kampf geht günstig für unsere Flotte weiter. Die Kaiserlihe Regierung wird ohne Zweifel mit äußerstem Nachdruck gegen dieje feindselige Handlung Einspruch erheben, die von der russischen Flotte gegen einea geringfügigen Teil

indem fie die ottomanishen Schiffe angriff.

versenkt und ein anderer, vom Torpedoboot

Millie" abgeschossener Torpedo hat einem

gefangen genommen.

unserer Flotte unternomièen worden ist.

Vorgestern trat auf der Pforte unter dem Vorsitz des Großwesirs ein außerordentlicher Ministerrat zusammen. - Dem türkischen Marineminister ist nah einer Meldung

des „W. T. B.“ von dem italienischen Marinemin ister mitgeteilt worden, daß fremde Kriegsschiffe in die Häfen Spezia, Tarent, Brindisi, Venedig und Maddalena nur am Tage einfahren dürfen, und daß sie die italienishen Behörden dur Funkspruch von dieser Absicht in Kenntnis seßen müssen,

um sih einshleppen zu lassen.

Die gestrige Beiramfeier war in der ganzen Türkei von dem Gefüß! freudiger Erwartung getragen und der Empfindung, daß man am Vorabend großer Ereignisse stehe.

Bulgarien.

Einer Meldung der „Agence Bulgare“ zufolge hat am 25. Oktober zwischen bulgarishen und griechischen Grenzposten von Goleschowo ein Feuergefecht stattgefunden, das sieben Stunden währte. Veranlaßt wurde der Zwischenfall durch den Versuch der Griechen, in der neutralen Zone Lauf- gräben zu errichten. Auf bulgarisher Seite wurde ein Mann verwundet, auf griechischer Seite ein Mann getötet und zwei

Mann verwundet. Amerika.

An der kanadischen Grenze besteht die Besorgnis, daß Ein- fälle der in den Vereinigten Staaten lebenden Deutschen und Oesterreicher versucht werden. Wie die „Times“ melden, werde im Fort Erie eine Bürgerwehr gebildet, um solchen Einfällen zu begegnen, die man besonders deswegen befürchtet, weil das jenseits der Grenze gelegene Buffalo über 200 000 deutsche Eine neue Verordnung gestattet nur solchen Personen freien Zutritt über die Grenze, die seit 10 Jahren Man will hierdurch aus-

Einwohner hat.

amerikanishes Bürgerrecht besißen. ländische Arbeiter fernhalten.

Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Mexiko zufolge hat der General Carranza seinen Rücktritt von der Präsident- schaft angeboten unter der Bedingung, daß Villa sich ins

Privatleben zurüziehe. Asien.

Die Behörden von Hongkong und anderen britischen Besizungen in China haben nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ die Ausweisung aller deutschen und österreihisch-ungarishen Untertanen aus dem britischen Gebiet verfügt, mit Ausnahme derjenigen, die im Diese sollen verhaftet werden.

wehrpflichtigen Alter stehen. Die Verfügung wird am 1. November rechtskräftig.

Kriegsnachrihhten. Westlicher Kriegsschaupla t.

Großes ?Hauptquartier, 31. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Mitteilung der Obersten Heeresleitung. Unsere Rams capelle

Ypres

gestern

Armee in Belgien nahm ( Angriff} auf

und Birschote. Der

schreitet gleichfalls fort. Sandvoorde, Schloß Hollebele und Wambeke wurden gestürmt. Auch weiter südlih gewannen wir Boden. Oestlih Soissons wurde der Gegner gleichfalls angegriffen und im Laufe des Tages aus mehreren starf vershanzten Stellungen nördlich von Vailly vertrieben. Am Nachmittag wurde dann Vailly gestürmt und der Feind unter \chweren Verlusten über die Aisne zurückgeworfen. Wir machten 1000 Gefangene und erbeuteten zwei Maschinen- gewehre. Jm Argonner Walde sowie westlih von Verdun und nördlih von Toul brachen wiederholte feindliche Angriffe unter {weren Verlusten für die Franzosen zusammen.

Oestlicher Kriegs schauplaß.

Großes Hauptquartier, 31. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Mitteilung der Obersten Heeresleitung. Der Kampf auf dem nordöstlichen Kriegs schauplaz hat noch niht zu einer Entscheidung geführt. Westlih von Warschau folgen die Russen langsam unseren sich neu gruppierenden Kräften.

