1896 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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j É Die Evangelischen in temjenigen Stadtgebiet Berlins, welches umschrieben wird: i im Westen und Norden: dur die Mittellinie der Lebuserstraße, dur die Mittellinie der Pa isadenftraße von der vorgedachten Linie nordwärts bis zur Grenze gegen die St. Bartholomäus- Kirchengemeinde, dur die leßtere Grenze und die Grenze gegen die Immanuel-Kirchengemeinde, : Osten und Süden: durh die Weichbildgrenze, durch die Mittellinie der Thaerstraße südwärts bis zur Mittellinie der Zorndorfer Straße, durch die leptere Linie bis zur Miittellinie der Tilsiterstraße, durch die Mittellinie dieser Straße süd- wärts bis zur Mittellinie der Frankfurter Allee, dur die leßtere Linie westwärts und dur die Mittellinie der Großen Frankfurter Straße bis zur Mittellinie der Lebuserstraße, werden aus der St. Markus-Kirchengemeinde ausgepfarrt und zu einer selbständigen Auferstehungs-Kirchengemeinde vereinigt.

4E In der Auferstehungs - Kirchengemeinde wird eine Pfarrstelle errichtet. E

Für die Auferstehungs - Kirchengemeinde gelten bis auf weiteres die gegenwärtigen Gebührenordnungen der St. Markus - Kirchen- gemeinde.

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4 dadidids Bestimmungen treten mit dem l. Februar 1896 r

aft. Berlin, den 30. Januar 1896. Berlin, den 30. Januar 1896, Königliches Der Konsistorium der Provinz Brandenburg, Königliche Polizei-Präsident.

Abtheilung Berlin. 1 (L. S.) Faber. (L.S.) von Windheim.

Vorstehende Urkunde Lringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß.

Zugleich werden folgende Festseßungen bezw. Anordnungen bekannt emachl1: i s A. Die St. Markus. Kirchengemeinde ist verpflichtet, das Mit- benußungsrecht an dem Kirchhof bei Hohen-Schönhausen der Zweig- gemeinde so lange zu gewähren, bis dieselbe in der Lage is, einen eigenen Kirchhof zu eröffnen. Diese Verpflichtung soll jedoch nicht länger als sech8s Jahre dauern, vom Tage der Errichtung der Zweig- emeinde an gerechnet. Leßtere gilt, so lange sie von obigem Reht Ge- Taub macht, der St. Andreas-Kirchengemeinde gegenüber, die Mit- eigenthümerin des genannten Kirchhofs is, als Theil der St. Markus- Kirchengemeinde. / : i

Die Zweiggemeinde bezieht für die aus ihrer Mitte stattfindenden Beerdigungen die Stolgebühren und erhält ein Viertel derjenigen Uebershüsse aus der Kirhhofsverwaltung, welhe der St. Markus- Kirchengemeinde nach Ablauf des NRechnungsjahres laut § 4 des zwischen dieser und der St. Andreas-Kirchengemeinde abgeshlossenen Vertrags zufließen.

B. Die interimiftishe Verwaltung der Pfarrstelle an der Auferstehungs-Kirchengemeinde wird vom 1. Februar 1896 ab bis auf weiteres dem Superintendenten der Diözese Berlin I, Pfarrer Lie. Kreibig übertragen. Derselbe wird die Anmeldung der in dem neuen

arochialbezirk wohnhaften wahlfähigen Gemeindeglieder zur Wähler- iste während der noch durch Kanzelabkündigung zu bestimmenden Tagesftunden in der Sakristei der Auferstehungskirhe und außerdem and Möglichkeit wie nah seinem Ermessen zu jeder anderen Tageszeit in seiner Wohnung entgegennehmen. : i

Die ersten Erneuerungswahlen nach § 43 -Absfaß 2 der Kirchen- gemeinde- und Synodalordnung haben in der Auferstehungs-Kirchen- gemeinde im Herbst 1897 zu erfolgen.

Berlin, den 31. Januar 1896.

(L. S) Kön!glihes Konsistorium der Provinz Brandenburg, Abtheilung Berlin. Faber.

Angekommen: Seine Excellenz der Präsident des Evangelischen Ober- Kirchenraths, MWirklithe Geheime Rath D. Dr. Barkhausen, aus der Provinz Schlesien.

Nichtamlflicßes.

Deutsches Reich,

Preußen. Berlin, 3. Februar.

Jhre Kaiserlihen und Königlichen Majestäten wohnten ge Vormittag dem Gottesdienst in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirhe bei. Zur Frühstückstafel waren die Offiziere der Deputation des 6. Königlich Bayerischen Jnfan- terie-Regiments mit einer Einladung beehrt worden.

Heute Vormittag hörten Seine Majestät der Kaiser die Vorträge des Zivilkabinets und diejenigen der Marine.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin besuchten gestern Mittag mit Jhrer Hoheit der Herzogin Friedrich Ferdinand zu Schleswig-Holstein die Ausstellung des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen in der Königlichen Akademie der Künste.

In der am 1. d. M. unter dem Vorsiy des Vize-Präsi- denten des Staats-Ministeriums, Staatssekretärs des Jnnern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsißung des Bun des- raths wurde dem Geseßentwurf wegen Abänderung des Ger energesehe mit den von den Ausschüssen beantragten

enderungen die Zustimmung ertheilt. Den vom Reichstag beschlossenen Geseßentwürfen wegen Abänderung des S 2 des Geseyes über die Verfassung und die Verwaltung Elsaß- Lothringens vom 4. Juli 1879 und wegen Aufhebung der dem Statthalter in Elsaß - Lothringen übertragenen außerordent- lichen Gewalten wurde die Zustimmung versagt.