Wien, 30. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird verlaut- bart: Jn Russish-Polen wurde auch gestern nit gekämpft. Am unteren San wurden stärkere, füdlich Nisko über den Fluß gegangene feindlihe Kräfte nah heftigem Gefechte zurückgeworfen. Vei Stary Sambor sprengte unser Geschüßfeuer ein russisches Munitionsdepot in die Luft. “Alle feindlihen Angrifse auf die Höhen westlich dieses Ortes wurden abgeschlagen. Jm Raume nord- ösilich von Turka gewannen unsere angreifenden Truppen mehrere wichtige Höhenstellungen, die der Feind fluchtartig räumen mußte. Unser Landsturm machte in diesen Kämpfen viele Gefangene. Die Gesamtzahl der in der Monarchie internierten Kriegs8gefangenen betrug am 28. d. M. 649 Offiziere und 73 179 Mann, nicht eingerechnet die auf beiden Kriegs\schauplägzen sehr zahlreichen, noch nicht abgeshobenen Gefangenen aus den Kämpfen der lezten Wochen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes : von Hoefer, Generalmajor.

Statistik und Volkswirtschaft.

Höhere Schulen in Württemberg im Schuljahre 1912/13.

Unter den höheren Shulen Württembergs für die männliche Jugend werden gymnasiale (Gymnasien, Proaymnasien und Latein- \hulen oder Lateinabteilungen an Realschulen), realgymnasiale (Neal- gymnasien und Realprogymnasien) und realistishe (Oberrealsculen und Realschulen) unterschbieden. Nah der „Statistik des Unterrichts8- und Erziehungswesens im Königreih Württemberg für 1912*, die das Ministerium des Kirchen- und Sctul wesens veröffentlicht hat, gab es am 1. Januar 1913 einsließlich der 4 evangelisch-theologischen Seminare, die den oberen Abteilungen der Gymnasien gleichzuseßen find, 18 Gymnasien mit 246 Lehrstellen und 3968 S{ülern, 5 Pro- gymnasfien mit 39 Lehrstellen und 647 Schülern und außerdem an gym- nasflalen Anstalten ohne Oberklassen 43 Lateinschulen nebit 5 Lateinabtei- lungen an Nealschulen mit 78 Lehrstelen und 1087 Schülern. An real- aymnasialen Schulen zählte man 6 Realgymnasien mit 97 Lehrstellen und 2312 Schülern und 8 NRealprogymnasien mit 55 Lehrstellen und 1098 Schülern. An realistishen Schulen waren vorhanden: 12 voll- ausgebaute Oberrealshulen mit 251 Lehtrstelen und 5814 Schülern, 29 Schulen mit nur 1 bezw. 2 oberen Jahreskursen mit 233 Lebrstellen und 6015 Schülern, ferner 71 Nealschulen (ohne Dberfkflafsen) mit 137 Lebrstellen und 3579 Schülern. Dies ergibt zusammen einschließli der Lateinshulen und -abteilungen 193 Schulen mit 1136 Léhrstellen und 24520 Schülern, ohne die Lateinschulen bezw. -abteilungen 145 Schulen mit 1058 Lehrstellen und 23 433 Schülern. Außerdem werden in Württemberg noch zu den höheren Schulen gezählt: 3 Bürgerschulen mit 87 Lhrstelen und 3068 Schülern und 21 „öffentlißhe Elementarschulen“ mit 102 Lehrstelen und 3723 Schülern, sodaß die Zahl der höheren Schulen für die männlihe Jugend 217 mit 1325 Lehrstellen und 31 311 Schülern betrvg. Von den Schülern waren 23 705 evangelisch, 6839 fathoti!ch, 678 jüudisth und 89 sonstigea Bekenntnisses.

An höheren Mädchenschulen gab es am 1. Januar 1913 in Württemberg 17 öffentliche und 6 private mit 214 Lehrern und 195 Lehrerinnen davon 103 bezw 29 im Nebenomt und 6851 Schülerinnen, von denen 5683 evangelish, 761 fkatholijh, 372 jüdisch und 35 sonstigen Bekenninisses waren.

Wohlfahrtspflege.

Die Schaffung eines deuts{Gen Kriegerwaisenbeims in Dberammergau (Oberbayern) hat fi der Kommerzienrat Guido Lan g, Oberammergau, zur Ausgabe gestellt. Die Gemeindeverwaltung überläft mit Genehmigung der Gesamtgemeinde den Baugrund sowie die nôtigen Sptel- und Tummelpläß+ unentgeltlich, liefert das zum Bau und Betrieb erforderlihe Waser aus der gemeindlthen Hoch- druc{wasserleitung ohne Entschädigung und überläßt kostenlos den gemeindlihen Kinderhoit zur Mitibenußung. Als Baugrund is der Nainenbichl zwischen Kinderhort und Hillernschlößchen vorgesehen, der sich infolge seiner ruhigen und dabet gesunden, trodenen Lage, der prächtigen Auésicht und der anstoßenden großen Lerchen- und Linden- kulturen für den gedahten Zweck ganz besonders eignet.