Bei der Berathung des Etats des Reichs - Justizamts ist in der Reichstagssizung vom 1. d. M. durch den Ab- geordneten Singer die Behauptung aufgestellt worden, daß der am 18. v. M. in einer Nervenheilanstalt verstorbene Land- gerihts-Direktor Brausewetter vom Landgericht 1 hierselbst fh shon während der Ausübung seines Amts im Zustande der Geisteskrankheit befunden habe, und es hat sih daran eine Erörterung der Frage geknüpft, in welcher Weise gegen die unter Mitwirkung des Direktors Brausewetter erlassenen Urtheile Remedur geschaffen werden könne.

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Da eine Besprehung dieser zunächst die preußische Justiz- verwaltung berührenden Angelegenheit im Reichstage nicht vorauszusehen war, so hat auch in der Sißung selbst eine Erklärung durch einen Vertreter des preußishen Justiz- Ministeriums nicht abgegeben werden können. Es wird daher hier festgestellt, daß nah dem amtlichen Bericht des Land- gerichts - Präsidenten und der übereinstimmenden Erfklä- rung der Mitglieder der Strafkammer, deren Vor- sißender Landgerichts - Direktor Brausewetter war, bei diesem bis zum Schluß seiner amtlihen Thätigkeit auch nicht die mindeste Spur einer geistigen Störung hervorgetreten ist und daß er insbesondere in der leßten von ihm geleiteten Sizung (am 17. Dezember v. J.), wenngleich unter nervöser Ab- spannung leidend, in voller geistiger Klarheit und sachlicher Beherrschung des Stoffs die Verhandlungen geführt hat. Jn der Aeußerung eines Kammermitglieds wird ausdrücklich hervor- gehoben, daß die erst in später Abendstunde erfolgte Publi- kation des Urtheils in der zuleßt verhandelten Sache eine ganz besonders klare und gewandte gewesen sei. Ebenso hat sich ergeben, daß alle von dem Landgerichts-Direktor Brausewetter bis zum 17. Dezember v. J. schriftlich bearbeiteten Angelegenheiten in peinlich sorgfältiger Art und nah augen- scheinlih eingehendem Aktenstudium durhaus sahgemäß er- ledigt waren.

Für die Justizverwaltung liegt daher kein Anlaß vor, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob und wie gegen die unter Mitwirkung des Landgerichts-Direktors Brausewetter zu stande gekommenen Strafurtheile Abhilfe zu schaffen sei.

Zufolge telegraphischer Meldungen an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Condor“, Kommandant Korvetten-Kapitän Follenius, am 31. Januar in Mozambique angekommen und beabsichtigte gestern nah Sansibar in See zu gehen; S. „Arcona“, Kommandant Kapitän zur See Sarnow, ist am 1. Februar in Amoy angekommen : S. M. S. „Falke“, Kommandant Korvetten-Kapitän Krieg, ist am 1. Februar in New-Castle-West (Neu-Südwales) an- gonnen und beabsichtigt, am 4. d. M. nach Sydney in ee zu gehen.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Jn der Sigung des Landtags vom 31. v. M. gelangte ein Geseßentwurf über die Zusammenseßung der Be- zirks8aussch üsse und die Wahl der Mitglieder dieser Aus- \hüsse zur ersten Berathung. Nachdem mehrere Abgeordnete den Wunsch geäußert hatten, daß nicht erst Städte über 10 000, sondern bereits solche über 5000 Einwohner ein Ge- meinderathsmitglied zum Bezirksaus\huß sollten wählen dürfen, wurde der Entwurf dem Ausschuß für das Landtagswahlgeseß Überwiesen,

Oldenburg.

Zhre Königlihe Hoheit die Großherzogin ist, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Oldenburg, gestern Abend gegen 10 Uhr e ln nachdem bereits seit gestern früh das Bewußtsein geschwunden war.

Höchstdieselbe war als dritte Tochter des am 25. November 1868 verstorbenen Herzogs Joseph von Sachsen-Altenburg und der am 28. November 1848 verschiedenen Herzogin Amalie, geborenen Prinzessin von Württemberg am 26. März 1826 zu Altenburg geboren und vermählte sich ebendaselbst am 10. Fe- bruar 1852 mit dem damaligen Erbgroßherzog, jeßigen Groß- herzog Peter von Oldenburg. Der Ehe sind zwei Söhne ent- sprossen: der Erbgroßherzog August und der Herzog Georg, von denen der erstere mit der Prinzessin Elisabeth von Preußen (gestorben am 28. August 1895) vermählt war.

Deutsche Kolonien.

Ueber die Lage im Süden von Deutsch-Ostafrika berichtet der Kaiserlihe Gouverneur, wie das „Deutsche Kolonialblatt“ mittheilt, weiter Folgendes :

Dem Programm entsprehend ist am Mawudji von einer Kom- pagnie ein befestigtes Lager errichtet worden, welhes noch mehrere Monate bestehen bleiben foll, bis das Land von Hassan’'s Anhängern vollständig gesäubert und wieder ruhig geworden ist. Dieser Kompagnie und den drei anderen, welche das Land durchstreift haben, ist es gelungen, eine ganze Reihe bedeutender Parteigänger Hassan?s dingfest zu machen. Ueber diese ist in Kilwa ein Kriegsgeriht abgehalten worden, dessen Spruch ih bei meiner Anwesenheit daselbst bestätigt habe. Es find dadur Hassan bin Omari und fünf seiner Hauptführer sowie die beiden Afkidas von Kilwa, von deren verrätherischer Rolle ih {on in dem vorigen Bericht gesprochen habe, zum Tode verurtheilt worden. Von diesen ließ ih Hassan und drei andere in Kilwa hängen, der Akida Makran bin Schande starb im Gefängniß, wahrscheinlich an den Folgen einer Selbstvergiftung. Die übrigen drei nahm ih nach Lindi mit und ließ die Hinrichtung dort vollstrecken, um die Wirkun auf Matschemba dadur zu erhöhen. In Kilwa ließ ih ferner no zwei Inder verhaften, welche dur die bei Hassan gefundenen Briefe stark kompromittiert sind.

Nachdem die Exekution in Lindi vollstreckt war, begab ich mi, da die Truppen noch nicht eingetroffen waren, nah Mikindani und Kionga. In Mikindani traf ich die nöthigen Anordnungen für die dortigen Bauten und begab mich alsdann nah Sudi, um mit den dort anwesenden Verwandten und Ministern Matshembas zu ver- handeln. Diese Leute, deren Anerbieiungen ih bisher zurückgewiesen hatte, wiederholten hier die Bitten Matschemba's um Frieden, Ich ließ deshalb das Expeditions - Korps, das inzwischen in Lindi eingetroffen war, nah Sudi kommen und E den Kommandeur, mit den Leuten Matschemba’s nah dessen Hauptort zu gehen, die Verhältnisse dort, wenn mit Aussicht auf Nachhaltigkeit möglich, friedlih zu ordnen, jedenfalls Matschemba unsere Macht zu feigen, von ihm Tribut in Elfenbein oder anderen werthvollen Pro- dukten zu fordern, seine Boma niederzureißen, Vorkehrungen für einen später etwa doch noch nöthig werdenden Angriff zu treffen und vor allem mögli nahhaltige Friedensgarantien zu \{haffen. Auf dem Wege nach Luagalla begegnete Matschemba, der sih endlich do noch entschlossen hatte, selbst zu kommen, dem Kommandeur, der ihn wieder nah seinem Lande mit zurücknahm.

Von Sudi aus begab ih mich wieder nah Lindi, wo noch sechs

ührer Hassan's zum Tode verurtheilt und hingerihtet wurden.

iese leßteren, zum theil noch Leiter des Aufstands vom Jahre 1889, wurden meist von eingeborenen Häuptlingen und Akidas des Gouver- nements eingeliefert.

Der Kommandeur hat die Operationen im Süden mit großer Umsicht und gutem Erfolge geleitet. Ich erwarte den Abschluß der Matschemba-Angelegenheit in wenigen Tagen. 2

Nachdem fo die Ordnung im Süden bergestellt ist, darf zur Zeit das ganze Schußgebiet als beruhigt gelten. Der Kompagnieführer Johannes hat am Kilimandjaro die Leute von Aruscha juu ge- züchtigt und meldet im übrigen, daß der Bezirk sicher sei. Kom- pagnieführer Leue hat Taragalla, der die Geißel von Ugalla war, vernichtet ; dem Kompagnieführer von Elpons ist es gelungen, einen dem Anschein nah dauernden Frieden mit dem Oberhäuptling der Wahehes zu schließen; Schabruma hat in Kilwa um Frieden gebeten und von der Station Ulanga die deutshe Flagge erhalten. Wenn die mit Bestimmtheit zu erwartende Nachricht von der Erledigung der Hassan- und Matschemba - Angelegenheiten hier eintrifft, werde ih telegraphishe Meldung erstatten.*) Alsdann sind] alle nennenswerthen Gegner der Regierung entweder niedergeworfen: oder haben unsere Oberhoheit anerkannt, sodaß im Augenblick wohl zum ersten Mal von der Kolonie gesagt werden kann: Alles ruhig.

Nach neueren Berichten hat das in Kilwa über die S Hassan bin Omaris eingesezte Kriegsgericht in- zwischen fernere 16 Einwohner von Kilwa wegen ihrer Be- theiligung an dem Aufstande zum Tode verurtheilt. Der Kaiserlihe Gouverneur erachtet indeß durh die bisherigen Aburtheilungen das Ansehen der Regierung gegenüber der Be- völkerung bereits in ausreihendem Maße wiederhergestellt und hat deshalb die vorstehend erwähnten 16 Todesurtheile nicht bestätigt. Die Todesstrafe ist vielmehr in eine längere Frei- heits\trafe verwandelt worden, deren Abbüßung im Norden des Schußgebiets, in der Nähe des Kilimandjaro erfolgen soll. Soweit die Verurtheilten Vermögen besißen, wird ihnen zur theilweisen Deckung des angerihteten Schadens eine ange- messene Geldbuße auferlegt werden.

Ueber die oben erwähnte Beendigung der Verhand- lungen mit den Wahehes wird im „D. Kol.-Bl.“ nech folgendes Nähere berichtet:

Der Kompagnieführer von El p ons meldet unter dem 21. Dezember v. J. aus Dar-es-Salam, daß er am 20. Dezember mit der vom Sultan von Nhehe, Quawa, aus Kiringa abgeshickten Gesandtschaft, bestehend aus sechs Häuptlingen und deren fünfzig Begleitern, dort einge- troffen ist.

Die Gefandts{chaft, welcher sih auf Bitten des Sultans Quawa der Wali von Kondoa, Amer bin Nasr, als Wortführer mit einem Dolmetscher anschloß, soll dem Kaiserlihen Gouverneur die völlige Unterwerfung Quawa?s anzeigen. Da dieser die ihm gestellten Friedensbedingungen bis jeßt, und soweit es ihm irgend möglich war, aufs gewissenhafteste erfüllt, die deutshe Flagge in Kiringa gehißt, Händlern den Zutritt in sein Land gestattet, den Krieg8gefangenen die Freiheit zurückgegeben und den Nest der noch von der Zelewski’shen Expedition stammenden Ge- wehre zurückgegeben hat, so haben die im September mit den E angeknüpften Verhandlungen zu dem erwünshten Ende geführt.