Kunst und Wissenschaft,

Belagerungsmünzen. Es {ist na dem bisherigen Gang der Ereignisse fraglich, ob es in diesem Krieg überhaupt zu einer längeréèn Belagerung einer Stadt kommen wird. Die darauf ge- richtet gewe\enen Prophezeiungen find bisher überall durch die Art des deut|chen Angriffs und insbesondere dur die Unterstüßung der schweren Artillerie zu {handen gemacht worden. Dte langen Be- Tlagerungen aus früheren Kriegen haben dagegen oft Notstände hervorgebracht, die si unter anderm auch in der Be|\chaffung und Cinführung etgenartiger Geldsorten äußerten. Wenn ein Heerführer oder der Gouverneur einec Stadt im Fall einer Be- lagerung das Geld in seinen Kassen hwinden sah, so nahm er, wie es im Lauf der Kriegführung in den vergangenen Jahrhunderten

oftmals vorgekommen ift, seine Zuflucht zur Ausgabe einer Art von ®

Notgeld, das aus irgendwelchem billigen Material gefertigt und erst nach Aufhebung der Belagerung in gute Münze umgetauscht wurde. Es ist natürlid ganz und gar nicht zutreffend, daß solche Belagerungs- msinzen wegen ihres |chlechten Stoffes keinen Wert besißen sollten,

vielmehr baben wohl die Vtünzsammler, solange es solche gibt, die Das letzte Beispiel dieser Art bot

bhôchstéèn Preise dafür aezahl!. die Belagerung von Mafeking im Betscuanaland an der Grenze Transoaals im Burenkrieg. Die Buren {lossen die Stadt bald nah dem Ausbruch des K'ieges ein, und der Entsaß erfolgte erst gegen das Ende, die Belagerurg währte also fast ein halbes Jahr... Das Notgeld während dieser Belagerung bestand einfach in Papter und hat fih bet den

Sammlern unter dem Namen der „Banknoten von Mafeking“ in Nuf

erhalten. Ehe das Papiergeld „erfunden“ war, wurden zu Belagerungs- münzen allemöglihen Stoffe verwandt, auß-r den Véetallen Kupser, Zinn, Blet usw. au Leder. Belagerungsmünzen aus Leder gab es z. B. als große Seltenheit von der Stadt Arras in Nordfrankreich, die

în den Kämpfen der leßten Woche so oft genannt worden ist. Diese Ledermünzen rühren aber von einer Belagerung her, die die Stadt durch die jeßiaen Verbündeten der Franzosen, durch die Engländer, im Jahre 1418 zu erdulden hatte. Aus Leder wurde auch das Geld hergestellt, das Kaiser Friedri I. während der Kämpfe in Italien tn den Jahren 1241—47 aus- zugeben sich genötigt sah. Diese Ledermünzen trugen auf der Oberseite das Bild des Kaisers und auf der Nückseite einen Adler. Bleternes Geld ließ der Kommandeur Chantereine |chlagen, während er das Heer der Marta von Burgund in St. Omer, südlich von Dün- firhen belagerte, wona sich also auch die Belagerer zuweilen, wobl in Necbnung auf reiche Beute nah der Eroberung des Platzes, auf diese Weise halfen. Die Form solher Notmünzen ist sehr verschieden und nimmt beinahe jede möglihe Gestalt an: rund, viereckig, acht- edig oder ganz unregelmäßig. Es ist sogar vorgekommen, daß einfa der Stegelaufdruck des, Gouverneurs in Siegelwahs als Geld benußt wurde. Aus dem Mittelalter {find Belagerungs- münzen nur dur geshriebene Uéberlieferung bekannt. Erst aus dem sechzehnten Jahrhundert sind mehrere Belagerungsmünzen auf uns ge- kommen, namentlih die der Belagerung von Pavia und Cremona dur Franz 1. von Frankreich inden Jahren 1524 und 1526, diè Von Wien aus der Belagerung dur die Türken unter Soliman I1. 1529. Dann folgt eine Münze der berühmten Belagerung von Leiden 1574 und wenig spä1er (1578) von der holländishen Stadt Kampen mit der Suschrift: extremum gubsidium. Aus späterer Zeit wäre noch zu erinnern an die Münzen von Tournay, die der Gouverneur dieser belgischen Stadt aus setnem silbecnen Geschirr prägen und —- etn eiger Fall mit seinem eigenen Biidnts verjehen ließ, ferner die der Be- lagerungen von Mainz 1793, Barcelona 1809, Antwerpen 1814 und Straßburg von dem gleihen J1hr. (Fs gibt ein besonderes Werk über Belagerungsmünzen, das 323 verschiedene Sorten aufzählt. Ais die älteste Münze wird in ihm eine vom Jahr 1521 genannt, die von dec belgiichen Stadt Tournay hiammr. 41s die neuelie gult bis zu den Banknoten von Mafeking das Notgeld von Mantua aus der Belagerung .durch die Piemontesen im Jahre 1848.

Literatur.