OQuawa bittet seinerseits, ihm den Besiß an Land und Leuten ungeshmälert zu lassen, ihm Handelsbeziehungen mit der Küste ¿u gestatten und die ihm feindlihen Nachbarftämme, namentli die Kiwanga und Merereleute, zur S ttebenobäfeina zu bestimmen.

Die Station Kilossa wird în der Lage sein, Zwistigkeiten zwischen Uhebe und dn genannten, diesen benahbarten Häuptlingen und Volks- stäâmmen in Zukunft auh mit verringerter Besatzung vorzubeugen.

Es dürfte jeßt nach Ueberzeugung der Sachverständigen den räuberishen Einbrüchen der Wahehes cin Ende gemacht, ein friedlicher Zustand hergestellt und dem Handel und Wandel der Weg geöffnet sein.

Nach telegraphisher Meldung aus Kamerun haben in leßter Zeit in der Nähe der Station Yaúnde mehrtägige Kämpse der dortigen Garnison mit aufrührerishen Ein- geborenen stattgefunden, in denen zwei Europäer der Schuh- truppe: Premier-Lieutenant Bartsh und Büchsenmacher Zimmer- mann, verwundet, sieben Farbige gefallen und mchrere ver- wundet worden sind. Im „D. Kol. - Bl.“ wird darüber berichtet :

Die Station Yaúnde war nach Niederwerfung der feindlichen Bakokostämme durch die Kaiserliche Schußztruppe im Frühjahr vorigen Jahres von einer Abtheilung der leßteren beseßt worden. Diese Maf- regel exshien nah den Berichten des Kommandeurs geboten, ta die immer weiter nah Süden drängenden Wote- und hinter ihnen die islamitishen Tibatistämme die Sicherheit des Landes zu gefährden drohten. Im vorliegenden Fall handelt es \ich indessen niht um Krieg8züge der erwähnten Stämme, sondern um eine aufftändische Bewegung vereinzelter zwischen-Yauinde und Lolodorf ansässiger und noch nit völlig unterworfener Bakoko- oder verwandter Stämme. Der Kommandeur der Kaiserlihen Schußtruppe ist beauftragt worden, ungesäumt die geeigneten militärischen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung zu treffen. Premier - Lieutenant Bart ch befindet sih in Kamerun, Büchsenmacher Zimmermann N Ei in Lolodorf, einer Station zwischen der Küste und Yaúnde.

Oesterreich-Ungarn,

Der Kaiser empfing im Laufe des vorgestrigen Vor- mittags in besonderen Audienzen den am Morgen in Wien eingetroffenen ungarischen Minister-Präsidenten Baron Banffy und hierauf den österreichishen Minister-Präsidenten Grafen Badeni. Später konferierte dann Baron Banffy- mit dem Grafen Badeni und kehrte Nachmittags nach Budapest urück. Gestern haben \sich der österreihishe Minister-

räsident Graf Badeni und der Finanz - Minister Dr. von Bilinsfkfi zur Fortseßung der Ausgleichs- verhandlungen nah Budapest begeben. Der Minister für Ackerbau Graf Ledebur wird morgen dorthin abreisen.

Das ungarishe „Amtsblatt“ veröffentlicht eine Ver- ordnung des Handels-Ministers im' Einvernehmen mit dem Justiz-Minister und dem Banus von Kroatien, derzufolge das Patentg ‘n mit dem 1. März 1896 in Kraft tritt. :

Die zur Berathung der Millennar-Festlichkeiten ein- eseßte Landeskommission hat beschlossen : in beiden Eren des Reichstags zu beantragen, daß si dieselben bei der-feierlihen Oeffnung und Schließung des die Königs- krone enthaltenden Schreins, welche bei der Millennarfeier zur Schaustellung gelangen soll, durch eine Abordnung vertreten lassen, in welhe das Unterhaus acht, das Oberhaus vier Mitglieder zu wählen hat.

Großbritannien und Jrland.

Drei Beamte, welche beauftragt sind, für den gegen Fame) on bevorstehenden Prozeß Beweismaterial zu sammeln, ind, dem „W. T. B.“ zufolge, am Sonnabend von Sou- thampton nah Süd-Afrika abgereist.

Frankreich.

Jn dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath theilte der Finanz-Minister Doumer mit, daß der Budget- Entwurf, der vorgestern der Kammer vorgelegt worden ist, eine Ersparniß von 40 Millionen gegenüber dem Budget von 1896 aufweise, Der Ministerrath genehmigte im Prinzip die von der Kammer-Kommission angenommene Besteuerung fremdländisher Arbeiter. Der

*) Ist bekanntlich inzwischen erfolgt.

Minister des Auswärtigen Berthelot wird jedoh die Kom- mission veranlassen, bei der Einzelberathung solche geseßlichen Bestimmungen nicht anzunehmen, welche gegen die bestehenden internationalen Verträge verstoßen könnten. Der General Boisdeffre wurde definitiv zum Führer der außerordent- lichen Vertretung Frankreichs bei den Krönun gsfeierlich- keiten in Moskau bestimmt.

Die Deputirtenkammer verwarf in ihrer vorgestrigen Sigzung A langer Debatte, dem Antrage der Regierung gemäß, den Artikel 1 der Vorlage, betreffend die Ver- fälshung der Butter. Dieser Artikel sollte eine Ver- mishung der Butter mit Margarine durhaus Untersagen. Die Berathung über die Vorlage wird heute fortgeseßt werden. Der Deputirte Julien (radikal) stellte eine Anfrage über die Aussage eines Zeugen vor dem Schwurgericht zu Moulins, in welcher der Regierung untergeshoben wird, sie habe an der Ver- öffentlihung der Liste der 104 in der „France“ theilgehabt und diesem Blatte geheime Fonds gegeben. Der Minister- Präsident Bourgeois erklärte: die Aussage des Zeugen ver- diene keinen Glauben; sie sei lediglich ein Manöver egen das Kabinet, welches demselben aber niht schaden ónne. Der Marine-Minister Locroy und der Ackerbau- Minister Viger protestierten mit Entrüstung gegen den Zeugen, der ihre Namen erwähnt hatte. Die Sißung wurde sodann geschlossen. /

Spanien.

Der Marschall Martinez Campos is} gestern in La Corufia eingetroffen und von der Bevölkerung sympathisch begrüßt worden.

Türkei.

Aus Kon stantinopel berichtet „W. T. B.“: Die Negie- rung der Vereinigten Staaten bestehe auf der Zu- lassung des Stationsschiffs „San Francisco“ und habe auf den Einwand der Pforte, diese Frage betreffe auch die Signaturmächte, die Antwort ertheilt, die Vereinigten Staaten seien keine Signaturmacht, und die auf diese bezüglihen Ver- träge seien auf Amerika nicht anwendbar. Die türkische Negie- rung hoffe auf eine Beilegung der Streitfrage.

Der mohamedanishe Adjunkt des Gouverneurs von Skutari ist, wie aus Cetinje berichtet wird, durch einen Katholiken t worden.

Der französische und der italienishe Konsul sowie der Delegirte des russishen Konsuls sind in Zeitun eingetroffen. Die Verhandlungen mit der Besaßung von Zeitun haben gestern begonnen.

Griechenland.

Die Kammer trat am Sonnabend zusammen und seßte

die Wahl des Präsidenten auf nächsten Mittwoch an. Serbien.

Der Bericht des Finanzausschusses, welcher der Skupschtina vorgestern vorgelegt worden ist, weist 63593 900 Fr. Einnahmen, anstatt ursprünglich 66 705 800 Fr., und 63314306 Fr. Ausgaben, anstatt 66 023 585 V. auf; Somit ergiebt sich ein Üebershuß von 276583 Fr. Die Erhöhung für das Budget des Kriegs-Ministeriums beträgt 415 393 Fr. Die Einnahme- und Ausgabeposten zeigen erheblichere Streihungen. Der gestrihene Posten für die Gesandtschaft in Athen wurde wieder aufgenommen.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg ist am Sonnabend Vormittag wieder in Sofia eingetroffen. Nachmittags empfing der Prinz, wie die „Agence Balcanique“ meldet, den Kriegs-Minister Petr ow zur Berichterstattung und fodann den Minister-Präsidenten S toil ow zu einer mehr- stündigen Konferenz. Jn der Naht waren dann Stoilow, Natschewitsh und Petrow gleichzeitig im Palais. Gestern wurden der Vorsißende der Synode Metropolit Gregor und Mittags der Minister-Präsident Stoilow nochmals vom Prinzen empfangen. Jm Klub der Nationalpartei erklärte der Minister- Präsident, Die Krisis sei beendet: der Prinz stimme dem Uebertritt des Prinzen Boris zum orthodoxen Glauben bei, die hierauf bezüglihe Be anntmachung werd e heute veröffentliht werden.

Amerika.

Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, mit 42 gegen 35 Stimmen einen Geseßentwurf, be- treffend die freie Silberprägung, angenommen. Diesen Geseßentwurf hat die Finanzkommission des Senats an die Stelle des Geseßentwurfs über die Ausgabe von Bonds, welchen das Repräsentantenhaus angenommen hatte, geseßt. Alle Amendements wurden verworfen.

Einer in Madrid eingetroffenen Meldung aus Havanna zufolge, hätte bei Caumao ein Lulammenttäß zwischen den oann Truppen und den Aufständischen stattgefunden, bei welchem die leßteren 40 Todte, darunter den Führer Rojas, verloren. Die Regierung der Aufständischen habe sich nach Sierra-Maëstra zurückgezogen.

Asien.

_ Das „Reutershe Bureau“ berichtet, daß die amerika- nishe Kommission zur Untersuhung des Massacres der Missionäre in Tscheng-tu am Sonnabend Nachmittag in Shanghai eingetroffen sei.

Afrika.

Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Massowah: Nach Berichten der Haussa hätten die Shoaner an den Dankalis, mit denen sien friedlihen Beziehungen gestanden, Verrath geübt und dieselben überfallen. Die Schoaner hätten

adele Gubo niedergebrannt, etwa 600 Dankalis ge- es is eine große Anzahl derselben als Sklaven fort- ge}chLeppt.

_ Den italienishen Blättern sind aus Massowah weitere Einzelheiten über die “mie Vertheidigung von Mafkalle zugegangen. Als die Garnison Makalle verlassen habe, sei das zasser vollständig verbraucht und die Atmosphäre durh die seit mehreren Tagen ringsumher liegenden Leichen der gefallenen Schoaner ganz verpestet gewesen. Die Schoaner hätten mehrere Verwundete grausam verstümmelt.

Bezüglich des in Nr. 26 d. Bl. mitgetheilten Telegramms der „Times“ aus Johannesburg vom 27. v. M., worin die dortigen Zustände als neuerdings wieder beunruhi end dar- gestellt wurden, hat die Gesandtshaft der Südafrika- nischen Republik dem „W. T. B.“ mitgetheilt daß nach amtlih eingezogenen Erkundigungen ein soldies Telegramm in Johannesburg überhaupt nicht aufgegeben worden sei.

- Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die Ege Sißungen des Neichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (30.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs - Justizamts Nieberding und zahlreihe Kommissare beiwohnten, wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Bürgerlichen Ge - sezbuchs begonnen. Dieselbe leitete der Staatssekretär des Neichs-Justizamts Nieberding mit einer längeren Nede ein, die bei Schluß des Blattes noch fortdauerte und morgen im Wortlaut mitgetheilt werden wird.