Die ein\schneidenden Wirkungen, die der Weltkrieg auf das ge- samte Leben der Nation ausübt, machen fih auf dem Gebiet des Buchhandels besonders bemerkbar. Die Schaffensfreudigkeit der Schriststellerkreise ist durch thn wohl kaum so wesentlich beeinträchtigt, wie die Aufnahmefähigkeit der Leserwelt, deren Anteilnahme von dem großen Völkerringen nahezu gänzlich in Anspruch genommen wird. So sind die Neúersheinungen auf dem Büchermarkt, die sonst gerade bei Beginn des Winters besonders zahireich zu sein pflegten, in diesem Tahre überaus spärlich, und der Ausfall trifft in gleiher Weise die wisffsenschaftlihe wie die belletristishe Literatur. Nur ein \crift- ftelleri)ches Feld wird rei bestellt, das der Kriegsliteratur. Da der Weltkciea noch mitten in seinem Verlauf steht, beschränkt {h aber auch diese Kriegsltteratur auf mehr oder weniger umfangreiche Broschüren, in denen die Ursachen des Krieges, seine Entstehungs- geihihte, feine Wirkungen auf die Krtiegführenden wie auf die Neu- tialen sowie fein bisheriger Verlauf behandelt werden. Dte Zahl derartiger Schriften ist überaus groß und ihr Wert ist naturgemäß sehr vershieden. Im folgenden seten einige, dte aus der Masse hervor- ragen, furz erwähnt. Die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart ver- anstaltet die Ausgabe etner ganzen Reihe politischer Flugschriften, die den gemetnfamen Titel „Der deutsche Krieg“ tragen und deren Herausgeber Ernst Jäckh ist. Die Hefte erscheinen in zwangloser Folge zum Preise von 50 „g für jedes Heft. Bisher sind folgende acht Hefte erschienen: 1) Paul Nohrbah: Warum es der deutsche Krieg ist; 2) Friedri Naumann: Deutschland und tFrankreich ; 3) Professor Dr. Becker: Deutschland und der Jslam; 4) Gottfried T raub: Der Krieg und die Seelen; 5) M. Grzberger, M. d. N.: Die Mobilmachung; 6) Geheimrat Professor Dr. H. Oncken: Deutschlands Weltkrieg und die Deutschamerikaner; 7) Axel Schmidt-Berlin: Dte russise Sphinx, und 8) Geheimrat Pro- fessor Dr. Gucken: Die wettge\chichtlihe Bedeutung des deuts{en Geistes. Alle diese Hefthen sind lesentwert ; besondere Beachtung verdienen die von den Professoren Oncken und Eucken verfaßten wegen thres Gedankerreihtums und der Eigenart ihrer Form. In wetteren Heften, deren Vorbereitung der Verlag anzeiut, werden u. a. zu Wort tommen: Björn Björnfon, der Für!nt von Bülow, Professor Dr. Hretherr von Dungern, der Generalfeldmarschall Freiherr von der Golß, die Professoren Dr. E. Marks. München, Dr. Meinecke und Dr. Sering-Berlin und der Präsident des österreichishen Abgeordnetenhauses Dr. Sylvester. Etne ebenfalls in einer Netbe von Flugschriften bestehende Veröffentlichung, dite wertvolle Aufklärungen und Anregungen ver|pricht, veranstalten Georg Irmer, Karl Lam - preht und Franz von Liszt unter dem Titet „Zwischen Krieg und Frieden“ im Verlag von S. Hirzel in Leipzig (Preis des Destes 0,80 6). Diese Schriften follen „vaterländishe Reden fein, gerichtet an das ganze deutsche Volk zur Aufklärung über die großen politischen und wirt\chaftlichen Fragen, die beim kommenden Frieden für die Lebenstnteressen des Neihs von Withtigkeit sind.“ Sise follen das Feld vorbereiten für den Steg im Frieden. „Schwert und Feder dürfen nicht eher ruben, bis das Deut che Neich aus dieser neuen #euerprobe mit verjüngter Kraft wteder ersteht, als ein sicherer Bürge für eine friedlihe Zukunft und als ein wehrhafter Schuß ggen die Anmaßung und Niedertraht der vergangenen Tage." Drei Veste der. geplanten Folge liegen bisher vor. Jm ersten ,Los vom englisden Weltjoh“ iaziert der Wirkl-che Legationsrat Dr. Georg Irmer die imperialistische Polit:k des Inselreihs namentli in ihren leßten erfolgreihen Bemühungen, si Frankreich und Rußland für den Plan der Niederwerfuna des Deutschen Neiches dienfibar zu machen; im 2. entwirft der Gebeime Justizrat Dr. Franz von Liszt den Plan eines mitteleuropäischen Staatenverbandes als nächstes Ziel der deutschen auswärtigen Politik, während im 3 Arthur Dix übersihtlich und in großen Zügen die Waffen und. Ziele des Weltwirtschaftskrieges darlegt. Zahblreihe weitere Einzel- broshüren behandeln die Rolle und Siellung, die England im Weltkr ege spielt. Der Staatsanwalt a. D. L, Térampe greift dabei in seinem bei Dieterich (Th. Weicher) in Leipzig er- schienenen Schrift „Englands Lügenprobhet“ bis auf die Politik der alten Seemähte zurück und fkritisiert dann im be- sonderen die von dem amerikani\hea Marinetheoretiker Mahan in feinem Buch „lnll]uence of S8ea-power upon history“ vertretene Ansicht, daß die Seemacht in die Wagschale des modernen Krieges ein entscheidendes Gewicht zu werfen vermöge; er kommt zu dem Er- gebnis, daß gemäß dem Wertverhältnis von Schwert und Harpune nach menschlichem (Ermessen und ausweislich den Lehren der Geschichte und der Logik in dem jeßigen Weltringen, dessen Shluß-ntscheidung zwischen Deutschland und England liege, dem Netche der Steg werden müsse, Die Ursahen der Nekbenbußlerschaft Englands und Deutshiands beleuchtet an der Hand der neuesten politislen und wirtschaftlihen Gatwidlung der Professor der Ge|hihte an der Unlversität Leipzig: Dr. Felix Sal owon in &ner bei K. F. Koehler in Leipzig erschtenenen Schrift: Wie England unser Feind wurde. Eine N'ißbe anderer Ver- öffentlihungen bietet eine Chronik des bisherigen Kriegsverlaufs: Den Zweck verfo'gt der Oberstleutnant a. D: H. Frobenius in seiner von Carl Curtius in Berlin herausgegebenen „Deutschen Shwert- \chrtift*. (65 S.) Auf eine kurze Einleitung, in der die Schuld am Kriege und seine Veranlassung klargelegt werden, folgen die wichtigsten diplomatischen Noten der am Kriege betetligten Mädte bor dessen Ausbruch und Preßstimmen, in deren fi die Stimmung der beteiligten Völker bis zum Kriegsausbruh spiegelt, In zwanglosen _Fortsezungen \oll in ähnlicher Weise an der Hand von Urkunden, amtlichen Berichten und Pressestimmen der Verlauf des Völkerringens gezeihnet werden aen eigentlien Kriegsverlauf sfizziert, lediglih durch chronologischen Aru der Depesthen des Großen Hauptquartiers und des Wolffschen Zelegraphishen Bureaus und anderer gesihteter Zeitungs\stimmen, ohne die Beigabe eines verbindenden Textes eine Veröffentlichung des