In der heutigen (11.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. Meer von Hammerstein beiwohnte, wurde die zweite

erathung des Staatshaushalts-Etats für 1896/97, und zwar des Etats der landwirihshaftlihen Ver- O bei dem Titel: „Gehalt des Ministers“ fort- geseßt.

Abg. Dasbach (Zentr.) empfahl die Förderung des Eisenbahn- baues in der Eifel im Interesse der Landwirthschaft, welhe dort namentlich von kleinen Landwirthen betrieben werde. Wenn Herr Knebel gemeint habe, daß die Vertretung der Landwirthschaft durch das Zentrum brachgelegt sei durch den Zwiespalt in der Partei, so ver- ißt er, daß nur wenige Stimmen des Zentrums für den Antrag

aniß sind. Redner fragt dann, was die Negierung zum Schutz der Interessenten der liquidierenden Hagelversicherungsgesellshaft, Germania“ thun wolle, der Liquidator habe einmal 300 und nachher 500 2/0 Zu- chüsse verlangt.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Hermes erklärte, 0 die Regierung von der Thatsache ers vor kurzem Kenntniß erhalten abe ; der eingeforderte Bericht sei noch niht eingegangen. Der Vertreter des Ministers glaubte, daß die Versicherten der „Germania“ und der Bund der Landwirthe, der die Liquidation derselben verlangt habe, die Beendigung der Liquidation möglichst unterstützen sollten.

Abg. von Puttkamer-Plauth (kons.): Der Bund der Landwirthe is eine Vertretung der landwirthshatlihen Interessen ganz Deutschlands, und wenn die katholischen Bauern \ich demselben zuwenden, so ist das erfreulih, denn der Bund hält si von religiösen Dingen ganz fern. Jch bin wegen meiner Rede heftig angegriffen worden; Herrn Gothein’s Angriff habe ih niht gehört ; der \teno- graphishe Bericht darüber liegt noch niht vor. Herr Knebel hat mich gänzlich mißverstanden. Ich habe niht den Antrag Kanißtz fallen lassen ; er hat dabei das Wort „für jeßt“ übersehen. Ein einmal abgelehnter Antrag kann in derselben Session niht wieder vorgebraht werden. Ich erkläre positiv, wir alle auf der Rechten halten ihn für den besten Weg, um die Nothlage der Landwirthschaft zu beseitigen. Wir halten ihn für ausführbar und glauben auch, daß Verhandlungen mit den Vertrags\taaten von Erfolg sein werden. Wir bedauern, daß wir darin mit dem Landwirthschafts-Minister niht übereinstinimen, aber dadurch wird unfer Vertrauen zum Minister nit alteriert. Wir sind der Meinung, daß der Minister als Vertreter der Landwirthschaft und warmer Freund derselben alles thun wird, was geshehen kann. Wir legen großen Werth darauf, daß eine gegenseitige Werthshäßung stattfindet, im Gegensaß zu Herrn Rickert. Die Art und Weise, wie Herr Rickert dem Minister entgegengetreten i}, wie er sh gecühmt, was er für die Landwirthschaft gethan hat, scheint mir nicht im Einklang mit der Bedeutung seiner Persönlichkeit und der geringen Anzahl seiner Genoffen. (Zuruf NRickert’'s: Sie waren auch einmal nur fünf !) Wenn Herrn Rickert’s Ausführungen unwidersprochen blieben, könnte im Lande der Schein erweckt werden, daß er der rihtige Mann zur Vertretung der Landwirthschaft ist. Wie die Landwirthschaft über die von Herrn Rickert unterstüßten Handelsverträge denkt, ist bekannt. Herr Rickert hätte diese That niht als eine im Interesse der Landwirthschaft liegende darstellen sollen. Nicht Herr Nickert hat die Aufhebung des Identitätsnachweises durchgeseßt, sondern sie ist eine Folge des russishen Handelsvertrags, ebenso wie die Aufhebung der Staffeltarife. odgA der achtziger Jahre hat er Anträge deswegen im Reichstag gestellt, aber diese Anträge hätten nichts genußt; sie hätten nur dem Großhandel ein Monopol zuges wendet. Die gesammte Landwirthschaft wünscht nihts sehnlicher, als die Aufhebung der von Herrn Rickert befürworteten Transitläger (Zuruf Riert’'s: Sie verstehen die Sache noch nit !), denn die Mischung deutshen und rufssishen Getreides kann jeßt auch außerhalb dieser Läger erfolgen. Wenn Herr Rickert als Landes-Direktor Eisenbahn- projekte hat aufstellen lassen, so verdanken Oft- und Westpreußen doch nicht ihm die Eisenbahn; die wären auch ohne ihn gebaut worden. Das Kaligeseß hat er doch nicht abgelehnt im Interesse der Land- wirthschaft, sondern weil er immer gegen Staatsmonopole gewesen ist. Für die General-Kommission in Königsberg und für die Förderung der Rentengutsbildung find wir auch nicht gewesen; wir wollten nur arwise Dinge gefeplih fest- gelegt wissen und niht der Kompetenz des Ministers überlassen. Wenn Herr Rickert für die Landgemeindeordnung gestimmt hat, fo hat er es gethan, weil er hoffte, die Selbständigkeit der Gutsbezirke würde dabei wesentlihen Abbruh erfahren. Mit ihrer Vertretung im Kreistage sind die Bauern vollständig einverstanden. Die Aus- gaben für die Schule sind doch nit allein von Herrn Rickert ver- mehrt worden, Jedenfalls haben bisher die Städte von dieser Unter- stüßung der Schule mehr erhalten, als ihnen nah dem Geist der Verfassung zukommt. Meine Aeußerung über die monarchishe Gesinnung im Osten is auf übergroße Empfindlichkeit gestoßen. Das hat mich gefreut. Ich habe gesagt, daß in allen Landestheilen und in allen Berufszweigen viele Männer von monartisher Ge- finnung sind, und nur behauptet, daß diese im Osten kompakter an- getroffen würde. Das zeigt sih doch namentlich bei den Wahlen, nit für dieses Haus, denn hier sind nur monarcisch gesinnte Männer, aber wohl für den Reichstag. Bei den Reichstagswahlen find 2 Mil- lionen sozialdemokratishe Stimmen abgegeben worden. Eine monarhische ei zu sein, behauptete die Sozialdemokratie wirklih nit. Jedenfalls nd im Osten am wenigsten sozialdemokratishe Stimmen abgegeben worden. Ih habe auch nicht behauptet, daß diese Königstreue ab- bängig set von der Erfüllung materieller Wünsche. So lange der Bauer auf seiner Scholle ibt, wird er LURN Les bleiben. Aber wenn er von seiner Scholle vertrieben ist, dann liegt die Gefahr nabe, daß f die Königstreue verliert. Hoffen wir, daß dieser Fall nicht eintritt.

Abg. von Waldow (kons.) gab Herrn Rickert anheim, nit mit Steinen auf den Bund der Landwirthe zu werfen, da er mit der Agitation feiner Partei im Glashaus siße. Wir treiben unsere Agitation nur aus Noth, Herr Rickert die seinige wegen seiner politischen Ziele. Noch vor kurzer Zeit hat Herr Rickert den Nothstand der Landwirthschaft überhaupt ganz geleugnet. Den wirthschaftspolitishen Anschauungen des Herrn Gothein muß ich durhaus widersprehen. Herr Gothein hält die Noth- lage der Landwirthschaft noch immer für übertrieben. Die Aus- débauaa des Eisenbahnneßes hat die Preise der landwirthschaftlichen Produkte nicht erhöht; gerade dadur werden wir mit ausländischem Getreide übershwemmt. Und die Börse, die ja zur L I des Weltmarkts nöthig sein mag, beeinträchtigt die Preise und begünstigt die wucherishe Ausbeutung, die wir beshneiden wollen. Dabei Jollen uns die Herren links belfen, platonishe Reden nützen uns nichts. Herr Gothein meint, die Produktionskosten der Landwirthschaft wären gefallen; im Gegentheil, sie find noch gestiegen, zumal dur die sozial- politischen Lasten. Die Truppenunterbringung spielt eine große Nolle für das Land: früher waren die Truppen auf kleinere Sarnifonen vertheilt, jeßt find sie in größeren Orten konzentriert, und von 20

jungen Leuten kommen nicht fünf von derther auf das Land zurüd, und dur den Arbeitermangel sind die Löhne gestiegen. sollte sih doch mal die geringe T EIERRS der Bauern ansehen, sie ist viel s{chlechter als die der industriellen Arbeiter. Die Herren links wollen den Grundbesiß verhandelt sehen wie eine Waare; wir sehen mehr darin als eine Handelswaare; wir s{äßen in ihm das Eigenthum und den Sit der Familie. Die internationale Negelung der Währungsfrage in bimetallistishem Sinn ist beinahe ebenso bia wie der Antrag Kani. Wir verlangen keine Bereiche- rung auf Kosten Anderer, sondern nur gleiches Ret mit Anderen, die Sefeßgebung hat aber die landwirthschaftlichen Interessen vernachlässigt. Die Alters- und Invalidenversiherung drückt unverhältnißmäßig auf das platte Land. Herr Gothein hält in seiner manchesterlihen bes fassung die Exportwerthe unserer Industrie für werthvoller als die landwirthschastlihen Interessen; wir dürfen aber nit allein den Geldwerth gegeneinander aufrechnen, wir haben au ideale Güter in Betracht zu ziehen. Deutshlands Wehr und Kraft beruht auf seiner Landwirthschaft. Herr Gothein wendet sich gegen die Seuchenmaß- regeln. Er vergißt, daß das ganze Ausland verseucht ist, daß un- geheure Werthe durch die Einschleppung der Viehseuhen uns ver- “aren

: g. Ring (konf.) besprah nochmals die Frage der Fleisch- einfuhr aus dem Ausland und theilte mit, daß er in der Pi. Zentralmarkthalle große Vorräthe ausgeshlachteter russisher Sch:veine gefunden habe. Dieses russische Fleisch drücke kolossal auf unsere Fleish- preise. Er fei nicht der Meinung des Ministers, daß eine Quarantäne von 10 Tagen für ausländisches Vieh binreihe, zumal inländische Ställe beim Seuchenverdacht einer Quarantäne von 14 Tagen unterliegen. Nedner beklagte die häufige Sperrung des Berliner Viehmarkts wegen der Einschleppung der Seuche aus Dänemark und Schweden. Der Landwirthschafts - Minister möge für eine Beseitigung der Rigorosität sorgen, mit welcer diese Sperrungen ganz plöglich erfolgen. Eine dreitägige Quarantäne für die russischen Gänse s{chüte das Inland niht vor der Einschleppung der Geflügelcholera. Die Franzosen haben es verstanden, sich die deutshe Fleisch einfuhr durch unerfüllbare Bedingungen, die sie den Importeuren auferlegten, fernzuhalten. Warum sollen wir das Ausland günstiger behandeln? Wenn man Hercn Gothein?s Anschauungen hört, muß man fragen, ob er bisher auf einer einsamen Insel gelebt habe. Er follte sich nur an die Herren Ritter und Blumenfeld erinnern. Erst im leßten August habe die Börse einen großen Raubzug mit dem großen Neß gegen die Getreidevreise gemaht. Es wurden ungeheure Vorräthe unterwerthigen russishen Getreides auf den Markt geworfen, die Preise wurden gedrückt und die Börsenmänner verdienten Millionen daran. Aus den Tabellen des Dr, Hirschberg ergebe si, wie dur diese Manipulationen der Cohn und Rosenberg au die Brotpreise in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Brotpreife können natürlich nit so schnell den Getreidepreisen folgen, und fo hatten wir in der Mitte vorigen Jahres bei niedrigsten Getreide» preisen die theuersten Brotpreise. Als Herr von Kardorff im Reichs tage feststellte, daß die Verarmung auf dem Lande weiter um ih greife, schrieb die „Danziger Zeitung“, Herr Richter habe dazu den „Marafkteristischen Zwischenruf* gemacht: „Das ist ein Fortschritt“. Das zeige, wie von jener Seite agitiert werde.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