Verkags von Carl Heymann in Berlin „Der Kriegsverlquf." Das

erste Heft enthält die Nachrichten vom Kriegsshauplay bis Ende September. Als Anhang ist dem Hest der Protest des Deutschen Kai'ers an den Präsidenten Wilson, das Schreiben des Reichs- kanzlers an die amerikanishe Presse, der in der „Norddeut- schen Allgemeinen Zeitung“ veröffentlichte Depeschenwechsel zwishen der deutshen und englishen Regierung unmittelbar vor Ausbruch des Krieges und die Kundgebung des Kaisers an die Provinz Ostpreußen beigegeben. Die Sammlung soll durch die folgenden Krtegsmonate in gleicher Weise fortgeführt werden. Jedes Heft in Großoktav kostet 1 4. Auch der Verlag von Boll und Pickart in Berlin veranstaltet eine nach Monaten ¿¡usammen- gefaßte Zusammenstellung der W. T. B.-Krtiegsdepeschen. Jedes Heft kostet 40 4. Ferner sei etner Veröffentlichung der Franckhshen Verlagshandlung in Stuttgart gedacht, die eine Kriezsausgabe ihrer Jugendzeitshrift „Mußestunden“ unter dem Titel „Kriegsbuh für Jugend und Volk“ (halbjährlich 10 Hefte, 1,50 6) herausbringt. Neben einer fortlaufenden Kriegschronik enthalten die Heftchen Aufsäße, in denen die vielseitigen Kampfmittel volkêtümlich geschildert werden, ferner Grzählungen aus dem Kriegsleben und Schlahhtensht1derungen. Endlich seien die von Heinrich Mohr verfaßten, bei Herder in Freiburg verlegten Fel dbriefe erwähnt, die unter Betonung des religiösen und ‘ethishen Moments, vor allem daz seelische Gleichgewicht der Daheimgebliebenen zu erhalten und zu stäfen bestimmt find. Die bisher ershienen Briese wenden sih an die Frau und an die Mutter des Kriegers und an die Helden im Feld und im Lazarett.

Land- und Forstwirtschaft.

Sicherung genügender Eiervorräte im Herbst, Winter und Frühjahr.

_ Unter dieser Ueber\chrift wird in der „Korrespondenz der Land- wirtschattekammer für die Rheinprovinz und des Landwirtschaft- lichen Vereins für Rheinpreußen“ ausgeführt: Durch die Krtegswirren wird auch ein großer Teil der bisherigen Eiereinfuhr ins Stocken ges raten, sodaß in diesem Winter und im nächsten Frühjahr mit einer erhebliwen Eierfnappheit und daher hohen Eierpretsen gerechnet werden muß. Mehr als sonst muß gerade in der jetzigen Zeit mit ibren verhältnismäßig hohen Futterpreisen auf die Haltung solcher jungen Legetiere, die aus auf Leistung gezüchteten Beständen hervorgegangen sind, hervorragendes Gewicht. gelegt werden, denn bei ihnen ist die Sicherheit am größten, daß alle Tiere einen gleichmäßigen und größeren Eiterertrag und namentlih viele Wintereier in der Zeit von November bis Februar bringen. Die Geflügelzuht- und Lehr- anstalt der Lndwirtshz2ftsfammer für die Rheinprovinz in Neuß verfügt auch in diesem Herbste über große Bestände {höner, früh ge- zogener Jungtiere, die in einiger Zeit mit dem Legen beginnen werden, der Nassen: weiße und gelbe Orpingtons, weiße Wyandottes, rebhuhn- farbige Italiener, wetße Leghorns und gesperberte Mech-lner, die jeßt, da die Cisenbahn zum Versande lebender Tiere wieder freigegeben ift, auf Bestellung sofort versandt werden können. Bestellungen sind an die Adresse: „Geflügelzuht- und Lehranstalt in Neuß* zu ridten.

GesundHeitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln,

Schweden.

Nach einer Bekanntmachung des Köntglih Schwedishen Kommerz- Tolegiums vom 24. d. M. sind als. choleraverseucht erklärt worden: Oesterreihisch Schlesien, Galizien, Mähren und die Stadt Wien sowie Ungarn und Siebenbürgen.

Behandlung von Wunden in früheren Zeiten. Die Zahl der an den Folgen von Verwundungen Gestorbenen ift in den Kriegen früherer Zeiten stets viel größer gewelen als die Zahl der unmittelbar auf dem Schlachtfelde Gefallenen. Etnen großen Teil der Schuld daran trug jedenfalls die ganz unzweckmäßtge Behandlung der Wunden. Die als „Väter der Heilkunde“ verehrten Aerzte des Altertums, Hipvokrates und Galen, lehrten, daß für die Heilung von Wunden die Eiterung notwendig wäre. Hwpokrates namentlih stelte es als ein Gesez hin, daß in Fällen von Krebs eine Operation nit frük& auegeführt werden dürfte, bevor eine wirklihe Geschwürsbildung eingetreten wäre, und der unge- heure Einfluß, dea seine Schriften bis in die Neuzeit hinein ausgeübt haben, hat bewirft, daß auch jene Vorschrift zum großen Nachteil vieiec Geshlehter von Kranken Jahrhunderte lang als richtig angenommen wurde. Die Chirurgie gat den Aerzten noch vor 2—300 Jadbren als ein gemetnes und unsauberes Ges{äft, das infolge dessen den Barbieren, den Speitalisten für Bruchshäden und andern Freibeutern der Heilkunde überlaßsen wurde. Die Wunden fubren jedeafalls fort zu citern bis in die neueste Zeit hinein, und damit verboten fi grôpere Eingriffe begreifliherweise von felbst. Einer der berühmtesten Aerzte vor hundert Jahren konnte noh schreiben, es sei ein Unsinn, den Leib zu öffnen, man dürfe eine Operation in den Etn- geweiden nur vornehmen, wenn fie ohnehin zu Tage lägen und genau besichtigt werden könnten, und ein anderec Arzt von ähnlichem Ruf äuße .te zu gleiter Zeit, daß es ein gefährlicher Versuch sein würde, in Källen von Krebs etne Befferung von der Chirurgie zu erhoffen. Selbst die bervorraaendsten Heilkünstler arbeiteten dama's noch allein mit Pflastern. Eigentliche Verband- mittel kamen erst spät auf, obglei {on der alte Galen den Nugen gezupffer VLeinwand zum Bedecken von Wunden gekannt und empfohlen hatte. Die Kenntnis, daß die Eiterung einer Wunde grade nah Möglichkeit vermieden werden muß, ist also, was man beute faum mehr g!auben sollte, eine Etrungenschatt erst der leßten bundert Jahre und hat dann {n der Erfindung und Entwicklung der anti- septihen und aseptishen Methode thren größten Triumph gefetert.