_ Aus Berlin berichtet die „Post“: Die Berliner Gewerk- \chaftêfkommission hat die Lohnbewegung in der Konfektionsbranche anerkannt und beschlossen, die Aus- ständigen zu unterstüßen. Mit 36 gegen 30 Stimmen wurde sodann beschlossen, sch an dem im Mai d. a A Berlin stattfindenden Gewerkschafts - Kon greß nicht zu betheiligen. Hundert Schriftgießer der Firma Berthold, welche sämmtlich der Organisation angehören, haben am Freitag die Arbeit niedergelegt, weil der Geschäftsinhaber die Werkstätten-Vertrauenéleute als Vertreter der Arbeiter nit anerkennen wollte. /

Aus Laufanne meldet ,W. T. B.*: Eine beute im Freien ab- gehaltene, von 700 Perfonen besuchte Protestversammlung der Angestellten der Jura-Simplonbahn beshloß @einstimmig, die von dem Verwaltungsrath der Bahn in der Lohnfrage bewilligten Zugeständnisse abzulehnen, alle früheren Forderungen aufrechtzuerhalten, mit der Führung der weiteren Verhandlungen mit der Gesellshaft das Zentralcomité der Angestellten der \{chweizerishen Transportanstalten zu beauftragen und. sih mit den Werkstätten- arbeitern der Geseflshaft in Biel und Vyerdon solidarish zu erklären.

Kunst und Wissenschaft.

Die Kaiserlihe Russische Geographishe Gesell- \haft beging, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, gestern das Jubiläum ihres 50jährigen Beftehens dur einen Festakt, dem Seine Kaiferlihhe Hoheit der Großfürst Konstantin Konstantinowits{ sowie andere Großfünsten, ferner mebrere Minister und viele hohe Würdenträger beiwohnten. Der Minister des Innern Goremykin verlas ein Kaiserliches Reskript, in welhem der Gesell- haft weitere 5000 Rubel als jährliche Staatsbeihilfe zugesichert werden. Sodann fand der Empfang der eingetroffenen 60 Deputationen statt. Von ausländischen Gesellshaften waren 32 Adressen und Tele- gramme eingetroffen, von russishen über 100. Die Mitglieder der Gesellschaft erhielten eine Jubiläumsdenkmünze.

Land- und Forstwirthschaft.

„Im großen Sizßungsfaal des Brandenburgischen Provinzial- Ständehauses (in der Matthäikirhstraße) begannen heute Vormittag die Aden, der 24. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths.

__ Der Vorsitzende, Landes-Hauptmann von Noeder (Ober-Ellguth

in Schlesien) eröffnete die Plenarversammlung mit einem dreifachen

Doch auf Seine Majestät den Kaiser, die deutschen Bundesfürsten und

die freien deutschen Städte. Sodann theilte derselbe mit, daß der

err Reichskanzler den Wunsch geäuert habe, die Mitglieder des eutshen Landwirthschaftsraths bei sih zu empfangen.

Bei der Wahl des Bureaus wurden Landes-Hauptmann von Roeder Ober-Ellguth) zum Erften, Freiherr von Soden (Fraunhofen in Bayern) zum Zweiten, Geheimer Landes: Oekonomie-Rath Uhlemann (Ports in Sachsen) zum Dritten Vorsißenden, sowie die bisherizen

usshußmitglieder sämmtli wiedergewählt. Da der bisherige General-Sekretär Dr, Müller in das preußische Ministerium für Landwirthschaft 2c. berufen ist und somit am 1. April seine Stellung als General-Sekretär niederlegt, wurde auf Vorschlag des Vor- fißenden von einer Neuwahl desselben Abstand, und Dr. Dahre als zukünftiger General-Sekretär in Aussicht genommen.

„Inzwischen waren der preußishe Minister für Landwirthschaft 2c. Free von Hammerstein, der bayerische Gesandte Graf von Lerchen- S der bayerishe Ministerial-Direktor Freiherr von Herr- mann, der bayerische Ministerial-Rath Freiherr von Geiger und inm Auftra e der Königlih sächsishen Staatsregierung der Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Fischer erschienen. Der Vorsißende Landes-Hauptmann von Noeder begrüßte die Vertreter der Regierungen und wandte sich insbesondere an den can ale Mine mit dem Bemerken : Wir begrüßen in dem Herrn Landwirt shafts-Minister gleichzeitig unseren ehemaligen Vorsitzenden, dem der Deutsche Land- wirthschastsrath ftets ein dankbares und ehrendes Andenken bes wahren wird.

Der Minister für Landwirthschaft x. E von Hammerstein erwiderte hierauf etwa Folgendes: Meine Herren! Jh danke für die freundlihe Begrüßung. Leider werde ih mich an Fhren diesmaligen Verhandlungen nicht sehr rege ga 2 können, da im Laufe dieser Woche der Etat des preußischen landwirthschaftlichen