Crdbestattung oder Feuerbestattung. Von den An- hängern der Feuerbe|täattung is mehrfach auf ihre Vorzüge vom byzienishen Standpunkt aus hingewiesen worden. Bei der Erd- bestattung follen krantkbeltserregende Bakterien in den Erdboden ein- dringen, sich in ibm verbreiten und so eine Gefabr für die Ueber- lebenden bilden. Bei den Massenbestattungen, wie sie im Kriege not- wendig werden, würde diefe Gefahr ebenfalls vorltegen, wenn es sich hier auch im welentliben um gesunde Personen handelt, die einen gewaltsamen Tod erleiden. Vie Erfahrungen früherer Kriege haben aber die Ansicht nicht bestätigt, daß die Leichen- stätten der auf den Schlachtfeldera Gefallenen eine Getahr für die Umgebung bilden. Auch wissenshaftlihe Untersuhungen- darüber, wié lange Krankheitskeime sih tm Erdboden zu halten vermögen, er- aben z. B. tür Typhusbaitllen nur 90 Tage, Cholerakeime waren ereits nah Ablauf von 28 Tagen nicht mebr aufzufinden, Tuberkel- bazillen lebten 95 bis 128 Tage. Tetanus-(Starrkrampf)-Keime waren nah 234 Tagen in viculentem (giftigem) Zustand vorhanden, ver- \chwanden aber nah 3961 Tagen. Eiterbazillen überdauerten nur 33 Tage, die Keime der Friedländerschen Pneumonie 28 Tage. Milzbrandbafkterien bewahrten während der ganzen Dauer eines Versuchsjabrs ihre Lebens- fähtakelt. An Ausbreitung im Boden hatten die Bakterien fast nie gewonnen, vielmehr {eint der Erdboden ibrer Verbreitung etne feste Barriere entgegenzustellen. Nur Mislzbrandbakterien, die ih ja au sehr lange htelten, waren in benachbarte Schichten des Bodens ein- gedrungen. Das allgemeine Ergebnis der wissenschaftlihen Unter- \uGung dieser Frage ist, daß Bakterxien durch Bestättung zwar in den M ien M L Que nos E kürzere oder längere Zeit zu en vermöaen, daß fie aber in dem Boden glei

und keinen Schaden mehr an1ichten können. glei@jam gefangen find

E E L R R m"

Bauwesen.

Ein Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für einen im Walde gelegenen Friedhof der Gemeinde Wannéè bon 15 ha Größe wird für in Westfalen oder im Rheinland ansässige Bewerber mit Frist bis 21. Dezember d. F. ausgeschrieben. Drei Preise zu 500, 300 und 200 4 \iad vorgesehen. Der Ankauf weiterer Entwürfe mit je 150 4 bleibt vorbehalten. Dem neungliedrigen Preisgeriht gehören u. a. an: Königlicher Gartenbaudirektor Ibach, Friedhofinspekior der Stadt Cöln, „Stadtgarteninspektor Simon in Gelsenkirchen und Beigeordneter Regterungsbaumeister a. D. Lieder in Wanne. Die Wettbewerbsunter!agen sind vom Amt Wanne gegen vorherige Zahlung von 2 # zu beziehen.

Verkehrêwesen.

Nachdem der Bundesrat durch Bekanntmachung vom 22. Oktober die Protestfrist für Wechsel, die in Elsaß- Lothringen, in der Provinz Ostpreußen oder in Westpreußen in den Kreisen Marienburg, Elbing Stadt und Land, Stuhm, Marienwerder, Rosenberg, Graudenz Stadt und Land, Löbau, Culm, Briesen, Strasburg, Thorn Stadt und Land zahlbar sind, sowie für solche im Stadtkreise Danzig zahlbaren gezogenen Wechsel, die als Wohnort des Bezogenen einen Ort angeben, der in Ostpreußen oder in einem der bezeich- neten westpreußishen Kreise liegt, im Anschluß an die in der Bekanntmahung vom 224. September vorgesehene Verlängerung um. weitere 30 Tage ver- längert hat, ist die Postordnung vom- 20. März 1900 entsprechend geändert worden. Postprotestaufträge mit Wechseln der bezeichneten Art werden daher in Fällen, in denen bei der ersten Vorzeigung die Zahlung nicht ausdrücklih verweigert wird und der Protest auch nicht aus anderen Gründen nach der ersten Vorzeigung oder nah dem ersten Versuche der Vorzeigung zu erheben ist, erst am einhundertundzwanzigsten Tage nah Ablauf der Protestfrist des Art. 41 Abs. 2 der Wechselordnung nochmals zur Zahlung vorgezeigt werden. Fällt der leßte Tag der Verlängerungsfrist auf einen Sonn- oder Feiertag, so erfolgt die zweite Vorzeigung und die Protest- erhebung am nächsten Werktage.

__ Ferner hat die Postordnung folgende beachtenswerte Er- agänzung erfahren. Solange die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts besteht, kann die Post damit betraut werden, neben der Wechselsumme auch die vom Tage der ersten Vorzeigung des Wechsels an fälligen Wechselzinsen einzuziehen und im Nichtzahlungsfalle des- wegen Protest zu erheben. Wird hiervon Gebrauch gemacht, so ist in den Vordruck zum Postprotestauftrag hinter „Betrag des beigefügten Wechsels“ einzutragen „nebst Verzugszinsen von 6 v. H. vom Tage der ersten Vorzeigung, nämlich vom ab“. Der Zeitpunkt, von dem an die Zinsen zu berehnen sind, ist nicht anzugeben, wenn die Post die erste Vorzeigung des Wechsels bewirkt. Hat der Auf- traggeber die Einziehung der Zinsen verlangt, so wird der Wechsel nur gegen Bezahlung der Wechselsumme und der Zinsen ausgehändigt, bei Nichtzahlung auch nur der Zinsen aber wegen des nicht gezahlten Betrags Protest mangels Zahlung erhoben.

Theater und Musik.

Kammersptele des Deutschen Theaters.

i Max Neinhardt, der vor einigen Jahren Nestroys „Revolution in Krähwtnkel* mit Erfolg auf die Bühne des Deutschen Theaters brachte, ließ gestern ein anderes, das Urfrähwinkel im Kammerspielhau}e erstehen, wo August von Kotzebues Lustspiel „Die deutschen Kleinstädter“ zum ersten Male aufgeführt wurde. Im Jahre 1909 hatte das Lustspieldaus es bereits obne besonderes Qlück damit versucht. Mar Remkardt griff als Spielleiter kecker zu als sein Vorgänger ; es war ihm offenbar weder um literarischen Anshauungsunterriht, noch darum zu tun, Bilder aus einer kleinen Stadt von Anno dazumal natur- getreu wieder aufleben zu lafsen, sondern er war allein darauf be- dacht, das, was an dem Stücke noch bühnenwirksam {st, die Lustig- keit der Karikatur, die die Wirklichkeit im Hohlspiegel zeigt, ganz berauszuholen. Diese Absicht ist ihm denn au reckt gut ge- lungen und sie wurde durch den Einfall, jüngere Darsteller und Darstellerinnen, die man sonst in ernsten Rollen zu schen gewobnt war, gewissermaßen als Karikaturen “ihrer selbst auf der Bühne wandeln zu fehen, aufs beste unterstüßt. So sah man Else Heims als s{chwaßhafte Untersteurxeinnehmerin Staar, Lucie Höflich als auf- gedunsene Stadtakztsekassa\{reiberin Morgenroth und Leopoldine Konstantin als stotter«de Oberfloß- und Fishmeisterin Brendel. Sie bildeten ein urdrolliges Kleeblatt, über das man lachen mußte, ob man wollte oder nit. Unter den männlihen Darftellern feien be- sonders die Herren -Waßmann als Sperling, Biensfeldt als Vize- kfirenvorsteher Staar und Dumcke als Olmers, ter durch ein komi- {hes Mißverständnis für den inkognito reisenden König gehalten wird, hervorgehoben.

Morgen, Sonntag, werden im Königlichen Opernbause «Die Hugenotten“ in nat: hender B-\ezung aufaeführt: Valentine: ¿rau Miekley + Kemp; Margarete: Fräulein Alfermann: Urbain : Xräulein Herwig; Ho!'dame: Frau von Scheele: Müller; St. Bris: Herr Hoffmann ; Nevers; Herr Bronegeest ; Raoul: verr Maclennan vom Hamburger Stadttheater als Gast; Marc-:[: Herr Schwegler. Dirigent ist der Generalmusikdirektoc Ble.

Im Königlihen Schausvielhause wird morgen „Die Jungfrau von Orleans* gegeben. In den Hauptrollen wirken die Damen Schönfeld, Poppe und Ressel, die Herren Mükblbofer, Geisendörfer, von Ledebur, Pobl und Zimmerer mit. Spielleiter ist Dr. Bruck.

Im Schillertheater Charlottenburg findet am Mittwoch die erste Auftührunyg des Lustspteils „Die glüdliche Hand* statt; dieje Vorstellung wird Freitag und nächsten Sonntagabend wiederholt.

Das Theater in der Königgräterstraße eröffnet seine diesjährige Spielzeit am kommenden Sonnabend, den 7. November, mit einer Neueinstudierung von August Strindbergs vieraktigem Schauspiel „Rausch“.

Der für beute im Klindworth-S{Warwenkasaal angeseßt gewesene „Beethovenabend*“ des Waldemar Meyer-Trios zum Besten notleidender Musiker mußte wegen Grkrankung des Herrn Professors Waldemar Mever auf Montag, den 7. Dezember, verlegt werden. Die für den 31. Oktober gelösten Eintrittskarten behalten auch für das neue Datum ihre Gültigkeit.

Das Programm des 11. Deutschen Kunstabends am Mitt- wo, den 4. November, im Bürgersaale des Berliner Rat- hauses, dessen Ertrag zur Anschaffung von WollsaGen für unsere Krieger dient, beginnt mit einem Streibquartett von Ditterädorf und schließt mit dem Klavierguintett von N. Shumann. Mitwirkende sind: Augusta Cottlow, Vèarie Goeye, das veß-Quarteit (Professor Deß, A. Stoeßel, R. Heber, M. Baidner), Julius Liéban urid

Richard Skowronnek. Karten sind bei Bote u. Bock und Wertheim

käuflich.